Auf den Spuren der Partisanen im Salzkammergut

Auf den Spuren der Partisanen im Salzkammergut Die KPÖ im antifaschistischen Befreiungskampf gegen den Nazifaschismus in den Jahren 1938 bis 1945 La...
Author: Maya Bayer
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Auf den Spuren der Partisanen im Salzkammergut

Die KPÖ im antifaschistischen Befreiungskampf gegen den Nazifaschismus in den Jahren 1938 bis 1945

Land karte aus “Partisan der Berge” von Sepp Plieseis

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Partisanen im Salzkammergut

Vorwort Diese Dokumentation ist ein Beitrag zum Gedenkjahr 1998 anläßlich des 60. Jahrestages der Annexion Österreichs durch Nazideutschland im März 1938 und des Widerstandes gegen den Hitlerfaschismus in den Jahren 1938 bis 1945. Die KPÖ hat nicht nur schon in der Nacht des Ein marsches der Hitlertruppen in einem Aufruf ihren Willen für das Wiedererstehen eines unabhängigen Österreich bekräftigt, sondern auch den im “Moskauer Memorandum” der Alliierten von 1943 geforderten “eigenen Beitrag” zur Befreiung ernst genommen. In Oberösterreich war neben Linz, Steyr und Wels vor allem das Salzkammergut ein Schwerpunkt des Widerstandskampfes, wobei dieser hier sogar die Form des Partisanenkampfes annahm. Die Besonderheit lag dabei darin, daß allein die Tatsache der Existenz einer bis zu 600 Personen umfassenden Bewegung gewaltige Kräfte der Nazis gebunden hat. Diese Dokumentation soll aber auch die Arbeit von zwei Kommunisten würdigen, die sich für die Aufarbeitung des Widerstandes im Salzkammergut besondere Verdienste erworben haben. Prof. Peter Kammerstätter (1911-1993) im Rahmen seiner unermüdlichen Forschungen zur Geschichte des Widerstandes auch die Partisanenbewegung durch umfangreiche Mate rialsammlungen dokumentiert. Und Prof. Franz Kain (1922-1997) hat neben zahlreichen journalistischen Beiträgen dem Widerstand im Salzkammergut in seinem Buch “Der Weg zum Ödensee” auch literarisch ein Denkmal gesetzt. Mit dieser Broschüre wollen wir daher über den unmittelbaren Anlaß einer Wanderung auf den Spuren der Partisanen im Salzkammergut hinaus zur Erinnerung an diesen Widerstand beitragen. Leo Mikesch, KPÖ-Landesvorsitzender Mai 1998

Zur Vorgeschichte des Partisanenkampfes im Salzkammergut

Auf dem Boden jahrhundertelanger Traditionen Es ist kein Zufall, daß ausgerechnet im Salzkammergut eine sehr breite und intensive Widerstandsbewegung gegen den Nazifaschismus entstand, vielmehr hat dies auch mit den besonderen historischen Traditionen des Salzkammergutes zusammen. Dieser Widerstand entwickelte den Charakter einer Partisanenbewegung, wie sie zwar für Länder wie Jugoslawien, Albanien, Italien, Frankreich und die Sowjetunion typisch war, in Österreich in ähnlicher Weise aber ansonsten nur in der Steiermark und Kärnten verzeichnet wurde. Die Tradition, auf welche sich die Widerstands- und Partisanenbewegung stützte, reicht im Salzkammergut bis in die prähistorische Zeit von Illyrern, Kelten und Römern zurück. Sie ist untrennbar mit dem Salzbergbau verbunden und zeichnet sich durch mit Heimatliebe, Berufsverbundenheit, Querköpfigkeit und Sturheit aus. Alte proletarische Tradition Bedingt durch den Salzbergbau kam es im Salzkammergut auch bereits sehr frühzeitig zur Entstehung eines Proletariats. Wiederholte Male kam es unter den Knappen der Salzbergwerke in Bad Aussee, Hallstatt und Bad Ischl zu Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen. Der erste Knappenaufstand wurde 1392 verzeichnet. Die starke, auf Freiheit und Unabhängig orientierte, Tradition des Salzkammergut wurde dadurch verstärkt, daß im inneren Salzkammergut die Evangelischen der vom katholischen Salzamtmann Veit Spindler betriebenen reaktionären Gegenreformation um 1600 trotz zahlreicher Hinrichtungen und Verbannungen widerstanden. Als Josef II. 1781 die Religionsfreiheit erlaubte, meldeten sich von 13.400 Einwohnern 3.700 als protestantisch. Das Salzkammergut mit seinem Reichtum an Salz und Holz unterstand traditionell direkt dem Hause Habsburg, das die Bevölkerung jahrhundertelang ausplünderte, wie die Redensart ”Das Kammergut ist ein Jammergut” recht drastisch zum Ausdruck brachte. Als 1799 die Be-

völkerung eine Bittschrift an den Kaiser richtete, wurden die drei Unterzeichner Josef Pfandl, Georg Engel und Josef Hin terer mit jahrelanger Haft bestraft. Erste Arbeiterbildungsvereine Aus der Not der Jahre 1846/47 entstanden die sogenannten ”Bruderläden” aus denen 1848 ein erster Unterstützungsverein und später die Konsumvereine hervorgingen. Auf der historischen Tradition des Salzkammergutes ist auch das Wirken des ”Bauernphilosophen” Kon rad Deubler (1814-1884) zu verstehen, der als Liberaler nicht nur mit Ludwig Feuerbach und Ernst Haeckel bekannt, son dern auch mit den Werken von Karl Marx und Friedrich En gels vertraut war. Er wurde 1853 wegen ”Religions störung und Hochverrat” zu Kerker und Festungshaft verurteilt, weil er in seinem Gasthaus ”Zur Wartburg” die amerikanische Demokratie propagiert hatte. Kein Zufall ist es daher auch, daß einige der ersten Arbeiterbildungsvereine in Österreich bereits 1868 in Hallstatt und Goisern gebildet wurden. Der Bau der ”Kronprinz-Rudolf-Bahn” von Attnang-Puchheim nach Stainach-Irdning in den Jah ren 1875-77 war eine der Grundlagen für die industrielle Entwicklung des Salzkammergutes. Als Kehrseite verlor die Traunschifferei ihre Bedeutung, wovon der Widerstand der 240 Schiffleute von Lambach und Stadl-Paura zeugte. Ausdruck des Aufbegehrens gegen die Obrigkeit war die im Salz-

Partisanen im Salzkammergut kammergut stark verbreitete aus der Not geborene Tradition des Wilderns, auch wenn die Revolution von 1848 anstelle des aristokratischen Jagdprivilegs jene des Bürgertums setzte. Wilderer hatten da her beim Volk hohes Ansehen, wie der 1891 hinterrücks erschossene Hans Klackl oder sich 1914 der Einberu fung durch Flucht ins Gebirge entziehende Georg Ramsauer, vulgo ”Steiner Irg”, zeigen.

Seite 3 sern hatte und bereits 1933 verboten wurde. Ebensee war 1934 auch Schauplatz der Februarkämpfe, die Solvay-Arbeiter streikten, Bahnhof und Postamt wurden besetzt bis am nächsten Tag das Bundesheer den Februaraufstand niederschlug. Viele von der Politik der Sozialdemokratie enttäuschte Arbeiter schlossen sich nun der KPÖ an.

”Rote Hochburg” Ebensee

Widerstand gegen Austrofaschismus

Ebensee galt schon vor und während des 1. Weltkrieges als ”rote Hochburg”, was seinen Ausdruck im Solvay-Streik 1917 fand. Der im ersten Parlament der 1918 nach dem Zusammenbruch des Habsburger-Regimes entstandenen Republik vertretene sozialdemokratische Abgeordnete Laimer genoß wegen seiner radikalen Gesinnung großes Ansehen. 1921 verhinderte eine aufgebrachte Bevölkerung die Errichtung einer Chlorgasfabrik neben dem in den Jahren 1916-17 errichteten Elektrodenwerks in Steeg, weil die Erinnerung an die Wirkung des Giftgases im 1. Weltkrieg noch in allzu frischer Erinnerung war. Der Gemüsehändler Matthias Reindl wurde als Rädelsführer verhaftet und zu schwerem Kerker verurteilt. Auf dieser radikalen Tradition und den Auswirkungen der russi schen Oktoberrevolution entstand in den 20er Jahren auch die KPÖ im Salzkammergut, die ihre Zentren im Bezirk in Steyrermühl, Grünau, Gmunden, Ebensee, Ischl und Goi-

Vom Widerstand der von Josef Ehmer, Matthias Hitzenberger und Josef Jaritsch geleiteten KPÖ im Bezirk Gmunden gegen den Austrofaschismus zeugen zahlreiche Verhaf tungen in den Jah ren zwischen 1934 und 1938. So wurde bereits 1934 Franz Flachberger aus Bad Ischl verurteilt, weil in seinem Haus kommunistische Druckwerke gefunden wurden. 1936 erfolgten bei einer illegalen Versammlung auf der Hoisenradalm bei Ischl 13 Verhaftungen. Am 1. Mai 1936 wurde auf dem Schlot des Solvay-Werkes in Ebensee demonstrativ eine rote Fahne gehißt. In Polizeiberichten wird über durch Radfahrer hergestellte Verbindungen zwischen Steyrermühl und dem oberen Salzkammergut berichtet. Auch wurde festgestellt, daß der ”Arbeiterstand der Saline (200 Mann) durchaus kommunistisch gesinnt” ist und sich in der Papierfabrik Steyrermühl ”wenig Begeisterung und Verständnis” für die austrofaschistische Gewerk -

Linzer KommunistInnen bei einer von Prof. Peter Kammerstätter geleiteten Fahrt im Juni 1993 vor der “Villa Waldhütte”

schaft besteht. Gegen den ”Anschluß” Von Anfang an gab es daher im Bezirk Gmunden auch Widerstand der KPÖ gegen den Nazifaschismus nach der Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland im März 1938, wobei das untere Salzkammergut mit Linz, das obere hingegen mit Salzburg in Verbindung stand. So wurde Ende April 1938 in Laakirchen Franz Schallmeisner wegen Flugblattverteilungen gegen den ”Anschluß”, in Bad Ischl wurde Max Gottwald wegen ”Erregung von Unruhe” verhaftet. Schon ab 1940 bestand in Bad Aussee die Widerstandsgruppe um Albrecht Gaiswinkler, Hans Moser und Valentin Tarra. Die Ischler Gruppe der KPÖ wurde bis 1941 vom Metallarbeiter Johann Leimer aus Bad Goisern, in den Jahren 1941 und 1942 vom Salinenarbeiter Josef Kasberger aus Ebensee geleitet. Ein wichtiges Zentrum des illegalen Kampfes war bis zur Verhaftung der wichtigsten Aktivisten im Jahre 1941 der KJV in Bad Ischl, der seinen Schwerpunkt in der ”Literaturarbeit” – der Verbreitung illegaler Flugblätter – hatte. Im Dezember 1941 wurden Josef Huber, Leopold Scheutz, Alois Straubinger, Franz Kain, Alois Zeppezauer, Herbert Filla, Ferdinand Kurzböck und Karl Adamec angeklagt. Im April 1942 folgte die Anklage gegen Franz Föttinger, Friedrich Hirnböck und Raimund Zimpernik. Weitere Verhaftungswellen folgten im Juni 1942 in Goisern (Johann Leimer, Martin Langeder, Josef Huemer, Johann Holly und Georg Hohenberger) und im September 1942 in Ebensee (Josef Kasberger, Josef Kefer und Maria Kasberger) sowie in Bad Ischl (Franz und Maria Wimmer). Die politische Verbreiterung der Widerstandsbewegung und das Entstehen der Partisanenbewegung erfolgte dann 1943 auf Initiative von Sepp Plieseis nach dessen durch Agnes Primocic, Mali Ziegleder und Theresia Pesendorfer organisierte Flucht aus dem Außenlagers des KZ Dachau in Hallein ins heimatliche Salzkammergut. Leo Furtlehner

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Partisanen im Salzkammergut

Fred, Willy und die Österreichische Widerstandsbewegung

Enorme Kräfte der Nazis gebunden Im Ausseer Gebiet waren die Organisatoren der KPÖ die Gebrüder Egger, Hans Moser, Karl Feldhammer, Walter Peer, Albrecht Gaiswinkler und andere. In Goisern waren es Martin Langeder, der Jugendorganisator war Alois Straubinger usw. In Bad Ischl und über das obere Salzkammergut hinaus war der Organisator Franz Jaritsch, Johann Rettenbacher und andere, dazu stießen Sepp Plieseis, Karl Seidl, die Familien Sams, Pesendorfer usw. Von der illegalen KP-Organisation Bad Ischl nehmen in Spanien im Kampf gegen den Franco-Faschismus Sepp Plieseis, Franz Jaritsch, Karl Seidl, Hans Stadler, Josef Vorkner teil. Eine ganze Reihe von Kommunisten des oberen Salzkammergutes werden in der Zeit von 1934-1938 wegen illegaler Betäti gung in die Kerker geworfen. Nach dem Einmarsch der Hitlertruppen werden einige vorübergehend inhaftiert, aber sofort nach ihrer Entlassung wird die Aufklärungsarbeit gegen den Hitlerfaschismus aufgenommen. Es erfolgen die Verhaftungen der OKA-Arbeiter im Bezirk Gmun den, mit ihnen wird der Goiserer Organisator Martin Langeder verhaftet. Dann wiederum griff die Gestapo in Bad Ischl zu, es werden Hans Rettenbacher, Fritz Hirnböck, Johann Flachberger und die KJVler Raimund Zimpernik, Josef Filla, Feri Kurzböck, Hans Zeppezauer und von Goisern Alois Straubinger und Franz Kain verhaftet. Trotz dieses Schlages wird die Parteiarbeit in Ischl von Franz Kefer und in Goisern von Hans Laimer wieder weitergeführt. Nach wenigen Monaten trifft auch sie das Los, von der Gestapo verhaftet zu werden, und neue Funktionäre treten an ihre Stelle. Die Tätigkeit gegen das nationalsozialistische Regime in dem Gebiet von Bad Ischl bis ins Ausseerland ist trotz Verhaftun gen und daß eine Reihe von kommunistischen Funktionären und Mitgliedern zum deutschen Heer eingezogen wurden, kaum unterbrochen worden. Den Ausseer Kommuni sten ist es gelungen, ohne daß ihre Tätigkeit durch Verhaftungen unterbrochen worden wäre, 1940 eine Widerstandsorga-

nisation zu bilden, vielmehr vorerst eine Leitung, die weit über ihre Reihen hinausging. Nach der gelungenen Flucht aus Gefängnis und Konzentrationslager von Alois Straubinger, Karl Gitzoller (1942) und Sepp Plieseis (August 1943) kommt im November das erste Zusammentreffen dieser zustande und damit der Beginn des Zu sammenschlusses aller Widerstandsgruppen zu einer einheitlichen und geschlossenen Widerstandsorganisation im oberen Salzkammergut, die gemeinsam gegen das nationalsozialistische Regime kämpfte. Die Organisation bekam den Namen Willy, unter diesem Namen vereinte man alle bestehenden Gruppen und Verbindungen von Einzelpersonen im Gebiet von Bad Ischl bis zum Pötschenpaß, und erst nach diesem erfolgte der Anschluß der Bewegung im Ausseergebiet. Später wurde eine Namensänderung der Widerstands- und Partisa nenbewegung notwendig. Der Name Willy war so bekannt geworden und mit der Person Sepp Plieseis so eng verbunden, daß es sehr notwendig wurde, den Namen auf Fred zu korrigieren, auch die führenden Mitglieder fanden es notwendig, ihre schon vorhandenen illegalen Namen zu ändern. Am Ende des Krieges wurde der Name nochmals geändert auf Österreichische Freiheitsbewegung. Im Untergrund war es aus konspirativen Gründen notwendig, eben Namen wie Willy, Fred zu verwenden, beim Übertritt in die Legalität war es notwendig, unter der Fahne, für die gekämpft worden ist, aufzutreten. Die Aufgabenverteilung und die Durchführung war nichts Starres, es

Sepp Plieseis (1913-1966) war der wichtigste Organisator der Widerstandsbewegung im Salzkammergut. veränderte sich ständig je nach Situation und Entwicklung der Dinge und natürlich auch nach der Verfol gung durch das NS-Regime. Die gesamte Bewegung, die Beteiligten muß man in mehrere Gruppen mit verschiedenen Aufgaben einteilen. Eine davon waren jene Men schen, die aus dem Gefängnis und KZ ge flüchtet sind, es waren jene, die nicht mehr von ihrem Heimat- oder Fronturlaub ein gerückt sind, und solche, die den Einrückungsbefehlen oder der Aufforderung nicht nachgekommen sind, die im Untergrund lebten. Hoch oben im Gebirge oder im Tal im Verborgenen, je nach Situation und Jahreszeit, waren sie jederzeit bereit mit der Waffe in der Hand den Kampf mit dem Gegner aufzunehmen. Die zweite Gruppe der Beteiligten waren in den Betrieben Be schäftigte oder sind anderen Tätigkeiten nachgegangen, die unermüdliche Aufklärungsarbeit, bis zur Sabotage leiteten. Dazu gehörten auch jene, die alles taten, bis zur Selbstverstümmelung, um nicht einrücken zu müssen. Die nach ihrer Genesung in den Betrieben, in denen sie beschäftigt waren, weiter für die Bewegung tätig waren. Das war die große Masse der Gesamtbewegung. Und der dritten Gruppe oblag es, Verbindungen herzustellen, illegale Quartiere zu besorgen, die Versorgung mit Lebensmitteln zu gewähr -

Partisanen im Salzkammergut leisten und andere Dinge für die im Untergrund Lebenden zu beschaffen. Natürlich konnten sie dies nicht alleine tun, sie wurden von der zweiten Gruppe unterstützt. Bei dieser Gruppe nehmen die Frauen einen ganz hervorragenden Anteil ein. Die Tätigkeit der Frauen erstreckte sich von der Organisierung der Flucht, von Überbringung von Nachrichten bis zur Versorgung. Manche wurden auch für Waffen-, Munitions- und Sprengstofftransporte eingesetzt. Ohne Frauen wäre diese ganze Bewegung unmöglich gewesen. Alle Beteiligten und Sympathisierenden haben auch große materielle Opfer auf sich genommen. Die Größe ist nicht abzuschätzen. Die vierte Gruppe waren die Ausländer. Wenn sie in der ganzen Widerstandsbewegung nicht so zum Tragen gekommen sind, hatte das seinen Grund, denn die Organisatoren der Bewegung sahen zwar große Möglichkeiten, mit ihnen zusammenzuarbeiten, aber sie versuchten nur einzelne in die Bewegung hereinzuziehen, denn bei einer größeren Anzahl wäre die Unterbringung und auch die Versorgung auf Schwierigkeiten gestoßen. Sie gehörten u. a. zum Bestandteil der Bewegung und zur Betreuung. Es galt, diesen Leuten ihr schweres Los, das sie in der Fremde tragen mußten, zu erleichtern und ihnen das Gefühl zu vermitteln, daß sie unter österreichischen Freunden leben, nicht aber Feinden. Die letzte, eine kleine Gruppe, die unter der Führung von Albrecht Gaiswinkler stand, war von den Alliierten für andere Aufgaben im oberen Salzkammergut mit dem Fallschirm abgesetzt worden. Die ihr gestellte Aufgabe nach dem Absprung konnte sie nicht mehr durchführen, aber sie konnte doch noch in den letzten Tagen des NS-Regimes Wertvolles für die Befreiung unseres Landes beitragen. Die Gesamtbewegung, die unter der Führung von Sepp Plieseis stand, versuchte mit den Alliierten Verbindung aufzunehmen, um von ihnen Waffen und anderes Kriegsgerät zu bekommen. Es ist ihnen nicht gelungen, diese Verbindung herzustellen. Es wirft sich die Frage auf, wo

Seite 5 und wie muß man diese Bewegung einreihen, einstufen. Ist sie eine Widerstands- oder eine Partisanenbewegung? Wenn man im Lexikon nachliest, wird man dort Partisanenbewegung als bewaffnete Widerstandskämpfer, die in einer Kampfgruppe auf dem Heimatboden im Rücken des Feindes gegen den Aggressor kämpfen, bezeichnet sehen. Die Widerstandsorganisation wird bezeichnet als eine Organisation, die die Beeinträchtigung der Tätigkeit der Organe des Staates durch gewaltsamen Widerstand gegen die Durchführung einer staatlichen Maßnahme oder den tödlichen Angriff auf einen Staatsfunktionär wahrend der Ausübung seines Amtes zum Ziel hat. Somit kann man aus der obigen Erklärung ableiten, daß die Bewe gung im oberen Salzkammergut einschließlich des Ausseerlandes, in der etwa 600 Menschen vereint wa ren, von denen man eine Reihe als Angehörige einer Elite bezeichnen kann, die ständig mit Pistolen, Maschinenpistolen, Handgranaten bewaffnet waren, die jederzeit bereit waren, von diesen Schußwaffen Gebrauch zu machen, um sich zu ver teidigen oder in Angriff überzugehen, als eine Widerstands- und Partisanenbewegung zu bezeichnen ist, trotzdem sie kein NSDAP-Parteilokal oder einen Gendarmerieposten überfallen und auch keine Funktionäre der NSDAP beseitigt hat. Sie hat in diesem Gebiet durch ihre Anwesenheit und ihr Verhalten erreicht, daß viele gegnerische Kräfte gebunden wurden, daß die Sympathie für ihre Bewegung im ständigen Steigen begriffen war und daß ihre Agitation und die Auseinandersetzung mit der Ideologie des Nazismus fruchtbringend war. Sie hat durch ihr Vorhandensein, durch Verschwinden und Wiederauftauchen die Gestapo, SS und Gendarmerie ständig in Unruhe versetzt und Aktionen ausgelöst. Eine solche wurde im September 1944 mit über 50 Mann Gestapo, SS und Gendarmerie in dem Gebiet der Schoberwiesenalm, Appel-Haus, Wildenseealm durchgeführt, um die Partisanen zu stellen. Die Partisanen wußten von dieser Aktion, sie haben sich nicht gestellt. Ein beteiligter Gendarm berichtete über die-

se Aktion: ”Sie hätten uns jederzeit abschießen können, ohne daß wir in ihre Nähe gekommen waren.” Sie hätten dies können, aber sie sind ihnen aus dem Wege gegangen. Dadurch ist es ihnen gelungen, ihre Verfolger über ihre Größe und Kampfkraft im unklaren zu lassen. Die Gestapo versuchte, die Widerstands- und Partisanenbewegung und ihre Anhänger mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, sei es durch Provokation, durch Spitzel, Erpresser, Herausfordern zu bekämpfen. Es gelang ihnen nur in Einzelfällen, anson sten gingen die Aktionen in die Leere. Von ganz großen Aktionen muß ten sie absehen, sie wollten zwar dieses Gebiet von den Feinden des Nationalsozialismus säubern - wegen der Alpenfestung, der Luftschutzkeller für die NS-Prominenz, Sammelbecken für die geflüchteten Satellitenregierungen des NS-Regimes und der vielen Lazarette, die sich im Salzkammergut befan den. Zur selben Zeit, als die Gestapo die Schoberwiesenalm-WiIdenseealm-Aktion durchführte (September 1944) wurde von der Gestapo die von ihnen als ”Welser-Gruppe” bezeich nete Landesleitung der KPÖ Oberösterreich ausgehoben. Von etwa 100 verhafteten Frauen und Männern (aus Wels, Stadl-Paura, Steyrermühl, Gmunden, Ebensee, Steyr, Linz und Wien) wurden 69 Männer und Frauen im KZ Mauthausen und Schörgenhub ermordet. Die Widerstands- und Partisanenbewegung, Freiheitsbewegung, war eine Gemeinschaft von Personen und Gruppen, die verschiedenen politischen Richtungen und Konfessionen angehört haben, die durch keine Leitung angeleitet wurden oder auch unterstanden. Vier Grundprinzipien waren für jeden, der dieser Bewegung angehörte, grundsätzlich zu befolgen: Die Eigeninitiative zum baldigen Erreichen des gestellten Zieles; die freiwillige Disziplin bei der Durchführung von Anweisungen; Konspirativität in seiner Tätigkeit zum Schutz der gesamten Bewegung; Verschwiegenheit gegenüber dem Feind, in welche Lage er auch kommen mag. Die Bewegung wurde angeleitet von einzelnen Personen durch persönliche Kontakte in der Zeit von

Seite 6 1938-1945, in der ersten Zeit auch durch Vertreter des ZK der KPÖ. In der Zeit von 1943/44 beginnt die Anleitung vorwiegend durch Sepp Plieseis und seine nächste Umgebung. Sie entsprach den Anweisungen des ZK der KPÖ (Die Rote Fahne, Februar 1939, ”Die Partei lebt. Die neue Lage erfordert eine neue Organisationspraxis... Gerade heute ist es die Aufgabe und Pflicht eines jeden Kommunisten, selbständig und initiativ zu arbeiten, um sich einen Kreis von Antifaschisten zu sammeln...”) Dazu kamen die politischen Richtlinien und Hinweise von Radio Moskau und andere Auslandssender. Eine Leitung für das ganze Gebiet zu schaffen, war mit großen Gefahren verbunden und stand vollkommen im Gegensatz zu den Erfahrungen aus der vergangenen illegalen Tätigkeit und der Konspirativität. Darum wurde keine Leitung geschaffen. Nach dem Zusammenbruch des Hitlerreiches wurde weiterhin, soweit es überhaupt noch möglich war, soweit die einzelnen Gruppen und Personen sich nicht selbständig gemacht haben auf Grund der örtlichen Verhältnisse, die Zusammenarbeit durch die persönlichen Kontakte von Sepp Plieseis aufrechterhalten. Diese Arbeitsform und die Beibehaltung der Kontakte war gut, widersprach jetzt vollkommen der neuen Situation, der Halblegalität, die die amerikanische Besatzungsmacht zuließ. Zwar war die Freiheitsbewegung anerkannt, d. h. Teile von ihnen übernahmen mit

Partisanen im Salzkammergut der Zustimmung der amerikanischen Besatzung in den Gemeinden und Betrieben verschiedene Aufgaben. Aber ein Teil der Anhänger der Bewegung sahen mit dem Zusammenbruch des Hitlerregimes ihre Aufgabe als erfüllt und gin gen ihrem Beruf oder sonstigen Tätigkeit wieder nach. Diese Personen überließen wegen des Berufes oder ihrer Bescheidenheit oder wegen anderer repräsentativer Personen oder für jene, die schon früher in der Öffentlichkeit gewirkt hatten, die aber oftmals mit der Widerstands- und Partisanenbewegung fast in keinerlei Verbindung standen, aber das Vertrauen der Besatzungsmacht erworben hatten, ihren Platz. So wurden durch das Nichtvorhandensein einer Organisation und Leitung der Freiheitsbewegung vielfach diese Freiheitskämpfer zur Sei te geschoben, nicht beachtet, oftmals sogar verleumdet. Und so wurde der Wiederaufbau Kräften, Menschen in die Hand gelegt, die sich oftmals von der Freiheitsbewegung abgrenzten oder gar ablehnend gegenüberstanden. So muß festgestellt werden, daß ein großer Teil jener Kräf te, die ihr Le ben, ihre Gesundheit für die Besei tigung der Hitlerherrschaft eingesetzt haben, nicht beachtet oder sogar als Verräter bezeichnet wer den und fast von allen seit 1945 bestehenden österreichischen Regierungen nicht sehr große Anerkennung fanden. l Peter Kammerstätter, Die Widerstandsbewegung im oberen Salzkammergut

Linzer KommunistInnen mit Prof. Peter Kammerstätter auf den Spuren der Partisanen auf der Postalm (Juni 1993)

Literatur l Gaiswinkler Albrecht, Sprung in die Freiheit, Wien, 1947 l Gmunden 1938, Friedensgruppe Gmunden, Eigenverlag, Gmunden, 1988 l Hammer Katharina, Glanz im Dunkel, Die Bergung von Kunstschätzen im Salzkammergut am Ende des 2. Weltkrieges, ÖBV Publikumsverlag, Wien, 1990 l Huber Ursula, Widerstandsbewegung im Salzkammergut 1933 bis 1945, Hausarbeit, Pädagogische Akademie der Diözese Linz, 1977 l Jachs Sepp, 40 Jahre KPÖ 1918-1958, KPÖ-Gmunden, 1958 l Kain Franz, Der Weg zum Ödensee, Geschichten, Globus-Verlag, Wien, 1973 l Kammerstätter Peter, Aus der Geschichte der KP Oberösterreichs. Daten und Hinweise auf Materialien und Ereignisse. Manuskript, Linz, 1978 l Kammerstätter Peter, Dem Galgen, dem Fallbeil, der Kugel, der Gaskammer entkommen, Selbstverlag, Linz, 1989 l Kammerstätter Peter, Materialsammlung über die Widerstands- und Partisanenbewegung Willy-Fred im Oberen Salzkammergut 1943 bis 1945, Eigenverlag, Linz, 1978 l Karny Thomas, Lesebuch zur Geschichte der Oberösterreichischen Arbeiter, Edition Geschichte der Heimat, Grünbach, 1990 l Plieseis Sepp, Vom Ebro zum Dach stein, Verlag Neue Zeit, Linz, 1946 l Slapnicka Harry, Oberösterreich als es “Oberdonau” hieß, 1938-1945, Landesverlag, Linz, 1978 l Tidl Marie, Frauen im Widerstand, BDFÖ, Wien, 1977 l Topf Christian, Auf den Spuren der Partisanen, Zeitge schichtliche Wanderungen im Salzkammergut, Edition Geschichte der Heimat, Grünbach, 1996 l Vogl Friedrich (Hg.), Öster reichs Eisenbahner im Widerstand, Verlag des ÖGB, Wien, 1968 l Widerstand und Verfolgung in Oberösterreich 1934-1945, Band 1-2, Bundesverlag Wien, 1982 l Zim pernik Raimund, Der rote Strähn, Dokumentation über den antifaschistischen Widerstand im Salzkammergut, Eigenverlag, Bad Ischl, 1995

Partisanen im Salzkammergut

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Widerstand von Frauen im Salzkammergut:

Das Rückgrat der Partisanen Ab April 1944 hielten sich sechs bis acht politisch Ver folgte im sogenannten „Igel“ im Toten Gebirge verborgen, ihre Zahl wuchs bis zum Frühjahr 1945 auf 35 und mehr Personen an. Sie mußten zum Großteil vom Tal aus mit Lebensmitteln versorgt werden. Ins gesamt halfen zwischen 500 und 600 Menschen mit, die Ernäh rungsgrundlage der Gebirgspartisanen zu sichern. Ab 1943 hatte sich die Stimmung dermaßen zu ungunsten des Regimes verändert, daß aus allen sozialen Gruppen und politischen Lagern Beispiele für „individuellen Wi derstand“ nachzuweisen sind. Diese Bereitschaft verbindet sich mit den Aktivitäten der vor allem von KommunistInnen, Katholiken, „kleinen“ Nationalsozialisten und Parteilosen getragenen Widerstandsgruppe im engeren Sinn. Die historisch belegten Kontakte zwischen Arbeitern, Jägern, Geschäftsleuten und einer Reihe von Pfarrhöfen des Salzkammergutes wurden vor allem von Frauen hergestellt. In den meisten Fällen nützten sie die gängigen weiblichen Rollenbilder dazu, um, möglichst unscheinbar zu wirken. Lange Zeit blieben die Verdienste der Frauen in der Widerstandsbewegung des Salzkammergutes aus der Geschichtsschreibung ausgespart. Erst Peter Kammerstätter hat die Thematik des weiblichen Widerstandes in dieser Region in seiner „Materialiensammlung“ zu aktualisieren vermocht. Elisabeth Reichardt macht in ihrer 1983 an der Universität Salzburg approbierten Dissertation auf ein interessantes Detail aufmerksam, indem sie darauf hinweist, daß Sepp Plieseis’ autobiografische Darstellung der Ereignisse (Vom Ebro zum Dachstein, Lebenskampf eines österreichischen Arbeiters, Wien 1946) von den Erzählungen der Frauen abweicht, die sie interviewt hat: „Die Handlungen der Frauen sind entweder ganz weggelassen ... oder sie werden den Männern zugeschoben: Besorgung der Fluchtutensilien, des Quartiers - und hier beantwortet sich unsere Frage: Deshalb durfte Plieseis auch die

Resi Pesendorfer nicht kennen, denn alle konspirativen Handlungen `müssen Männerhandlungen sein.’ Das geht soweit, daß die Frauen zwar das Essen bringen, aber wo her sie es bekommen, wie sie es organisieren, das wird wieder den Männern, wenn schon nicht zugeschrieben, so doch in den Mund gelegt: `...wir futtern schon drei Genossen durch...’, `...ich hab dir was zum Essen mitgebracht...’ - die Frauen, die dieses Essen ermöglichten, werden verschwiegen, sie werden ihrer Handlungen enteignet.“ Am Beispiel der Flucht von Sepp Plieseis aus dem Nebenlager Hallein soll gezeigt werden, wie unterschiedlich die Rolle der Frauen im Widerstand dargestellt wird. Die Rückkehr Sepp Plieseis’ ins Salzkammergut im Herbst 1943 stellte in gewisser Weise den Beginn der Widerstandsbewegung in dieser Region dar und rechtfertigt somit die nähere Aufmerksamkeit. In Hallein hatten Agnes Primocic und Mali Ziegleder Zivilkleider besorgt und Kontakte zu Frauen des Salzkammergutes, besonders zu Resi Pesendorfer, hergestellt. Sie organisierte ein Quartier und die notwendigen Lebensmittel für Plieseis und den als Fluchthelfer fun gierenden Karl Gitzoller. Resi Pesendorfer beschreibt ihre Widerstandstätigkeit folgen dermaßen: „Die Zeit vom Herbst bis ins Frühjahr (1944/45, die Verf.) war am aller schlimmsten, es hat uns viel Nervenkraft gekostet. Die ganze Zeit bestand meine Aufgabe darin, Kurierdienste zu tun, nach Goisern, Ebensee, Hallein, Bad Aussee. Nach Aussee zur Feldhammer Marianne kam ich an dem Tag nach der Ermordung des Feldhammer Karl durch die Gestapo im Jänner 1945 hin. Wenn Plieseis etwas be-

Theresia 1989)

Pesendorfer (1902-

nötigte, dann schickte er mich, seine Aufträge durchzuführen. Die Lebensmittelbeschaffung war eine sehr schwierige Aufgabe. Wir haben bei unseren Bekannten und verläßlichen Menschen in Bad Ischl gesammelt. Es waren auch ehemalige Nationalsozialisten, u.a. Geschäftsleute, dabei, die uns Brotmarken und andere Eßwaren, die sie abzweigen konnten, gaben.“ Wiederholte Male ist auf Karl Feldhammer aus Bad Aussee und die Bedeutung seines Hauses für die Widerstandsbewegung hingewiesen worden. Seine Frau Marianne hat mit ihrem Mut und ihrer Zähigkeit unzählige Male mitgeholfen, die Versorgung der Männer im „Igel“ zu sichern. Ingrid Moser

Maria Sams, die “Partisanen-

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Partisanen im Salzkammergut

Die Stadt durch die Widerstandsbewegung befreit

Bad Ischl vor der Zerstörung bewahrt In Linz hielt Gauleiter Eigruber noch drohende Reden und er machte die Drohungen auch wahr. „Ich decke jeden Volkssturmmann, jedes Exekutivorgan und jedes Mitglied der NSDAP, wenn er gegen Verräter sofort von der Schußwaffe Gebrauch macht“, erklärte er und er konnte noch verkünden: „Die ersten zwei Fahnenflüchtigen hängen seit gestern an der Brücke von Enns.“ Das geschah noch am 18. April 1945. Aber im Salzkammergut konnten zur selben Zeit, dank der unermüdlichen und aufopferungsvollen Arbeit der Freiheitsbewegung, schon Taten gesetzt werden, die der sinnlosen Zerstörungswut Einhalt geboten und dazu führten, daß die Wahnsinnsbefehle Eigrubers und seiner Clique nicht mehr furchtbare Wirklichkeit werden konnten. Schwerwiegende Entscheidungen Bald nach der Befreiung Wiens trafen im altbekannten Hotel „Post“ in Bad Ischl Männer der unterschiedlichsten Weltanschauung zusammen. Inmitten zurückflutender Heeresmassen und SS-Truppen, die sich weiter in die Alpenfestung zurückziehen wollten, fand hier, mitten im Zentrum von Bad Ischl, eine Beratung statt, die schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hatte. Bad Ischl war eine offene Stadt, weil es zu einem Lazarettzentrum geworden war. Im Hotel „Kaiserkrone“, im Hotel „Elisabeth“ und im Hotel „Bauer“ waren Verwun dete untergebracht, dazu kamen evakuierte Frauen und Kinder aus vielen Teilen Deutschlands, und dazu noch tausende Flüchtlinge aus jenen Ge bieten, die bereits von der Front überrollt waren. Aus dieser Situation ergaben sich für die Männer, die sich zum Ziel gesetzt hatten, Bad Ischl vor Untergang und Zerstörung zu bewahren, besondere Aufgaben. Es war eine scheinbar bunt zusammengewürfelte Gesellschaft, die sich hier getroffen hatte, aber die Sorge um die Stadt war das einheitliche Band, und jeder der Männer wußte, daß es seinen Kopf kosten würde, wenn die Pläne, die sie hier

ausarbeiteten, scheitern sollten oder wenn die Machthaber von diesen Plänen erfuhren. Zentrum Hotel „Post“ An der Besprechung nahmen teil: Oberst a.D. Wöhrle, Karl Fahrner, der angesehene Kapellmeister der Salinenmusik, Graf Altenburg, der in der Kaisvervilla wohnte und ein Enkel des Kaisers Franz Joseph war, der Hotelier Koch und dessen Mutter, Bahnhofsvorstand Binna, die Wehrmachtsoffiziere Brandweiner und Kloimstein, der Besitzer der bekannten Wagnermühle Wagner, Me dizinalrat Doktor Prochaska, der Leiter des Kurmittelhauses, sowie die Widerstandskämpfer Favoretti und Sepp Plieseis. Bei der Beratung, die um Mitte April stattfand, wurden drei wichtige Beschlüsse gefaßt: Ein Parlamentär sollte zu den alliierten Truppen entsandt werden, um ih nen die Lage der Stadt zu schildern und ihnen die Versicherung zu geben, daß ihnen in der Stadt kein Widerstand entgegengesetzt werde. Die Sprengladungen sollten aus den Brücken entfernt werden, weil es im Falle einer Sprengung zu Kampfhandlungen kommen würde, die sich auf die offene Stadt verheerend auswirken würden. Schließlich sollten die gefährlichsten Scharfmacher der NSDAP verhaftet werden. Die erste Aufgabe, die bewältigt werden konnte, war die Entsendung eines militärischen Parlamen tärs zu den amerikanischen Truppen. Bald nachdem dieser zurückgekehrt war, konnten auch die Sprengladungen von den Brücken entfernt werden. Einer der Offiziere, die nun zu dem Befreiungskomitee gehörten, gab dem verantwort-

lichen Sprengmeister, der dienstverpflichtet war, den Befehl, die Minen zu entfernen. Dieser glaubte, daß die Anordnung wirklich von den mi litärischen Stellen kam und führte den Befehl strikt aus. Ein wirkungsvolles Plakat „Wir erfuhren von den Offizieren viele Nachrichten, die sonst nicht so leicht zu uns gekommen wären“, berichtet uns ein Teilnehmer an den Beratungen im Hotel „Post“, „und das machte unsere Aufgabe leichter.“ Die Ereignisse drängten, und es mußten neue Maßnahmen ergriffen werden. Es kam zu einem kühnen Handstreich, der einzigartig dasteht in den Tagen vor der Befreiung, weil er sich zu einer Zeit ereignete, da in Mauthausen noch 40 Kommunisten und Sozialisten ermordet wurden und die Hinrichtungen in dem Raum, über den die Gauleitung noch gebieten konnte, sprung haft anstiegen. „Durch die beiden Offiziere erfuhren wir, daß der Stadtkommandant Oberst Münster sich abgesetzt hatte“, erzählt ein Genosse, der an der Bewegung dieser Tage führend beteiligt gewesen war. „Diese Tatsache war natürlich in Bad Ischl nicht bekannt, nur einige Offiziere wuß ten davon. Wir gingen nun dazu über, die Autorität des geflüchteten Komman danten für uns auszunützen. Wir ließen in der Dru ckerei Plasser Plakate drucken, die folgendes anordneten: ‘Die Zivilbevölkerung hat sofort alle Waffen abzuliefern, außerdem wird für das Stadtgebiet ein Ausgehverbot während der Nachtstunden verhängt.’ Diese Plakate wurden angeschlagen, und da sie die Unterschrift von Oberst Münster zeigten, wurden die Anordnungen auch eingehalten. Es sammelten sich Waffen an, mit denen die Freiheitskämpfer ausgerüstet werden konn ten. um der ‘An ordnung von Oberst Münster’ Nachdruck zu verleihen, wurde der In halt des Plakats auch ausgetrommelt. Einer der Offiziere, die bei uns mitmachten, ging mit einer Patrouille in der Umgebung der Stadt umher, und nach einem Trommelwirbel und Trompetenstößen wurde wie in alten Zeiten die Anordnung bekannt gegeben. Gleichzeitig wur-

Partisanen im Salzkammergut de der Befehl ausgegeben, die drei gefährlichsten Fanatiker in Bad Ischl zu verhaften, und wieder konnte die Sache so eingefädelt werden, daß die Exekutivorgane glaubten, der Befehl käme von der Stadtkommandantur. Die drei wurden verhaftet und ins Bezirksgericht eingeliefert.“ Das Plakat hatte jedoch einen Fehler: Man hatte in der Eile vergessen, ein Datum unter die Anordnung zu setzen, und das machte den Anschlag natürlich verdächtig. Außerdem wußten verschiedene Offiziere, daß Oberst Mün ster ja gar nicht mehr da sei, und plötzlich tauchten Gegenbefehle auf. Es ist nie bekanntgeworden, von wem diese Gegenbefehle ausgingen. Jedenfalls hörte die Waffenabgabe wieder auf, und auch die drei verhafteten politischen Leiter wurden wieder freigelassen. Jetzt war höchste Gefahr im Verzuge, denn nun lag es auf der Hand, daß in Bad Ischl zwei Kräfte miteinander ringen, und dieses Ringen mußte über kurz oder lang einer Entscheidung zutreiben. Inzwischen hatten sich in Bad Ischl neue Truppenkörper zusammengezo gen. Im Pfandlwald lagerten große Truppenverbände, ebenso im Rettenbachtal, im Wald zwischen der Traun und dem Attersee, an der sogenannten Engleithenstraße und von dort bis zum Pötschenpaß hinauf. SS im Haus „Miramonte“ Die Truppen waren noch alle intakt und schwer bewaffnet. Wenn in Bad Ischl etwas passieren würde, das den Kampf auslöste, und die Truppen eingreifen würden, dann wäre das Schicksal der Stadt, die zu normalen Zeiten etwa 10.000 Einwohner gehabt hat, jetzt aber rund 40.000 Menschen in ihren Grenzen hatte, besiegelt gewesen. Den Ortsgruppenleitern, die nun wußten, daß die letzte Entscheidung heranreifte und die nun wieder frei waren, war alles zuzutrauen. Besonders gefährlich war die Besatzung des Hotels „Miramonte“ oberhalb von Kaltenbach. Hier hatte sich eine SS-Truppe einquartiert, die sich als Luftwaffeneinheit tarnte und schnell ihre Fahrzeuge mit einem anderen Anstrich versah. Es ist

Seite 9 anzunehmen, daß sich zwischen den po litischen Leitern von Bad Ischl und der SS im Hotel Miramonte Fäden spannen. Die SS im Miramonte und seiner Umgebung wurde zudem täglich stärker. Sie erhielt Zuzug aus dem Konzentrationslager Ebensee, von wo sich Offiziere und Unteroffiziere absetzten, die schwere Blutschuld auf sich geladen hatten. Dieser Gruppe war zuzutrauen, daß sie in einem letzten Verzweiflungsakt die ganze Stadt in ihren eigenen Untergang mit hineinreißen würde. Das Komitee im Hotel „Post“, das nun in Permanenz tagte, bekam Nachricht, daß die SS in Kaltenbach sich anschicke, die Gesetze einer offenen Stadt mißachtend, in den Kern der Stadt einzudringen, um das Hotel „Post“ „auszuheben“. In fliegender Eile wurde alles in Verteidigungsbereitschaft gebracht. Als sich die Dinge so zugespitzt hatten, erschien ein einzelner amerikanischer Panzer. Er kam offenbar im Zusammenhang mit den Verhandlungen des Parlamentärs, die dieser eine Woche vorher geführt hatte. Er war von Mitterweißenbach herauf gekommemn und fuhr langsam durch die Stadt. Das Befreiungskomitee im Hotel „Post“ war der Meinung, daß nun der Einmarsch der Amerikaner erfolgen würde und gab die Anweisung, daß sich die Freiheitsbewegung nun öffentlich zeigen soll. Auf den Straßen sah man auf einmal hunderte Menschen, die, mit einer roten Armbinde versehen, ihre Zugehörigkeit zur Freiheitsbewegung bekundeten. Eine Delegation des Komitees ging zum Bürgermeister und eröffnete ihm, daß er bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen die Weisungen des Befreiungs komitees zu befolgen habe. Er willigte ein und blieb daher noch im Amt. Der Vorhutpanzer war indessen von Bad Ischl nach Goisern gefahren und war dort, am Fuße des Pötschenpasses, auf Widerstand gesto ßen. Darauf machte er sofort kehrt und fuhr über Bad Ischl zurück. Kurz darauf wurden die Heereskolonnen und die Zivilbevölkerung am Fuße des Pötschenpasses von einem Jagdbomberverband mit Bomben belegt und mit Bordwaffen be schossen. Nun stand das Schicksal

von Bad Ischl noch einmal auf des Messers Schneide. Das Komitee faßte den Beschluß, die zwei fanatischen Ortsgruppenleiter wieder zu verhaften. Sie wurden bei der Festnahme, da sie Widerstand leisten wollten, erschossen. Sie waren die einzigen Opfer jener Tage, und auch sie wären nicht umgekommen, wenn sie wenigstens jetzt ihre sinnlose Haltung aufgegeben hätten. Großes Depot gesichert In den Tagen vom 2. bis 5. Mai 1945 übte das Befreiungskomitee in Bad Ischl die Macht aus, noch bevor die amerikanischen Truppen die Stadt besetzten. In der Villa Rothstein bei Lauffen war ein riesiges Depot für Verpflegung und andere Waren untergebracht. Das Lager wurde beschlagnahmt und bewacht. Auch dies geschah noch immer inmitten von starken Truppenkontingenten. So konnte die Verpflegung für die nächste Zeit gesichert werden. Die Befreiung von Bad Ischl war das Signal zum Losschlagen in Goisern, und die Macht des „Dritten Reiches“ hatte im Salzkammergut zu bestehen aufgehört, zu einer Zeit, da in Linz noch das Standgericht wütete. Am 5. Mai marschierten dann, von Salzburg kommend, amerikanische Truppen in Bad Ischl ein, und als die Spitze das Rathaus erreichte, konnte von der Freiheitsbewegung eine unversehrte Stadt in voller Ordnung übergeben werden. Wenn es in Bad Ischl nicht gelungen wäre, den sinnlosen Zerstörungsbefehlen entgegenzuwirken, und wenn dadurch die Bombardierung und die Verheerung der Stadt verhindert werden konnte, dann verdankt die Stadt dies den tapferen Männern jener Tage, die in der Stun de der höchsten Gefahr unter Einsatz ihres Lebens für ein gemein sames Ziel in Aktion getreten sind. NS: Der Bericht wurde gemeinsam mit Sepp Plieseis erstellt und für den Druck autorisiert. Franz Kain

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Partisanen im Salzkammergut

Kurzbiographien der Partisanenbewegung im Salzkammergut

Beispiele des Widerstandes Die nachstehenden Kurzbiografien umfaßt Personen, die in der insgesamt rund 600 Personen umfassenden antifaschistischen Widerstands- und Partisanenbewegung im oberen Salzkammergut und Ausseer Land eine wichtige Rolle spielten. KommunistInnen spielten in dieser Bewegung eine tragende Rolle: l Egger Leni (geb. Schaunitzer) geb. am 2. August 1910 in Rottenmann, arbeitete nach dem Volksschulbesuch im Haushalt, 1940 heiratete sie Ludwig Egger und unterstützte ihren Gatten politisch, später Mitglied der Widerstandsgruppe ”Willy”, gest. in Bad Aussee am 12. Jänner 1992 l Feldhammer Karl, geb. am 16. Dezember 1910 in Bad Aussee, erlernte das Tischlerhandwerk, während der Zeit der Wirtschaftskrise arbeitslos, 1939 an die Westfront eingezogen, 1941 nach dem Militäreinsatz in der Saline Ebensee dienstverpflichtet, verweigerte am 10. September 1944 eine neuerliche Einberufung zum Millitärdienst durch Flucht in die Berge, dort Kon takt mit der Gruppe von Plieseis, Deckname ”Otto”, gest. in Bad Aussee am 15. Juni 1988 l Feldhammer Karl, geb. am 23. September 1909, arbeitete nach dem Volksschulbesuch als Holzknecht, Hilfsarbeiter und Tischler, nach längerer Arbeitslosigkeit (7 Jahre) Holzschuhmacher mit der Saline Bad Aussee als Abneh mer, schon früh in der Arbeiterbewegung, bis 1934 Mitglied der SPÖ, nach dem Februaraufstand Beitritt zur KPÖ und aktiver Funktionär in Bad Aussee, nach dem Einmarsch der Hitlertruppen verhaftet und in das Bezirksgericht Bad Ischl gebracht, jedoch 14 Tage später wieder freigelassen, Kontakt zur Widerstandsgruppe in Bad Ischl durch Hans Rettenbacher Hans und Resi Pesendorfer, am 26. Jänner 1945 bei der Flucht aus dem Fenster seines Hauses von der Gestapo erschossen l Feldhammer Marianne, geb. am 14. März 1909 in Altaussee, besuchte die Volksschule, kam durch ihren Gatten Karl zur KPÖ, in der Widerstandsgruppe bei der Quartierbeschaffung für Deserteure und zur Nachrichtenübermittlung einge-

setzt, beschaffte und transportierte Nahrungsmittel für die um die Blaa-Alm versteckten Partisanen, in Bad Ischl ständiger Kontakt zu Resi Pesendorfer, ihre Lebensgeschichte wurde von Walter Wippersberg unter dem Titel ”Das Ende eines langen Win ters” verfilmt, gest. in Bad Aussee 1996 l Gaiswinkler Albrecht, geb. am 29. Oktober 1905 in Bad Aussee als Sohn eines Salinenarbeiters, nach dem Besuch der Volks- und der Bürgerschule Straßen arbeiter, dann bei der Ausseer Gebietskran kenkasse beschäftigt, schon als Ju gendlicher Mitglied der SAJ, später Schriftführer in der SPÖ und Kompaniekommandant beim Schutzbund, nach dem Februar 1934 politisch verfolgt, acht Monate im Gefängnis in Leoben, später Bezirksorganisator der Revolutionären Sozialisten, kurze Zeit auch Mitglied der KPÖ, am 23. Februar 1940 Gründungsmitglied der Ausseer Widerstandsbewegung, nach 1945 Bürgermeister von Altaussee und Nationalratsabgeordneter, gest. am 11. Mai 1979 l Gitzoller Karl, geb. am 1. Jänner 1905 in Strobl, nach dem Besuch der Volksschule erlernte er den Beruf eines Maschinenschlossers, 1929 lernte er Sepp Plieseis kennen, von 1931 bis 1938 zeitweise beim Straßenbau beschäftigt, 1934 Eintritt in die KPÖ, dort lernte er Franz Jaritsch kennen, in den Steyrwerken dienstverpflichtet, Kontakt zur Widerstandsorganisation in Steyr durch Vermittlung von Hans Rettenbacher, im Oktober 1942 erstmals von der Gestapo verhaftet und nach Wels überstellt, kurz vor dem Kreis gericht Flucht nach Bad Ischl, dort von Resi Pesendorfer in der leerstehenden ”Villa Waldhütte” unterbrachte, lebte dann bis zum Zusammentreffen mit Plieseis im Oktober 1943 in verfallenen Almhütten sowie in einer Höhle

Jo sef Huemer (1905-1959) im Höllengebirge, lebt heute als Pensionist in Neuhaus an der Triesting (NÖ) l Grafl Josef-Hans, geb. am 14. Oktober 1921 in Schattendorf im Burgenland, erlernte nach Besuch der Volks- und Bürgerschule das Maurerhandwerk, schon als Kind bei den ”Kin derfreunden” und dann kurze Zeit in der SAJ, nach dem Februar 1934 Mitglied der KPÖ und illegale Betätigung, 1937 drei Monate lang im Anhaltelager Wöllersdorf, zunächst für wehrunwürdig erklärt, 1940 dann doch zur Nachrichtenkompanie der Wehrmacht eingezogen, 1941 nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Sowjetunion im Gebiet von Perekop zu den russischen Partisanen abgesetzt, 1942 Ausbruch mit Hilfe bulgarischer Partisanen und von diesen in einem 24-tägigen Marsch bis nach Florina im Norden Griechenlands gebracht, im Gebiet von Piräus unter dem Decknamen ”Odysseus” mit griechischen Partisanen im Einsatz, Ende Dezember Kontakt zu den Engländern und von diesen mit einem U-Boot nach Alex andria in Ägypten gebracht, in Kairo von der ”Austrian Legion” angeworben, nach einer kurzen Ausbildung unter dem Decknamen ”Josef Green” dem ”Action-Service” zum Einsatz im Hinterland eines Feindes beigetreten, Einsatz bei 34 Fallschirmabsprüngen in zahlreichen Ländern, zuletzt im Höllengebirge mit dem Auftrag zur Verhaftung des dort vermuteten Joseph Goebbels, lebt als Pen sionist in Bad Aussee l Huemer Josef, geb. am 14. Dezember 1905 in Unterach, gelernter

Partisanen im Salzkammergut Schlosser, ab 1934 Mitglied der KPÖ, wegen Vorbereitungen zum Hochverrat zu 3½ Jahren Gefängnis verurteilt, während seines Aufenthalts im Gefängnis des Kreisgerichtes Wels als Hausarbeiter Zugang zum Medikamentende pot und versorgte die Widerstandsorganisation mit Medikamenten, gest. am 8. Dezember 1959 in Ried/Innkreis l Huemer Maria (geb. Malinger) geb. am 24. April 1900, lebte vorerst als Landarbeiterin in Ried, 1927 Übersiedlung nach Bad Ischl, 1929 heiratet sie Josef Huemer, Unterbringung von Sepp Plieseis nach der Flucht aus dem KZ Hallein in ihrer Wohnung für einige Monate, Überbringung von Medikamenten vom Welser Gefängnis nach Bad Ischl zu den Partisanen l Langeder Zilli (geb. Greifeneder) geb. am 6. April 1910 in Altenhof, nach Besuch der Volksschule im Gastgewerbe tätig, heiratete Martin Langeder, der später vom NS-Regime zu einer 7-jährigen Haftstrafe verurteilt wurde, seit 1933 Mitglied der KPÖ, durch Vermittlung von Resi Pesendorfer Ende November 1943 in ihrer Wohnung Zusammen treffen von Straubinger und Plieseis als Beginn der einheitlichen und organisierten Widerstands- und Partisanenbewegung im oberen Salzkammergut, gest. 1995 l Moser Elsa (geb. Kraft), geb. am 21. Oktober 1909, als Hausfrau tätig, zusammen mit ihrem Mann von der Gestapo verhaftet und nach Linz ins Frauengefängnis Kaplanhof eingeliefert, am 23. März 1945 enthaftet und nach Aussee zurückgekehrt, lebt heute in Bad Aussee l Moser Jo hann (vulgo Renner Hans), geb. am 24. April 1905 in Bad Aussee, nach Besuch der Volks- und Bürgerschule in der Saline Bad Aussee beschäftigt, am 23. Februar 1940 in seinem Haus Gründung der Widerstandsbewegung des Ausseer Landes, für diese bis zu seiner Verhaftung am 15. September 1944 tätig, ins Linzer Polizeigefangenenhaus Mozartstraße überstellt und dort am 24. Februar 1945 bei einem amerikanischen Bombenangriff auf Linz ums Leben gekommen l Neumann Josef, geb. 9. August 1912 in Bad Aussee, besuchte die Grundschule und war später Sali-

Seite 11 nenarbeiter, Mitglied der SPÖ und nach 1934 bei den Revolutionären Sozialisten, gest. 5. September 1986 in Bad Aussee l Pesendorfer Theresia (”Resi”), geb. am 21. Juni 1902 in Bad Ischl, ihr Vater war Bergarbeiter, ihre Mutter starb, als sie 10 Jahre alt war, nach ihrer Schulzeit arbeitete sie auf verschiedenen Bauernhöfen, später bei einem Goldschmied und dann bei einer Gräfin in Schwarzenbach als Stubenmädchen, kurz nach ih rer Heirat wurde ihr Gatte arbeitslos, 1935 Beitritt zur KPÖ, im Herbst 1942 beschaffte sie für Gitzoller Karl ein Versteck in der leerstehenden ”Villa Waldhütte”, in der sie gerade als Putzfrau beschäftigt war, wichtiges Verbin dungsglied in der regionalen Widerstandsorganisation, mit dem ”Ehrenzeichen für die Verdienste um die Befreiung Österreichs” ausgezeichnet, gest. am 31. Oktober 1989 l Plieseis Josef (”Sepp”), geb. am 29. Dezember 1913 in Lauffen bei Bad Ischl, besuchte die Volks- und Bürgerschule, seit frühester Jugend in der sozialistischen Bewegung tätig, zuerst bei den ”Kinderfreunden”, später bei der SAJ und beim Österreichischen Schutzbund, nach den Februarkämpfen 1934 Beitritt zur KPÖ, 1937 nach Spanien zu den In ternationalen Brigaden, nach seiner Rückkehr ins KZ Dachau eingeliefert, von dort durch die Unterstützung der illegalen Lagerorganisation Überstellung in ein Außenlager in Vigaun bei Hallein, 1943 Flucht nach Bad Ischl, anschließend Initiator der regionalen Widerstandsbewegung, nach 1945 Gemeinderat in Bad Ischl und im KZ-Verband tätig, gest. am 22. Oktober 1966 l Plieseis Maria (geb. Wagner), geb. am 15. August 1920 in Wolfsegg, nach Besuch der Hauptschule absolvierte sie die Fachschule für Weißnähen und Kleidermachen, nach verschiedenen Beschäftigungen als Erzieherin im Heim für schwererziehbare Kinder in Gleink tätig, Übersiedlung nach Bad Ischl, Tätigkeit in der Widerstandsbewegung ab Herbst 1943 mit der Unterbringung von dem aus Hallein geflohenen Sepp Plieseis – den sie nach Kriegsende heiratete – in der Wohnung ihrer Mutter Maria Huemer, von Plieseis vor allem für Ku-

Johann Rettenbacher (18931952) rierdienste eingesetzt, lebt heute als Pensionistin in Bad Ischl l Primocic Agnes (geb. Reinthaler), geb. am 30. Jänner 1905 in Hallein, nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule bis 1933 in der Halleiner Tabaktrafik beschäftigt, Mitglied der KPÖ, während des Dollfuß-Regimes druckte sie Flugblätter und Marken für die Rote Hilfe, 1941 verhaftet, aus Mangel an Beweisen wieder freigekommen, unterstützte zusammen mit Amalia Ziegleder die Flucht von Häftlingen aus dem Au ßenlager von Dachau in Hallein, wegen ihrer Tätigkeiten insgesamt 1¼ Jahre Gefängnis, von 1945-1946 Stadträtin von Hallein, lebt heute in Hallein l Rettenbacher Johann, geb. am 4. August 1893 in Bad Ischl, versorgte als gelern ter Schuhmacher die Partisanen mit Bergschu hen und Schischuhen, seine Schusterwerkstätte war Anlaufstelle und Treffpunkt für viele Antifaschisten, gest. am 13. April 1952 in Bad Ischl l Rottenhofer Johann, geb. am 13. März 1895 in Annaberg in Salzburg, nach seiner Übersiedlung nach Bad Ischl als Heizer im Landeskrankenhaus tätig, bewirtschaftete nebenbei eine kleine Landwirtschaft, die ab 1943 auch das Hauptdepot für Lebensmittel und Waffen der Widerstandsbewegung war, hier häufige Zusammenkünfte zwischen Plieseis, Straubinger und anderen Mitgliedern, gest. am 16. Dezember 1963 in Bad Goisern l Sams Maria, geb. am 26. Jänner 1879 in Bad Ischl, 1916 Beitritt zur SPÖ, nach dem Februaraufstand 1934 Mitglied der KPÖ, als ”Partisanenmutter”war sie für die Widerstandsbewegung eine Anlaufstelle

Seite 12 und übermittelte Nachrichten und gewährte Antifaschisten Unterschlupf, von den Nazis verhaftet, aber nach vier Wochen mangels an Beweisen wieder freigelassen, 1947 wegen Aufruf von den US-Besatzungsbehörden verhaftet und beim ”Milchprozeß” zu einem Jahr Kerker verurteilt, nach Protestwelle freigesprochen l Stieger Franz, geb. am 23. März 1895 in Grubeck in der Steiermark, ab 1927 Straßenwärter auf der Strecke zwischen Mitterweißenbach und Weißenbach am Attersee, in den Reichsstraßendienst übernommen, in Bad Ischl Kontakt zu Resi Pesendorfer, 1943 begleitet er sie und kurz darauf Gitzoller nach Hallein zu Plieseis, in der von ihm beaufsichtigten Wegmacherhütte fanden Plieseis und Gitzoller später ihr erstes Versteck nach ihrer Flucht über die Berge, gest. am 16. Mai 1966 in Bad Goisern l Straubinger Alois, geb. am 17. Februar 1920 in Bad Goisern, nach 1934 durch Jaritsch von der KPÖ angeworben, am 10. Oktober 1940 zur Infanterie in Linz eingezogen, am 26. April – mittlerweile in Polen stationiert – aufgrund seiner früheren Tätigkeit im KJV von der Feldpolizei verhaftet und ins Militärgefängnis Litzmannstadt in Polen eingeliefert, am 10. Dezember 1941 nach Wels in das Kreisgericht ”zur Verfügung der Gestapo” überstellt, in der Nacht des 10. Juli 1942 zusammen mit Schwager Fritz Flucht aus dem Gefängnis über Salzburg nach Bad Ischl und Goisern, hielt sich dort bei Verwandten und Bekannten ver steckt, verbarg sich dann einige Monate in Traunkirchen, Ende November 1943 erstes Zusammentreffen von Straubinger und Plieseis

Aktuell Nummer 6, Mai 1998 Sponsoring-Post, Verlags- und Herstellungsort: Linz, Erscheinungsort Linz, Verlagspostamt 4020 Linz, 4400 Steyr, 4600 Wels, P.b.b. Vertragsnummer GZ 02Z030467 S Impressum: Medieninhaber (Verleger), Herausgeber, Hersteller: KPÖ-Oberösterreich, Melicharstraße 8, 4020 Linz, Telefon (0732) 652158, Telefax (0732) 604763, Mail [email protected], Web http://www.kpoe.at/ooe

Partisanen im Salzkammergut in der Wohnung von Zilli Langeder, nach 1945 Bankangestellter, lebt als Pensionist in Bad Goisern l Tarra Valentin, geb. am 11. Febru ar 1896 in Spittal am Semmering, war ab 1916 Gendarm in Graz und kam kurz darauf zum Posten Bad Aussee, ab 1929 Postenkommandant, von Mai 1933 bis zum Einmarsch der deutschen Truppen im März 1938 auch Sicherheitskommissär im Gerichtsbezirk Bad Aussee, wegen dieser Tätigkeit für die Ständeregierung wurde er am 13. März 1938 verhaftet und zur Gestapo nach Linz überstellt, bis zum 20. Februar 1940 in Haft, am 23. Februar 1940 einer der Mitbegründer der Ausseer Widerstandsgruppe gegründet wurde, gest. am 12. Februar 1980 in Bad Aussee l Weiß Theresia, geb. am 18. Februar 1886 in Vigaun, Bäuerin der ”Raben mühle”, galt als sehr christliche Frau und ausgesprochene Gegnerin der Nationalsozialisten, von allem Anfang an unterstützte sie die arbeiten den Häftlinge des KZ-Lagers in Hallein, welche nahe der Rabenmühle zu Übungszwecken für die SS ein Partisanendorf und einen Schießstand errichten mußten mit Nahrungsmitteln, hatte

Zilli (1910-1995) und Martin Langeder wesentlichen An teil am Gelingen der Flucht von Sepp Plieseis, gest. am 10. April 1966 in Kuchl l Ziegleder Amalia (geb. Kothmeier) geb. am 29. Jänner 1899 in Laakirchen, vom Beruf Köchin, ab 1. August 1940 in der Werksküche der Firma Eugen Grill in Hallein tätig, half die Verbindung zwischen KZ- Häftlingen und bereits geflohenen Häftlingen aufrechtzuerhalten, gest. am 12. Juli 1971 in Hallein l Quelle: Topf Christian, Auf den Spuren der Partisanen

Gestapo-Aufnahem von Alois Straubin ger bei dessen Verhaftung.