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3 Inhalt Kurzinformationen 4 Nachrichten aus der Museumswelt 7 Literatur 8 Namen 32 Autoren Impressum 34 Wichtige Ausstellungen Sicherheit 9 Seb...
Author: Nicole Gärtner
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Inhalt

Kurzinformationen

4 Nachrichten aus der Museumswelt 7 Literatur 8 Namen 32 Autoren Impressum 34 Wichtige Ausstellungen

Sicherheit

9 Sebastian Schwarzenberger Besucherservice und Aufsichten sind ein Aushängeschild von Museen

13 Christian Müller-Straten Fehlende Aufsichtskräfte an Museen signalisieren die Trendwende am Arbeitsmarkt 17 Karsten Seifert; Uwe Schmeissner Kunstschätze unsichtbar überwachen und schützen

„Ausgestorben“? 20 Utz Anhalt Riesenalk und Beutelwolf – ausgerottete Tiere im Museum

Sicherheit im Museum bedeutet die Sicherheit der Mitarbeiter und Besucher vor Unfällen und schleichenden Gesundheitsbelastungen, auch die Sicherheit vor Trojanern und Erpressungsviren, aber vor allem Schutz des Sammlungsguts vor Katastrophen, Brand und dessen Folgen, Überschwemmung, Vandalismus und Diebstahl. Hierbei muß der Dieb keineswegs ein „Intruder“ sein (Beispiel St. Petersburg). Diebstahl kommt in allen Altersgruppen vor, bei Jung und Alt, aber auch bei eigenen Mitarbeitern zur Aufbesserung von Niedriglöhnen und -gehältern. Kluge präventive Maßnahmen sind hier ebenso wichtig wie der Einsatz neuester Technik und die Bevorratung geeigneten Sicherheitspersonals. Doch wie geschützt sind unsere Museen wirklich? Können wir es uns noch leisten, auf das Sicherheitsniveau von Museen ärmerer Länder herabzusehen? Wiegen wir uns nicht in trügerischer Sicherheit, wenn das gefährliche Gebot der Stunde lautet, auch Sicherheit dürfe nichts kosten? Sicherheit ist natürlich nicht umsonst zu haben. So leisten kostenlose Antivirenprogramme kaum dasselbe wie kostenpflichtige; ein übermüdeter, im Rentenalter Beschäftigter kaum dasselbe wie eine sportliche Mitdreißigerin. In einem gar nicht so reichen europäischen Land habe ich einmal erlebt, daß sich bei einem Diebstahlalarm automatisch alle Ein- und Ausgangsstüren schlossen. Die Besucher nahmen es überraschenderweise gelassen, aber eine solche Sicherheitstechnik kostet natürlich etwas. Ob man aber wirklich Sicherheitskräfte outsourcen sollte, ist bei der derzeitigen Vollbeschäftigung neu zu durchdenken. Mehr zu diesem Thema im ersten Teil dieser Ausgabe von MUSEUM AKTUELL. Adelheid Straten

Geflüchtete und Museen 26 Anette Rein Menschen und Dinge wandern. Ideen zur kulturellen Teilhabe von Geflüchteten

Der Rußland-Tip 29 Ilja Brustein Rußland beginnt hier. Russische und estnische Kultur in Museen in Isborsk und im Petschory-Bezirk (Nordwestrußland)

Zum Titelbild BIER.MACHT.MÜNCHEN Münchner Stadtmuseum 8.4.2016 – 8.1.2017 500 Jahre Reinheitsgebot in Bayern. Das Münchner Stadtmuseum widmet sich 2016 diesem Jubiläum mit eigenen Schwerpunkten: dem „Münchner Bier“ und seinen Brauereien. Die Ausstellung zeigt ein komplexes historisches Thema in seiner Relevanz für die Gegenwart und eröffnet dabei völlig neue Blicke auf das Phänomen Bier. Dabei wird am Beispiel der Entwicklung der Brauereien die im internationalen Vergleich späte Industrialisierung Münchens seit 1850 gezeigt. Das günstige Zusammenwirken von Kapital, Unternehmertum und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Brauvorgang an sich sowie technische Fortschritte werden erklärt und dargestellt. „BIER. MACHT.MÜNCHEN“ spürt dem Einfluß des Gerstensaftes auf die Entwicklung der Stadtkultur, in den bildenden Künsten, den Festen und des Kabaretts nach – und beschäftigt sich daher eingehend mit der Rolle des Bieres in Gesellschaft und Politik. Die Ausstellung zeigt auf einer Fläche von 800 m2 ca. 700 Exponate. Darüber hinaus wird sie von einem umfassenden Rahmenprogramm und einem reich bebildertem Katalog begleitet. Münchner Stadtmuseum St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München http://www.muenchner-stadtmuseum.de Di-So 10-18 h, Mo geschlossen

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Sebastian Schwarzenberger

Besucherservice und Aufsichten sind ein Aushängeschild von Museen

Das Drumherum ist mittendrin Erinnern Sie sich nicht auch an eine Begegnung mit einer Aufsicht, das Angebot eines Museumsshops oder der Museumsgastronomie – ob nun positiv oder negativ? Haben Sie nicht das eine oder andere Mal nach dem Besuch eines Museums mehr Geschichten über scheinbar Nebensächliches erzählt oder gehört als über die eigentliche Ausstellung? Auch wenn viele Museumsmitarbeiter das nicht so gerne lesen mögen: Das „Drumherum“ des Museumsbesuchs ist mindestens genauso wichtig, wie es die Objekte sind. Schließlich ist der Museumsbesuch für die meisten Menschen mehr als eine Bildungsveranstaltung oder eine beschauliche Betrachtung. Gehen Sie in ein Museum, so werden Sie (im Idealfall) am Eingang begrüßt, Sie erfahren, wo sich Garderobe,

Ticket oder Waschraum befinden. Danach geben Sie Ihre Garderobe ab, erwerben das Ticket, hätten gerne einen Überblick über den Rundgang und möglicherweise einen Audioguide. Alles kein Problem, die freundlichen Mitarbeiter ebnen Ihnen den Weg. Sollten Sie während des Rundgangs eine Frage haben, dann wenden Sie sich an die Aufsicht, den Scout, den Cicerone oder wie auch immer die Besucherservice-Aufgabe in dem entsprechenden Haus bezeichnet und interpretiert wird. Zwischendurch geht es in das Café für eine kleine Pause, und am Ende des Rundgangs erwerben Sie noch ein kleines Andenken oder auch den Katalog. Man sollte sich die Stationen ruhig noch einmal vor Augen führen, um zur Erkenntnis zu gelangen, daß man beim Museumsbesuch häufig nicht einem einzigen wirklichen Mitarbeiter des Museums begegnet. Denn

Besucherservice im Museum – ein Mitarbeiter der Dussmann Group. Copyright: Dussmann Group

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10 am Empfang, an Kasse und Garderobe etc. sind häufig aus diversen Gründen Mitarbeiter unterschiedlicher Unternehmen tätig, die sich im Idealfall darum bemühen, BesucherInnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Die Erfahrungen zeigen, daß dieses Outsourcing sehr unterschiedlich läuft in der Praxis – und genau das ist das Problem. Erfolg und Mißerfolg dieser Strukturen hängen vom persönlichen Engagement einiger weniger ab. Das kann sich über die Jahre auch stark verändern — weil Menschen oder Dienstleistungsunternehmen kommen und gehen. Doch wäre hier nicht aus Sicht der Museen eine größere Kontinuität wünschenswert? Und inwiefern ist hier grundsätzlich Qualität planbar? Es wäre wohl anmaßend, hier eine konkrete Antwort auf derartige Fragen geben zu wollen. Vielmehr soll versucht werden, auf die eigentliche Problematik aufmerksam zu machen. Denn die jahrelangen Erfahrungen haben gezeigt, daß es hier viele Baustellen gibt, die vermieden werden könnten.

Eigenes Personal, Beauftragung eines externen Dienstleisters oder Gründung einer Servicegesellschaft? Manche Häuser lassen die erwähnten BesucherserviceTätigkeiten von eigenen Mitarbeitern erledigen, was zumeist mit hohen Personalkosten und nicht zu unterschätzendem Steuerungsaufwand verbunden ist. Auch sind erfahrungsgemäß hohe Fehlzeiten und sinkende Motivation mit den Dienstjahren ernstzunehmende Herausforderungen. Andere Kulturinstitutionen schreiben regelmäßig Dienstleistungen aus, was zu hohem Aufwand und immer wieder neuen Einarbeitungsphasen und Know-how-Verlust führen kann. Eine Servicegesellschaft, eine umsatzsteuerliche Organschaft etwa in der Rechtsform einer GmbH, bietet hier eine ernstzunehmende Alternative. So holt sich die Kultureinrichtung externes Know-how für Management und Dienstleistungen ins Haus und kann sich selbst auf die Geschäftsführung konzentrieren. Anders als bei der herkömmlichen Vergabe an externe Dienstleister spart die Institution die Umsatzsteuer auf die Personalkosten. Im Einzelfall müssen hierfür allerdings zunächst die Voraussetzungen überprüft werden. Interessant beispielsweise auch die Möglichkeit, für mehrere benachbarte Institutionen mit unterschiedlichen Trägern eine derartige Servicegesellschaft zu etablieren.

Fremdvergabe meist über Ausschreibung. Wie sichert man trotzdem Qualität und Kontinuität? Viele Museen und andere Kultureinrichtungen entscheiden sich mittlerweile aus unterschiedlichsten Gründen für eine Vergabe von Aufträgen an spezialisierte Dienstleistungsunternehmen. Das ist in der Regel unter dem Strich günstiger und die meisten Einrichtungen sind dankbar, wenn der Personalsteuerungsaufwand nicht mehr neben den zahlreichen anderen Aufgaben erledigt werden muß.

Die meisten Häuser müssen derartige Aufträge in öffentlichen Ausschreibungen vergeben. Hierbei gibt es die unterschiedlichsten Varianten, wie ein Blick auf die Ausschreibungen der vergangenen Jahre verrät. Manche Museen schreiben die Sicherheitsdienstleistungen separat und für nur ein Jahr aus. Andere verbinden die unterschiedlichen Bereiche des Besucherservice und binden manchmal auch andere Aufgaben ein, schreiben somit mehrere Dienstleistungen für einen längeren Zeitraum aus. Manchmal wird quasi jedem Marktteilnehmer die Abgabe eines Angebots ermöglicht; ein anderes Mal gibt es hohe Einstiegshürden etwa bei Nachweisen und Referenzen. Und schließlich unterscheidet sich die Wertung sehr und macht am besten die Intentionen des Auftraggebers deutlich: Ein Zuschlag zu 100% über den Preis zieht ganz andere Angebote und Überlegungen nach sich als ein Zuschlag über Preis und Qualität. Damit man am Ende nicht die Geister, die man ruft, wieder los werden möchte, sollte man eine Strategie entwickeln, die idealerweise nicht allein vom Wunsch nach der billigsten Lösung getrieben wird. Eine Vergabe in einem oder mehreren Paketen hat diverse Vorteile gegenüber der Einzelvergabe. Der Koordinationsaufwand wird pro Leistung geringer, die Gesamtkosten ebenso, u.a. auch durch günstigere Einkaufspreise. Flexibilität, Investitionsbereitschaft und Innovationsmöglichkeiten dagegen steigen erheblich, ebenso die Transparenz und die Möglichkeiten der Standardisierung und der Synergieeffekte. Und mit zunehmender Vertragsdauer steigen auch die Vorteile. Auch Referenzen, Infrastrukturen u.ä. können eine Linie markieren, damit nur Unternehmen mit klar definierten Mindeststandards für die Angebotswertung zugelassen werden. Dienstleistungsvergaben lassen sich im Vorhinein so gestalten, daß man die gewünschte Qualität bekommt bzw. gemeinsam mit einem oder mehreren Partnerunternehmen erzielt. Man sollte sich auch nach der Vergabe damit befassen, ob Schulungen durchgeführt, Zuschläge und beispielsweise Tariflöhne auch tatsächlich gezahlt werden. Ein scheinbar simpler und doch so folgenreicher Aspekt ist die Definition der Kommunikation im Rahmen der Aufgabe als Servicekraft. So reicht die Bandbreite von Aufsichten, die lediglich aufpassen und den Weg zu WC oder Ausgang zeigen dürfen, bis hin zu Animateuren, die die Besucher gezielt an die Exponate heran führen sollen. Hier spielt die Grundphilosophie des Hauses eine wichtige Rolle, abhängig von der Sammlungs- und Besucherstruktur. Eine enge Abstimmung mit den museumspädagogischen Angeboten beispielsweise kann von Bedeutung sein. Letztlich hängt aber vieles, wie oft im Leben, von einer vernünftigen Kommunikation im laufenden Betrieb ab. Eckpfeiler sollte hier ein ausgeklügeltes Service-Level-Agreement (SLA) ebenso sein wie der selbstverständliche Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP), um nur einige Stichworte zu nennen. Letztlich unerläßlich ist wie in so vielen Bereichen die aktive Entwicklung im Rahmen einer Partnerschaft. Ein derart im Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit stehendes Team kann nur selten von einem Tag auf den anderen entwickelt werden.

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Wichtige Schnittstellen zu anderen Bereichen: Kasse, Info, Hotline/ Webseite, Shop etc. Eine kontinuierliche separate Betrachtung der einzelnen Aufgabenbereiche kann unnötige Probleme an den Schnittstellen verursachen. Ein Betrieb läuft besser, wenn die Leistung aus einem Guß erbracht wird und zahlreiche Leistungen aus einer Hand kommen — besonders auch mit nur einem Ansprechpartner für das Museum. Denn ab einem gewissen Aufwand kann auch eine Einsatz- bzw. Objektleitung anwesend sein, die wiederum die Schnittstelle zur Kultureinrichtung und zum Stammsitz des Unternehmens bedient. So wird das Management am effektivsten und der Auftritt homogen. Neben den klassischen Bereichen wie Kasse, Infotresen, Garderobe, Museumsshop und Café besteht beispielsweise auch die Möglichkeit, Führungen über Dienstleister abzuwickeln. Gerade die Diskussionen über Scheinselbständigkeit und die Nachforderungen der Rentenversicherung haben hier einige Unsicherheiten aufkommen lassen. Warum also nicht die Führungen ganz ausgliedern, vielleicht sogar die entsprechende Hotline zur Vereinbarung von Führungen? Auch hierfür gibt es bereits gut funktionierende Beispiele.

Wo kann Technik ergänzen oder sinnvolle Alternativen bieten? Immer wieder stellt sich die Frage, wo entsprechende Technik den Einsatz von Personal ersetzen kann. Dies

wird besonders aus den heutigen Debatten über disruptive Innovationen ersichtlich. Doch die eingangs erwähnten persönlichen und gewünschten Kontakte zum Besucher bedeuten, daß ein grundsätzlicher Verzicht auf Personal zugunsten von Technik kaum in Frage kommt. Allerdings muß Sicherheitstechnik dort kompensieren, wo Personal an seine Grenzen kommt oder ein Personaleinsatz zu kostenintensiv wäre. Standardmäßig geschieht dies etwa in Form von klassischer Einbruchmelde- und Brandschutztechnik; darüber hinaus aber auch in der Rund-um-die–Uhr-Bewachung von einzelnen, besonders wertvollen Objekten mit hohen Versicherungswerten oder von temporär eingerichteten Räumen und Außenanlagen wie Sonderparkbereiche, für die sich beispielsweise der Einsatz von Guarding Robotern nicht immer eignet. Für die Sicherung von Exponaten können auch batteriebetriebene Bewegungssensoren (RFID-Tags) an den Objekten eingesetzt werden. In Kombination mit Videoanalytik und/oder anderen Gefahrenmeldesystemen entsteht ein übergreifendes und vor allem individuelles Sicherheitskonzept. Durch Verknüpfungen können beispielsweise Videokameras auf die auslösenden Ereignisse schwenken, Alarmbilder übertragen, die Ansprache einer Person über Lautsprecher oder aber das Einschalten der Gesamtbeleuchtung bewirken. Ähnliche Verfahren gibt es mit automatisierter Videoüberwachung, wo bei Überschreiten einer variabel definierbaren Sicherheitszone eine Aktivität ausgelöst wird.

Positionen im Besucherservice und hinter den Kulissen, die beispielsweise Dussmann Service Deutschland GmbH im Museumsbetrieb besetzen kann.

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12 Sehr passend wurde dies etwa in der Erlebnisausstellung PS.SPEICHER. im südniedersächsischen Einbeck gelöst, wo zur jeweiligen Szenerie ein Hupen oder, zur Freude der Besucher, ein typisches Geräusch des Exponats erklingt, dem man zu nahe gekommen ist. Auch der Einsatz von beacon-Technologie zur In-door Navigation oder der audio-visuellen Erläuterung der Objekte via Smartphone-App können hier als Nebenprodukt der Sicherheitstechnik betrachtet werden.

Locher/Wyss/Küster/Zieger (Hg.): Museen als Medien Medien in Museen. Perspektiven der Museologie. Mit Beiträgen von J.-C. Ammann, A. Bienert, T. Edler, M. Fehr, B. Groys, J. Kallinich, B. Küster, H. Locher, P. Schneemann und A. Zieger. 123 S. mit vielen sw-Abb., Angaben zu den Autoren und einem Literaturverzeichnis. ISBN 3-932704-78-9 24 €

Letztlich laufen die sicherheitsrelevanten Informationen aber doch zu geschultem Aufsichtspersonal, das die Entscheidung über die jeweiligen Aktionen treffen muß. Beweismaterial kann zwar automatisch gesichert werden, Security-Systeme arbeiten zudem fast autark. Doch der Mensch muß die Handlungsentscheidung fällen, sodaß eine Kombination von Personal und Technik in vielen Fällen die ausgewogene Sicherheitslösung darstellt, um großen zeitlichen Verzug zu vermeiden.

Martin R. Schärer: Die Ausstellung Schärers Buch beinhaltet einen theoretischen und einen analytisch-praktischen Teil, in dem die theoretischen Aussagen anhand einer Ausstellung überprüft werden. Der theoretische Teil ist semiotisch-museologisch orientiert und verarbeitet auch französischsprachige Positionen, die im deutschen Sprachraum nur wenigen bekannt sind. 30 €

Fazit Wenn Museen sich für Besucher öffnen und diese Aufgabe ernst nehmen, ist der Besucherservice als ein Herzstück der kulturellen Einrichtung zu betrachten. Die Bedeutung der zwischenmenschlichen Begegnungen und der Informationsfluß auf diesem Wege sind nicht zu unterschätzen. Die Kluft dagegen zwischen dem wissenschaftlichen, kaufmännischen, technischen oder museumspädagogischen Museumspersonal und dem Personal im Service – ob eigenes oder fremdes – ist nach wie vor in den meisten Häusern riesig. Neben einer langfristigen Strategie bilden Auswahl, Qualifikation und Steuerung des Personals wesentliche Bausteine für einen erfolgreichen und idealerweise homogenen Außenauftritt. Und dies wird nicht nur für diejenigen Museen immer wichtiger, die eine Rolle im breiten Angebot der Freizeitmöglichkeiten spielen wollen.

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Christian Müller-Straten

Fehlende Aufsichtskräfte an Museen signalisieren die Trendwende am Arbeitsmarkt

Der Markt für Aufsichtskräfte in Deutschland ist nicht einfach zu überblicken. Die Ausschreibungen größerer und kleinerer Firmen oder Museen in der riesigen Stellendatenbank der Europäischen Arbeitsämter EURES lassen dies vermuten: sie orientieren sich nämlich nicht an der tatsächlichen Situation bei uns. Dieser Beitrag konzentriert sich auf das enge Arbeitsmarktsegment der Museumsbewachungs- und Sicherheitskräfte, doch wird deutlich, daß es sich bei der Besetzung der untersten Museumslohngruppen (Garderobieren, Eintritts- und Shop-Kassenkräfte, Putzkräfte, Pförtner, Hausmeister, Eventkräfte, Schloßführer oder in der Museumsgastronomie) letztlich zumindest tendenziell kaum anders verhält. Erste Anzeichen sprechen sogar dafür, daß immer mehr Volontariats- und Kustodenstellen demnächst nicht mehr besetzt werden können. Lediglich die Ursachen variieren; Museumsarbeit wird zunehmend unattraktiv. Über die Sicherheit an deutschen Museen wird „aus Sicherheitsgründen“ öffentlich kaum gesprochen; deswegen ist die im folgenden beschriebene Sicherheitslücke an deutschen Museen auch etlichen „Personalern“ unbekannt. Stößt man bei einer Stellenausschreibung museumsseitig unerwartet auf diese Lücke, wird, da der Strukturzusammenhang nicht gesehen wird, immer wieder nur für den jeweiligen Einzelfall nach systemimmanenten Auswegen gesucht, die aber letztlich das Strukturproblem nicht lösen. 1 Das Strukturproblem wird eigentlich erst in der historischen Sichtung erkennbar. Unsere Stellendatenbank mit ihrem neun Jahre zurückreichenden Archiv zeigt überdeutlich, daß die Zahl der unbesetzten Aufsichtspositionen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Als einstellende Arbeitgeber und Vermittler treten dabei die klassischen Akteure (Museen bzw. ihre Träger) in Erscheinung, aber auch Full ServiceDienstleister wie die Fa. Strube, Sicherheitsdienste wie die Fa. Siba, Securitas, Kötter oder Dussmann 2 (letztere mit ihren anders benannten joint-venture-Firmen in Düsseldorf oder Potsdam) sowie neben der Agentur für Arbeit zunehmend mehr private Jobvermittler (wie etwa „perZukunft“ in Berlin) oder private Personalagenturen, die selbst Personal einstellen. Zu diesen gesellen sich Detekteien, Zeitarbeitsfirmen, ein „Team für innovative Präsentationen“ und gestern noch völlig unbekannte Einmann/Einfraubetriebe. Aufsichtskräfte oder Sicherheitspersonal werden heute an vielen Orten eingesetzt, angefangen von der Be-

wachung von Atomkraftwerken oder Politikern 3 über ÖPNV und Firmengrundstücken bis hin zu Flüchtlingsunterkünften, Krankenhäusern, Rockveranstaltungen oder Supermärkten. Es gibt also eigentlich für jeden Bewachertyp passende Bewachungsorte. Bewachung in Museen ist dabei jedoch, neben Tätigkeiten in Sicherheitszentralen, etwas besonderes, zugleich ein Aushängeschild für die Institution. Neben den Personen an der Kasse sind Aufsichtskräfte oft die einzigen „Museumsvertreter“, die BesucherInnen zu Gesicht bekommen. Ihre Tätigkeit ist dabei völlig unterschieden von Sicherheitsbestreifungen von Museen bei Nacht, die gelegentlich sogar mit Hundeführung verbunden ist. Bei der Museumsaufsicht gibt es Arbeitsphasen mit mehr oder weniger Publikum, lange Stehzeiten auf harten Böden, Probleme mit dem Raumklima, viel Sprachkontakt mit Menschen höherer Bildungsstufe, jedoch für viele von ihnen ein Interpretationsverbot, gelegentlich Abend- und sehr oft Wochenend-Dienste. In vielen Fällen stellen die zu bewachenden Objekte sehr hohe Werte dar, müssen baulich problematische Bereiche besonders beachtetet 4 und mutwillige Beschädigungen, vor allem durch Jugendliche, abgewendet werden. Bewachungskräfte, die bei größeren Trägern oder Firmen angestellt sind, müssen oft in mehreren Häusern Dienst tun (was nicht immer als angenehme Abwechslung empfunden wird) und werden von Fullservice-Firmen gerne — vorgeblich zum Ausgleich — sitzend an den Eintrittskassen, an der Garderobe oder im Shop (beim Nachfüllen oder an der Kasse), aber auch beim Reinigen der Gebäude 5 eingesetzt. Oft wird bei Firmen-Ausschreibungen weder der Schwerpunkt der Arbeit deutlich, noch klar, ob es sich um Vollzeit, Teilzeitstellen oder Minijobs handelt. Mehrfach waren in letzter Zeit sogar Vollzeitstellen mit 42-45 Wochenstunden ausgeschrieben. Besonders schwer mit Aufsichtskräften zu besetzen sind neue Häuser (wie kürzlich in Lübeck, Lüneburg, München oder Münster) oder lediglich mehrmonatige große Sonderausstellungen oder Landesausstellungen, da das infrage kommende Personal vor allem an Festanstellungen interessiert ist. Als Voraussetzung für Museumsaufsichten ist allerdings noch nicht einmal ein Abitur mitzubringen, lediglich ein paar Schulungen (Stichworte: § 34a GewO; ECHOCAST-Zertifikat; Kassenschulungen) reichen völlig; wichtig sind allerdings in diesem Metier gepflegte Umgangsformen, Zuverlässigkeit und erhebliche Sprachkenntnisse. Wer an dieser Arbeit Gefallen und einen angenehmen Arbeitgeber findet, der wird für

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14 diese Voraussetzungen mit 38,5-40 Wochenstunden gar nicht so schlecht bezahlt, denn der tarifliche Lohn (zu dem oft noch Zuschläge kommen) wurde kürzlich angehoben. 6 Bewachungskräfte in Museen gehören zu den Berufsgruppen in Museen, bei denen seit Jahren Vollbeschäftigung herrscht. Mit anderen Worten: Es gibt einen Überhang an offenen Stellen, und das in den deutschen Großstädten genauso wie auf dem flachen Land (Beispiele Rheine und Rheinsberg). Offene Stellen in diesem Bereich werden kaum noch besetzt, manche Ausschreibungen werden kontinuierlich seit Jahren verlängert. Aus unserer spezialisierten Stellendatenbank 7 ist zu schließen, daß allein in Deutschland 8 zum Stichtag 10. 5. 2016 mindestens 551 Sicherungskräfte an deutschen musealen Einrichtungen fehlten, und zwar 9 Tagesbewachungskräfte mind. 423 Nachbewachung/Sicherheitszentrum mind. 124 Teamleiter 4 Summe mind. 551 Die Einschränkung „mindestens“ ist erklärungsbedürftig. Zum einen zeichnet sich ab, daß in einigen wenigen Fällen Auftraggeber in ihrer Notsituation glauben, sie könnten das Besetzungsproblem dadurch lösen, indem sie Aufträge zur Stellenbesetzung gleichzeitig an mehrere Agenturen vergeben. 10 Zum anderen arbeiten anscheinend mehrere Kleinvermittler großen Sicherheitsfirmen bei der Personalgewinnung zu, es handelt sich also zunächst um etwas weniger offene Stellen als oben beziffert. Beide Faktoren werden aber dadurch konterkariert, daß zum Stichtag insgesamt 18 aktuelle Ausschreibungen für Aufsichts- und Sicherheitskräfte existierten, die sich durch überhaupt keine Aussagen zur Stellenmenge (ausgeschrieben jedoch in Pluralform!) um die Festlegung der Zahl der offenen Stellen drückten — wobei wir diese Fälle in unseren Auswertungen nur als zwei Positionen zählen, obwohl es sich um eine weitaus größere Anzahl handeln dürfte. Hierbei stellt sich natürlich die Frage, warum Personaldienstleister und -vermittler so handeln. Als Erklärung darf angenommen werden, daß einerseits Vollzeitstellen auch mit Teilzeitkräften und Minijobbern besetzt werden, es den stellenausschreibenden Firmen zudem ganz recht ist, wenn in der Öffentlichkeit nicht zu deutlich wird, daß sie, egal wo in Deutschland, seit Jahren derartige Stellen gar nicht besetzen können. Zudem bietet dieses Vorgehen auch die Möglichkeit, eingehende Bewerbungen, die dem Ausschreibungstext nicht voll entsprechen, auf andere offene Stellen (etwa in nichtmusealen Bereichen oder ferneren Orten) umzuverteilen. Da dieses geheimniskrämerische Verhalten für Dienstleister vorteilhaft ist, wird sich an dieser Praxis in absehbarer Zeit kaum etwas ändern. Ich gehe somit, um die erwähnten Faktoren bereinigt, von einer tatsächlichen Größenordnung von derzeit fehlenden 560-570 Bewachungskräften an deutschen Museen und Schlössern aus.

Wie kam es zu dieser Sicherheitslücke an Museen?

Es gibt nicht nur eine Ursache. Auffallend ist, daß die Anhebung des Mindestlohns zu keiner erkennbaren Entschärfung der Bewachungskrise geführt hat. Auszuschließen ist demnach, daß die Bezahlung ein Hauptgrund für die Sicherheitslücke an Museen darstellt. Die Sicherheitslücke dürfte sich jedoch dadurch verschärfen, daß nach einem kürzlichen Urteil des BAG Weihnachts- und Urlaubsgelder unter bestimmten Voraussetzungen in den gesetzlichen Mindestlohn einberechnet werden können. Der eigentliche Stundenlohn liegt also viel niedriger, was die Tätigkeit noch weniger attraktiv machen wird. Folgende Ursachen sind zudem erkennbar: — Es gibt anscheinend im deutschen Sprachraum nur eine begrenzte Anzahl an Menschen, die für diese Arbeit die nötige Kondition, Charakterstärke und Ausbildung mitbringen. Ihre Anzahl ist geringer als angenommen. — Die Arbeit gilt zwar als interessant, aber als körperlich belastend. — Wochenenddienste und Nachtarbeit sind nicht jedermanns Sache. — In touristisch bedeutsamen Museen werden Sprachkenntnisse in der Aufsicht und an den Kassen verlangt, die aber nicht jede, für die Aufsicht geeignete Kraft mitbringt. — Viele besser ausgebildete Personen halten es für unter ihrer Würde, übergangsweise als Aufsichtskraft zu arbeiten. 11 — In vielen Ausschreibungen werden vermeidbare Fehler gemacht. So werden Aufsichtspositionen von den Trägern oder Museen nur für Sonderausstellungen oder sogar Dauerausstellungen nur zeitbegrenzt ausgeschrieben. Fehlen die Angaben zum Gehalt, wird nur Vollzeit angeboten oder werden Firmen beauftragt, die wegen ihrer Bezeichnung, ihres Namens oder ihrer Ansprechpartner erfolglos bleiben. 12 Es darf zudem angenommen werden, daß unter Bewachungskräften ein informelles Ranking der Sicherheitsfirmen besteht, das den Sicherheitsfirmen selbst unbekannt sein dürfte. — In den Ausschreibungstexten wird der Schwerpunkt der Arbeit nicht deutlich gemacht oder gezielt vermieden. So suchen kleinere Städte gelegentlich „Museumsmitarbeiter“, die hauptsächlich Putzdienste leisten, aber auch gelegentlich inhaltliche Führungen machen sollen, aber auch etwas Aufsicht oder oder ein bißchen an der Kasse oder beim Anfertigen von Statistiken helfen sollen. Sie werden letztlich nach der niedrigsten Tätigkeit bezahlt, sollen aber zwischendurch viel höherwertigere Arbeiten verrichten, ohne daß es hierfür Zuschläge gibt. — Für die Besetzung von Museumsaufsichten gibt es anscheinend kein allgemeinverbindliches Modell. Ich bin in einer norddeutschen Stadt sogar auf ältere Damen gestoßen, die dies als Mitglieder des Fördervereins seit Jahren ehrenamtlich tun, „weil es der Stadt so schlecht geht“. Einen Ort weiter erhalten Menschen für die gleiche Tätigkeit 1200 € im Monat, noch einen Ort weiter 2000 €. Da ist es kein Wunder, wenn geeignete Arbeitskräfte dahin gehen, wo sie ordentlich bezahlt werden. — Jede Landesaustellung, jede große temporäre Aus-

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15 stellung, aber auch Museumserweiterungen, neue Museen, Wiedereröffnungen nach längeren Umbauten verstärken ungewollt diese Sicherheitslücke. Kaufmännisch mag es richtig sein, vor einer Schließung wegen Umbau das gesamte Bewachungspersonal zu entlassen, wer aber nicht rechtzeitig (ein Jahr vorher) beginnt, Neueinstellungen auszuschreiben, wird auf Jahre hinaus nach der Eröffnung ein Sicherheitsproblem haben, das selbst durch modernste Elektronik nicht aufgefangen werden kann. — Unbegreiflich ist, daß bei einigen Personalabteilungen so gehandelt wird, als befände man sich in einer Überflußsituation: Mit der Suche nach Bewachungspersonal vor Neu- und Wiedereröffnungen oder auch großen Sonderausstellungen, die neues/zusätzliches Personal erfordern, wird viel zu spät begonnen, und es werden erkennbar zu kurze Bewerbungsschlüsse festgelegt. Mehrfach in den letzten Jahren war bis zum Ende von Sonderausstellungen kurzfristig kein geeignetes Bewachungspersonal gefunden worden. Hoffentlich gab es da noch einen Plan B. — Generell steigt die Zahl der benötigten Bewacher stärker als die Zahl der Menschen, die bereit und fähig sind, eine solche Tätigkeit zu übernehmen. Und generell steigt in unserer Gesellschaft die Notwendigkeit und das Bedürfnis, sich zu schützen und Bewachung einzuführen, wo früher nicht bewacht werden mußte. Die Ursache liegen in der sog. Flüchtlingskrise, steigender Armut auch in der Mittelschicht, schleppendem Wirtschaftswachstum, zunehmendem Egoismus und schwindender Integrationswilligkeit in das sozioökonomische System. Der kulturelle Sektor bekommt zudem in der Öffentlichkeit mehr und mehr das Image, unattraktive Stellen anzubieten. Das bedeutet, daß geeignete Bewachungskräfte aus dem musealen Sektor innerhalb der Sicherheitsbranche entweder selbst in besser bezahlte Bereiche abwandern oder den musealen Sektor von Anfang an meiden. Nichts wird zudem einen Personaldienstleister daran hindern, eigene Museumsaufsichtskräfte in nichtmuseale Bereiche umzusetzen, wenn es ihm nützt. Die steigende Altersarmut führt tendenziell dazu, daß ältere MitbürgerInnen in Rente weiterhin Geld verdienen müssen und ehrenamtliche Aufopferung für die Kultur abnimmt. — Vielleicht der entscheidende Punkt aber ist, daß die Zahl der offenenen (unbesetzt bleibenden) Stellen deswegen so zunimmt, weil im letzten Jahrzehnt mehr und mehr Institutionen dazu übergegangen sind, eigene Bewachungskräfte zu entlassen/gar nicht erst einzustellen und Verträge mit Dritten über Bewachungspersonal zu schließen. Zunächst wurden hierfür durch diese Bewachungsfirmen und Fullservice-Dienstleister museale Vorreiter gesucht, später verselbständigte sich dann der Trend: Museen und Ausstellungshäuser sprachen selbst die infrage kommenden Personaldienstleister an, ohne allerdings die möglichen Folgen zu bedenken.

Das Kostensenkungsmodell wird zum Sicherheitsproblem Sind die Arbeitsmarktreserven aufgebraucht, wird das Kostensenkungsmodell zum — von Museen selbst erzeugten — gravierenden Sicherheitsproblem. In dieser Situation hilft es auch nicht, wenn die Zahl der beauftragten Stellenvermittler steigt, oder dieselben Besetzungen über mehrere Anbieter gesucht werden, denn

keiner von ihnen findet noch das geeignete Personal für Bewachung und Sicherheit in Museen.

Auch Tricksereien helfen nicht weiter Zu den feststellbaren Tricksereien bei der Anwerbung gehört, daß bei Einstellungsvoraussetzungen erhebliche Abstriche gemacht werden. So arbeiten für eine deutsche Schlösserverwaltung Migranten aus Moldawien und anderen südosteuropäischen Ländern, die Deutsch oder internationale Fremdsprachen nur rudimentär beherrschen. In einem konkreten Fall mußten wir miterleben, daß bei einer solchen Aufsicht an der Durchsetzung der Vorschriften der Schlösserverwaltung (Blitzlichtverbot bei einem gerade aufwendig restaurierten Papierobjekt) grundsätzlich kein Interesse bestand. Weitere Tricksereien verraten bereits die Ausschreibungen bei EURES. So schweigt man sich bei der Bezahlung aus (obwohl ein schlichter Bezug auf den „Tarif“ genügen würde) oder stellt die Tätigkeit übertrieben abwechslungsreich und in den glühendsten Farben dar. Der typische Wechsel zwischen stehenden und sitzenden Tätigkeiten, zwischen kommunikationsarm und kommunikationsreich, wird jedoch im Vertrag bzw. in der Praxis nicht garantiert. Auch wird derzeit über die Bewachungsbranche kolportiert, daß manche Firmen im Gegensatz zur Ausschreibung gar keine Zulagen für Überstunden und Wochenenden zahlen, weil die Arbeitszeit per Arbeitsvertrag vertraglich so definiert wird, daß Wochenenddienste inbegriffen sind und Anlässe für Zulagen de facto nie entstehen. Vor ein paar Wochen ließ man sich für EURES etwas Neues einfallen: Zunächst einzelne, dann immer mehr Personaldienstleister verlängerten die offensichtlich laufend verlängerten Stellenausschreibungen nicht mehr, sondern gaben sie doppelt mit gleichem oder leicht geändertem Wortlaut ein, während die alte — weil ohne deadline — meist unbemerkt noch weiterlief. Andere kamen auf die Idee der künstlichen Verknappung der deadlines, um nach deren Ablauf die Ausschreibung nicht offensichtlich 13 verlängern zu müssen, sondern mit neuer deadline als neues Angebot zu deklarieren. Deutsche Arbeitgeber können beim BfA-Portal ihre offenen Stellen selbst einpflegen, 14 bei der Agentur für Arbeit überwacht anscheinend niemand die Fehlprogrammierungen sowie eigene und fremde Eingaben. Aber auch mit kreativer Semantik kommt man letztlich nicht weiter (Stichworte „Scout“, 15 „Host“ oder „Steward“). In Anlehnung an imagemäßig hoch angesiedelte Flugzeug- oder Schiffsstewards wird fast jede Dienstleistung im Niedriglohnbereich — von der Bewachung bis zum Verkauf von Jahreskarten oder Mitgliedschaften bzw. Kellnern — mit immer neuen Euphemismen bezeichnet. In unserer Rubrik „Sonstiges“, letztlich eine Sammelgrube für auffällige Angebote, finden sich aber auch 16 (!!!) „Hausmeister/innen für Objekt- und Sicherheitskontrollen für diverse Museen in Berlin“ oder „Pförtner“. Es ist davon auszugehen, daß diese sog. Hausmeister oder Pförtner bewachen, Glühbirnen auswechseln, schneeräumen, putzen, an den Kassen aushelfen und Ausstellungen auf- und abbauen...

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Zwei Probleme gleichzeitig lösen Immer noch versuchen einige Anbieter, Museen zu überreden, sich von ihren eigenen angeblich „zu teuren, unflexiblen“ Aufsichtskräften zu trennen, ohne daß eigentlich derzeit eine Aussicht besteht, die frei gewordenen Positionen aus dem „freien Markt“ zu besetzen. Aber können die irgendwann gefundenen Kräfte die hohen musealen Sicherheitsanforderungen wirklich erfüllen, wenn dazu ständig wechselnde Personen, Minijobber oder nur radebrechenden Kräfte einsetzt werden? Heißt die Alternative wirklich nur reumütige Rückkehr zu Rentnerbands? In der derzeitigen Situation besteht eine Lösung, die Sicherheitslücken im musealen Sektor und ein weiteres ungelöstes Problem zu beseitigen darin, unsere Jungakademiker anzuregen, diese Tätigkeit interessant zu finden. Das könnte gelingen, wenn man vom liebgewonnenen Modell „Mischtätigkeit aus Aufsichtund Kassenkraft“ Abschied zugunsten einer neu definierten Mischtätigkeit „Aufsicht und museumspädagogische Interpretation“ nähme. Gut ausgebildete und Sprachkenntnisse mitbringende, gerne an Museen tätige junge Kräfte werden so mit der Realität in Museen vertraut. Damit wird zugleich die vornehmlich beobachtende Bewachung aufgewertet: ehrenhafte, annehmbare Stellenbeschreibungen und Verträge, die sich karriereneutral ausnehmen und Bewachung mit inhaltlichen Leistungen (Mini-Führungen) sind die Lösung. Österreich und Liechtenstein machen es vor. Durch dieses Modell wird nicht nur der Prekariatsdruck entschärft. Museen übernehmen zudem wieder eine aktive Führungsrolle bei der Lösung der durch den Kostendruck der Träger erzeugten Sicherheitslücke. Eine schicke Uniform, muß übrigens nicht sein. Ein Namensschild tut‘s auch. Anmerkungen 1

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Vor diesem gefährlichen Trend haben wir bereits seit Jahren vor allem in der seinerzeitigen demuseums-Liste und in der Nachfolger-eMailing-List „Museums-Themen“ berichtet und gewarnt. Kostenlose Subskription unter https://lists.htw-berlin.de/mailman/listinfo/museumsthemen Generell zur zunehmenden Unattraktivität musealer Positionen siehe: „Museumsstellen sind oft weit unter Qualifikation dotiert“. Interview mit Dr. Janny Dittrich und Holger Nowak. In: Thüringer Museumshefte, 1/2015, S. 84ff. Dies ist jedoch nur ein Aspekt. Die Dussmann Group beschäftigt mehr als 64 700 Mitarbeiter in 18 Ländern und ist in den Bereichen Catering, Sicherheitsdienst, Gebäudetechnik und Gebäudereinigung tätig. So etwa die ursprüngliche Ausrichtung der Fa. Strube Etwa gefährliche Showtreppen wie in der Pinakothek der Moderne in München, dem Neuen Museum in Nürnberg oder breite Treppen unmittelbar hinter der Kasse wie beim Franz Marc-Museum in Kochel. Gelegentlich sogar beim Reinigen der Toiletten. Das Bruttoeinkommen liegt somit in diesem Fall ohne Zuschläge zwischen 1300 und 1900 €. Angeboten wird jedoch auch ein höherer Stundenlohn (9-12 €/h). h t t p:// w w w. m u s e u m - a k t u e l l . d e / i n d e x . php?site=stellenhinweise&TM=4 In Österreich und der Schweiz ist die Situation nicht ganz so dramatisch, aber tendenziell ähnlich. Die Quelle für deutsche Ausschreibungen im musealen Sicherheitsbereich ist meist die Datenbank der europä-

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ischen Arbeitsämter EURES. Zu den verschiedentlichen Falschprogrammierungen gehört dort seit Jahren die falsche numerische Auswertung der Zahl der offenen Stellen: Sie ist generell um ein Vielfaches höher als bei EURES beziffert. Die Luxemburger EURES-Zentrale ist hiervon im Mai 2016 unterrichtet worden. Auszugehen ist derzeit von zwei Fällen, nämlich in Bayern und NRW. Das KHM in Wien oder das Joanneum in Graz haben mit solchen Aufsichten jahrelang allerdings gute Erfahrungen machen können. Dies kann sich jedoch schnell ändern. Selbstverständliche spielt auch das Renommee der Träger eine Rolle, etwa bei der Stellenbesetzung im Zürcher FIFA-Museum. EURES weist im Frontend das Alter der Ausschreibung in Tagen aus. Das gilt nicht für alle anderen Länder der EU, die an EURES beteiligt sind. In Mannheim werden die bekannten „Scouts“ nun in Teilzeit oder geringfügiger Basis über WWS Strube gesucht.

























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Das Deutsche Museum zählt zu den bedeutendsten technischen Museen der Welt. Mit einer Ausstellungsfläche von etwa 75.000 m² zieht es jährlich rund 1,4 Mio. Besucher an, die in vier Standorten unsere Ausstellungen zur Entwicklung und zum aktuellen Stand von Naturwissenschaft und Technik besichtigen. Es betreibt zum Aufbau und Unterhalt seiner Ausstellungen verschiedene Werkstätten. Das Fotoatelier des Deutschen Museums ist u.a. zuständig für die fotografische Dokumentation der einzelnen Ausstellungen. Zur Verstärkung unseres Teams in der Abteilung Grafische Gestaltung / Grafische Werkstätten, zu welcher auch das Fotoatelier gehört, suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Fotografen (w/m) Ihre Aufgaben • Erstellen von Fotografien wie Raumansichten, Teilansichten, Objektfotos • EDV-unterstützte Bildbearbeitung (Photoshop) • einheitliche Benennung von Fotos nach definierten Vorgaben für die Bildstelle Ihr Profil • erfolgreich abgeschlossene handwerkliche Ausbildung zum Fotografen (w/m) • einschlägige Berufserfahrung • allgemeine und fachspezifische EDV-Kenntnisse, z.B. Adobe Photoshop Persönliche / soziale / methodische Kompetenzen • Eigeninitiative, Zuverlässigkeit, selbstständiges Arbeiten • Kommunikations-, Kontakt- und Teamfähigkeit • Prioritätensetzung, Zeitmanagement, Umgang mit Informationen Wir bieten • einen verantwortungsvollen, interessanten und vielseitigen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst mit familienfreundlichen, geregelten Arbeitszeiten in Münchner Innenstadtlage. • Die Stelle ist auf zwei Jahre befristet. Das Deutsche Museum schließt bei Einstellung zunächst alle Arbeitsverträge für 6 Monate befristet ab. • Die Vergütung erfolgt nach Entgeltgruppe E 6 TV-L (ca. 2.489,- € brutto bei Vollzeit). • Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung, jedoch nicht auf 450,- €-Basis. Das Deutsche Museum fördert die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern und begrüßt es, wenn Frauen sich bewerben. Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung und Qualifikation bevorzugt. Von ihnen wird jedoch ein Maß an körperlicher Eignung verlangt, das den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht wird. Sind Sie interessiert? Dann freuen wir uns auf Ihre aussagefähigen und vollständigen Unterlagen mit Lebenslauf, Abschluss- und Arbeitszeugnissen bis zum 15.06.2016. Verspätete Bewerbungen können nicht berücksichtigt werden. Bewerbungen senden Sie bitte unter Angabe der Nr. 1614 per E-Mail nur im pdfFormat als eine Datei an [email protected]. Bei Bewerbungen auf dem Postweg (Postanschrift: Deutsches Museum – Personalstelle – Museumsinsel 1 – 80538 München) beachten Sie bitte, dass wir Ihre Bewerbungsunterlagen nach Abschluss des Verfahrens leider nur zurücksenden können, wenn ihnen ein ausreichend frankierter Rückumschlag beiliegt.

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Die VerfasserInnen

Impressum / Imprint

Dr. Utz Anhalt MA Ab 1991 Studium der Geschichte und Politik, Schwerpunkt historische Anthropologie von Mensch und Wildtier, 1999 Magister über den Werwolfmythos, 2007 Doktor der Philosophie über die Geschichte der Zoos. Dozent, Publizist und Autor; zahlreiche Veröffentlichungen, u.a. in MUSEUM AKTUELL, Expotime!, Nautilus – Magazin für Abenteuer und Fantastik, Miroque, Karfunkel, Zillo Mediäval, Sitz-Platz-Fuß, Sopos, Junge Welt, Freitag, TAZ, ND, Frankfurter Allgemeine. Forschungsreisen nach Iran, Indien, Thailand, Venezuela, USA / Mexiko, Tansania / Uganda. T. 0176-44636082 [email protected] Dr. Christian Müller-Straten Kunsthistoriker, Publizist, Verleger Näheres siehe Impressum Dr. Anette Rein Ethnologin, Fachjournalistin, 1. Vorsitzende des Bundesverbandes freiberuflicher Ethnolog_innen e.V., Vorstandsmitglied ICME/ICOM; Spezialgebiete: Wissenschaftsmoderation, Theorien musealer Vermittlung, Szenographie Schifferstr. 68, 60594 Frankfurt/M. T. +49 (0)170 27 58 231 [email protected] http://www.bundesverband-ethnologie.de Karsten Seifert freier Journalist Am Gönnabach 5, 07751 Jena T. +49 (0) 36425 20310 Mobil +49 (0) 160 5516287 [email protected]

Verlag Dr. Christian Müller-Straten Kunzweg 23, 81243 München T. +49-(0)89-839 690-43, Fax -44 Als Premium-Abonnements bieten wir: - Jahresabonnements - verbilligte Zweijahres-Abonnements - verbilligte Bibliotheks-Abonnements - verbilligte Studenten-Abonnements - Konservatoren-Abonnements (= 3 Spezialausgaben). Die Premiumabonnements bieten geldwerte Zusatzvorteile. Für Online-Leser gibt es das preisreduzierte Online-Abonnement in drei Varianten: 1) statt des Print-Abonnements bei Neubestellungen 2) zusätzlich zum Print-Abonnement 3) das Studenten-Online-Abonnement für 40 €. Diese drei Varianten erlauben den Besuch des OnlineArchivs bis Januar 2009! http://www.museum-aktuell.de/index.php?site=register_ebook&TM=1 Nachrichtenteil und Redaktion: Dr. Adelheid Straten, München, verantwortlich; s. Verlag. [email protected] Verlagsleiter: Dr. Christian Müller-Straten, verantwortlich auch für Anzeigen und Vertrieb. Erreichbar unter https://www.facebook.com/MUSEUM.AKTUELL

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Sebastian Schwarzenberger Key Account Manager Kulturorganisationen bei Dussmann Service Deutschland GmbH Friedrichstraße 90 10117 Berlin T. +49 (0)30 2025-2761, Fax -1012 Mobil +49 (0)162 206 79 07 [email protected] http://www.dussmann.com

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Die gültige Anzeigenpreisliste Nr. 19 vom 1.2.2016 und die dort genannten Themenpläne sind auf unserer Website http://www.museum-aktuell.de einsehbar. Besondere Hinweise: Wir verwenden eine nur leicht modifizierte alte Rechtschreibung. Keine Haftung für Bilder und Manuskripte. Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr und Haftung. Ansichten von Autoren müssen sich nicht mit jener von Verlagsleitung und Redaktion decken. Gerne veröffentlichen wir Leserstatements, die den Verlag per Mail, Fax oder postalisch erreichen. Diese können auch ohne vorangegangene Einverständniserklärung an geeigneter Stelle veröffentlicht werden. Wenn Sie uns Beiträge anbieten möchten, bitten wir vorab um telefonische Kontaktaufnahme.

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