Begegnungen mit Menschen und Musik

KIRCHEN ZEITUNG 2 22. Ausgabe | 25. November 2016 Begegnungen mit Menschen und Musik Liebe Leserinnen, liebe Leser, Sie halten die neue Ausgabe de...
Author: Liane Krämer
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Begegnungen mit Menschen und Musik Liebe Leserinnen, liebe Leser, Sie halten die neue Ausgabe der „Kirchenzeitung“ in Ihren Händen. Sie werden bei der Lektüre der Musik begegnen. Musik ist wichtig für Menschen. Wir wissen zum Beispiel, dass Singen eine heilsame Wirkung für die Seele hat. Die Bibel berichtet im Alten Testament, dass schon der spätere Großkönig David wegen seiner musikalischen Fähigkeiten an den Königshof in Jerusalem gekommen ist. Er konnte so gut Laute spielen, dass er dem alternden König Saul die Seele damit leichter machen konnte. Auch die Psalmen in der Bibel sind eigentlich gesungene Gebete. Viele Generationen sprechen die alten Worte, und durch die Musik werden sie leichter ein Teil von mir. Das Loben und das Klagen sind eindrücklicher erinnerlich, wenn man es singend tut. Singen und musizieren ist aber nicht nur ein religiöses Phänomen. Moder-

ne Untersuchungen scheinen sogar einen Zusammenhang zwischen dem Musizieren und längerer Lebensdauer nahezulegen: Musik verlängert das Leben. Diesen Spuren folgen wir in der Kirchenzeitung nicht. Aber Sie werden den Menschen begegnen, die Musik in unseren Kirchen und Gemeinden machen. Viele tausend Menschen singen in den Chören unserer Gemeinden, die Kantoren bereichern das kulturelle Leben in Karlsruhe mit großen Oratorien und Orchesterwerken der geistlichen Musik, nebenamtliche Organisten sitzen Sonntag für Sonntag an den Orgeln und gestalten die Gottesdienste, und schließlich kann man in jedem Gottesdienst nach Herzenslust singen – auch wenn man sonst dafür keine Zeit hat. Kirchenmusik ist ein lebendiger und wesentlicher Teil kirchlicher Präsenz in unserer Stadt. Sie erreicht die Seele der Menschen unmittelbar, sie berührt uns anders als Worte das

J Impressum Die Kirchenzeitung Die Kirchenzeitung ist eine Beilage der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN), der Evangelischen Kirche in Karlsruhe und der Katholischen Kirche Dekanat Karlsruhe. Mit einem musikalischen Flashmob vor der Kirche St. Stephan überraschte die Kirchenzeitung etliche Passanten in der Karlsruher Innenstadt. Wer wollte, konnte spontan mitsingen und so erleben, dass das Singen viel Freude bereitet. Foto: tt J Redaktion: Evangelische Kirche in Karlsruhe: Thomas Schalla (ts), Christina Müller (cm) Katholische Kirche Dekanat Karlsruhe: Hubert Streckert (hs), Tobias Tiltscher (tt), Hans-Gerd Köhler (hgk), Bernd Schmid (bs) J Redaktionsleitung: Martina Erhard (me) J Titelbild: Tobias Tiltscher J Anschrift der Redaktion: Kirchenzeitung, Evangelisches Dekanat Karlsruhe, Reinhold-Frank-Straße 48, 76133 Karlsruhe E-Mail: [email protected] v.i.S.d.P. Hubert Streckert Die Redaktion freut sich über Rückmeldungen und Leserbriefe. Die nächste Ausgabe erscheint am 7. April 2017 (Redaktionsschluss: 7. März 2017). J Anzeigenleitung: Ulf Spannagel J Satz und Druck: Badische Neueste Nachrichten J Die Kirchenbezirke im Internet: www.ev-kirche-ka.de; www.kath-karlsruhe.de

können. In der Advents- und Weihnachtszeit ist das Singen besonders verankert. Es gehört wie der Tannenbaum oder die Weihnachtsgans in vielen Familien dazu. Die alten Lieder kann mancher noch auswendig, in den Weihnachtsgottesdiensten freut man sich auf die bekannten Weihnachtslieder. Die Musik hilft, aus dem Alltagstrott auszusteigen und sie gibt der Sehnsucht nach einer anderen Welt eine Stimme. Wir laden Sie ein, auf den nächsten Seiten den unterschiedlichen Seiten der Musik zu begegnen. Für die kommenden Wochen wünschen wir Ihnen immer wieder Gelegenheiten, die Seele zur Ruhe kommen zu lassen. Vielleicht versuchen Sie es in diesem Jahr einmal mit der Musik? Unsere Kirchen stehen Ihnen offen. Dr. Thomas Schalla Dekan der Evangelischen Kirche in Karlsruhe

Dekan Dr. Thomas Schalla Foto: ekiba / Hornung

Ein Bundespräsident für das ganze Land S

o machtlos das Amt des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland auch immer ist – die Auswahl eines Kandidaten und die anschließende Wahl sagen viel über die politische Lage und Stimmung des Landes aus. Das ist im Fall des von den Parteien der Großen Koalition nominierten Kandidaten Frank-Walter Steinmeier nicht anders. In der Debatte um mögliche Kandidaten für das Bundespräsidentenamt wurde in den vergangenen Monaten immer wieder gerne nach dem unverbrauchten Quereinsteiger Ausschau gehalten. Zu Unrecht. Zu glauben, da käme jetzt der oder die Unbelastete von außen, der Künstler, der Intellektuelle, diese Annahme trägt nicht wirklich. Wer so denkt, spiegelt auf seine Weise eine verbreitete Politikverdrossenheit wider. Politiker und Politikerinnen hierzulande sind besser als ihr Ruf – Frank-Walter Steinmeier ist ein gutes Beispiel dafür. Das künftige Staatsoberhaupt wird ein politisches Schwergewicht sein. Das ist gut so. Das Land braucht keinen Politrentner, der seine Laufbahn mit dem obersten Amt im Staate krönt. Erst recht nicht jemanden, der oder die sich nicht sicher auf dem politischen Parkett bewegen kann.

Ob die Wahl als ein Signal für eine künftige Koalition gelesen werden kann, ist im Übrigen nicht entscheidend. Dieser Zusammenhang erschließt sich ohnehin erst im Nachhinein. Die Wahl von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wird nicht unbedingt eine Große Koalition für den Herbst 2017 präjudizieren. Da steht erst noch das Wählervotum davor. In den letzten Wochen wurde immer wieder die Frage gestellt, welche Gruppe der Bevölkerung im Bundespräsidentenamt vertreten sein sollte. So verständlich diese Frage ist – sie ist nicht ausschlaggebend. Joachim Gauck wurde nicht deswegen Bundespräsident, weil er aus den neuen Bundesländern kam. Natürlich kann eines Tages ein Muslim deutsches Staatsoberhaupt werden. Aber mit Navid Kermani nun einen angesehenen Intellektuellen und Muslim ins Amt zu heben, hätte seltsam bemüht gewirkt. Erst recht wäre eine Frau im Amt des Bundespräsidenten seit langem fällig, zumal in der Vergangenheit Frauen verschiedentlich als aussichtslose Kandidatinnen ins Rennen geschickt wurden. Trotzdem muss es nicht partout eine Frau sein. Klaus Nientiedt Konradsblatt

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„Gib deinen Liedern neuen Klang“ Existenzielle und spirituelle Fragen von Klassik bis Pop

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usik und Religion – das ist ein Thema mit vielen Variationen. „Singt und spielt“ heißt die Aufforderung der alttestamentlichen Psalmen. Sie gilt bis heute, im Judentum wie im Christentum. Die Bibel kennt aber auch einen Propheten namens Amos, der die Musik heftig kritisiert, wenn sie ungerechte Zustände mit verlogenen Klängen beschönigt: „Weg mit dem Geplärr eurer Lieder!“ ruft er seinen Zeitgenossen zu. Und letztlich ist auch die Kirchenmusik wie eingespannt zwischen den Polen „irdisch“ und „himmlisch“. Die irdischen Mühen – vom Üben-Müssen über die verstimmte Orgel bis zum finaziellen Risiko der schlecht besuchten, aber teuren Aufführung mit „Soli, Chor und Orchester“ – gelten auch im Raum der Kirche. Zu den großen religiös-musikalischen Verheißungen aber gehört die Musik der Vollendung, etwa der Gesang der Engel um Gottes Thron. Das Besondere der christlichen Musikauffassung besteht gerade darin, dass die Erdenklänge schon ein „Präludium“ der Himmelsmusik sein wollen – wenn sich das in besonderen Momenten so ereignet, wofür es keine Garantie gibt.

Musik in der Kirche kennt viele Klangfarben Musik in der Kirche kennt heute viele Klangfarben: vom Ruf der Glocken über den Gemeindegesang mit alten und zeitgenössischen Liedern bis zur Orgelmusik, deren Entwicklung oft mit dem Orgelbau eng verbunden ist; vom Gregorianischen Choral – als dem frühestem bis heute lebendigen musikalischen Repertoire insgesamt – über den mehrstimmigen Chorgesang der Kirchen-, Jugend- und Kinderchöre bis zu Neuen Geistlichen Liedern, Popmusik und Gospels. Neben Komposition und Interpretation spielen in der liturgischen wie konzertanten Kirchenmusik auch die instrumentale und neuerdings die vokale Improvisation eine große Rolle. Musik hat in der Kirche ein Standbein und ein Spielbein. Das Standbein ist der Gottesdienst, der ohne Musik nicht vorstellbar ist. Das

Ein Gottesdienst ist ohne Musik nicht vorstellbar. Die „Königin der Instrumente“, die Orgel, begleitet die Gesänge. Hier die größte Domorgel der Welt, die Orgel des Passauer Doms. Foto: me Spielbein ist die konzertante Musik, die alle religiösen Themen aufgreift und in Klänge übersetzt: Musik als Bibelauslegung, als Predigt in Tönen und als komponiertes Gebet. Was macht die religiöse Musik aus? Zentral ist das gelingende Zusammenspiel vokal und instrumental, von Interpreten und Hörer, Werk und Raum. Johann Sebastian Bach nannte dies „andächtige Musik“, und ihm war gewiss, dass dabei sogar Gottes „Gnadengegenwart“ zwar unsichtbar, doch hörbar mitspielt. Bisweilen stehen Werke im Mittelpunkt, die – man mag es bedauern – der Liturgie entwachsen sind: Bachs in lutherischer Tradition stehende Passionen oder Claudio Monteverdis „Marienvesper“ (1610), deren katholischer Komponist zu den „Musik-Jubilaren“ 2017 zählt, weil er vor 450 Jahren geboren wurde. Vieles ist ökumenisch in der Kirchenmusik. Schließlich sind die Probleme auf allen Seiten ähnlich. Es geht um Nachwuchsfragen und um die Sicherung der Qualität. Die „Neue Musik“ ist eine wichtige Stimme, denn sie verbindet den alten Impuls der Psalmen „Singet dem Herrn ein neues Lied!“ mit der Klangwelt der Gegenwart. Neu meint jedoch nicht ausschließlich „kalendarisch neu“. Dietrich Bonhoeffer: „Neu ist das Lied, das uns neu macht; auch wenn es ein altes Lied ist.“ Ganz in diesem Sinne fordert ein Osterlied aus dem Gebet- und Gesangbuch „Gotteslob“ die Sängerinnen und Sänger auf: „Gib deinen Liedern neuen Klang“. Musik in der Kirche lässt sich schon längst nicht mehr auf eine Stilrichtung festlegen. Die geschichtlichen Wandlungen, denen die Kirchenmusik unterworfen war und ist,

dürfen wir als Chance ergreifen. Welche Musik bewährt sich in welchen konzertanten, liturgischen und seelsorglichen Kontexten? Die Liturgie kann heute durch viele Musikstile sinnvoll bereichert werden, wenn sie in angemessener, qualitätsvoll dargebotener und aufeinander abgestimmter Form (und das heißt auch Dosierung) erklingen. Dass das nicht nur mit traditionellen Musikstilen gelingen kann, zeigen die vielerorts beliebten Taizé-Gesänge, Lobpreislieder und der gesamte Bereich des mit popmusikalischen Elementen qualitätvoll spielenden Neuen Geistlichen Liedes. Solche zunächst von Kirchen- und Katholikentagen bekannte „Musikfarben“ sind aus dem kirchenmusikalischen Gesamtspektrum beider großer Konfessionen schlichtweg nicht mehr wegzudenken. Entscheidend ist – im Blick auf Komposition, Interpretation und liturgische Integration – die Qualität. Aber das gilt für die Gregorianik genauso wie für Mozarts Messen, für den Gemeindegesang ebenso wie für das Orgelspiel.

Die Botschaft zwischen den Notenzeilen Musik ist „sanft missionarisch“ (Kardinal Karl Lehmann), indem sie, wenn sie Klangräume eröffnet, auch spirituelle Räume erschließt. Dabei geht es nicht zuerst um die persönliche Frömmigkeit des Komponisten, sondern um die spirituelle Sprachkraft seiner Werke. Verkündigung geschieht oftmals in den „Obertönen“, zumeist absichtslos. Musik vermittelt – „Gott sei Dank“ – keine Transzendenz-Garantie. Ihre religiösen Themen kann sie nicht beweisen. Aber sie bringt all dies symbolisch

ins Spiel und vertraut darauf, dass das Publikum zwischen den Notenzeilen auch die Botschaft hört und sich vom Geist der geistlichen Musik treffen lässt.

Musik steht für Gemeinschaft „Musikalische Spiritualität“ heißt: nicht in seinen engen Grenzen verharren; etwas erleben in und mit der Musik, das mehr ist als das Resultat des Übens und Probens. Eine dieser Grenzüberschreitungen ist die vom „Ich“ zum „Wir“. Im Singen, Spielen und Hören stiftet die Musik Gemeinschaft und führt die Versammelten zu innerer Sammlung. Dies lässt sich keineswegs nur in Aufführungen „klassischer“ Musik erleben. Auch Popstars wie Sting oder Herbert Grönemeyer halten existenzielle und spirituelle Fragen musikalisch wach. Die kirchlichen und kirchenmusikalischen Antworten könnten noch stärker den Dialog suchen mit jenen, deren Sternenhimmel leer ist, die aber dennoch „religiös musikalisch“ geblieben sind, sei es auf klassischen oder popmusikalischen Wellenlängen. Nach einem geistlichen Konzert mit einer Uraufführung fragte einer der Mitwirkenden: „War dieses musikalisch gute Konzert nicht viel eher ein Gottesdienst?“ Ähnliches mag auch für viele Hörerinnen und Hörer gelten. Wenn sie, nachdem sie als Konzertbesucher gekommen sind, eine Stunde der Sammlung oder gar einen musikalischen Gottesdienst erlebt haben, dann sind auch die Interpreten und Veranstalter reich beschenkt. Meinrad Walter Stellvertretender Leiter des Amts für Kirchenmusik in Freiburg

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Musik tut der Seele gut Es gibt viele Möglichkeiten, sich musikalisch auszudrücken und Musik zu genießen

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usik ist viel mehr als nur ein schöner Zeitvertreib. Musik löst Emotionen aus und tut der Seele gut. Gerade jetzt, in der Advents- und Weihnachtszeit, spielt Musik im Leben vieler Menschen eine große Rolle. Weihnachtslieder begleiten uns schließlich seit frühester Kindheit, und schon wenige Klänge von „Stille Nacht“ oder „O du fröhliche“ reichen aus, um uns in Weihnachtsstimmung zu versetzen. Auf dieser Doppelseite werden Menschen porträtiert, für die Musik zu einem wichtigen Teil ihres Lebens geworden ist. Sie spielen Orgel, singen in Chören oder bringen Kindern die Bedeutung von Musik nahe.

Singen mit Freunden

Fasziniert vom Orgelklang

Alena Boemanns ist begeistert vom Chor San Taddeo

Christoph Müller: Organist aus Grötzingen

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in junger Chor ist der Chor San Taddeo in Neureut. Fünfzehn Sängerinnen, ursprünglich auch Sänger, treffen sich seit etwa 20 Jahren jede Woche zur Probe. Alena Boemanns ist eine davon, und sie ist fast von Anfang an dabei. Warum sie auch nach Jahren immer noch zum Chor kommt, ist schnell erklärt: „Ich singe gerne, und außerdem treffe ich bei jeder Probe meine Freunde. Es macht mir einfach Spaß.“ Das Repertoire des Chors ist mit den Jahren immer weiter angewachsen, weiß sie zu berichten: „Wir singen eigentlich von allem etwas: Neue geistli-

Singen ist für Alena Boemanns mehr als ein Hobby. Foto: tt

che Lieder, vor allem von Gregor Linßen, aber auch Stücke von klassischen Komponisten wie Monteverdi oder Schütz.“ Neben geistlichen Werken übe der Chor auch immer wieder weltliche Lieder ein, fügt sie hinzu. Wenn die Proben für einen Auftritt beginnen, kommt erst einmal richtig viel Arbeit auf die Sängerinnen zu. „Am Anfang sind die neuen Stücke ziemlich schwer“, erzählt Alena Boemanns. Das hohe Niveau, das der Chor inzwischen erreicht hat, mache es ihnen nicht gerade leichter. Dem Chorleiter fiele schließlich mit jedem erreichten Fortschritt immer noch etwas ein, was zwar noch schöner, aber auch noch schwieriger sei. Aber dann, sagt sie und strahlt dabei, dann merkt man: „Es geht doch!“ Das Schönste sei schließlich, erzählt sie, wenn endlich der Auftritt gekommen ist. Es wurde unheimlich viel Energie in die Proben gesteckt. Immer wieder musste man über sich hinauswachsen. „Dann gibt es dieses eine Mal, und da muss es klappen. Natürlich sind wir alle ein bisschen aufgeregt.“ Am Ende aber, wenn die Zuhörer applaudieren und sich bedanken, spürt sie, dass die Mühe sich gelohnt hat. „Das Singen im Chor,“ sagt Alena Boemanns, „ist mein Hobby, aber es ist mehr als ein Hobby: Mir macht es Spaß und denen, die zuhören, macht es auch Freude.“ Wünsche für die Zukunft des Chores hat sie eigentlich nur einen: „Es muss weitergehen, auf jeden Fall!“ tt

chon als Kind war Christoph Müller vom Klang der Orgel fasziniert. „Ich bin immer wieder hoch auf die Empore und habe dem Organisten zugesehen“, erinnert sich Müller. Heute ist der gebürtige Hannoveraner selbst Organist und spielt regelmäßig bei den Gottesdiensten in der evangelischen Kirche in Grötzingen. Eine Aufgabe, die er sich mit zwei weiteren Organisten teilt. „Generell spielte Musik schon immer eine große Rolle in meinem Leben“, meint der heute 50-Jährige, der als Kind und Jugendlicher Klavier, Geige und Bratsche spielte. Mit 18 Jahren kam schließlich die „Königin der Instrumente“ hinzu. „Für mich ist es wirklich ein Privileg, hier in der Kirche die Orgel spielen zu dürfen“, freut er sich. Dabei genießt er nicht nur die Gottesdienste, sondern auch die Momente, in denen er alleine in der Kirche ist, um sich ganz dem Orgelspiel zu widmen. „Als Arzt habe ich einen stressigen Beruf, und das ist für mich ein wunderschöner Ausgleich“, schwärmt er. Und dann erzählt er von den Abenden, an denen er alleine in der dunklen Kirche sitzt: „Wenn ich spiele, mache ich lediglich das Licht am Orgeltisch an und genieße die besondere Atmosphäre.“ Bei diesen Gelegenheiten übt er auch die Lieder, die in den Gottesdiensten gespielt werden. In den eigenen vier Wänden stehen Müller nämlich nur ein Klavier und ein Cembalo zur Verfügung. „Ich

Christoph Müller sitzt oft abends alleine in der Kirche und genießt das Orgelspiel. Foto: me habe übrigens großes Glück“, meint er, „unsere Orgel hier in Grötzingen ist wirklich gut.“ Kirchenmusik hat für Müller etwas Verbindendes. „Sie steht für Ökumene“, ist er überzeugt. Weshalb es für den Katholiken auch „ganz normal“ ist, in einer evangelischen Kirche zu spielen. „Ich mag einfach Kirchenmusik“, sagt er. Befragt nach seinem Lieblingskirchenlied will er sich allerdings nicht konkret äußern: „Alte Lieder mag ich besonders gern“, meint er. me

Gospel geht ins Herz und gibt Kraft Lucienne Steup aus Karlsruhe liebt Gospelmusik

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usik und Gesang sind ihr sehr wichtig, schon seit ihrer Kindheit. Seit fast zehn Jahren singt Lucienne Steup auch Gospel, und das erfüllt sie besonders. „Gospel geht ins Herz, hat Kraft und gibt Kraft“, sagt die 57-jährige gebürtige USAmerikanerin, die seit 32 Jahren in Karlsruhe lebt. Bereits als Teenager habe sie klassischen Gesangsunterricht genommen, in der Schule in Chören mitgesungen und viele Genres kennengelernt. Als vor neun Jahren Sängerinnen und Sänger für die „spirited voices“, den Gospel- und Jazzchor der Evangelischen Kirche in Karlsruhe, gesucht wurden, be-

warb sich die Mutter von zwei erwachsenen Kindern. „Ich war sehr glücklich, dass ich eine der 30 Sänger war, die genommen wurden“, sagt sie. Insgesamt 100 Sangesbegeisterte waren damals zum Vorsingen gekommen. „Ich kann durch die Gospelmusik gut meinen Glauben und meine Dankbarkeit ausdrücken“, macht Steup deutlich. Und darüber hinaus schreibt sie seit einiger Zeit selbst Texte für Gospellieder. „Wenn ich zu Hause bin und Ruhe herrscht, ergeben sich die Texte dann einfach und sind wie ein Gebet für mich.“ Dass sie diese Gabe hat, empfindet sie als großes Geschenk. „Mei-

ne Texte schicke ich dann an Christoph Georgii, dem in der Evangelischen Landeskirche in Baden tätigen Kirchenmusiker mit Schwerpunkt Popularmusik, und er komponiert die passende Musik dazu“, strahlt sie. Die Zusammenarbeit hat bei den monatelangen Gospel-Gottesdiensten in der Markuskirche begonnen. Dort hat Georgii die musikalische Leitung. Lucienne ist im Orgateam tätig und singt leidenschaftlich gern mit der Gemeinde. „Oft erhalten wir positive Rückmeldungen von den Gottesdienstbesuchern, die erklären, dass sie gestärkt nach Hause gehen“, freut sich Lucienne Steup. cm

Lucienne Steup schreibt Texte für Gospellieder.

selbst Foto: cm

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Singen für singscheue Menschen Beim „Mittwochsgrüppchen“ der Lukasgemeinde kann sich jeder ausprobieren

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er in einem Chor singen möchte, muss eine gute Stimme haben, muss Noten lesen können und muss natürlich die Töne treffen – so die allgemeine Meinung. In der evangelischen Lukasgemeinde in der Weststadt gibt es seit einiger Zeit aber nun ein Projekt für Menschen, die gerne singen, aber das Gefühl haben, dass sie es nicht wirklich gut können. „Vielen Menschen wurde in der Schulzeit eingetrichtert, dass sie nicht singen können, und das hat sich oft bis ins Erwachsenenleben hinein gehalten“, sagt Susanne Storz. Sie ist Gesangspädagogin und Feldenkrais-Lehrerin und hat das „Mittwochsgrüppchen“, wie sich die Sangesfreudigen nennen, ins Leben gerufen. „Als nebenamtliche Kirchenmusikerin habe ich oft gehört, dass jemand zwar gerne singen würde, sich aber nicht traue“, erklärt sie ihr Engagement. Diese Menschen

habe man durch den Stempel „Unmusikalisch“ regelrecht zum Schweigen verurteilt. Dabei sei die Stimme doch eine wichtige Möglichkeit, um seine Persönlichkeit auszudrücken, ist Storz überzeugt. „’Unmusikalisch’ ist ein ganz schrecklicher Begriff“, findet sie. Damit programmiere man die Menschen und suggeriere ihnen, sie hätten keine Begabung. „In unserer Gruppe können sich alle ohne Scheu ausprobieren und endlich in der Gemeinschaft singen“, erklärt die Gesangspädagogin. „Durch diese entspannte Atmosphäre wird es dann auch leichter, die Töne tatsächlich zu treffen.“ Gesungen werden in der Regel rhythmische Gesänge, Kanons und auch mal afrikanische Lieder – alles querbeet. Bei den regelmäßigen Treffen im Saal der Lukasgemeinde sind immer etwa zehn Teilnehmer dabei. „Der

Ein Chor, der kein Chor ist: Im Saal der Lukasgemeinde schart Susanne Storz (Mitte) regelmäßig Menschen um sich, die gerne singen, aber meinen, dass sie es nicht wirklich gut können. Foto: me Charme dieses Grüppchens liegt in der Freiheit und in einer gewissen Absichtslosigkeit“, meint sie. Aus diesem Grund lege man auch Wert darauf, kein Chor zu sein. Was aber nicht heiße, dass man sich nicht nach und nach doch ein gewisses Repertoire erarbeite, so Storz. Claus ist einer, der regelmäßig mit dabei ist: „In der Schule hatte ich im

Singen immer eine Fünf“, sagt er. „Das hat bei mir schon ein kleines Trauma ausgelöst.“ Da ihm das Singen aber dennoch Spaß macht, trifft er sich nun alle 14 Tage mit Gleichgesinnten und genießt das gemeinsame Singen, denn „es ist total stressfrei, und niemand schaut einen schief an, wenn man mal tatsächlich den Ton nicht trifft“. me

Musiklehrerin aus Leidenschaft Emotionen und Gefühle Birgit Hannig-Waag dirigiert einen Schulchor

Lobpreislieder gehen ins Herz

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enn sie vom Singen erzählt, dann fängt sie ganz von selbst zu lächeln an. Birgit Hannig-Waag ist Musiklehrerin aus Leidenschaft. „Singen macht Spaß!“, sagt sie und strahlt dabei. An ihrer Schule dirigiert sie einen Schulchor mit 150 Schülerinnen und Schülern. „Musik ist sehr wichtig für die Schüler,“ erklärt sie, „denn sie hat unheimlich viele positive Wirkungen auf die Kinder.“ Das gemeinsame Singen fördert die Sprachentwicklung, entspannt die Sänger und stärkt das Sozialverhalten. „Der Schulchor tut den Kindern einfach gut“, sagt sie. Ganz besonders hilft er denen, die unruhig sind und sich nur schwer an soziale Regeln halten können. Sie haben in der Musik eine Ausdrucksmöglichkeit und zugleich im Chor einen sozialen Rahmen, in den sie sich einzufügen lernen. Aus ihren Fortschritten können sie neues Selbstvertrauen schöpfen. Kinder singen anders als Erwachsene. „Sie sind ganz frei und unbefangen,“ erzählt sie. „Viele Kinder lieben es, alleine vorzusingen und zu zeigen, was sie können.“ Auftritte sind ein großes Erlebnis. Sie haben geprobt und sich vorbereitet, und schließlich bekommen sie den verdienten Applaus. Die Teilnahme an Wettbewerben gibt den Kindern einerseits ein Erfolgserlebnis, wenn sie eine gute Platzierung erreichen. Andererseits lernen sie, damit umzugehen, wenn es einmal nicht so gut läuft. Neben dem Schulchor dirigiert sie auch einen Chor für Erwachsene. Manchmal treten beide Chöre gemeinsam auf, was für die Kinder ausgesprochen spannend ist. „Die Kin-

Ist von der positiven Wirkung der Musik überzeugt: Birgit HannigWaag. Foto: tt der genießen das,“ sagt sie. Sie schauen zu Erwachsenen hinauf und nehmen sie sich zum Vorbild: „Der vierstimmige Gesang eines Erwachsenenchors klingt schon gut. Das können die Kinder noch nicht, aber für manche ist es ein Ansporn, sich anzustrengen, um einmal genauso schön singen zu können.“ Was das Singen im Chor von anderen Arten zu musizieren unterscheide, sagt sie, sei vor allem eines: „Jeder kann mitmachen. Niemand braucht eine besondere Begabung, denn singen können eigentlich alle. Und es ist egal, ob die Eltern das nötige Geld haben, um ein teures Instrument zu kaufen und die Übungsstunden zu bezahlen. Denn beim Singen tragen wir das Instrument immer mit uns.“ tt

ier bis fünf Sänger, sechs Musiker und einige hundert Gottesdienstbesucher, die begeistert aufstehen, Lobpreislieder singen und dazu klatschen, das gehört fest zu dem, was Menschen bei den Gottesdiensten im ICF-Karlsruhe erleben. „Die Musik hat bei uns einen hohen Stellenwert, und ein Musik-Block dauert 20 bis 25 Minuten, genauso lang wie meine Predigt“, erklärt Steffen Beck, leitender Pastor beim International Christian Fellowship (ICF) Karlsruhe. In seiner Gemeinde würden Lobpreislieder gesungen, die in Freikirchen beliebt sind, zum „Main-Stream“ gehören, so Beck. „In den Liedern wird Jesus und Gott mit „Du“, also in der zweiten Person, angesprochen“, sagt der 50-Jährige. Diese persönliche Ansprache, wie zum Beispiel beim Lied „Du machst alles neu“, habe eine große Bedeutung für die Gläubigen. „Die Inhalte der Texte sind Bibel-Zitate und Psalmen“. Die Verse würden immer und immer wieder gesungen und wiederholt. „Das geht stärker ins Herz“, sagt Beck. Musik sei eine gute Möglichkeit, seine Emotionen und Gefühle auszudrücken, und bevor die Predigt im Gottesdienst mit dem „Amen“ ende, unterstreiche instrumentale Musik noch diesen Schluss, in der Regel mit einem Auszug aus einem Lobpreislied. „Und auch der Zuspruch in der Predigt wird mit instrumentaler Musik verbunden, Keyboardmusik ist zu hören“, so Steffen Beck weiter. „Bei uns ist alles stärker auf die Seele und das Herz angelegt“, erklärt er. Und dies schätzten die rund 1 500 Menschen, die an den Wochenenden die Gottesdienste der Freikirche besu-

chen. „Die Musik ist einer der Gründe, warum Menschen zu uns kommen, und der Inhalt der Predigt.“ Das Gemeindeleben des ICF-Karlsruhe findet nicht im Kirchengebäude statt, sondern in einer Industriehalle in Grünwinkel. „Am Sonntagmorgen um 8.00 Uhr machen wir den ersten Sound- und Lichtcheck, und die Band probt. Da geht es laut zu, und es ist gut, dass wir hier im Industriegebiet sind“, lacht Beck. Um 9.30, 11.15 und 18.30 Uhr werden dann gemeinsam Gottesdienste gefeiert, zu denen Familien, Erwachsene und junge Erwachsene kommen. „Die Menschen lieben Lobpreislieder, und sie helfen dabei, das Herz aufzuschließen“, fasst Steffen Beck zusammen. cm

Steffen Beck ist Pastor der ICF-Gemeinde Karlsruhe. Foto: ICF-Karlsruhe

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Gesucht wird die „gute Seele“ der Hausgemeinschaft Caritas macht Jobangebot für Wiedereinsteiger/-innen

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ie gestalten die Tagesstruktur in einer Hausgemeinschaft der Caritas-Seniorenzentren „St. Franziskus“ und „St. Valentin“, nehmen die Wünsche der Bewohner wahr und helfen bei deren Umsetzung, und sie feiern gemeinsam mit den älteren, pflegebedürftigen Menschen Feste in der vertrauten Runde. Alltagsbegleiter sind die „guten Seelen“ einer Hausgemeinschaft. Sie bilden gemeinsam mit den Pflegekräften das Rückgrat einer qualifizierten Versorgung von Menschen in den Caritas-Seniorenzentren. „Wir suchen Menschen, die in Familien das Zusammenleben organisieren können und Initiative ergreifen“, meint Maren Landow-Hollstein, Leiterin des Caritas-Seniorenzentrums St. Valentin. In der modernen Einrichtung in Daxlanden arbeiten die Alltagsbegleiter in Hausgemeinschaften mit jeweils 12 Bewohnern. Dort sind sie für die Pflegebedürftigen Erstansprechpartner, besprechen mit den älteren Menschen den gemeinsamen

Plan für den Tag, kochen für sie und lassen sich gerne auch unterstützen, wenn beispielsweise eine ältere Dame endlich mal wieder selbst die Bratensoße anrühren oder die Suppe abschmecken möchte. „Mit unserem Pflegekonzept wollen wir die Sinne der Bewohner ansprechen“, erklärt Michael Kaul, Leiter des Caritas-Seniorenzentrums St. Franziskus in der Südweststadt, direkt gegenüber dem „neuen Vinzenz“. Wenn ein älterer Mensch aufgrund der Pflege sein Zuhause zurücklassen müsse, dann heiße das nicht, dass er seine Kompetenzen verliere, so Kaul. Wenn nach dem gemeinsamen Frühstück im Wohnzimmer der Hausgemeinschaft in der Küche nebenan die Kochdeckel klappern würden und bald der Duft von Gekochtem oder Gebratenem in der Luft liege, dann erinnere das an frühere Zeiten. Mit der Zeit lernen die Alltagsbegleiter die Vorlieben ihrer Bewohner kennen und erfahren auch, was ihnen nicht so gefällt. Sie kennen die Ge-

Das gemeinsame Kochen mit den Bewohnern gehört zu den Aufgaben der Alltagsbegleiter. Foto: Caritasverband Karlsruhe burtstage ihrer Bewohner und wissen, welcher Kuchen dann am besten gebacken werden soll. Sie animieren die älteren Menschen zum Singen ihrer Lieblingslieder und staunen auch schon mal, wenn sie beim gemeinsamen Spielen den „Kürzeren“ ziehen. Sie bügeln im Wohnzimmer die Bluse der älteren Dame, die sich gerne chick macht, wenn sie aus ihrem Zimmer kommt, und wissen, wo sie beim Reinigen des Zimmers die kleinen Verpackungen der so heiß geliebten Schokolädchen findet. Mit ihrem Wissen unterstützen die Alltagsbegleiter durch die Grundpflege die Pflegefachkräfte und sorgen sich um ihre Schützlinge. Ein gut durchdachtes Betreuungs- und Pflegekonzept, die Unterstützung durch Kollegen und die Begleitung durch eine qualifizierte Leitung sorgen dafür, dass sich diese „Allrounder“ auf Teamarbeit verlassen können.

Die Ausbildung zum Alltagsbegleiter, eine dreimonatige Qualifizierung mit Caritas-Zertifikat, vermittelt die Caritas selbst. Den Verantwortlichen kommt es mehr auf die Grundhaltung, das Gespür und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung an. „Eigentlich suchen wir die ‚Leiterin eines kleinen Familienunternehmens’, die gelernt hat, das Familienleben zusammenzuhalten,“ stellt Kaul fest, und Landow-Hollstein bekräftigt: „Ein guter Job für Wiedereinsteiger.“ Wer sich für die Tätigkeit als Alltagsbegleiter interessiert, kann sich gerne mit Maren Landow-Hollstein in „St. Valentin“, Waidweg 1, oder mit Michael Kaul in „St. Franziskus“, Steinhäuserstraße 19c, in Verbindung setzen. Hans-Gerd Köhler Nähere Informationen finden Interessierte auch auf www.caritas-karlsruhe.de

„Singen tut der Seele gut“ Kirchenzeitung organisiert musikalischen Flashmob

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amstagnachmittag in der Karlsruher Innenstadt. Die Menschen laufen durch die Straßen, sind vielleicht schon damit beschäftigt, erste Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Auch die Vorbereitungen für den Christkindlesmarkt laufen auf Hochtouren. Plötzlich ertönen die ersten Klänge von „Amazing Grace“. Mitglieder des Bezirksposaunenchors der Evangelischen Kirche Karlsruhe stimmen das beliebte Kirchenlied an. Nach wenigen Takten gibt Bezirkskantor Johannes Blomenkamp das Zeichen zum Einsatz für die versammelten Sänger, und schon schließen sie sich stimmgewaltig an. Rund 120 sangesfreudige und musikbegeisterte Menschen haben sich vor der Kirche St. Stephan eingefunden, um gemeinsam zu singen – ein musikalischer Flashmob, organisiert von der Kirchenzeitung. Man will zeigen: „Musik tut gut“ und „Singen macht Spaß“. So ist es auch auf den Plakaten zu lesen, die man zwischen den Sängerinnen und Sängern sehen kann. Wobei es sich bei dem Chor

nicht um ein eingespieltes Ensemble handelt, sondern um Menschen, die sich spontan zur Teilnahme entschlossen haben. Mit dabei auch die beiden Dekane Thomas Schalla und Hubert Streckert, die Initiatoren der Aktion. Kaum ist das erste Lied vorüber, gibt Dirigent Dieter Cramer seiner Bläsergruppe das Zeichen, eine zweite Melodie zu spielen: „Hewenu shalom alechem“, steht auf dem Programm. Ein hebräisches Lied, dessen deutsche Übersetzung so viel bedeutet wie „Wir bringen Frieden für alle“. Beim rhythmischen Klatschen, das zu diesem Lied gehört, machen auch so manche Passanten mit. „Ich finde es schön, dass man einfach mal so in der Öffentlichkeit singt“, sagt eine von ihnen. „Singen ist etwas Wunderbares. Es tut tatsächlich gut“, meint sie. „Es war so schön und hat unglaublich viel Spaß gemacht“, schwärmt eine Frau, die selbst eifrig mitgesungen hat. „Für mich ist das jetzt tatsächlich ein Anreiz, mir einen Chor zu suchen, beim

Beim gemeinsamen Singen geht es um Spaß und Freude: Rund 120 Teilnehmer kamen zum Flashmob der Kirchenzeitung vor der Kirche St. Stephan. Foto: tt

dem ich regelmäßig singen kann“, erzählt sie. Renate und Wolfgang Günzel, selbst Mitglieder der Rüppurrer Kantorei, sind ebenfalls zum Flashmob gekommen. „Es war schön, aber viel zu kurz“, meinen die zwei, die gerne noch mehr Lieder gesungen hätten. Auch Johannes Narr, Pfarrer der Evangelischen Friedensgemeinde, hat mitgesungen und freut sich, dass so viele Menschen dabei waren. „Das Singen tut der Seele gut, und es wirkt nach“, ist er überzeugt. Genau

dieses Gefühl habe man mit dem Flashmob erzeugen wollen, versichert Hubert Streckert. „Es war herrlich, zu sehen, wie die Augen der Menschen leuchteten und wie das gemeinsame Singen ein Lächeln in die Gesichter zauberte“, sagt Streckert. „Eigentlich sollte man so etwas jeden Adventssamstag organisieren“, fügt Thomas Schalla hinzu. „Denn wir brauchen mehr von solch ansteckenden Momenten, die zeigen, dass der Glaube etwas sehr Fröhliches hat.“ me

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In den Einrichtungen der Evangelischen Stadtmission (hier eine Aufnahme aus dem Seniorenzentrum Stutensee), steht der Bewohner immer im Mittelpunkt. Foto: ERB

Aus drei Pflegestufen werden fünf Pflegegrade Zweites Pflegestärkungsgesetz bringt Änderungen bei Pflegeversicherung

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b dem 1. Januar 2017 gibt es in der gesetzlichen Pflegeversicherung viele Neuerungen. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) hat die Bundesregierung die Inhalte der Pflegeversicherung umfassend reformiert. Viele Menschen wissen über diese Änderungen jedoch noch nicht Bescheid. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz wurden die Pflegeversicherung und die pflegerische Versorgung durch einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein neues Begutachtungsinstrument auf eine neue pflegefachliche Grundlage gestellt und der Vorrang von Prävention, Krankenbehandlung und medizinischer Rehabilitation gestärkt. So wird es zum Beispiel ab dem 1. Januar statt der bisherigen drei Pfle-

gestufen fünf Pflegegrade geben. „Dies ist ein Vorteil, insbesondere für etwa 200 000 dementiell erkrankte Menschen, die nun durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung erhalten können“, so Dr. Martin Michel von der Karlsruher Stadtmission. Zukünftig erfolgt die Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Kassen nicht mehr defizitorientiert, sondern orientiert sich am Grad der Selbstständigkeit. Insgesamt fließen durch die Reform etwa 14 Prozent mehr finanzielle Mittel in das Sicherungssystem, die insbesondere den pflegebedürftigen Menschen in den höheren Pflegegraden entlastend zugute kommen sollen.

Aktuell sind die Träger stationärer Pflegeeinrichtungen, die Kassen und die Sozialhilfeträger in der herausfordernden Lage, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Umstellung auf der unteren Arbeitsebene herzustellen; zahlreiche notwendige Vorgaben und Abstimmungen hierzu wurden auf Bundes- und Landesebene einfach zu spät getroffen, während zugleich bis zum 30. November 2016 alle betroffenen Versicherten über Neuerungen und Preisänderungen schriftlich informiert werden müssen. „Auch auf die Träger von Pflegeeinrichtungen kommen große Unsicherheiten zu, meint Wolfgang Betting von der Karlsruher Stadtmission, denn „wir müssen die gleichen Leistungen wie zuvor erbringen, während sich die zukünftige Einnahmelage der

7 Träger in diesem neuen System allen Annahmen zufolge verringert“. Ein wesentlicher Unterschied zur alten Regelung betrifft den sogenannten einrichtungsbezogenen Eigenanteil; dieser ist – unabhängig vom Pflegegrad – zu bezahlen und entlastet die Versicherungsnehmer. Ein höherer Pflegegrad im stationären Bereich führt künftig also nicht mehr zu höheren Zahlungen des pflegebedürftigen Versicherungsnehmers oder seiner Angehörigen. Wichtig ist ab Januar 2017 die richtige Zuordnung zu einem Pflegegrad. Die Mitarbeitenden der Ev. Sozialstation Karlsruhe und der Ev. Stadtmission Karlsruhe können hier für Klienten und Bewohner und ihre Angehörige fachliche Hinweise geben. „Wir schulen unser Personal gerade auch im Hinblick auf die Pflegedokumentation“, sagt Walter Seiter, Leiter des Seniorenzentrums Stutensee. Diese Dokumentation, bei der es darauf ankomme, die individuelle Tagesstruktur des Bewohners und seine Restressourcen im Auge zu haben, orientiere sich am neuen Begutachtungssystem, so Seiter. Auf diese Weise falle die Eingradung leichter. „Wir unterstützen die Bewohner dabei, den Pflegegrad zu bekommen, den sie auch wirklich brauchen“, versichert er. In allen Einrichtungen der Evangelischen Stadtmission stehen sowohl die Heimleitung als auch die Pflegedienstleitung als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es seit einigen Monaten auch die „Seniorenfachberatung Wohnen und Technik“, eine Einrichtung, der Evangelischen Stadtmission und des Geriatrischen Zentrums am Diakonissenkrankenhaus. Dort gibt es wichtige Tipps für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, wie das Leben pflegebedürftriger Menschen zu Hause beispielsweise durch technische Hilfsmittel unterstützt werden kann und über die Angebote des Betreuten Wohnens, der ambulanten Pflege, der Tagespflege oder über die umfassende Unterstützung in stationären Pflegeeinrichtungen. Anfragen an die Seniorenfachberatung werden unter der Telefonnummer 07 21 / 9 17 61 62 rund um die Uhr entgegengenommen. Ein Rückruf wird zeitnah erfolgen. Beraterin Dagmar Lind-Matthäus ist dienstags, 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr persönlich erreichbar. me

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Beruf und Berufung Die Musik als Ausdruck des eigenen Glaubens / Die Kantoren Johannes Blomenkamp und Patrick Fritz-Benzing im Gespräch über ihre Arbeit

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irchenmusik, das ist für sie nicht nur ihr Beruf sondern auch Berufung. Johannes Blomenkamp ist Bezirkskantor der Evangelischen Kirche in Karlsruhe und Patrick Fritz-Benzing Bezirkskantor an der Katholischen Stadtkirche St. Stephan. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen begeistern mit ihrer Arbeit die Öffentlichkeit und leiten Chöre, in denen Menschen aller Altersklassen singen und musizieren. „Wenn man singen will, bietet sich die Kirche mit ihren Chören an. Das Niveau ist hoch, und es gibt ein großes Repertoire hier in Karlsruhe“, sagt Patrick Fritz-Benzing. Und dazu kämen die Räume, ergänzt Blomenkamp. „Wo wir singen, proben und auftreten, ist es festlich, das ist anders als in einer Halle. Wir haben hier etwas zu bieten“, so der Kantor. Die Menschen seien oftmals auch emotional mit den kirchlichen Räumen verbunden. „In unseren Gemeindehäusern und Kirchen proben seit Jahrzehnten und manchmal auch länger Chöre“, erklärt Johannes Blomenkamp. Im Vorfeld der „Nacht der Chöre“, die in diesem Jahr in der Christuskirche stattfand, hat der KIT-Chor im Gottesdienst in der Durlacher Stadtkirche gesungen.

Die Musik geht zu Herzen Ob das Singen von geistlicher Musik eine Möglichkeit für den Ausdruck des eigenen Glaubens ist? „Ja“, sind sich beide einig. „Die Musik und die Texte gehen zu Herzen, zum Beispiel das Brahms-Requiem und die Matthäus-Passion“, erklärt Patrick Fritz-Benzing. Und an Nachwuchs fehlt es in den Chören nie. „Die Gesellschaft singt gern und in letzter Zeit wieder mehr“, weiß Johannes Blomenkamp. Chorneugründungen auf verschiedenen Niveaus seien sehr attraktiv. „Wenn ein Chor ambitioniert ist und auf hohem Niveau arbeitet, dann begeistert das auch junge Menschen, und sie möchten singen“, ergänzt Fritz-Benzing. Auch den Gemeinden selbst sei die Musik sehr wichtig, und sie investieren in die Arbeit vor Ort. Hier in der Stadt könnten sich Sangesbegeisterte etwas aussuchen, es gebe auch viele Kinderchöre. „Ich erinnere mich an die Neugründung der ,spirited voices‘, den Gospelund Jazzchor der Evangelischen Kirche in Karlsruhe vor mehr als neun Jahren. Insgesamt 100 Sängerinnen und Sänger kamen zum Vorsingen – 30 Chormitglieder wurden ausgesucht“, macht Blomenkamp deutlich. Und wenn dann das richtige Angebot gefunden sei, dann blieben die Musikbegeisterten ihren Chören treu. „Das schätze ich auch am Chor in St. Stephan, der 80 bis 90 Mitglieder hat. Viele sind seit über zehn Jahren mit dabei“, erklärt Patrick Fritz-

Das Singen von geistlicher Musik ist eine Möglichkeit, den eigenen Glauben zum Ausdruck zu bringen: Davon sind die beiden Kantoren Johannes Blomenkamp und Patrick Fritz-Benzing (von links) überzeugt. Foto: tt Benzing. Den Chor gebe es seit 50 Jahren, und die ältere Generation habe ihn durch ihr Engagement mit Leben gefüllt, führt er weiter aus.

Die Orgel begeistert viele Menschen Und auch die Orgelmusik übt eine große Faszination auf die Menschen aus, wissen die beiden Fachleute. „Zu Beginn und während der Gottesdienste ertönt die Orgel, und mit ihrem Klang endet auch der Gottesdienst“, sagen Blomenkamp und Fritz-Benzing. Das große Instrument strahle etwas Besonderes aus, die riesige Dimension begeistere viele Menschen. „Orgelfans sind ähnlich wie Anhänger von Dampfloks, sie interessieren sich für die Technik und die Details“, lacht Fritz-Benzing. Auch der große Erfolg der „Karlsruher Orgelspaziergänge“, zu denen seit vielen Jahren eingeladen wird, sei ein Beleg dafür. „Wir hatten auch schon einmal die Idee zu Projekttagen in der Kirche für Schulen, um über dieses Instrument zu informieren“, überlegt Johannes Blomenkamp. Wer Interesse am Orgelspiel habe, könne sich gerne melden, laden beide Kantoren ein. „Wir bieten die Ausbildung zum ehrenamtlichen Organisten an und unterrichten in Mu-

siktheorie, Gehörbildung, Improvisation, Liturgie sowie Stimmbildung und Dirigieren“, erklärt Patrick Fritz-Benzing. Wer beruflich als Organist und Kantor tätig sein wolle, habe momentan sehr gute Chancen. „Die Nachfrage ist groß, weil demnächst viele in den Ruhestand gehen“, sagt Blomenkamp. Sehr dankbar sind die beiden Kantoren auch für die vielen neben- und ehrenamtlich tätigen Kirchenmusiker in der Stadt, die durch ihr Engagement die Pfarrgemeinden und das Gemeindeleben unterstützen.

Viel Engagement von Ehrenamtlichen Sie lieben ihren Beruf, das stellen Patrick Fritz-Benzing und Johannes Blomenkamp immer wieder fest. „Für mich bringt die Musik alles andere mit sich, sie gibt mir Antrieb, ich sehe Sinn darin“, fasst Fritz-Benzing zusammen. Manchmal spiele er gerne Orgel, ein anderes Mal stehe er lieber vor dem Chor oder singe selbst in einem Ensemble mit. „Es ist toll, so phantastische Musik mit ,Laien‘ einzustudieren und zu singen“, bringt es Blomenkamp auf den Punkt. Und er kriege ganz viel zurück: das Strahlen der Menschen, die zusammen Musik machen, den lan-

gen Atem, den man brauche, um etwa ein Requiem oder eine h-Moll Messe einzustudieren. „Ja, diese Proben können ein dreiviertel Jahr dauern, Druck wird aufgebaut, Ehrgeiz wird entwickelt, und dann wird ein einstündiges Programm aufgeführt, bei dem es keine Korrektur gibt, und das Ergebnis ist toll“, weiß FritzBenzing aus Erfahrung. Die Musik sei für sie auch ein Ausdruck des eigenen Glaubens und auch ein Zugang dazu. „Das ist bei mir schon seit der Schulzeit so“, sagt Johannes Blomenkamp. Sein Kollege hat sich seit dem Jugendalter mit dem „klingenden Wort“ beschäftigt, und er hat so zum Glauben gefunden. „Das gelang bei mir durch die Musik eher als durch den Gottesdienst“, sagt Patrick Fritz-Benzing. cm / tt

Info Informationen zur Kirchenmusik der Evangelischen und Katholischen Kirche in Karlsruhe und ihren Angeboten finden Sie unter www.kirchenmusikkarlsruhe.de und http://stephanschor-ka.de

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Die Glocke im Wandel der Zeit Geschichte reicht 5000 Jahre zurück

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urt Kramer stammt aus Karlsruhe und hat Musik und Architektur studiert. Seit 1972 war er bis zu seiner Pensionierung vor acht Jahren im Erzbistum Freiburg als Glockensachverständiger für die mehr als 6000 Kirchenglocken des Bistums verantwortlich. Er ist einer der bekanntesten Glockenexperten Deutschlands und hat zahlreiche Bücher über das Musikinstrument geschrieben. J Die Glocke ist das älteste Musikinstrument der Welt. Was weiß man über ihre Ursprünge? Die Anfänge der Glocke dürfen wir in China vor 5000 Jahren vermuten. Dort waren die Menschen – auch Konfuzius – der Überzeugung, dass alle Musik und der Klang der Glocke im Herzen der Menschen geboren werden, und alles, was das Herz bewegt und draußen als Ton erklingt, das beeinflusst wiederum die Seele. Hören ist wie das Anschlagen einer Glocke. Die Glocke befindet sich in meinem Körper in der Form meines Ohres. Die Glocke ändert ihren Klang durch die Stimmung des Hörenden, und im Widerhall lässt sich das Erz durch unsere Gefühle erweichen. Denn nur der Hörende kann den Glockenton zum „Leben“ erwecken. J Also war sie stets ein treuer Begleiter der Menschen, selbst auf ihrer Wanderschaft? Die Glocke begleitete mit ihren vielfältigen Aufgaben die Menschen durch den Tag und bei Nacht, aber auch auf ihrer Wanderschaft durch fremde Länder. Am Halse der Pferde, Kamele und Elefanten sollten sie auf ihren Reisen Schutz und Signalinstrument für Reiter und Karawane sein, wie uns später Marco Polo und

auch Sven Hedin berichten. Über die vorchristlichen Handelswege, von China ausgehend, führte die Glockenstraße ins Land der Bibel und von dort nach Europa. J Ab wann tritt denn die Glocke in die christliche Theologie ein? Die frühchristliche Kirche hat die Glocke vom Judentum übernommen. Der Hohepriester hatte am Rocksaum seines Gewandes Glöckchen, damit er im Heiligtum zu hören war und sein Volk aufmerksam wurde, lesen wir im 2. Buch Mose. Zwölf Glöckchen sollen es gewesen sein, und die Zwölf steht für die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Die Zahl alles Weltlichen, die Vier, vervielfacht mit der Drei, der Zahl des Göttlichen, ergibt die Zwölf. Sie symbolisiert das, was wir uns nicht an den zehn Fingern unserer Hände abzählen können, das im wahrsten Sinne des Wortes Unbegreifliche. Wenn ich die frühen christlichen Schriftsteller richtig verstehe, sollen die Klänge der zwölf Glöckchen die Botschaft des Unbegreiflichen, die Botschaft von Leben, Sterben und Auferstehung Jesu verkünden. Dieser Botschaft gedenken wir bis in unsere Tage mit dem Läuten am Morgen, Mittag und Abend. J Bestimmte Glocken waren den Menschen zu allen Zeiten besonders wertvoll. Nur ein Beispiel. Die Stadt Freiburg musste in den Jahren 1632/1633 einen Großteil ihres Vermögens aufwenden, die Münstergemeinde wertvolle Messkelche verkaufen, um ihre „Hosanna“-Glocke von den schwedischen Eroberern zurückzukaufen. Auch während und

Ein feines Gespür für Glocken beweist Kurt Kramer, langjähriger Glockensachverständiger des Erzbistums Freiburg, etwa bei der musikalischen Glockenprüfung mit Stimmgabel. Foto: Privat nach der Französischen Revolution lesen wir immer wieder von gigantischen Summen, die zur Auslösung der Glocken und vor allem immer wieder der „Hosanna“ zu zahlen waren. Bei uns in Karlsruhe gibt es vergleichbare Beispiele nicht. Wir können dafür im Wettbewerb der schönsten Geläute Deutschland durchaus mithalten. J Wie kam es, dass immer wieder Regierungen ihr Interesse an den Kirchenglocken geäußert haben? Kirchenglocken wurden für Kriegszwecke enteignet und eingesetzt, lange bevor ihre Bronze zum Guss für Kanonen „benötigt“ wurde. Am Anfang des 15. Jahrhunderts begann dann die tragische Wandlung der Künderin des Friedens, die – zur Kanone umgegossen – ihre todbringende Stimme auf den Schlachtfeldern Europas erklingen ließ. „Rekordhalter“ beim Vernichten von Glocken sind die Französischen Revolutionäre mit 100 000 und wir Deutsche. Wir haben im Ersten und Zweiten Weltkrieg innerhalb von 25 Jahren über 150 000 Glocken zerstört. Die Glocke war in ihrer

Sprachlosigkeit nie allein. Mit ihr verstummten die Menschen, mit ihren Klängen verschwanden Menschenrechte und die Menschenwürde aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen, auch bei uns. J Was sagt uns das regelmäßige Läuten der Glocken? Das Läuten der Glocken zu Gottesdienst und Gebet hatte zu allen Zeiten theologische und praktische Bedeutung. Das Läuten zum Gottesdienst war Ruf und sollte einen feierlichen Klangraum schaffen. Dem morgendlichen Läuten kam wohl die größte Bedeutung zu. Die Gläubigen gedachten der Auferstehung Jesu am Ostermorgen. Die Glocke mahnte, aus dem Erwachen eine ganz persönliche Auferstehung werden zu lassen. Das Läuten der Mittagsglocke war dem Gedenken an die Menschwerdung Jesu gewidmet, auch als Ruf zum Mittagessen. Das Abendläuten erinnerte an das Leiden und Sterben Jesu. Mit dieser Sinngebung fand die Glocke ihren Platz im Alltag der Menschen. Es wird Aufgabe der Kirchen sein, diese Gedanken zu aktualisieren und mit Leben zu erfüllen.

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Gemeinsames Spielen im Vogelnest Kulturelle und soziale Vielfalt werden gelebt ie evangelische Kindertageseinrichtung „Vogelnest“ befindet sich in der Karlsruher Nordweststadt, am Ende der Kußmaulstraße. Die Angebotsform besteht aus der verlängerten Öffnungszeit und der Tagesstätte in zwei Mischgruppen mit jeweils 20 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren. Die Kinder kommen meist aus der unmittelbaren Nachbarschaft, aber auch aus den anderen Stadtteilen sind sie bei

uns herzlich willkommen. Unsere Kindertageseinrichtung zeichnet sich durch das Einzugsgebiet in seiner kulturellen und sozialen Vielfalt aus. Ganz nach unserem Motto: „Egal woher wir kommen – Hier leben wir zusammen!“ Foto: privat

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Bastelidee: Tageslichtglas Material: Eine Brotpapiertüte, Schere, Kleber, ein Glas, Goldfolie (6 cm x 6 cm)

1 Das Goldpapier zu einem Dreieck falten. Dann das Dreieck nochmal falten.

2 Mit der Schere kleine Muster in das Dreieck schneiden.

3 Das Dreieck wieder auffalten.

4 Das Glas mittig in die Brotpapiertüte stellen

5 Den Rand der Brotpapiertüte umknicken So sieht die fertige Laterne aus. Natürlich kann der Stern beliebig gestaltet werden. Foto: cm

Lesetipp „Heule Eule“ Von Paul Friester und Philippe Goosens (Hueber) Für Kinder ab 4 Jahren. Wer sitzt da im Wald und heult und heult? Es ist die kleine Heule Eule. Die Waldbewohner geben sich größte Mühe, die Heule Eule zu beruhigen. Aber niemand schafft es, bis auf einmal ... Eine witzige Geschichte über die einzig richtige Art zu trösten. In der Reihe Nord Süd bi:libri erscheinen zweisprachige Bilderbücher mit dem Ziel, Kindern aus dem deutschen Sprachraum Fremdsprachen einfach und spielerisch zugänglich zu machen und fremdsprachigen Kindern die deutsche Sprache in Bild und mit einfachem Text zu vermitteln. Die „Heule Eule“ gibt es in acht Sprachen, so zum Beispiel auf Englisch, Französisch, Türkisch und Arabisch.

6 Den Stern aus dem Goldpapier auf die Brotpapiertüte kleben

Buchstabengitter-Rätsel In diesem Buchstabengitter sind Tiernamen versteckt, die Du finden sollst. Die Wörter können waagrecht und senkrecht im Gitter angeordnet sein. Wenn Du ein Tier gefunden hast, kreise es mit einem bunten Stift ein. Folgende Wörter werden gesucht:

Affe, Igel, Adler, Tiger, Zebra, Krokodil, Kamel Klebt das Buchstabengitter mit den gefundenen Tiernamen auf eine Postkarte und schickt sie an folgende Adresse: Evangelisches Dekanat Reinhold-Frank-Straße 48 76133 Karlsruhe Einsendeschluss ist der 16. Dezember Zu gewinnen gibt es auch diesmal wieder schöne Preise, nämlich ein „Arche Noah-Puzzle“ und zwei „Biblische StadtLand-Fluss-Spiele“.

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t i e h h c a f n i E r e d t f a r K r e d chen o

fa n i E m u z Mut J

ugendliche Christen aus aller Welt, die im Gebet zusammenfinden und das Gespräch mit Gott finden, die in einer großen Gemeinschaft miteinander Stille aushalten können und die gemeinsam Lieder in verschiedenen Sprachen singen. Was wie eine Fantasiemischung aus utopischer Kirchenvorstellung mit einer Prise Pfingstereignis anmutet, ist gelebter Alltag in der Gemeinschaft von Taizé. Der 1949 gegründete Männerorden beherbergt auf seinem Hügel im französischen Burgund bis zu sechstausend junge Menschen gleichzeitig, die nach Taizé pilgern um – wenn meist auch nur für eine knappe Woche – Teil dieser konfessionsübergreifenden christlichen Gemeinschaft zu sein. Viele der eingängigen meditativen Gesänge, die einen Großteil der Gottesdienste ausmachen, sind heute ebenfalls weltbekannt, z. B. „Laudate omnes gentes“ oder „Bless The Lord, My Soul“. Die meisten davon stammen aus den 70er-Jahren und wurden von dem Organisten und Komponisten Jacques Berthier verfasst. Er sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, für junge Christen aus ganz unterschiedlichen Nationen musikalische Gebetsformen zu finden, bei denen alle aktiv teilhaben, also mitsingen, können. Das Effektive und Revolutionäre an seiner Antwort war die Bereitschaft, konsequent einfache, eingängige Melodien zu schreiben, die in erster Linie der Liturgie dienen und nicht darauf ausgerichtet sind, dem Komponisten möglichst viel Prestige für das Erschaffen großer Kunstwerke zu bescheren. Mit der Veröffentlichung des in Englisch gehaltenen „Jesus re-

member me“ (1979) wurde das bis dahin lateinische Grundgerüst der Ostinati auch auf andere Sprachen übertragen. Lieder wie „Mon âme se repose“, „Nada te turbe“ und „Bleib mit deiner Gnade bei uns“ bildeten den Ausgangspunkt

Jugendliche Christen aus aller Welt kommen zum gemeinsamen Gebet in Taizé zusammen. Foto: Sabine Leutenegger für die Entwicklung des umfangreichen Repertoires, zu dessen Autorenpool heute neben Berthier noch weitere Personen – wie etwa der Jesuitenpater Joseph Gelineau mit „Ubi caritas“ und einzelne Brüder des Ordens – zählen. Das viel gesungene „Taizé-Halleluja“ wurde übrigens nicht in Taizé verfasst und ist dort auch nur sehr selten Teil der Liturgie. Die Faszination, die die Gemeinschaft von Taizé in ihrem Miteinander und ihrer Form, Got-

Mus S

chon seit vielen Jahren spiele ich Klarinette im Orchester, und obwohl ich nie im Chor Mitglied war, macht mir Singen großen Spaß. Musik bedeutet mir viel. Sie kann Gefühle wecken und ausdrücken, aber auch trösten oder glücklich machen. Musik zu hören ist manchmal so, als ob man in eine andere Welt eintau-

tesdienst zu feiern, auf Jugendliche und junge Erwachsene ausübt, kann man mit einem ausschließlichen Blick auf die musikalische Gestaltung noch nicht hinreichend vermitteln. Wichtige Bestandteile sind auch die Wechselwirkung mit Zeiten der kollektiven Stille, das Symbol aneinan-

der in der Kirche angezündeter Kerzen und die Botschaften von Versöhnung zwischen den Menschen, die in ihrem Zusammenspiel die besondere Stimmung ausmachen und die Begegnung mit Gott einfach machen. Ohne jemals einen Gottesdienst in der „Kirche der Versöhnung“ miterlebt zu haben, könnte man als Außenstehender schnell den Eindruck gewinnen, die Lieder

seien meist schnell durchschaubar und würden jenseits der vierten Wiederholung – die Taizé-Gesänge werden mindestens sieben Mal, häufig deutlich öfter, wiederholt – gar die Gefahr einer aufkommenden Langeweile oder Abnutzung bergen. Tatsächlich kann man beim Singen der Kanons und Ostinati verschiedene Phasen betrachten: Je nach Bekanntheitsgrad des Liedes versucht man in den ersten drei bis fünf Wiederholungen die Melodie zu lernen, den Text zu verstehen, sich einzuprägen und mit der Melodie zusammenzubringen. Danach kann man sich dabei ertappen, wie man ein paar Wiederholungen automatisch mitgesungen hat und seine Gedanken zu etwas ganz anderem hat schweifen lassen. In einer dritten Phase des Gesangs kehrt der Text zurück. Die Bedeutung des Textes wird auf tiefe Art und Weise klar, das Lied wird kontemplatives Gebet. Von Langeweile und Abnutzung ist keine Spur, denn die Gesänge verfolgen nicht den Sinn einer kurzweiligen Unterhaltung, sondern müssen ausreichend Zeit bieten, ihre Wirkung entfalten zu können. Dieses Ziel sollte man sich auch immer wieder bewusst machen, wenn man in der Heimatgemeinde Gebetszeiten mit Gesängen aus Taizé veranstaltet. Somit transportiert die Musik der Bruderschaft von Taizé für uns Christen eine konfessionsunabhängige, erstrebenswerte Haltung von bleibender Aktualität: Jedem Menschen, der zum gemeinsamen Gebet bereit ist, in offener Haltung, Gebets- und Beteiligungsform die Zusage zu machen: Du gehörst zu dieser Gemeinde dazu. Daniel Pabst

n e b e L m e n i e m n i ik

chen würde, und je nachdem vermag sie es auch, ein Prickeln oder einen wohligen Schauer zu erzeugen. Mit Musik kann man vieles ausdrücken, was auf andere Weise oft schwer zu verdeutlichen ist. Rhythmik, Dynamik, Themen und Motive – Musik ist vielseitig, vielschichtig und kann ihre Gestalt innerhalb von Sekunden verändern – und genau das macht sie

so wichtig in meinem Leben. Im Orchester gleicht das Musizieren oft einer Herausforderung, da man manchmal lange üben muss, um ein Stück richtig spielen zu können. Aber in der Kirche und im Gottesdienst erlebe ich Musik als Segen, als Trost, als Ruhepol, der mir hilft, die Anstrengungen und Sorgen des Alltags zu vergessen und einmal ganz leise und still zu werden. Hanna Hutschreuther, Schülerin des Dominikus-Gymnasiums

Hanna Hutschreuther spielt seit Jahren Klarinette. Musik bedeutet ihr viel. Foto: Privat

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Friedenslicht aus Bethlehem in Karlsruhe Ein Zeichen für Frieden und Völkerverständigung

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m dritten Adventssonntag, 11. Dezember, verteilen Pfadfinderinnen und Pfadfinder um 14 Uhr in der Citykirche St. Stephan das Friedenslicht aus Bethlehem. Das Friedenslicht aus der Geburtsgrotte Jesu Christi in Bethlehem steht für die Hoffnung auf Frieden, welche alle Menschen – unabhängig von Religion und Nationalität – verbindet. Mit der Weitergabe des Friedenslichtes in Deutschland setzen die Pfadfinderinnen und Pfadfinder ein Zeichen für Frieden und Völkerverständigung.

Die Friedenslichtaktion 2016 steht in Deutschland unter dem Motto: „Frieden: Gefällt mir – ein Netz verbindet alle Menschen guten Willens“. Sie stellt Austausch und die Vernetzung aller Friedenspfadfinderinnen und Friedenspfadfinder über das Internet sowie die Sozialen Netzwerke (#friedenslicht) in den Mittelunkt. Denn das Netz verbindet „alle Menschen guten Willens“ und kann dazu beitragen, die Idee des Friedenslichtes – „ein Europa in Frieden“ – zu verbreiten. Die Aktion Friedenslicht gibt es seit 1986. Jedes Jahr entzündet

„ADVENTure“ Kirchenhütte im Kinderland St. Stephan

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uch in diesem Jahr wird es – mit neuem Design – eine Kirchenhütte auf dem Kinderland St.

Stephan geben. Bei Kaffee, Tee und Gesprächen laden wir ein, den Vorweihnachtstrubel einmal

Foto: tt

Foto: RDP / R. Adloff

ein Kind das Friedenslicht an der Flamme der Geburtsgrotte Christi in Bethlehem. Seit 23 Jahren verteilen die vier Ringverbände (BdP, DPSG, PSG und VCP) gemeinsam mit dem Verband Deutscher Altpfadfindergilden

(VDAPG) das Friedenslicht in Deutschland ab dem dritten Advent. Im Rahmen einer Lichtstafette wird das Licht in Deutschland an über 500 Orten an „alle Menschen guten Willens“ weitergegeben.

hinter sich zu lassen. Unter dem Motto „ADVENTure“ gibt es verschiedene Angebote, ins Nachdenken zu kommen und Gott Mensch werden zu lassen. Gastfreundschaft, Atemholen, Nachdenklichkeit, eine Atmosphäre des christlichen Miteinanders im Kinderland St. Stephan und verschiedene Aktionen rund um die Krippe und Kirche auf dem Weihnachtsmarkt sind das Ziel der diesjährigen Adventsaktion der Citypastoral. „Advent ist ein Abenteuer – das Abenteuer der Ankunft bei Gott und bei mir selbst!“, so Pastoralreferentin Antke Wollersen. Um diese Botschaft auch den Besuchern und Besucherinnen des Christkindlmarktes inklusive Kinderland ins Gedächtnis zu rufen, machen sich die Kirchen auf, um dort zu sein, wo die Menschen sind. In diesem Jahr sind neben Ehrenamtlichen aus ganz Karlsruhe auch Mitglieder des CVJM an der Planung und Durchführung beteiligt.

Mit Texten an den Wänden, Gotteslobengeln, Segenskärtchen, einem Kindermaltisch, einer Postkartenaktion und Begegnungsmöglichkeiten in der Kirchenhütte soll ein Innehalten ermöglicht werden.

Ein gutes neues Jahr! um ersten Advent läuten wir das neue Jahr ein. Ja, Sie haben richtig gelesen: das neue Kirchenjahr. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Am Samstag vor dem ersten Adventssonntag, dem 26. November, um 16 Uhr findet ein „Glockenkonzert“ vom Turm der Citykirche St. Stephan in Karlsruhe statt. Alle, die Freude an den Klängen der majestätischen Glocken haben, können bei dieser Gelegenheit die zwölf Glocken der Karlsruher katholischen Citykirche einzeln und

in verschiedenen Kompositionen hören. Damit verabschieden wir das alte Kirchenjahr und begrüßen das neue. Wir steigen in die Wartezeit des Advents ein. Das erste Türchen am Adventskalender wird geöffnet, die erste Kerze auf dem Adventskranz angezündet, der erste Glühwein auf unseren Weihnachtsmärkten getrunken. Die Glocken von St. Stephan gehören zu den schönsten der Region. Der Glockensachverständige Kurt Kramer schrieb in seinem im

Jeden Samstag werden ADVENTure-Angebote vor der Kirche und sonntags Aktionen in der Kirche angeboten. Darüber hinaus gibt es am 6. Dezember um 16 und 17.30 Uhr eine Begegnung zwischen Nikolaus und Weihnachtsmann, am 17. Dezember ab 17 Uhr ein beleuchtetes Labyrinth und am 20. Dezember um 10 Uhr ein spirituelles Vorweihnachtsfrühstück.

Foto: tt

Glockenkonzert läutet das Kirchenjahr ein

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Angebote

Jahre 1987 verfassten Abnahmegutachten: „Durch die Hinzufügung der vier Zimbelglocken hat das Geläute von St. Stephan ganz erheblich an musikalischer Qualität und Ausstrahlungskraft gewonnen. Zählte das Ensemble der katholischen Stadtkirche in Karlsruhe schon bisher zu den schönsten Geläuten der Erzdiözese Freiburg, so wird durch die Ergänzung durch das Zimbelgeläute dieser Rang nachdrücklich untermauert. Die musikalische und liturgische Vielfalt ist beeindruckend.“

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Die Macht des Wortes – Reformation und Medienwandel Ausstellung in der Badischen Landesbibliothek vom 23. November 2016 bis 25. Februar 2017

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nlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Reformation präsentieren die Badische Landesbibliothek und die Evangelische Landeskirche in Baden vom 23. November 2016 bis zum 25. Februar 2017 die gemeinsame Ausstellung „Die Macht des Wortes – Reformation und Medienwandel“, die Auftaktveranstaltung der Feierlichkeiten zu diesem Thema in Karlsruhe ist. Schwerpunkt der Ausstellung ist die breit gefächerte Reformationstätigkeit, wie sie sich vornehmlich im Medium Buch widerspiegelt. Das Spektrum der hochkarätigen Exponate reicht von Handschriften der Epoche, darunter Autografen von Luther und Melanchthon, über seltene

Drucke der Inkunabelzeit und frühe Reformationsschriften bis hin zu Jubiläumsdrucken des 18. und 19. Jahrhunderts. Sie alle illustrieren die herausragende Rolle des Buches bei der Verbreitung des reformatorischen Gedankenguts. In mehreren Themenkreisen werden die Entwicklung der reformatorischen Idee, das Wirken Martin Luthers, seiner Vorläufer, Gegner und Mitstreiter und ihre Nachwirkungen anschaulich für den Besucher aufbereitet. Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter wissenschaftlicher Katalog mit Beiträgen namhafter Autoren im Verlag Schnell und Steiner. Umrahmt wird die Ausstellung von einem breit gefächerten Ver-

anstaltungsprogramm u.a. mit öffentlichen Kuratorenführungen, Lesungen und Vorträgen. Ausstellungsraum der Badischen Landesbibliothek, Erbprinzenstraße 15 Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9 bis 19 Uhr, Samstag 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Öffentliche Kuratorenführungen durch die Ausstellung: Samstag, 26. November 2016, und Samstag, 28. Januar 2017, mit Dr. Udo Wennemuth Samstag, 10. Dezember 2016, und Samstag, 18. Februar 2017, mit Dr. Annika Stello. Beginn um 11 Uhr. Die Führungen sind kostenlos. Pressetext der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

Weitere Infos … zur Ausstellung, den öffentlichen Kuratorenführungen und den Veranstaltungen im Begleitprogramm finden Sie unter www.blbkarlsruhe.de/blb/blbhtml/ 2016/reformation.php

„Mensch Luther – eine lebendige Zeitreise“ Ehrenamtliche für die Mitarbeit bei der Wanderausstellung (vom 17. September bis 23. November 2017) in der Matthäuskirche Karlsruhe gesucht

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Interessierte … melden sich bitte bei Evangelisches Dekanat, Öffentlichkeitsarbeit, Telefon 0721/824673-25 oder E-Mail: [email protected]. Veranstalter der Ausstellung ist die Evangelische Landeskirche in Baden. Alle Informationen zu „Mensch Luther – eine lebendige Zeitreise“ finden Sie unter www.sinnenpark.de

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on Januar 2015 bis Ende August 2016 musste die evangelische Gemeinde „Zum Guten Hirten“ in Rintheim auf ihr Gemeindehaus (Rintheimer Straße 79) verzichten, denn es wurde saniert und umgebaut. Im September konnte das Gebäude, das 1953 gebaut wurde, festlich eingeweiht werden. Gemeindesaal, Gruppenraum, Küche und das Pfarramt befinden sich hier, und alles ist barrierefrei zugänglich. „Wir starten hier jetzt auch ganz neu“, erklärt Pfarrer Eberhard Weber. In der Zeit des Umbaus und der Sanierung hätten Alternativen gesucht werden müssen, für die Gruppen und Kreise und unsere Gemeindearbeit, so der Pfarrer weiter. Sie seien in Rint-

iesen Termin lohnt es sich in den Kalender für 2017 einzutragen. Vom 17. September bis 23. November 2017 ist in der Matthäuskirche, Vorholzstraße 47, die Wanderausstellung „Mensch Luther – eine lebendige Zeitreise“ zu Gast. Hier können Interessierte das Leben des Reformators Martin Luther „hautnah“ miterleben. Ein Knecht und eine Magd Luthers führen die Besucher etwa eine

Stunde lang über abwechslungsreiche Stationen mitten hinein in zentrale Situationen des Reformationsgeschehens. Die Schirmherrschaft über die Ausstellung hat Gerlinde Kretschmann übernommen. Im Rahmen dieser Ausstellung werden Ehrenamtliche gesucht, die vor Ort mitarbeiten möchten: beim Auf- und Abbau, im Eingangsbereich an der Kasse, als Gruppenbegleiter und als Assistent.

Alles neu, in Rintheim Gemeinde „Zum Guten Hirten“ konnte im September ihr saniertes und umgebautes Gemeindehaus einweihen heim offen für Interessierte und neue Angebote. „Räume zu haben, verpflichtet uns auch, sie für soziale Angebote zur Verfügung zu stellen, und hier kann und soll sich viel Neues entwickeln“, macht Eberhard Weber deutlich. Räume seien nicht da, um leer zu stehen, und die Pfarrgemeinde freue sich über Interessierte, die sie nutzen möchten.

Die evangelische Gemeinde „Zum Guten Hirten“ in Rintheim war die Pilotgemeinde der Evangelischen Kirche in Karlsruhe, die im Rahmen des beschlossenen Gebäudemasterplans ihren Immobilienbesitz überprüft und den zukünftigen Bedingungen angepasst hat. In diesem Zusammenhang wird das frühere Pfarrhaus verkauft. cm

Arbeiten gerne im „neuen“ Gemeindehaus: Pfarramtssekretärin Karin Wolf und Pfarrer Eberhard Weber. Foto: cm

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Gemeinsame Zukunft der beiden christlichen Kliniken St. Vincentius-Kliniken und Diakonissenkrankenhaus fusionieren / Patienten profitieren

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ach 165 Jahren respektvollem Nebeneinander ist die Fusion ein wichtiger Schritt für die Versorgung der Patientinnen und Patienten der Region und für die Zukunft der beiden Kliniken“, freut sich Richard Wentges, Vorstandsvorsitzender der „ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe“. Der neue Name ergibt sich aus den in der Bevölkerung etablierten Namen „Vincenz“ und „Diak“. Zunächst werde sich für die Patienten der beiden Häuser kaum etwas ändern, meint Wentges. „Perspektivisch betrachtet, wird sich aber in den kommenden Jahren doch einiges tun. Wir wollen neue Schwerpunkte setzen und Kompetenzen bündeln“, erklärt er. Vorstandsmitglied Prof. Dr. Jürgen Biscoping fügt an, dass es heute im Alleingang nur noch schwer möglich sei, „ein Krankenhaus wirtschaftlich und mit einem sinnvollen und umfassenden medizinischen Angebot zu führen“. Gemeinsam wolle man daher die Spezialisierung voranbringen, den behandelnden Ärzten aber auch die Möglichkeit geben, das breite und interdisziplinäre Angebot der beiden Häuser zu nutzen. „Dadurch wird die Versorgung der Patienten noch besser“, versichert er. Die Verbesserung

der medizinischen Versorgung, die wirtschaftlichen Synergieeffekte und das gemeinsame Fundament der beiden Häuser seien somit ausschlaggebend gewesen für die nun vollzogene Fusion, fasst Wentges zusammen. „Beide Standorte bleiben definitiv bestehen. Die Häuser werden sich gegenseitig ergänzen.“ So habe zum Beispiel das Diak, im Gegensatz zum Vincenz, keine Kardiologie, dafür bündle sich im Diak die geriatrische Versorgung. „Man kann also die Kompetenzen des jeweils anderen Hauses mitnutzen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende. Die HNO-Kliniken, seit Juli unter der gemeinsamen Leitung von Prof. Dr. Serena Preyer – allerdings noch in beiden Häusern vorhanden –, werden 2019, mit der Fertigstellung des Klinik-Neubaus in der Steinhäuserstraße, in die Räumlichkeiten der St. Vincentius-Klinik umziehen. Auch die Kliniken für Augenheilkunde werden ab 2019 räumlich zusammengefasst, bleiben aber zwei eigenständige Kliniken mit separater Leitung. „Es gibt aber auch Kliniken, die wir bewusst an beiden Standorten behalten“, sagt Wentges und nennt als Beispiel die Allgemeinchirurgie. Man wolle jedoch unterschiedliche

Richard Wentges, Vorstandsvorsitzender, Dr. Karlheinz Jung, Vorstand und Prof. Dr. Jürgen Biscoping, Vorstand (von links). Foto: Leidert Schwerpunkte setzen. So solle etwa am Diak ein „Gefäßmedizinisches Zentrum“ entstehen. Im Gegenzug wolle man am St. Vincentius einen Schwerpunkt für Magen-, Leber- und Pankreaschirurgie einrichten. Im Bereich der Gynäkologie bleibt die Geburtshilfe an beiden Standorten bestehen. „Die Kliniken sind sehr groß und daher schwierig zusammenzuführen“, erklärt Wentges und fügt hinzu, dass sich alle geplanten Umstrukturierungen über mehrere Jahre hinziehen werden. Die Kliniken versorgen zusammen pro Jahr rund 50 000 Patienten sta-

Kraftvolle Musik, die begeistert Einblick in die Arbeit des Posaunenchors in Hagsfeld

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onnerstagabend in der evangelischen Laurentiuskirche in Hagsfeld. Blasinstrumente werden aus ihren Koffern ausgepackt, Mundstücke aufgesetzt, und schon erklingen die ersten Töne im Kirchenraum. Nach und nach treffen die Mitglieder des Posaunenchors Hagsfeld ein. „Zurzeit haben wir 14 aktive Mitglieder im Alter von zwölf bis 74 Jahren“, erklärt Erich Sartori, Obmann des Chors. Und alle lieben ihre Blasinstrumente und die Musik. „Ich spiele seit 22 Jahren Posaune, habe als Erwachsener damit angefangen“, berichtet Sartori. Und auch Gisela Kirchberg-Krüger entdeckte ihre Freude an diesen Instrumenten mit Anfang 40, wie sie sagt. „Begonnen habe ich mit Posaune, und seit einem knappen Jahr spiele ich auch Bariton.“ Nun kommt Chorleiter Tibor Szegedi in die Kirche und begrüßt alle herzlich. Acht Blechbläser sind da und werden die nächsten zwei Stunden miteinander verbringen. „Wir arbeiten hier zusammen, am Klang, an

Foto: cm

unserem Spiel“, sagt Szegedi, der selbst Tuba spielt. Er hat in Karlsruhe Musik und Kammermusik studiert und leitet den Chor seit fast fünf Jahren. „Mir ist auch wichtig, dass wir Spaß zusammen haben“, erklärt er, und das ist spürbar. Neben der hohen Konzentration wird viel gelacht. Susanna Dorn, zwölf Jahre, ist das jüngste Mitglied im Posaunenchor Hagsfeld. „Mir macht Trompete spielen total viel Spaß“, strahlt sie. Seit sie sechs Jahre alt ist, spielt sie das Instru-

ment, ihr Vater ist ebenfalls Chormitglied. „Wir spielen ein ganz breites Repertoire: von klassischer, geistlicher und weltlicher Musik bis hin zu Rock, Pop und Jazz“, sagt Erich Sartori. Und auch die Filmmusik aus dem Film „Fluch der Karibik“ hat der Chor schon geprobt und gespielt. Der Terminkalender des Chors ist voll: Gespielt wird bei Gottesdiensten, bei Trauerfeiern auf dem Friedhof, auf Festen im Stadtteil, auf dem Christkindlesmarkt. „Diesjähriger

tionär und etwa 150 000 Patienten ambulant. Gemeinsam erwirtschaften sie einen Umsatz von rund 240 Millionen Euro und sind mit mehr als 3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber in der Region. Zusammen sei man noch stärker, meint Vorstandsmitglied Dr. Karlheinz Jung. „Wir waren uns von Beginn an über das gemeinsame Ziel einig“, versichert er. Schließlich liege die Basis des gemeinsamen Handelns seit jeher in der Tradition des christlichen Menschenbildes und in der christlichen Nächstenliebe. me

Info Acht Posaunenchöre gibt es in der Evangelischen Kirche im Posaunenchorbezirk Karlsruhe-Stadt mit insgesamt etwa 130 Mitgliedern. Der Bezirkschorleiter ist Dieter Cramer aus Rüppurr. Informationen zu den Posaunenchören finden Interessierte unter www.kirchenmusik-karlsruhe.de (Bereich „Chöre – Bläser“).

Höhepunkt war die Einladung zu einem Auftritt auf der 2. Karlsruher „BrassNight“, so Sartori. Gisela Kirchberg-Krüger hat bei vielen Großveranstaltungen mitgespielt. „Ich erinnere mich gerne an die großen Tauffeste der Evangelischen Kirche in Karlsruhe an der Alb, die wir musikalisch begleitet haben, und auch das Friedenslicht aus Bethlehem wird immer mit Posaunenmusik am Hauptbahnhof in Empfang genommen“, so die Musikbegeisterte. Diese Freude an der kraftvollen Musik verbindet alle miteinander. „Das ist fast wie Familie hier“, sagt Tibor Szegedi und alle holen tief Luft für die Probe des nächsten Stücks. cm

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Kunst, die zum Betrachter kommt Museumsführungen via Internet

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unstgeschichte und Theologie im Dialog: Seit vielen Jahren bieten das Roncalli-Forum, eine Einrichtung des Bildungswerks der Erzdiözese Freiburg, und die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe gemeinsam Führungen und Podiumsgespräche an. Zentral für diese Zusammenarbeit ist eine monatliche Führungsreihe, die erstmals zum „Jahr der Bibel 2003“ auf den Weg gebracht wurde. Dabei deuten zwei Referenten ein Kunstwerk sowohl theologisch als auch kunsthistorisch. Seit einigen Jahren gehört zu jedem der monatlichen Führungstermine auch eine Führung im Internet. Finanziell und technisch ermöglicht wird das durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg und das Programm Vitero. Teilnehmen kann jedermann. Das Ziel: Insbesondere Menschen mit körperlichen Einschränkungen sollen am öffentlichen Leben und an kultureller Bildung teilhaben. Dank der Internetführung können sie die Führungen verfolgen und mit anderen Interessierten kommunizieren. Das gemeinsame Projekt „Internetführung“ wurde 2013 mit dem „eLearning Award“ ausgezeichnet. Bei der Bildungsmesse „didacta“ in Köln erhielten die Kooperationspartner den Preis in der Kategorie „Social Media“. Unter anderem heißt es in der Begründung: „E-Learning befreit nicht nur vom Diktat der Zeit und des Ortes, sondern auch von

den Fesseln körperlicher Einschränkungen und struktureller Nachteile.“ Das Projekt erreicht über die Kunst auch Menschen, die der Kirche eher fernstehen. So wird Bildung zur Verkündung. Angebote dieser Art werden in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen – wegen des demografischen Wandels und wegen der zunehmenden Internetnutzung. Der Erfolg gibt den beiden Veranstaltern Recht: Die Doppelführungen finden großes Interesse bei den Besuchern. Und so hat man die Reihe Jahr für Jahr fortgeführt, jeweils unter einem neuen Thema wie etwa „Heiliger des Monats“, „Wendepunkte“ oder „Zeit und Ewigkeit“. Die verschiedenen Blickwinkel der beiden Disziplinen – Kunstgeschichte und Theologie – können einander ergänzen und bereichern. Auch moderne Kunst kann religiöse Dimensionen eröffnen. Die Technik erlaubt es ebenso, weitere Einrichtungen zuzuschalten, dabei waren etwa schon das Uhrenmuseum in Furtwangen oder das Kunstmuseum in Stuttgart. Fazit: Wenn Menschen nicht mehr ins Museum kommen können, kommt das Museum via Internet zu ihnen.

Hof im Schnee: Hermann Goebel malte dieses Bild 1913. Im Dezember wird es aus dem Depot der Kunsthalle geholt und in drei Führungen erläutert. Eine davon wird im Internet übertragen. Foto: Museum

Das Bild des Monats Dezember P

assend zur Jahreszeit, zeigt uns Hermann Goebel einen Blick in einen Hinterhof im Winter. Der Karlsruher Künstler schuf vor allem Landschaften des südwestdeutschen Raumes, bevorzugt des Bodensees, des Neckartals und des Odenwaldes. Stilistisch sind seine Frühwerke dem Jugendstil zuzuschreiben, seine späteren, farbintensiven Arbeiten, so

Termine J Dienstag, 13. Dezember 2016, 19 Uhr (Abendführung) J Mittwoch, 14. Dezember 2016, 13 Uhr (Kunstimbiss) J Mittwoch, 14. Dezember 2016, 16 Uhr (Internetführung) Veranstaltungsort: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Treffpunkt: „Roncalli-Wand“, Hauptgebäude, Hans-Thoma-Straße 2, 76133 Karlsruhe. Den Link zur Internetführung erhalten Sie beim Roncalli-Forum: [email protected].

wie das hier abgebildete Gemälde „Hof im Schnee“ von 1913, zeigen eine Beeinflussung durch den Expressionismus. Hermann Goebel studierte erst an der Karlsruher Akademie bei Ludwig Schmid-Reutte und Wilhelm Trübner, wurde dort später Professor und Leiter einer Malklasse und schließlich Direktor. Goebel konnte sich – wenn zunächst auch degradiert – als einer der wenigen Professoren auch nach 1933 an der Akademie halten und hatte das Amt des Direktors bis 1945 inne. Die Führungsreihe des RoncalliForums „Ungesehen – Gemälde aus dem Depot“ mit der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe bietet jeden Monat kunsthistorische und theologische Informationen zu einem Kunstwerk der Sammlung. Zwei Führungen finden im Museum statt, eine dritte wird im Internet übertragen. Dr. Albert Käuflein

Das Roncalli-Forum braucht Förderer D

as Roncalli-Forum ist ein Zentrum für theologische Erwachsenenbildung. Es versteht sich als Ort der Reflexion, des Dialogs und des Diskurses. In seinen Veranstaltungen greift es aktuelle und grundsätzliche Themen aus Kirche, Theologie, Wissenschaft, Kunst, Politik und Gesellschaft auf. Dabei beruft es sich auf den Geist des Papstes Johannes XXXIII., der mit bürgerlichem Namen Angelo Giuseppe Roncalli hieß. Johannes XXXIII. steht

für eine Öffnung der Kirche zur Welt sowie für einen neuen Aufbruch in der Kirche selbst – vor allem, weil er das Zweite Vatikanische Konzil einberief. Der Förderverein unterstützt das Roncalli-Forum ideell und materiell. Das bedeutet: Wir wirken bei der Programmgestaltung mit. Außerdem werden mit unserer Hilfe größere Veranstaltungen finanziert und prominente Referenten eingeladen. Wir möchten Sie zum Mittun einladen. Bitte, fordern Sie weitere Informationen über den Förderverein an! Und

entscheiden Sie sich für eine Spende oder Mitgliedschaft! Stephan Langer, Vorsitzender des Fördervereins

Fordern Sie unser aktuelles Programm an! Roncalli-Forum Ständehausstraße 4 76133 Karlsruhe Telefon 07 21 / 9 32 83 30 www.roncalli-forum.de [email protected]

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Gemeinsames Singen steht im Vordergrund Hunderte Teilnehmer aus Deutschland und dem angrenzenden Ausland beim „Singalong“

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enschen, die gerne singen, kommen zusammen und gestalten gemeinsam einen Konzertabend. Nichts Besonderes, möchte man meinen. Das „Karlsruher Singalong“ ist jedoch etwas Besonderes. Alljährlich in der Vorweihnachtszeit, nämlich immer am Samstag vor dem 2. Advent, treffen sich Chorsängerinnen und -sänger aus verschiedenen Chören in der Durlacher Stadtkirche und singen das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. „In diesem Jahr sind die Kantaten 1 bis 3 an der Reihe“, sagt Initiator Johannes Blomenkamp. Der Bezirkskantor weist auch darauf hin, dass nicht nur Chormitglieder zum Mitsingen eingeladen sind: „Jeder, der Lust aufs Singen hat, kann mitmachen“, versichert er. Man trifft sich um 18 Uhr in der Kirche, probt eine halbe Stunde, setzt sich anschließend noch bei Kaffee, Tee und Hefezopf gemütlich zusammen und beginnt um 19 Uhr mit dem Konzert. „Das macht den besonderen Reiz einer solchen Veranstaltung aus“, schwärmt Blomenkamp. Er hat die Idee des „Singalong“ von einem Kollegen aus Hannover übernommen. „Anfangs wusste ich nicht, ob es tatsächlich funktio-

Alljährlich treffen sich Sängerinnen und Sänger zum gemeinsamen Singen des Weihnachtsoratoriums von Bach. Das „Singalong“ in der Durlacher Stadtkirche ist aus dem Karlsruher Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken. Foto: Archivmaterial „Musik an der Stadtkirche Durlach“ niert“, gesteht er. Aber inzwischen seien acht Veranstaltungen erfolgreich über die Bühne gegangen, freut er sich. Im vergangenen Jahr konnten rund 300 Teilnehmer begrüßt werden, und am 3. Dezember gibt es die bereits 9. Auflage des „Karlsruher Singalong“. „Es ist vor allem für jene

Menschen eine schöne Alternative, die nicht die Zeit haben, wöchentlich zu einer Chorprobe zu kommen“, meint Blomenkamp und erzählt, dass inzwischen Teilnehmer aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland zu diesem besonderen Ereignis nach Durlach

kommen. „Die Menschen kommen von weit her, weil solche Veranstaltungen nicht sehr verbreitet sind“, so Blomenkamp. Im Vordergrund stehe nicht das Vorführen, sondern das gemeinsame Singen, erklärt der Bezirkskantor. „Bei diesen Auftritten herrscht immer eine sehr entspannte Atmosphäre“, fügt Lisbeth Hönig hinzu. Sie ist jedes Jahr als Chorsängerin dabei, gehört aber auch zum Organisationsteam des „Singalong“. Besonders schön sei es, dass man bei dieser Veranstaltung mit einem Orchester singen könne. „Man darf auch jederzeit aussteigen, wenn einem eine gewisse Stelle zu schwer wird, und später wieder einsteigen“, meint sie. Das nehme den Druck von den Teilnehmern, weshalb die Gesamtstimmung immer „heiter und beschwingt“ sei. Johannes Blomenkamp weist darauf hin, dass es immer einen prominenten Schirmherrn für die Veranstaltung gibt: „In diesem Jahr konnten wir Altlandesbischof Ulrich Fischer gewinnen“, berichtet er. Es ist auch eine schöne Tradition geworden, dass der Schirmherr am Sonntag nach dem Auftritt, in diesem Jahr also am 4. Dezember, in der Durlacher Stadtkirche predigt. me

Kreative Art der Spendenakquise Monsignore Friedrich Ohlhäuser-Stiftung organisiert „Kindertanzzirkus“ / Unterstützung für Flüchtlingsprojekt

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ie Monsignore Friedrich Ohlhäuser-Stiftung, die von der Baugenossenschaft Familienheim Karlsruhe eG gegründet wurde, macht es sich seit 2009 zur Aufgabe, notleidende Menschen zu unterstützen. „Wir helfen auf unbürokratische Weise und finanzieren individuelle Hilfe direkt dort, wo sie gebraucht wird“, sagt Rüdiger Esslinger, Vorstandsvorsitzender der Stiftung. Um helfen zu können, müssen immer

wieder neue Spendenprojekte ins Leben gerufen werden. So wurde zum Beispiel mit der Tanzschule Vollrath Tönnies das Konzept „Kindertanzzirkus“ entwickelt. Die Tanzschule bot Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren ein kostenloses Tanztraining an. Innerhalb kürzester Zeit hatten sich mehr als 200 Kinder aus Karlsruher Kindergärten angemeldet. Den Abschluss bildete eine große Zirkusshow, zu der Eltern und

Bei „Bikes without Borders“ reparieren Ehrenamtliche und Flüchtlinge gemeinsam alte Fahrräder. Foto: Ohlhäuser-Stiftung

Großeltern sowie Freunde und Bekannte der Kinder eingeladen wurden. Die Eintrittsgelder zu dieser Show kommen der Stiftung zugute. Eines der Projekte, das mit den verschiedenen Spendeneinnahmen mitfinanziert wurde, ist „Bikes without Borders“. Das Projekt des Freundeskreises Asyl konnte mit rund 1 200 Euro unterstützt werden. „Mobilität ist ein Stück Freiheit“, so der Projektansatz. Deshalb stellen die Ehrenamtlichen von „Bikes without Borders“ den Bewohnern der Flüchtlingsunterkünfte Leihfahrräder zur Verfügung. Die alten Fahrräder, die als Spende an die Initiative gegangen sind, wurden zuvor von Ehrenamtlichen und Flüchtlingen repariert. Das gemeinsame Reparieren der Fahrräder schafft die Möglichkeit, sich besser kennen zu lernen und dabei Sprachhürden zu überwinden. Mittlerweile hat sich die Radwerkstatt zu einem festen Treffpunkt von Karlsru-

hern und Flüchtlingen entwickelt. Die Stiftung unterstützt dieses Projekt nicht nur mit alten Rädern, die nach Mieterwechseln in den Wohnungen der Baugenossenschaft zurückgelassen wurden, sondern eben auch mit einer finanziellen Hilfe, die dazu dient, Werkzeug und Ersatzteile zu kaufen. Zusätzlich konnte die Stiftung in diesem Jahr mehr als 14 000 Euro Spendengelder an Bedürftige ausschütten. Sie erhielten zum Beispiel notwendige Gebrauchsgegenstände, wie etwa Betten, Matratzen oder Kühlschränke, aber auch Beihilfen zu Zahnbehandlungen wurden geleistet. me

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Befreit zur Verantwortung M

it einer Vielzahl von Veranstaltungen und einer Kampagne unter dem Motto „Ich bin so frei“ erinnert die badische Landeskirche bis zum 31. Oktober 2017 an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren und fragt nach der Bedeutung der reformatorischen Botschaft für die Gegenwart. Für Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh ist diese „eine Botschaft der Freiheit – Freiheit von Menschenfurcht, Freiheit von all den Erwartungen, die Menschen an uns

stellen“. Die neu gewonnene Freiheit sei aber nicht mit Beziehungslosigkeit zu verwechseln, sondern beinhalte eine „Aufwertung des Weltlichen“ und die Verantwortung für die Welt, zum Beispiel durch den Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit. Der Landesbischof betonte zugleich, wie wichtig es sei, der Reformation „in einem internationalen und ökumenischen Horizont zu gedenken“. „Das Wissen, dass man letzten Endes nicht in letzter Instanz, sondern nur vorläufig Verantwortung hier trägt, hilft mir, insbesondere dann, wenn schwierige Entscheidungen zu treffen sind“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zur Eröffnung des Reformationsgedenkens in Baden. Die Videobotschaft des Bundesfinanzministers ist nachzuhören und zu sehen auf ichbinsofrei.de. Die badische Landeskirche, ihre Kirchenbezirke und -gemeinden erinnern auf vielfältige Weise an die Reformation im Südwesten Deutschlands (siehe „Feiern Sie mit“). Höhepunkt und Abschluss bilden ein Festakt mit Vertretern der Politik und ein ökumenischer Festgottesdienst am 28. und 31. Oktober 2017.

Mit einer Plakat-Kampagne hebt die badische Landeskirche den reformatorischen Gedanken der Freiheit hervor: Unter dem Motto „Ich bin so frei“ bekennen Menschen aus ganz Baden, welche Freiheiten ihnen der Glaube im Alltag schenkt: Vom Landwirt über den Lkw-Fahrer bis zur Finanzexpertin und zum Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens. Weitere Informationen unter www.reformation-baden.de Liebe Leserinnen und Leser der Kirchenzeitung,

Feiern Sie mit! Mehr als 3000 Veranstaltungen führen in Baden durchs Jubiläumsjahr

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um Jubiläumsjahr 500 Jahre Reformation gehören in Baden auch mehrere Großveranstaltungen, die es sich lohnt, im Kalender vorzumerken. Einige finden in und um Karlsruhe statt. Die Ausstellung „Die Macht des Wortes – Reformation und Medienwandel“ in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe ist noch bis zum 25. Februar 2017 zu sehen. „Europäischer Stationenweg“: Zweimal macht die Roadshow zur Reformation durch 68 Städte in 19 Ländern in Europa Halt in Baden: am 12. und 13.Dezember 2016 in Heidelberg und am 15.Dezember 2016 in Bretten. Ein Truck mit einer interaktiven Ausstellung informiert. 2200 Sängerinnen und Sänger werden am 11. Februar 2017 um 19 Uhr zusammen mit Profis, Rockband und Sinfonieorchester das Pop-Oratorium „Luther“ in der SAP-Arena in Mannheim aufführen. Luther zum Anfassen: Vom 15. Mai bis zum 28. Juli 2017 in der Pforzheimer Schlosskirche und vom 17. September bis zum 23. November 2017 in der Matthäuskirche in Karlsruhe kann man sich mitnehmen lassen auf eine Zeitreise unter dem Motto „Mensch Luther“. Mehr Infos unter www.sinnenpark.de Falls Sie zum Kirchentag 2017 (24. bis 28. Mai) oder überhaupt einmal an die Hauptwirkungsstätte Luther reisen wollen: Im Mai und Juni 2017 ist die badische Landeskirche auf der Weltausstellung der Reforma-

Foto: Creative Kirche, Witten

2200 Sängerinnen und Sänger – ein stimmgewaltiger Chor fürs Pop-Oratorium Luther am 11. Februar 2017 in der SAP-Arena in Mannheim. Das Foto zeigt die Welturaufführung in der Dortmunder Westfalenhalle. tion in Wittenberg (20. Mai bis 10. September) mit einem Projekt zu Philipp Melanchthon vertreten. Anmeldungen zum Kirchentag sind bereits unter kirchentag.de möglich. Beim „Badischen Chorfest“ vom 30. Juni bis 2. Juli 2017 verwandelt sich die Heidelberger Altstadt für drei Tage in eine große Bühne und feiert die Reformation mit Gesangsbeiträgen von Chören aus ganz Baden. Der Fahrradpilgerweg zur Reformation führt vom 28. Juli bis 11. August 2017 von Konstanz nach Worms – durch Deutschland, die Schweiz und Frankreich. Voraussichtlich ab Januar kann man sich anmelden, auch für einzelne Etappen unter ekiba.de/fahrradpilgern. Rund 1000 evangelische Jugendli-

che treffen sich vom 6. bis 8. Oktober 2017 zum Youvent, diesmal in Bretten. Das Motto im Reformationsjahr lautet „Du schreibst Geschichte“. Vom 29. Oktober 2017, bis zum 2. April 2018 zeigen die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim die Ausstellung „Kernräume der Reformation – der Südwesten und Europa“. In Karlsruhe findet am 31. Oktober 2017 um 19 Uhr der zentrale ökumenische Gottesdienst zum Reformationsgedenken in der Stadtkirche statt – mit Landesbischof CorneliusBundschuh und Erzbischof Burger. Und 2018? Am 26. April startet in Heidelberg die Festwoche zu „500 Jahre Heidelberger Disputation“. Aktuelle Informationen finden Sie stets unter www.reformation-baden.de.

ein runder Geburtstag steht an. Am 31. Oktober 2017 begehen etwa 800 Millionen protestantische Christinnen und Christen weltweit den 500. Geburtstag der Reformation. Wir wollen mitfeiern. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Besonders freuen wir uns darauf, dieses Jubiläum an vielen Orten gemeinsam mit unseren katholischen Geschwistern als „Christusfest“ zu gestalten. Was war damals wichtig? Was trägt uns heute? Am Anfang steht ein neues, kräftiges Gottvertrauen. Der Glaube macht frei. Er ist stärker als jede Furcht vor Menschen. Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch hat diese Entdeckung gut gelaunt für sich zusammengefasst: „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit!“ Der Reformation geht es um den Glauben des einzelnen Menschen. Aber zugleich betont sie: Christenmenschen sind frei, für andere da zu sein. Sie übernehmen in ihrem Alltag Verantwortung: in der Familie und im Beruf, im Verein, in der Nachbarschaft und in der Politik, in der Kirche. Was ist Ihnen wichtig an Ihrem Glauben und an Ihrer evangelischen Kirche? Dass wir über den Glauben nachdenken und man in der Kirche auch zweifeln darf? Dass wir für die Schwachen eintreten und Orientierung geben? Dass unser Glaube weitergegeben wird an die nächste Generation? Dass sich die Kirche von unten aufbaut und alle gemeinsam für ihre Gestalt verantwortlich sind, die getauft sind? Bis zum Reformationsjubiläum 2017 ist ein Jahr Zeit, über diese Fragen miteinander ins Gespräch zu kommen: in der Gemeinde und eben gerne auch ökumenisch. Oder vielleicht mal an der Arbeit oder in der Familie. Gottvertrauen macht frei und mutig. Das brauchen wir, das feiern wir! Herzliche Grüße Ihr Jochen Cornelius-Bundschuh Landesbischof

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An Weihnachten wird’s musikalisch Klassiker wie „Stille Nacht“ oder „O du fröhliche“ werden gerne in den Familien gesungen

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s ist Heiligabend. Die Kerzen brennen am Baum, und die ganze Familie hat sich versammelt, schließlich ist Weihnachten ja das „Fest der Liebe“. Aber auch das Fest der Musik, denn wer kennt sie nicht, die Weihnachtslieder, die seit Jahrzehnten oder gar seit Jahrhunderten gesungen werden – Klassiker wie „Stille Nacht“ oder „O du fröhliche“. Sie gehören auch in den Zeiten von „Wonderful Dream“ oder „Last Christmas“ immer noch zu den Lieblingsliedern der Deutschen. Sie gehören zum Fest wie der Christbaum, die Plätzchen oder die Geschenke.

Singen als feste Tradition „Bei uns ist es eine feste Tradition, dass an Heiligabend, vor der Bescherung, gesungen wird“, erzählt Katrin Burger. „An diesem Abend kommt die ganze Familie zusammen, auch die Großeltern und die Geschwister sind dabei“, sagt sie. Und obwohl alle Jahre wieder die gleichen Lieder auf dem Programm stehen, ist nicht jedes Familienmitglied absolut textsicher, wie sie lachend gesteht. „Da-

In vielen Familien gehören das gemeinsame Singen und Musizieren unter dem Weihnachtsbaum zu den alljährlichen Ritualen. Foto: Imcsike/Fotolia her teilen wir immer die Notenblätter aus.“ Zu ihren Lieblingsliedern zählt „Macht hoch die Tür“ und „O du fröhliche“. „Wenn mein Neffe mit dabei ist, haben wir sogar Instrumentalbegleitung. Er spielt nämlich Klavier“, sagt sie.

Auch in der Familie von Monika Kalmus wird an Heiligabend gesungen – und zwar nach der Bescherung. „Einer setzt sich ans Klavier und fängt an zu spielen“, erzählt sie. „Derjenige, der spielt, bestimmt, was gesungen wird.“ Natürlich habe je-

des Familienmitglied sein besonderes Lieblingslied. „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, ist ihr Lieblingslied. „Generell sind wir ziemlich textsicher. Zumindest die erste Strophe funktioniert immer“, meint sie. Traditionell geht Familie Kalmus nach dem gemeinsamen Singen in die Christmette. „Auch das gehört bei uns jedes Jahr dazu.“ „Stille Nacht“ und „O Tannenbaum“ gehören zum Repertoire der Familie Broß. „Aber auch unsere beiden Söhne bringen Lieder aus dem Kindergarten mit nach Hause, die wir dann an Heiligabend gemeinsam singen“, erzählt Lars Broß. Er gibt zu, dass er und seine Frau gerne auf das Singen verzichten würden, die Kinder aber darauf bestünden. Broß, Lehrer an der HebelRealschule, berichtet, dass die Schüler und Lehrer der Schule jedes Jahr vor den Weihnachtsferien einen Weihnachtsgottesdienst in der HerzJesu-Kirche feiern. „Auch bei dieser Gelegenheit werden natürlich gemeinsam Weihnachtslieder gesungen. Das hat eine lange Tradition.“ me

Die Mitgliedskirchen der ACK stellen sich vor Z

u den Kirchen und Gemeinden der letzten zwei Ausgaben kommen hier zwei weitere. Alt-Katholiken: eine unabhängige katholische Reformkirche Wer in Karlsruhe am Mühlburger Tor aus der S-Bahn steigt und die neu-gotische Kirche „Christi Auferstehung“ ansteuert, entdeckt die AltKatholiken. Die Gemeinde entstand 1872, die Kirche wurde von Carl Schäfer gebaut. Die alt-katholische Kirche ist eine reformorientierte, unabhängige katholische Kirche mit ökumenischer Ausrichtung. Unter Rückgriff auf Strukturen der frühen („alten“) Kirche ist sie bischöflichsynodal aufgebaut, mit gemein-

schaftlicher Verantwortung von Männern und Frauen für das Leben der Kirche auf allen Ebenen. Frauen sind zu allen kirchlichen Ämtern zugelassen. Niemand wird aufgrund seiner sexuellen Orientierung oder seiner Lebensgeschichte zurückgesetzt. Die alt-katholische Kirche steht seit 1931 in voller Kirchenunion mit der Anglikanischen Kirche, ist Gründungsmitglied des Ökumenischen Weltrates der Kirchen und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Seit 1985 besteht eine offizielle gegenseitige Einladung zu Abendmahl / Eucharistie mit der EKD.

Die Gemeinde feiert jeden Sonntag um 10 Uhr Gottesdienst und bietet während der Woche Gebetszeiten, spirituelle Angebote, Konzerte und Begegnungsmöglichkeiten an. Die stille Atmosphäre der offenen Kirche ist für viele Karlsruher ein Ort des Kraftschöpfens. Pfr. Markus Laibach, www.alt-katholisch.de Evangelisch Freikirchliche Gemeinde – Baptisten An die 200 Mitglieder jeder Altersschicht besuchen unsere Gottesdienste in der Karlsruher Nordstadt. Beim „Lobpreis“ freuen wir uns über ein breites Spektrum von traditionellen Chorälen bis hin zu zeitgenössi-

scher Musik, das durch viele begeisterte Musiker in unserer Gemeinde abgedeckt wird. Wir praktizieren die Glaubenstaufe (griech.: baptisma) aus persönlichem, mündigem Ent-

schluss. Neuerdings haben wir mit dem OHIO e.V. ein sozialdiakonisches Werk gegründet: Unsere Berater sind aktiv in den Bereichen Lebensberatung, Studentenberatung sowie Still- und Schreiambulanz. Pastor: Hans Kolthoff, www.efg-karlsruhe.de

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Aufklärung statt post-faktischer Beliebigkeit Die Fragen der Zeit im Theologischen Gesprächskreis des Bildungszentrums Karlsruhe

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er Glaube der Bibel: Nie war er so wichtig wie heute, könnte man in Abwandlung eines bekannten Werbespruchs sagen. Denn in einer Zeit, die man „post-faktisch“ nennt, in der also große politische Entscheidungen wie der „Brexit“ und die Wahlen in den USA, in der überhaupt die verbreitete Konjunktur rechtsextremer Positionen und Gruppierungen nicht mehr rationalen Kriterien und Qualitätsstandards folgen, sondern einem schwer durchschaubaren Mutwillen, braucht es Orientierung. Und es bedarf des Glaubens der Bibel, der sich, manchem Vorurteil zum Trotz, von Anfang an auf Vernunft und rationale Kritik verpflichtet hat: Der christliche Glaube ist „die Option für die Priorität der Vernunft und des Vernünftigen“ (Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI.). Allerdings gilt es, genau hinzusehen und zu unterscheiden. Denn nicht alles, was als vernünftig gilt, ist es auch: Vor allem die als „alternativlos“ ausgegebenen „Gesetze der Ökonomie“ mögen zwar gelten – im engen Binnenbereich der Wirtschaft und auch dort nur durch Gesetze und Regeln gebunden an das Gemeinwohl (vgl. Art. 14 Abs. 2 Grund-

gesetz!). Wo sie weltweit als Orientierungsrahmen für das ganze Leben des Einzelnen und der Gesellschaft verabsolutiert werden, werden sie zur Ersatzreligion. Und der „Götze Markt“ (Hugo Assmann / Franz Hinkelammert) zerstört das Leben der

Einzelnen und der Gesellschaft wie jeder Abgott. Die kapitalistische Ideologie herrscht heute so universal, dass man verstehen kann, wenn die vielen Menschen, die deshalb um ihre Existenz fürchten müssen, sich politisch nicht mehr vertreten wissen – was destruktive Wahlentscheidungen in ihrer Verantwortungslosigkeit übrigens nicht entschuldigt. Die Bibel hat schon vor bald 3 000 Jahren gewusst, wie Kapitalisten denken: Auch am Sabbat wollen sie die Speicher öffnen und Getreide verkaufen

(Amos 8, 5) – Stichwort verkaufsoffene Sonntage … Und noch drastischer: Sie wollen „das Maß kleiner und den Preis größer machen … Sogar den Abfall des Getreides machen wir zu Geld.“ (Amos 8, 5.6) Biblische Rationalität entlarvt Lügen und falsche Alternativlosigkeiten; sie ist Gesellschaftskritik und Aufklärung. Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. geht noch einen Schritt weiter: „Im Christentum ist Aufklärung Religion geworden und nicht mehr ihr Gegenspieler“.

Der Theologische Gesprächskreis des Bildungszentrums Karlsruhe: ein Ort für die Vernunft des Glaubens Besonders die kirchliche Bildungsarbeit weiß sich dieser rationalen Grundsignatur des biblischen Glaubens verpflichtet. Im Theologischen Gesprächskreis des Bildungszentrums Karlsruhe (Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg) werden die großen Fragen des Lebens und des Glaubens auf dieser Grundlage diskutiert: jeweils einmal im Monat, immer am

Donnerstagabend um 19.30 Uhr. Im laufenden Semester geht es um Weihnachten: Das Fest, das nach wie vor tiefe Sehnsüchte anrührt, führt mitten hinein in zentrale theologische Fragen nach Gott und dem Menschen – auch angesichts der Skepsis vieler Menschen hinsichtlich des Leids in der Welt. Das Buch „Krippengeflüster. Weihnachten zwischen Skepsis und Sehnsucht“ des Freiburger Fundamentaltheologen Magnus Striet dient als Leitfaden. Tobias Licht

Informationen Theologischer Gesprächskreis „Krippengeflüster“: Weihnachten als Ringen um Gott und den Menschen – Zwischen Skepsis und Sehnsucht II Mit Pfrin. Kira Busch-Wagner, Ettlingen, und Dipl.-Theologe Tobias Licht Bildungszentrum Karlsruhe, Ständehausstraße 4 1. Dezember 2016, 5. Januar 2017 und 23. Februar 2017, jeweils 19.30 bis 21 Uhr

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„Welches ist Ihr Lieblingswort?“ Der neue Clip auf den S-Bahn-Bildschirmen

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er in Karlsruhe und Umgebung S-Bahn fährt, kann sich auf bestimmten Linien von Fahrgast-TV unterhalten lassen. Dieser Tage ist auf den Bildschirmen ein neuer VideoClip zu sehen: Junge Leute, aufgenommen in Karlsruhes Einkaufszone, suchen offenbar etwas, schauen fragend in die Luft, greifen schließlich zu Filzstift und Block und schreiben Worte nieder. „Familie“, „Vertrauen“, „Mutter“ … Der Spot endet mit der Frage „Und was ist Ihr Lieblingswort?“ Als Fahrgast ist man versucht, sofort Antworten auf die Frage zu finden. „Freiheit“ könnte so ein Lieblingswort sein. „Fairness“ liegt nah, „Toleranz“, „Vielfalt“, „Gnade“, „U-Strab“ (wirklich?), „Gastfreundschaft“, „Liebe“, „Freude“, „Schnäppchen“, „gleichwohl“, „Sommersonne“ – was fällt Ihnen als Lieblingswort ein? Wer hinter der Kampagne steckt und wozu sie gut sein soll, erschließt sich erst einmal nicht. Hier lüften wir das Geheimnis: Hinter der Idee steckt die Evangelische Erwachsenenbil-

dung Karlsruhe. Gemeinsam mit Fahrgast-TV, einem Pilotprojekt von Baden TV und dem Karlsruher Verkehrsverbund, wird sie in die Tat umgesetzt. „Lieblingswort“ steht im Zusammenhang mit dem Festjahr zum Reformationsjubiläum, das am 31. Oktober 2016, dem Reformationstag, mit einem Festakt in Berlin eröffnet wurde. Zum 500. Mal jährten sich an diesem Tag die Veröffentlichung von Luthers Thesen und der Beginn der Reformation. Luther forderte, die Kirche solle sich wieder auf „das Wort“ besinnen, gemeint als Gottes Wort, zu finden in der Urkunde des christlichen Glaubens, der Bibel. Auch das Projekt „Karlsruher Lieblingswort“ geht davon aus, dass die evangelische Kirche sich als eine Kirche des Wortes sieht: Luthers Votum „Das Wort sie sollen lassen stahn“, Zitat aus dem von ihm gedichteten und komponierten Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“, verweist auf Gottes Wort als Wurzel des Christseins und Richtschnur der christli-

Foto: Joachim Faber

chen Kirchen. „Karlsruher Lieblingswort“ fragt nach den Worten, die der Bevölkerung heutzutage so lieb, wert und wichtig sind, dass sie sie auf einer Website „stahn“ sehen möchten. Das Projekt ist geeignet, jede Menge Menschen aus Karlsruhe und der Region (soweit der KVV sie abdeckt, also weit…) zu beteiligen, wenn es um ihr Lieblingswort geht. Die Frage „Und was ist Ihr Lieblingswort?“ wird demnächst ergänzt durch den Hinweis auf die Website www.karlsruherlieblingswort.de, auf der die KVVFahrgäste und wer sonst will das je eigene Lieblingswort eintragen können, um es wenig später in der Liste der eingereichten Lieblingsworte öffentlich wiederzufinden. Außerdem bietet die Website Links zu Einrichtungen, Projekten und Veranstaltungen im

Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum. So können die Nutzerinnen und Nutzer der Site nicht nur das eigene Lieblingswort nennen, sondern auch mit den unterschiedlichen Facetten „des Wortes“, der Kirche des Wortes, des Reformationsjubiläums, und überhaupt der Bedeutung von „Worten“ bekannt werden. Man darf gespannt sein, welche Worte als Lieblingsworte eingereicht werden, und ob sich schließlich ein besonders oft genanntes Wort als „Karlsruher Lieblingswort“ herausstellt. Herabwürdigende Worte, parteipolitisch motivierte Einträge, Schmähungen und diskriminierende Worte werden nicht auf die Website gelangen. Schenken Sie Karlsruhe Ihr Lieblingswort? Dann tragen Sie es ein auf www.karlsruherlieblingswort.de

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Strahlende Gesichter und berührende Momente Clownsvisiten in den Altenpflegeheimen des Badischen Landesvereins für Innere Mission sorgen für gute Laune bei den Bewohnern

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etzt kommt der ultimative Geburtstagskuss“, sagt Herr Karotte, umarmt Rosine Lösch und drückt ihr einen Kuss auf die Backe. Die Jubilarin strahlt. Dann greift Herr Karotte für das Geburtstagsständchen zur Gitarre, und alle singen mit. Clownsvisite im Friedensheim: Frau Bobbele (Doris Batzler) und Herr Karotte (Thomas Ruff) bringen gute Laune und Abwechslung in den Alltag der Bewohner. Seit gut einem Jahr besucht das Duo regelmäßig das Friedensheim und das Altenhilfezentrum Karlsruhe Nordost des Badischen Landesvereins für Innere Mission (BLV). Kaum erklingen heute die ersten Töne des Kufsteinlieds, stimmen die Bewohner mit ein. „Kennst du die Perle, die Perle Tirols“, schallt es aus allen Kehlen. Auch abwesende oder teilnahmslose Senioren blühen bei der Darbietung der beiden Clowns richtig auf. „Auch Menschen mit demenziellen Erkrankungen profitieren von den Besuchen“, ist Christine JungWeyand, Vorstand des BLV, überzeugt. Bei den Besuchen würden die Bewohner aber nicht veralbert oder vorgeführt. „Sie sollen sich bei uns zu Hause fühlen und Wertschätzung erleben.“ Der BLV ist zur Zeit der einzige Karlsruher Träger, der Clownsbesuche in Altenhilfeeinrichtungen organisiert. Die Kosten trägt der BLV

Abwechslung und gute Laune mit Frau Bobbele und Herrn Karotte: Rosine Lösch freut sich über zwei ganz besondere Gratulanten. Fotos: BLV zum großen Teil selbst. Im Rahmen der „Woche der Diakonie“ erhielt der Träger lediglich einen Zuschuss von 5000 Euro. Doris Batzler und Thomas Ruff sind beide ausgebildete Schauspieler mit der Zusatzausbildung KlinikClowns. Batzler, die vor ihrer Schauspielkarriere eine Ausbildung als

Krankenpflegerin gemacht hat, kann bei ihren Besuchen im Friedensheim und im Altenhilfezentrum Karlsruhe Nordost beide Ausbildungen optimal miteinander verbinden. „Das sind immer wieder sehr berührende Momente, die ich da erlebe“, erzählt sie. „Der Auftritt von Frau Bobbele und Herrn Karotte ist für viele unserer Senioren der Höhepunkt der Woche“, berichtet die Leiterin des Friedensheims, Beatrix Wieß, und, dass die gute Laune der beiden einfach ansteckend sei. Es gibt Ereignisse und Schlüsselwörter, die in der Vergangenheit der

Menschen eine große Rolle gespielt haben. „Darüber informieren wir die Clowns, so bekommen sie schneller Zugang zu den Bewohnern“, erzählt Beatrix Wieß. „Musik ist oft ein guter Zugang, denn Volkslieder und Evergreens wecken Erinnerungen“, weiß Thomas Ruff, der in seinem orangenen Anzug wirklich fast wie eine Karotte aussieht und erzählt, dass er schon von mehreren Bewohnerinnen im Heim Heiratsanträge erhalten hat, „aber die Entscheidung für die Richtige ist einfach zu schwer …“ Über 700 Mitarbeitende und 100 Auszubildende machen den BLV zu einem der größten Träger sozialer Einrichtungen in Baden. Sie verbinden qualifizierte Betreuungsangebote mit menschlicher Wärme und individueller Wertschätzung. Der BLV entwickelt seine Angebote stetig weiter und ergänzt sie um zukunftsorientierte Betreuungs- und Pflegekonzepte.

Infos & Kontakt Badischer Landesverein für Innere Mission Südendstraße 12 76137 Karlsruhe [email protected] Telefon 07 21 / 12 08 44-0

BLV-Fotoausstellung „Blickwinkel“ von Schülerinnen und Schülern der Enzbergschule M

ich freut es ganz besonders, dass wir heute keine Vernissage mit professionellen Künstlern, sondern mit Schülerinnen und Schülern unserer Enzbergschule feiern“ begrüßte der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates des Badischen Landesvereins für Innere Mission, Herr Dr. Hans-Joachim Kessle, die rund 65 Gäste, darunter auch Eltern der beteiligten Schülerinnen und Schüler, im Traugott-Bender-Haus. 20 Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 3 bis 6 haben über einen Zeitraum von etwa fünf Monaten die Fortschritte der Umbaumaßnahmen des Schulhofes der Enzbergschule fotografisch begleitet. Durch die Bilder

Den Fortschritt erfolgreich im Blick: Den Umbau ihres Schulhofs haben die Schülerinnen und Schüler der Enzbergschule fünf Monate lang mit ihren Kameras begleitet. Das Ergebnis war Grund zur großen Freude bei allen Beteiligten. Fotos: BLV

stellte der Enzbergschule für das Projekt sechs Kameras zur Verfügung. Limberger, der sichtlich angetan war vom „Witz und Esprit“ der Bilder, überreichte als Überraschung des Abends den zahlreich erschienenen Schülerinnen und Schülern ein weiteres Kameramodell als Spende. Saud Kahlid, Schülersprecher der Enzbergschule, war ebenfalls bei dem Projekt beteiligt und fasste zusammen: „Es hat einfach Spaß gemacht, mit den Kameras loszuziehen. Wir konnten zeigen, wie super unser neuer Fußballplatz auf dem Schulhof geworden ist.“

Ausstellung werden eigene Blickwinkel und Perspektiven deutlich. Die Schülerinnen und Schüler konnten die Fortschritte auf der Baustelle so ganz bewusst wahrnehmen. Die Bilder sind in Zweier-Gruppen ohne Begleitung eines Erwachsenen entstanden, und durch das Experimentieren mit Belichtungszeiten und Brennweiten ha-

ben die Bilder einen ganz eigenen Stil. Dies hob auch Markus Limberger von der Firma Leica hervor: „Die Kamera verändert den Blick der Menschen auf die Welt. Jeder Mensch sieht die Welt ein bisschen anders – wir wollten zeigen, aus welchem Blick die Schüler ihren Schulhof sehen.“ Leica

Zurzeit kann die Ausstellung im BLV, Südendstraße 12, ohne vorherige Anmeldung bis Ende Januar von Montag bis Freitag von 9.00 bis 16.00 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.

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Woher kommen unsere Weihnachtsbräuche? Adventskranz, Christbaum und Weihnachtskrippe bereichern das Fest seit Hunderten von Jahren

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iele Bräuche, die für uns zur Advents- und Weihnachtszeit dazugehören, sind gar nicht so alt, wie man meinen möchte: So wurde etwa der Adventskranz im Jahr 1839 vom evangelisch-lutherischen Theologen Johann Hinrich Wichern im evangelischen Norddeutschland erfunden. Mit einem Holzrad, auf dem 20 kleine und vier große Kerzen angebracht

Aus den Kirchen ist der Christbaum heute nicht mehr wegzudenken. Dabei sind sie dort erst seit der Mitte des 20. Jahrhunderts erlaubt.

waren, wollte er seinen Kindern die Wartezeit auf das Weihnachtsfest verkürzen. Erst rund hundert Jahre später hatte sich der Adventskranz, der zu diesem Zeitpunkt nur noch mit den heute üblichen vier Kerzen geschmückt war, auch in katholischen Gegenden durchgesetzt. Im Jahr 1925 wurde erstmals ein Adventskranz in einer katholischen Kirche aufgehängt – und zwar in Köln. Auch ein Weihnachtsfest ohne Christbaum ist heute unvorstellbar. Doch die Tradition des geschmückten Baums reicht erst einige hundert Jahre zurück. Der Ursprung liegt wohl in heidnischen Bräuchen, bei denen immergrüne Pflanzen als Symbol für Fruchtbarkeit und Lebenskraft verwendet wurden. Der älteste Beleg für einen dekorierten Tannenbaum stammt aus Bremen – und zwar aus dem Jahr 1597. Im 18. Jahrhundert verbreitete sich der Brauch zunächst bei wohlhabenden Bürgern, da Tannenbäume damals noch knapp und teuer waren. Erst ab dem 19. Jahrhundert trat der geschmückte Tannenbaum seinen Siegeszug über Deutschland und Europa hinaus an. Die katholische Kirche setzte sich lange gegen dieses unreligiöse Brauchtum zur Wehr.

Krippen zeigen die Weihnachtsgeschichte. In den ersten Krippendarstellungen waren jedoch nur das Jesuskind sowie Ochs und Esel zu sehen. Fotos: me Erst Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Christbäume in katholischen Kirchen erlaubt. Heute gibt es wohl kaum eine Kirche ohne Christbaum. Unter dem Christbaum steht oftmals eine Weihnachtskrippe. Ihre Geschichte reicht bis ins Frühchristentum zurück. Erste Darstellungen zeigten jedoch nur das Jesuskind, das in der Futterkrippe liegt, sowie Ochs und Esel. Die Figur der Maria kam

erst im Mittelalter hinzu, Josef sogar noch später. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen schließlich die Heiligen Drei Könige sowie die Hirten und ihre Schafe hinzu. Franz von Assisi stellte übrigens die Weihnachtsgeschichte erstmals 1223 mit lebenden Personen und Tieren nach. Er wollte damit den Gläubigen, die nicht lesen konnten, das Weihnachtsevangelium nahebringen. me

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Kenia steht im Mittelpunkt Sternsinger sind rund um den Jahreswechsel unterwegs estlich gekleidet und mit einem Stern vorneweg sind jedes Jahr rund um den 6. Januar bundesweit die Sternsinger unterwegs. In beinahe allen katholischen Pfarrgemeinden bringen sie in der Nachfolge der Heiligen Drei Könige mit dem Kreidezeichen „C+M+B“ den Segen „Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus“ zu den Menschen und sammeln für Not leidende Gleichaltrige in aller Welt. Im Januar 2017 ziehen die Mädchen und Jungen bei ihrer 59. Aktion Dreikönigssingen durch die Pfarrgemeinden. „Segen brin-

gen, Segen sein. Gemeinsam für Gottes Schöpfung – in Kenia und weltweit!“ heißt dann ihr Leitwort, das Beispielland ist Kenia. Seit ihrem Start 1959 hat sich die Aktion zur weltweit größten Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder entwickelt. Rund 994 Millionen Euro wurden seither gesammelt, mehr als 70 100 Projekte und Hilfsprogramme für Kinder in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa unterstützt. Mit den Mitteln fördert die Aktion Dreikönigssingen weltweit Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pasto-

ral, Ernährung, soziale Integration sowie Nothilfe. Träger der bundesweiten Aktion sind das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Über Informationen, Spiele und Aktionsvorschläge zu Thema und Land lernen Kinder in Deutschland die Lebenssituation von Gleichaltrigen in den Ländern des Südens kennen und können so die Zusammenhänge in der „Einen Welt“ verstehen. Auf diese Weise erfahren sie, dass der Einsatz für eine gerechte Welt sinnvoll ist und Spaß macht.

Foto: Katrin Erbe / Kindermissionswerk

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Kirchenmusik in Karlsruhe Sonntag, 27. November, 17 Uhr, Ev. Stadtkirche Karlsruhe J G. F. Händel – Der Messias Hanna Zumsande, Sopran Marion Eckstein, Alt Philipp Nicklaus, Tenor Raimund Nolte, Bass Camerata 2000 Bachchor Karlsruhe Christian Markus Raiser, Leitung Mit der Aufführung des Messias in der Fassung von W. A. Mozart wird das Jubiläumsjahr 200 Jahre Stadtkirche Karlsruhe beschlossen. Am 1. Advent 1958 wurde die 1816 eingeweihte und 1944 zerstörte Stadtkirche wieder eingeweiht. Samstag, 3. Dezember, 19 Uhr, Stadtkirche Durlach J 9. Karlsruher Singalong Bachs Weihnachtsoratorium zum Mitsingen (Kantaten 1 – 3) Bettina Horsch, Sopran Sandra Stahlheber, Alt Johannes Eidloth, Tenor Peter Arestov, Bass Camerata 2000 Johannes Blomenkamp, Leitung Altlandesbischof Ulrich Fischer, Schirmherr

Karlsruher Singalong Foto: Musik an der Stadtkirche Durlach

Klavierauszug aus dem Regal nehmen und in die Stadtkirche Durlach kommen, um mit Hunderten von Mitsängerinnen und Mitsängern Bachs WO zu musizieren. Bis auf die Rezitative darf alles mitgesungen werden, auch die Arien! Einsingen und Anspielprobe sind um 18 Uhr. Danach gibt es eine kleine Stärkung. Sonntag, 4. Dezember, 17 Uhr, Lutherkirche J „Nun komm der Heiden Heiland“ Lydia Eller, Sopran Sandra Stahlheber, Alt Michael Seifferth, Tenor Christian Dahm, Bass Jugendchor und Kantorei der Lutherana Collegium a Rhythmicum Instrumentalsolisten Dorothea Lehmann-Horsch, Leitung Ein abwechslungsreichen und fröhlichen Programm: Als Beitrag zum Reformationsjubiläum wird die BachKantate über das Adventslied Nun komm der Heiden Heiland von Martin Luther musiziert. Neben dem wohl bekanntesten geistlichen Werk Vivaldis, dem Gloria (RV 589),

Dominik Axtmann (l.), Franz Tröster (r.) Foto: Kath. Kantorat West-Nord

kommt noch eine ganz unbekannte Kostbarkeit zur Aufführung: das Weihnachtsoratorium von Georg Gebel Jauchzet, ihr Himmel! Erfreue dich, Erde! Sonntag, 4. Dezember, 17 Uhr, St.-Bonifatius-Kirche (Weststadt) J Adventskonzert mit festlichen Trompeten-, Orgel- und Chorklängen Franz Tröster, Trompete Vokalensemble cantiKA nova Dominik Axtmann, Orgel und Leitung Bei Kerzenschein singt das Vokalensemble cantiKA nova Werke von Max Reger, der vor 100 Jahren verstarb. Außerdem geben Franz Tröster (Trompete) und Dominik Axtmann (Orgel) ihr diesjähriges „Heimspiel“ in der adventlich geschmückten Kirche u. a. mit Werken von Bach, Charles Avison und Telemann. Sonntag, 11. Dezember, 18 Uhr, Christuskirche Karlsruhe J „Mein Herz ist bereit“ Frühbarocke Adventsvesper Eva Kölbel, Sopran Pauline Stöhr, Alt

Kammerchor der Christuskirche Foto: ONUK

Shichao Cheng, Tenor Julian Popken, Bass Gundula Jaene, Steffen Hamm, Violine Gambenensemble Les Escapades Kammerchor der Christuskirche Karlsruhe Carsten Wiebusch, Leitung Passend zum dritten Advent erklingt in der Christuskirche in vorweihnachtlicher Freude eine musikalisch ausgestaltete Vesper. Dabei werden unter anderem frühbarocke Werke wie das Vater Unser von Schütz, Machet die Tore weit von Hammerschmidt und als zentrales Werk das Magnificat von Rosenmüller aufgeführt. Samstag, 31. Dezember, 22 Uhr, Kath. Stadtkirche St. Stephan J Festliches Silvesterkonzert mit Trompete und Orgel Für einen festlichen Jahresausklang sorgt das traditionelle Konzert mit Trompete und Orgel am Silvesterabend. Der Solotrompeter der Badischen Staatskapelle, Wolfram Lauel, spielt zusammen mit Bezirkskantor Patrick Fritz-Benzing an der großen Klais-Orgel der Stephanskirche ein abwechslungsreiches Programm mit Musik vom Barock bis zur Moderne.

Klais-Orgel von St. Stephan Foto: Kantorat St. Stephan Karlsruhe

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ach Monaten zunehmender Flüchtlingsströme gehen die Zahlen der neu in Deutschland Ankommenden aktuell wieder zurück. War zunächst hauptsächlich schnelle Sofort-Hilfe gefragt, setzen Länder, Kommunen, Kirchen und Einrichtungen nun verstärkt auf nachhaltige Maßnahmen zur Integration wie die Vermittlung in dauerhaften Wohnraum oder in den Arbeitsmarkt, um den Geflüchteten ein gutes Ankommen in Deutschland zu ermöglichen. Im Diakonischen Werk Karlsruhe wurde deshalb vor rund einem Jahr die Abteilung „Migration und Integration“ geschaffen, in der Angebote für Flüchtlinge und Asylsuchende, aber auch für ehrenamtliche Helferinnen und Helfer gebündelt werden. Als Leiterin der Abteilung bekleidet Anita Beneta außerdem die Stabsstelle Migration im Diakonischen Werk und ist damit Hauptansprechpartnerin für Behörden, Ämter und Privatpersonen in fachpolitischen und Gesetzes-Fragen zur Flüchtlingsarbeit.

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Die Fremden lieben, wie uns selbst … Die Abteilung Migration und Integration im Diakonischen Werk Karlsruhe hilft Geflüchteten, gut bei uns anzukommen

Arbeiten in Deutschland Im Arbeitsbereich „Beratung zur Anerkennung ausländischer Schul-, Berufs- oder Studienabschlüsse“ unterstützen Elisabeth Deutscher und Laura Mössinger Asylsuchende und Flüchtlinge in allen Fragen rund um ihre berufliche Qualifikation. „Hauptsächlich nehmen junge Männer Mitte 30, darunter viele Ingenieure, Ärzte oder studierte Geisteswissenschaftler, aber auch handwerklich ausgebildete Menschen unser Beratungsangebot wahr“, so Elisabeth Deutscher. „Häufig muss dabei zunächst ein deutscher Referenzberuf gesucht werden, denn die Ausbildungssysteme sind in den verschiedenen Ländern unterschiedlich strukturiert. Das macht auch die Einschätzung der Qualifikationen ausländischer Bewerber für Arbeitge-

Die Abteilung Migration und Integration im Diakonischen Werk Karlsruhe: Magdalene Leytz, Elisabeth Deutscher, Laura Mössinger, Anita Beneta (Leitung) und Dominique Kirchgässner (von links). Fotos: Judith Weidermann ber schwierig. Und dann gibt es in Deutschland sogenannte reglementierte Berufe wie Erzieher, Architekt oder Krankenpfleger, die man erst ausüben darf, wenn die Gleichwertigkeit mit dem entsprechenden deutschen Ausbildungsnachweis bestätigt wurde.“ Die Beraterinnen klären deshalb mit den Klienten individuell, ob ein Anerkennungsverfahren notwendig und sinnvoll ist, vermitteln den Kontakt zu den passenden Anerkennungs- und Prüfungsstellen, unter-

stützen beim Ausfüllen von Anträgen und Sammeln der notwendigen Unterlagen und ermitteln Finanzierungsund Fördermöglichkeiten. Daneben ist die Abteilung Migration und Integration auch in das Kooperationsprojekt „Arbeit und Ausbildung für Flüchtlinge“ eingebunden. In diesem Rahmen unterstützt Laura Mössinger zusätzlich bei der nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt, z. B. beim Finden von Praktika, Ausbildungsplätzen, Ar-

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beitsstellen oder sogenannten Brücken- und Qualifizierungsmaßnahmen. Außerdem wird ein Bewerbungshilfetraining angeboten. Das Projekt arbeitet dabei eng mit den regionalen Betrieben, der öffentlichen Verwaltung und den Arbeitsagenturen vor Ort zusammen.

Ehrenamt in der Flüchtlingsarbeit Der zweite große Arbeitsbereich der Abteilung hat vor allem die gesellschaftliche Integration der Geflüchteten im Blick. Die Stellendeputate von Magdalene Leytz und Dominique Kirchgässner konnten mit Hilfe von Fördermitteln der badischen Landeskirche eingerichtet werden. Die beiden Sozialarbeiterinnen stehen in der „Fachberatungsstelle für Flüchtlinge“ hauptsächlich den Karlsruher Pfarrgemeinden beratend zur Seite, die Projekte, Strukturen und Angebote in der Flüchtlingsarbeit entwickeln wollen, sowie Männern und Frauen, die ehrenamtlich aktiv werden möchten. Dabei arbeiten sie eng mit Annette Weiß zusammen (s. Interview). Ehrenamtliche werden von ihnen qualifiziert und begleitet und erhalten ein Forum für ihre Arbeit – unter anderem im Evangelischen Migrations Centrum in Durlach. „Der ehrenamtliche Einsatz richtet sich zum einen nach den Stärken der Engagierten, aber natürlich auch nach dem aktuellen Bedarf“, berichten Magdalene Leytz und Dominique Kirchgässner. Der bestehe beispielsweise im Bereich Bewerbungstraining; vor allem aber auch in der Freizeit, etwa beim gemeinsamen Sporttreiben, komme dem ehrenamtlichen Engagement eine wichtige Rolle bei der Integration Geflüchteter und Asylsuchender zu. Judith Weidermann Infos und Kontakt: www.dw-karlsruhe.de

3 Fragen an Diakonin Annette Weiß, … … Kirchenbezirksbeauftragte für Flucht und Migration J Was sind Ihre genauen Aufgaben im Stadtkirchenbezirk Karlsruhe? Ein Schwerpunkt ist die Unterstützung und Koordination der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit, sowie – neben meinen Kolleginnen von der Fachberatungsstelle – Ansprechpartnerin für die Gemeinden im Kirchenbezirk zu sein. Wenn zum Beispiel eine Gemeinde einen Helferkreis bilden möchte und nach Vorbildern und Beratung sucht, dann kann ich Kontakt zu anderen Gemeinden oder Einrichtungen mit bereits bestehenden entsprechenden Strukturen vermitteln. In dieser Hinsicht sehe ich mich in erster Linie als Vernetzungsstelle. Wichtig ist mir, gerade jetzt am Anfang die

Energie des Helfenwollens in unserer Gesellschaft zu bündeln und ihr eine Richtung zu geben. J Was unterscheidet Ihre Arbeit von der Ihrer Kolleginnen und Kollegen in anderen Kirchenbezirken? Vor allem, dass es in Karlsruhe die Erstaufnahmeeinrichtung gibt und keine Anschlussunterbringungsverpflichtung besteht. Viele Geflüchtete bleiben hier für maximal sechs Monate. Kaum haben die Ehrenamtlichen Kontakte zu den Betreuten geknüpft, müssen sie sie schon wieder lösen. Beim Deutschlernen löst sich die Gruppe auf, kaum dass eine Basis gelegt werden konnte. Das ist für alle eine große menschliche Herausforderung.

J Wie sind Sie in das Konzept des Evangelischen Migrations Centrums eingebunden? Das Migrations Centrum ist ein Kooperationsprojekt von Diakonischem Werk, Evangelischer Kirche, den Refugee & Migrant Ministries Karlsruhe und dem Forum evangelischer Freikirchen. Es wird von einem Leitungsteam aufgebaut und entwickelt, das von Seiten der Landeskirche aus mir und von Seiten der Freikirchen aus je einer entsprechend abgeordneten Person besteht. Wir planen Gesprächsabende mit supervisorischer Begleitung, Fach- und Studientage, aber auch Freizeitangebote wie Sport oder Kochen. Auch Migranten, die schon viele Jahre hier leben, sollen angespro-

Diakonin Annette Weiß chen werden, ebenso wie alle übrigen Karlsruher Bürger. Es sind Angebote für Interkulturelles Training geplant, Frauenabende und eine Veranstaltungsreihe zum gesellschaftlichen Frieden. Die Fragen stellte Judith Weidermann

Kontakt: Annette Weiß, Telefon 07 21 / 82 46 73 12, [email protected]