Anerkennung einer polnischen Fahrerlaubnis - Wohnsitznachweis

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 23.08.2016 – B 1 K 15.1014 Titel: Anerkennung einer polnischen Fahrerlaubnis - Wohnsitznachweis Normenketten: FeV § ...
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VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 23.08.2016 – B 1 K 15.1014 Titel:

Anerkennung einer polnischen Fahrerlaubnis - Wohnsitznachweis Normenketten: FeV § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 47 Abs. 2 VwGO § 80 Abs. 5 RL 2006/126/EG Art. 12 Leitsatz: Eine polnische Meldeanschrift belegt nicht einen Wohnsitz in Polen, wenn sich bis zu 10 Personen dort für Zeiträume von drei Monaten aufhielten und der Fahrerlaubnisinhaber zugleich sein Gewerbe in Deutschland unterhielt und auch einen Parkausweis beantragt und bewilligt hatte. (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte: Fahrerlaubnis, Verkehrskontrolle, Führerschein, Polen, Wohnsitz, Auskunft, Hinweis, Fahrerlaubnisbehörde Rechtsmittelinstanz: VGH München, Gerichtsbescheid vom 08.02.2017 – 11 ZB 16.2004  

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung, dass er nicht berechtigt sei, aufgrund der ihm erteilten polnischen Fahrerlaubnis der Klasse B Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland zu führen. 2 Dem Kläger wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 20. November 2012 die Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr entzogen; es wurde eine Sperrfrist von 8 Monaten festgesetzt. Auf seine Anfrage zur Neuerteilung eines Führerscheins teilte ihm die Stadt … mit, dass vor Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis die Überprüfung der Fahreignung erforderlich sei. 3 Im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 8. August 2014 in … zeigte der Kläger die Kopie eines am 30. Mai 2014 von der Fahrerlaubnisbehörde Starosta Slubicki Führerscheins der Klasse B mit dem auf dem Führerschein angegebenen Wohnsitz in … Die Staatsanwaltschaft … leitete daraufhin ein Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ein. Der Beklagten wurde auf Anforderung hin durch das Kraftfahrt-Bundesamt eine Auskunft des zuständigen polnischen Ministeriums vorgelegt, worin bestätigt wird, dass der Kläger mindestens 185 Tage im Kalenderjahr gewöhnlich an der gemeldeten Adresse in Polen gelebt habe und die Wohnung existiere, Beziehungen zu nahen Angehörigen, zum beruflichen Umfeld und Eigentumsinteressen wurden mit „unknown“ beantwortet. Beigefügt war außerdem ein Dokument der Stadt S1… vom 29. Mai 2014, wonach für den Kläger als sich permanent in Deutschland Aufhaltendem für den Zeitraum 29. Mai bis 2. August 2014 die Anmeldung eines temporären Aufenthalts unter der Adresse … bestätigt wird. Ein weiteres Dokument der Stadt Sl… vom 20. August 2013 bestätigt einen temporären Aufenthalt vom 20.

August 2013 bis 19. März 2014 für die Adresse … mit einem Erstwohnsitz in Deutschland. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft … wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis übermittelte die Bezirksstaatsanwaltschaft … ein Schreiben der Kreispolizeidienststelle Slu…, wonach der Kläger nach Mitteilung des Einwohnermeldeamtes Sl… temporär vom 29. Mai bis 2. August 2014 unter der Adresse ul. … 141/6 gemeldet gewesen sei. Vorher habe er sich zeitweilig vom 23. März 2013 bis 19. März 2014 unter der Anschrift ul. Ki…ego 6/6 aufgehalten. Es habe nicht festgestellt werden können, ob er zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins persönliche oder dienstliche Verbindungen mit dem angegebenen Wohnort in Polen gehabt habe. Gleichzeitig werde angemerkt, dass es sich bei der Adresse ul. … 141/6 um eine Privatwohnung handele, in der - wie aus dem elektronischen Einwohnermeldesystem Pesel hervorgehe - 51 Personen, davon 40 Ausländer, in der Mehrzahl deutsche Staatsbürger, gemeldet seien. 4 Mit Schreiben vom 24. Juni 2015 wurde der Kläger aufgefordert, seinen polnischen Führerschein innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung dieses Schreibens zur Anbringung eines Aberkennungsvermerks vorzulegen, andernfalls ergehe ein kostenpflichtiger Bescheid. Aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft … müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger in Polen zum Erwerb des polnischen Führerscheins einen Scheinwohnsitz begründet habe, um den strengeren Bedingungen zum Erwerb einer deutschen Fahrerlaubnis zu entgehen. Mit Schreiben vom 5. November 2015 übermittelte die Staatsanwaltschaft Bamberg der Fahrerlaubnisbehörde der Beklagten weitere Unterlagen der Stadt … Danach stehe die Wohnung in der ul. … 141/6 mit einer Nutzfläche von 33,86 m2 im Eigentum der Gemeinde … und sei vom 7. Dezember 2009 bis 31. Juli 2015 an Herrn … vermietet gewesen, der noch dort wohne. Beigefügt war eine Liste von in dieser Wohnung gemeldeten Personen mit dem jeweiligen Zeitraum des Aufenthalts. 5 Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 26. November 2015 fest, dass der polnische Führerschein der Klasse B mit der Führerscheinnummer 00320/14/0805, ausgestellt am 30. Mai 2014 von der polnischen Fahrerlaubnisbehörde …, im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ungültig ist und der Kläger nicht berechtigt ist, mit seinem polnischen Führerschein fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge aller Klassen im Inland zu führen (Ziffer 1). Der Kläger wurde verpflichtet, den polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Für den Fall, dass der Führerschein unauffindbar sei, habe er stattdessen eine Versicherung an Eides statt über den Verlust des Führerscheins abzugeben (Ziffer 2). Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Verpflichtung (Vorlage des Führerscheins oder im Hinderungsfall Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Ziffer 3). Der sofortige Vollzug des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 4). 6 Die fehlende Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland ergebe sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV, so dass lediglich ein feststellender Verwaltungsakt nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV zu erlassen sei. Aufgrund der Ermittlungen der Polizei im Inland und der Meldedaten der Gemeinde …, der polnischen Fahrerlaubnisbehörde sowie der durch die Staatsanwaltschaft eingeholten Informationen sei zweifelsfrei von einem Wohnsitzverstoß auszugehen. Zwar sei im polnischen Führerschein des Klägers ein polnischer Wohnort eingetragen, dies entspreche jedoch nicht den vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen. Die Verwaltungsbehörde sei bei der Überprüfung des örtlichen Wohnsitzes nicht nur auf die Informationen, die sich aus dem verfahrensgegenständlichen Führerschein entnehmen lassen oder die sie vom Ausstellungsmitgliedstaat erhalten habe, beschränkt. Vielmehr seien alle Umstände zur Beurteilung einer ordentlichen Wohnsitznahme im Ausstellerstaat einzubeziehen. Bereits die Ermittlungen der Verkehrspolizeiinspektion …-Stadt hätten erhebliche Zweifel an einer ordentlichen Wohnsitznahme in Polen begründet. Der Kläger habe sich nur für ca. eine Woche im Zeitrahmen des Tages des Erwerbs des polnischen Führerscheins am 30. Mai 2014 sowohl mit seinem Wohnsitz als auch mit seiner Firma von der deutschen Meldebehörde bzw. vom Finanzamt in Deutschland abgemeldet, die übrige Zeit habe er in …, sowohl seinen Hauptwohnsitz als auch den Sitz seines Gewerbebetriebs (IT- bzw. Computertechnologie) gehabt. Die Verlobte des Klägers sei seit 1. November 2013 durchgehend in der gemeinsamen Wohnung in

der … 7 in … angemeldet. Eine erkennbare Verlegung des Wohnsitzes aufgrund persönlicher oder beruflicher Belange nach Polen sei nicht erkennbar. Dies werde auch durch die weiteren Ermittlungen der Polizei untermauert (wird ausgeführt). Dem Kläger sei mitgeteilt worden, dass vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis eine Überprüfung der Fahreignung erforderlich sei. Dies lasse den Rückschluss zu, dass dessen Meldeadresse in 96-100 … 141/6 (mit permanentem Wohnsitz in Deutschland) einen Scheinwohnsitz darstelle, der lediglich dem Erwerb eines polnischen Führerscheins gedient habe, um im Inland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge ohne Fahreignungsprüfung führen zu können. Insbesondere die Ermittlungen der Kreispolizei in … seien als vom Ausstellerstaat herrührende unbestreitbare Informationen zu behandeln. Nach deren Ermittlungen handele es sich um eine kleine Wohnung in einem alten ungepflegten Anwesen, in der insgesamt 51 Personen, davon 40 Ausländer, in der Mehrzahl Deutsche, mit einem befristeten Aufenthalt von 3 Monaten gemeldet seien. Während des Aufenthalts, in dem der Kläger dort gemeldet gewesen sei, habe dies auf weitere 10 Personen zugetroffen. Nach Überzeugung der Behörde stehe fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis am 30. Mai 2014 seinen Wohnsitz nicht in Polen gehabt habe, sondern sich lediglich in der Zeit vom 29. Mai bis 2. August 2014 für einen Zeitraum von drei Monaten angemeldet habe, um dort den Führerschein ohne MPU zu erwerben. Die Ablieferungspflicht zum Zweck der Anbringung eines Sperrvermerks beruhe auf § 3 Abs. 2 StVG und § 47 Abs. 2 Satz 2 und 3 FeV. Es folgten Ausführungen zum Sofortvollzug. 7 Am 15. Dezember 2015 erklärte der Kläger an Eides statt, dass er den polnischen Führerschein verloren habe. 8 Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2015 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen, den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2015 aufzuheben. 9 Mit weiterem Schriftsatz vom 29. Dezember 2015 wurde ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 26. November 2015 gestellt, der unter dem Az. B 1 S. 15.1013 geführt wurde. 10 Der Kläger habe das Erfordernis eines Aufenthalts für den Zeitraum von mindestens 185 Tagen im Gebiet des Ausstellerstaates unzweifelhaft erfüllt. Als unbestreitbar könne nicht die Information gelten, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs der Fahrerlaubnis vermeintlich 51 Personen, davon 40 Ausländer, in dem Anwesen in … gemeldet gewesen seien. Eine solche Auskunft besage nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt des Erwerbs tatsächlich nicht im Ausstellerstaat aufgehalten habe. Eine solche statistische Auskunft von Seiten der polnischen Behörden bestätige lediglich, dass es eine entsprechende Anzahl an Meldungen für die in Rede stehende Grundbesitzung gegeben habe. Woraus diese Daten resultierten, ergebe sich aus einer solchen Auskunft nicht. Das Meldesystem in Polen unterscheide sich grundlegend von dem in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Wegzug und eine Ummeldung führten nicht automatisch zu einer Löschung der Daten bezüglich des alten Wohnsitzes. Hieraus resultiere, dass diverse Meldungen auf Adressen existierten, die tatsächlich nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entsprächen. Folglich handele es sich bei dieser Auskunft keinesfalls um eine „unbestreitbare“ Tatsache, die den hohen Anforderungen des EuGH gerecht werde. Unbestreitbar dürfte sein, dass sich das Objekt in der u. … zum Wohnen eigne. Die Ausführungen der Beklagten zur Frage der Wohnungsgröße seien allenfalls Mutmaßungen. Keinesfalls könne aus ihnen der Beweis abgeleitet werden, dass der Kläger zum Erteilungszeitpunkt nicht seinen ordentlichen Wohnsitz in Polen gehabt habe. Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang, dass der Vermieter des Klägers, Herr …, von den polnischen Behörden nicht um Auskunft ersucht worden sei. Die Gemeinde … habe auf Nachfrage des Klägers mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 nochmals bestätigt, dass die Erteilung der Fahrerlaubnis unter

Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Voraussetzungen erfolgt sei. Der Kläger legte eine Bescheinigung vom 26. Oktober 2015, ausgestellt von der Abteilung für Straßenverkehr des Landkreises in …, vor. 11 Im Verfahren B 1 S. 15.1013 führte die Beklagte aus, dass lediglich melderechtliche Bescheinigungen der polnischen Einwohnerbehörde der Gemeinde … mit unbekannten persönlichen und beruflichen Beziehungen des Klägers zum Wohnort vorlägen. Ausschlaggebend für die Erfüllung oder Nichterfüllung des Wohnsitzprinzips seien die tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnisse, nicht allein melderechtliche Eintragungen. Zum Zeitpunkt des Erwerbs des polnischen Führerscheins sei der Kläger unter der auf dem Führerschein angegebenen Adresse als sich permanent in Deutschland aufhaltende Person gemeldet gewesen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft … im Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis bei der Kreispolizei in …, bei der Einwohnerbehörde, und auch im direkten Umfeld der Meldeadresse hätten nachvollziehbar ergeben, dass der Kläger an dem auf seinem Führerschein angegebenen Wohnort überhaupt nicht gesehen worden sei. Die Ermittlungen der Kreispolizei … wiesen zwingend auf einen Scheinwohnsitz hin. Die vom Kläger übersandte Bescheinigung des Landkreises … vom 26. Oktober 2015 ergebe keine Anhaltspunkte im Sinn einer Verlagerung persönlicher und beruflicher Belange des Klägers nach Polen, die auf eine ordentliche Wohnsitznahme schließen ließen. Der Kläger habe in keiner Weise vorgetragen, welche beruflichen und/oder persönlichen Belange einen Aufenthalt in Polen hätten bezwecken können. 12 Mit Beschluss der Kammer vom 7. März 2016 wurde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt. Die Beschwerde hiergegen wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13. Juni 2016 (Az. 11 CS 16.557) zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, dass die von den polnischen Behörden übermittelten Informationen nicht nur darauf hindeuteten, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum keinen Wohnsitz im Sinn von Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG in Polen gehabt habe, sondern dass diese Mitteilungen diese Annahme nahezu belegten. Diese Informationen seien geeignet, die ergänzenden inländischen Umstände berücksichtigen zu können. Auch aufgrund der inländischen Umstände bestünden kaum Zweifel daran, dass sich der maßgebliche Wohnsitz auf dem Gebiet der Beklagten und nicht in Polen befunden habe. Der Kläger sei dem auch nicht durch substantiierte und verifizierbare Angaben entgegengetreten. 13 Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2016 hat die Beklagte Klageabweisung beantragt und zur Begründung auf ihren Vortrag im Rahmen des Eilverfahrens verwiesen. 14 Die Beteiligten wurden zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Mit Schriftsatz vom 1. August 2016 hat der Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass die Klage aufrechterhalten bleibe. 15 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Behörden- und die Gerichtsakten, auch im Verfahren B 1 S. 15.1013, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe 16 1. Über den Rechtsstreit kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden. Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. Das Einverständnis aller Beteiligten ist - anders als im Falle einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO - nicht Voraussetzung für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid.

17 2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Vermeidung von Wiederholungen schließt sich das Gericht im Wesentlichen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an. 1. (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Klagevorbringen noch Folgendes auszuführen: Die in Ziffer 1 des Bescheids vom 26. November 2015 getroffene Feststellung ist rechtmäßig. Die dem Kläger am 30. Mai 2014 in Polen erteilte polnische Fahrerlaubnis der Klasse B verleiht ihm nicht das Recht, entsprechende Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen. Dies ergibt sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. 18 Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWG-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz in im Sinn von § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 FeV i.V.m. Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 im Bundesgebiet haben, vorbehaltlich der Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt diese Berechtigung nicht, wenn sich aus dem Führerschein selbst oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass der Fahrerlaubnisinhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Zeitpunkt der Erteilung im Inland hatte. Dies wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV dann angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - bei fehlenden beruflichen Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. 19 Unbestreitbar im Sinn von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV sind die Informationen dann, wenn sie von einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats stammen, selbst wenn sie nur indirekt in Form einer Mitteilung Dritter übermittelt werden (EuGH, U.v. 01.03.2012 - C-467/10 -Rn. 71). Hinsichtlich der Frage, welcher Beweiswert den vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen für das Nichtbestehen eines ordentlichen Wohnsitzes im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung zukommen muss, ist ausreichend, wenn sich aus ihnen die bloße Möglichkeit einer solchen Sachverhaltsgestaltung ergibt, ohne dass durch sie die Begründung eines reinen Scheinwohnsitzes bereits abschließend erwiesen sein muss. Die nationalen Gerichte haben im Rahmen ihrer Beurteilung der vorliegenden, vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationen alle Umstände des anhängigen Verfahrens zu berücksichtigen. Dabei kann insbesondere der etwaige Umstand berücksichtigt werden, dass die vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden Informationen darauf „hinweisen“, dass sich der Inhaber dieses Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats nur für ganz kurze Zeit aufgehalten und dort einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck errichtet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 01.03.2012, a.a.O., Rn. 74 f.; BVerwG, U.v. 30.05.2013 - 3 C 18.12 - Rn. 21; BayVGH, B.v. 24.11.2014 - 11 CS 14.1090 -; B.v. 20.10.2014 - 11 CS 14.1688 -; B.v. 03.05.2012 - 11 CS 11.2795 - Rn. 30; B.v. 20.05.2015 - 11 CS 15.685 -, alle juris). Die vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden Informationen bilden gleichsam den „Rahmen“, innerhalb dessen die Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats alle Umstände eines vor ihnen anhängigen Verfahrens berücksichtigen dürfen. Dabei kann die Funktion der Heranziehung aller Umstände nur darin bestehen, ergänzend zu den vom Ausstellerstaat stammenden Informationen hinzuzutreten, um etwaige Lücken hinsichtlich der Beweiskraft dieser Erkenntnisse zu schließen (BayVGH, B.v. 03.05.2012, a.a.O.; B.v. 15.09.2015 - 11 ZB 15.1077 unter Verweis auf EuGH, U.v. 26.04.2012 Rn. 90). 20

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegen behördliche Informationen aus dem Ausstellerstaat vor, die darauf hinweisen, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum der Erteilung der Fahrerlaubnis keinen Wohnsitz im Sinn von Art. 12 RL 2006/126 EG in Polen hatte. 21 Die über das Kraftfahrt-Bundesamt eingeholte Auskunft des zuständigen polnischen Ministeriums vom 29. September 2014 besagt zwar, dass der Kläger nach den dort vorliegenden Informationen seinen Wohnsitz in Polen während 185 Tagen im Kalenderjahr gehabt habe und dass die angegebene Wohnadresse existiere. Aus dieser Auskunft ergeben sich aber gleichwohl Zweifel an der Wohnsitznahme, denn es wird auch angegeben, dass zum Vorhandensein von Familienmitgliedern und zu beruflichen oder Eigentumsinteressen nichts bekannt sei. Die übrigen, von polnischen Behörden gegebenen Informationen belegen einen ordentlichen Wohnsitz indes nicht bzw. ziehen einen solchen sogar in Zweifel. So bescheinigt die Stadt … eine temporäre Meldung des Klägers als einer sich permanent in Deutschland aufhaltenden Person für die Wohnung in … in der ul. … 141/6 für den maßgeblichen Zeitraum. Die Auskunft des polnischen Ministeriums erweckt damit angesichts der Auskunft der polnischen Meldebehörde begründete Zweifel hinsichtlich ihrer Aussagekraft. Die Dienststelle der Kreispolizei … stellte außerdem fest, dass der Kläger zwar vom 29. Mai bis 2. August 2014 in … gemeldet gewesen sei, man habe aber nicht feststellen können, ob persönliche oder dienstliche Verbindungen zum Wohnort in Polen bestanden hätten. In der angegebenen Privatwohnung seien 51 Personen, davon 40 Ausländer gemeldet. Aus der weiteren, im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren von der Kreispolizeibehörde … übermittelten Auskunft und den hierzu vorgelegten Unterlagen (Auskunft der städtischen Liegenschaftsverwaltung) ergibt sich, dass für den Tag des Fahrerlaubniserwerbs durch den Kläger weitere 7 Personen, jeweils für einen befristeten Aufenthalt von 3 Monaten gemeldet waren. Im Zeitraum vom 29. Mai bis 2. August 2014 waren dies in sich überschneidenden Zeiträumen insgesamt zehn Personen, deren Namen darauf hindeuten, dass es sich dabei nicht um polnische Staatsangehörige handelte. Gleichzeitig teilt die Kreispolizeibehörde … mit, dass die Wohnung im fraglichen Zeitraum an einen Herrn … vermietet war und von diesem noch genutzt wird. Die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung des Landkreises … vom 26. Oktober 2015 bescheinigt demgegenüber zwar die Tatsache des Führerscheinerwerbs an sich (Bestätigung unter Einhaltung der polnischen Vorschriften), führt aber im Hinblick auf einen ordentlichen Wohnsitz lediglich aus, dass der Kläger in … vorübergehend angemeldet war und selbst erklärt habe, dort über 185 Tage angemeldet gewesen zu sein (4. Spiegelstrich). 22 Die Argumentation des Klägers, die Meldeliste der städtischen Liegenschaftsverwaltung sei kein Beweis dafür, dass neben dem Kläger für weitere Personen tatsächlich ein ordentlicher Wohnsitz bestätigt worden sei, überzeugt nicht. Denn Gleiches gilt auch für den Kläger, so dass nach seinem eigenen Sachvortrag allein die melderechtliche Erfassung auch für ihn nicht ausschlaggebend sein kann. Die Angaben der polnischen Behörde zur Wohnungsgröße und den Mietverhältnissen beruhen - da die Wohnung im städtischen Eigentum steht - offensichtlich nicht auf bloßen Spekulationen. Für einen tatsächlichen Lebensmittelpunkt des Klägers in … in persönlicher und/oder beruflicher Hinsicht ist nichts ersichtlich. Angesichts dieser Umstände drängt es sich geradezu auf, dass es sich bei der Adresse nur um einen Scheinwohnsitz gehandelt hat und sämtliche Personen dort zwar angemeldet waren, aber nicht dort gewohnt, sondern sich allenfalls nur wenige Tage aufgehalten haben (vgl. einen vergleichbaren Sachverhalt in BayVGH, B.v. 15.09.2015, a.a.O.). 23 Diese Einschätzung aufgrund der vom Ausstellermitgliedstaat gewonnenen Erkenntnisse wird ergänzt durch die Informationen der Fahrerlaubnisbehörde der Beklagten zu den persönlichen und beruflichen Umständen des Klägers während des fraglichen Zeitraums. Dass der Kläger als Einzelgewerbetreibender sein Gewerbe durchgehend unter einer … Adresse angemeldet hatte, die zudem auch die Wohnadresse der Verlobten des Klägers ist, dass er bereits am 10. Juni 2014 einen PKW auf seinen Namen unter Angabe der Adresse …, am 11. Juni 2014 eine Ausnahmegenehmigung für Parkerleichterungen als Handwerker und am 2. Juli 2014 einen Parkausweis für Anwohner für diese Adresse beantragte - also während des Zeitraums, in dem

er für sich als ordentlichen Wohnsitz die polnische Adresse geltend macht - weist darauf hin, dass sein Lebensmittelpunkt im Zeitpunkt des Erwerbs der Fahrerlaubnis offensichtlich in … war und dass der Aufenthalt in … lediglich der Abholung des polnischen Führerscheins diente und offensichtlich auch nur wenige Tage gedauert hat. 24 Der Kläger ist diesen von der Fahrerlaubnisbehörde herangezogenen Umständen auch nicht durch einen substantiierten Vortrag entgegengetreten. Es obliegt ihm, die Unstimmigkeiten der Meldeverhältnisse durch einen substantiierten Vortrag auszuräumen und darzulegen, dass sein Lebensmittelpunkt - trotz der offensichtlichen persönlichen und beruflichen Beziehungen im Inland - während der Hälfte des Jahres in Polen war (vgl. BVerwG, U.v. 30.05.2013, a.a.O.; BayVGH, U.v. 07.05.2015 - 11 B 14.654; B.v. 20.05.2015, a.a.O.). 25 Auch nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 13. Juni 2016, auf den zur Begründung ergänzend Bezug genommen wird, nochmals deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass es dem Kläger obliege, substantiierte und verifizierbare Angaben zu dem behaupteten Wohnsitz in Polen zu machen, hat sich der Kläger diesbezüglich nicht mehr geäußert. 26 Die Feststellung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides, dass der Kläger mit seinem polnischen Führerschein nicht berechtigt ist, in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen, wurde von der Fahrerlaubnisbehörde somit zu Recht getroffen. Auch die übrigen Verfügungen im streitgegenständlichen Bescheid begegnen keinen Bedenken. Insbesondere hat sich die auf § 47 Abs. 2 FeV gestützte Verpflichtung des Klägers in Ziffer 2 des Bescheides, seinen polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen, nicht durch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erledigt. Sollte der Führerschein wieder aufgefunden werden, hat ihn der Kläger der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen. 27 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.