IPSAS ein Weltstandard auf dem Weg nach Europa

Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Dr. Ferdinand Schuster IPSAS – ein Weltstandard auf dem Weg nach Europa Im Gegensatz zu den Internation...
Author: Martina Stieber
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Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft

Dr. Ferdinand Schuster

IPSAS – ein Weltstandard auf dem Weg nach Europa Im Gegensatz zu den International Financial Report Standards (IFRS) im privaten Sektor hatten die auf dem gleichen Konzept für den öffentlichen Sektor entwickelten International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) bisher nur eine untergeordnete Bedeutung in Deutschland. Die Bestrebungen der EU-Kommission, auf den IPSAS basierende harmonisierte europäische Standards (European Public Sector Accounting Standards – EPSAS) zu schaffen, haben die Aufmerksamkeit für IPSAS in Deutschland wie auch in anderen Ländern der EU erhöht. Woher aber kommen die IPSAS, was zeichnet sie aus? Wo bestehen konzeptionelle Unterschiede zu den hierzulande geltenden öffentlichen Rechnungslegungsstandards? Diesen Fragen will der folgende Beitrag nachgehen und so einen ersten Überblick vermitteln, in welche Richtung sich das Rechnungswesen im öffentlichen Sektor in Europa entwickeln könnte.

I.

Von IPSAS zu EPSAS

Die IPSAS sind in Deutschland dadurch in der Beachtung gestiegen, dass die Europäische Kommission 2011 im Rahmen der Richtlinie über die Anforderungen an den haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten den Auftrag erhielt, deren Eignung für die EU-Mitgliedstaaten zu prüfen. Der Hintergrund dafür war die Initiative der EU, exzessive Defizite in den Haushalten einzelner Mitgliedstaaten rechtzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Das Europäische Statistikamt Eurostat führte daraufhin u. a. eine öffentliche Konsultation zur Eignung der IPSAS als gemeinsame Rechnungslegungsstandards für den öffentlichen Sektor in allen EU-Mitgliedstaaten durch. Im März 2013 wurde ein auf den Vorarbeiten von Eurostat beruhender Bericht von der EU-Kommission an Rat und EU-Parlament erstattet, der feststellte, dass die IPSAS in der EU zwar nicht direkt übernommen werden könnten, aber dass harmonisierte europäische Standards notwendig seien. Darüber hinaus wurde erklärt, dass die IPSAS für deren Erstellung ein geeigneter Ausgangspunkt wären. Mit der EPSAS-Konferenz im Mai 2013 in Brüssel wurde das eigentliche EPSAS-Projekt begonnen und im Anschluss bei Eurostat eine entsprechende Task Force eingerichtet.1 Als Begründung für das Vorhaben wird von den Verantwortlichen angeführt, dass die öffentliche Finanzberichterstattung in den EU-Mitgliedstaaten sehr heterogen sei. Die „breite Palette“ der Rechnungslegungspraktiken resultiere aus „einem Mangel an finanzieller Transparenz und Vergleichbarkeit“. Es bestehe „klarer Handlungsbedarf“ für Transparenz und Vergleichbarkeit in der Finanzberichterstattung, welche „nur durch (eine) koordinierte Aktion der EU und der Mitgliedstaaten erreicht werden“ könnten.2 Seit Mitte 2013 wurden nach einer weiteren Konsultation zwei international besetzte Arbeitskreise (Task Forces „EPSAS Governance“ und „EPSAS Standards“) gebildet und eine Studie zur Abschätzung

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der Kosten sowie des Nutzens einer Einführung von IPSAS in den EU-Staaten beauftragt, die Ende September von Eurostat veröffentlicht wurde.3 Gemeinsam mit Italien hätte Deutschland mit Abstand die höchsten Einführungskosten zu tragen, über 50 Prozent der Kosten aller 28 EU-Mitgliedstaaten würden auf diese beiden Staaten entfallen. Ausgehend von dem bisherigen „Reifegrad“ der Rechnungslegung – angelehnt an den doppischen Rechnungsstil – und den dazu verwendeten IT-Systemen wurden für die Mitgliedstaaten der EU mehrere Szenarien einer EPSAS-Einführung ausgearbeitet. Die deutschen Einführungskosten für Bund, Länder und Kommunen schwanken demzufolge zwischen 346 Mio. und 2,3 Mrd. Euro. Bei letzteren bewegen sich diese zwischen 35 und 204 Mio. Euro. Der Nutzen wurde nicht quantifiziert. Dass die Reform vor allem für Deutschland so aufwendig werden könnte, wird in der Studie neben der Größe des gesamten Verwaltungsapparats vor allem auf die unzureichende Einführung der Doppik in den Gebietskörperschaften zurückgeführt. Im Vergleich mit den anderen EU-Mitgliedstaaten liegen hier insbesondere Bund und Länder zurück, während die deutschen Kommunen im Mittelfeld platziert sind.4 Nach den Vorstellungen von Eurostat sollen die EPSAS ein Satz periodengerechter, doppischer Standards werden, die für alle öffentlichen Einheiten in allen EU-Mitgliedstaaten verbindlich sein sollen. Allerdings seien die (nationale) Haushaltsplanung und Haushaltsrechnung ausdrücklich nicht Teil der EPSAS-Initiative. Dies spiegelt offenbar die derzeitige Heterogenität bezogen auf die Haushaltsplanung der einzelnen Länder. In manchen Ländern erfolgt z. B. zwar die ex post ausgerichtete Rechnungslegung periodengerecht,5 die Haushaltsplanung jedoch wird weiterhin auf Basis von Zahlungsströmen durchgeführt. Auf der anderen Seite wird die fehlende Berücksichtigung der Haushaltsplanung gerade als Schwäche des Ansatzes gewertet, weil das Ressourcenverbrauchskonzept der Rechnungslegung nach EPSAS zum bloßen „Beiwerk“ einer weiterhin auf Geldverbrauch ausgerichteten Haushaltsplanung werden könnte.6 Das künftige EPSAS-Standardsetting solle auf einer „robusten europäischen Governance-Struktur beruhen“, wobei die Rechnungslegung auch „Gegenstand (…) unabhängiger externer Prüfung“ sein solle.7 Zwar sollten die neuen Standards „nicht unnötigerweise“ von IPSAS

1 Vgl. Makaronidis, WPg Sonderheft 1/2015, 2 f. 2 Makaronidis/Varjas, PublicGovernance 2014, 19. 3 Abrufbar unter www.ec.europa.eu/eurostat/documents/1015035/4261806/EPSAS-studyfinal-PwC-report.pdf (Abruf: 8.5.2015); vgl. dazu auch Makaronidis, WPg Sonderheft 1/ 2015, 3. 4 Abrufbar unter www.ec.europa.eu/eurostat/documents/1015035/4261806/EPSAS-studyfinal-PwC-report.pdf (Abruf: 8.5.2015), 36. 5 Haushaltsplanung auf „Accrual basis“ bedeutet die Angleichung von Erträgen und Aufwendungen nach der periodengerechten Erfolgsermittlung, während bei reiner „Cash Basis“ eine Angleichung von Einzahlungen und Auszahlungen erfolgt. 6 Vgl. Budäus/Burth/Hilgers, VM 2013, 294. 7 Vgl. auch im folgenden Makaronidis, WPg Sonderheft 1/2015, 4 f.

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und IFRS abweichen, aber durch europarechtliche Regelungen entstehen und eine eigene Standardsetzungskapazität aufweisen. Die Pläne seitens der EU-Kommission sind vor allem auf Kritik aus Deutschland gestoßen, auch die entsprechende Rechtsgrundlage wurde bezweifelt.8 In zwei Entschließungen hat sich der Deutsche Bundestag in 2013 und jüngst erst erneut im März 2015 kritisch mit dem Vorhaben auseinandergesetzt. In der jüngsten Stellungnahme bezeichnet der Bundestag es als „zweifelhaft, dass der Nutzen (…) in einem verantwortbaren Verhältnis zu den erforderlichen Kosten steht“, das Ziel der EU-Kommission, vergleichbare Daten hoher Qualität aus den Mitgliedstaaten zu erhalten, sei „realistisch nicht erreichbar“.9 Das Parlament bekräftigt seine frühere Feststellung, durch EPSAS dürften die Haushaltsaufstellung und -ausführung sowie die parlamentarische Kontrolle nicht berührt werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass bei den EPSAS „bewährte deutsche Rechnungslegungsgrundsätze“ ausreichend Beachtung finden und die Einführung neuer Standards mit „möglichst geringem Aufwand“ erfolgt.10 Doppische Buchführung solle „allenfalls auf freiwilliger Basis“ eingeführt sowie Wahlrechte und Ermessensspielräume weitgehend ausgeschlossen werden, bei neuen Standards sei die „demokratische Legitimation dieser Standards“ sicherzustellen.11 Bereits im Februar 2014 hatte sich der Bundesrechnungshof vor allem in Anbetracht der voraussichtlichen Kosten kritisch geäußert. Diese gelte es „belastbar“ zu ermitteln. An einer realistischen und verlässlichen Darstellung der Finanzlage der Mitgliedstaaten sollte Deutschland dagegen ein „unmittelbares Interesse“ haben. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten aber alternative, weniger umfangreiche Maßnahmen untersucht werden.12 In einer gemeinsamen Stellungnahme der Rechnungshofpräsidenten von Bund und Ländern wird ebenfalls eine zurückhaltende Meinung vertreten und darüber hinaus die Eignung der IPSAS als Grundlage in wesentlichen Punkten angezweifelt.13 Der weitere Weg der EPSAS-Entwicklung und -Einführung soll durch eine Mitteilung der EU-Kommission erfolgen, die bereits im Mai 2013 angekündigt wurde und nach dem Wechsel an der Spitze nun der neuen Kommission obliegt, die nach Aussage von Eurostat „EPSAS als eine bedeutende Initiative ansieht“.14 Die von Eurostat verbreitete Zeitplanung sieht vor, innerhalb von zwei Jahren einen ersten Satz von Standards zu entwickeln und in weiteren drei Jahren in den Mitgliedstaaten zu implementieren. Zusammen mit der versetzt startenden konsolidierten Rechnungslegung (Whole of Government Accounts) soll der Prozess in insgesamt sechs Jahren abgeschlossen sein. Für die deutschen Bundesländer und den Bund, die in der überwiegenden Mehrheit noch weitgehend kamerale Standards anwenden und gegenüber anderen EU-Staaten einen größeren Umstellungsaufwand haben, dürfte dies als ein sehr ehrgeiziger Zeitplan zu bezeichnen sein.15

II.

IPSAS – Basis und Entwicklung

Das Interesse internationaler Finanzinstitutionen wie Weltbank oder IWF, den kreditnehmenden Staaten ein adäquates Rechnungswesen in Form der IPSAS zur Verfügung zu stellen, entsprang in den neunziger Jahren der Hoffnung, ein besseres Finanzmanagement sowie einen zuverlässigeren Einblick in die Finanzlage zu ermöglichen.16 Die Entwicklung eigener auf den IFRS basierenden Standards für den öffentlichen Sektor wurde vor dem Hintergrund aufgenommen, dass qualitativ ungenügende Informationen oft mit unzureichendem Fi-

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nanzmanagement für den Entscheidungsprozess sowie die Rechenschaftslegung verbunden sind und ein derartiges Umfeld zu einer mangelnden finanziellen Disziplin sowie zu Korruption und Missmanagement führen kann.17 Die Entwicklung der Standards wurde über die International Federation of Accountants (IFAC) mit Sitz in New York vorgenommen, die heute die Standards veröffentlicht. Der International Public Sector Accounting Standards Board (IPSASB) stellt dabei das Gremium der IFAC dar, das für die Entwicklung der Rechnungslegungsstandards zuständig ist. Der IPSASB versteht sich als internationaler Standardsetzer, der zwar auf nationaler Ebene unmittelbar keine verbindlichen Standards setzen kann, jedoch die mit Richtlinienkompetenz ausgestatteten Regierungsstellen und nationale Standardsetter bei der Transformation der IPSAS in bindende, mit den IPSAS im Einklang stehende nationale Rechnungslegungsstandards unterstützt.18 Die Heterogenität der öffentlichen Rechnungslegung war bereits Mitte der neunziger Jahre hoch und hat die Vergleichbarkeit von statistischen Daten zwischen den Ländern beeinträchtigt. Auch heute und damit 20 Jahre später ist die Finanzberichterstattung im öffentlichen Sektor in Europa vielschichtig und bewegt sich in erster Linie zwischen auf Zahlungsströmen basierenden Konzepten (cash basis, auch als Kameralistik bezeichnet) und auf dem Konzept der periodengerechten Erfolgsermittlung basierenden Rechnungslegungssystemen (accrual accounting, auch als Doppik bezeichnet).19 Alle nationalen Konzepte der Rechnungslegung und Haushaltsplanung können zwischen diesen beiden Gegenpolen eingeordnet werden. Die IPSAS reflektieren diese beiden Gegenpole, jedoch wird der Begriff der IPSAS zumeist mit der Anwendung von Accrual Accounting gleichgesetzt. Jahresabschlüsse, die unter Beachtung der periodengerechten Erfolgsermittlung aufgestellt werden, sollen den Adressaten nützliche Informationen für die Entscheidungsfindung zur Verfügung stellen, da sie Geschäftsvorfälle und andere Ereignisse unabhängig von ihrer Zahlungswirksamkeit zum Zeitpunkt ihres wirtschaftlichen Eintretens abbilden.20 Mit den aktuellen EPSAS-Harmonisierungsbestrebungen geht zugleich eine Annäherung der nationalen Vorgaben in Richtung vollständiges Accrual Accounting einher. Eine (vollständige) periodengerechte Erfolgsermittlung ist lediglich dann möglich, wenn alle Vermögenswerte und Schulden bewertet werden. Der EPSASUmstellungsaufwand wird daher in Ländern mit Tendenz zu auf Zahlungsströmen basierenden Konzepten besonders hoch sein. Somit ist 8 Vgl. Ohler, Sachverständigengutachten über die europarechtliche Zulässigkeit der Einführung von EPSAS, abrufbar unter www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_u pload/Gutachten_EinfuehrungEPSAS_ProfOhler.pdf (Abruf: 8.6.2015). 9 BT-Drs., 3.3.2015, 18/4182, 4. 10 BT-Drs., 3.3.2015, 18/4182, 3. 11 BT-Drs., 3.3.2015, 18/4182, 5. 12 Vgl. Bundesrechnungshof, 13.2.2014 – I 3 – 20 05 / EPSAS, abrufbar unter www.bundes rechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/beratungsberichte/langfassungen/langfassun gen-2014/2014-sonderbericht-angestrebte-umsetzung-harmonisierter-rechnungsfueh rungsgrundsaetze-fuer-den-oeffentlichen-sektor-epsas-in-den-mitgliedstaaten-der-euro paeischen-union/at_download/file (Abruf: 12.5.2015). 13 Abrufbar unter www.archiv.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/971/01_PM%20 Pr%e4sidentenkonferenz%20Bad%20Urach.pdf (Abruf: 8.5.2015). 14 Makaronidis, WPg Sonderheft 1/2015, 6 f. 15 Der Bundestag nennt zehn Jahre als Erfahrungswert; vgl. BT-Drs., 3.3.2015, 18/4182, 5. 16 Vgl. Lüder, Speyerer Vorträge Nr. 74, 2003, 16. 17 Vgl. Adhémar, in: Montesinos/Vela (Hrsg), Innovations in Governmental Accounting, Boston, S. 61; Mackintosh, Sonderheft WPg 1/2004, 3. 18 Vgl. Vogelpoth/Dörschell, WPg 2001, 754. 19 Bei der Ermittlung von Erträgen und Aufwendungen, wie sie bei Accrual Accounting erfolgt, wird im Rahmen des öffentlichen Rechnungswesens auch vom Ressourcenverbrauchskonzept gesprochen. 20 Vgl. Kirchmann, Steuerung von Kommunen nach International Public Sector Accounting Standards (IPSAS), 2009, S. 5.

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Verlautbarung

Titel

Enthaltene Regelungen

IPSAS 1 IPSAS 2 IPSAS 3 IPSAS 4 IPSAS 5 IPSAS 6 IPSAS 7 IPSAS 8 IPSAS 9 IPSAS 10 IPSAS 11 IPSAS 12 IPSAS 13 IPSAS 14 IPSAS 15 IPSAS 16 IPSAS 17 IPSAS 18 IPSAS 19 IPSAS 20 IPSAS 21 IPSAS 22 IPSAS 23 IPSAS 24 IPSAS 25 IPSAS 26 IPSAS 27 IPSAS 28 IPSAS 29 IPSAS 30 IPSAS 31 IPSAS 32 IPSAS 33 IPSAS 34 IPSAS 35 IPSAS 36 IPSAS 37 IPSAS 38 Cash Basis IPSAS

Presentation of Financial Statements Cash Flow Statements Accounting Policies, Changes in Accounting Estimates and Errors The Effects of Changes in Foreign Exchange Rates Borrowing Costs Consolidated and Separate Financial Statements Investments in Associates Interests in Joint Ventures Revenue from Exchange Transactions Financial Reporting in Hyperinflationary Economies Construction Contracts Inventories Leases Events After the Reporting Date Financial Instruments: Disclosure and Presentation Investment Property Property, Plant and Equipment Segment Reporting Provisions, Contingent Liabilities and Contingent Assets Related Party Disclosures Impairment of Non-Cash Generating Assets Disclosure of Information About the General Government Sector Revenue from Non-Exchange Transactions (Taxes and Transfers) Presentation of Budget Information in Financial Statements Employee Benefits Impairment of Cash-Generating Assets Agriculture Financial Instruments: Presentation Financial Instruments: Recognition and Measurement Financial Instruments: Disclosures Intangible Assets Service Concession Arrangements: Grantor First-time Adoption of Accrual Basis IPSAS Separate Financial Statements Consolidated Financial Statements Investments in Associates and Joint Ventures Joint Arrangements Disclosure of Interests in Other Entities Financial Reporting Under the Cash Basis of Accounting

Darstellung des Abschlusses Kapitalflussrechnung Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Änderungen von Schätzungen und Fehler Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse Fremdkapitalkosten Konzern- und separate Einzelabschlüsse nach IPSAS Anteile an assoziierten Einheiten Anteile an Joint Ventures Erträge aus gegenseitigen Leistungsbeziehungen Rechnungslegung in Hochinflationsländern Fertigungsaufträge Vorräte Leasingverhältnisse Ereignisse nach dem Bilanzstichtag Finanzinstrumente: Angaben und Darstellung Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Sachanlagen und betriebliche Immobilien Segmentberichterstattung Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Einheiten und Personen Wertminderung von nicht-zahlungsmittelgenerierenden Vermögenswerten Angaben zu finanzstatistischen Informationen Erträge aus nicht-gegenseitigen Leistungsbeziehungen (Steuern und Transferzahlungen) Darstellung von Budget-Informationen im Abschluss Leistungen an Arbeitnehmer Wertminderung von zahlungsmittelgenerierenden Vermögenswerten Landwirtschaft Finanzinstrumente: Darstellung Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung Finanzinstrumente: Angaben Immaterielle Vermögenswerte Dienstleistungskonzessionen: Konzessionsgeber Erstmalige Anwendung doppischer IPSAS Einzelabschluss Gesamtabschlüsse Anteile an assoziierten Einheiten und Gemeinschaftsunternehmen Gemeinsame Vereinbarungen Angaben zu Beteiligungen an anderen Unternehmen Rechnungslegung bei zahlungsstromorientiertem Rechnungswesen

Erstmalige Veröffentlichung Monat/Jahr 05/2000 05/2000 05/2000 05/2000 05/2000 05/2000 05/2000 05/2000 07/2001 07/2001 07/2001 07/2001 12/2001 12/2001 12/2001 12/2001 12/2001 06/2002 10/2002 10/2002 12/2004 12/2006 12/2006 12/2006 02/2008 02/2008 12/2009 01/2010 01/2010 01/2010 01/2010 10/2011 01/2015 01/2015 01/2015 01/2015 01/2015 01/2015 01/2003

Abbildung: Überblick über die IPSAS (Darstellung auf Basis der englischen Originalversion der Standards unter www.ifac.org/public-sector, Abruf: 12.5.2015)

es nicht verwunderlich, dass die Kosten für Italien und Deutschland als hoch eingeschätzt wurden. Die derzeitige Heterogenität der Konzepte in Europa liegt einerseits daran, dass es im öffentlichen Sektor keine übergeordnete Instanz in Form eines einheitlichen Endorsement gibt. Andererseits darf nicht vernachlässigt werden, dass die Ausgestaltung des öffentlichen Rechnungswesens mit Eingriffen in die Haushaltsplanung der Länder einhergehen kann, sofern das Konzept der Rechnungslegung auch zugleich für die Haushaltsplanung verwendet werden soll. Folglich mögen manche Anwender der Auffassung sein, dass sie selbst – und kein übergeordnetes Gremium – über die Art und Weise seiner Ausgestaltung zu entscheiden haben. Andernfalls würden durch den IPSASB bzw. die IFAC vorgenommene Regeländerungen Auswirkungen auf die Haushaltspolitik der Länder mit sich bringen. Folglich kann das Fazit gezogen werden, dass es sich im Gegensatz zu den IFRS, die als Regelwerk unverändert im privaten Sektor zur Anwendung kommen,21 bei den IPSAS auch 15 Jahre nach Veröffentlichung der ersten Standards eher um ein Regelwerk mit Referenzcharakter handelt, das als weltweites Leitmodell für die Ausgestaltung der nationalen Rechnungslegung im öffentlichen Sektor gilt.

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Seit der Veröffentlichung der ersten Standards im Jahr 2000 haben zwar viele Länder ihr Rechnungswesen in Richtung IPSAS ausgerichtet bzw. für sie sinnvolle Bestandteile davon übernommen, allerdings existieren weltweit nur sehr wenige Länder bzw. Organisationen, die IPSAS vollumfänglich und in unveränderter Form anwenden. Länder und Organisationen, die entweder IPSAS eingeführt haben, oder ihr Rechnungswesen an IPSAS annähern wollen, sind: Brasilien, Costa Rica, Kambodscha, Kenia, Österreich, Peru, Schweiz, Spanien, Südafrika, Vietnam, die Europäische Kommission für ihre eigene Rechnungslegung, die NATO, die OECD sowie die Vereinten Nationen.22

III. IPSAS im Überblick Die Entwicklung der Standards erfolgt im Rahmen eines Standardisierungsprozesses, der als formalisiertes Verfahren (due process) be21 Eine Ausnahme davon stellen z. B. die EU-IFRS dar, da kapitalmarktorientierte Unternehmen innerhalb der EU lediglich Standards anwenden dürfen, die das Endorsementverfahren durchlaufen haben. 22 Zu den IPSAS-Anwendern vgl. IPSASB, International Public Sector Accounting Standard Board – Fact Sheet, 2014, abrufbar unter www.ifac.org/system/files/uploads/IPSASB/IPSASB-Fact-Sheet-December-2014.pdf (Abruf: 7.5.2015).

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zeichnet wird. Im Rahmen dieses Verfahrens haben interessierte Parteien (Mitgliedsorgane der IFAC, Wirtschaftsprüfer, für das öffentliche Rechnungswesen zuständige Institutionen wie beispielsweise Finanzministerien, Standardsetzer und Individuen) die Möglichkeit, über Kommentare und Anregungen Einfluss auf die Entwicklung von Standards zu nehmen.23 Der Standardisierungsprozess beinhaltet unter anderem die folgenden Stufen: Publizieren eines Konsultationspapiers, Veröffentlichung eines Entwurfs (Exposure Draft) und schließlich die Verabschiedung des (finalen) Standards. Das Durchlaufen der einzelnen Schritte kann sich gerade bei der Erstellung eigener, auf die Bedürfnisse des öffentlichen Sektors eingehender Standards über mehrere Jahre erstrecken, da die Einbeziehung vieler mit der Rechnungslegung im öffentlichen Sektor vertrauter Experten notwendig ist. Das Regelwerk der IPSAS umfasst derzeit 38 veröffentlichte Standards, die auf dem Konzept von Accrual Accounting basieren (Stand: Juni 2015). Die Standards werden in englischer Sprache erlassen, u. a. gibt es deutsche, französisch und spanische Übersetzungen.24 Die in den ersten 20 Standards geregelten Bilanzierungssachverhalte spiegeln bis auf zwei Ausnahmen die bis zum Jahr 1997 verabschiedeten IFRS wider.25 Bei den ersten 20 Standards der IPSAS handelt es sich dabei weniger um selektiv für den öffentlichen Sektor relevante Themengebiete als vielmehr um das gesamte Spektrum an IFRS-Verlautbarungen, das zum damaligen Zeitpunkt vorlag und Gültigkeit hatte.26 Die IPSAS konnten daher lange dahingehend kritisiert werden, dass sie zu wenig auf die Bedürfnisse des öffentlichen Sektors eingehen. Allerdings wurde das Regelwerk in den vergangenen Jahren konsequent in Richtung der Bedürfnisse für den öffentlichen Sektor angepasst.

IV. IPSAS und deutsche öffentliche Rechnungslegung Da die IPSAS stark auf den IFRS basieren, sind sie zwangsläufig ein auf dem Konzept der Entscheidungsnützlichkeit (decision usefulness) basierendes Regelwerk und nutzen an vielen Stellen den beizulegenden Zeitwert (fair value) als Bewertungsmaßstab. Allgemein wurden die IFRS primär mit der Zielsetzung entwickelt, Investoren bei ihren Investitionsentscheidungen zu unterstützen (Kauf, Verkauf oder Halten von Aktien). Durch ihre starke Orientierung an den IFRS liegt den IPSAS ebenfalls prinzipiell die Sicherstellung des Anlegerschutzes als Zielsetzung zugrunde. Im Gegensatz dazu folgen die doppischen deutschen öffentlichen Rechnungslegungsstandards dem Grundsatz nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB), das wiederum in erster Linie den Schutz von externen Gläubigern zur Grundlage hat. Konkret hat dies etwa bei der Vermögensbewertung die Auswirkung, dass die IFRS bestrebt sind, möglichst aktuelle Marktwerte als Bewertungsgrundlage zu verwenden, während das HGB stärker (fortgeführte) Anschaffungskosten als Bewertungsmaßstab verwendet, was damit prinzipiell eher mit der Bildung von stillen Reserven einhergeht. In der deutschen Diskussion um Rechnungslegungsstandards der öffentlichen Hand wird bereits diese Tatsache als Argument dafür genutzt, die HGB-basierten Standards im Sinne der Zwecke öffentlicher Rechnungslegung für geeigneter zu halten, da Aussagen zu eventuellen Vermögenswertsteigerungen im Falle öffentlichen Vermögens weniger relevant erscheinen als der Schutz etwa von Anleihegläubigern des Staates. Auf der anderen Sei-

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te erscheint die durch die marktnäheren Bewertungsmethoden höhere Transparenz über den Wert des öffentlichen Vermögens etwa gegenüber den eigenen Bürgern (sozusagen als Äquivalent der Anteilseigner) auch als nicht zu vernachlässigender Vorteil im Sinne einer umfassenden Erfüllung ihrer Informationsrechte. Ebenso muss berücksichtigt werden, dass die IPSAS nicht per se über eine Orientierung am beizulegenden Zeitwert verfügen, sondern dass sich diese in erster Linie auf das nichtverwaltungsnotwendige Vermögen bezieht, was für diese Art von Vermögenswerten auch als sachgerecht angesehen werden kann.27 Beim Vergleich der IPSAS mit den deutschen Rechnungslegungsstandards ist zu beachten, dass es faktisch keinen einheitlichen doppischen Standard über alle deutschen Gebietskörperschaften gibt. Vielmehr haben trotz des Vorhandenseins eines Quasi-Standards („Standards staatlicher Doppik“) und eines Standardisierungsgremiums die auf HGB-Basis buchenden Bundesländer (Hamburg, Hessen und Bremen, künftig auch Nordrhein-Westfalen) und Kommunen, die wiederum entsprechendem Landesrecht unterliegen, jeweils landesspezifische Ausformungen von Rechnungslegungsstandards entwickelt, die sich in mancherlei Hinsicht voneinander unterscheiden. Ein Beispiel ist etwa die durchaus unterschiedlich geregelte Vermögensbewertung. Da in der Praxis in erster Linie die Kommunen eine HGB-basierte Rechnungslegung anwenden, soll im Folgenden diese Ebene näher betrachtet werden. In Erinnerung gerufen sei hierbei aber, dass der Bund und die meisten deutschen Länder nach wie vor eine im Grundsatz zahlungsstromorientierte, im Einzelfall um einzelne betriebswirtschaftliche Elemente erweiterte, Kameralistik (cash basis) anwenden.28 In der Literatur liegen aus der jüngeren Zeit bereits umfassende Vergleiche zwischen den IPSAS und den deutschen Standards vor, die schwerpunktmäßig den für nordrhein-westfälische Kommunen laut Gemeindehaushaltsrecht geltenden Standard Neues kommunales Finanzmanagement (NKF) als Referenz nutzen.29 Demnach gibt es der Zahl nach umfangreiche Abweichungen der IPSAS vom deutschen Gemeindehaushaltsrecht, die im Folgenden in ausgewählten Aspekten dargestellt werden sollen.30 Bei der Bewertung des Sachanlagevermögens lassen die IPSAS beispielsweise eine Neubewertung auch außerhalb des Anschaffungskostenprinzips zu. Im Gegensatz zum Gemeindehaushaltsrecht orientieren sich Abschreibungen an der wirtschaftlichen Nutzungsdauer, Vorgaben hinsichtlich der Gesamtnutzungsdauer sind nicht vorgesehen.

23 Vgl. IPSAS Terms of Reference Par. 8, abrufbar unter www.ifac.org/public-sector/aboutipsasb/terms-reference (Abruf: 13.5.2015). 24 Zur deutschen Übersetzung vgl. KPMG (Hrsg.), IPSAS, 2. Aufl. 2011. 25 Vgl. Mackintosh, Sonderheft WPg 1/2004, 5. 26 Vgl. Kirchmann, Steuerung von Kommunen nach International Public Sector Accounting Standards (IPSAS), 2009, S. 168. 27 Vgl. Kirchmann, Steuerung von Kommunen nach International Public Sector Accounting Standards (IPSAS), 2009, S. 194 ff. 28 Zu den Ländern vgl. Institut für den öffentlichen Sektor (Hrsg.), Haushaltsmodernisierung in den Bundesländern, 2012, abrufbar unter www.publicgovernance.de/docs/Stu die_Haushaltsmodernisierung_in_den_Bundeslaendern.pdf (Abruf: 2.5.2015). 29 Vgl. Adam, Gutachtliche Stellungnahme zu Abweichungen der IPSASs/EPSASs von kommunalem Haushaltsrecht und Einschätzung des resultierenden Umstellungsaufwands, 2014, abrufbar unter www.doppikvergleich.de/uploads/tx_jpdownloads/140825_BAd am_Gutachten_IPSAS_EPSAS_final.pdf (Abruf: 6.5.2015); Biskoping-Kriening, Der Gemeindehaushalt 2014, 1 ff. 30 Vgl. Adam, Gutachtliche Stellungnahme zu Abweichungen der IPSASs/EPSASs von kommunalem Haushaltsrecht und Einschätzung des resultierenden Umstellungsaufwands, 2014, S.10 ff.

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Besonderheiten gegenüber dem Gemeindehaushaltsrecht ergeben sich auch beim Immobilienvermögen, das als Finanzinvestition gehalten wird. Hierbei sind verpflichtend Zeitwerte in der Bilanz oder im Anhang anzugeben. Grundstücke oder Gebäude, die zur Erzielung von Mieteinnahmen oder zur Wertsteigerung gehalten werden, sind entweder nach fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Eine Besonderheit stellt auch die Vorschrift zu Dienstleistungskonzessionen (IPSAS 32) dar, in der abhängig vom gewählten Modell die Bilanzierung und Bewertung bestimmter Public Private Partnership (PPP)-Modelle geregelt wird. Sonderposten, die im Gemeindehaushaltsrecht vor allem für Zuschüsse anderer Verwaltungsebenen (etwa des Bundeslandes) gebildet werden, sind im Rahmen eines auf den öffentlichen Sektor zugeschnittenen Ertragsrealisierungsstandards (IPSAS 23) grundsätzlich nicht möglich. Stattdessen wird, sofern eine bedingte Rückforderungsmöglichkeit besteht – etwa für den Fall, dass ein bestimmter Förderzweck nicht erreicht wird – neben der ergebniswirksamen Ertragsrealisierung eine Verbindlichkeit passiviert, die beim Entfall der Rückforderungsmöglichkeit, ggf. zeitanteilig, aufzulösen ist.31 Eine andere wesentliche Abweichung zwischen IPSAS und Haushaltsrecht der deutschen Gemeinden betrifft den Ansatz und die Bewertung von Rückstellungen (IPSAS 19). Rückstellungen sind im Rahmen der IPSAS nur zulässig, wenn eine Außenverpflichtung besteht und die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme mehr als 50 Prozent beträgt. Dabei bestehen neben Unterschieden im Ansatz auch Abweichungen im Ausweis. So sind Rückstellungen für ausstehende Rechnungen gemäß IPSAS nicht als Rückstellungen, sondern als Verbindlichkeiten auszuweisen. Innenverpflichtungen, etwa aus unterlassenen Instandhaltungen resultierend, erfüllen nicht die Ansatzvoraussetzungen. Unterschiede betreffen auch die nach dem Gemeindehaushaltsrecht zulässigen Ansammlungsrückstellungen, etwa für Rekultivierungen, die nach IPSAS vom entsprechenden Vermögenswert abzusetzen sind.32 Aus der Orientierung der IPSAS an den IFRS ergeben sich neben Ansatz- und Bewertungsdifferenzen auch allgemeine Unterschiede hinsichtlich der Darstellung sowie des Umfangs der Finanzberichterstattung, die sich beispielsweise auf das Ausmaß der geforderten Anhangangaben und Abschlussbestandteile wie Eigenkapitalveränderungsrechnung oder Segmentberichterstattung beziehen. Gerade der Mehrwert eines allzu umfassenden Anhangs kann kritisch hinterfragt werden. Für die Öffentlichkeit von größerer Bedeutung können dagegen jedoch Angaben im Hinblick auf die Gegenüberstellung von Haushaltsplanwerten und Istwerten sein (IPSAS 24). Die IPSAS enthalten spezifische Regelungen zur wahlweisen Darstellung von Budgetvergleichen.33 Hinsichtlich der Offenlegung besteht dabei ein Wahlrecht zwischen der Darstellung als separatem Bestandteil des Abschlusses und der Form zusätzlicher Budget-Spalten innerhalb der sonstigen Abschlussbestandteile.34 Diese Angaben können der Öffentlichkeit Informationen im Hinblick auf die Rechenschaft eines verantwortungsvollen Umgangs mit öffentlichen Mitteln liefern, da so Abweichungen von Planwerten (beispielsweise Budgetüberschreitungen) offengelegt werden können. Bei einem allgemeinen und konzeptionellen Vergleich zwischen den deutschen Konzepten der Doppik und IPSAS ist zu beachten, dass sich in den vergangenen Jahren das deutsche HGB durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) in Richtung IFRS ange-

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nähert hat.35 Da die deutschen Doppik-Konzepte auf dem HGB basieren, kann daher auch das Fazit gezogen werden, dass sich die öffentliche Rechnungslegung in Deutschland zumindest in den Bundesländern mit dynamischen Verweisen auf das HGB an die IFRS und damit auch indirekt an IPSAS angenähert hat.36 Dennoch verbleiben auch nach Umsetzung von BilMoG erhebliche Unterschiede zwischen dem geltenden Gemeindehaushaltsrecht und IPSAS.

V.

Zusammenfassung

1. Die IPSAS könnten in der Zukunft durch die dargestellten Bestrebungen der EU-Kommission zur Einführung eines europaweit harmonisierten öffentlichen Rechnungswesens (EPSAS) auch für den öffentlichen Sektor in Deutschland zum Referenzstandard werden. 2. Das Regelwerk, in weiten Teilen abgeleitet vom privatwirtschaftlichen Standard IFRS, unterscheidet sich durch die Verankerung im Accrual Accounting fundamental von der in Deutschland noch vielfach angewandten Verwaltungskameralistik. 3. Auch zur weitgehend in Kommunen angewandten doppischen Rechnungslegung bestehen Unterschiede, etwa bei der Vermögensbewertung sowie beim Ansatz und der Bewertung von Rückstellungen. 4. Gegen die EPSAS-Initiative gibt es seitens des deutschen öffentlichen Sektors starke Vorbehalte. Nach einer ersten Kostenschätzung könnten auf Deutschland unter den EU-Staaten mit die höchsten Umstellungskosten zukommen. 5. Eine künftige EU-weite Harmonisierung der öffentlichen Rechnungslegung könnte jedoch in Deutschland zugleich als Chance zur Angleichung der über die Bundesländer hinweg bestehenden Divergenzen genutzt werden und in Europa eine gesteigerte Transparenz im Umgang mit öffentlichen Mitteln mit sich bringen. 6. Der Nutzen einer europaweiten Harmonisierung der öffentlichen Rechnungslegung ist zwar schwer zu quantifizieren, im Hinblick auf die innerhalb Europas zunehmende finanzielle Verflechtung sowie die Umverteilung öffentlicher Gelder erscheint diese Maßnahme jedoch sinnvoll.

Dr. Ferdinand Schuster ist Geschäftsführer des von KPMG geförderten Instituts für den öffentlichen Sektor. Er hat Erfahrungen als Berater öffentlicher Institutionen und ist Herausgeber der Zeitschrift PublicGovernance. Der Autor gibt seine persönliche Meinung wieder.

31 Vgl. Adam, Gutachtliche Stellungnahme zu Abweichungen der IPSASs/EPSASs von kommunalem Haushaltsrecht und Einschätzung des resultierenden Umstellungsaufwands, 2014, S. 65 f, 73 f. 32 Vgl. Adam, Gutachtliche Stellungnahme zu Abweichungen der IPSASs/EPSASs von kommunalem Haushaltsrecht und Einschätzung des resultierenden Umstellungsaufwands, 2014, S. 63. 33 Vgl. IPSAS 24.5. 34 Vgl. IPSAS 24.14. 35 Durch BilMoG erfolgte die Umsetzung der EU-Vorgaben der Abschlussprüferrichtlinie (RL 2006/43/EG in Ergänzung durch die RL 2008/30/EG) und der Abänderungsrichtlinie (RL 2006/46/EG) in nationales Recht. 36 Zu den Auswirkungen des BilMoG auf die kommunale Doppik vgl. Ellerich/Radde, WPg 2009, 780 ff.; vgl. Bauer/Kirchmann/Saß, WPg 2009, 143 ff.

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