Achtsamer Umgang mit den eigenen Grenzen

Achtsamer Umgang mit den eigenen Grenzen Meine Kolleginnen werden immer jünger Fachtagung des Netzwerkes Gesunde Kitas in Hamburg 23. Mai 2012 © regi...
Author: Helene Meissner
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Achtsamer Umgang mit den eigenen Grenzen

Meine Kolleginnen werden immer jünger Fachtagung des Netzwerkes Gesunde Kitas in Hamburg 23. Mai 2012 © [email protected]

„Ein Mensch ist Teil des Ganzen, das wir Universum nennen, ein in Raum und Zeit begrenzter Teil. Er erfährt sich selbst, seine Gedanken und Gefühle als etwas vom Rest getrenntes – eine Art optische Täuschung seines Bewusstseins. Diese Täuschung ist wie ein Gefängnis für uns, da sie uns auf unsere persönlichen Wünsche und auf die Zuneigung für einige wenige Menschen, die uns am nächsten stehen, beschränkt…

Urteil Erwartung Erinnerung Verlangen

Ereignis

Identifikation

…Unsere Aufgabe besteht darin, uns aus diesem Gefängnis zu befreien und den Kreis unseres Mitgefühls derart auszuweiten, dass es alle lebenden Kreaturen und die gesamte Schöpfung in ihrer Schönheit umfängt. Niemand ist fähig, das vollkommen zu erreichen, aber das Streben nach einer solchen Errungenschaft ist an sich bereits ein Teil der Befreiung und ein Fundament für innere Sicherheit.“ Einstein in Kabat-Zinn 2006, S.349

Gewahrsein Urteil Erwartung Erinnerung Verlangen

Beobachtung (Zeugenbewusstsein)

Achtsamkeit • … das reine registrieren der beobachteten Tatsachen, ohne auf sie durch Handeln, Sprechen oder mentale Kommentare zu reagieren, die Ausdruck von Selbstbezogenheit (Anziehung, Ablehnung etc.), Urteilen oder Reflexionen sind.

McCown et. al. 2011

Unachtsamkeit McCown 2011

• „Unreife kognitive Verhaltensweisen“ (Langer 1989), eine Haltung, zu denken und zu handeln, in der man schon weiß. – Wenn die notwendigen Kategorien, mit denen wir lernen die Welt zu ordnen, beginnen uns zu ordnen… – Wenn wir kleine Veränderungen übersehen, weil wir meinen zu wissen… – Wenn wir unsere Perspektive als die einzig mögliche erachten…

Aufmerksamkeit • Selektives Beachten relevanter Reize / Informationen – aus der Wahrnehmung – für zielgerichtetes Verhalten.

• Störung der Aufmerksamkeit durch – Ablenkung oder Krankheit – ständige Reizüberflutung => jede Ablenkung: – eine fehlgeleitete Selektion !!!

• mögliche Ursachen: – innere Konflikte – psychische Voraussetzungen

Freundliche Akzeptanz • Das Leiden an sich ist gar nicht so schlimm; der Widerstand gegen das Leiden macht den eigentlichen Schmerz aus. Allen Ginsberg – Im Unterschied zum Widerstand kann Akzeptanz Leid lindern. – Akzeptieren heißt nicht, eine negative Situation oder Handlung einfach hinzunehmen, sondern sich emotional dem zu öffnen, was im gegenwärtigen Moment in uns vorgeht. – Akzeptanz hat nichts mit Resignation oder Stagnation zu tun, denn auf das Annehmen folgt die Veränderung ganz von selbst. Christopher Germer 2012

Vom Autopiloten zur Geistesgegenwart • Autopiloten-Modus (ermöglicht Multitasking) – Gewohnheiten, Wiederholung des Bewahrten – Ökonomisch (braucht wenig Aufmerksamkeit) – Konditioniert: Reiz → Reaktion (stereotyp)

• Geistesgegenwart kultivieren – Lücke zwischen Reiz und Reaktion → Flexibilität – Ganz bei einer Sache sein – Offenheit, Lebendigkeit, „Anfängergeist“

Kultivierung von Achtsamkeit • Ziel ist das Erkennen der fälschlichen Identifikation von Selbst und Erfahrung • die Einsicht in die Veränderlichkeit und Vergänglichkeit aller Erscheinungen • sowie die allmähliche Auflösung der konditionierten Reaktionen auf die Empfindungen.

Einsicht in das Funktionieren des Geistes gewinnen – Beobachten: Richte deine Aufmerksamkeit alleine darauf, was du wahrnimmst, ohne die Filter deiner Sprache und Bewertung. – Beschreiben: Ergänze deine Beobachtung um beschreibende Worte. – Teilnehmen: Gib dich vollständig einer Tätigkeit im gegenwärtigen Augenblick hin, ohne dich von dem Ereignis zu trennen.

Haltungen von Achtsamkeit • Annehmend: Nimm die Realität so wie sie ist, ohne sie als Gut oder Böse zu beurteilen. • Konzentriert: Fokussiere Deinen Geist auf die eine Sache. • Wirkungsvoll: Richte deinen Blick darauf, wie etwas funktioniert, statt dass du Recht hast.

Verändertes Verhalten im Alltag • Orbitofrontaler Cortex (OFC) – Emotionsregulation, Umlernen von Reaktionen – Mehr graue Substanz bei Meditierenden

• Gleichmut, Offenheit, De-Konditionierung

Quelle: Ott, Dresden 2012

Übungen zur Annehmenden Haltung • Beobachte und zähle deine Bewertungen. • Ersetze deine Bewertungen durch das Gegenteil. • Beschreibe deine Bewertungen als Beobachtungen. • Betrachte die „Nervensäge des Tages“ als Trainingspartner.

Übung: Beobachten • Fokussiere deine Aufmerksamkeit auf ein Wort oder deinen Atem oder eine sinnliche Wahrnehmung. • Fokussiere deine Aufmerksamkeit auf deinen „wandernden Geist“. • Fokussiere deine Aufmerksamkeit auf den ständigen Wechsel deiner Empfindungen.

Übungen: Konzentriert • Fokussiere deinen Geist auf die eine Sache – – – – – –

Lausche einem Geräusch, Klang… Iss eine Rosine, Nuss… Bereite Tee… Wasche eine Tasse nach der anderen… Spüre den Boden unter Deinen Fußsohlen… Schaue Farbe, Formen und Details einer Blume…

Bewusstsein verändern durch Schulung in Achtsamkeit 1.

Regulation der Aufmerksamkeit

2.

Gewahrsein des Körpers

3.

Emotionsregulation – –

Neubewertung bzw. Nicht-Bewertung Konfrontation, Löschung und Konsolidierung

4. Veränderte Selbstwahrnehmung – – – – –

Neue Sicht der eigenen Person Weniger Bewertungen Innere Mitte finden, zugleich jedoch weniger egozentrisch Verbundenheit mit der Umwelt Autonomie, Authentizität, Integrität Hölzel et al. (2011)

Akzeptanz

Veränderung

Gleichgewicht wahren verlangt eine Form des aktiven Handelns, die Sicherheit aufs Spiel setzt und die Aktionsmöglichkeiten erweitert.

Achtsamkeit in der Gesellschaft kultivieren • Bildungssystem (Kita, Schule, Universität) – Fokus bisher auf Leistung (Sprache, Denken, Sport) – Zukunft: Körperbewusstsein, Emotionsregulation

• Alter (Fähigkeiten und Hirnsubstanz ↓) – Prävention von Demenz, Erhalt geistiger Frische

• Wissenschaft – Systematische Innenschau als Forschungsmethode – Erkenntnisbasierende Theorie – humanistisches Menschenbild

Literatur •

Bob Stahl & Elisha Goldstein, Stressbewältigung durch Achtsamkeit



Linda Lehrhaupt, Petra Meibert, Stress bewältigen mit Achtsamkeit



Jon Kabat-Zinn, Im Alltag Ruhe finden

Arbor ISBN 978-3-86781-017-3

Kösel ISBN 978-3-466-30847-7

Fischer ISBN 978-3-596-17351-8

Ebd. Zur Besinnung kommen Arbor ISBN 978-3-936855-82-X



Vera Kaltwasser, Persönlichkeit und Präsenz Beltz ISBN 978-3-407-62679-0



Christoph Germer, Der achtsame Weg zur Selbstliebe Arbor ISBN 978-3-86781-011-1



Nils Altner, Achtsamkeit mit Kindern leben Kösel ISBN 978-3-466-307882-1



Patricia Tudor-Sandahl, Das Leben ist ein langer Fluss, Über das Älterwerden Herder ISBN 978-3-451-05583-6