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Course Units 2012-2013 Reading and Writing Examination: LCGE6006: German Current Affairs and Culture This examination counts for 35% of your final mark. It comprises:  Reading Skills 20%  Writing Skills 15% Duration:

2.5 hours

Date:

XX-May-2013

Time:

10:00/14:30

Version:

v1.02 2013-05-08

© 2013 University College London

GERMAN CURRENT AFFAIRS AND CULTURE: LCGE6006/LCGE6056

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In this examination you can obtain a maximum of 100 points which are awarded as follows: Reading Skills: Reading Competence:

57 points 57 points

Writing Skills: Linguistic Competence: Content:

43 points 35 points 8 points

Answer ALL TASKS in GERMAN in the separate EXAMINATION ANSWER BOOK(S) provided. Answer only ONE TASK ON EACH PAGE and begin EACH answer on a fresh page. In order for your answers to remain anonymous do NOT use your name when completing the tasks.

Document A Deutschland light Berlin ist bei US-Studenten beliebt wie nie. Ihre Uni haben sie sich gleich mitgebracht. Von der Gastfamilie bis zum Theaterbesuch wird nichts dem Zufall überlassen. A.

Lauren Kalogridis lächelt den Kellner unsicher an, dann sagt sie langsam und überdeutlich: „Ein Orangensaft, bitte.“ Es ist Mittagszeit, neben der 20-jährigen Lauren sitzen sechs ihrer Mitstudenten, wie sie alle aus den USA. Nach dem Essen werden sie die paar Meter aus dem Restaurant zurück zu ihren Unterrichtsräumen gehen. Dort werden sie in kleinen Kursen Deutsch lernen oder Soziologische Theorie – auf Englisch. Dann werden sie mit der U-Bahn zu ihrem Wohnheim fahren, wo sie alle leben, deutsche Studenten gibt es dort nicht. Lauren ist jetzt seit zwei Wochen als Gaststudentin in Berlin. Doch bisher geht ihr Kontakt zu diesem Land kaum über das Bestellen ihres Essens hinaus.

B.

Lauren Kalogridis studiert an der NYU Berlin, einer Art Außenstelle der privaten New York University. Die neuen Räume liegen auf drei Etagen in der schicken Kulturbrauerei im Bezirk Prenzlauer Berg, zwischen Kinos, Museen und Start-ups. Viel Glas gibt es hier, reihenweise neue Macs, an den Wänden hängen die Kurspläne, durchnummeriert nach dem System der Heimat-Uni. „Comparative Modern Society“ steht da, „Sociological Theory“ oder auch „Marx, Nietzsche, Freud“. Die Seminare entsprechen dem Lehrplan der NYU, werden in New York abgenickt. In einem Raum ist ein neues Videosystem installiert, mit dem Klassenräume und Dozenten von den anderen NYU-Campus auf der ganzen Welt zugeschaltet werden können: New York, Shanghai, Dubai. Die weltweite Uni-Gemeinschaft ist hier näher als die Berliner Realität direkt vor der Tür.

C.

Je nach Definition gibt es eine Handvoll bis über ein Dutzend solcher Programme für USStudenten in Deutschland – in Heidelberg, Tübingen, Lüneburg, Berlin. Was allen gemeinsam ist: Sie betreuen ihre Teilnehmer viel intensiver, als es deutsche Studenten von ihren Auslandsaufenthalten gewohnt sind. Während Erasmus-Reisende nur den Uni-Platz gestellt bekommen und ansonsten ziemlich auf sich allein gestellt sind, werden die US-Gäste rund um

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die Uhr umsorgt. In diesen Programmen geht es nicht um Selbstfindung, sondern um ergiebiges Studieren. Vor Ort kümmert sich meist ein Team von Betreuern um die Gaststudenten. Es gibt eigene Sprachkurse, organisierte Ausflüge, in vielen Fällen separate Seminare. Die Dozenten sind ausgewanderte Amerikaner, Profs von deutschen Partner-Unis, sogar eingeflogene Mitarbeiter der heimischen Hochschulen.

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D.

Das Wasser, in das diese US-Studenten mit ihrem Auslandsaufenthalt springen, ist nicht kalt, sondern schlimmstenfalls lauwarm. Das liegt nicht an vermeintlichem Desinteresse an den Gastländern, sondern hat andere Gründe: Zum einen sind die Studenten jünger, oft erst 19 oder 20 Jahre, und haben weniger Auslandserfahrungen als die Europäer. „Manche sind das erste Mal von zu Hause weg“, sagt Gabriella Etmektsoglou, Direktorin der NYU Berlin. Vor allem aber sind die Auslandsprogramme der US-Unis anders, weil das Bildungssystem anders ist. Die Highschool ist ein behüteter Ort, die Uni ebenso. Die Lehre ist verschult, ein Großteil des Lebens spielt sich auf dem Campus ab. Für alles gibt es Ansprechpartner, der akademische Erfolg steht im Mittelpunkt.

E.

In Deutschland, wo Eigenaufwand und kulturelle Reibungen als Teil der Auslandserfahrung gelten, werden solche „Inselprogramme“, wie die amerikanischen Außenstellen traditionell heißen, gerne belächelt. Das Heer von Betreuern, diese unbedingte Vereinbarkeit: Keiner hier versteht so recht, warum jemand derart abgeschirmt ein Jahr im Ausland verbringen möchte. Dass man durchschnittlich 25.000 Dollar für ein Universitätssemester zahlt, kann sich hierzulande aber auch niemand vorstellen.

F.

Lauren Kalogridis würde gerne mehr mitbekommen von Berlin, nicht nur mit den anderen USStudenten zusammenhängen. Nein, es sei nicht so, dass die Studenten ihr gemachtes Nest nicht verlassen wollen, ihnen werde es nur leicht und bequem gemacht, unter sich zu bleiben. „So ist es sehr einfach, mit allem klarzukommen“, sagt sie, „aber es schneidet uns auch ab vom normalen Leben hier.“ Ganz abgesehen von ihren mangelnden Sprachkenntnissen, wäre für sie das Risiko aber zu hoch gewesen, auf eigene Faust ins Ausland zu gehen. Sie hat ein Stipendium: Wenn sie hier zu wenig Punkte macht, weil ihr ein Kurs nicht anerkannt wird, verliert sie die Förderung. „Dann könnte ich mein Studium vergessen.“

G.

Von den Gebühren der Studenten wird auch der Aufenthalt in Berlin bezahlt. Die Ausstattung der kleinen Uni stellt dementsprechend jede deutsche Uni in den Schatten, die Studenten wohnen in fast 40 Quadratmeter großen Apartments in Schöneberg. Dort wohnt auch die deutsche Studentin Carolyn Ludwig. Sie ist eine von drei Resident Assistants und für die USGäste eine Mischung aus Stadtführerin, Mitbewohnerin und großer Schwester. „Sie fragen mich nach einem Friseur, der auch Englisch spricht, oder wenn sie etwas vom Hausmeister wollen“, erzählt sie. Am Wochenende zeigt sie ihnen den Wochenmarkt oder den Fernsehturm. Carolyns Chefin Gabriella Etmektsoglou formuliert es so: Es gehe um „ein Gleichgewicht zwischen Betreuung und Freiraum“.

H.

Obwohl traditionell der deutsche Südwesten am beliebtesten war, ballen sich die USStudenten neuerdings in Berlin. In Dahlem hat sich die Harvard-Universität in einer prachtvollen Villa niedergelassen, wo sie ihre Studenten nach heimischem Lehrplan unterrichtet. In Kooperation mit der Freien Universität organisiert Carmen Müller hier das Studium für rund 40 Gaststudenten amerikanischer Elite-Unis. Sie schickt ihre Studenten in Gastfamilien und bietet einen Kurs an, in dem über die gegenseitigen Vorurteile von Amerikanern und Deutschen diskutiert wird. Sie sagt: „Ohne uns wäre die Hälfte der Studenten nicht in der Lage, hier zu studieren.“ Die gute Betreuung stehe nicht im Widerspruch zu einer wertvollen Auslandserfahrung: „Wenn die Studenten allein, überfordert und depressiv in einer Ecke sitzen, haben sie davon auch nichts mehr.“

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Ein anderes Beispiel der amerikanisch-deutschen Kooperation ist das „Duke in Berlin“Programm, eine Art ständige Vertretung der amerikanischen Privatuniversität in Berlin. Wie andere Unis auch leistet sich Duke ein Team vor Ort, das sich ganzjährig um den Aufenthalt von Studenten kümmert. Ziel hier ist es allerdings, sie möglichst stark in den Betrieb der Berliner Universitäten einzubinden und gleichzeitig die Anforderungen der amerikanischen Unis zu erfüllen, die vor allem angehende Germanisten und Ingenieure schicken.

J.

Einer von Dukes Berlin-Studenten ist der 21-jährige Thomas Silvers. Als er vor elf Monaten nach Berlin kam, konnte er kaum einen Kaffee bestellen. Im Laufe des Jahres machte er mehrere Deutsch-Intensivkurse, belegte nur zwei Seminare auf Englisch, besuchte Prag und Weimar, und fing im Januar ein sechsmonatiges Praktikum in einer Firma für Zellforschung in Berlin-Adlershof an. Im Sommersemester studierte er nebenbei Biochemie und Organische Chemie an der Technischen Universität (TU), diesmal auf Deutsch. Soeben hat er den Sprachtest gemacht, der zum Vollstudium in Deutschland befähigt. Jetzt sitzt er im Cafe am Neuen See und weigert sich, ein Wort Englisch zu sprechen. Um an „Duke in Berlin“ teilnehmen zu können, hat er mehrere Bewerbungsstufen gemeistert, gemeinsam mit Studenten aus Harvard und Cornell, die Duke ebenfalls als Anlaufstelle nutzen.

K.

Dass mehrere Universitäten sich zusammentun, um ihre Studenten nach Berlin zu schicken, hat mit zwei verschiedenen Entwicklungen zu tun. Einerseits schrumpft die Attraktivität der deutschen Sprache in den USA. „Wir konkurrieren jetzt mit Spanisch und Chinesisch“, sagt Jochen Wohlfeil, der den Duke-Zweig Ende der 1980er Jahre mit damals sechs Studenten eröffnet hat. Obwohl das Programm familiär bleiben soll, fliegt Wohlfeil im Herbst in die USA, um Werbung für den Standort zu machen. Andererseits arbeiten amerikanische Unis zunehmend daran, ihre Studenten für den internationalen Markt vorzubereiten. Immer wieder fällt das Stichwort „Globalisierungsdruck“. Obwohl ein Auslandsaufenthalt noch teurer ist als ein Studium auf amerikanischem Boden, heißt es auf der Webseite des American Institute for Foreign Study (AIFS), dass man es sich heute „nicht mehr leisten“ könne, nicht ins Ausland zu gehen. Weil die Planung eines solchen Aufenthalts zeitraubend ist, bieten die Unis ihren Studenten eben diesen Rundum-Service an.

L.

Inzwischen haben die Unis wie NYU, Duke und vor allem die University of California aber auf die Kritik der Deutschen am amerikanischen Isolationismus reagiert und bieten nun auch Kurse an den Berliner Unis an, wo die amerikanischen Studenten den deutschen Uni-Alltag hautnah erleben und vor allem auch die hiesigen akademischen Konventionen kennen lernen können. Robin Curtis, die bis zum Frühjahr Filmkurse an der NYU in Berlin gegeben hat, gibt aber auch zu bedenken, dass die „study abroad“-Programme ein Betreuungsverhältnis böten, „von dem deutsche Unis nur träumen können“. Wenn sie mit ihrem Kurs den Heimatbegriff im deutschen Film besprach, hörten ihr 15 Studenten zu - aufmerksam, diskussionsfreudig. „Oxford-Verhältnisse.“

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Nach: Lenz Jacobson Die Zeit, 2.6.2011

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Task 1 Lesen Sie den Text Deutschland light. Schreiben Sie für ein deutsches Studentenmagazin eine kurze Zusammenfassung des Textes, in der Sie die Besonderheiten der amerikanischen Auslandsstudienprogramme in Deutschland und die Motivation der amerikanischen Studenten, nach Deutschland zu kommen, beschreiben und die Unterschiede zur deutschen Sicht auf ein Auslandsstudium erklären. Schreiben Sie ungefähr 120 Wörter. (18 points) [Reading Competence: 14 points] [Linguistic Competence: 4 points]

Task 2 Sind im Zusammenhang des Textes Deutschland light die folgenden Aussagen RICHTIG (R) oder FALSCH (F)? Geben Sie bei richtigen Aussagen die Zeile(n) an, in der/denen Sie die Information gefunden haben. Wenn die Aussage falsch ist, korrigieren Sie sie bitte. (10 points) [Reading Competence: 10 points] [Linguistic Competence: 0 points]

a.

Die meisten US-Studenten in Deutschland wollen sich gar nicht mit den alltäglichen Herausforderungen im Ausland auseinandersetzen.

b.

Die Auslandsstudenten der NYU müssen für ihren Aufenthalt in Deutschland nichts zuzahlen.

c.

Die Harvard Universität unterrichtet die Studenten zwar nach deutschem Lehrplan, eine intensive Betreuung ist laut Carmen Müller dennoch wichtig.

d.

Erst, wenn man einen Sprachtest bestanden hat, ist eine der Zulassungsvoraussetzungen für NichtBildungsinländer erfüllt.

e.

Das Interesse der amerikanischen Studenten am Fremdsprachenlernen hat trotz des wachsenden Globalisierungsdrucks abgenommen.

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Task 3 Welche Wörter bzw. Formulierungen aus dem Text Deutschland light passen zu den folgenden Definitionen? (9 points) [Reading Competence: 9 points] [Linguistic Competence: 0 points]

a.

etwas wird von höherer Instanz bestätigt (Abschnitt B)

b.

zusammenpassen um jeden Preis (Abschnitt E)

c.

etwas selbst und ohne die Hilfe Anderer organisieren und/oder durchführen (Abschnitt F)

d.

viel besser sein als etwas oder jemand anders (Abschnitt G)

e.

die ständige und allumfassende Betreuung (Abschnitt K)

f.

etwas ganz direkt erfahren (Abschnitt L)

Task 4 In Abschnitt E des Textes Deutschland light heißt es: „In Deutschland, wo Eigenaufwand und kulturelle Reibungen als Teil der Auslandserfahrung gelten, werden solche „Inselprogramme“, wie die amerikanischen Außenstellen traditionell heißen, gerne belächelt.“ Bitte erklären Sie mit eigenen Worten, was mit diesem Zitat gemeint ist. Beachten Sie dabei den Textzusammenhang. Schreiben Sie ungefähr 80-100 Wörter. (13 points) [Reading Competence: 10 points] [Linguistic Competence: 3 points]

Task 5 Lauren Kalogridis, von der im Text Deutschland light berichtet wird, hat auf einer Veranstaltung Thomas Silvers kennengelernt, der am „Duke in Berlin“-Programm teilnimmt. Lauren hat ihm von ihren Eindrücken der ersten Wochen in Berlin erzählt und ihn gebeten, ihr aus seiner persönlichen Sicht und Erfahrung per EMail einige Tipps zu geben, wie sie ihren Aufenthalt in Berlin und ihr Studium möglichst optimal gestalten kann. Schreiben Sie die E-Mail von Thomas an Lauren (ungefähr 150 Wörter). Nutzen Sie Informationen aus dem Text Deutschland light. (19 points) [Reading Competence: 14 points] [Linguistic Competence: 5 points]

Liebe Lauren, ... TURN OVER

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Task 6 Beantworten Sie EINE der beiden Fragen. Schreiben Sie ungefähr 400 WÖRTER.

(31 points) [Content: 8 points] [Linguistic Competence: 23 points]

a.

Wie würden Sie persönlich einen vollkommen durchorganisierten Auslandsaufenthalt als Teil des Studiums bewerten, wie sie im Text Deutschland light beschrieben werden? Welche Rolle spielen für Sie Aspekte wie Hilfe bei der Vorbereitung des Aufenthaltes, finanzielle Bedenken, authentische kulturelle Erfahrungen im Ausland, Persönlichkeitsentwicklung usw.? Berichten Sie auch, wenn möglich, über Ihre eigenen Erfahrungen oder die von Freunden und Bekannten.

oder b.

In Deutschland, wie auch in anderen Ländern, wird seit einiger Zeit verstärkt über das Urheberrecht im Internet diskutiert. Während die einen für eine strenge Wahrung des Urheberrechts und dementsprechende Bestrafung bei Verletzung plädieren, setzen sich die anderen für einen freien und ungehinderten Austausch aller online-Daten ein. Welche Meinung vertreten Sie in dieser Hinsicht? Wie wichtig, aber auch wie praktikabel ist es Ihrer Meinung nach, dass geistiges Eigentum im Internet geschützt wird? Gehen Sie bei der Beantwortung der Frage auf Bereiche wie Internet-Piraterie (illegale downloads z.B. von Musik und Filmen), die Rolle sozialer Netzwerke und die Forderung nach freiem Informationsaustausch ein.

END OF PAPER