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Course Units 2010-2011 Reading and Writing Examination: LCGE6005: German for Business and Current Affairs This examination counts for 35% of your final mark. It comprises:  Reading Skills 20%  Writing Skills 15% Duration:

2.5 hours

Date:

XX-May-2011

Time:

10:00/14:00

Version:

v1.03 2011-03-07

© 2011 University College London

GERMAN BUSINESS AND CURRENT AFFAIRS: LCGE6005/LCGE6045

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In this examination you can obtain a maximum of 100 points which are awarded as follows: Reading Skills: Reading Competence:

57 points 57 points

Writing Skills: Linguistic Competence: Content:

43 points 35 points 8 points

Answer ALL TASKS in GERMAN in the separate EXAMINATION ANSWER BOOK(S) provided. Answer only ONE TASK ON EACH PAGE and begin EACH answer on a fresh page. In order for your answers to remain anonymous do NOT use your name when completing the tasks.

Document A „Ich kann nicht mehr“ Burn-out ist zu einer Volkskrankheit geworden, die schon Studenten trifft: Weil sie keine Pausen machen. A.

Dem Uni-Psychologen Wilfried Schumann muss das alles ziemlich absurd erscheinen. Er sitzt in seinem Beratungszimmer; er trägt eine schwarze Lederhose und bunte Stricksocken, und man kann sich sehr gut vorstellen, wie er damals in den siebziger Jahren sein Psychologiestudium absolviert hat: frei von Leistungsdruck, mit viel Zeit und Ruhe, um Freud, Jung und Nietzsche zu lesen oder einfach in der Sonne zu liegen und nachzudenken. Jetzt kommen Studenten in seine Sprechstunde, die bereits im ersten Semester ihres Studiums nicht mehr können. Sie sind schon am Morgen müde, sie haben Angst vor der nächsten Seminarstunde, sie fühlen sich demoralisiert und leer. Als man für dieses Ausgebranntsein zum ersten Mal einen Begriff suchte, ungefähr zu der Zeit, als Schumann studierte, ging es um die Frustration von Ärzten, die sich für ihre Patienten verausgabten, aber nie alle retten konnten. Später galt Burn-out als Syndrom besonders gestresster Manager. Jetzt ist es normal geworden, sich schon abzuarbeiten, bevor man überhaupt ins Berufsleben eingetreten ist.

B.

Natürlich muss Schumann nicht jeden Studenten, der in seine Psychosoziale Beratungsstelle kommt, gleich in die Klinik schicken, weil dieser sich anders nicht mehr erholen könnte. Aber das passiert immerhin vier-, fünfmal pro Jahr. Die anderen leiden oft ‚nur’ unter momentanen Erschöpfungserscheinungen. Wohlgemerkt: Schumann arbeitet in Oldenburg, an einer ganz durchschnittlichen deutschen Uni, die weder die größten Studentenmassen beherbergt noch zu den Eliteuniversitäten gehört. Deutschlandweit ist die Zahl der psychosozialen Beratungskontakte an den Unis nach der neuesten Statistik im Jahr 2008 um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, auf inzwischen 80.000. Am häufigsten ging es dabei um Lernstörungen, Leistungsprobleme und Prüfungsangst – typische erste Anzeichen eines Burnouts.

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Als Student hat man den akuten Stressfaktor allzu schnell gefunden: Schuld ist ‚der Bachelor’. Kaum ist die eine Prüfung geschrieben, steht schon die nächste vor der Tür. Nach dem neuen System haben die Studenten keine Möglichkeit mehr, den Lehrstoff flexibel aufzuteilen, weil man in der Regelstudienzeit fertig werden muss. Dazu kommt der Druck, gute Noten zu bekommen, denn keiner weiß genau, wie hoch die Hürden für den Masterplatz liegen. Tatsächlich fällt der starke Anstieg der Beratungskontakte mit der Einführung des Bachelors zusammen. Zum einen sind viele Lehrpläne noch nicht perfekt zusammengestellt, zum anderen kommen viele Studenten mit dem neuen System nicht zurecht, weil die Zeitvorgabe jetzt streng reguliert ist. Sie sehen die Möglichkeit, einen Master zu machen, nicht als Freiheit, sondern als Zwang. Dadurch fühlen sie sich überfordert. Aber es sind nicht die Studenten allein, die Überlastungserscheinungen zeigen. In den Kliniken nimmt die Zahl der jungen Patienten zwischen 30 und 35 zu, die schon am Anfang ihres Berufslebens so ausgebrannt sind wie ihre Vorgänger an dessen Ende. Ganz zu schweigen von den Schülern, von denen knapp die Hälfte unter psychosomatischen Beschwerden leidet, wie eine neue Studie der Deutschen Angestellten-Krankenkasse zeigt. Und die Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel beschrieb in ihrem Buch „Brief an mein Leben“, wie sie nach zu vielen Terminen und Geschäftsreisen einfach zusammenbrach.

D.

Ist es also der Einzelne, der selbst zu viel von sich verlangt, der die gesamte Literaturliste von vorn bis hinten auswendig lernt, oder die verbissene Karrieristin, die mit 30 schon einen Chefposten haben will? Tatsächlich landen überdurchschnittlich oft Perfektionisten in der Therapie. „Burn-out-Patienten sind sehr leistungsfähige Menschen“, sagt der Arzt Gernot Langs, der die Psychosomatische Klinik Bad Bramstedt leitet. „Nur wer sich für etwas begeistert engagiert, kann ausbrennen.“ Aber während zu Wilfried Schumanns Studienzeit kaum einer an zu viel beruflichem Engagement scheiterte, scheint heute ein großer Teil des Landes aus Perfektionisten zu bestehen. Über chronischen Stress klagt mindestens jeder dritte Deutsche, das zeigte eine Untersuchung der Techniker-Krankenkasse. Wer antwortet denn noch: „Dieser Stress ist ja nicht auszuhalten!“ auf die Frage „Wie geht es dir?“ Stattdessen scheint „Na ja, der normale Stress eben“ die Standardantwort geworden zu sein. Ganze Branchen haben heute das Image, dass bei ihnen gearbeitet wird, bis der Arzt kommt. Castingshows zeigen, dass nur der es ganz nach oben schafft, der hart an sich arbeitet. Stress ist zum Statussymbol geworden. Nur wer Stress hat, ist erfolgreich. Ist gefragt. Ist präsent. Wie Miriam Meckel, die für ihre Vorträge jahrelang durch die Welt hetzte und auch die letzte ruhige Minute mit einer E-Mail füllte. So haben schon Studenten das Gefühl, sie müssten alles perfekt machen, um heute die Anforderungen von morgen zu erfüllen.

E.

Also wird gearbeitet. Man geht frühmorgens in die Bibliothek und verlässt sie erst spätabends wieder, obwohl man schon nach ein paar Stunden das Gefühl hat, dass nichts mehr in den Kopf passt. Der Computer bleibt an, auch wenn man nur mit der Freundin zwei Reihen weiter chattet. Statt Ferien macht man Praktikum, statt einer Reise ein Auslandssemester. Lückenlos wie der Lebenslauf werden auch die Tage des Studiums. „Freizeit zu haben macht Studenten ein schlechtes Gewissen“, hat Wilfried Schumann beobachtet. „Sie sehen sie als verlorene Zeit an.“ Dabei steigert schon ein halbstündiges Schläfchen zwischendurch die Reaktionsschnelligkeit um 16 Prozent, wie eine Studie mit Piloten der NASA zeigte.

F.

Das Problem ist: Wer so anfängt, macht auch so weiter. Er muss dafür nicht einmal bei einer Bank oder Unternehmensberatung angestellt sein, die dafür bekannt sind, viel von ihren Einsteigern zu verlangen. Er kann auch Ingenieur werden oder Wissenschaftler – „ausbrennen kann man in jedem Beruf, unabhängig von der Tätigkeit“, sagt der Arzt Gernot Langs. Dagegen habe auch kein Arbeitgeber etwas: „Burn-out-Betroffene sind nützliche Mitarbeiter, denn sie leisten überdurchschnittlich viel. Zumindest solange sie können.“

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Aber kann man dem allgemeinen Leistungsdenken überhaupt entkommen? Viele Burn-outKranke sitzen am Ende auf einem Bauernhof und bauen dort Karotten an – das klingt sehr idyllisch und beruhigend, ist aber als Lösung für eine ganze Gesellschaft nur wenig praktikabel. Und einem Studenten, der gerade erst ins Berufsleben einsteigen will, hilft diese Aussteigerfantasie sicher nicht weiter. Aber das muss sie auch nicht. „Jemand, der etwas leisten will, sollte das auch tun können“, sagt Gernot Langs. „Er sollte es nur mit einer anderen Einstellung tun: ‚Ich möchte oft’ sagen, anstatt ‚Ich muss immer.’“ Es hilft schon, sich selbst den Druck des ständigen Funktionierenmüssens zu nehmen – dazu muss man nicht gleich das Studium oder den Job abbrechen. „Studenten glauben heute, es müsste immer alles klappen“, sagt Schumann. „Dabei ist gelegentliches Scheitern für jede Biografie eine Bereicherung.“ Die Zeit ist also reif für neue Vorbilder, die zeigen, dass man ohne Stress mehr erreicht. Und deswegen bringt der Uni-Psychologe Schumann seinen Studenten jetzt das bei, was er früher von ganz alleine konnte: einfach mal das Buch weglegen. Die Beine baumeln lassen, in den Himmel gucken. Pause machen.

Nach: Inge Kutter Zeit Campus, 2.6.2010

Task 1 Lesen Sie den Text Ich kann nicht mehr. (22 points) [Reading Competence: 17 points] [Linguistic Competence: 5 points]

A.

Unten stehend finden Sie zusammenfassende Aussagen zu den Textabschnitten A, B und C. Entscheiden Sie für jeden Abschnitt, welche der drei Varianten dessen Inhalt am besten wiedergibt. (9 points) [Reading Competence: 9 points] [Linguistic Competence: 0 points]

Abschnitt A i. Während sich der Psychologe Wilfried Schumann in den siebziger Jahren für sein Studium viel Zeit lassen konnte, leiden die Studenten, die er heutzutage in seiner Beratungsstelle betreut, oftmals unter akutem Zeitdruck. ii.

Früher litten ausschließlich gestresste Ärzte oder Manager an Burn-out, aber unter Studenten war diese Krankheit unbekannt.

iii.

In vergangenen Jahrzehnten wurde der Begriff Burn-out nur benutzt, um die typischen StressSymptome weniger, beruflich besonders geforderter Menschen zu beschreiben. Heute klagen bereits Studenten im ersten Semester über ähnliche Beschwerden.

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Abschnitt B i. Zwar müssen an einer Uni wie Oldenburg nur wenige Studenten wegen Stress ärztlich behandelt werden, aber deutschlandweit lassen sich immer mehr Studenten psychosozial beraten. ii.

An der relativ kleinen Universität Oldenburg ist das Problem unter Studenten weniger stark ausgeprägt als an den großen Eliteunis, wo Studenten besonders oft unter Lernstörungen oder Prüfungsangst leiden.

iii.

In Oldenburg gibt es jährlich vier bis fünf Studenten, die sich in einer Klinik erholen müssen, deutschlandweit sind es aber jährlich 80 000.

Abschnitt C i. Die Einführung des Bachelors hat bei vielen Studenten dazu geführt, dass sie mit dem Zeit- , Noten- und Erwartungsdruck nicht fertig werden und deshalb vollkommen überlastet sind.

B.

ii.

Bei Studenten wird der erhöhte Stress oft mit der Einführung des Bachelor- und MasterSystems in Verbindung gebracht. Allerdings sind von Burn-out bzw. ähnlichen psychosomatischen Störungen auch immer häufiger Berufsanfänger und Schüler betroffen.

iii.

Nicht nur Studenten, sondern auch viele Schüler leiden unter verstärktem Zeit- und Notendruck. Sie müssen psychologisch betreut werden und sind auch immer öfter krank.

Schreiben Sie nun selbst für die Abschnitte D, E und G zusammenfassende Aussagen von jeweils maximal drei Sätzen. Für Abschnitt F müssen Sie nichts schreiben. (13 points) [Reading Competence: 8 points] [Linguistic Competence: 5 points]

Task 2 Lesen Sie die unten stehenden Sätze bzw. Teilsätze aus dem Text Ich kann nicht mehr. Schreiben Sie bitte in Ihr Antwortheft, auf welche Informationen die unterstrichenen Wörter verweisen bzw. welche sie ersetzen. Die Zeile ist angegeben. (10 points) [Reading Competence: 10 points] [Linguistic Competence: 0 points]

Beispiel „Am häufigsten ging es dabei um...“ (Zeile 20) bei den Beratungskontakten bzw. –gesprächen an deutschen Unis a.

„Dazu kommt der Druck, ...“ (Zeile 26)

b.

„Dadurch fühlen sie sich überfordert.“ (Zeile 32)

c.

„... wie ihre Vorgänger an dessen Ende.“ (Zeile 35)

d.

„..., die dafür bekannt sind, ...“ (Zeile 66)

e.

„Dagegen habe auch kein Arbeitgeber was.“ (Zeile 68) TURN OVER

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Task 3 Welche Formulierungen aus dem Text Ich kann nicht mehr passen zu den folgenden Definitionen? Benutzen Sie den Infinitiv der Verben. Der Textabschnitt, in dem Sie die Formulierungen finden können, ist gegeben. (6 points) [Reading Competence: 6 points] [Linguistic Competence: 0 points]

Beispiel sich kurzzeitig extrem müde und schlapp fühlen (Abschnitt B) „unter momentanen Erschöpfungserscheinungen leiden“

a.

als nächstes an der Reihe sein (Abschnitt C)

b.

mit viel Enthusiasmus für etwas eintreten (Abschnitt D)

c.

mehr und besser als die meisten anderen arbeiten (Abschnitt F)

Task 4 Sind im Zusammenhang des Textes Ich kann nicht mehr die folgenden Aussagen richtig (R) oder falsch (F)? Geben Sie bei richtigen Aussagen die Zeile(n) an, in der/denen Sie die Information gefunden haben. Wenn die Aussage falsch ist, korrigieren Sie sie bitte. (10 points) [Reading Competence: 10 points] [Linguistic Competence: 0 points]

Beispiel 1 Die Ärzte versuchten ihren Patienten mit aller Kraft zu helfen. R: Zeile 8-10 Beispiel 2 Wilfried Schumann hatte trotz Leistungsdruck während seines Studiums genug Zeit, um auch mal in der Sonne zu liegen. F: Sein Studium war frei von Leistungsdruck.

a.

Wilfried Schumann berät viele Studenten, die bereits nach dem ersten Semester ihr Studium abbrechen wollen.

b.

Die Studenten wissen oft nicht, ob ihre Noten gut genug sind, um einen Masterplatz zu bekommen.

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c.

In den siebziger Jahren führte starkes berufliches Engagement selten zu Problemen.

d.

Wie schnell man ausbrennt, kommt auf die Art der Tätigkeit an.

e.

Wenn im Studium alles klappt, ist das gut für die Biografie, sagt Wilfried Schumann.

Task 5 Ein Freund, der an einer anderen Universität studiert, hat Ihnen eine E-Mail geschrieben. Er hat momentan in seinem Studium eine besonders stressige Phase: Er steht kurz vor der Prüfung, zwei Hausarbeiten müssen bis nächste Woche abgegeben werden und er hat keine Zeit für seine Freunde und Familie. Er hat das Gefühl, dass er die Situation nicht mehr unter Kontrolle hat. Schreiben Sie ihm eine E-Mail zurück (maximal 150 Wörter) und gehen Sie dabei auf folgende Punkte ein: a. b. c. d.

Erklären Sie ihm, was Sie über Burn-out wissen; Geben Sie ihm konkrete Ratschläge, wie er Stress vermeiden kann; Raten Sie ihm, was er tun könnte, wenn tatsächlich alles zu viel wird; Schreiben Sie auch kurz über Ihre eigenen Erfahrungen.

Benutzen Sie dabei Ideen und Informationen aus dem Text Ich kann nicht mehr, aber übernehmen Sie bitte keine ganzen Sätze. (21 points) [Reading Competence: 14 points] [Linguistic Competence: 7 points]

Lieber …………………………………………, ich habe deine E-Mail gelesen – Mensch, tut mir wirklich leid, dass du zurzeit so unter Druck stehst. ...

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Task 6 Beantworten Sie eine der beiden Fragen. Schreiben Sie ungefähr 350 Wörter. (31 points) [Content: 8 points] [Linguistic Competence: 23 points]

a.

Wie Sie im Text Ich kann nicht mehr lesen konnten, klagen viele deutsche Studenten seit der Einführung des Bachelor/Master-Systems über erhöhten Leistungs- und Zeitdruck. Wie sind Ihre Erfahrungen am UCL? Gehen Sie bei der Beantwortung der Frage auf folgende Aspekte ein:  Zeitmanagement  Flexibilität (z.B. bei Abgabe von Hausarbeiten, Auswahl der Kurse, Zahl der Prüfungen usw.)  Zeit für Aktivitäten neben dem Studium  Wie wichtig sind Ihnen gute Abschlussnoten? Begründen Sie.

oder b.

In Deutschland, aber auch in Großbritannien und anderen europäischen Ländern gibt es seit einigen Jahren immer wieder verschiedene Protestaktionen. Nennen Sie aktuelle Beispiele: Wogegen bzw. wofür wird protestiert? Welche Formen können Proteste haben? Welche davon sind Ihrer Meinung nach besonders effektiv und warum? Welche Probleme können durch Protestaktionen entstehen?

END OF PAPER