Auf den Spuren der Vorfahren

Auf den Spuren der Vorfahren… Dessau, 19.09.11 Andrea Linke Die Bergfreunde Anhalt Dessau e.V. begehen in diesem Jahr ihr 10-jähriges Hüttenjubiläum ...
Author: Stefan Straub
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Auf den Spuren der Vorfahren… Dessau, 19.09.11 Andrea Linke

Die Bergfreunde Anhalt Dessau e.V. begehen in diesem Jahr ihr 10-jähriges Hüttenjubiläum in Papstdorf/ Elbsandsteingebirge / Sachsen. Die Sektion des Deutschen Alpenvereins, gegründet am 03.02.1895 in Dessau, hatte mit damals 66 Gründungsmitgliedern eine, für das Flachland, erstaunliche Entwicklung genommen. Beachtliche 48 Tourenberichte aus dem Jahr 1898 zeigen die Begeisterung der Freunde für Bergalpinismus. Nicht zu vergessen, das Hütten – und Das erste Vereinslogo Wegenetz war nicht so ausgebaut wie heute. Daneben pflegten die Mitglieder ein reges Vereinsleben, neben Bergtouren in die nähere und weitere Umgebung wurden Lesungen und Lichtbildervorträge veranstaltet und nicht zuletzt stimmungsvolle Feste in traditioneller Kleidung gefeiert. Auch gab es schon früh eine durchaus ansprechende kleine Bibliothek. Zwischen 1906-1910 wurde nach einem Hüttengelände in den Alpen gesucht und in den Lechtaler Alpen auch gefunden. Die Gemeinde Imst überließ der Sektion das Gelände dazu unentgeltlich. Die Mitgliederzahl Bergbegeisterter ist immerhin schon auf 385 gewachsen. Im Frühjahr 1911 begann der Hüttenbau der 2040 m hoch gelegenen Anhalter Hütte. Von der Gemeinde Tarrenz erhielt die Sektion einen weiteren, nahe gelegenen Bauplatz auf 2.020m Höhe für den Bau der Heiterwandhütte. Nach dem, dort in Eigenregie durchgeführten Wegebau für den Heiterwandweg und den Anhalter Höhenweg, wurden beide Hütten 1912 eingeweiht. Die Sektion kreierte sogar ein eigenes Hüttenlied. Anwesend waren hierbei nicht nur Honoritäten der Vereinsführung und Vertreter der Gemeinden Tarrenz und Imst, auch der damalige Dessauer Oberbürgermeister Dr. Ebeling reiste zur Eröffnung an. Das Einweihungsdatum der Anhalter Hütte wurde dem Geburtstag der Herzogin Marie von Anhalt gewidmet. Ehrenmitglied der Sektion war unter anderen auch Herzog Friedrich von Anhalt.

Die Einweihung der Heiterwandhütte 1912

Die Anhalter Hütte wurde, bis auf die Kriegsjahre 1915 bis 1918, durchgehend bewirtschaftet. Zum 20-jährigem Hüttenjubiläum 1932 fanden sich die Vereinsmitglieder Herbert Slamal und Rudolf Eberius, um anlässlich dieses Ereignisses eine Radtour von Dessau bis in die Lechtaler Alpen durchzuführen.

Herbert Slamal und Rudolf Eberius mit dem Rad unterwegs anläßlich des 20 jährigen Hüttenjubiläums der Heiterwandhütte

Schon die Handnotizen der Reiseplanung mit Gewichtsangaben sind lesenswert. Vorbereitungen waren damals wie heute wichtig. Ihre 3-Tagestour führte damals von Dessau über Halle-JenaNaumburg-Rudolstadt-Saalfeld-Haßlach bis nach Imst.

Auf die Gipfel ging es dann zu Fuß

Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Hütten von den Alliierten beschlagnahmt und Österreich zur Treuhänderschaft übergeben. Die beiden Anhalter-Hütten wurden danach durch die Sektion „Oberer Neckar“ in Rottweil in Patenschaft verwaltet, zwischenzeitlich an den Österreichischen Alpenverein verkauft, um dann 1964 wieder an den Deutschen Alpenverein zurück zu gehen. Im Jahr 1971 wurde die Heiterwandhütte durch eine Staublawine zerstört, im gleichen Jahr übergibt der Hauptausschuss des DAV alle ost- und mitteldeutschen Hütten an die Patensektionen. Ein Neubau der Heiterwandhütte erfolgte 1972/1973, ebenso wie die Erweiterung der Anhalter Hütte bis 1976. Die Anhalter Hütte - im nächsten Jahr steht das 100jährige Jubiläum an

Zur Zeitchronik können noch viele interessante Zeitumstände und Gegebenheiten der Chronik der Bergfreunde Dessau entnommen werden. In den letzten Jahren wurde versucht, alle historischen Erinnerungsstücke zusammen zu tragen. In der DDR war natürlich eine Sektion des Deutschen Alpenvereins unerwünscht. Die Bergfreunde in der DDR organisierten sich während dessen in Sportvereinen. In Dessau beispielsweise in der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Stahlbau Köckert – später Lok Stahlbau, der BSG Polysius – später Zementanlagenbau oder der BSG Waggonbau - später Motor Dessau. Die Sektionen in den Vereinen halfen unentwegt, die Lücke zwischen dem Verbot des DAV 1945 und der Neugründung der Sektion am 28.03.1990 durch zahlreiche, bergnahe Unternehmungen und Veranstaltungen nachhaltig zu schließen. Aus den damals 19 Gründungsmitgliedern des DAV in Dessau sind nunmehr wieder 478 Vereinsmitglieder geworden, die vielfältige Aktivitäten zu Fuß, zu Wasser, auch per Rad pflegen. In den ersten Jahren nach der Wiedergründung gab es Aktivitäten, die Rechtsträgerschaft über die Hütten in den Lechtaler Alpen wieder zu erlangen. Dieses Bemühen wurde nach einigem Hin und Her beiseite gelegt. Die finanziellen Risiken waren die Hauptursache dieser Entscheidung. Nicht zuletzt hatte die Partnerschaftssektion in Rottweil zwischenzeitlich erhebliche Kosten für Wiederaufbau und Umbau tragen müssen. Eine neue Heimat der Bergfreunde Dessau e.V. wurde gesucht und gefunden. Knapp 2,5 AutoStunden weit nur führt der Weg nun zur Hütte in Papstdorf im Elbsandsteingebirge in Sachsen. Hier wurde in den Jahren 1997 bis 2001 ein Teil einer ehemaligen Scheune, unter der engagierten Mithilfe vieler uneigennütziger Helfer, zu einer gemütlichen Heimstatt. Mehr als 6.000 unentgeltliche Arbeitsstunden wurden von Dessauer und Leipziger Bergfreunden geleistet.

An den langjährigen Hüttenwart Horst Koepernik†, der hier sehr viel Herzblut gelassen hat, sei an dieser Stelle noch einmal erinnert. Die Teilfertigstellung der Hütte erfolgte 1999, dann im November 2001 wurde sie vom damaligen Sektionschef der Bergfreunde, Helmut Stegmann, eingeweiht. Die Hütte befindet sich in landschaftlich herrlicher Lage auf dem Heidehügel, am südöstlichen Ortsrand von Papstdorf, in einer großen ehemaligen Scheune des Bauernhofes Liebmann. Natürlich nicht zu vergessen die traumhaft schöne Sonnenaufgänge über den Schrammsteinen, welche von den Fenstern der Schlafräume aus zu sehen sind.

Die Hütte hat eine Kapazität von 30 Lagern in 4 bis 10-Mannzimmern, dazu ein Notlager im Dachfirst für unangemeldete Gäste. Der Aufenthaltsraum wurde mit einem Kaminofen für gemütliche Holzfeuerung und einer integrierten Küche recht modern ausgestattet.

Die Hütte, nur 281 m hoch gelegen, ist bester Ausgangspunkt für Kletterer im Gebiet der Steine, beispielsweise den „Papst“ oder den „Gorisch“ als Gipfel mit schönsten und vielfältigen Routen.

Aber auch gut geeignet für genussvolle Wanderungen oder Basislager für vielfältigste Aktivitäten der Mitglieder und wie auch in großen Alpenhütten, offen für Nichtmitglieder. Das 10 jährige Hüttenjubiläum sportlich zu würdigen, haben sich einige wackere Streiter der Sektion Bergfreunde Anhalt auf ihre Fahne geschrieben. Auf den Spuren unserer Sektionsvorgänger wollen 4 Mitglieder der Bergfreunde Dessau e.V. und ein Nichtmitglied von Dessau nach Papstdorf radeln – ca. 195 km weit! Auf dieser Tour werden etwa 1.000 Höhenmeter zu bewältigen sein. Die Route führt dieses Mal von Dessau über Oranienbaum – Gräfenhainichen – Schköna - Bad Düben – Eilenburg – Oschatz – Meißen – Dresden – Pirna Königstein nach Papstdorf. Keine kleine Aufgabe, die sich Stephan Pfeiffer, Peter Pfeifer, Jens-Uwe Rähm, Sebastian Gründel und Holger Durst gestellt haben und bei der Länge des Weges wird der Genuss wohl eher nicht an erster Stelle stehen. Erfahrungen bei Extremtouren haben die 3 Erstgenannten nicht nur beim Bergsteigen und Radeln gemacht. Erst 2009, anlässlich der Hüttenteilfertigstellung, bezwangen sie in jedem der 13 Klettergebiete im Elbsandstein je einen Gipfel in 24 Stunden – dabei ausschließlich zu Fuß 63 km unterwegs - die Blasen nach der Tour zeugten deutlich von den Anstrengungen.

Stephan Pfeiffer, Jens-Uwe Rähm, Peter Pfeifer v.l.n.r. – nach 63 km Fußmarsch in 13 Klettergebieten des Elbsandstein 13 Gipfel in 24 Stunden bezwungen – es reicht alle Mal noch für ein Siegerlächeln auf den Lippen

Und was sagen die Jungs heute zu dieser neu gestellten Aufgabe: „Ankunft ist noch bei Tageslicht angestrebt. Bei guter zeitlicher und muskulärer Situation wird die Besteigung des Papstes noch vor Zielankunft in Angriff genommen. Versorgung erfolgt in den Kaufhallen unterwegs, Bergprämien und Zwischensprints sind nicht vorgesehen. Aber ein triumphaler Empfang vor der Hütte wäre nicht schlecht.“ Am 23.09.2011 soll es am Parkplatz Zollhaus losgehen. Bleibt die Hoffnung, dass dieses Ziel nicht zu hoch gesteckt ist – „gutes Gelingen auf den Pfaden der Vorfahren“ wünschen wir Euch und natürlich einen tollen Zielempfang!

Tage später…

Pünktlicher Start in Dessau am 24.09.2011…

Geschafft!!! – Die Radtour wurde am Freitag planmäßig, unfallfrei und ohne größere Schäden nach ca. 11,5 Stunden beendet!