Die Kritik an der Bibel. Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben?

Die Kritik an der Bibel Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben? I. Was ist Bibelkritik bzw. die historisch-kritische Methode? „Der Begriff ‚his...
Author: Monika Straub
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Die Kritik an der Bibel Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben?

I. Was ist Bibelkritik bzw. die historisch-kritische Methode?

„Der Begriff ‚historisch-kritisch‘ wird heute meist mit einer prinzipiell atheistischen Geschichtsbetrachtung gleichgesetzt [Kritik2], bedeutet aber ursprünglich nur wissenschaftlich-prüfend [Kritik1]“ (Rainer Riesner). „Kritik1“ (ab 16. Jh.): • Vor allem: Textkritik1 (Handschriftenvergleich) • Allgemein: gründliche (philologisch und historische) Textanalyse • „Kritische1 Exegese“ = wissenschaftliche Exegese • „Unkritisch1“ = unwissenschaftlich, wissenschaftsfeindlich • Bibelkritik1 = wissenschaftliche Bibelauslegung • „Kritisch“ = „historisch-kritisch1“ (ab 19. Jh.) = wissenschaftlich • Frédéric Godet (1812-1900): „Kommentar zum Johannesevangelium. Bd. 1. Historisch-kritische1 Einleitung“ (ND Gießen 1988) • Bisher kein einigermaßen eingebürgerter Ersatzbegriff verfügbar.

http://de.wikipedia.org/wiki/Historisch-kritische_Methode (13.02.2015):

1 Allgemeines 2 Entwicklung 2.1 Evangelische Theologie 2.2 Römisch-katholische Theologie

3 Die Methodenschritte der historisch-kritischen Methode 3.1 Textkritik: Vergleich der Handschriften 3.2 Übersetzung aus dem Hebräischen bzw. Griechischen 3.3 Textanalyse: Die Struktur des Textes 3.4 Redaktionsgeschichte: der Umgang des Autors mit seinen Quellen 3.5 Literarkritik: Rekonstruktion der Quellen 3.6 Formgeschichte: Bestimmung der Textgattung 3.7 Traditionsgeschichte: Die zugrunde liegende mündliche Überlieferung 3.8 Begriffs- und Motivgeschichte: wie sich Vorstellungen entwickelten 3.9 Religionsgeschichte: Vergleich mit außerbiblischen Texten 3.10 Zusammenfassende Interpretation und theologische Aussage(n)



„Der Begriff ‚historisch-kritisch‘ wird heute meist mit einer prinzipiell atheistischen Geschichtsbetrachtung gleichgesetzt [Kritik2], bedeutet aber ursprünglich nur wissenschaftlich-prüfend [Kritik1]“ (Rainer Riesner). „Kritik2“ (ab 18. Jh.): • „Kritisch2“ = wunderkritisch (Übernatürliches ausgeschlossen) • „Unkritisch2“ = wundergläubig, weltanschaulich naiv • „Kritisch2“ = „historisch-kritisch2“ (ab 19. Jh.) • Forschung „als ob es Gott nicht gäbe“ • Bibelkritik2 = Wunderfreie Bibelauslegung • Hermann Samuel Reimarus (18. Jh.) • David Friedrich Strauss (19. Jh.)

Eine unerlässliche Unterscheidung: • Schadet die Bibelkritik1 dem Glauben? • Ist die historisch-kritische1 Methode abzulehnen? • Schadet die Bibelkritik2 dem Glauben • Ist die historisch-kritische2 Methode abzulehnen?

II. Was ist das Grundproblem einer historisch-kritischen2 Theologie?

Hermann Samuel Reimarus (1694-1768)

„der Vater der historisch-kritischen Methode in der Bibelforschung“

Wurzeln des Zweifels „Ich war in der protestantischen Kirche von rechtschaffenen frommen Eltern erzeuget, und meine Erziehung ward nach der vorbeschriebenen Methode eingerichtet, so daß ich bey Zeiten zu den Lehrsätzen des christlichen evangelischen Glaubens angeführt wurde, und auch, als ein Knabe, alle Artikel meines Catechismi gantz von Hertzen glaubte" (Vorrede § 4). - Dreieinigkeitslehre (nicht denkbar) - Erwählungslehre (ungerecht) - Biblisches Menschenbild (moralisch fragwürdig)

Verketzerung der Vernunft „… man schreckt ... diejenigen, welchen nun Lust bekommen mögten nachzudenken und auf den Grund ihres bisherigen blinden Glaubens zu forschen, von dem Gebrauch ihrer edelsten NaturGabe, der Vernunft, ab. Die Vernunft wird ihnen als eine schwache, blinde, verdorbene und verführerische Leiterin abgemalt; damit die Zuhörer, welche noch nicht einmal recht wissen was Vernunft oder vernünftig heisse, jetzt bange werden, ihre Vernunft zur Erkenntniß göttlicher Dinge anzuwenden, weil sie dadurch leicht zu gefährlichen Irrthümern gebracht werden mögten. Es heisst da: was der Mensch durch eigene Kräfte von Gott erkenne, das helfe ihm nicht zur Seligkeit ...“ (I.1.3 § 2). ► Überschätzung der Vernunft (Gen 3) ► Vernunftreligion (Aufklärung)

Drei kritische Schnitte • Altes Testament # Neues Testament (Verheißungen) • Jesu Botschaft für Israel (Reich) # für alle Menschen (Moral) • Lehre Jesu (natürlich) # Lehre der Apostel (übernatürlich) Die Lehre Jesu Für alle Menschen: Umkehr (Moral)

Die Lehre der Apostel

Für das Judentum: Himmlisches Messiasreich Irdisches Messiasreich (Sühnetod und Auferstehung)

Auferstehung Jesu: Grabraubhypothese „Würde wohl in irgend einem weltlichen Gerichte, auf die Aussage solcher Zeugen, die in den wesentlichen und wichtigen Umständen, so sehr variiren und mangelhaft sind, eine rechtsbeständige, und zum Ausspruch des Richters reiffe Species facti können gebauet werden? Wie kann denn das gantze menschliche Geschlecht auf ein solch Factum, da einen so wankend- und lockeren Boden hat, aller Orten und zu allen Zeiten, alle seine Religion, Glaube und Hoffnung der Seligkeit gründen? Dazu kommen aber noch die häuffigen und offenbaren Widersprüche, die in sich selbst alle Glaubwürdigkeit aufheben, und unsern Geschichtschreibern, da sie göttlich und ohne Irrthum seyn sollen, desto höher anzurechnen sind“ (II.3.3 § 5). „Wenn wir hergegen, statt einer wirklichen Auferstehung, eine nächtliche Entwendung des Körpers zur Hypothese annehmen: so fallen alle obigen Widersprüche weg, und alle Umstände stimmen damit überein" (II.2.3 § 8).

Moral als Glaubensinhalt Die Lehre Jesu Für alle Menschen: Umkehr (Moral)

Die Lehre der Apostel

Für das Judentum: Himmlisches Messiasreich Irdisches Messiasreich (Sühnetod und Auferstehung)

„Wesentliche Stücke sind die Glaubensartikel, wegen welcher Verläugnung oder Unwissenheit ich aufhören würde, ein Christ zu sein: und dahin gehören ja wohl hauptsächlich - die geistliche Erlösung Christ durch sein Leiden und Sterben; - die Auferstehung vom Tode, als die Bestätigung des vollgültigen Leidens; - und die Wiederkunft zur Belohnung oder zur Strafe" (Fragmente 97: Zwecke II 46).

Die weltanschaulichen Voraussetzungen Deismus (17./18. Jh.) • Eine übernatürliche Offenbarung (Weissagungen und Wunder) gibt es nicht (bzw. nur für die Unvernünftigen). • Alle heutigen Religionen sind Entstellungen einer vernünftigen und monotheistischen Ur-Religion. • Keine Religion, Konfession oder Denomination kann einen Absolutheitsanspruch erheben: Judentum, Christentum und Islam sind gleichwertig. • Die Bibel muss durch historische und moralische Kritik gereinigt werden. •Die biblische Christologie und Trinitätslehre sind abzulehnen. • Der wesentliche Inhalt aller Religionen besteht in der Moral bzw. Ethik.