Die Vermessung des Selbst

Die Vermessung des Selbst. Zu Erscheinungsformen von Quantified Self. Bachelorarbeit im Studiengang Europäische Medienwissenschaft an der Universität...
Author: Lorenz Winkler
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Die Vermessung des Selbst. Zu Erscheinungsformen von Quantified Self.

Bachelorarbeit im Studiengang Europäische Medienwissenschaft an der Universität Potsdam und der Fachhochschule Potsdam

vorgelegt von: Charlotte Anlauff Am Bassin 7 14467 Potsdam Erster Gutachter: Prof. Dr. Jan Distelmeyer Zweiter Gutachter: Martin Schmidt Potsdam, im Januar 2016.

Inhaltsverzeichnis Abstract .........................................................................................................ii 1. Einleitung...................................................................................................1 2. Daten als Untersuchungsgegenstand der Medienwissenschaft.............4 3. Quantified Self. Eine Begriffserklärung. ................................................7 4. Diskursive Erscheinungsformen von Quantified Self: Die Versprechen und Mythen von Daten. .......................................................10 4.1 Vermessen. Daten als objektive Wissensgrundlage.......................11 4.2 Erkennen. Daten als Spiegel des Selbst. .......................................16 4.3 Optimieren. Daten als Form der Selbstermächtigung und Selbstführung.......................................................................................19 4.4 (Mit)teilen. Datenspende als Zeichen der Mitmenschlichkeit ......24 5. Ästhetische Erscheinungsformen von Quantified Self: Die Zugriffsmöglichkeiten durch Interfaces. ..................................................28 5.1 Vermessen. Datenvisualisierungen als legitimierendes Anzeigemedium einer objektiven Wissensgrundlage..........................31 5.2 Erkennen. Der Spiegel des Selbst im Dashboard. .........................35 5.3 Optimieren. Das Dashboard als Kontrollinstanz. ..........................38 5.4 (Mit)teilen. Geheime Datenspenden durch Depresentation. .........45 6. Ausblick ...................................................................................................48 7. Fazit..........................................................................................................49 Literaturverzeichnis ....................................................................................iii Abbildungsverzeichnis ................................................................................xi Anhang.........................................................................................................xii

i

Abstract In der gegenwärtigen Hochkonjunktur datenbasierter Wissenstechniken steht das Phänomen Quantified Self für eine von zahlreichen Entwicklungen, verschiedene Bereiche des Lebens technisch zugänglich und auswertbar zu machen. Sensoren in Smartphones und Fitnessarmbändern berechnen den Kalorienverbrauch, erfassen Schrittmengen und überwachen Schlafzyklen. Auf Grundlage der erzeugten Daten und ihrer visuellen Darstellung werden Entscheidungen zur Lebensführung getroffen, die die Optimierung des Selbst betreffen. Die Medienpraktiken rund um Quantified Self gehen mit zahlreichen diskursiven Vorstellungen und Versprechen einher, die an das Verständnis des Begriffs „Daten“ geknüpft sind. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie diese Erwartungen an Daten im konkreten Verhältnis zu ihren ästhetischen Erscheinungsformen, dem Interface, stehen. Dadurch werden die Bedingungen der datenbasierten Selbsttechnologien aufgedeckt und Tendenzen eines gesellschaftlichen Umgangs mit Daten reflektiert.

ii

1. Einleitung Who knows why people do what they do? The point is they do it, and we can track and measure it with unprecedented fidelity. With enough data, the numbers speak for themselves. 1 Im Juni 2008 veröffentlicht der damalige Wired-Herausgeber Chris Anderson seinen vielzitierten Artikel „The End of Theory: The Data Deluge Makes the Scientific Method Obsolete“ und beschreibt darin eine Welt, in der alles Wissen in den Daten zu liegen scheine und deren Analyse somit herkömmliche wissenschaftliche Methodologien überflüssig mache. „Big Data“ und die dazugehörigen Datenpraktiken stehen für eine Umwälzung von Wissen, Medien, Macht und Ökonomie. Hinter dem Schlagwort steckt aber auch eine Ideologie, deren Imperativ lautet: Alles muss zu Daten werden. Nicht zufällig charakterisiert Byung Chul Han den unerschütterlichen Glauben an die Quantifizierbarkeit als „Dataismus“. 2 Roberto Simanowski unterstellt der Gegenwart gar eine bedingungslose „Data Love“.3

Zahlreiche Veränderungen der medientechnologischen Bedingungen haben darüber hinaus neue Wege geschaffen, mithilfe von Sensoren, integriert in mobilen, computerbasierten Medien, Daten zu erzeugen und auf ihrer Grundlage Wissen zu generieren. Es genügt im Zeitalter von Ubiquitous Computing4 lange nicht mehr, in der Tradition von Human-Computer-Interaction die Beziehung von Menschen zu Computern als singuläre Apparate zu untersuchen, vor allem müssen die Daten, die Nutzende im Gebrauch erzeugen, als fundamentalen Bestandteil dieser Beziehung begriffen werden. Omnipräsente Interfaces konfigurieren durch ihre Anordnung von Hardware und Software die sensorbasierte Erzeugung von Daten und bestimmen auf 1 Anderson,

2008.

2 Han 2014, 81. 3

Simanowski 2014, 9.

4

Engl. für Rechnerallgegenwart, der Begriff bezeichnet das Paradigma der Durchdringung der Alltagswelt mit computerbasierten Medien, die untereinander vernetzt sind (siehe Weiser, 1999). 1

dem Display gleichermaßen unsere Zugriffsmöglichkeiten, indem sie die maschinellen Prozesse in für uns lesbare Zeichen übersetzen. Der Deutungsanspruch von Daten dringt in viele Bereiche des Lebens vor und verschiedenste Datenpraktiken haben sich bewusst und unbewusst in den Alltag eingeflochten. In Form von Online-Banking und Bonusprogrammen findet längst eine quantifizierte Beobachtung und Auswertung alltäglicher Tätigkeiten statt.

Eine extreme Form der Auseinandersetzung mit umwelt- und personenbezogenen Daten praktiziert die Quantified Self-Bewegung. Deren Mitglieder versuchen, anhand medialer Selbstvermessungspraktiken (im Folgenden Self-Tracking genannt) anwendbares Wissen über den eigenen Körper, seine Rhythmen und Routinen zu erwerben und einer Onlinegemeinschaft mitzuteilen. Self-Tracking, so schreibt Stefanie Duttweiler, „transformiert alltägliches Verhalten, emotionale und körperliche Zustände sowie leibliche Erfahrungsweisen in Daten und Zahlen.“ 5 Sensoren in Smartphones und Fitnessarmbändern berechnen den Kalorienverbrauch, erfassen Schrittmengen und überwachen Schlafzyklen. Löffel, Zahnbürsten und andere alltägliche Gegenstände sind mit dem Internet verbunden und reagieren auf Sensorsignale, die in Zahlen übersetzt werden.6 Die Wired-Journalisten Gary Wolf und Kevin Kelly prägten 2007 erstmals den Begriff „Quantified Self“ und proklamieren seitdem auf Konferenzen das Motto „Selbsterkennen durch Zahlen“ (self knowledge through numbers).7 Die zugrundeliegende Annahme dieser Arbeit lautet, dass die argumentative und legitimierende Macht, die den aus Körpersignalen erzeugten Daten zugesprochen wird, im wechselseitigen Verhältnis zu den ästhetischen und prozessualen Erscheinungsformen von Self-Tracking-Applikationen steht. 5

Duttweiler 2014, 1.

6

Zum Beispiel die Gabel Hapifork (https://www.hapi.com/product/hapifork), die die Zeit beim Essen misst und die Zahnbürste Kolibree (http://www.kolibree.com/en/), mit der beim Zähneputzen Spielpunkte gesammelt werden können. 7

Vgl. Wolf, 2016. 2

Die ästhetische Erscheinungsform von Self-Tracking-Applikationen, im Folgenden als Fitness-Apps zusammenfassend bezeichnet, ist an Interfaces geknüpft. Diese machen die Datenpraktiken erfahrbar und somit gesellschaftlich verhandelbar. Gleichzeitig spiegeln Interfaces aktuelle Diskurse rund um Selbstermächtigung, Individualität und Kontrolle wider. Daten seien, so lauten virulente Erwartungen und Versprechen, eine objektive Wissensgrundlage zur Selbsterkenntnis.8 Mit einer großen Menge an Daten ließe sich somit ein genaues Abbild der Selbstvermessenden erschaffen, das in der Tradition der „Sorge um sich Selbst“ 9 der Lebensführung und Optimierung des Menschen diene. Letztlich tragen Nutzende mit der anschließenden Bereitstellung der Körperdaten zu einem Aufklärungsprojekt über die Menschheit bei und motivieren den Freundeskreis zu besseren Leistungen. Die genannten diskursiven Versprechen können in dieser Arbeit jedoch nicht losgelöst von den prozessualen Erscheinungsformen computerbasierter Medien betrachtet werden. Die diskrete Struktur der Daten lässt zu, dass sie jedem beliebigen Kontext zugeführt werden können, der Datenanalysen im großen Stil ermöglicht. So lassen sich zwar Muster in Krankheitsverläufen erkennen und Epidemien voraussagen. Jedoch wirft die massenhafte Speicherung von personenbezogenen Daten auch neue Fragen über die Verfügung von Daten als Macht- und Kontrollinstrumente auf. Der erste Hauptteil dieser Arbeit widmet sich der Dekonstruktion der genannten Vorstellungen, die eng mit der Problematik und Diffusität des Datenbegriffs verbunden sind. Den Datenbegriff umgibt eine nahezu mystische Aura. Ihm werden verschiedenste Eigenschaften zugeschrieben. Daten sind jedoch nicht objektiv, wie der Wortursprung als etwas „Gegebenes“ 10 suggeriert, sondern Produkte menschlichen Schaffens, indem sich das künstlich konzipierte Messinstrument unvermeidlich in die Messung einschreibt.11 8

Vgl. Wolf 2010.

9

Vgl. Foucault 1993, 26.

10

Vgl. Rosenberg 2014.

11

Vgl. Gitelman 2013 und Mersch 2011, 158. 3

Mit dieser Näherung an den Datenbegriff sollen die prozessualen Gegebenheiten von Computern und den ihnen inhärenten Machtstrukturen aufgedeckt werden. Im zweiten Hauptteil wird untersucht, wie sich die genannten Versprechen in der ästhetischen Erscheinungsform von Fitness-Apps manifestieren. Dieses geschieht immer vor dem Hintergrund, dass die Art, wie Daten den beteiligten Akteurinnen und Akteuren verfügbar gemacht werden, den Diskurs beeinflusst und lenkt. Eine zentrale Funktion stellt dabei das Dashboard als Kontrollanzeige der ununterbrochen aufgezeichneten Körpersignale dar.12 Ziel dieser Arbeit ist es, über die Bedingungen der Vermittlung von datenbasierter (Selbst-)Erkenntnis aufzuklären, indem die diskursiven, prozessualen und ästhetischen Erscheinungsformen miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dabei konzentriere ich mich ausschließlich auf das Phänomen Quantified Self im Kontext von Fitness- und Gesundheitsapplikationen, weil sich daran Quantifizierungstendenzen anderer Lebensbereiche ablesen lassen. Wie werden Daten mithilfe medialer Aufzeichnung, Speicher- und Verarbeitungspraktiken mit Bedeutung angereichert, sodass sie als Grundlage der Lebensführung gesehen werden und sich so eine soziale Wirkmächtigkeit entfalten kann? Und gibt es Wege, sich dieser Wirkmächtigkeit zu entziehen, um nicht komplett der „Data Love“ 13 zu verfallen.

2. Daten als Untersuchungsgegenstand der Medienwissenschaft. Self-Tracking ist eine Datenpraxis. Es ist nur eine von vielen Methoden und Strategien, die sich auf die Herstellung, Interpretation und Darstellung von Daten bezieht. In der gegenwärtigen Hochkonjunktur vernetzter Gegenstände im Alltag, dem Ubiquitous Computing, werden konstant Daten erzeugt 12

Der Begriff „Dashboard“ meint in diesem Kontext die Visualisierung von Kontrollfunktionen als materielle Metapher des Interfacedesigns (Vgl. Van den Boomen 2014), die auf der Konzeption maschineller Steuerungselementen aus der Industrie beruht (siehe Kapitel 5.2). 13

Vgl. Simanowksi 2014. 4

und übertragen. Längst ist Rechenkraft aus isolierten Endgeräten in Umgebungen ausgelagert, wo sie vernetzt und kontextunabhängig auf der Basis von Sensordaten arbeitet. Mit dieser Entwicklung geht eine zunehmende Faszination für Datenvisualisierungen einher, die teilweise selbst als Aushängeschild für die zahlreichen Datenverarbeitungsmöglichkeiten fungieren. Die hier vorgestellte Analyse der Bedingungen, unter denen Daten im Rahmen von Self-Tracking-Praktiken das Selbst sichtbar und erfahrbar machen sollen, soll zu dem relativ jungen Forschungsfeld der medienwissenschaftlichen Datenkritik beitragen, dessen Untersuchungsgegenstand in den vergangenen Jahren vielseitig diskutiert wurde.14 Frank Hartmann zufolge gehe es um „die Einsicht in die Mechanismen des Mediensystems und damit um die Bedingungen der (Un-)Möglichkeit einer Informationsgesellschaft.“ 15 Ferner schreibt er, dass in den letzten Jahrzehnten eine immense Veränderung der Bedingungen elektronischer Datenverarbeitungsmethoden stattgefunden hätte. Daten gelten nun als primärer „Input“ der Gesellschaft.16 Folglich behandelt die Datenkritik die kulturellen, politischen und sozialen Dimensionen von Daten als Teil eines sich rasant entwickelnden globalen Netzwerks, in dem unter bestimmten technologischen Bedingungen laufend Daten produziert werden. Florian Püschel verweist darauf, dass sich Datenkritik auch einer „diskursiven Prüfung gesellschaftlicher Umgangsformen mit dem Konzept Daten“ 17 widmen müsse. In den letzten Jahren publizierten mehrere Medienwissenschaftler und Medienwissenschaftlerinnen Sammelbände über die gesellschaftlichen, politischen und sozialen Auswirkungen von Big Data18 , das in den letzten Jahren zu einem beliebten Schlagwort

14

Burkhardt 2013. Im Juli 2013 fand erstmals ein Workshop der AG Netzwerke und Daten der Gesellschaft für Medienwissenschaft statt, bei dem es um die „grundlegenden Auseinandersetzungen mit Daten und Kritik über das Verhältnis von Daten zu Algorithmen bis hin zu Open Data und Data Literacy“ ging. 15

Hartmann 1998, 5.

16

Ebd., 5. Irreführend ist bei Hartmanns Erklärung die Verwendung des Begriffs „Informationsgesellschaft“, da dieser eine materielle Einschreibung von Zeichen in die Welt negiert. (Vgl. Winkler 1997). 17

Püschel 2014, 9.

18

Siehe Reichert 2014, Mayer-Schönberger und Cukier 2013, Gitelman 2013. 5

aufgestiegen ist. Im Allgemeinen bezeichnet Big Data die Veränderung und die Möglichkeit, große Datensätze zu verarbeiten, die mit bisherigen, herkömmlichen Methoden nicht analysiert werden konnten. 19 Deborah Lupton fordert jedoch, Datenkritik müsse auch an individuellen Nutzungsszenarien mit und um Daten ansetzen.20 Denn die Grenzen zwischen Big Data und persönlichen Daten sind fließend: Die zugrundeliegende Annahme, dass Daten nie roh, sondern immer durch soziale, kulturelle und politische Rahmenbedingungen eingefärbt sind, trifft auf Daten im Self-Tracking-Kontext, wie auch auf Big Data zu. Im persönlichen Gebrauch erhobene Körperdaten, die zum Zwecke einer Veränderung im eigenen Leben aufgezeichnet werden, können noch auf ganz andere Weise benutzt werden als von den Nutzenden ursprünglich beabsichtigt. Anhand von Datenanalysemethoden können Aktivitätsmuster innerhalb eines geografischen Raums berechnet werden. Dafür werden Transaktionsdaten, die durch die Verortung mit GPS, dem Einloggen in Netzwerke oder dem Herunterladen von Cookies entstehen, mit den durch Fitnessapps erhobenen Körperdaten gegenübergestellt. Die Firma Jawbone UP führte die Daten über die Schlafdauer von mindestens 5000 Selbstvermessenden einer Stadt zusammen und visualisierte auf einem Blog die verschiedenen Schlafgewohnheiten. Laut der Studie schliefen die Bewohner und Bewohnerinnen Moskaus am meisten, die Tokioter und Tokioterinnen hingegen an wenigsten.21 Auf Grundlage der gleichen technologischen Infrastruktur finden Datenanalysen in unterschiedlichem Ausmaße statt. Eine Datenkritik muss sich daher auch reflektiert mit den Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten in computerbasierten Medien auseinandersetzen, die an Interfaces gebunden sind. Als wichtige Autorinnen in diesem Feld sind Jennifer Whitson und Kate Crawford zu nennen, die sich bereits eingängig mit dem Phänomen Quantified Self auseinandergesetzt haben.22

19

Vgl. Klein et al 2015.

20

Lupton 2014, 4.

21

Vgl. Wilt 2014.

22

Vgl. Crawford 2014 und Whitson 2014. 6

3. Quantified Self. Eine Begriffserklärung. Quantified Self ist der Überbegriff für das weltweite Netzwerk an Firmen, Selbstvermessenden und für ihre Methoden zur computerbasierten Selbstvermessung.23 Alltägliche Erfahrungen, Gewohnheiten und Bewegungsmuster werden automatisierten Vermessungen unterzogen und in Zahlen übersetzt. Self-Tracking meint speziell die Ausübung verschiedenartiger vermessender Medienpraktiken, die Selbstbeobachtung, -erkenntnis und -optimierung zum Ziel haben. Die technische Allgegenwart von Sensoren und Aufschreibesystemen vereinfacht die Hervorbringung einer verwissenschaftlichen Version des Selbst: Dem Quantified Self. Inzwischen ist eine fast kontinuierliche und automatisierte Aufzeichnung technologisch möglich geworden, sodass dem Vermessungs- und Auswertungsprozess nicht viel Zeit und Aufwand gewidmet werden muss. Mit Ursprung im Silicon Valley lässt sich die datenbasierte Selbstdiagnose als typisches Phänomen der „Californian Ideology“ 24 einordnen. Richard Barbrook und Andy Cameron zufolge verbinde die Ideologie: „the free-wheeling spirit of the hippies and the entrepreneurial zeal of the yuppies. This amalgamation of opposites has been achieved through a profound faith in the emancipatory potential of the new information technologies. [...] Each member of the virtual class is promised the opportunity to become a successful hi-tech entrepreneur. Information technologies, so the argument goes, empower the individual, enhance personal freedom, and radically reduce the power of the nation state.“ 25

Im Zuge einer immer weiter voranschreitenden Weiterentwicklung von Sensoren und Smartphone-Apps erfährt Quantified Self im Spektrum der Californian Ideology eine Verschiebung vom Hippieextrem zum marktorientierten Yuppietum. Denn was vormals nur technologieaffinen Hackerinnen und Hackern der Do-it-yourself-Kultur vorbehalten war, ist durch das Aufkommen kommerzieller Angebote wie Runtastic, Nike+ oder der Apple Watch

23

Siehe Schumacher 2012.

24

Barbrook und Cameron 1996.

25

Ebd. 7

einer breiteren Kundschaft zugänglich. So unterschiedlich die mittlerweile erhältlichen Produkte sind, sie alle haben ein gleiches Geschäftsmodell: Die Daten der Nutzenden. Wenn im Verlauf dieser Arbeit von Fitness-Apps die Rede ist, dann sind damit kommerziell angebotene, computerbasierte Medien gemeint, die an der Schnittstelle verschiedener Hardware- und Softwarekomponenten wie GPS-Empfängern, Smartphones, Bewegungssensoren und Datenvisualisierungen operieren. Sie analysieren Bewegungen, erfassen Laufdistanzen und überwachen den Kalorienverbrauch. Selbst Gehirnwellen oder Herzschläge werden protokolliert. Eine der geläufigsten Anwendungsszenarien ist die Vermessung von Wegstrecke, Trainingszeit und Kalorienverbrauch im Rahmen regelmäßiger Lauftrainings. Nach der routinierten Erfassung über einen unbestimmten Zeitraum werden Steigerungen oder Abnahme der Leistung ermittelt und visualisiert. Die optische Konfrontation soll Verhaltensänderungen evozieren. Daten, die nicht in quantitativer Form vorliegen, können im Nachhinein durch kurze Texteingaben ergänzt werden. Ein wichtiger Aspekt ist die Dimension der Vernetzung in Online-Communities. Die aufgearbeiteten Daten werden anderen Selbstvermessenden zur Verfügung gestellt, was Vergleich und Wettbewerb im Freundeskreis anregt. Auch abseits der hier vorgestellten Variante des Self-Trackings im Fitnesskontext existieren verschiedene Randformen, die alle die Idee permanenter Selbstoptimierung mit computerbasierten Medien verfolgen. Life-Logging zielt beispielsweise auf die akribische Aufzeichnung von Lebensereignissen ab. Im Hinblick auf eine zukünftig optimierte Zeitnutzung katalogisieren bestimmte Apps Gespräche, Telefonate und Unternehmungen. Andere konkrete Fragestellungen befassen sich zum Beispiel damit, wie das Volumen des Emailordners sich auf das Stressempfinden auswirkt. Als weitere Entwicklungen sind das „LifeHacking“, „Habit-Design“ sowie „Getting Things Done“ zu nennen. Sicherlich sind die in dieser Arbeit vorgestellten Annahmen und Versprechen über Daten nicht zwangsläufig in ihrer reinen, unreflektierten Form unter Selbstvermessenden vorzufinden. Die Gründe, weshalb sich Men8

schen mithilfe computerbasierter Anwendungen selbst vermessen und optimieren möchten, sind genauso vielfältig wie ihre Methoden. Viele Menschen würden sicherlich nicht einmal die Begriffe Self-Tracking oder Quantified Self benutzen, um zu beschreiben, dass sie sich selbst vermessen oder relevante Dienste nutzen. Während einige eine Form des Self-Trackings betreiben, weil sie den im Smartphone vorinstallierten Schrittzähler nutzen, tragen andere zu einem aktiven Austausch in der offiziellen Quantified SelfCommunity bei, die als Ursprung der kommerzialisierten Selbstvermessungskultur gilt. Neben den virtuellen Communities gibt es regionale Treffen und internationale Konferenzen, bei denen Mitglieder Erfahrungen austauschen und Fortschritte reflektieren, um ihre zu Praktiken verbessern: „QSers don’t just self-track; they also interrogate the experiences, methods, and meanings of their self-tracking practices, and of self-tracking practices generally.“ 26 Es werden individuelle Methoden konzipiert und programmiert, auf dem Markt erhältliche Produkte getestet und datenkritische Positionen bezogen. In ihrem Artikel „What is Quantified Self Now“ bemerkt die amerikanische Soziologin Whitney Boesel außerdem einen regionalen Unterschied. Auf europäischen Konferenzen werden skeptische Positionen zu Datenschutz viel stärker thematisiert, während auf den amerikanischen Treffen, ganz im Sinne der kalifornischen Ideologie, ein Hang dazu bestünde, mit den Daten auch Geld zu verdienen zu wollen.27 Bei Betrachtung der Aktivität auf der offiziellen Webseite lässt sich jedoch feststellen, dass das Interesse an der Quantified Self-Community im Jahr 2015 etwas abgeflacht ist. Mittlerweile scheint es nicht mehr notwendig, sich in der offiziellen Quantified Self-Community auszutauschen und eine individuelle Vermessungsapparatur zu entwickeln. Die Auswahl auf dem Markt lässt je nach Sportart und Vermessungsmethode keine Wünsche mehr offen. Dennoch hat die Rhetorik der Quantified Self-Pionierinnen und -Pioniere der ersten Stunde nachhaltig den Diskurs geprägt, obwohl sich die äs26

Boesel 2013.

27

Ebd. 9

thetischen Erscheinungsformen der Fitness-Apps im Zuge der Kommerzialisierung stark verändert haben. 4. Diskursive Erscheinungsformen von Quantified Self: Die Versprechen und Mythen von Daten. Verschiedenste Beteiligte prägen die diskursive Erscheinungsform von Quantified Self. 1993 erschienen, gilt das Wired-Magazin mit seinen Artikeln über Technologieinnovationen, Netzkultur und Computertrends noch heute als zentrales Medium der Geek-Kultur. In ihrer zuvor erwähnten Abhandlung bezeichnen Barbrook und Cameron das Wired-Magazin spöttisch als die Bibel der kalifornischen Ideologie.28 Wenn die kalifornische Ideologie für die Symbiose von freiheitsliebenden Mitgliedern der Hacking-Kultur und ehrgeizigen Jungunternehmenden steht, dann befriedigt das Wired-Magazin genau dieses Bedürfnis, das Geschehen zwischen Technologietrends und Marktentwicklungen aufmerksam zu beobachten. Gary Wolf und Kevin Kelly, die Begründer der offiziellen Quantified Self-Bewegung und WiredRedakteure, verfassen zahlreiche Artikel über neue Gadgets, Fallbeispiele von Extremvermessenden und Geschäftsmodelle mit Daten. Viele Unternehmen für Apps und Fitnessarmbänder profitieren von den techno-euphorischen Berichten der Wired. Ihre Slogans, Werbespots und Websites präsentieren eine Welt, in der dank Selbstvermessung alle fitter, gesünder und leistungsfähiger sind. Kurz: Sie verhelfen zu einem „besseren Ich“.29 In Zeiten der Blogkultur berichten außerdem zahlreiche Selbstvermessende selbst über ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Thema. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht der vage und diffuse Begriff der Daten. Eine Datenkritik, die die gesellschaftlichen und kulturellen Implikationen des sogenannten „Big Data-Zeitalters“ analysiert, kann die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass auch an den persönlichen Umgang mit Daten immer bestimmte Vorstellungen, Erwartungen und Hoffnungen geknüpft sind. Denn die Erscheinungsformen von Quantified Self sind diskursiv. Sie umgibt ein 28

Vgl. Barbrook und Cameron 1996.

29

Jawbone 2016. 10

Wissen um ihren Zweck und Gebrauch, das sich auf Grundlage von Bedingungen und Vorentscheidungen entfaltet. Ausgangspunkt des Diskurses sind im Foucaultschen Sinne die Machtverhältnisse und die Interessen, die sich auf Grundlage des Diskurses wiederum neu ergeben. 30 Welches Wissen, welche Versprechen und welche Annahmen kursieren um Self-Tracking und wie wird damit umgegangen? Wie sind diese Annahmen entstanden? Das Ziel dieses Kapitels ist eine Dekonstruktion der Versprechen und Erwartungen, die Selbstvermessungsmethoden umgeben. Dazu werden nacheinander die verschiedenen Stufen von Self-Tracking betrachtet und auf ihre Machtstrukturen und Kontrollmechanismen hin untersucht. Eine strikt getrennte Betrachtung von ästhetischen Merkmalen und den konfigurierten Zugriffsformen auf Daten ist dabei nicht möglich, denn solche Strukturen arbeiten am Diskurs mit.

4.1 Vermessen. Daten als objektive Wissensgrundlage. Quantified Self als Bewegung bekam durch einen 2010 im New York Times Sunday Magazine erschienenen Artikel „The Data Driven Life“ erstmals eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit. Der Wired-Redakteur Gary Wolf schreibt darin, dass (durch Self-Tracking-Anwendungen erzeugte) Daten ein wertvolles und verlässliches Werkzeug zur Introspektion seien: „If you want to replace the vagaries of intuition with something more reliable, you first need to gather data. Once you know the facts, you can live by them.“ 31 Statistik, Algorithmen und automatisierte Vermessungen durch Sensoren werden, so scheint es, Werkzeuge für das ideale Leben, ein Ersatz für Intuition und qualitative Selbstbeobachtung, die aus Daten Fakten machen.

Seine Aussage suggeriert ein positivistisches Bild, welches die zu erfassenden Daten als bereits in der Welt bestehende Einheiten oder gar „Rohdaten“ versteht. Diese müssten dieser Vorstellung nach lediglich von entsprechenden Apparaturen erfasst werden („gather data“), um das in ihnen befindliche 30

Foucault 2007, 11ff.

31

Wolf 2010. 11

Wissen sichtbar zu machen und als Grundlage der eigenen Lebensführung zu nutzen („live by them“).32 Der Anspruch an wissenschaftliche Analysen der Semantik und Kausalität von Phänomenen erscheint in einer datenbasierten Erkenntnisform nicht mehr relevant. In Reden oder Blogeinträgen der Selbstvermessenden fällt auf, dass insbesondere körperbezogene Daten häufig als Informationen oder Fakten verstanden werden, die erst heute dank der Entwicklung neuer digitaler Apparaturen „gesammelt“ und „verstanden“ werden können, obwohl sie auf Grundlage derselben Technologie zuvor erzeugt wurden. Kate Crawford und danah boyd kritisieren daher, dass das Verständnis von Daten auf einer spezifischen „Mythologie“ beruhe und ihnen tendenziell eine „Aura der Objektivität, Wahrheit und Genauigkeit“ zugeschrieben werde. 33 Im Kontext einer Bewegung, in der die quantifizierte und automatisierte Auswertung von Körpersignalen einer höheren Erkenntnis gleichgesetzt wird, möchte ich zunächst auf die Problematik des Datenbegriffs eingehen und somit den aktuell relevanten Zuschreibungen und Versprechen auf den Grund gehen.

Daniel Rosenberg forscht in seinem Artikel „Daten vor Fakten“ welchen historischen Bedingungen die moderne Semantisierung der Daten als Wahrheiten oder Beweise unterliegen könnten. 34 Der Irrtum entstammt vermutlich dem etymologischen Ursprung. Das Wort „data“ stammt aus dem Lateinischen und ist der Plural des Wortes „datum“. Dieses wiederum ist das zu dieser Zeit neutrale Partizip Perfekt des lateinischen Verbs „dare“. Der Begriff bezeichnet also etwas „Gegebenes“.35 Der Begriff „Data“ war folglich von Anfang an ein rhetorischer Begriff: Daten sind weder wahr noch falsch. Sie können sowohl Fakten sein als auch Beweisquellen. Sie existieren in einem spezifischen Kontext, nehmen die Bedeutung dieses Kontextes an und unterliegen der bestimmten Sichtweise der Datenerhebenden. Damit 32

Vgl. Püschel 2014, 12.

33

boyd und Crawford 2012, 663.

34

Rosenberg 2014, 136

35

Ebd. 12

werden Daten zur Grundlage eines Arguments oder einer Untersuchung. Liegen der Untersuchung jedoch andere Daten vor, würden die Schlussfolgerungen anders ausfallen.

Rosenberg verdeutlicht ferner, dass bei unveränderter Bedeutung des Begriffs sich im 18. Jahrhundert die Konnotation „Data“ änderte: War er zunächst rückbezüglich assoziiert mit den Dingen, die außerhalb jedes möglichen Entdeckungsprozesses liegen, wurde er schließlich gerade zu zum Paradigma dessen, was man durch Experiment und Beobachtung sucht [...]. 36

Somit wurden Daten nicht mehr als der Ausgangspunkt einer Untersuchung angesehen, sondern als ihr Ergebnis. Rosenberg folgert, dass unsere Vorstellung von Daten als Information in numerischer Form auf der Bedeutungsverschiebung im 18. Jahrhundert beruht.

Diese Beobachtung, genauer die Vermessung des Körpers, vollzieht sich bei Quantified Self-Anwendungen gewöhnlich durch Sensoren im Smartphone oder in Fitnessarmbändern, die selektierte Körpersignale erfassen. Dieter Mersch folgend liegt durch die Vermessung auch ein Eingriff in die Realität vor: Die Messung, ein medialer Vorgang, schreibt sich gleichsam in die Messwerte mit ein, weil das Messinstrument im subatomaren Rahmen nicht unabhängig vom zu messenden Gegenstand bestehen kann, sondern immer schon notwendig in es interveniert. 37

Im Anschluss werden die Werte quantifiziert. Nach Bernsteiner meint Quantifizierung in diesem Zusammenhang „eine nur durch vorgängige Standardisierung generierbare algebraische Repräsentierbarkeit, welche die Repräsentationen erst einer algorithmischen Verarbeitung zugänglich macht.“38 Da sie direkt mit einer Softwareanwendung auf dem Smartphone verknüpft sind, findet auf ein und demselben Gerät auch die Auswertung und Veröffentlichung dieser Daten statt. Die Bedingungen dessen, was Rosenberg als 36

Ebd., 154.

37

Mersch 2011, 158. Mersch bezieht sich hier zwar auf die Messinstrumente des 19. Jahrhunderts, die Charakterisierung von Messungen als medialer Vorgang trifft dabei genauso auf mechanische wie computerisierte Messungen zu. 38

Bernsteiner 2014, 145. 13

Beobachtung und Experiment bezeichnet, unterliegen folglich bei solchen computerbasierten Medien ganz bestimmten Voraussetzungen: Sie müssen maschinenlesbar und verarbeitbar sein. Die Regeln des Rechners nehmen „ausschließlich Bezug auf die syntaktische Gestalt der Zeichen, nicht mehr jedoch auf das, was die Zeichen bedeuten“ 39, schreibt Sybille Krämer. Denn beim Computer handelt es sich schon per se um eine symbolische Maschine.40 Das Körpersignal muss erst mithilfe eines Sensors erfasst und durch einen Wandler in ein elektrisches Signal umgeformt werden. Vor der maschinellen Verarbeitung vollzieht sich die Digitalisierung des elektrischen Signals in verschiedenen Spannungsstärken, für geläufig bekannt unter dem, was 0 und 1 genannt wird.41

Jedes Objekt, egal ob Bild, Ton oder Film, wird auf dem Computer als Sequenz diskreter numerischer Symbole repräsentiert. Auf diese Art ist jedes Objekt formal beschreibbar, es ist somit programmierbar und manipulierbar.42 In welcher Form sich die durchgeführte Berechnung dann auf der kulturellen Ebene, der für Menschen verständlichen Ebene, darstellt, – ob als Vektorgrafik, Tabelle oder Bewegtbild – spielt für die Arbeit des Computers keine Rolle. Denn erst die Algorithmen, die den Verarbeitungsvorgang durchführen, führen diese von Programmierenden getroffene Entscheidung aus. Für computerbasierte Fitness-Apps heißt das konkret: In welchem Kontext die eigenen Körpersignale aufgezeichnet werden, in welche Art von schematischer Darstellung sie letztendlich gebracht werden und ob sie später an Unternehmen weitergeleitet werden, ist für die Rechnerleistung des Computers irrelevant. Wenn diese vom Körper ausgehenden Impulse aber immer schon als Daten im Sinne von Informationen begriffen werden, manifestiert sich eine bestimmte Vorstellung des Computers, der Informationen 39

Krämer 1988, 72.

40

Vgl. Winkler 2004, 211. Die Eigenschaft als symbolische Maschine ermöglicht ein Probehandeln, weil innerhalb des Computers alle Prozesse reversibel sind. 41

Vgl. Manovich 2001, 49. Eine schematische Darstellung der Körpersignalerfassung und ihre Umwandlung zeigt die Grafik 1 im Anhang auf Seite xii. 42

ebenda, 49. 14

auf neutrale Weise sammelt, verarbeitet und weiterleitet. Oder auch, dass Daten immer schon gleich Fakten oder Wahrheiten sind.

Daher muss sich die Datenerhebung folgenden Fragen stellen: Welcher Ausschnitt der Wirklichkeit wird hier vermessen und warum genau dieser? Mit welchen Methoden wird gemessen und warum nicht mit anderen?43 Denn das geschieht beim Self-Tracking durch Geräte, Apps und Services, die Nutzende vor dem Hintergrund einer bestimmten Wirklichkeit benutzen. Rosenberg verdeutlicht in seiner Begriffsgeschichte ferner: „Es mag sein, dass die Daten, die wir sammeln und übertragen, keinerlei Beziehung zu irgendeiner Wahrheit oder Wirklichkeit jenseits der Wirklichkeit haben, die wir mit ihrer Hilfe konstruieren“.44 Gerade die computerbasierte Produktion von Daten erzeugt jedoch eine Vorstellung von Daten als systemunabhängige und deshalb allgemein gültige Aussagen, die beliebig reinterpretiert werden können.

Was lässt sich abschließend an der Gegenüberstellung der diskursiven Vorstellung und der prozessualen Erscheinungsform von Daten festhalten? Zum einen, dass es keine „Rohdaten“ gibt, sondern als Grundlage weiterer Interpretationen immer schon Beurteilungen und Vorentscheidungen enthalten sind. Zum anderen, dass der Zusammenhang zwischen Daten, Information und Wissen kein kausaler ist und die Herstellung dieses Zusammenhangs bei computerbasierten Medien immer der Maschinenlesbarkeit und den Gegebenheiten des Computers unterliegt. Kausale Zusammenhänge sind immer das Ergebnis menschlicher Interpretation. Das, was uns der Computer als kausalen Zusammenhang präsentiert, kann nur durch einen subjektiven Geist entstanden sein. Eine kritische Betrachtung der Verwendung von Fitness-Apps muss danach fragen, unter welchen Bedingungen und mit welchen Intentionen Daten zunächst zuallererst produziert werden und in welchem Rahmen sie zur Grundlage der Wissensherstellung genutzt werden. 43

Vgl. Simanowski 2014, 102 ff.

44

Rosenberg 2014, 155. 15

4.2 Erkennen. Daten als Spiegel des Selbst. Aufgrund der im letzten Abschnitt beschriebenen Vorstellung, dass Daten als mathematisch-statistische Einheiten ein Abbild verschiedener Körperreaktionen seien, werden sie zu Bestandteilen der eigenen Individualität aufgewertet, dessen Kenntnis der Beherrschung des eigenen Körpers gleichgesetzt wird. Die Produktvorstellung der Apple Health App auf der Webseite verspricht „Wie geht’s?“ – diese Frage kannst du jetzt genau beantworten.“ 45 Die Health App führt die Datensätze verschiedener Quellen zusammen und präsentiert sie in einem einheitlichen Graphical User Interface.46 Ein gängiges Beispiel: Jemand nutzt eine Jogging-App, trackt den Schlaf und verbindet das Smartphone mit einem Blutdruckmessgerät. Das Versprechen der Fitnessindustrie lautet: Wer sich vermisst und mithilfe der Geräte möglichst viele Daten produziert, erhält ein genaues Abbild des Selbst.

Der Spiegel ist eine gängige Metapher innerhalb der Quantified Self-Bewegung für die Reflexion des Körpers in Daten: Daten seien „an exoself, or a digital mirror; it lets you look at things you otherwise couldn’t see using just your own eyes, and see yourself more honestly.”47 Der „digitale Spiegel“ steht für eine Transparenz von Prozessen innerhalb des Körpers, die dem natürlichen Empfinden sonst verborgen blieben. Aber unter welchen Bedingungen können Daten den Körper und das eigene Empfinden repräsentieren, wenn sie selbst einer ganz anderen, computerisierten Logik unterliegen? Diese Vorstellung erinnert an Satz 1.2 von Wittgensteins „Logisch-philosophischer Abhandlung“, der besagt: „Die Welt zerfällt in Tatsachen“.48 Die Intention dabei ist, Geschehnisse oder das, was ist, also in diesem Falle den Körper, auf einfache Tatsachen herunterzubrechen. Folglich ist alles, was keine feststellbare Tatsache ist, nicht der Rede wert. Eine Tatsache bedeutet das „Bestehen eines Sachverhalts“ und kann durch einen prägnanten Satz 45 Apple

Health 2015.

46

Zur Veranschaulichung dient die Grafik im Anhang auf Seite xii.

47

Schüll 2013, 4.

48

Wittgenstein 1998, 93. 16

dargestellt werden. Dieter Mersch resümiert in einer Erklärung zu Wittgensteins Abhandlung, dass es sich bei den genannten Tatsachen um ein registrierbares Datum handelt, ein „Datum im Sinne der einfachen Feststellung“ 49 und meint damit ein Tripel aus x, t und R, also Ort, Zeit und Ding. Der prägnante Satz würde dann lauten: „An der Stelle x findet sich zum Zeitpunkt t ein R“,50 also: Die Welt besteht aus Daten und darüber hinaus besteht nichts. Diese Konstellation ist im Positivismus erfolgreich. Doch gleichzeitig ergäben sich, betont Mersch, vielfältige Probleme mit dieser Anordnung. Als erstes stellt sich die Frage, wer auf welcher Grundlage die Wahrheit oder Falschheit von Ort, Zeit und Ding beurteilen kann. Ferner beschreibt Mersch, dass die einzige Berufung über die eigene Wahrnehmung stattfinden kann, doch Daten würden sich der sinnlichen Beobachtung entziehen, da sie selbst schon maschinell über Instrumente erzeugt seien.51 Hinzu kommt: Die Überführung des gemessenen Körpersignal in ein digitales Signal vollzieht sich nicht ohne einen zwangsläufigen Verlust von Informationen, weil digital enkodierte Repräsentationen immer nur eine festgelegte Anzahl von Informationen enthalten können. 52

Bleiben wir bei der Annahme: „Die Welt besteht aus Daten, darüber hinaus besteht nichts“. Sie erinnert an ein Zitat von Peter Drucker, an dem sich die Quantified Self-Bewegung häufig bedient: „If you can’t measure it, you can’t manage it.”53 Denn um den Körper und seine Aktivitäten messbar und kontrollierbar zu machen, müssen sie quantifiziert werden. Das neue Paradigma des Quantified Self-Zeitalters lautet: Endlich sei der Körper, als etwas, das sich sonst subjektiven Beobachtungen entziehe, quantifizierbar, also in Daten zerteilbar, denn nur quantitativ messbare Sachverhalte lassen sich strategisch organisieren. Die logische Konsequenz: Jeder Prozess des 49

Mersch 2011, 345.

50

Ebd.

51

Vgl. ebd., 346.

52

Vgl. Manovich 2001, 66.

53

Carlson 2010. 17

Körpers muss bei Quantified Self zu Daten werden.54 Daten werden als Teil der eigenen Individualität verstanden und es wird nahegelegt, je mehr Daten gesammelt würden, desto dichter ließe sich das repräsentative Abbild des Menschen damit konstruieren. Chris Anderson prophezeit: „With enough data, the numbers speak for themselves.” 55 Es handelt sich bei um einen additiven Prozess aus möglichst vielen Daten, nicht um eine Wissenstechnik, bei der sich Sinn erst im Vollzug oder durch Kausalitäten ergibt. Was nicht quantifizierbar ist, wird dabei ausgeschlossen und muss im Hinblick auf den nächsten Schritt auch nicht optimiert werden. Denn Daten können nicht das ganze Bild auffassen. Byung-Chul Han kritisiert den Imperativ der Datenkonformität, der eine Auflösung des Körpers in Daten bedingt. 56 Aufgrund dessen ist es problematisch, im Zusammenhang von Quantified Self von Daten als Spiegel des Selbst zu sprechen, weil sie nur ein lückenhaftes Bild der Wirklichkeit wiedergeben können und diese verzerren, wie Sara Watson schreibt: „Like mirrors, data can be distorted, and can drive dysmorphic thought“. 57 Außerdem werden die Daten an einem bestimmten Zeitpunkt, in einer bestimmten Umgebung und unter bestimmten Bedingungen produziert, doch der nicht quantifizierbare Kontext wird ausgeklammert. Vielmehr sind sie eine lückenhafte Momentaufnahme, die Jamie Sherman wie folgt formuliert: „You are your data, but your data is just one of the many you".58

54

Vgl. dazu der Begriff „Datafizierung“, der von Mayer-Schönberger und Cukier (2013) eingeführt wurde und simplifizierend den Vorgang, analoge Prozesse in Zahlen zu übersetzen. 55 Anderson

2009.

56

Vgl. Han 2015, 22

57

Watson 2015.

58

Sherman 2015. 18

4.3 Optimieren. Daten als Form der Selbstermächtigung und Selbstführung. In der amerikanischen Zeitung Newsweek wird ein Mitglied der Quantified Self-Bewegung nach seiner Motivation gefragt: „I am not asking for approval from someone else. It’s empowering. I am reclaiming my health. We don’t need to be told by a doctor what we should be doing.“ 59 Die Aussage offenbart in der Tradition der kalifornischen Ideologie die Vorstellung der Selbstermächtigung durch computerbasierte Technologien. Das bedeutet, dass die erzeugten Daten das Potential besitzen, das Leben Einzelner zu verändern, indem sie zur Erkenntnisgewinnung genutzt werden. So sind Nutzende unabhängig von Fachmeinungen: Die „eigens“ vermessenen, individualisierten Daten können etablierten Normen von Medizinerinnen und Medizinern entgegengesetzt werden. So beschreibt Gary Wolf die Motivation vieler Selbstvermessenden.60 Eine Emanzipation von etablierten Wissensgrundlagen findet somit statt. Gleichzeitig geben die Anwendungen eine Möglichkeit an die Hand, durch neue Erkenntnisse Handlungsmuster zu verändern. Die Self-Tracking Methoden unterstreichen die Verantwortung, Bestrebungen nach einem optimierten Selbst zu verfolgen. Der machttheoretische Diskurs um Quantified Self eröffnet eine Perspektive auf die Subjektivierungstechniken durch Self-Tracking. Eine möglichst große Menge an körperbezogenen Daten zu sammeln ist für Nutzende der erste Schritt von der Selbsterkenntnis im virtuellen Spiegel zur Selbstoptimierung. Damit ordnet sich Self-Tracking in eine Reihe von heterogenen Kulturpraktiken ein, mit denen der Mensch versucht, sich selbst besser zu verstehen und das eigene Leben zu verbessern. Bereits in den 1980er Jahren bezeichnet Foucault solche Kulturpraktiken als Technologien des Selbst, genauer als: Techniken, die es Individuen ermöglichen, mit eigenen Mitteln bestimmte Operationen mit ihren eigenen Körpern, mit ihren eigenen Seelen, mit ihrer eigenen Lebensführung zu vollziehen, und zwar so, dass sie sich selber trans59

Quart 2013.

60

Vgl. Wolf 2010. 19

formieren, sich selber modifizieren und einen bestimmten Zustand von Vollkommenheit, Glück, Reinheit, übernatürlicher Kraft erlangen.61

In der griechischen Antike galt der Leitspruch „Erkenne dich Selbst“ zur Einsicht in die eigene Existenz. Foucault schreibt, das Selbst war fortan „etwas, worüber man schreibt, ein Thema oder Gegenstand des Schreibens“.62 Mit Beginn der Schriftkultur vollzog sich auch ein Wandel der Introspektion. Foucault identifiziert anhand der Briefe von Seneca und dem römischen Kaiser Marc Aurel ein neues Interesse für das alltägliche Leben: „Es entstand eine Allianz zwischen Schreiben und Wachsamkeit. Man achtete auf Nuancen des Alltags, der Stimmung, des Lesens; im Akt des Schreibens gewann die Selbsterfahrung eine Intensivierung und Erweiterung. Ein neues Wahrnehmungsfeld eröffnete sich, das zuvor nicht betreten worden war.“ 63

In diesem Briefwechsel thematisierten Aurel und Seneca eine narrative Dokumentation des Alltags, bei der der Körper eine wichtige Rolle spielte. Auf sich selbst zu achten galt als ein wichtiges Gesetz der Polis, die das persönliche und soziale Verhalten bestimmte. 64 In seiner historisch angelegten Ausführung beginnt für Foucault die Selbsterfahrung mit dem Schreiben solcher Briefe. Schon damals führte man Tagebuch als Protokoll des Alltags „um die Wahrheiten, derer man bedurfte, sich selbst reaktivieren zu können“.65 Insofern finden sich in der antiken Form der Selbstdarstellung Motive des heutigen Self-Trackings wieder, indem Einzelne auf sich selbst und den eigenen Körper einwirkt. Der Briefwechsel, eine narrative Ausdrucksform der Selbstbeschreibung, ähnlich einem Tagebuch oder einem Gespräch, ist heute durch andere Formen erweitert worden. Diesen wird eine zusätzliche Glaubwürdigkeit zugesprochen: Die zahlenbasierte Darstellung von körperlichen Leistungen. Mithilfe von Self-Tracking-Apps kann die eigene Leis61

Foucault 1993a, 26.

62

Ebd., 38.

63

Ebd.

64

Vgl. Ebd., 28.

65

Ebd., 37. 20

tung über einen längeren Zeitraum nachverfolgt und dokumentiert werden. In dem oben genannten Zitat betont das Mitglied seine dadurch erlangte Unabhängigkeit vom Einfluss und der Macht der Gesundheitssysteme. Doch welche Machtstrukturen liegen unter der Oberfläche? Die Technologien des Selbst beschreiben Foucault zufolge eine der verschiedenen Formen des „Regierens“. Regierung definiert Foucault als „die Gesamtheit der Institutionen und Praktiken, mittels derer man die Menschen lenkt, von der Verwaltung bis zur Erziehung.“ 66 Foucaults Begriff der Gouvernementalität, der Regieren und Denkweise (frz. gouverner und mentalité) miteinander verknüpft, ermöglicht die Untersuchung einer Verknüpfung zwischen Herrschaftstechniken und Technologien des Selbst. Es handelt sich bei der Gouvernementalität um einen „Kontaktpunkt, an dem die Form der Lenkung der Individuen durch andere mit der Weise ihrer Selbstführung verknüpft ist“ 67. Im Anschluss an Foucault entwickelte sich das Forschungsfeld der Gouvernementality Studies. Zahlreiche Autorinnen und Autoren der Sozial- und Medienwissenschaften verweisen auf die Grundlage des Konzepts der Gouvernementalität die neoliberale Umgestaltung der Gesellschaft. Der universelle Imperativ des Neoliberalismus lautet dabei Selbstführung, Selbstregulierung und Optimierung. Das Individuum wird zum unternehmerischen Selbst.68 Insofern benötigt es keinen Zwang, um effizient zu sein und um nach den Interessen des Staates oder der Gesellschaft zu handeln.69 Stattdessen nimmt jeder selbst Formen auf, mit denen er oder sie sich den Staatsinteressen anpasst. Byung-Chul Han betont die subtile Machttechnik des neoliberalen Regimes, die nichts anderes sei, als „eine effiziente Form von 66

Foucault 2005, 116.

67

Foucault 1993b, 193.

68

Vgl Bröckling 2007.

69

Foucault schreibt ergänzend zur Regierung: „In der weiten Bedeutung des Wortes ist Regierung nicht eine Weise, Menschen zu zwingen, das zu tun, was der Regierende will; vielmehr ist sie immer ein bewegliches Gleichgewicht mit Ergänzungen und Konflikten zwischen Techniken, die Zwang sicherstellen und Prozessen, durch die das Selbst durch sich selbst konstruiert oder modifiziert wird.“ (Vgl. Foucault 1993b, 193f.) 21

Herrschaft und Ausbeutung“. 70 Auch bei Quantified Self steht die Selbstführung unter einem neoliberalen Vorzeichen. Selbstvermessende empfinden einen Zwang, zur eigenen Optimierung etwas beitragen zu müssen, sofern es technologisch möglich ist. In Handbüchern zu Fitnesstrackern wird das Motiv der Unterwerfung deutlich, indem ein bestimmter Gebrauch der Geräte vorgeschrieben wird, um möglichst „relevante“ Daten zu sammeln. Nutzenden der Apple Watch wird empfohlen, „bei Spaziergängen Trainingspunkte [zu] sammeln, indem Sie den Arm mit der Apple Watch natürlich schwingen.“71 Hinzu kommt nämlich, dass die Handlungsräume der Geräte an ihre computerbasierte Struktur gebunden sind, sodass ein bestimmter Umgang mit dem Medium notwendig ist – der nicht unbedingt „natürlich“ ist. In Rückbesinnung auf das erste Versprechen zu Beginn dieser Arbeit ist fraglich, wie die Daten objektiv sein können, wenn Nutzende Formen aufnehmen, mit denen sie sich den Gegebenheiten des Geräts anpassen.72 Andere Kontrollelemente entstehen durch den Vergleich verschiedener Nutzender. Ursprünglich entstand das Konzept von Quantified Self zwar aus dem Prinzip der individuellen Vermessung, beschrieben durch „n=1“, bei der Vermessende selbst die Versuchsgruppe „n“ darstellen. Schnell erweiterte sich der Begriff um „group data“, bei dem verschiedene Selbstvermessende in Communities eine Vergleichsgruppe bilden oder sich gegenseitig anfeuern.73 70

Abbildung 1: „Nike+“-App

Byung Chul Han 2014, 37.

71 Apple

Support 2015.

72

Wenn Nutzende sich über die Vermessungsmethode bewusst sind und wissen, wie sie diese beeinflussen (hier: Durch Schwingen des Arms) ergibt sich ein zirkulärer Effekt zwischen Daten und den Handlungen, die sie „verdaten“ sollen. Eine interessante Darstellung über diese Art von Medieneflexivität bietet Johannes Paßmann in seinem Aufsatz „From Mind to Document and Back Again“, 2014. 73

Swan 2013, 2. 22

Wie bei den von Foucault herausgestellten antiken Technologien des Selbst stehen bei Quantified Self Erkenntnis, Optimierung und Selbstermächtigung im Vordergrund. Den Methoden unterliegt die Vorstellung, das eigene Leben beeinflussen zu können als wichtige Voraussetzung eines Selbsttransformationsprozesses. Sie charakterisieren eine moderne Sorge des Selbst basierend auf Daten – Von Technologien im Foucaultschen Sinne kann daher nur gesprochen werden, wenn diese nicht-menschliche, datenbasierte Komponente mitgedacht wird. Den Sensoren spricht Gary Wolf, in Rückbesinnung auf das erste Versprechen dieser Arbeit, eine höhere Verlässlichkeit zu als dem eigenen Körpergefühl der traditionellen Technologien des Selbst: We step on a scale and record our weight. We balance a checkbook. We count calories. But when the familiar pen-and-paper methods of self-analysis are enhanced by sensors that monitor our behaviour automatically, the process of self-tracking becomes both more alluring and more meaningful. Automated sensors do more than give us facts; they also remind us that our ordinary behaviour contains obscure quantitative signals that can be used to inform our behaviour, once we learn to read them. 74

Die Bemerkung „Once we learn to read them“ bezieht sich auf die die Verwendung von Datenvisualisierungen, die in Kapitel 5 dieser Arbeit genauer betrachtet werden. Diese übersetzen den technologischen Prozess der Sensormessung und der Umwandlung in menschlich lesbare Zeichen. Daraus lässt sich schließen, dass mit der gleichen Applikation zwei Technologien Foucaults ausgeführt werden: Hinzu kommen die Technologien von Zeichensystemen, „die es uns gestatten, mit Zeichen, Bedeutungen, Symbolen oder Sinn umzugehen“.75 Erst die Verwendung von Zeichen ermöglicht die Selbstführung in Form einer Anleitung, wie sich Nutzende selbst regulieren sollen. In einem zweiten Schritt nutzen Selbstvermessende die Zeichen zur Kommunikation ihrer Leistungen in Online-Communities. Die Daten der Selbstführung sind von einem privaten Ort in ein Netzwerk gewandert: „The data on the “self” has immediately moved from a hidden, withdrawn state to a shared, commoditised representation of the functions of the body that can be used to shape behaviour, understanding and self-appreciation.“ 76 74

Wolf 2010.

75

Foucault 1993, 26. Foucault beschreibt insgesamt vier Technologien „welche die Menschen gebrauchen, um sich selbst zu verstehen.“ 76

Evans 2014. 23

4.4 (Mit)teilen. Datenspende als Zeichen der Mitmenschlichkeit Wenn also die Technologien des Selbst zu einem auf sozialen Netzwerken exponierten Instrument werden, mit dem ich mich mit anderen vergleiche und meine eigenen Leistungen präsentiere, handelt es sich lange nicht mehr um eine Technologie für mich selbst, wie bei einer Waage oder einem analogen Kalorientagebuch. Vielmehr schaffen die Unternehmen Anreize, sodass Körperdaten geteilt werden. Und das nicht nur, weil es sich um kostenlose Werbung für das jeweilige Produkt handelt. Nutzende sollen durch das Teilen profitieren, indem sie aus dem Freundeskreis Empfehlungen, Unterstützung oder Zuspruch erhalten. Gleichzeitig motiviert der Konkurrenzkampf zu noch besseren Leistungen, das Gefühl, unter Beobachtung zu stehen, macht noch fleißiger. „The number one correlate with your weight is what your friends are doing“77, sagt Fitbits Produktentwickler Travis Bogard. Sind die Freunde und Freundinnen aktiv und teilen ihre Tätigkeiten auf Facebook mit, beeinflusse das Entscheidungen der Einzelnen, ob sie den Tag vor dem Fernseher verbringen oder selbst sportlich aktiv werden, folgert Bogard.78 Sozialer Druck ist ausschließlich positiv konnotiert und führt zu gegenseitiger Motivation. Bei der Pact App handelt es sich um ein besonders extremes Beispiel: Hier verpflichten sich Mitglieder zu einem bestimmten Fitnessziel. Bei Nicht-Erreichen des Ziels wird Mitgliedern zur Strafe eine Geldsumme von der Kreditkarte abgebucht, mit der diejenigen belohnt werden, die sich an die Regeln halten. Als Beweis gelten die von Fitnesstrackern erhobenen Daten, die eine bestimmte Schrittzahl anzeigen oder GPS-Daten, die den Besuch eines Fitnessstudios verifizieren sollen.79 Schließlich umgeben Daten, wie im ersten Teil dieser Arbeit herausgearbeitet, eine legitimierende Aura. Eine über ein Fitnessarmband vermessene Trainingseinheit samt der quantifizierten Details erscheint glaubhafter als eine selbstverfasste Beschreibung der subjektiven Sinneswahrnehmung.

77

Kuang 2012.

78

Ebd.

79

Siehe Pact 2016. 24

Das vierte und letzte in dieser Arbeit behandelte Versprechen lautet daher, dass das Mitteilen vermeintlich objektiv erzeugter Fitnessdaten dazu verhilft, einen Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Und das ist nicht darauf limitiert, Menschen im persönlichen Umfeld zu besseren Leistungen anzuspornen: Die Menstruations-App Clue wirbt mit dem Slogan „Individuelle Daten, globale Insights“80. Dies suggeriert, dass Nutzende mit der Bereitstellung vermessener Daten an einem globalen Aufklärungsprojekt mitwirken, mit der Vision, mehr über die Menschheit zu erfahren. Ein weiteres Projekt nennt sich DataDonors, ein Projekt „that brings together companies and organizations for the purpose of gathering lifestyle data from Data Donors for the common good.“ 81 Menschen, die sich selbst vermessen, können ihre Daten einer Datenbank freigeben, zu der Forschende Zugang bekommen, um neue Erkenntnisse über Verhaltensweisen oder Krankheiten zu erlangen. Es scheint zumindest eine Erklärung zu sein, warum in einem „Überwachungszeitalter“, in dem in regelmäßigen Abständen wie bei der SnowdenAffäre 2013 Enthüllungen ans Licht kommen, so viele Menschen freiwillig ihre ganz privaten Körperdaten weitergeben. Wie die gesammelten Daten und das darauf aufbauend erlangte Wissen jedoch gegen die Interessen der Einzelnen eingesetzt werden können, übersteigt aufgrund der kaum durchschaubaren Komplexität datenerzeugender Technologien schnell die Vorstellungskraft. David Lyon bezieht sich auf Zygmunt Baumans Konzept einer „Liquid Modernity“ und betont, Überwachung werde „zunehmend weicher“. Sie löst sich aus ihren alten Verankerungen, da sich für einen bestimmten Zweck erhobene Daten immer leichter anderen Zwecken zuführen lassen“.82 Denn der signifikante Nutzen von Daten liegt nicht im ursprünglichen Zweck, für den sie von Selbstvermessenden erhoben wurden, sondern

80

Siehe Clue 2016.

81

DataDonors 2016.

82

Zygmunt und Lyon 2013, 12f. 25

in ihren vielfachen Wiederverwendungs- und Rekontextualisierungsmöglichkeiten. Selbst wenn Nutzende intendieren, ihre Daten nur für „gute“ Zwecke bereitzustellen, zeichnet sich schon bei Benutzung kommerzieller Dienste wie Fitbit, Jawbone oder Nike+ eine Intransparenz bezüglich der Weitergabe der Daten ab. Die Daten werden nicht auf dem Gerät gespeichert, sondern werden gleich in die „Cloud“ weitergeleitet, also auf die Server des jeweiligen Unternehmens. Aber auch hier steht die Weitergabe der Daten unter einem positiven Vorzeichen: Sie helfe, den Dienst für die Kundschaft weiter zu verbessern. Die Datenschutzbestimmungen des Fitnessarmbands Jawbones lesen sich dabei folgendermaßen: Wir nutzen verbundene und nicht verbundene Serviceanbieter in aller Welt, die uns helfen, unsere Dienstleistungen bereitzustellen und unsere Geschäfte zu führen; diese Anbieter unterliegen Vertraulichkeitsvereinbarungen. 83

Sobald Produkte und Geräte kommerzieller Unternehmen verwendet werden, müssen die AGBs der Unternehmen akzeptiert werden. Es gelten die in die Algorithmen eingeschriebenen Regeln der Plattformen. Dabei ist es für Nutzende kaum möglich, sich von dieser Ideologie zu lösen und von den Vorteilen und „Erkenntnissen“ dieser Plattformen zu profitieren, ohne die eigenen Daten „automatisch“ bereitzustellen, ganz im Sinne des Binärmodus: „take it or leave it“.84 Durch das Internet ist die Erhebung derartiger Daten einfacher und günstiger geworden. Die Kosten für die Speicherung sinken erheblich und die verfügbaren Analysewerkzeuge werden immer leistungsstärker. Big Data Analysen sind für Firmen wie Fitbit oder Jawbone ein besonders interessantes Geschäftsmodell, die die Nerds der kalifornischen Ideologie zu erfolgreichen Geschäftsleuten gemacht haben. Zurzeit liegt der Fokus für die Verwendung dieser Datenanalysen vornehmlich auf gezielteren Marketingaktivitäten. Kooperierende Firmen könnten auch von den Fitnesstrackern profi-

83

Vgl. Jawbone 2016.

84

Vgl. Dander 2014. 26

tieren. Ein denkbares Szenarium ist ein Supermarkt, der dank der GPS-Koordinaten von Fitnessarmbändern weiß, wie sich die Kunden und Kundinnen durch die Supermärkte bewegen. Evgeny Morozov warnt, dass der gläserne Kunde auch zum gläsernen Bürger werden könne, wenn die Wirtschaft vom Staat zur Weitergabe der Daten gezwungen wird.85 Ein stärkeres Bewusstsein für diese Thematik kann für Morozov nicht allein durch strengere Gesetze für die Regulierung von IT-Unternehmen erreicht werden, sondern nur durch die Verantwortung der Einzelnen. Denn mit derartigen modernen Technologien nehmen sie nicht nur Formen auf, sich selbst zu regulieren, sondern auch sich selbst und andere zu überwachen. Das Mitteilen persönlicher Daten ist keine Privatangelegenheit mehr, wenn jene, die ihre Daten nicht ihrer Versicherung mitteilen wollen in Zukunft mehr für ihren Tarif zahlen müssen. Morozovs Befürchtung lautet, dass die persönliche Offenheit mit Daten Maßstäbe setzt, denen sich andere nicht verweigern können. Laut Viktor Mayer-Schönberger und Kenneth Cukier liegt die Gefahr nicht nur in einem Angriff auf die Privatsphäre, sondern vielmehr auch darin, dass Einzelne auf der Grundlage von Daten, Statistiken und Korrelationen beurteilt werden.86 Das Solidaritätsprinzip der Krankenversicherungen beruht auf dem Grundsatz, dass niemand mehr bezahlen muss nur weil das Krankheitsrisiko höher ist. In einer dystopischen Vision verteuert die Versicherung einen Tarif, wenn auf Basis des quantifizierten Sportverhaltens in Verbindung mit Körperdaten der Algorithmus voraussagt, dass jemand Krebs bekommen könnte. Das erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass es in den USA bereits seit den 1950ern eine gängige Praxis ist, Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer anhand verschiedener Faktoren für ihre Kreditwürdigkeit zu beurteilen, nicht abwegig.87 Droht dann in Zukunft eine Einstufung in eine höhere Beitragsklasse der Versicherung, wenn der Schrittzähler weniger als 10.000 Schritte anzeigt, weil das darauf hinweisen könnte, dass ich 85

Morozov 2013. Das gilt natürlich gleichermaßen für die gläserne Kundin.

86

Mayer-Schönberger und Cukier 2013, 27.

87

Unter anderem, ob sie ein Auto besitzen. Der Zusammenhang ist durch eine statistische Korrelation begründet, nicht, durch einen kausalen Zusammenhang zwischen der Kreditwürdigkeit und dem Besitz eines Autos. Mayer-Schönberger 2013. 27

später höhere Arztrechnungen verursachen würde? Mayer-Schönberger und Cukier gehen noch einen Schritt weiter und beschreiben ein Szenario, dass an den Film Minority Report erinnert: Wenn auf Daten basierende Vorhersagen benutzt werden, um über Menschen zu urteilen, können Einzelne aufgrund einer individualisierten Vorhersage für Straftaten schuldig erklärt werden, die sie möglicherweise in der Zukunft ausführen. Durch das Einschreiten vor der Tat würde nie herauskommen, ob es überhaupt zur Straftat kommt und Menschen würden so für etwas zur Verantwortung gezogen werden, dass sie nur auf Basis von Vorhersagen tun. Die Möglichkeit, moralische Urteile fällen zu können, wird der entsprechenden Person verweigert. Datenanalysen beruhen jedoch auf Korrelationen, anhand derer sich kausale Zusammenhänge wie die Zuweisung von Schuld nicht beurteilen lassen.88 Die Gefahr, durch Big Data für zukünftige Handlungen anhand von Korrelationen für schuldig erklärt zu werden, beschränkt sich nicht nur auf Strafverfolgung. Sie könnte auch im persönlichen Umfeld auf die Entscheidungsfindung von Scheidungen von Ehepaaren oder Kündigungen in Unternehmen angewandt werden. Mayer-Schönberger und Cukier sprechen gar davon, dass Big Data somit „zu einem Werkzeug der Kollektivierung unserer Entscheidungsfreiheit“ 89 werde. 5. Ästhetische Erscheinungsformen von Quantified Self: Die Zugriffsmöglichkeiten durch Interfaces. Die aufgeführten Versprechen und Vorstellungen, die an den Begriff der Daten geknüpft sind, entfalten sich im Diskurs um Quantified Self und SelfTracking. Doch wie bereits angedeutet, kann der Diskurs nicht unabhängig von der Ästhetik betrachtet werden. Die Art und Weise wie der Zugriff auf Daten konzipiert ist, wie der Umgang mit Daten erlebbar gemacht wird und wie sie sich uns präsentieren ist vom Diskurs geprägt und prägt diesen gleichzeitig wieder mit. Der folgende Abschnitt stellt die Versprechen des ersten Teils in Beziehung zu ihren ästhetischen Erscheinungsformen, die 88

Ebd., 205.

89

Ebd. 28

Nutzenden begegnen. „Von Ästhetik zu sprechen“, schreibt Jan Distelmeyer, „bedeutet, von den Prozessen dieser Begegnungen mit ästhetischen Objekten zu sprechen.“ 90 Im Mittelpunkt steht hier eine Ästhetik, die an unseren konkreten Umgang mit den Medien und ihrer Anordnung gekoppelt ist: Dem Interface. Yuk Hui zufolge sind Medienästhetiken immer von ihren technologischen Anordnungen eingefasst, die in Form von Interfaces künstliche Bedingungen des Denken und Handelns verkörpern.91 Das Interface bezeichnet im weitesten Sinne verschiedene Kontaktpunkte zwischen Menschen und Maschinen und dient als „Mediator“ zwischen Menschen in Netzwerken. Es meint aber genauso auch Ebenen innerhalb eines Computers wie Hardware-Hardware Interfaces, Software-Hardware Interfaces und Software-Software Interfaces.92 Interfaces konfigurieren die Verknüpfung der technischen Ebene des Computers mit der kulturellen Ebene des Menschen und somit auch den Zugriff auf Daten, beispielsweise im Sinne von Datenbankstrukturen, Algorithmen und auf dem Graphical User Interface (GUI).

Wenn Claus Pias von Interfaces als Verfahren spricht, die sich „zwischen das indexikalische Verhältnis von Daten und Display schieben“93, dann ist es an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass sich Fitness-Apps in ihrer Anordnung ganz grundlegend von klassischen Computeranwendungen unterscheiden. Handelt es sich um eine auf dem Smartphone installierte FitnessApp, operiert sie auf Grundlage eines eingebauten Bewegungssensors, der nicht unbedingt manuell ein- und ausschaltbar ist, sondern ununterbrochen Daten produziert, die zur Ausführung von Algorithmen führen. Wearables in Form von Fitnessarmbändern werden permanent am Körper getragen. Sie sollen sich nahtlos in die Umgebung des Nutzenden einfügen. Beide Hardwarekomponenten sind mit einer Software auf dem Smartphone oder in ei90

Distelmeyer 2015, 13.

91

Vgl. Hui 2013, 102.

92

Vgl. Distelmeyer 2015, 15.

93

Pias 2004, 51. 29

ner Browserapplikation verknüpft. Das Graphical User Interface der Software dient als Anzeigemedium der darunterliegenden Prozesse, genauer: Zur „Sichtbarmachung von Daten“, wie im Diskurs versprochen wird. In ihrem Zentrum steht nicht die Steuerung des Computers selbst, sondern die Unterstützung des Computers einer Handlung in der realen Welt, die mit dem Körper ausgeführt wird. Somit wird das Dashboard, die paradigmatische ästhetische Erscheinungsform von Trackingtechnologien, nicht nur zur Kontrollinstanz der Maschine, sondern auch des Körpers.

Die im vorherigen Teil herausgestellten Versprechen und Erwartungen werfen daher im Zusammenspiel mit ihrer ästhetischen Erscheinungsform neue Fragen auf. Zunächst ging es darum, wie das Reden um Self-Tracking den Eindruck erzeugt, dass Daten neue Erkenntnisse über den Körper zutage fördern. Dadurch entsteht die Vorstellung von Daten als wissenschaftlich fundierte Elemente zur Beschreibung des Selbst. Mit welchen Mitteln werden die vermeintlich objektiven Daten visuell mit Bedeutung angereichert? Wenn Daten ein Spiegel des Selbst sind, wo spiegeln sich Nutzende im Interface wieder und wie manifestiert sich im Spiegelbild ein ambivalentes Verhältnis von Selbst- und Fremdführung? Wie gestaltet sich das Verfügbarmachen von Daten im Gebrauch und an welche technologischen Bedingungen ist es geknüpft?

„Spot trends, get insights and discover things about yourself you never knew before.“ 94 Selbstvermessung ist eine Praxis, bei der vorher unentdeckte körperliche Reaktionen in nachvollziehbare und greifbare Informationen überführt werden sollen. Daher ist es von der Seite des Designs und der Technologie erwünscht, Sichtbarkeiten herzustellen.95 Minna Ruckenstein betont, dass der gesamte technische Aufbau und das Design darauf ausgelegt sind, sodass die Nutzenden ihre täglichen Bewegungen beobachten und legi-

94

Nike 2016.

95

Vgl. Ruckenstein 2014, 69. 30

timieren können.96 Daher konzentriert sich dieser Teil hauptsächlich auf das Graphical User Interface, das bei Fitness-Apps durch eine Anreicherung von Datenvisualisierungen und spieleähnlichen Elementen auf dem Dashboard charakterisiert ist. 5.1 Vermessen. Datenvisualisierungen als legitimierendes Anzeigemedium einer objektiven Wissensgrundlage. Der Mitbegründer der offiziellen Quantified Self-Community Kevin Kelly betont in einem Artikel: „The great challenge is, making sense of the data“.97 Seine Aussage bekräftigt die im ersten Teil dieser Arbeit herausgearbeiteten Vorstellungen der Quantified Self-Bewegung, dass die Welt aus objektiven Daten bestehe, die lediglich mit den passenden Self-TrackingSensoren erfasst werden müssen. Dieser Aussage folgend läge die anschließende Aufgabe darin, die erzeugten Daten zu verstehen, um daraus Handlungsempfehlungen für das eigene Leben abzuleiten. Dafür werden die durch das Gerät erzeugten Daten den Nutzenden visuell verfügbar gemacht. Sie verkörpern eine Bezugsquelle, um Einsichten aus den Daten zu gewinnen.98 Die bilddidaktische Aufbereitung der quantifizierten Messdaten vollzieht sich auf der grafischen Geräteoberfläche der Smartphone- oder Browseranwendung als Dashboard, das zum Beispiel Diagramme, Karten und Listen enthält. Lev Manovich bezeichnet Informations- bzw. Datenvisualisierungen99 als Zuordnung von diskreten Daten und visueller Repräsentation.100 Wenn also die Rede davon ist, dass Daten als computerisierte Einheiten für sich selbst sprechen sollen, dann ist damit eher ihre visuelle Repräsentation gemeint.101 Wenn Läufer und Läuferinnen ihre Lauftrainings 96

Ebd.

97

Kelly 2011.

98

Vgl. Choe et al. 2014, 6.

99

Manovich verwendet im Text den Begriff „Information Visualization“, meint aber ausschließlich Visualisierungen auf Grundlage computerisierter Daten. Problematisch zu betrachten ist hier die gängige Praxis, die Begriffe Daten und Information austauschbar zu verwenden. 100

Vgl. Manovich 2009.

101

New York Fed, 2015. 31

mit den Sensoren des Smartphones oder des externen Armbands vermessen, können sie sich im Anschluss eine Karte der Strecke ansehen und ihre Zeit, Geschwindigkeit und durchschnittliche Herzfrequenz nachvollziehen. Die Darstellung der Werte stellt numerische Vergleichbarkeit her. Das geschieht vertikal, indem sie die Entwicklung eines vermessenen Objekts darstellt, wie die Steigerung der Durchschnittsgeschwindigkeit im Verlauf der letzten Woche. Gleichermaßen existiert eine horizontale Komponente, die Konkurrierende miteinander vergleicht und Korrelationen zwischen verschiedenen Werten ermittelt: An welcher GPS-Position ist die Geschwindigkeit am höchsten? Oder: Zu welcher Tageszeit schaffe ich besonders viele Kilometer? Roberto Simanowski zufolge bringt die Visualisierung vielfache Dramatisierungseffekte mit sich. Diese Effekte offenbaren sich bei der LaufApp Runtastic in Form einer in grün, rot und gelb eingefärbten Karte als optische Kategorisierung der erreichten Geschwindigkeiten oder aber als animierte Kurve, die die Entwicklung des vergangenen Monats zeigt. 102 Die Vorstellung, dass Daten als „schön“ empfunden werden können, wenn sie in bestimmten Formen präsentiert wird, bezeichnet Melissa Gregg als „Data spectacle“.103 Das macht sie zu einem beliebten Kommunikationstool in der technologieaffinen Umgebung der kalifornischen Ideologie, in der jede Begegnung ein „Pitch“ ist, eine Möglichkeit sich selbst überzeugend herüberzubringen. 104 Gregg beschreibt in ihrem Aufsatz eine Situation aus ihrem Arbeitsumfeld, in der ein neues Big Data Research Center eingeweiht wurde. Zur Vorstellung der Arbeit dieses Instituts wurden eindrucksvolle, dynamische Animationen über große Screens gezeigt, die alle Besuchenden in ihren Bann zogen und den Zweck erfüllten, eine riesige Menge an Daten zu veranschaulichen. Doch erst auf Nachfrage aus dem Publikum, welchen Sachverhalt die Daten darstellen, stellte sich heraus, dass es sich lediglich um ein Demotape handelte und die Daten an sich fiktiv waren. Eine eigent-

102

Vgl. Simanowski 2014, 197.

103

Gregg 2015.

104

Vgl. Gill 2011. 32

liche Zuordnung hatte gar nicht stattgefunden.105 Somit üben Datenvisualisierungen Macht aus. Sie legitimieren die Art der Vermessung, egal, unter welchen Bedingungen sie stattfand und inszenieren Daten im Moment des Erscheinens als Fakt, auch wenn sie gar keinen Bezug zur Realität haben. Selbst wenn die gezeigten Daten Ergebnis einer Messung sind, wird der Glaube an die scheinbare Objektivität der Daten durch ihre visuelle Repräsentation noch bestärkt. Ein Selbstvermesser beschreibt in einem Interview die legitimierende Macht, die die Daten ausstrahlen: „That’s really powerful for me. [...] I don’t have to question what I’ve done. The data is right there in white and green”106 Die Vorstellung, durch das Graphical User Interface direkt („right there“) auf Daten zugreifen zu können, ignoriert die Medialisierungsleistung des Computers und stützt gleichzeitig den Glauben an die Unmittelbarkeit als ein typischer Mythos des Digitalen. 107 Auf Körperdaten kann dank dieser neuen Technologien nämlich nicht unmittelbar zugegriffen werden. Stattdessen verschleiert die Gesamterscheinung der Geräte durch ihre „easy-touse“-Versprechen die Vielschichtigkeit des Interfaces. Marianne van den Boomen charakterisiert den Mythos als ein Verlangen nach einem sofortigen Ergebnis, das so wenig Anstrengung wie möglich erfordert. 108 Zentral für das Versprechen ist die Cloud, die alle Eingaben automatisch synchronisiert und unmittelbar auf dem Touchscreen präsentiert, der wiederum ein taktiles Berühren der Daten suggeriert. Es ist nicht erkennbar, welche Schritte zwischen der Umwandlung von Körpersignalen in das, was auf dem Graphical User Interface erscheint, liegen.109 Gleichzeitig strukturiert und definiert das

105

Vgl. Gregg 2015, 2.

106

McClusky 2009.

107

Jan Distelmeyer führt dafür den Begriff Digitalizität ein, um den Mythos des Digitalen wissenschaftlich verhandelbar zu machen. Vgl. Distelmeyer 2013, 73. 108

Van den Boomen 2014, 16.

109

Marianne van den Boomen führt für diese Art der Verschleierung den Begriff „Depresentation“ ein, auf den ich auf Seite 45 genauer eingehen werde. Vgl. ebd. 33

Graphical User Interface dabei den Gebrauch und den Zugriff auf die als solche verstandenen Rohdaten vor. Datenvisualisierungen sind ein Verfahren der Evidenzbildung, die nicht ohne Konsequenzen sind: In Rückbesinnung auf das Fazit des ersten Abschnitts, dass Daten schon allein deshalb nicht „roh“ oder „objektiv“ sein können, weil sie immer vor einer bestimmten Wirklichkeit entstehen und dadurch nur auszughaft die Welt vermessen wird, wird hier deutlich, dass gerade die Inszenierung der Daten immer schon eine bestimmte Lesart vorgibt. Beim Datenaufzeichnen werden Entscheidungen getroffen, welche Daten gesammelt werden, abhängig davon, was Marktforschende und Produktentwickelnde als relevant ansehen. Bei der Inszenierung der Daten spitzen sich die Entscheidungen weiter zu: Wie ist die hierarchische Anordnung von Geschwindigkeit, Herzfrequenz und anderen Vermessungsgegenständen? Welche von ihnen werden miteinander in Beziehung gesetzt? Diese Entscheidung liegt anders als bei selbstprogrammierten Geräten nicht in den Händen der Nutzenden. Sie sind in das Gerät eingeschrieben. Die Sportfirma Nike entwickelte für das Fitnessarmband „Fuelband“ sogar ein eigenes Einheitensystem, die Fuel Points.110 Sie setzen sich aus allen körperlichen Aktivitäten am Tag zusammen. Je mehr sich bewegt wird, desto mehr Fuel Points „generieren“ die Nutzenden. Es ist nicht ersichtlich, welche Daten mit welcher Gewichtung in die Berechnung eingehen. Die Messdaten vor der Interpretation werden nicht mehr angezeigt, sondern lediglich die finalen Fuel Points, als seien sie ein wissenschaftlich erprobtes Konzept zur Darstellung von körperlicher Fitness. Statt-

Abbildung 2: „Fuelpoints“

dessen handelt es sich um nicht mehr als eine Metapher, die den Körper als Öl verbrennende Maschine verständlich machen möchte und den Verbren110

Vgl. Nike 2016. 34

nungsprozess von Kalorien im Sinne von Greggs „Datenspektakel“ inszeniert. 5.2 Erkennen. Der Spiegel des Selbst im Dashboard. Der visuellen Wahrnehmung wird bei Quantified Self viel Bedeutung beigemessen. Nicht zufällig wählt Gary Wolf die Metapher des Spiegels, die in der Medienwissenschaft und in der Philosophie vielfach thematisiert wurde.111 Der Philosoph Joachim Schickel beschreibt die Möglichkeit des Spiegels, das Verhältnis des Menschen zu sich selbst und zur Welt zu verstehen.112 Die Art, wie die Daten im virtuellen Spiegel präsentiert werden, beeinflusst, wie sie sich in die Wahrnehmung der Nutzenden einprägen, da Ästhetik als sinnliche Erfahrung tendenziell als etwas verstanden wird, das eng mit dem Sehen verknüpft wird. Wenn der Quantified Self-Gründer Gary Wolf von Daten als einem Spiegel redet, wird deutlich, dass er sich auf die Fähigkeit des Auges bezieht, Muster in Dingen zu erkennen. 113 Mary Ann Doane schreibt: „In einer Kultur, in der die Phrase „zu sehen“ zu verstehen bedeutet, sind die erkenntnistheoretischen Vermögen des Subjekts klar als eine Funktionalität der Zentralität des Auges gegeben.“ 114 Auch Marianne van den Boomen bemerkt eine starke Dominanz des Blicks und von Visualisierungen in der zeitgenössischen Computerkultur.115

Wenn Daten als ein „Spiegel des Selbst“ (siehe Kapitel 4.2) verstanden werden, dann kann die Manifestation in einem materiellen digitalen Datenobjekt eine Form der Kontrolle über die kontinuierlich aufgezeichneten Körpersignale vermitteln. 116 Die Intention der Firmen ist es, dass die vom Gerät erzeugten Daten als Teil der eigenen körperlichen Beschaffenheit ver-

111

Vgl. Schröter 2004; van den Boomen 2014.

112

Vgl. Schickel 2012, 24.

113

Vgl. Akkerman et al. 2014.

114

Doane 1992, 126.

115

Vgl. van den Boomen 2014, 15.

116

Vgl. McCosker und Wilken 2014, 157. 35

standen werden. Es bedarf also einer entsprechenden visuellen Form, um diese individuelle Beziehung zu den „eigenen“ Daten herzustellen. Dazu legen sich Nutzende ihr Profil an, mit dem sie sich auch später in einer Community präsentieren. Die Profilinformationen und die visualisierten Daten werden nun auf dem Dashboard angezeigt. Das Dashboard nimmt die

Abbildung 3: Das Dashboard der Browseranwendung von Fitbit.

Rolle des Spiegels ein und wird zu einer Momentaufnahme der ununterbrochen aufgezeichneten Körpersignale. Es bietet im Sinne von Gary Wolfs „making sense of data“-Mantra einen Anhaltspunkt, Rückschlüsse aus diesen Daten zu ziehen, da es neben der numerischen Repräsentation auch Normabweichungen und die Diskrepanz zu Zielvorgaben auswertet und visualisiert. Das Dashboard bietet eine Übersicht mit Balkendiagrammen, tabellarischen Rankings, Tachometern, Ampeln und Kartografien: „Dashboards must be able to condense a great deal of information onto a single screen and present it at a glance without sacrificing anything important or compromising clarity", so lautet der Anspruch aus gestalterischer Perspektive vom Informationsdesigner Stephen Few.117

117

Few 2013, 113. 36

Das Streben nach Vollständigkeit und nach regelmäßigem Sammeln möglichst vieler Daten zur Erlangung von Selbsterkenntnis wird auf Blogs, Produktvorstellungen und Konferenzen immer wieder betont. Die Konzeption der Hardware von Fitnesstrackern soll es möglichst einfach machen, diesem Imperativ zu folgen. Es handelt sich um ein „Always-on interface“, in Form von modisch-sportlichen Armbändern oder Smartwatches, denn ein vollständiges und konstantes Spiegelbild könne nur abgebildet werden, wenn das Gerät permanent getragen wird, teilweise sogar im Schlaf. Das zeigt sich auch in der Darstellung auf dem Dashboard: Ein wiederkehrendes Motiv vieler Anwendungen ist ein sich schließender Kreis, wenn alle Schritte am Tag erreicht wurden. Teilweise gibt es eine farblich vollständig markierte Kalenderansicht als Belohnung dafür, dass das Fitnessarmband jeden Tag im Monat getragen wurde. Eine Nutzerin schreibt auf ihrem Blog: From the moment I first strapped on my Apple Watch, I’ve been diligent to fill all three rings in the Activity app. Though it may seem silly, it felt great when I got the below badge for filling them all every day in the month of June.118

Abbildung 4: Kalenderansicht der Aktivitäten-App von Apple

Wenn der Erkenntnisgewinn aber nur auf die visuelle Erfahrung reduziert wird, wie der Hersteller Nike mit „See all your activity in rich graphs and charts“ 119 verspricht, blendet das Interface materielle, reale Konsequenzen 118

Poritsky 2015. Auf die Belohnung mit den im Zitat erwähnten Badges werde ich auf S. 42 genauer eingehen. 119

Nike 2016. 37

der Nutzung solcher computerbasierten Anwendungen aus. Natürliche Gratifikationen gehen verloren. Denn ist Sport als sinnliche Erfahrung nicht auch etwas, dass sich durch Adrenalinschübe, glückliche Ermüdung oder gar Schmerzen bemerkbar macht und nicht allein durch das Schließen eines Kreises?

5.3 Optimieren. Das Dashboard als Kontrollinstanz. Ursprünglich entstammt die visuelle Metapher des Dashboards den mechanischen Mensch-Maschine-Schnittstellen der Industrialisierung, die Fabrikbeschäftigten die Bedienung schwerer Maschinen ermöglichte. Das Armaturenbrett ist auch aus dem Auto – zumindest solange es noch nicht autonom fährt – nicht wegzudenken. Auf einen Blick erhält der Fahrer oder die Fahrerin Informationen über den Zustand des Autos und kann daraus Handlungsaufforderungen ablesen, beispielsweise Öl nachzufüllen. Eine frühe Kritik des Dashboards stammt von Roland Barthes, als er 1957 über das Armaturenbrett seines Citroens schreibt: Das Instrumentenbrett erinnert eher an die Schalterblende eines modernen Herdes als an die in einer Fabrikzentrale: Die kleinen Schalter mit den weißen Knöpfen, die sehr einfachen Anzeiger, selbst die diskrete Verwendung des Nickels, all das bedeutet eine Art Kontrolle, unter der die Bewegung steht, die mehr als Komfort denn als Leistung aufgefasst wird. 120

Ungefähr zur gleichen Zeit kommen in Frankreich erste „tableaux de bord“ auf, Dashboards im geschäftlichen Kontext als System von Indikatoren, die auf die Überwachung ökonomischer Operationen und individueller Verhaltensweisen abzielen, sodass diese mit den Zielen der Organisation in Einklang gebracht werden.121 Mit Einzug des Computers in den Unternehmensalltag ab den 1980er Jahren imitieren die Graphical User Interfaces die Anzeigen der vormals analogen Dashboards. Deren Verknüpfung mit Echtzeitdaten macht sie heute zu einem mächtigen Instrument. Sie zeigen Managern und Managerinnen einen Überblick der KPIs, der Key Performance Indicators, die schnelles Reagieren auf Abweichungen von der Norm ermöglichen.

120

Barthes 1957, 76.

121

Vgl. Pezet 2009, 103ff. 38

Neben dem geschäftlichen Kontext sind Dashboards heute beim Onlinebanking, in Social Media Plattformen oder als Frontendzugriff von Webseiten zu finden. In den 2000 Jahren kommen vermehrt personalisierbare Dashboards auf.122 Bestimmte Elemente können verschoben werden, Farben individuell angepasst und eigene Normwerte eingetragen werden. Sie betonen die Freiheit der Einzelnen, alles auf sich selbst abstimmen zu können. Wieder treffen wir auf einen Mythos des Digitalen123, bei dem eine Ermächtigung suggeriert wird, aber in der häufig übersehen wird, dass sich Nutzende weiterhin in einer vorgegebenen „grammar of action“ 124 befinden. Der Möglichkeitsrahmen ist vom Softwaredesign vordefiniert. Diese Art von Dashboards ist gegenwärtig in einem Großteil der Fitness-Apps integriert. Alle drei beschriebenen Arten des Dashboards – im Auto, im Geschäftsumfeld und für persönliche Zwecke – haben eine zentrale Funktion gemein: Sie stellen eine Verkörperung von Kontrolllogiken dar, die Kontrollbeziehungen zwischen denen, die Zugang zu dem Dashboard haben, und denen, die durch sie kontrolliert werden, bestimmen.125 Zugrunde liegt die Fähigkeit des Dashboards, Leistungsverfehlungen aufzuzeigen, die durch Softwareentwickelnde oder durch Einstellungen der Nutzenden anders festgelegt wurden. In Rückbesinnung auf die Feststellung Barthes‘ ist das Ziel bei der Gestaltung von Dashboards, die Kontrolle über Leistung als Komfort empfinden zu lassen. Dass Dashboards dafür verwendet werden, den eigenen Körper zu kontrollieren, unterstreicht die Sicht auf den Körper als etwas Manipulierbares – wenn Dashboards für gewöhnlich das Innenleben einer Maschine übersetzen sollen. Hier geben sie eine Anleitung, das Selbst zu regulieren. Das Dashboard übersetzt nicht die Maschine, die gesteuert wird, sondern die Maschine, die die Maschine steuert. Somit wird das Selbst zu etwas, das einer Maschinenlogik folgt. Im Sinne der im Abschnitt 4.3 herausgestellten 122

Vgl. Akkerman et al. 2014.

123

Vgl. Distelmeyer 2013, 74.

124 Agre 125

1994, 745.

Vgl. Reichert 2015, 67. 39

Verknüpfung der Foucaultschen Techniken zur Verwendung von Zeichen und der Technologien des Selbst werden in diesem Kontext die Zeichen des Dashboards als Anweisung gewertet, die Selbstführung nicht dem Zufall zu überlassen, sondern sicherzustellen, dass der Körper unter der eigenen Kontrolle steht. Welche Rolle spielt dann der in den Kapiteln 4.2 und 4.3 erwähnte Spiegel? Da sich die Daten auf dem Dashboard kontinuierlich verändern, verinnerlichen Nutzende den regelmäßigen Blick auf das Gerät. Entspricht in diesem Moment mein Blutdruck der Norm? Bin ich heute schon ausreichend Schritte gelaufen? Die Betonung der Zeitlichkeit verweist auf eine kontinuierliche Vermessung, die im Spiegel, dem Dashboard, sichtbar gemacht wird. Die Überprüfung im Spiegel bringt Subjektivierungstechniken hervor, die mit der von Foucault beschriebenen Pastoralmacht, der Beziehung zwischen Hirte (lat. Pastor) und Herde, vergleichbar ist. Die antiken griechischen und römischen Formen der Selbstsorge rücken für Foucault im Verlauf der Geschichte in den Hintergrund. An dessen Stelle tritt die Pastoralmacht als christlich-religiöse Machttechnik zur Erlangung einer „inneren Wahrheit“.126 Das christliche Pastorat entwickelt Methoden zur Reflexion und Führung wie die institutionalisierte Beichte und „die Instanz des reinen Gehorsams“.127 Thomas Lemke stellt das Bestreben, Gehorsamkeit zu einer Tugend zu machen, als besondere Eigenschaft der Pastoralmacht heraus: „Man gehorcht, um selbst in einen Zustand des Gehorchens zu gelangen.“ 128 Bei Selbstvermessenden ersetzt der stündliche Blick in den virtuellen Spiegel die regelmäßige Beichte zur Überprüfung des Selbst. Jeder wird zum Hirten seiner selbst und verantwortlich für das Erreichen der selbst gesetzten Ziele. Zentral für diese Art der Selbstführung ist, dass sie Information benötigt, welche den Selbstvermessenden in einen Abgleich und in Richtwerte einbettet. Das führt die im ersten Teil der Arbeit aufgeführten Ver126

Lemke 2002.

127

Ebd.

128

Ebd. 40

sprechen zusammen: Daten als objektive Informationen werden in einem Spiegel des Selbst zusammengeführt, um die angestrebte Form der Selbststeuerung zu meistern. In einem nächsten Schritt werden sie gezeigt und anderen verfügbar gemacht, damit auch diese sich überprüfen können.

Ramón Reichert verweist weiterhin auf den spielartigen Charakter und die Verwendung von ludic interfaces 129 in den Dashboards der Fitness-Apps. Ziel der Anreicherung mit spielähnlichen Elementen ist eine Motivationssteigerung und eine vereinfachte Lesbarkeit der Daten. Reeves und Reed schreiben 2009, dass dabei eine enge Verbindung zwischen Verhalten und schnellem Feedback die Effektivität einer Verhaltensänderung bestärkt. Bei jeder neuen Bewegung wissen Nutzende sofort, ob sie richtig oder falsch war.130 Das Dashboard weist laut Reichert restriktive Charakteristika auf, weil eine spielerisch-explorative Umgebung versprochen werde, aber nur ein Handeln innerhalb vorgegebener Spielregeln möglich sei. Er kritisiert die dadurch entstandene Asymmetrie, bei der Nutzende Spielregeln nur folgen, diese aber nicht modifizieren können. 131 Doch selbst wenn sie es könnten: Das Unvermeidliche der Repräsentation durch Interfaces ist allgemein, dass immer nur Handlungen innerhalb der Beschränkungen von Hardware und Software realisierbar sind. Die Reichweite des Handlungsrahmen ist für Nutzende nicht sichtbar.132 Wendy Chun schreibt: „The „choices” operating systems offer limit the visible and the invisible, the imaginable and the unimaginable. You are not, however, aware of software’s constant constriction and interpellation [...]”.133 Diese Tatsache erhält im Licht von Quantified Self eine neue Brisanz: Schließlich geht es nicht mehr nur um die Verfügung einer Maschine, sondern das Steuern der Maschine bedingt die Selbstfüh129

Ludic interfaces bezeichnet eine Form von Mensch-Maschine-Interface, die „spielerisch“ sind. Sie bauen auf den Theorien des Kulturwissenschaftlers Johan Huizinga auf, der das Konzept des Homo Ludens einführte. Vgl. Fuchs 2013. 130

Vgl. Reeves and Read 2009, 72.

131

Reichert 2015, 68.

132

Siehe Distelmeyer 2013; van den Boomen 2014; Chun 2011.

133

Chun 2011, 67. 41

rung. Die Folgen der Gratwanderung zwischen Verfügen und Verfügen-lassen134 verlassen die symbolische Ebene des Computers und bedingen konkrete Verhaltensänderungen zur Selbstregulierung. Bei sensorbasierten Technologien begegnen uns ganz neue Eingabemedien: Anders als beim klassischen WIMP-Prinzip,135 bei dem Auswahlmenüs erscheinen und über externe Hardwareelementen wie die Tastatur oder Maus Eingaben getätigt werden können, ist die Eingabe durch Sensoren nahezu komplett automatisiert. Nutzende haben kaum Kontrolle darüber, wann die Sensoren angeschaltet sind und können keine manuelle Eingabe tätigen. Der einzige Weg, die Anzeige zu ändern, ist tatsächlich mehr Schritte zu gehen. Anders gesagt: Der Input vollzieht sich nicht über eine Auswahl vorgegebener Möglichkeiten, sondern durch die konkrete Umsetzung von Handlungsaufforderungen. Nur so kann der Output, also das, was auf dem Bildschirm angezeigt wird, verändert werden und der Community vorzeigbar gemacht werden.

Doch wer stellt die Regeln auf? Ein wiederkehrendes Spielelement der Fitness-Apps ist die Belohnung durch Badges beim Erreichen vorgegebener Leistungen. Sie erinnern an Sportmedaillen oder an die virtuellen Trophäen bei Rennspielen. Bestimmte Handlungen, wie das Erreichen von 10.000 Schritten pro Tag oder ein neuer Geschwindigkeitsrekord werden belohnt, andere nicht. Die Badges erfüllen verschiedene Funktionen. Sie fungieren als Anreiz, wie bei einem echten sportlichen Wettkampf. Außerdem dienen sie dazu, die eigene Leistung mit derer anderer zu vergleichen. Denn der „Show-and-Tell“136-Ethos der Quantified Self-Bewegung erfordert, ansprechende visuelle Formen zu finden, um die Bemühungen auf sozialen Netzwerken zu präsentieren. Deborah Lupton stellt heraus, dass die Präsentation 134

Die „Dialektik der Verfügung“ von Interfaces offenbart sich darin, dass für Nutzende das Verfügen über computerbasierte Medien immer auch gleich ein „Sich-Fügen“ bedeutet. Vgl. Distelmeyer 2013, 81. 135

WIMP bezeichnet die GUI-Elemente Windows, Icon, Menu, Pointer.

136

Show-and-Tell ist ein Präsentationsformat der offiziellen Quantified Self-Community, bei denen Mitglieder in 7 Minuten eine Vermessungstechnik vorstellen können. Schumacher 2012. 42

der Daten in einer visuell ansprechenden und selbsterklärenden Grafik nicht nur die Selbsterkenntnis vermittelt, sondern auch eine Form des Selbstausdrucks auf sozialen Netzwerken und auf Konferenzen ist.137 Der Akt des Vermessens findet somit auf der gleichen Grundlage wie der Akt der Kommunikation statt. Anders als „Technologien des Selbst“ ohne Internetverbindung werden gegenwärtige Vermessungsapparaturen um die datenbasierte Selbstinszenierung erweitert: Körperwaagen waren für den persönlichen Gebrauch gedacht, Smartphones sind per se schon Kommunikati-

Abbildung 5: Badge von Fitbit

onsmedien – die erzeugten Daten können sofort mit anderen geteilt werden.

Ein Präsentationsformat der Quantified Self-Community heißt „Show-andTell“, im Diskurs ist oft die Rede davon, „Daten sprechen zu lassen.“138 Aber wie können Daten etwas erzählen? Der Kulturwissenschaftler ByungChul Han kritisiert die Sinnleere der Datenförmigkeit, er schreibt: Aus Daten und Zahlen allein, so umfassend sie auch sein mögen, ergibt sich keine Selbsterkenntnis. Zahlen erzählen nichts über das Selbst. Zählung ist nicht Erzählung. Das Selbst verdankt sich aber einer Erzählung. Nicht Zählen, sondern Erzählen führt zur Selbstfindung oder zur Selbsterkenntnis.139

Die Wirkmächtigkeit von Daten entfaltet sich erst durch ansprechende visuelle Grafiken, das „Datenspektakel“. Durch die vielfältigen Visualisierungsformen werden die Daten in einen erzählerischen Bedeutungskontext eingebettet, damit Nutzende effizient Formen aufnehmen, sich selbst zu optimieren und ihre Daten zu zeigen. Auch das Versprechen „Discover things about yourself you never knew before“ würde sich wohl kaum erfüllen, wenn Körperdaten nur als Zahl und ohne jegliche Relation abgebildet wären, als 137

Lupton 2015.

138

Mayer-Schönberger, 12.

139

Han 2015, 82. 43

Zuordnung von einem elektrischen Signal zu einer numerischen Repräsentation. Wer weiß schon, welcher Wert bei einer Gehirnstrommessung erstrebenswert ist? Unter dem Vorwand verbesserter Usability findet zum Beispiel eine zunehmende Integration von erzählerisch vermittelten Handlungsempfehlungen auf Basis der erzeugten Daten statt. Der virtuelle „Smart Coach“ als Bestandteil des Dashboards (siehe Abbildung 6) scheint allwissend zu sein, wie der Spiegel im Märchen „Schneewittchen“. Damit antworten die Herstellenden auf den Vorwurf, die Apps würden Nutzende noch nicht genug verstehen – oder die Nutzenden würden den Sinn der Zahlen noch nicht ausreichend verinnerlichen, um

Abbildung 6: Smart Coach

sie effizient genug zur Selbstformung zu nutzen. Die UP App der Firma Jawbone verspricht eine „exklusive Intelligence Engine, die Rohdaten in deinen persönlichen Fitnessberater verwandelt“, denn: „Nur Daten liefern, das kann jeder Aktivitäten-Tracker. Smart Coach sagt dir auch, was sie bedeuten“ 140. Die Gestaltungsmaxime des Interface Designs, Funktionalität zu bieten, führt zu weniger rein technikanzeigenden Verweisen. Neben der Darstellung von algorithmisierten Zahlen der Bewegungssensoren erscheinen auf kleinen Fenstern populärwissenschaftliche Hinweise, die zur Grundlage der Lebensführung genutzt werden sollen. Die in die Geräte eingeschriebenen kulturellen und wissenschaftlichen Annahmen und Normierungen bleiben verdeckt, genauso, aus welchen Parametern sich andere Vereinfachungen wie die „Fuelpoints“ zusammensetzen. Doch wie kann der Computer, der anhand der durchgeführten Messungen nur ein Teil unseres Selbst weiterverarbeiten kann, Handlungsempfehlungen auf Grundlage dieses ausschnitthaften Bildes geben? Und welches Interesse verfolgen die Empfehlungen? Wir begegnen in der Quantified Self-Bewegung

140

Jawbone 2016. 44

einem neuen Erzählen durch Daten, dass das Leben zu einer zahlenunterstützten Narrative macht. Diejenigen, die die Systeme konzipieren und gestalten, tragen eine besonders hohe Verantwortung, wie der allabendliche Blick in den virtuellen Spiegel ausfällt und somit die Anzeige das reale Körpergefühl beeinflusst. 5.4 (Mit)teilen. Geheime Datenspenden durch Depresentation. Um die Prozesse innerhalb des Körpers durch eine permanente Selbstvermessung transparent zu machen, muss in Kauf genommen werden, dass dies durch Instrumente geschieht, deren Funktionsweisen, Empfehlungen und Normierungen für uns nahezu vollkommen intransparent sind. Die in den Algorithmus eingeschriebenen Interessen entziehen sich genauso unserem Blick, wie die zahlreichen maschinellen Prozesse und die Reichweite der vorgegebenen Handlungsspielräume. Marianne van den Boomen bezeichnet das Prinzip des Interface, dahinterliegende Prozesse zu verschleiern, als „Depresentation“.141 Die beschriebenen grafischen Interfaceelemente auf dem Dashboard wie Datenvisualisierungen in Form von Graphen und Diagrammen, die spielähnlichen Elemente wie Badges und die narrativen Strukturen als Handlungsempfehlungen sind Strategien, die maschinellen Prozesse als menschlich lesbare Zeichen auszugeben. Damit verdecken sie die Komplexität der Medialisierungsleistung: Die Umwandlung von Körpersignalen in elektrische Signale, ihre Abtastung, sodass eine digitale Weiterverarbeitung möglich ist, die konstante Verbindung mit dem Internet und damit im weitesten Sinne mögliche Datenübertragungen zu Unternehmen. In der diskursanalytischen Betrachtung zum Mitteilen von Daten im Abschnitt 4.4 sind verschiedene Arten herausgestellt worden: Zum einen besteht die Möglichkeit des gezielten Mitteilens von Leistungen innerhalb des Freundeskreises zur gegenseitigen Motivationssteigerung. Zum anderen können Daten an eine Organisation weitergeleitet werden, die damit wirbt, wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Daten zu generieren. Tendenziell

141

Van den Boomen 2014, 36. 45

unbeabsichtigt von Nutzenden ist das Weiterleiten der Daten an kooperierende Unternehmen, doch die Bewusstseinszustände zwischen aktivem und passivem Daten(mit)teilen verwischen dabei zunehmend. Ein Beispiel: Nach einem absolvierten Lauf mit Runtastic erscheint ein Pop-Up Fenster, das fragt, ob der Lauf bei Facebook mitgeteilt werden soll. Hier wird eine Art des Verfügens suggeriert. Das erschöpft sich allerdings schon wieder darin, dass Nutzende zwar nun ihr Geheimnis von einem eher langsamen und weniger erfolgreichen Lauf vor dem Freundeskreis bewahrt wissen, aber nicht deutlich ist, ob die Daten über ganz andere Wege weitergeleitet wurden und wenn ja, über welche. Cohen attestiert den Praktiken einen „near-complete lack of transparency regarding algorithms, outputs, and uses of personal information.“ 142

Die dahinterliegenden Systeme sind für die massenhafte Auswertung und Gegenüberstellung vieler verschiedener Nutzender konzipiert,143 denn das Geschäftsmodell der modernen kalifornischen Ideologie beruht auf Daten. Hier liegt ein entscheidender Unterschied zu „alten“, analogen Vermessungstechnologien, wie der Waage oder einer Kalorientabelle. Computererzeugte Daten sind durch die numerische Repräsentation und ihre Modularität schnell zu verbreiten und lassen sich von ihrem ursprünglichen Kontext lösen. Die Intransparenz der Interfaces stellt damit nicht nur einen Machtmechanismus zur Lenkung von Individuen dar, sondern bietet auch Möglichkeiten, diese Machtstrukturen zu Lasten des Datenschutzes von Nutzenden zu missbrauchen. Crawford kritisiert, dass Unternehmen auf diese Weise eine „god‘s eye view“ auf die Daten einnehmen können, denn „the full use of the data is always out of sight to the user“.144 Nutzenden wird dabei nur das eigene Verhalten im Vergleich zu einer Norm dargestellt. Die Unternehmen verfügen über Instrumente, mit denen sie Verhaltensmuster über Landes-, Klassen- und Geschlechtergrenzen hinweg sehen können. Geraten 142

Cohen 2015, 7.

143

Vgl. Crawford 2015, 494.

144

Vgl. Crawford 2015, 494. 46

die Daten in die Hände von Geheimdiensten, Versicherungen oder Regierungen, stehen wiederum ganz andere Nutzungsszenarien offen. Als Snowden 2013 die Ausmaße der NSA-Überwachung enthüllte, verglich er das Überwachungsprogramm mit dem Panoptikum, das Foucault in einem seiner früheren Werke, „Überwachung und Strafen“145, thematisiert. Foucault argumentiert, dass jedes Individuum erkennbar gemacht werden muss, damit es beobachtet und mit anderen verglichen werden kann. Wie das erreicht wird, hängt von der jeweiligen Geschichtsepoche und den verfügbaren Techniken ab. Beispielsweise schlug im Zuge einer Gefängnisreform der utilitarische Philosoph Jeremy Bentham das Panoptikum vor, ein Gefängnis mit ringförmig ausgerichteten Zellen. In der Mitte befindet sich ein Turm mit einem einzigen Aufseher, der das Gefängnis überwacht. Doch das Panoptikum ist so gebaut, dass die Gefangenen nicht wissen, ob sich jemand im Turm befindet: Daraus ergibt sich die Hauptwirkung des Panoptikums: Die Schaffung eines bewussten und permanenten Sichtbarkeitszustandes beim Gefangenen [...] Die Wirkung der Überwachung ist permanent, auch wenn ihre Durchführung sporadisch ist. 146

Dadurch würden die Gefangenen ihr eigenes Verhalten überwachen und anpassen, um einer potentiellen Bestrafung zu entgehen. Das Panoptikum dient Snowden als Metapher für die Art von Datenbankinfrastruktur, auf der heute Big Data Analysen aufgebaut sind. Jennifer Whitson beschreibt den Zusammenhang zwischen Quantified Self und dem Panoptikum: We see our body and our behaviors in a new light—as something that can be quantified, measured, and segmented into tractable data in order to master and reshape. In the panoptic age, this was done by institutions such as school and hospital with grades and medical charts. Now we undertake this quantification of the self under our own free will. We become self-regulating agents. Yet governing institutions are not wholly absent.147

Die neoliberale Logik des Self-Trackings zielt auf die Selbstverantwortlichkeit der Einzelnen ab. Die Verbindung mit digitalen Technologien, die kontinuierlich Zeichen produzieren, macht sie untrennbar von einem potentiel145

Foucault 2008

146

Ebd., 906.

147

Whitson 2015, 349. 47

len Überwachungsapparat, der universal einsetzbar ist. Nur, dass die Überwachung nicht von oben herab verordnet wird, sondern an Einzelne delegiert wird, die sich selbst des Ausmaßes ihrer eigenen Überwachung nicht bewusst sind.

6. Ausblick Ähnlich wie Ideologien so formt auch Software Praktiken und das Bewusstsein von Individuen. Das könnte dazu führen, dass Nutzende an Tagen, an denen sie sich nicht hundertprozentig fit fühlen, gar nicht erst laufen gehen, da diese Daten am Ende weder vorteilhaft in die Statistik der Beitragskalkulation für die Krankenkasse eingehen, noch in der Online-Community vorzeigbar sind. Der Sozialwissenschaftler Chris Till fragt gar: „Might we come to distinguish between exercise that is productive and unproductive of data?“ 148 Somit könnten zukünftig Aktivitäten, die kein ideales Vermessungsszenario für die Fitnesstracker darstellen, aus der Routine des Nutzenden fallen. Alles was passiert, produziert Daten. Alles was außerhalb der Messungen geschieht, wird nicht aufgezeichnet und ist nicht passiert. Das macht die Beurteilung des Individuums auf Grundlage binärer Entscheidungsstrukturen – auch außerhalb von Fitness-Apps – so prekär: Sie kann und wird unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nie ein vollständiges Bild abliefern. Für die angesprochenen Implikationen der Privatsphäre könnte das auf lange Sicht dazu führen, dass, wenn wir schon unsicher sind, auf welche Art welche Daten Verdacht auf uns ziehen, wir schon von vornherein vermeiden, bestimmte Tätigkeiten auszuführen. Wenn das Always-on Interface der Wearables noch näher ans uns rückt oder gar in uns implantiert ist, führt kein Ausweg aus der kontinuierlichen Datenproduktion. Der Google Chef Eric Schmidt warnte schon 2009: „Wenn es Dinge gibt, von denen Sie nicht wollen, dass irgendjemand etwas darüber erfährt, dann sollten Sie so etwas nicht tun.“ 149

148

Till 2014, 12.

149

Schmidt, 2009. 48

So hilfreich Datenanalysen in vielen Bereichen des Lebens sein mögen, zum Beispiel, wenn Sensordaten eine Umweltkatastrophe oder ein defektes Autoteil voraussagen, genauso muss auch deutlich sein, wo die Grenzen, Möglichkeitsräume und Gefahren von Datenpraktiken liegen. Anhand des gegenwärtigen Phänomens der sensorbasierten Selbstvermessung wurde in dieser Arbeit gezeigt, unter welchen Bedingungen Daten ihre Wirkmächtigkeit entfalten. Die vorgestellten Versprechen und die Art, wie sie sich in der Gestaltung von Interfaces widerspiegeln, sind keine Eigenheit von Quantified Self. Vielmehr lassen sich Tendenzen für andere Bereiche erkennen, in denen Daten zu Vergleichsgrößen werden, für Vorhersagen genutzt werden und auf lange Sicht gespeichert werden. Das wird am Beispiel der amerikanischen Firma RescueTime deutlich. Es handelt sich dabei um eine Browserapplikation zur Protokollierung der eigenen Computernutzung, damit das Zeitmanagement optimiert werden kann. In optisch ansprechenden Graphen erkennen Nutzende, wie viel Zeit sie auf bestimmten Webseiten oder mit Spielen verbracht haben. Außerdem können ablenkende Webseiten blockiert werden. Nach einer Weile fokussierte die Firma RescueTime ihr Marketing auf Unternehmen statt auf Einzelpersonen, weil der Gewinn noch nicht den Erwartungen entsprach. Das neue Produkt „allows managers to see how employees are spending their time without the employees being able to see or control the monitoring software.“150 Ein Produkt für den persönlichen Gebrauch wird zu einem institutionell verordneten Dienst, ohne dass eine große Veränderung in der Programmstruktur nötig ist.

7. Fazit Das In-Beziehung-setzen der diskursiven, ästhetischen und prozessualen Erscheinungsformen offenbart die vielschichtigen Strategien, derer sich Akteurinnen und Akteure bedienen, um Daten eine Wirkmächtigkeit zuzusprechen. Die technologische Ebene des Computers ist für uns unzugänglich – genauso wie das Innere des Körpers. Der Glaube daran, dass die Umwand-

150

RescueTime 2009. 49

lung von Körpersignalen in computerisierte Daten genauso wie die technologische Ebene durch die Verwendung von Zeichen sichtbar gemacht werden kann, wird auf dem Graphical User Interface durch Datenvisualisierungen, die Verwendung von spielähnlichen Elementen und Erzählstrukturen untermalt. Das Dashboard, das die genannten Elemente vereint, wird somit zur Kontrollinstanz des Körpers, einem Spiegel, der sich aus den Sensordaten zusammensetzt. Es suggeriert als Variante des Immaterialitätsversprechens des Digitalen einen direkten Zugriff auf die erzeugten Daten, die der Möglichkeit einer direkten Veränderung des Körpers gleichgesetzt werden. Quantified Self wird zu einer erweiterten Technologie des Selbst, bei der Mitglieder Formen aufnehmen, sich selbst zu optimieren und sich so freiwillig übergeordneten Interessen anpassen. Der Blick auf das Dashboard als virtueller Spiegel wird im Sinne der Pastoralmacht zu einem regelmäßigen Ritual, in dem sich Nutzende selbst überprüfen. Das Besondere an der computerbasierten Erweiterung – im Gegensatz zu herkömmlichen Technologien des Selbst – ist, dass die konstanten Datenübertragungen, ihre Verbindung mit der Cloud und ihre Datenbankinfrastruktur dazu prädestiniert sind, die Daten aus ihrem zeitlichen und situativen Kontext zu lösen und für marktorientierte Interessen zu nutzen. Das birgt Gefahren für die eigene Selbstbestimmung, die Privatsphäre und den Datenschutz.

Doch welche Alternative gibt es, wenn Schrittzähler mittlerweile schon auf Smartphones vorinstalliert sind? In einer Umgebung, in der sich die Erfahrung der Welt zunehmend auf der Erzeugung, Analyse von sensorbasierten Daten und ihrer Weiterverarbeitung basiert, scheint es unmöglich, sich der Regierung durch Daten zu entziehen. Wenn in Zukunft Unternehmen, Regierungen oder Versicherungen eine Quantifizierung aller Lebensbereiche befördern, wird es schwierig, nicht den vermeintlichen Vorteilen der Applikationen zu verfallen. Hier bietet die Rückbesinnung auf den Ursprung der Quantified Self-Bewegung einen Ansatz. Vor dem massenhaften Aufkommen von Produkten wie Fitbit, Jawbone, Nike+ oder der Apple Watch widmeten sich die ersten Mitglieder von Quantified Self der zeitintensiven Pro50

grammierung eigener Fitness-Apps und der eigenen Gestaltung visueller Repräsentation von Daten. Was gebraucht wird, ist nicht nur eine Data Literacy, sondern auch eine Data Visualisation literacy. Nur so ist nachvollziehbar, dass Daten nicht gegeben sind, sondern ihre Methoden und ihr zeitlicher und situativer Kontext ihre Beschaffenheit bestimmen. Interfaces und ihre dazugehörigen Datenvisualisierungen auf dem Dashboard sind weder eine neutrale Repräsentation, noch eine wissenschaftlich fundierte Art der Sichtbarmachung von Daten wie Bakterien unter einem Mikroskop. Solche alternative Herangehensweisen lassen Nutzende zu Hackerinnen und Hackern werden. Zugrunde liegt das bekannte Zitat von Claus Pias: „Freiheit erfährt der User dort, wo er spielt, d.h. selbst programmiert, statt nur fremden Programmen zu folgen.“ 151 Die Freiheit offenbart sich in der Erforschung der technologischen Bedingungen, in experimenteller Nutzung und Neugierde. Ein Beispiel für künstlerische Kritik an Daten zeigt das Projekt Unfitbits des Künstlerduos Surya Mattu und Tega Brain. Ihr Motto lautet „Free your fitness data from yourself“ 152 und bezieht sich auf die Tatsache, dass in einigen Ländern Versicherungen bereits bis zu 15% Rabatt bei der Bereitstellung der Fitnessdaten gewähren.153 Doch solange es ein Außerhalb der Messung gibt, gibt es genügend Spielräume, die Vorgaben der Software zu umgehen und auszutesten, wann und wie Daten erfasst werden und wo die Grenzen der Erzeugung liegen. Statt um das Handgelenk befestigen Mattu und Brain das Fitnessarmband an Autoreifen, Pendel oder Metronome. Der Schrittzähler läuft trotzt der Zweckentfremdung weiter. „Who knows why people do what they do? The point is that they do it.“ lautete das am Eingang angeführte Zitat von Chris Anderson. Das Paradigma des Datenzeitalters, dass nicht das „wie“, sondern das „dass“ Dinge entscheidend ist, wird durch Experimentieren dem Datenglauben selbst zum Verhängnis.

151

Pias 2004, 8.

152

Brain und Mattu 2015.

153

Paglieri, 2015. 51

Die Faszination für die Quantifizierung des Alltags und für den „Dataismus“, der zunehmenden Fetischisierung von Daten in computerisierter Form, ist mehr als bloß eine Begleiterscheinung des Aufkommens von Fitnessapps. Vielmehr gewinnt der Deutungsanspruch quantitativer Mess- und Analyseverfahren in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen und sozialen Lebens an Bedeutung. Das 21. Jahrhundert bringt zahlreiche Medientechniken hervor, die sich der Erfassung, Speicherung und Weiterverarbeitung von Daten widmen. So ergibt sich ein komplexes Forschungsfeld, das moralische, philosophische und politische Fragen nach Selbstermächtigung und Fremdbestimmung, Datenschutz und Überwachung aufwirft. Was an dem Beispiel des Self-Trackings und der Quantified Self-Bewegung deutlich wird, ist symptomatisch für die zeitgenössischen medienkulturellen Strömungen und den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs rund um Daten. Die steigende Beliebtheit von Fitness-Apps offenbart nicht nur die Faszination für computerbasierte Medien rund um Individualität, Quantifizierung und Big Data. Sie bestimmen außerdem das gegenwärtige Zeitalter durch die Erschaffung neuer Wissensformen, Lebensstile und Kontrollmechanismen.

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Nike+ App Screenshot aus der Nike+ App (2016). Abbildung 2: Fuelpoints Nike Fuel (2016). Verfügbar unter: https://itunes.apple.com/us/app/nike+-move/id712498492?mt=8 [aufgerufen am 19.01.2015]. Abbildung 3: Dashboard Fitbit (2016). Verfügbar unter: https://static0.fitbit.com/simple.b-cssdisabled-png.hd53c63eab7cc1316845e 4b4084fbc504.pack?items=%2Fcontent%2Fassets%2Fchargehr%2Fimages %2Fapp-dashboard%2Fscreen%2Fweb_Next_Gen_Dash%402x.png [aufgerufen am 19.01.2015]. Abbildung 4: Kalenderansicht der Aktivitäten-App von Apple Poritsky, Jonathan (2015): Running With My Apple Watch. Verfügbar unter: http://www.candlerblog.com/2015/07/07/running-with-apple-watch/ [aufgerufen am 19.01.2015]. Abbildung 5: Badges Fitbit (2015). Verfügbar unter: https://blog.fitbit.com/wp-content/uploads/2015/04/badge_detail_share.png [aufgerufen am 19.01.2015]. Abbildung 6: Dashboard Screenshot aus Jawbone UP App (2016).

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Anhang

Hoffmann, Klaus-Peter (2006): Biosignale erfassen und verarbeiten, Kapitel 35, S. 619, Abbildung 35.3, in: Rüdiger Kramme (Hrsg.), Medizintechnik, Springer, 3. Auflage, 2006

Screenshot von der Apple Health App (2016).

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Eidesstattliche Erklärung Ich versichere, dass ich die Bachelorarbeit selbständig verfasst habe. Andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel wurden nicht verwendet.

__________________________________ Unterschrift

__________________________________ Ort/Datum