BBH-News zum Arbeitsrecht

BBH-News zum Arbeitsrecht Mai 2011 EEG 2008-I Mit diesem Newsletter möchten wir Sie in regelmäßigen Abständen über interessante Neuigkeiten und Entwi...
Author: Ralph Heintze
44 downloads 0 Views 361KB Size
BBH-News zum Arbeitsrecht Mai 2011 EEG 2008-I

Mit diesem Newsletter möchten wir Sie in regelmäßigen Abständen über interessante Neuigkeiten und Entwicklungen im Bereich des Arbeitsrechts, insbesondere auch über solche mit Bezug zur Energieversorgung und zur Kommunalwirtschaft, informieren. Im Mittelpunkt dieser Ausgabe steht eine bedeutsame Grundsatzentscheidung zur sachgrundlosen Befristung, mit der das Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht nur seine bisherige Rechtsprechung grundlegend ändert, sondern sogar richterliche Rechtsfortbildung betreibt. Weitere Themen entnehmen Sie bitte der folgenden Inhaltsübersicht. Sofern Sie Fragen zu einzelnen Themen haben, zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Wir freuen uns über Ihre Meinung zu den BBH-News sowie Anregungen zu künftigen Inhalten. Ihre Ansprechpartner finden Sie am Schluss des Newsletters.

Inhaltsübersicht T EIL 1: BAG REDUZIERT DAS GESETZLICHE VORBESCHÄFTIGUNGSVERBOT BEI SACHGRUNDLOSEN BEFRISTUNGEN AUF EINE WARTEZEIT VON DREI JAHREN – ÄNDERUNG DER BISHERIGEN RECHTSPRECHUNG T EIL 2: BAG-URTEIL ZUM VORLIEGEN EINES BETRIEBSTEILÜBERGANGS IM BEREICH DER KOMMUNALEN WASSERWIRTSCHAFT T EIL 3: LAG HAMM : ÜBERTRAGUNG VON FAHR-LEISTUNGEN IM ÖPNV AUF DRITTUNTERNEHMEN STELLT BEI V ORLIEGEN EINES WERKVERTRAGES KEINE ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG DAR T EIL 4: LAG BERLIN-BRANDENBURG: KÜNDIGUNG WEGEN BEREITS ABGEMAHNTEN FEHLVERHALTENS TROTZ STRAFRECHTLICHER VERURTEILUNG UNWIRKSAM

Teil 1: BAG reduziert das gesetzliche Vorbeschäftigungsverbot bei sachgrundlosen Befristungen auf eine Wartezeit von drei Jahren – Änderung der bisherigen Rechtsprechung Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG (Teilzeitbeschäftigungsgesetz) besteht die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne besonderen Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen. Unzulässig ist dies nach dem Wortlaut von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG aber immer dann, wenn zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien „bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat“. Das BAG hatte diese Regelung bisher durchgehend streng nach dem Wortlaut ausgelegt und ausnahmslos eine Unwirksamkeit der Befristung angenommen, wenn „irgendwann zuvor ein wie auch immer geartetes Arbeitsverhältnis“ bestanden hatte. Unschädlich waren nur reine Ausbildungsverhältnisse oder echte Praktika. Folglich konnte beispielsweise eine bei einem großen Industrieunternehmen sachgrundlos für zwei Jahre eingestellte Arbeitnehmerin mittleren Alters bei Ablauf der

im Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung plötzlich eine in den 1980er Jahren unter ihrem Geburtsnamen für wenige Wochen als Werkstudentin durchgeführte Aushilfstätigkeit „aus dem Hut zaubern“ und so ihre unbefristete Weiterbeschäftigung durchsetzen. Der Arbeitgeber hatte in solchen Fällen praktisch keine Chance, dieses Befristungshindernis selbst rechtzeitig zu erkennen oder die Befristung nachträglich zu retten. Der Koalitionsvertrag vom 27.10.2009 sah daher vor, das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG für die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen zu streichen und durch eine auf ein Jahr begrenzte Wartezeit vor einer Anschlussbefristung zu ersetzen. Diese Gesetzesänderung ist, wie viele andere im Arbeitsrecht angekündigte Gesetzesvorhaben auch, bis heute im Sande verlaufen. Dafür ist nun das BAG mit einem Urteil vom 06.04.2011 (7 AZR 716/09) auf den Plan getreten und hat das Koalitionsvorhaben unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung durch richterliche Rechtsfortbildung -wenn auch modifiziert - umgesetzt.

BBH-News zum Arbeitsrecht Mai 2011

Das BAG entschied nun, dass eine über sechs Jahre zurück liegende Beschäftigung als studentische Hilfskraft im Umfang von insgesamt 50 Stunden der sachgrundlos befristeten Einstellung als Lehrerin beim selben Arbeitgeber nicht im Wege stünde. Nach bisheriger Rechtsprechung wie auch nach dem Wortlaut des Gesetzes wäre diese Befristung eindeutig unzulässig gewesen. Das BAG stellt sich nun auf den Standpunkt, dass ein mehr als drei Jahre zurückliegendes Arbeitsverhältnis nach einer am Sinn und Zweck orientierten verfassungskonformen Auslegung der Regelung nicht mehr als befristungsschädliche „Zuvor-Beschäftigung“ anzusehen sei. Zwar solle das Verbot den Missbrauch befristeter Arbeitsverhältnisse und insbesondere sogenannte „Befristungsketten“ verhindern. Dies sei aber bei lange zurückliegenden Vorbeschäftigungen nicht mehr der Fall, vielmehr könne das Befristungsverbot hier eher als „Einstellungshindernis“ wirken. Auch wenn die Koalitionspartner für ihre vereinbarte, jedoch nicht umgesetzte Gesetzesänderung eine Wartezeit von nur einem Jahr statt der nun richterlich geschaffenen, an der gesetzlichen Regelverjährung orientierten Drei-Jahres-Frist im Auge hatten, hat die Rechtsprechung jetzt mit diesem Urteil selbst neue und nachvollziehbare Spielregeln zu einem jahrelang umstrittenen Thema aufgestellt. ■

Was folgt hieraus?

Mehr denn je bietet sich die sachgrundlose Befristung als Gestaltungsmittel für Arbeitgeber an, die bei Einstellungen und insbesondere bei einer Aufstockung von Stellen flexibel bleiben möchten. Die neue Rechtsprechung macht hierbei länger zurückliegende, womöglich unerkannte Vordienstzeiten unschädlich und erweitert den Anwendungsbereich für rechtssichere Befristungen erheblich. Daher ist das Urteil aus Arbeitgebersicht zu begrüßen. Missbräuchliche „Kettenbefristungen“ bleiben mit der Drei-Jahres-Sperre weiterhin ausgeschlossen.

Teil 2: BAG-URTEIL ZUM VORLIEGEN EINES BETRIEBSTEILÜBERGANGS IM BEREICH DER KOMMUNALEN WASSERWIRTSCHAFT Mit einem aktuellen Urteil vom 07.04.2011 (8 AZR 730/09) hatte das BAG im Bereich der kommunalen Wasserversorgung über das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs zu entscheiden. Die Frage war, ob die gesetzlichen Regelungen des § 613a BGB auch dann Anwendung finden, wenn nicht der gesamte Be-

trieb, sondern nur ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft erworben wird, und welche mit diesem Betriebsteil im Zusammenhang stehenden Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den neuen Betriebsteilinhaber übergehen würden. Nach der Pressemitteilung zu der Entscheidung setzt ein Betriebsteilübergang im Sinne von § 613a BGB voraus, dass die erworbenen Elemente bereits beim Betriebsveräußerer eine Einheit dargestellt haben, und diese Einheit vom Erwerber auch „identitätswahrend“ fortgeführt wird. Zudem muss der betreffende Arbeitnehmer dieser Einheit auch zugeordnet sein, damit sein Arbeitsverhältnis automatisch kraft Gesetzes auf den Betriebserwerber übergeht. Im entschiedenen Fall war der Kläger mehrere Jahre bei einer WasserwerkeGmbH beschäftigt, zuletzt als Abteilungsleiter im kaufmännischen Bereich. Die GmbH war bereits vor Einstellung des Klägers von zwei kommunalen Zweckverbänden - einem Trinkwasserzweckverband sowie einem Abwasserzweckverband - gegründet worden. Die GmbH hatte für diese beiden Gesellschafter die Aufgaben der Versorgung mit Trinkwasser und der Abwasserbeseitigung sowohl technisch, als auch kaufmännisch durchzuführen. Dabei bestanden bei der GmbH jeweils eine technische Abteilung für Trinkwasser und für Abwasser sowie eine kaufmännische Abteilung, die für beide Bereiche die Verwaltungsvorgänge bearbeitete. Die Zweckverbände entschieden dann auf Veranlassung der Kommunalaufsicht, die Aufgaben der Trinkwasserversorgung wie auch die der Abwasserversorgung künftig selbst durchzuführen und sich die dafür erforderlichen Betriebsmittel der GmbH übertragen zu lassen. Daher wurden die technischen Arbeitnehmer der jeweiligen technischen Bereiche jeweils bei den entsprechenden Zweckverbänden eingestellt und weiterbeschäftigt. Aus dem kaufmännischen Bereich wurden hingegen nur einzelne Arbeitnehmer der GmbH von den Zweckverbänden eingestellt. Der nicht übernommene Kläger machte nun geltend, im kaufmännischen Bereich der GmbH bisher überwiegend Vorgänge aus der Abwasserbeseitigung bearbeitet zu haben, so dass sein Arbeitsverhältnis in Folge eines Betriebsübergangs auf den beklagten Abwasserzweckverband übergegangen sei. Er scheiterte jedoch mit seiner Klage auch vor dem BAG, da es einen Betriebsteil „kaufmännische Verwaltung Abwasser“ schon bei der GmbH nicht als übertragbare Einheit gab, sondern nur die technischen Abteilungen Trinkwasser und Abwasser von der GmbH ge2

BBH-News zum Arbeitsrecht Mai 2011

trennt betrieben wurden. Keiner der beiden Zweckverbände hatte jedoch die für beide Bereiche zuständige kaufmännische Abteilung als Einheit übernommen.

läge eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung, so dass die Arbeitnehmer der GmbH in den Arbeitgeberbetrieb der Beklagten eingegliedert seien.

Mit dieser Entscheidung kehrt das BAG zu seiner bereits früher vertretenen, zuletzt nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs unscharf gewordenen Linie zurück. Danach setzt der Übergang eines Arbeitsverhältnisses durch Betriebsübergang bereits formal voraus, dass der Arbeitnehmer schon vor dem Betriebsübergang beim bisherigen Inhaber einer dort gebildeten Organisationseinheit zuzuordnen war, die auch beim neuen Inhaber „identitätswahrend“ fortgeführt wird.

Nach den schon bisher geltenden Voraussetzungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) hätte in diesem Fall der Einsatz der bei der GmbH angestellten Fahrer für die Beklagte nicht nur einer behördlichen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bedurft. Vielmehr wäre nach dem „Equal-pay-Grundsatz“ entweder ein bei der GmbH geltender Tarifvertrag unter Zahlung der dort ausgewiesenen Tariflöhne anzuwenden gewesen, oder die von der GmbH eingesetzten Fahrer hätten die gleichen Löhne wie die direkt bei der Beklagten angestellten Fahrer erhalten müssen.



Was folgt hieraus?

Insbesondere auch bei Umstrukturierungen in der Versorgungswirtschaft bringt dieses Urteil Planungssicherheit, indem bei Vorliegen klarer Organisationsstrukturen für die Frage des Betriebsteilübergangs eine rechtssichere Zuordnung der einzelnen Arbeitnehmer möglich ist und damit Klarheit zu schaffen ist, welches Arbeitsverhältnis übergeht und welches nicht. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass ein arbeitgeberseitig gewünschter Übergang eines bestimmten Arbeitsverhältnisses gegebenenfalls arbeitsvertraglich vereinbart werden muss, wenn es sich etwa um übergeordnete „Stabsfunktionen“ bzw. Mitarbeiter aus „Overhead-Abteilungen“ handelt, deren Organisationseinheit nicht insgesamt Teil des übertragenen Betriebsteils ist.

Teil 3: LAG HAMM : ÜBERTRAGUNG VON FAHRLEISTUNGEN IM ÖPNV AUF DRITTUNTERNEHMEN STELLT BEI V ORLIEGEN EINES WERKVERTRAGES KEINE ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG DAR Im März 2011 wurde die schriftliche Begründung einer Entscheidung des LAG Hamm vom 26.11.2010 (10 TaBV 67/10) vorgelegt. Diese liefert dem öffentlichen Personennahverkehr eine „Handlungsanleitung“ für die Verlagerung von Fahrleistungen auf Drittunternehmen, ohne damit eine grundsätzlich erlaubnispflichtige und mit weiteren Einschränkungen verbundene Arbeitnehmerüberlassung herbeizuführen. Im entschiedenen Fall unterhielt die beklagte Arbeitgeberin einen Verkehrsbetrieb im öffentlichen Personennahverkehr für zwei Kreise und beschäftigte im Fahrdienst sowie in der Verwaltung selbst ca. 140 Mitarbeiter. Zudem vereinbarte sie einen „Geschäftsbesorgungsvertrag“ mit einer GmbH, die mit eigenen Fahrern im Rahmen der bestehenden Dienst- und Fahrpläne Fahrdienste der Beklagten mit deren Bussen übernahm. Der Betriebsrat der Beklagten machte daraufhin geltend, in der Übernahme von Fahrdiensten durch die GmbH

Das LAG Hamm berief sich nun auf die ständige Rechtsprechung des BAG, wonach nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung darstelle, sondern hiervon die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages zu unterscheiden sei. Für die im konkreten Fall vorliegende Gestaltung verneinte das LAG Hamm eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung, da Gegenstand der zwischen dem beklagten ÖPNV-Betreiber und der GmbH abgeschlossenen Vereinbarung die eigenständige Organisation und Durchführung von Fahrleistungen in einem bestimmten Gebiet sei. Insbesondere organisiere die GmbH den Einsatz ihrer Mitarbeiter selbst und behielte allein das arbeitsrechtliche Weisungsrecht. Vor allem maßgeblich war nach den Feststellungen des Gerichts, dass die GmbH selbst den Einsatz ihrer Busfahrer vollkommen eigenständig disponierte, und der beklagte ÖPNV-Betreiber weder rechtliche, noch tatsächliche Änderungen bei der Diensteinteilung und der Zuweisung bestimmter Linien und Umläufe an die Fahrer vornehmen konnte. Insoweit sei es nicht einmal schädlich gewesen, dass es bei Betriebsablaufstörungen etwa durch Verkehrsstaus oder Verspätungen sogar zu direkten Anweisungen des Disponenten der Beklagten gegenüber den Fahrern der GmbH gekommen war, da es sich lediglich um Ausnahmen in dringenden, unaufschiebbaren Fällen und Gefahr in Verzug gehandelt habe, für die diese unmittelbaren Anweisungen bereits als Ausnahme im Geschäftsbesorgungsvertrag selbst vorgesehen waren. Somit habe allein die GmbH die personale Hoheit über die eingesetzten Mitarbeiter gehabt. Demgegenüber sei nicht erheblich, dass die Mitarbeiter der GmbH ihre Arbeit täglich auf dem Betriebsgelände der Beklagten aufnahmen, ihre Fahrdienste mit dem Bus und der Arbeitgeberin verrichteten und sogar deren Sozialräume nutzten. Daher war bei der vorstehend beschriebenen Gestaltung keine dem AÜG unterliegende Arbeitnehmerüberlassung gegeben.

3

BBH-News zum Arbeitsrecht Mai 2011



Was folgt hieraus?

Dass die Arbeitnehmerüberlassung durch das inzwischen am 28.04.2011 verkündete „Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“ erheblich verschärft wird, hatten wir bereits in der letzten Ausgabe unserer „BBH-News zum Arbeitsrecht“ dargestellt. Daher ist künftig erst recht höchste Sorgfalt und eine richtige Gestaltung zur Vermeidung von Arbeitnehmerüberlassung geboten. Hierzu zeigt das Urteil konkret auf, wie im öffentlichen Personennahverkehr Fahrleistungen auf Drittunternehmen übertragen werden können, ohne die Beschränkungen des AÜG beachten zu müssen bzw. die erheblichen rechtlichen Risiken einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung einzugehen. Erst recht gilt dies für eine dauerhaft angelegte Einschaltung von Drittunternehmen, da die Arbeitnehmerüberlassung nach der Gesetzesänderung nur noch „vorübergehend“ zulässig sein soll.

Teil 4: LAG BERLIN-BRANDENBURG: KÜNDIGUNG WEGEN BEREITS ABGEMAHNTEN FEHLVERHALTENS TROTZ STRAFRECHTLICHER VERURTEILUNG UNWIRKSAM

Ein am 28.04.2011 vom Landesarbeitsgericht BerlinBrandenburg verkündetes Urteil (25 Sa 2684/10) zeigt eindrucksvoll, wie eine voreilige Abmahnung eine an sich klar gerechtfertigte Kündigung zunichte machen kann. In dem entschiedenen Fall ging es um eine Justizangestellte, die auch mit der Bearbeitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren befasst war. Im Jahr 2007 teilte sie der Mutter eines Betroffenen den Inhalt eines ihr dienstlich bekannt gewordenen Durchsuchungsbeschlusses mit. Das beklagte Land erteilte der Justizangestellten wegen dieses Verhaltens dann im Jahr 2008 eine Abmahnung und setzte das Arbeitsverhältnis fort.

der Justizangestellten das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich fristgemäß. Das LAG Berlin-Brandenburg hat diese Kündigungen nun wie bereits die Vorinstanz für unwirksam erklärt. Dabei ging das Gericht sogar davon aus, dass das Verhalten der Arbeitnehmerin den Arbeitsgeber ohne Zweifel zur Kündigung berechtigt hätte. Nur habe der Arbeitgeber bereits auf sein Kündigungsrecht verzichtet, indem er wegen der sogar strafbaren Verletzung des Dienstgeheimnisses schon zuvor eine Abmahnung ausgesprochen hatte, und neue Tatsachen, die die spätere Kündigung stützen könnten, nicht vorlagen. Diese Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach eine auf ein bestimmtes Fehlverhalten gestützte Abmahnung immer zugleich bedeutet, dass der Arbeitgeber auf eine wegen desselben Vorfalles womöglich berechtigte Kündigung bindend verzichtet, und der Arbeitnehmer nach Erhalt einer Abmahnung darauf vertrauen kann, wegen des selben konkreten Vorfalles keine Kündigung mehr zu erhalten. ■

Was folgt hieraus?

Jeder Arbeitgeber muss wissen, dass er mit einer Abmahnung immer gleichzeitig sein möglicherweise bestehendes Recht vergibt, wegen desselben Vorfalles zu kündigen. Dies gilt unabhängig davon, wie schwer die Verfehlung war. Etwas anderes könnte sich nur dann ausnahmsweise ergeben, wenn nach Ausspruch der Abmahnung zusätzliche Tatsachen hinzutreten würden, etwa wenn eine wesentlich verschärfende Teilhandlung zusätzlich zu der zunächst abgemahnten Pflichtverletzung erst nachträglich bekannt wird. In aller Regel gilt jedoch, dass eine vielleicht vorschnell ausgesprochene Abmahnung eine Kündigung zunächst ausschließt, und diese erst bei einem weiteren, einschlägigen Fehlverhalten oder bei Hinzutreten eines anderen Kündigungsgrundes wieder möglich wird.

In dem nachfolgend durchgeführten Strafverfahren wurde die Justizangestellte schließlich wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Daraufhin kündigte das beklagte Land

4

BBH-News zum Arbeitsrecht Mai 2011

Über BBH Als Partnerschaft von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ist BBH ein führender Anbieter von Beratungsdienstleistungen für Energie- und Infrastrukturunternehmen und deren Kunden. Weitere Schwerpunkte bilden das Medien- und Urheberrecht, die Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung, das allgemeine Zivil- und Wirtschaftsrecht und das gesamte öffentliche Recht. Hinweis Bitte beachten Sie, dass der Inhalt dieses Becker Büttner Held Newsletters nur eine allgemeine Information darstellen kann, die wir mit großer Sorgfalt zusammenstellen. Eine verbindliche Rechtsberatung erfordert immer die Berücksichtigung Ihrer konkreten Bedürfnisse und kann durch diesen Newsletter nicht ersetzt werden.

Herausgeber: Becker Büttner Held, Rechtsanwälte • Wirtschaftsprüfer • Steuerberater Untere Weidenstr. 5, 81543 München www.bbh-online.de www.DerEnergieblog.de Ansprechpartner

Rechtsanwalt Bernd Günter Fachanwalt für Arbeitsrecht [email protected]

BBH Berlin Magazinstr. 15-16 D-10179 Berlin Telefon (030) 611 28 40-0 Telefax (030) 611 28 40-99 [email protected] www.bbh-online.de

BBH Köln KAP am Südkai Agrippinawerft 30 D-50678 Köln Telefon (0221) 650 25-0 Telefax (0221) 650 25-299 [email protected] www.bbh-online.de

Rechtsanwalt Dr. Jost Eder [email protected]

BBH München Untere W eidenstr. 5 D-81543 München Telefon (089) 231 164-0 Telefax (089) 231 164-570 [email protected] www.bbh-online.de

Rechtsanwalt Jörg B. Soetebeer [email protected]

BBH Stuttgart Industriestraße 3 D-70565 Stuttgart Telefon (0711) 722 47-0 Telefax (0711) 722 47-499 [email protected] www.bbh-online.de

BBH Brüssel Avenue Marnix 28 B-1000 Brüssel Telefon +32 (02) 204 44 00 Telefax +32 (267) 27 016 [email protected] www.bbh-online.de

5