Die ambulante Psychotherapie unter der QS-Lupe 8. Qualitätssicherungskonferenz des G-BA
Berlin, 28.09.2016 Fanny Schoeler-Rädke, M.A.
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Fanny Schoeler-Rädke, M.A.
Es bestehen keinerlei Interessenkonflikte.
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Agenda
Hintergrund und Auftrag Ergebnisse der Themenerschließung
Informationsquellen Versorgungsepidemiologie Versorgungsaspekte Qualitätspotenziale
Umsetzbarkeit Fazit und Ausblick
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Hintergrund
Jahresprävalenz für psychische Erkrankungen für die deutsche Bevölkerung liegt bei 30 % Ca. 24.500 Leistungserbringer in diesem Versorgungsbereich Ca. 1,2 Millionen Patienten jährlich in Richtlinientherapie Die ambulante Psychotherapie unterliegt bisher noch keinen Maßnahmen der gesetzlichen externen Qualitätssicherung.
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Auftrag
Beauftragung des AQUA-Instituts mit einer Konzeptskizze am 17. Juli 2014 (als Entscheidungshilfe für eine mögl. Verfahrensentwicklung) „[…] die Erstellung einer Konzeptskizze für die Neuentwicklung eines einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherungsverfahrens, welches sektorspezifisch zu entwickeln ist [für die] ambulante psychotherapeutische Behandlung gesetzlich Krankenversicherter […]“
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Adressierte Patienten und Leistungen
Alle Erwachsenen (≥ 18 Jahre) + alle Kinder (≤ 12 Jahre) + alle Jugendlichen (12 bis ≤ 21 Jahre), die eine ambulante Psychotherapie entsprechend der PsychotherapieRichtlinie erhalten Alle anerkannten Psychotherapieverfahren im Sinne der Richtlinie „Richtlinientherapien“ =
psychoanalytisch begründete Verfahren: tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie analytische Psychotherapie Verhaltenstherapie
als Gruppen- oder Einzeltherapie, als Kurz- oder Langzeittherapie
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Inhalt der Beauftragung
Untersuchung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung Ableiten von Qualitätszielen (Qualitätspotenzialen) Vorschläge zu weiteren Konkretisierungen der Fragestellung und zur Differenzierung nach Subgruppen Untersuchung und Darstellung zur Verfügbarkeit qualitätsrelevanter (Datenquellen) und eine Einschätzung zu Erhebungsinstrumenten Beispielhafte Darstellung von Instrumenten zum Einbezug der Patientensicht Vorprüfung der Machbarkeit und Empfehlungen für ein künftiges Qualitätssicherungsverfahren Erste Vorschläge zu möglichen relevanten Qualitätsindikatoren 7
Schwerpunkt der Konzeptskizze
Prozessqualität (insbesondere Diagnostik, Indikationsstellung und Behandlung) Ergebnisqualität (insbesondere Symptomverbesserung, Erreichen des Therapieziels, Reduktion von Beeinträchtigungen, Therapieabbrüchen, Arbeitsunfähigkeit und Medikamenten- und Substanzgebrauch) Patientenorientierung inklusive der Einbeziehung von Angehörigen
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Informationsquellen (1)
Literaturrecherche 54 systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen 8 HTA 33 Leitlinien zusätzliche Publikationen über Handrecherche
Empirische Analysen Abrechnungsdaten einer großen gesetzlichen Krankenkasse Auswertungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Versorgungsepidemiologische Studien
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Informationsquellen (2)
16 Expertengespräche Vertreter psychotherapeutischer Verbände und Fachgesellschaften Kliniker und Wissenschaftler Patienten und Patientenvertreter Vertreter der Trägerorganisationen des G-BA
Indikatorenrecherche 154 themenspezifisch relevante Indikatoren
Recherche nach Instrumenten zur Erfassung der Patientenperspektive 56 Messinstrumente mit deutschsprachiger Version
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Versorgungsgeschehen Über eine Millionen Patienten sind jährlich in psychotherapeutischer Behandlung KBV-Daten, 2013 1.400.000
1.163.032
1.200.000 1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000
167.983
0
Patienten bis einschließlich 21 Jahren
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Patienten ab 18 Jahren
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Versorgungsgeschehen An der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung nach PT-RL beteiligte Leistungserbringer:
insgesamt ca. 20.500 Leistungserbringer für Erwachsene ca. 13.500 Psychologischen Psychotherapeuten ca. 2.400 ärztlichen Psychotherapeuten ca. 2.600 Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ca. 2.000 Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie
insgesamt mindestens 3.950 Leistungserbringer für Kinder- und Jugendliche ca. 3.100 Kinder- und Jugendlichen- Psychotherapeuten ca. 850 Kinder- und Jugendpsychiater
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Versorgungsgeschehen Größtenteils werden Patienten mit tiefenpsychologischer und Verhaltenstherapie (kurzzeit) versorgt Eigene Berechnungen, Krankenkassendaten, 2011
− >80% der Patienten beginnen eine Kurzzeittherapie, − Ca. 5% schließen eine Langzeittherapie an − Für 2% der Quartalsfälle wird Gruppentherapie abgerechnet 120% 100% 80%
10% 46%
4% 44%
60%
Tiefenpsychologische Therapie
40% 20%
Analytische Therapie
50%
52%
bis einschl. 19 Jahren
ab 20 Jahre
Verhaltenstherapie
0%
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Versorgungsgeschehen
Psychotherapie erstreckt sich über lange Zeiträume
Multmeier, J (2014). Ambulante psychotherapeutische Versorgung - Eine Kohortenbetrachtung. Psychotherapie Aktuell 6(2): 18-26.
VT TP AP
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KZT KZT und LZT LZT KZT KZT und LZT LZT TP KZT und AP -
Sitzungen bis Therapieende Quartile 25% Median 75% 10 20 25 40 45 58 20 39 49 10 21 25 46 50 79 21 44 62 58 87 148 39
89
160
Anzahl Quartale mit Psychotherapie Quartile 25% Median 75% 2 4 6 7 9 10 4 6 8 2 4 5 7 9 11 4 6 9 6 9 11 4
7
11 14
Versorgungsgeschehen
Die durchschnittliche Patientenzahl pro psychotherapeutischer Praxis pro Jahr ist klein
− Im Median rechnet eine an der Versorgung nach der Psychotherapie-Richtlinie teilnehmende Betriebsstätte im Jahr für 38 Patienten ab 18 Jahren eine antragspflichtige Leistung ab. − 25 % der Leistungserbringer behandeln bis maximal 17 Patienten pro Jahr und 25 % behandeln mehr als 60 Patienten pro Jahr. − 0,4 % der Betriebsstätten behandeln über 200 Patienten pro Jahr − Von allen Patienten, für die im Jahr 2009 eine psychotherapeutische Sitzung abgerechnet wurde, haben ca. 43 % im selben Jahr mit der Therapie begonnen und waren nicht schon im Jahr zuvor in Behandlung. − Leistungserbringer, die Psychotherapie für Kinder und Jugendliche anbieten, behandeln durchschnittlich ca. 43 Patienten pro Jahr 300
Anzahl Patienten
250 200 150 100 50
0% 2% 5% 7% 9% 11% 14% 16% 18% 20% 23% 25% 27% 30% 32% 34% 36% 39% 41% 43% 45% 48% 50% 52% 55% 57% 59% 61% 64% 66% 68% 71% 73% 75% 77% 80% 82% 84% 86% 89% 91% 93% 96% 98%
0 Anteil Praxen
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Versorgungsziele
Patientenorientiert, d.h. individuelle Perspektive des Patienten abhängig von dessen konkreter Situation, variiert nach Art und Schwere der Erkrankung, der spezifischen Symptomatik einschließlich der damit einhergehenden Beeinträchtigungen und der Lebenssituation
Grundsätzlich: Vermeidung von Chronifizierung, Verhindern oder Hinauszögern von Rezidiven, Vermeidung von sekundären Krankheitsschäden und Komorbidität, Erhalt oder die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit, Vermeidung von Frühberentungen, Verringerung der Notwendigkeit, das Gesundheitssystem in Anspruch zu nehmen, gesellschaftlichen Teilhabe psychisch kranker Menschen
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Behandlungsziele Symptomlinderung bzw. -reduzierung Krankheitsakzeptanz sowie Bewältigungsstrategien Verbesserung der Lebensqualität und Lebenszufriedenheit Verbesserung der Funktionalität in Bereichen wie z.B. soziale Beziehungen, Berufstätigkeit Entwickeln von Fähigkeiten zur Selbstregulation und Selbstwirksamkeit, sodass das Leben soweit wie möglich ohne therapeutische Unterstützung bewältigt werden kann Ressourcenstärkung und Einschränken von Risikoverhalten Reduktion von schädlichen Verhalten einschließlich des Konsums von Suchtmitteln
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Qualitätspotenziale – Qualitätsrelevante Prozesse
1 – Probatorik
2 – Verlauf der Therapie
• Eingangsdiagnostik • Aufklärung u. partizipative Entscheidungsfindung
• Erarbeitung individueller Therapieziele • Einbezug von Bezugspersonen • Therapiebegleitende Diagnostik • Kooperation
3 – Therapieabschluss • Zugang nach Ende der Therapie
unabhängig vom therapeutischen Verfahren unabhängig von einer spezifischen Diagnose
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Qualitätspotenziale – Patientenrelevante Endpunkte • Veränderung der Symptomatik (Symptomlinderung bzw. reduzierung) • Veränderung der Funktionalität (Verbesserung z.B. bzgl. soziale Beziehungen, Arbeit, Haushalt) • Veränderung der Lebensqualität • Zielerreichung
unabhängig vom therapeutischen Verfahren unabhängig von einer spezifischen Diagnose
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Abbildbarkeit der Q-Pots - Prozessqualität
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Abbildbarkeit der Q-Pots – Prozessqualität
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Eher ungeeignete Qualitätspotenziale – Prozessqualität
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Eher ungeeignete Qualitätspotenziale – Ergebnisqualität
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Herausforderungen
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Fazit – Basis eines möglichen QS-Verfahrens
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Fazit – Umsetzungsprobleme
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Fazit – Empfehlungen unter derzeitigen Vorraussetzungen
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Empfehlung 1: Diagnose- und therapieverfahrensübergreifendes QS-Verfahren für Einzeltherapien mit Subgruppe Erwachsene
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Empfehlung 2: Diagnose- und therapieverfahrens übergreifendes QS-Verfahren für Einzeltherapien mit Subgruppe Kinder und Jugendliche
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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