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Course Units 2013-2014 Reading and Writing Examination: LCGE6006: German Current Affairs and Culture This examination counts for 35% of your final mark. It comprises:  Reading Skills 20%  Writing Skills 15% Duration:

2.5 hours

Date:

XX-May-2014

Time:

10:00/14:30

Version:

v1.02 2014-03-07

© 2014 University College London

GERMAN CURRENT AFFAIRS AND CULTURE: LCGE6006/LCGE6056

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GERMAN CURRENT AFFAIRS AND CULTURE: LCGE6006/LCGE6056

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In this examination you can obtain a maximum of 100 points which are awarded as follows: Reading Skills: Reading Competence:

57 points 57 points

Writing Skills: Linguistic Competence: Content:

43 points 35 points 8 points

Answer ALL TASKS in GERMAN in the separate EXAMINATION ANSWER BOOK(S) provided. Answer only ONE TASK ON EACH PAGE and begin EACH answer on a fresh page. In order for your answers to remain anonymous do NOT use your name when completing the tasks.

Document A Schwache Bilanz: Deutschlands Einwanderer wandern zu oft wieder aus A.

Die ursprüngliche Idee: Südeuropa kämpft mit dramatisch hoher Jugendarbeitslosigkeit, die Mittelständler in Süddeutschland hingegen suchen händeringend Fachpersonal. Warum also nicht junge Nachwuchs- und erfahrene Fachkräfte aus Südeuropa nach Deutschland einfliegen lassen und so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Rührige Lokalpolitiker reisten daher nach Südeuropa und setzten hundert spanische Ingenieure ins Flugzeug, um sie zu einem Kennenlern-Tag nach Deutschland einzufliegen. Die Bundeskanzlerin verkündete beim Staatsbesuch in Madrid, Deutschland brauche spanische Ingenieure. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) versprach, dass in den kommenden vier Jahren rund 5000 junge Spanier in Deutschland Ausbildung oder Beschäftigung erhalten sollen. Sprachangebote, Umzugs- und Bewerbungshilfe will sie aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit und aus europäischen Förderprogrammen finanzieren.

B.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag forderte derweil „Welcome-Center” für Zuwanderer in allen größeren Städten. Mindestens 1,5 Millionen zusätzliche ausländische Fachkräfte für Betriebe in Deutschland müssten bis zum Jahr 2025 her, forderte DIHKPräsident Eric Schweitzer. Und BMW startete ein Pilotprojekt, bei dem 25 junge Spanier ein Jahr lang in München ausgebildet werden, inklusive einer Rundumbetreuung und Unterbringung bei einer BMW-Gastfamilie. In der „Bild”-Zeitung forderten erste Politiker Willkommensprämien für qualifizierte Einwanderer.

C.

Die Aktionen von Politikern und Unternehmensverbänden erinnern an die deutschen Anwerbeaktionen der 1960er und 1970er Jahre: Politiker und Unternehmer lockten damals rund vier Millionen „Gastarbeiter” ins Land, mit Werbeaktionen in Südeuropa, Geldprämien und Willkommensgeschenken. 1964 wurde der millionste Gastarbeiter öffentlichkeitswirksam vom Bundesverband deutscher Arbeitgeber (BDA) am Bahnhof begrüßt: Eine Blaskapelle

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spielte „Auf in den Kampf, Torero” und die Presse berichtete bundesweit darüber, wie die Augen des Portugiesen glänzten, als er ein nagelneues Moped geschenkt bekam.

25 D.

2013 warten auf südeuropäische Fachkräfte, die dem Ruf der Lokalpolitiker und Unternehmer in meist ländlichen deutschen Regionen folgen, nun wieder Empfangskomitees mit Lokalpresse, Blumen und Geschenken. Der große Unterschied: Damals waren ungelernte Arbeitskräfte gefragt, die einfache Arbeiten übernahmen. Und sie sollten nur für einige Jahre ins Land kommen, bis die Aufbauarbeit erledigt und der Arbeitskräftemangel überwunden wäre. Heute suchen Unternehmen gezielt nach ausgebildeten Fachkräften mit Deutschkenntnissen. Und sie wollen, dass die Zuwanderer bleiben: Am liebsten mit der ganzen Familie und für immer. Denn die Fachkräftelücke ist dieses Mal kein kurzfristiger Engpass. Sie wächst vielmehr mit jedem Jahr, das vergeht. Denn Deutschland altert und schrumpft.

E.

Da trifft es sich gut, dass die Werbeaktionen Wirkung zu zeigen scheinen: Eine Million Menschen verlegten im Jahr 2012 ihren Wohnsitz in die Bundesrepublik, so viele waren es zuletzt Mitte der 1990er Jahre. Viele von ihnen kamen aus den südeuropäischen Krisenländern. Die Zahl der zugewanderten Spanier stieg um 45 Prozent, aus Portugal und Italien kamen ebenfalls jeweils über 40 Prozent mehr Zuwanderer als im Vorjahr. Doch die hohen Zuwachsraten trügen und Klaus-Heiner Röhl, Experte für Regionalpolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, warnt vor einer Überinterpretation der Zahlen.

F.

„Die Zuwanderung aus Ländern wie Spanien und Portugal steigt stark an, allerdings von einem niedrigen Niveau aus. In absoluten Zahlen ist die Zuwanderung also absolut nicht vergleichbar mit der Gastarbeiter-Welle in den 1960er Jahren.” Tatsächlich sind insgesamt nur rund 70.000 Menschen aus Griechenland, Italien, Portugal und Spanien nach Deutschland gezogen. Zum Vergleich: Allein aus Polen kamen 176.000 Menschen, aus Rumänien wanderten 116.000, aus Bulgarien 59.000 Menschen ein. In absoluten Zahlen sei die Zuwanderung aus Osteuropa ein wesentlich wichtigerer Faktor für den deutschen Arbeitsmarkt, sagt IW-Experte Röhl. Allerdings zeige die Statistik nicht alle Auswirkungen der südeuropäischen Krise auf die Migrantenströme. „Einen Teil der Wanderungsbewegungen können wir in den Statistiken gar nicht verfolgen”, so Röhl. So sei es zum Beispiel plausibel, dass Migranten aus Osteuropa, die zuvor in Spanien, Italien oder Griechenland Arbeit gefunden hatten, nun diesen Ländern den Rücken kehren und stattdessen Deutschland ansteuern.

G.

Die steigenden Zuwanderungszahlen sind gute Nachrichten für Deutschland. Schließlich zeigte der jüngste Zensus, dass hierzulande 1,5 Millionen Menschen weniger leben als gedacht. Und ein großer Teil dieser verlorenen anderthalb Millionen sind offenbar Ausländer, die sich unbemerkt wieder in ihre Heimatländer verabschiedet haben. Das ist ein Warnsignal für das schrumpfende und alternde Deutschland. Wir schaffen es offenbar nicht, Zuwanderer auch im Land zu halten. Auch von der einen Million Zuwanderer im Jahre 2012 blieb unterm Strich nur ein knappes Plus von nicht einmal 400.000 Menschen, wenn man die Zahl der Fortzüge im selben Zeitraum berücksichtigt. In die Türkei z.B. wanderten etwa 4000 Menschen mehr ab, als umgekehrt nach Deutschland einreisten.

H.

Das soll bei den neuen Zuwanderern nicht passieren. Politiker und Unternehmensverbände wollen sie unbedingt im Land halten. Denn sie sind meist jung - und außergewöhnlich hoch qualifiziert. „Ein Trend ist klar erkennbar: Die Migranten, die zurzeit nach Deutschland kommen, kann man nicht mit den Gastarbeitern der 1960er Jahre vergleichen”, sagt Röhl. „Sie sind deutlich besser qualifiziert, der Anteil der Akademiker unter den Zuwanderern steigt.” 43 Prozent der Neuzuwanderer zwischen 15 und 65 Jahren haben einen Meister-, Techniker- oder Hochschulabschluss, zeigt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Zum Vergleich: Bei den

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Deutschen ohne Migrationshintergrund verfügen nur 26 Prozent über vergleichbare Abschlüsse. I.

Und doch: Eine schnelle Integration in den deutschen Arbeitsmarkt will vielerorts nicht gelingen. Das mag auch daran liegen, dass sich die neuen Zuwanderer dieses Mal selbst eher als Gastarbeiter sehen. Plötzlich sind sie es, die einen kurzfristigen Engpass auf dem Arbeitsmarkt überbrücken wollen. „Wenn es den Heimatländern wirtschaftlich wieder besser geht, wollen gerade die jungen Leute wieder zurück”, sagt Johann Fuchs, Analyst beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Deutsche Unternehmen hätten daher womöglich die Sorge, dass sie jetzt in Ausbildung und Integration der Krisenflüchtlinge investieren, nur damit die dann nach wenigen Jahren wieder ins Ausland verschwinden.

J.

Hinzu kommt, dass der Fachkräftemangel zwar in einigen Regionen und Branchen bereits deutlich spürbar ist, „aber das gilt noch nicht flächendeckend für alle Unternehmen”, sagt Fuchs. „Die meisten Betriebe sind sich des Trends bewusst, sie sehen, dass das Erwerbspersonenpotenzial stetig sinkt. Aber der Handlungsdruck ist noch nicht so hoch, dass sie sofort und unter allen Umständen Personal einstellen.” Fachkräfte aus Südeuropa, um die man sich mit Sprach- und Integrationskursen bemühen muss, sind da oft nicht die erste Wahl. Die meisten der gut qualifizierten Migranten zieht es in die wirtschaftlich starken Regionen Deutschlands: Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen waren 2012 die beliebtesten Ziele der Zuwanderer. „Allerdings müssen viele dann feststellen, dass sich die schleppende Konjunktur auch hierzulande bemerkbar macht”, sagt IW-Experte Röhl. „Die Rekrutierung läuft zumindest aktuell etwas schleppender.” Und wo nur punktuell eingestellt wird, ziehen Unternehmen häufig Muttersprachler vor, weil dies die unkomplizierteren Kandidaten sind.

K.

Enttäuschung droht auch den Zuwanderern, die es nicht zu den „Hidden Champions” aufs Land, sondern in die deutsche Hauptstadt zieht. „Gerade bei jungen Hochschulabsolventen ist Berlin ein beliebtes Ziel”, sagt IW-Experte Röhl. Dahinter stecke nicht nur der Coolness-Faktor der Hauptstadt. „In südeuropäischen Ländern sind die Hauptstädte nicht nur Zentrum des kulturellen, sondern auch des wirtschaftlichen Lebens. Die Zuwanderer erwarten, dass das auch hierzulande der Fall ist.” Ist es aber nicht. Berlin ist trotz aller Erfolge, etwa mit Start-ups in der IT-Branche, weiterhin eine schwache Region Deutschlands. In der Hauptstadt angekommen, folgt die Ernüchterung. Berlin ist mit einer Arbeitslosenquote von 11,8 Prozent bundesweites Schlusslicht auf dem Arbeitsmarkt. Gut bezahlte Stellen sind heiß umkämpft, die Lebenshaltungskosten steigen. Statt dem Karrierestart im Traumjob winkt oftmals nur ein Aushilfsjob als Kellner, mit dem sich kaum Miete und ein Sprachkurs bezahlen lassen. „Diejenigen, die nach zwei oder drei Monaten ernüchtert wieder das Land verlassen, sehen wir in den Statistiken gar nicht”, sagt IAB-Analyst Fuchs. Denn erst nach zwei Monaten sind Zuwanderer meldepflichtig.

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Nach Sarah Sommer Manager Magazin, 12. Juni 2013

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Task 1 Lesen Sie den Text Schwache Bilanz: Deutschlands Einwanderer wandern zu oft wieder aus. Schreiben Sie eine kurze Zusammenfassung des Textes (ungefähr 130 Wörter), in der Sie auf die folgenden Aspekte in Stichpunkten eingehen:  die Gründe für die Einwanderung nach Deutschland aus Südeuropa  den aktuellen Stand der Einwanderung  mögliche Gründe dafür, dass so viele Arbeitskräfte wieder auswandern (17 points) [Reading Competence: 14 points] [Linguistic Competence: 3 points]

Task 2 Lesen Sie bitte die unten stehenden Sätze bzw. Teilsätze aus dem Text Schwache Bilanz: Deutschlands Einwanderer wandern zu oft wieder aus. Schreiben Sie bitte ins Antwortheft, welche Information/en die unterstrichenen Wörter ersetzen bzw. auf welche sie verweisen. Die Zeile/n ist/sind angegeben. (9 points) [Reading Competence: 9 points] [Linguistic Competence: 0 points]

Beispiel „…dass sie sofort und unter allen Umständen Personal einstellen.“ (Abschnitt J, Zeile 83-84) die meisten Betriebe a.

„Sie wächst vielmehr mit jedem Jahr, das vergeht.“ (Abschnitt D, Zeilen 33-34)

b.

„Viele von ihnen kamen aus den südeuropäischen Krisenländern.” (Abschnitt E, Zeilen 37-38)

c.

„Das ist ein Warnsignal für das schrumpfende und alternde Deutschland.“ (Abschnitt G, Zeilen 57-58)

d.

„Sie sind deutlich besser qualifiziert ...“ (Abschnitt H, Zeilen 66-67)

e.

Fachkräfte aus Südeuropa, um die man sich mit Sprach- und Integrationskursen bemühen muss, sind da oft nicht die erste Wahl. (Abschnitt J, Zeilen 84-85)

f.

„Dahinter stecke nicht nur der Coolness-Faktor der Hauptstadt.“ (Abschnitt K, Zeilen 95-96)

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Task 3 Sind im Zusammenhang des Textes Schwache Bilanz: Deutschlands Einwanderer wandern zu oft wieder aus die folgenden Aussagen richtig (R) oder falsch (F)? Geben Sie in Ihrem Antwortheft bei richtigen Aussagen die Zeile/n an, in der/denen Sie die Information gefunden haben. Wenn die Aussage falsch ist, korrigieren Sie sie bitte. (10 points) [Reading Competence: 10 points] [Linguistic Competence: 0 points]

a.

Die meisten Unternehmen stehen unter sehr hohem Handlungsdruck und müssen unbedingt schnellstmöglich Personal einstellen.

b.

In den 1960er und 1970er Jahren bekamen die vier Millionen Gastarbeiter Geldprämien und Willkommensgeschenke.

c.

Besonders Unternehmer aus ländlichen Regionen bevorzugen heutzutage Zuwanderer, die nicht so hoch qualifiziert sind.

d.

Die Zuwanderer in ländliche Regionen Deutschlands sind oft enttäuscht.

e.

Die genaue Zahl der Zuwanderer, die höchstens drei Monate in Deutschland bleiben, ist nicht bekannt.

Task 4 Erklären Sie die folgenden unterstrichenen Formulierungen aus dem Text Schwache Bilanz: Deutschlands Einwanderer wandern zu oft wieder aus mit Ihren eigenen Worten. Beachten Sie dabei den Textzusammenhang. (14 points) [Reading Competence: 10 points] [Linguistic Competence: 4 points]

a.

– und so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? (Abschnitt A, Zeile 4)

b.

1964 wurde der millionste Gastarbeiter öffentlichkeitswirksam vom Bundesverband deutscher Arbeitgeber (BDA) am Bahnhof begrüßt. (Abschnitt C, Zeilen 22-23)

c.

..., die einen kurzfristigen Engpass auf dem Arbeitsmarkt überbrücken wollen. (Abschnitt I, Zeilen 7475)

d.

Die Rekrutierung läuft zumindest aktuell etwas schleppender. (Abschnitt J, Zeile 90)

e.

In der Hauptstadt angekommen, folgt die Ernüchterung. (Abschnitt K, Zeile 99-100)

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Task 5 Johann Fuchs, Analyst beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, erklärt: „Wenn es den Heimatländern wirtschaftlich wieder besser geht, wollen gerade die jungen Leute wieder zurück.“ Bitte beurteilen Sie die im Text genannten Maßnahmen, die junge ausländische Arbeitskräfte dazu bringen sollen, langfristig in Deutschland zu bleiben. Welche Voraussetzungen müssten für Sie gegeben sein, um auf Dauer in einem fremden Land leben und arbeiten zu wollen? Schreiben Sie ungefähr 120 Wörter. Übernehmen Sie bitte keine vollständigen Sätze aus dem Text. (19 points) [Reading Competence: 14 points] [Linguistic Competence: 5 points]

Task 6 Beantworten Sie eine der beiden Fragen. Schreiben Sie ungefähr 400 Wörter.

(31 points) [Content: 8 points] [Linguistic Competence: 23 points]

a.

Inwieweit kann das Leben und Arbeiten im Ausland Ihren kulturellen Horizont erweitern? Berücksichtigen Sie bitte auch Ihre eigenen Auslandserfahrungen und geben Sie möglichst konkrete Beispiele.

oder b.

Erörtern Sie die folgende Aussage und nehmen Sie Stellung: „Kultur darf nicht den Gesetzen des Kommerzes unterworfen werden.“ (aus Berthold Seliger, Das Geschäft mit der Musik. Ein Insiderbericht, Bittermann, 2013)

END OF PAPER