Die Entstehung von Nationalstaaten im Mittelalter

Die Entstehung von Nationalstaaten im Mittelalter 1. Frankreich - der König wird mächtig Das Großreich der Franken wurde im Jahr 843 mit dem Vertrag v...
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Die Entstehung von Nationalstaaten im Mittelalter 1. Frankreich - der König wird mächtig Das Großreich der Franken wurde im Jahr 843 mit dem Vertrag von Verdun geteilt. Aus dem ostfränkischen Teilreich entstand der deutsche Staat. Doch was geschah mit dem westlichen Teil des Frankenreichs? Ein Reich ohne Einheit - Um sein Reich zusammenzuhalten, brauchte der König eine große Macht, aber die Voraussetzungen (conditions) waren im westfränkischen Teil zuerst nicht die besten. Das Westfrankenreich war in zwei Sprach- und Kulturräume geteilt. Der Fluss Loire teilte den südlichen vom nördlichen: Im Norden war der Stamm der Franken stark, hier sprach man am ehesten "Französisch". Dieser Teil hatte mit England und dem ostfränkischen Reich Kontakt. Im Süden wurde eine stark lateinisch geprägte Sprache

oder

sogar

Italienisch

gesprochen.

Die

Menschen dort hatten weiter enge Beziehungen zu den Ländern im Mittelmeergebiet. Wieder andere Verhältnisse gab es im Nordwesten des Reiches. Die Wikinger, ein kriegerisches Volk aus Skandinavien,

hatten

seit

dem

Ende

des

8.

Jahrhunderts westfränkische Gebiete vom Meer aus überfallen (attaquer). Im Jahr 911 ließen sich die Wikinger unter ihrem Fürst Rollo an der Mündung des Flusses Seine nieder. Der westfränkische König war nicht stark genug, die Wikinger ganz zu vertreiben (expulser / chasser). Er belehnte Rollo mit dem Gebiet - unter der Bedingung, dass dieser zum Christentum übertrat (se convertir). Weil die Eroberer Normannen genannt wurden (= Nordmänner), erhielt das neue Herzogtum den Namen Normandie. Unter den Angriffen der Wikinger war die Macht kleiner Adliger gestiegen. Nur sie konnten der Bevölkerung Schutz geben. Die Macht des Königs war aber immer schwächer geworden.

 

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Ein neues Königsgeschlecht - Der letzte König aus der Familie der Karolinger, Ludwig V., starb im Jahr 987. Die Fürsten wählten Hugo Capet zum neuen König. Er war der Herzog eines relativ kleinen Gebiets um die Städte Paris und Orleans. Jeder andere westfränkische Herzog und auch mancher (plus d’un) Graf herrschte über ein größeres Gebiet als der König. Nach Hugo Capet wurde die neue Königsfamilie die Kapetinger genannt. Hugo und seine Nachfolger versuchten, ihr Krongut (domaine royal) allmählich (progressivement) zu vergrößern. So gaben sie Lehen ausgestorbener Familien oder Gebiete von geistlichen Fürsten nicht wieder an andere Vasallen aus, sondern behielten sie selbst. König gegen König - Herzog Wilhelm von der Normandie eroberte im Jahr 1066 England, das Land der Angelsachsen. Er krönte sich zum englischen König. Gleichzeitig war er noch immer Lehnsmann des französischen Königs - doch sehr viel mächtiger als dieser. Die Probleme des französischen Königs wurden immer grösser. König Ludwig VII. heiratete im Jahr 1137 Eleonore, die Erbin Aquitaniens, um sein Gebiet zu vergrößern. Doch die Ehe wurde 1152 geschieden. Nun heiratete Eleonore nach zwei Monaten den Herzog Heinrich von der Normandie. Zwei Jahre später wurde Heinrich König von England. Jetzt beherrschte der englische König mit Aquitanien einen großen Teil des französischen Königreichs. Der französische König wollte den englischen Einfluss (l’influence) in seinem Reich verringern (diminuer). Bald klagten aquitanische Lehnsleute gegen den englischen König, ihren Lehnsherrn, beim französischen König. Darauf lud König Philipp II. von Frankreich (1180 - 1223) König Johann von England (1199 - 1216) vor ein Lehnsgericht. Als Johann sich weigerte zu kommen, wurden ihm die französischen Lehen vom Lehnsgericht entzogen (retirer). Philipps Heere eroberten danach diese Gebiete. Johann versuchte 1214 der Hilfe Kaisers Otto IV. die verlorenen Gebiete zurückzugewinnen. So kam es zur Schlacht von Bouvines. Philipp siegte aber und besaß nun ein großes Gebiet, das größer war als die Gebiete der französischen Fürsten.

 

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100 Jahre Krieg - Die Nachfolger Philipps II. erbten später mehrere französische Fürstentümer und konnten damit das Krongut weiter vergrößern. Im Jahr 1328 starb mit Karl IV. der letzte König aus der Familie der Kapetinger. Als Nachfolger wählten die französischen Adligen Philipp VI. von Valois. Philipp verlangte, dass Guyenne an der Atlantikküste, der letzte Besitz Englands in Frankreich, dem französischen König gehören sollte. Im Gegenzug (en guise de réponse) erhob König Edward IIl. von England 1337 Ansprüche (faire valoir le droit)

auf den

französischen Thron, denn seine Mutter war die Schwester Karls IV.

Es kam zum Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich (1337 - 1453). Lange Zeit war das Kriegsglück auf der Seite der Engländer, die mehr als die Hälfte Frankreichs eroberten. 1420 musste der französische König Karl VI. mit Heinrich V. von England Frieden schließen. Es wurde festgelegt (stipuler), dass Heinrich nach Karls Tod König von Frankreich werden sollte. Der französische Königssohn Karl VII. wurde enterbt (déshériter).

 

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Gemälde von Ingres: Jeanne d'Arc bei der Krönung Karls VII. (Juli 1429)

In dieser schwierigen Situation rettete ein 17-jähriges Mädchen aus dem einfachen Volk Kar! VII. Jeanne d’Arc kam 1429 zu ihm und erzählte von einer Eingebung (inspiration divine): Gott hat sie auserwählt (choisir), das Königreich Frankreich zu retten. Sie versprach, die Ritter Karls VII. zum Sieg über die Engländer zu führen. Kurz darauf befreiten (libérer) die Franzosen unter Führung (sous le commandement de) Jeannes tatsächlich Orléans. Für die Franzosen war dies wie ein Wunder (miracle). Der Widerstand (résistance) gegen die Engländer flammte in allen besetzten Gebieten wieder auf (éclater). Bis 1453 wurden die Engländer aus Frankreich vertrieben (chasser). Nur die Stadt Calais behielten sie. Jeanne d' Arc hat das Ende des Krieges aber nicht erlebt. 1430 war sie vom Herzog von Burgund gefangen genommen und an die Engländer ausgeliefert worden. 1431 wurde sie von ihnen öffentlich verbrannt. Karl VII. hatte nichts zu ihrer Befreiung unternommen. Das Reich wächst zusammen - Die Könige wurden seit 1214 in ganz Frankreich als Herrscher anerkannt (reconnaître). Um ihre Position gegenüber den Herzögen zu stärken, verbesserten sie auch die Verwaltung des Reichs. Die

Einkünfte

(revenus)

des

König

stiegen

durch

neu

gewonnene

Gebiete.

Eine

Rechnungskammer verwaltete sie. Es gab auch einen obersten Gerichtshof des Königs. An diesen konnte sich jeder Adlige wenden (s’adresser à), um ein Urteil (jugement) seines Lehnsherrn anzufechten (faire appel). Als Richter und Vertreter des Königs wurden im ganzen Land Beamte eingesetzt (instituer). So wurden die Lebensverhältnisse im ganzen Reich gleich. Seit Beginn des 14. Jahrhunderts rief der König zu seiner Beratung die weltlichen und geistlichen Adligen sowie die Städte in den Generalständen zusammen (convoquer). Er verschaffte sich (se procurer) dadurch direkte Macht im ganzen Reich. Der Sieg im 100-jährigen Krieg stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl (sentiment d’union) der Menschen. Sie begannen, sich als Mitglieder (membre) der französischen Nation (= Menschen mit gleicher Herkunft) zu fühlen. Frankreich wurde ein Nationalstaat.

 

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2. England - König und Parlament finden einen Ausgleich Die Geschichte Englands war durch die englischen Besitzungen mit der Geschichte Frankreichs lange Zeit eng verbunden. Doch welche Entwicklung nahm das englische Königreich selbst? Der Staat der Normannen - Während der Völkerwanderung hatten die germanischen Stämme der Angeln und Sachsen England besiedelt. Im Jahr 1066 starb der angelsächsische König Edward der Bekenner kinderlos. Daraufhin wollten Wikinger das Königreich erobern. Der neu gewählte angelsächsische König Harold II. konnte ihre Flotte an der Ostküste Englands schlagen. Wenige Tage später erreichte jedoch eine zweite Wikingerflotte des normannischen Herzogs Wilhelm die englische Südküste. Am 14. Oktober 1066 kam es bei Hastings zur Schlacht. Die Angelsachsen erlitten eine Niederlage, König Harold fiel. Wilhelm von der Normandie, der jetzt den Beinamen Der Eroberer führte, wurde zum König von England gekrönt. Wilhelm setzte seine Herrschaft schnell durch (imposer). Das Land wurde in shires (engl. Grafschaften) aufgeteilt, die von sheriffs verwaltet wurden. Anders als in Deutschland und Frankreich mussten in England nicht nur die königlichen Vasallen, sondern alle Adligen einen Treueeid (serment de fidélité) auf den König leisten. Wilhelm wollte auch einen Überblick (aperçu) über alle Besitzungen (propriété) in seinem Reich. Er ließ sie im Domesday Book (engl. Buch des Jüngsten Gerichts) aufschreiben. So wusste er genau, was sein Besitz war und welche Abgaben ihm zustanden (revenir). Die Sheriffs mussten beim Schatzamt (trésorie) Bericht darüber erstatten (faire un rapport). Schließlich wurden königliche Gerichte für das ganze Land gebildet. Adlige widersetzen sich dem König - Der englische König Johann musste ab 1202 um seine Besitzungen (propriété) in Frankreich kämpfen. Dazu brauchte er viel Geld und erhöhte immer wieder die Steuern. Wie reagierte der englische Adel darauf? Als die englischen Feldzüge (campagne) erfolglos blieben, wuchs der Widerstand (résistance) der Barone (= große Adlige). Nach der englischen Niederlage bei Bouvines im Jahr 1214 weigerten sich die Barone und die geistlichen Fürsten, den Krieg des Königs weiter zu unterstützen. 1215 musste er ihnen die Magna Carta Libertatum (lat. Große Urkunde der Freiheiten) gewähren (accorder). Hier legten König und Fürsten fest, dass der König Kriegssteuern nur erheben durfte, wenn ein Rates des Königreiches damit einverstanden war. Diesem Rat, dem Parlament, gehörten die einflussreichsten Fürsten und Bischöfe an. Sie kontrollierten den König.

 

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Das Parlament wird vergrößert - Doch auch der ländliche Kleinadel, die gentry, und die Vertreter der Städte erhielten Einfluss. Bereits 1227 kamen zu den Versammlungen des Parlaments auch zwei Adlige aus jeder Grafschaft. Später kamen noch zwei Bürger aus jeder Stadt dazu Nun gehörten dem Parlament zwei Gruppen an: die fürstlichen Kronvasallen, die lords, und die Vertreter der Land- und Stadtgemeinden, die commons. Es entwickelten sich zwei Kammern des Parlaments, die auch heute noch existieren: das house of lords (engl.: Oberhaus) und das house of commons (engl.: Unterhaus). Welche Macht das Parlament erlangt hatte, zeigte sich im Jahr 1399. Nach einem Streit mit Herzog Heinrich von Lancaster wurde König Richard II. von diesem gefangen genommen. Das Parlament setzte Richard ab und bestimmte Heinrich als Nachfolger, obwohl er kein Mitglied der Königsfamilie war. Seit dieser Zeit durften die commons eigene Gesetzesentwürfe (projet de loi) zur Abstimmung (vote) im Parlament vorlegen. Die englische Nation - Der König übte seine Macht durch eine straffe (strict) Verwaltung im ganzen Reich aus. Doch das Parlament begrenzte (limiter) die Macht des Königs, zum Beispiel durch das Bewilligungsrecht (droit d’approbation) des Parlaments für neue Steuern. Alle Regionen und Stände des Königreichs waren an der Macht beteiligt. Jetzt begannen auch die Engländer, sich als eine Nation zu fühlen. Die Volkssprache, das Englische, wurde zur offiziellen Landessprache. Bis zum Ende des Mittelalters hatte sich das englische Königreich zu einem einheitlichen Nationalstaat entwickelt.

Aus der Magna Carta Libertatum von 1215: Art. 12: Kriegs- und andere Steuern sollen in unserem Königreich nur durch Beschluss des Gemeinen Rates des Königreiches erhoben werden. Zur Tagung dieses Rates werden wir Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Grafen und größere Barone, die Richter, Beamten und alle jene, die vom König ein Lehen besitzen, rechtzeitig einladen. Art. 61: Falls wir [der König], unsere Richter oder unsere Beamten gegen irgendjemanden einen Rechtsbruch begehen und seine Wiedergutmachung verweigern, so soll ein Ausschuss von 25 Baronen uns dazu zwingen. Sie sollen auf alle ihnen mögliche Art uns unsere Burgen, Ländereien und Besitzungen wegnehmen, bis die Sache nach ihrer Meinung gutgemacht ist; nur soll dabei unsere Person unangetastet bleiben. Sobald der Schaden gutgemacht ist, sollen sie uns wieder gehorchen wie bisher. (ln: K. Kluxen: Die Entstehung des englischen Parlamentarismus, Stuttgart 1972, S. 5)

 

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Aufbruch in eine neue Zeit und Welt 1. Teil Neues Wissen und Denken – die Renaissance 1. Ein neues Bild vom Menschen Im Mittelalter verstanden sich die Menschen als Teil einer stabilen Ordnung. Jeder hatte darin seinen von Gott und der sozialen Herkunft vorbestimmten (prédestiner) Platz. Das Leben auf der Erde war für viele nur ein Durchgangsstadium (passage) zum himmlischen Paradies. Daher war versuchten die mittelalterlichen Menschen meistens nicht, ihre oft schwierige Lage zu verändern oder zu verbessern Dieses starre (rigide) Weltbild löste sich zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert allmählich auf. Was waren die Ursachen? Und wie sahen die Menschen nun ihre Umwelt? Im Mittelpunkt der Mensch - Ausgangspunkt des neuen Weltund Menschenbilds waren die oberitalienischen Handelszentren wie Genua, Pisa, Venedig und die Hansestädte Mittel- und Nordeuropas wie Antwerpen, Lübeck, Magdeburg. Von dort breiteten

sich

die

Gedanken

der

Renaissance

(Dt.:

Wiedergeburt) und des Humanismus (von Lat: humanus = menschenfreundlich) allmählich in Europa aus. Ihre Anhänger verbanden (associer) damit antike Ideale in der Kunst und Menschliches Mass . Leonardo da Vinci, um 1490

Architektur. Vor allem aber vertraten (soutenir) sie ein neues Menschenbild, das den Anspruch (le droit) jedes Einzelnen auf Individualität, persönliche Freiheit und Würde wollte.

Impulse der Veränderung - Zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert waren die Araber aus dem Mittelmeerraum zurückgedrängt (repousser) worden. Der Fernhandel, der jetzt neu möglich war, war vor allem für die oberitalienischen Handelsstädten und die Städte des Hansebunds gut. Die Bürger dieser Städte hatten sich von der Herrschaft ihrer Landesherren befreit. Da sie frei waren, konnten sie von der neuen Situation profitieren und gute Geschäfte machen. Mächtige Handelsdynastien wie die Medici in Florenz oder die Fugger in Augsburg entstanden. Wo Gewerbe und Handel florieren, da entstehen auch Zentren der Kultur und der Wissenschaft. Die Künstler der Renaissance griffen Themen und Formen der griechischrömischen Antike auf (reprendre). Dabei schufen sie - von reichen Mäzenen gefördert (aider) – einzigartige (unique en son genre) Kunstwerke (oeuvre d’art) der Malerei, der plastischen Kunst

 

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und Architektur. Auch viele bedeutender Naturforscher jener Zeit waren meist in reichen Wirtschaftszentren aktiv.

Michelangelo, Statue des David, 1504 2. Ein neues Bild der Erde und der Welt Nach dem mittelalterlichen Weltbild der Kirche war die Erde eine auf dem Ozean schwimmende Scheibe. Viele Jahrhunderte lang fuhren Seeleute auf den Meere in der Angst, zu weit aufs offene Meer hinausfahren und vom Rand der Scheibe herunterzustürzen. Wie kam es zur Veränderung dieses überkommenen (transmis de génération en génération) Weltbilds? Im Mittelpunkt die Erde? - In den großen Seefahrernationen jener Zeit hatten Erfahrung und Beobachtungen (observation) seit Anfang des 15. Jahrhunderts dazu geführt, dass die in der Antike bekannte Kugelgestalt der Erde neu entdeckt wurde. Nach dem Weltbild des Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. stand die kugelförmige Erde im Zentrum der Welt. Dieses Weltbild nennt man geozentrisch (= die Erde steht im Mittelpunkt). Auch gemäß (selon) der Lehre (doctrine) der Kirche stand die Erde im Mittelpunkt der Schöpfung (création). Denn nach der Bibel kreisten (tourner autour) Sonne und Sterne um die Erde. Aber zahlreiche Beobachtungen mit den neu entwickelten Fernrohren (télescope) zeigten, dass die Bewegungen der Planeten und Sterne mit diesem Modell der Welt nicht zu erklären waren. Kopernikus revolutioniert den Himmel - An die Stelle des geozentrischen Weltbilds setzte Nikolaus Kopernikus 1543 ein Modell der Planeten, in dem nicht die Erde, sondern die Sonne im Mittelpunkt steht (= heliozentrisches Weltbild). Doch sein Modell, das durch viele Beobachtungen bestätigt wurde, missbilligte (désapprouver) die Kirche. Denn mit der Erde ist für die Kirche auch der Mensch aus dem Mittelpunkt der Schöpfung gerückt (pousser) worden.

 

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Das geozentrische Weltbild des Ptolemäus, um 150 n. Chr. (links) und das heliozentrische Weltbild des Kopernikus, um 1543 (rechts). (1) Sonne, (2) Merkur, (3) Venus, (4) Erde mit Mond (5),(6) Mars, (7) Jupiter, (8) Saturn 3. Fortschritte in Navigation, Schiffbau und Buchdruck Das 15. und 16. Jahrhundert waren für die Europäer die Phase des Übergangs (passage) vom Mittelalter zur Neuzeit. Zwei Ereignisse waren besonders wichtig: 1) die großen Entdeckungs fahrten nach Afrika, Asien und Amerika und 2) die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Araber vermitteln Kenntnisse - Seit dem 8. Jahrhundert herrschten die Araber in weiten Teilen des Orients und in Spanien. Zwischen ihnen und den europäischen Städten gab es Handel und wissenschaftlichen Austausch (échange). Die Araber kannten aus der Antike die Kugelgestalt der Erde und besaßen schon Navigationsinstrumente. Diese Instrumente wurden in den europäischen Handels- und Hafenzentren weiterentwickelt (développer). In Portugal gründete Heinrich der Seefahrer um 1420 eine Seefahrtschule, um Kapitäne für Entdeckungsfahrten auszubilden.

Jakobsstab

 

Astrolabium 64

Neue Messinstrumente und bessere Schiffe für die Seefahrt Jakobsstab: Instrument zur astronomischen Winkel(angle)messung und zur Ermittlung des Breitengrades (degré de latitude). Astrolabium: Instrument zur Bestimmung des Breitengrads und zur Orientierung auf hoher See. Seekompass: Der Kompass (boussole) kam über China und Arabien im 12. Jahrhundert nach Europa. Als Seekompass wurde seit dem 15. Jahrhundert eingesetzt. Schiffskonstruktion: Die Santa Maria von Kolumbus war eine Karacke. Sie verband die Transportkapazität einer Kogge mit der Manövrierfähigkeit (manoeuvrabilité) einer Karavalle und konnte Waren oder Proviant bis zu 600t transportieren. Papier wurde in China bereits seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. benutzt. Im 12. Jahrhundert kam es durch die Araber nach Europa. Vorher schrieb man wichtige Bücher auf Pergament (parchemin); und zwar jedes einzelne Buch für sich. Doch Papier war billiger und man konnte es bedrucken. Drucken von Büchern – 1448 erfand Johannes Gutenberg eine neue Technik des Buchdrucks. Er stellte einzelne Lettern (Buchstaben) aus Metall her. Mit ihnen konnte er einzelne Wörter und ganze Buchseiten immer wieder neu zusammensetzen (assembler). Die Buchproduktion wurde damit einfacher und Bücher wurden sehr viel billiger. Immer mehr Bücher wurden gedruckt: 20 Millionen Bücher wurden zwischen 1457 und 1500 hergestellt. So wurde der Buchdruck zum wichtigsten Wegbereiter (précurseur) für die Verbreitung (diffusion) von Wissen, Bildung und von Nachrichten.

Druckerwerkstatt. Holzschnitt von J. Amman 1568

 

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