Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Stakeholder-Dialoge. Manual

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft Stakeholder-Dialoge Manual 2 Stakeholder-Dialoge Impressum Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Internationale...
Author: Stefan Jaeger
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Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Stakeholder-Dialoge Manual

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Stakeholder-Dialoge

Impressum Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Postfach 51 80 65726 Eschborn Verantwortlich Kurt Janssen Sektorvorhaben „Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und Corporate Social Responsibility (CSR)“ T +49 61 96 79-23 70 F +49 61 96 79-73 78 E [email protected] Autoren Petra Künkel, Silvine Gerlach, Vera Frieg / CLI Christian Görg, Marike Schumacher, Judith Kohler, Johannes Herde / GIZ Layout Eva Hofmann, Sandra Winter W4 Büro für Gestaltung, Frankfurt am Main

Der vorliegende Text basiert auf den Inhalten der Weiterbildung des Collective Leadership Institutes (CLI) „Working with Stakeholder Dialogues“ — Key Concepts and Competencies for Achieving Common Goals, www.collectiveleadership.com

April 2011

Stakeholder-Dialoge

Inhalt

1. Stakeholder-Dialoge — Eine Einführung 1.1 Was sind Stakeholder-Dialoge? 1.2 Chancen und Gründe für die Anwendung von Stakeholder-Dialogen 1.3 Stakeholder-Dialoge zum Erfolg führen

2. Potenzialanalyse für die Anwendung von Stakeholder-Dialogen 2.1 Wann ist der Stakeholder-Dialog Ansatz die geeignete Methode? 2.2 Wie kann die Potenzialanalyse durchgeführt werden?

3. Formen von Stakeholder-Dialogen 3.1 Wo können Dialoge stattfinden? 3.2 Welche Formen von Stakeholder-Dialogen gibt es?

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3.2.1 Stakeholder-Dialoge als Konsultation

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3.2.2 Stakeholder-Dialoge als Kooperation

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3.3 Welche Form von Dialog eignet sich wofür?

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4. Umsetzung von Stakeholder-Dialogen 4.1 Die vier Phasen eines Stakeholder-Dialogs — das Dialogic Change Model 4.2 Checkliste für die Planung und Umsetzung eines Stakeholder-Dialogs

5. Kommunikation in Stakeholder-Dialogen 5.1 Die verschiedenen Ebenen der Kommunikation in Stakeholder-Dialogen

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5.1.1 Interne Kommunikationsebenen

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5.1.2 Externe Kommunikationsebenen

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6. Dialog als Grundprinzip von Stakeholder-Dialogen 6.1 Dialogkompetenz entwickeln

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6.1.1 Die vier kommunikativen Handlungsdimensionen

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6.1.2 Die vier Dialogkompetenzen

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6.1.3 Wie kann man die Modelle nutzen?

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7. Prozessmonitoring in Stakeholder-Dialogen 7.1 Die Einführung von Monitoring in Stakeholder-Dialogen 7.2 Arten von Monitoring in Stakeholder-Dialogen 7.2.1 Self Assessment in Stakeholder-Dialogen

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8. Schlüsselfaktoren für den Erfolg von Stakeholder-Dialogen

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9. Stakeholder-Broker — eine Führungsaufgabe der Zukunft!

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Informationsunterlagen zu CDP im Überblick

1 Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Die Broschüre „Capacity Development for Partnerships with the Private Sector (CDP) — Beratungsangebot stellt als Dachpapier das CDP-Beratungsangebot zu verschiedenen Kooperationsformen zwischen Staat und Privatsektor überblicksartig vor. Weiterhin werden ergänzend zum vorliegenden Dokument auch die zentralen Kooperationsformen Programme für Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft (EPW) und Public Private Partnership (PPP) in separaten Publikationen beschrieben, die auf das spezifische CDP-Beratungs- und Trainingsangebot ausführlich eingehen und Hilfestellungen zu ersten Planungsschritten bieten. Im Projektmanagement von Entwicklungspartnerschaften selbst kann der Leitfaden „Steuerung und Monitoring von Partnerschaften mit der Wirtschaft (SMP)“ für die Konzeption, die Durchführung und das begleitende Monitoring eingesetzt werden (vgl. Kap. 4.2.3).

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Kontakt: Kurt Janssen ([email protected])

Capacity Development for Partnerships with the Private Sector (CDP) Beratungsangebot

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Programme für Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft (EPW)

Public Private Partnerships (PPP)

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Stakeholder-Dialoge

1.

Stakeholder-Dialoge — Eine Einführung

Privatsektor, Zivilgesellschaft und öffentlicher Sektor arbeiten zunehmend zusammen bei der Lösung von komplexen Herausforderungen, die durch global vernetzte Probleme und Konflikte entstehen. Erfahrungen zeigen, dass sich langfristige Erfolge erzielen lassen, wenn Lösungen gemeinsam auf den Weg gebracht werden. Daher werden zunehmend Stakeholder-Dialoge angeregt, also Dialoge zwischen allen denen, die an einem Thema arbeiten. Aus diesem Grund wird es auch im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit immer wichtiger, Kompetenz zu erwerben, um komplexe sektorübergreifende Dialog- und Aushandlungsprozesse anzuregen, zu koordinieren, bei diesen zu beraten und sie zu unterstützen.

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1.2 Chancen und Gründe für die Anwendung von Stakeholder-Dialogen Stakeholder-Dialoge ermöglichen es, verschiedene Sichtweisen, Standpunkte und Interessen in Planungs- und Umsetzungsprozessen zu berücksichtigen. Damit begünstigen Stakeholder-Dialoge neue und innovative Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit. Sie integrieren unterschiedliche Kompetenzen. Da Veränderungsprozesse effizienter realisiert und nachhaltig umgesetzt werden, bietet diese Form der Zusammenarbeit Vorteile: Kompetenzen werden gebündelt. Die Herausforderungen, beispielsweise durch wachsende Armut, Klimawandel, HIV/AIDS, Korruption und Globalisierung, erfordern eine Bündelung der Expertise verschiedener Akteure.

1.1 Was sind Stakeholder-Dialoge? Stakeholder-Dialoge sind ein methodischer Ansatz zur Gestaltung von Kooperations- und Kommunikationsprozessen, der sich dadurch auszeichnet, dass alle für ein Anliegen relevanten Akteure einbezogen werden. Stakeholder-Dialoge zeigen unterschiedliche Perspektiven auf und ermöglichen eine gemeinsame Suche nach Lösungen, die nicht auf Teillösungen oder dem Ausblenden von Schwierigkeiten beruhen. Die Unterschiede und Konflikte zwischen den verschiedenen Stakeholdern in den Dialogen bieten ein großes Potenzial für innovative Lösungsansätze im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung. Durch die Bündelung von Mitteln und Ressourcen steigt die Effizienz. Der Ansatz der Stakeholder-Dialoge bietet in komplexen Situationen einen konstruktiven Weg, indem er Perspektiven für neue Handlungsoptionen eröffnet, die alle Beteiligten und Betroffenen akzeptieren können. Die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen erhöht die Wahrscheinlichkeit, einen Konsens zu finden, und liefert belastbare Ergebnisse. Unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen wirken zusammen, wenn sektorübergreifend an gemeinsamen Zielen gearbeitet wird. Doch auch innerhalb eines Sektors fördert der Austausch über verschiedene Sichtweisen in Stakeholder-Dialogen Synergieeffekte.

Die Zusammenarbeit in Stakeholder-Dialogen fördert eine effizientere Nutzung von Mitteln und Ressourcen, da diese gemeinsam eingesetzt werden. Die in Kooperation erreichten Ergebnisse sind oft belastbarer, tragfähiger und nachhaltiger als Einzellösungen und werden daher von den beteiligten Stakeholdern eher angenommen. Auch das Umfeld der Stakeholder akzeptiert sie eher. Dies fördert die Akzeptanz und Reputation der Zusammenarbeit. Stakeholder-Dialoge steigern die Kapazität von komplexen Systemen, Lösungen zu finden. Das Zusammenführen unterschiedlicher Kompetenzen und eine gemeinsame Gestaltung erhöhen die Lernfähigkeit im Vergleich zu Aktivitäten nur in einer Institution oder nur in einem Sektor. Die Qualität und Glaubwürdigkeit von Meinungsbildungsprozessen steigt, wenn vielseitige Sichtweisen integriert und Interessen ausbalanciert werden. Die Kenntnis verschiedener Argumente verhindert starre Positionen. Allerdings fällt es häufig schwerer, Entscheidungen praktisch umzusetzen. Gemeinsam vereinbarte Strategien sind leichter umzusetzen, wenn sie in einem gleichberechtigten, transparenten Dialog entwickelt wurden. Dann müssen Stakeholder von den Beschlüssen nicht erst überzeugt

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Der vorliegende Text basiert auf den Inhalten der Weiterbildung des Collective Leadership Institutes „Working with Stakeholder Dialogues“, www.collectiveleadership.com.

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werden, sondern identifizieren sich sofort mit den erarbeiteten Ergebnissen. Stakeholder-Dialoge erhöhen die Bereitschaft zur Selbstverpflichtung, da die beteiligten Akteure die Zukunftsgestaltung beeinflussen können. Sie fühlen sich mitverantwortlich, sind daher interessiert am gemeinsamen Erfolg und multiplizieren die Ergebnisse.

1.3 Stakeholder-Dialoge zum Erfolg führen Um Stakeholder-Dialoge ergebnisorientiert umzusetzen, wird neben einem effektiven Projektmanagement auch vielfältiges Methodenwissen benötigt. Im Folgenden werden die zentralen Methoden und Instrumente des StakeholderDialog-Ansatzes dargelegt. Die folgende Grafik gibt eine Übersicht der Methoden und ihrer Anwendungsbereiche:

Stakeholder-Dialoge lösen gesellschaftliche Starre und Konflikte. Aktive Beteiligung an StakeholderDialogen fördert ein gemeinsames Ausloten von Zukunftsmöglichkeiten. Dies erweitert die Perspektiven der Beteiligten und eröffnet neue Handlungsmöglichkeiten für alle.

Ergründung des Umsetzungspotentials

Planung

Umsetzung

Monitoring und Evaluierung

Kapitel 2: Potenzialanalyse für die Anwendung von Stakeholder-Dialogen Kapitel 3: Formen von Stakeholder-Dialogen Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen Kapitel 5: Kommunikation in Stakeholder-Dialogen Kapitel 6: Dialog als Grundprinzip von Stakeholder-Dialogen Kapitel 7: Prozessmonitoring in Stakeholder-Dialogen Kapitel 8: Schlüsselfaktoren für den Erfolg von Stakeholder-Dialogen Kapitel 9: Stakeholder-Broker — eine Führungsaufgabe der Zukunft!

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2.

Potenzialanalyse für die Anwendung von Stakeholder-Dialogen

Stakeholder-Dialoge werden immer häufiger zu verschiedenen Themen veranstaltet. Dabei geht es etwa um Klimaschutz, Ernährungssicherheit, Entwicklung von Wertschöpfungsketten, nachhaltige Stadtentwicklung oder soziale und ökologische Standards. Veranstalter können der öffentliche oder private Sektor oder zivilgesellschaftliche Organisationen sein. Zunehmend werden Stakeholder-Dialoge auch zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in der internationalen Zusammenarbeit eingesetzt. Unterschiedliche gesellschaftliche Akteure engagieren sich in dieser Form, um Lösungsund Handlungsoptionen angesichts von Herausforderungen gemeinsam zu erörtern und/oder umzusetzen.

Es ist daher sinnvoll, Stakeholder-Dialoge anzuwenden, wenn

• • •

ein Anliegen nur mit Unterstützung verschiedener Akteursgruppen und Entscheidungsträger umgesetzt werden kann, die nachhaltige Umsetzung die Akzeptanz bestimmter Anspruchsgruppen (Betroffene und Beteiligte) voraussetzt oder eine Veränderung des Status Quo angestrebt wird, die relevanten Akteure sich jedoch in Bezug auf Richtung, Ziel und Umsetzungsmodalitäten der Veränderung nicht einig sind.

2.1 Wann ist der Stakeholder-Dialog Ansatz die geeignete Methode?

2.2 Wie kann die Potenzialanalyse durchgeführt werden?

Stakeholder-Dialoge sind immer dann sinnvoll, wenn sie Probleme ausloten und Lösungswege kollektiv erarbeiten helfen. Da alle relevanten Stakeholder einbezogen werden, steigt die Chance, dass Kooperationsnetzwerke entstehen, die über die Laufzeit des Anliegens hinaus aktiv bleiben. Zusätzlich fördern sie die Strukturen, die in Eigenverantwortung der lokalen Akteure nachhaltig Veränderungen vorantreiben. Stakeholder-Dialoge fördern ein Gleichgewicht zwischen verbindlicher Umsetzung von vereinbarten Zielen und gleichzeitiger Offenheit für gemeinsames Lernen. Bei langfristig angelegten Dialogprozessen, die eigene Kommunikationsstrukturen und Umsetzungsmechanismen etablieren, ist es wichtig, gemeinsam zu planen, den Stakeholder-Prozess zu überwachen und seine Ergebnisse zu evaluieren. Für die erfolgreiche Planung und Durchführung ist eine gut durchdachte Strategie fundamental, die alle Stakeholder anspricht und einen Projektplan mit ausreichender Ressourcenausstattung in Form von Personal, Zeit, Finanzierung und Expertise beinhaltet. Der Ansatz des Stakeholder-Dialogs geht über reines Projektmanagement hinaus. Seine Wirkungskraft liegt darin, dass er jenseits von begrenzenden Projektplänen Raum bietet, relevante Stakeholder in einen Prozess einzubeziehen.

Möchten Akteure der internationalen Zusammenarbeit, des öffentlichen, privaten oder zivilgesellschaftlichen Bereichs einen Stakeholder-Dialog anregen, empfiehlt sich zunächst eine Potenzialanalyse zu erstellen. Sie unterstützt das Team der Initiatoren dabei zu reflektieren, was die Beteiligung von Stakeholdern bezwecken soll. Eine Potenzialanalyse dient dazu, zu klären, ob ein StakeholderDialog der geeignete Ansatz für das konkrete Anliegen ist. Falls ein ausreichendes Vertrauensverhältnis zu potentiellen Partnern besteht, können sie in die Analyse einbezogen werden. Die folgende Checkliste (Seite 8) bietet eine Übersicht über die Kriterien, die vor der Initiierung eines StakeholderDialogs bedacht werden sollten. Die Checkliste bietet folgende Antwortmöglichkeiten:

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Trifft vollständig zu Trifft überwiegend zu Trifft teilweise zu Trifft weniger zu Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu

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Kriterium Besteht die Notwendigkeit für einen Stakeholder-Dialog?

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Für die Umsetzung des Vorhabens (Projekt, Programm, Initiative, Veranstaltung, etc.) ist eine breite Akzeptanz verschiedener Anspruchsgruppen im Umfeld des Vorhabens nötig. Von der Umsetzung des Vorhabens sind verschiedene Anspruchsgruppen betroffen und müssen daher konsultiert werden. Die Umsetzung des Vorhabens erfordert die aktive Beteiligung unterschiedlicher Anspruchsgruppen. Die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren soll über eine bloße Bereitstellung von Informationen unsererseits hinausgehen.

Ist der richtige Zeitpunkt gegeben? Die Schlüsselakteure sind überzeugt, dass eine Veränderung notwendig ist. Konflikte zwischen den zu beteiligenden Stakeholdern sind nicht so stark, dass eine Teilnahme an einem gemeinsamen Stakeholder-Dialog völlig unmöglich ist. Die meisten der für den Dialog wichtigen Stakeholder haben Vertrauen in die Kompetenz der Initiatoren des Stakeholder-Dialogs. Für die zu beteiligenden Stakeholder entstehen durch die Teilnahme an dem Stakeholder-Dialog keine Nachteile oder Gefahren.

Sind die notwendigen Ressourcen vorhanden, um den Stakeholder-Dialog durchzuführen? Im Team der Initiatoren sind ausreichende zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen vorhanden.3 Im Team der Initiatoren ist ausreichend Expertise vorhanden, um einen Stakeholder-Dialog durchzuführen. Das Team der Initiatoren hat bereits ausreichende Beziehungen zu relevanten Stakeholder-Gruppen. Der Dialogansatz wird von wesentlichen Entscheidungsträgern in den Institutionen der Initiatoren und Partner unterstützt.

Besitzt das Team der Initiatoren/Umsetzer die Kompetenz und Bereitschaft für die Durchführung? Das Team der Initiatoren ist bereit und fähig, einen komplexen — unter Umständen nicht geradlinig verlaufenden — Prozess gemeinsam zu steuern. Alle Initiatoren sind bereit, andere Standpunkte und abweichende Meinungen zu respektieren und innovative, gemeinsam erarbeitete Lösungsansätze zuzulassen. Die Initiatoren sind offen dafür, ihre eigenen Standpunkte zu verändern beziehungsweise Ziele anzupassen. Die Initiatoren sind bereit „Leadership“, in einem gemeinsam gestalteten Prozess zu übernehmen.

Zeigt sich bei der Potenzialanalyse, dass einzelne oder mehrere Kriterien nicht zutreffen, so empfiehlt es sich zu überlegen, welche davon durch die Initiatoren beeinflusst werden können. Investitionen in Ressourcen oder Kompetenzen des Teams lohnen sich, wenn die Initiatoren oder Umsetzer die Voraussetzungen für einen Dialog dadurch

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Zum Beispiel in einem Projektsekretariat.

verbessern können. Lassen sich einzelne Kriterien, wie etwa eine breite Akzeptanz durch die Akteure des entsprechenden Handlungsfeldes, nicht oder nur bedingt durch die Initiatoren beeinflussen, kann es sinnvoll sein, einen späteren Zeitpunkt für eine erneute Durchführung der Potenzialanalyse festzulegen.

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3.

Formen von Stakeholder-Dialogen: eine Übersicht zu den Möglichkeiten der Umsetzung

Der Ansatz des Stakeholder-Dialogs kann auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen angewendet werden. Er ist kein starrer Ansatz mit festgelegter Vorgehensweise. Stakeholder-Dialoge werden ergebnisorientiert und erfolgversprechend angewendet, wenn sie an die Bedürfnisse des jeweiligen Anliegens angepasst werden. Das grundsätzliche Ziel unabhängig von der Anwendung bleibt, dass sich verschiedene Akteure zu einem Anliegen konstruktiv austauschen. Dazu gehören etwa Konsultationen über politische Entwicklungen, gemeinsame Entscheidungsfindung oder die Umsetzung praktischer Lösungen. Im Folgenden werden zunächst die verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen dargelegt, auf denen StakeholderDialoge stattfinden können. Im Anschluss werden Formen von Stakeholder-Dialogen erläutert. Zuletzt bietet eine Checkliste einen Überblick über die Merkmale, Funktionen und Anwendungsbereiche der verschiedenen Formen.

3.1 Wo können Dialoge stattfinden? Bei der Initiierung von Stakeholder-Dialogen ist vorab zu klären, welche gesellschaftliche Ebene sich für die Bearbeitung des jeweiligen Anliegens eignet, um den angestrebten Veränderungsprozess umsetzen zu können. StakeholderDialoge können auf folgenden Ebenen stattfinden: • Internationale Ebene • regionale/grenzübergreifende Ebene oder • nationale und lokale Ebene

Internationale Ebene Internationale Stakeholder-Dialoge sind sinnvoll, wenn ein Problem nicht innerhalb eines Landes gelöst werden kann. Sie erfordern in der Regel sowohl die Teilnahme international als auch national tätiger Akteursgruppen. Internationale Stakeholder-Dialoge haben das Ziel, Vereinbarungen zuverabschieden, die in allen teilnehmenden Ländern angewendet werden. Dialoge, in denen offizielle Regierungsrepräsentanten vertreten sind, finden häufig in einem sehr formalen Umfeld mit starrem Protokoll statt. Ihre Ergebnisse sind von den Beziehungen der Regierungen untereinander abhängig.4 Beinhalten internationale Stakeholder-Dialoge sehr spezifische Themen, steht meist die Umsetzung im Vordergrund.5 Regionale/grenzübergreifende Ebene Auch grenzübergreifende Stakeholder-Dialoge in einer bestimmten Region erfordern die Zusammenarbeit von Regierungen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Dies kann beispielsweise zur Förderung der wirtschaftlichen oder sozialen Entwicklung in einer Region beitragen. Diese Prozesse werden häufig von den Regierungen geführt.6 Regionale Stakeholder-Dialoge mit geringer Beteiligung der Öffentlichen Hand oder mit Fokus auf eine spezifische Frage, wie etwa die Entwicklung von Wertschöpfungsketten oder die Verbesserung des Umweltschutzes in einer Region, betonen in der Regel stärker die Umsetzung von Maßnahmen.7 Nationale und lokale Ebene Stakeholder-Dialoge auf nationaler und lokaler Ebene, die von Regierungen/öffentlichem Sektor in Gang gesetzt werden, beziehen sich beispielsweise auf die Entwicklung oder Bewertung politischer Strategien sowie die Umsetzung von Regulierungen. Auch andere Akteursgruppen, wie beispielsweise Nichtregierungsorganisationen (NGO), können zu bestimmten Themen ihres Interesses StakeholderDialoge durchführen.8

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Z. B. World Comission on Dams (www.dams.org) Z. B. Common Code for the Coffee Community (www.4c-coffeeassociation.org) Z. B. New Partnership for Africa’s Development (www.nepad.org) Z. B. African Cashew initiative — ACi (www.africancashewalliance.com) Z. B. Verbesserung des Investitions- und Geschäftsklimas durch landesweite oder regionale öffentlich-private Dialoge (Vietnam, Laos, Senegal etc.) oder die Beteiligung des privaten Sektors an der Förderung von landwirtschaftlicher Produktion zur Verbesserung des Einkommens von Bauern (Kambodscha, Kenia, Benin, Ghana etc.).

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3.2 Welche Formen von StakeholderDialogen gibt es?

3.2.1 Stakeholder-Dialoge als Konsultation

Man kann bei der Unterscheidung der verschiedenen Formen grob zwischen Stakeholder-Dialogen unterscheiden, die auf Konsultation ausgerichtet sind, und StakeholderDialogen, die einen stärkeren Fokus auf die Kooperation in der Umsetzung haben. In konsultativen Stakeholder-Dialogen bringen die Akteure ihre Expertise, Sichtweisen und Erfahrungen ein. Die weitere Verwendung der Empfehlungen und Erkenntnisse unterliegt in der Regel der Verantwortung der Initiatoren des Stakeholder-Dialogs. Kooperative Stakeholder-Dialoge fokussieren im Unterschied dazu auf eine Zusammenarbeit, in der die kooperierenden Akteure aktiv und in gemeinsamer Verantwortung an der Umsetzung einer Lösung beteiligt sind. Je stärker der Fokus auf der Umsetzung liegt, desto höher ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Übernahme von Verantwortung im Bezug auf Ergebnisse und Erfolge. Konsultative und kooperative Formen von StakeholderDialogen umfassen folgende Unterformen:

Einmalige Stakeholder-Konsultation

Stakeholder-Dialoge als Konsultation • Einmalige Stakeholder-Konsultation • Sequenz von Stakeholder-Konsultationen • Institutionalisierte Stakeholder-Konsultation • Multistakeholder-Plattform (Austausch) Stakeholder-Dialoge als Kooperation • Multistakeholder-Initiative • Multistakeholder-Plattform (Management der Implementierung) • Stakeholder-Partnerschaft

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Merkmale der einzelnen Formen von Stakeholder-Dialogen erläutert und durch Praxisbeispiele veranschaulicht.

Der Fokus bei einmaligen Konsultationen liegt darauf, Meinungen einzuholen, Bewusstsein zu einem bestimmten Thema zu schaffen, das Interesse der Beteiligten für eine zukünftige Zusammenarbeit zu steigern und Erfahrungen auszutauschen. Darüber hinaus kann das Ziel einmaliger Stakeholder-Konsultationen sein, politische Inputs, Planungs- oder Forschungsinputs oder Feedback einzuholen. Die Herausforderung besteht darin, Veranstaltungen zu organisieren, bei denen nicht nur Informationen verbreitet, sondern die Meinungen der Beteiligten gehört werden. Nur wirkliches Interesse an unterschiedlichen Sichtweisen kann zu einem konstruktiven Dialog führen. Veranstaltungen zum Austausch in einmaligen Stakeholder-Konsultationen können beispielsweise in Form von Workshops, Meetings etc. in einem Zeitraum von ein bis drei Tagen realisiert werden.

Praxisbeispiel Integriertes Küstenzonenmanagement in Kroatien Das kroatische Umweltministerium initiierte gemeinsam mit der GIZ einen Stakeholder-Konsultationsprozess, um eine nachhaltige, geteilte Nutzung von Flächen und Ressourcen in der kroatischen Küstenregion zu gewährleisten. Zu diesem Zweck richtete das Kernteam des Projekts einen Stakeholder-Workshop aus, der Interessengruppen aus allen Ebenen und Sektoren die Möglichkeit bot, einander kennenzulernen sowie Ideen und Erfahrungen hinsichtlich integrierten Küstenzonenmanagements auszutauschen.

Sequenz von Stakeholder-Konsultationen Vorhaben, die eine länger andauernde Konsultation verschiedener Interessengruppen erfordern, können regelmäßige Stakeholder-Workshops veranstalten, zum Beispiel mehrmals ein bis drei Tage über einen Zeitraum von ein oder zwei Jahren. Das erwünschte Feedback und die Anregungen der Beteiligten werden dann von den Verantwortlichen, das heißt den Initiatoren des Stakeholder-Dialogs, in den Umsetzungsprozess aufgenommen. Der Zweck solch

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länger anhaltenden Konsultationsprozesse ist es zum Beispiel, Politikentwicklung zu verbessern, regulative Maßnahmen umzusetzen, Strategien zu gestalten oder regelmäßiges Feedback einzuholen. Regelmäßige Konsultationen der beteiligten Stakeholder sind zu einem wesentlichen Element von Good Governance geworden: Sie gewährleisten nicht nur eine höhere Qualität bei politischen Entscheidungen, der Entwicklung von Vorschriften, der Durchführung von Verordnungen und Planungen im öffentlichen Sektor sondern auch einen möglichst breiten Konsens. Interessenvertreter können Bedenken äußern, Know-how und Erfahrungen einbringen und fehlende Aspekte hervorheben. Regelmäßige Konsultationen zielen häufig auf Ergebnisse wie die Entwicklung einer nationalen Strategie zu einem bestimmten Thema, die Umsetzung ordnungspolitischer Maßnahmen oder die Planung regionaler Entwicklung.

Praxisbeispiel Engineering Capacity Building Program (ecbp) Das Engineering Capacity Building Program (ecbp), ein Programm der äthiopischen Regierung, beabsichtigt die umfassende Modernisierung des Privatsektors und der ihn tragenden Institutionen. In enger Kooperation mit dem Privatsektor sowie Universitäten und Ausbildungsinstitutionen werden Reformen zur Stärkung des Privatsektors und der Unternehmensentwicklung durchgeführt. Darüber hinaus werden die technischen Studiengänge reformiert. Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie der Aufbau einer nationalen Qualitätsinfrastruktur zur Optimierung ausgewählter sektoraler Wertschöpfungsketten. Zur Anwendung des Programms in den verschiedenen Sektoren werden spezifische Sektorenkerngruppen gegründet, die sich aus Regierungsvertretern und Repräsentanten aus Privatwirtschaft sowie dem universitären und betrieblichen Ausbildungsbereich zusammensetzen.

Institutionalisierte Stakeholder-Konsultation Regierungen, zwischenstaatliche Organisationen und regionale Zusammenschlüsse, die sich einer verantwortungsvollen Regierungs- oder Organisationsführung verpflichtet haben, können Stakeholder-Konsultationen zu einem Teil ihrer regulären Umsetzungs- oder Planungsabläufe machen. In diesem Fall wird der Stakeholder-Dialog institutionalisiert in dem Sinne, dass eine Konsultation zum Beispiel als administrative Vorschrift verankert wird. Dies können langfristige Strukturen zwischen öffentlichem und privatem Sektor zur Gewährleistung eines wirtschaftsfördernden Klimas sein oder gesetzliche Vereinbarungen darüber, wie verschiedene Stakeholder in die Entwicklungsplanung einbezogen werden. Institutionalisierte Stakeholder-Konsultationen können per Verfassung festgelegt oder auf Druck gesellschaftlicher oder internationaler Lobbygruppen ins Leben gerufen werden, etwa wenn diese den Einbezug verschiedener Sichtweisen anmahnen. Institutionalisierte StakeholderKonsultationen erfolgen laufend, nach öffentlich festgelegten Vorschriften und Verfahren. Dies kann dazu führen, dass die beteiligten Stakeholder im Laufe der Zeit das Bewusstsein für die Dringlichkeit des Anliegens verlieren, das eigentlich typisch für Stakeholder-Dialoge ist. Die Herausforderung besteht darin, diese Form von Stakeholder-Dialogen wirksam zu gestalten und die jeweiligen institutionalisierten Stakeholder-Konsultationen weit oben auf der Agenda von Entscheidungsträgern zu platzieren.

Praxisbeispiel Comprehensive Africa Agricultural Development Programme (CAADP) Das Comprehensive Africa Agricultural Development Programme (CAADP) ist ein Set von Werten und Prinzipien zur Reform von nationalen agrarpolitischen Programmen. Auf nationaler Ebene von der Regierung angeleitet, beruht CAADP aber von Beginn an auf kontinuierlicher Konsultation anderer landwirtschaftlich relevanter Stakeholder, auch bei der Umsetzung und Weiterentwicklung. Durch einen entsprechenden Compact sind die Reformprogramme festgehalten und verbindlich.

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Multistakeholder-Plattform (Austausch) Stakeholder kommen zu einer Austauschplattform zusammen, wenn ein Anliegen existiert, das entweder viele Stakeholder betrifft oder diese voneinander lernen, Erfahrungen austauschen oder sich für eine bestimmte Veränderung einsetzen möchten. Meistens ist dies eine Form, an der privatwirtschaftliche Akteure ein gesteigertes Interesse haben, da hierbei ein Austausch mit anderen Stakeholdern möglich ist, ohne dass der Privatsektor selbst allzu bedeutende Verpflichtungen eingehen muss. Solche Plattformen werden häufig von einer politischen oder entwicklungsorientierten Agenda bestimmt. Eine Multistakeholder-Plattform kann eine eigene Identität entwickeln und sich sogar institutionalisieren, beispielsweise in Form eines Verbandes für die Entwicklung von Wertschöpfungsketten. Multistakeholder-Plattformen können auch eine lose Struktur haben wie zum Beispiel „Runde Tische“, bei denen Stakeholder über ihre Aktivitäten für ein bestimmtes Thema Bericht erstatten, Erfahrungen austauschen und voneinander lernen. Solche Plattformen können vom öffentlichen, privaten oder zivilgesellschaftlichen Sektor ins Leben gerufen werden. In vielen Fällen entwickeln solche Multistakeholder-Plattformen bestimmte Handlungsempfehlungen und richten diese an bestimmte andere Stakeholder-Gruppen wie zum Beispiel die Regierung oder den Privatsektor. Multistakeholder-Plattformen bleiben bestehen solange es eine bestimmte Dringlichkeit gibt, sich mit dem behandelten Thema auseinanderzusetzen. Die Herausforderung besteht darin, die Relevanz des Austauschs aufrecht zu erhalten und dafür Sorge zu tragen, dass das Bestehen der Plattform zu den erwünschten Wirkungen führt. Häufig sind die Wirkungen schon relativ früh für Außenstehende sichtbar.

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üblicherweise sind dies Konsensentscheidungen.

Praxisbeispiel Runder Tisch CSR und Sozialstandards Der Runden Tisch in China soll Dialog und Informationsaustausch zwischen verschiedenen Stakeholdern zum Thema Corporate Social Responsibility (CSR) und Sozialstandards initiieren sowie zur Bewusstseinsbildung hinsichtlich deren Relevanz und den Umsetzungsmöglichkeiten beitragen. Zudem soll aus der Initiative eine nationale Identifikation für die Weiterentwicklung von CSR-Implementierung im Land erweckt werden. Die China CSR Map zielt darauf, CSR in China durch offenen Informations- und Erfahrungsaustausch zu fördern. Die Gründung der Online-Plattform wurde angeregt, weil es trotz beachtlicher Diskussion und Aktivitäten zum Thema CSR in China häufig schwierig war, Informationen über die konkreten CSR-Aktivitäten der in dem Bereich aktiven Organisationen zu bekommen.

3.2.2 Stakeholder-Dialoge als Kooperation Multistakeholder-Initiative Multistakeholder Initiativen sind sektorübergreifende Initiativen zur Lösung komplexer Probleme, zur Entwicklung und Umsetzung gemeinsamer Strategien, Verfahrensweisen oder Nachhaltigkeitsstandards. Stakeholder treten der Initiative bei, um ein gemeinsam beschlossenes Ziel innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu erreichen. Manche Projekte und Programme sind von Anfang an als Initiative gestaltet. In diesem Fall treffen sich Akteure verschiedener Stakeholder-Gruppen zur gemeinsamen Durchführung und gemeinsamen Aktivitäten sowie zu einem Ergebnismonitoring. Diese Art von Initiative besteht häufig zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor oder zwischen privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Multistakeholder-Initiativen können sich aus vorangegangenen Stakeholder-Konsultationsprozessen ergeben, die sich in Richtung Umsetzungsorientierung weiterentwickeln und in denen es die Beteiligten notwendig finden, ihre Zusammenarbeit stärker zu strukturieren. Merkmal dieser Form von Stakeholder-Dialog ist die gemeinsame Absicht, dauerhafte Veränderung zu bewirken, bis hin zur gemeinsamen Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg. Dazu gehört, dass sich eine Multistakeholder-Initiative auf ein Prozedere für die Entscheidungsfindung 9 sowie für Monitoring und Evaluierung einigen muss.

Stakeholder-Dialoge

Je komplexer die Initiative ist 10 und je mehr Stakeholder sich an ihr beteiligen, desto notwendiger werden im Konsens beschlossene Steuerungsmechanismen. MultistakeholderInitiativen haben als Steuerungsstruktur oft ein Steuerungskomitee und ein Projektsekretariat, das für die Kommunikation, Umsetzung und Vorbereitung der Stakeholder-Veranstaltungen und oft auch für die Umsetzung von Aktivitäten zuständig ist. Multistakeholder-Initiativen brauchen ein gutes Prozessmanagement, gute Kommunikation und sichtbare Umsetzungsergebnisse, damit die oft sehr komplex zusammengesetzte Gruppe von Stakeholdern hinter dem gemeinsamen Ziel steht.

Praxisbeispiel Forest Steward Council Der Forest Steward Council widmet sich nachhaltiger Waldwirtschaft, zum Beispiel durch die Anwendung eines Nachhaltigkeitsstandards. Die Organisation hat ein Führungssystem etabliert, in dem verschiedene Stakeholder aus der Zivilgesellschaft, dem öffentlichen Bereich und der Privatwirtschaft zu gleichen Teilen vertreten sind. Das Führungsgremium trifft sich regelmäßig, um über die weitere Entwicklung der Organisation zu entscheiden.

Eine umsetzungsorientierte Stakeholder-Plattform kann aus einer Stakeholder-Initiative oder einem Konsultationsprozess entstehen. Ihre Funktion besteht dann darin, die Ergebnisse einer Stakeholder-Initiative fortzusetzen oder aufrecht zu erhalten.

Praxisbeispiel Bewirtschaftung von Wasserressourcen Ein Vorhaben zur nachhaltigen Wassernutzung des namibischen Ministeriums für Landwirtschaft, Wasser und Forstwirtschaft in Zusammenarbeit mit der GIZ zielt auf die nachhaltige Bewirtschaftung von Wassereinzugsgebieten durch integriertes Wasserressourcenmanagement. Zu diesem Zweck wurden bereits an zwei Orten Komitees für Wassereinzugsgebiete gegründet. Diese setzen sich aus Vertretern des öffentlichen und privaten Sektors, der Zivilgesellschaft sowie NGOs zusammen. Ihre Aufgabe ist es, gemeinsam mit staatlichen Wasserbehörden praktische Fragen des Managements dieser Einzugsgebiete sowie der Wasserversorgung und -einsparung zu klären.

Stakeholder-Partnerschaft

Multistakeholder-Plattform (Management der Implementierung) Diese Stakeholder-Plattformen konzentrieren sich auf die Umsetzung von Maßnahmen im öffentlichen Interesse, die der öffentliche Sektor nicht alleine bewältigen kann. Die Mitglieder einer solchen Plattform, die in regelmäßigen Abständen zusammen kommen, koordinieren die Planung sowie das Management von Maßnahmen im gemeinsamen Interesse und passen gegebenenfalls Umsetzungsstrategien an. Häufig dient diese Stakeholder-Plattform als langfristig angelegtes Lenkungsgremium. Ein Beispiel für umsetzungsorientierte StakeholderPlattformen sind Komitees zum Management von Wassereinzugsgebieten, die sich typischerweise aus verschiedenen Interessengruppen und betroffenen Gemeinden zusammensetzen. Ihre Aufgabe ist es, Regierungsinterventionen, Beiträge von Geberorganisationen und Aktivitäten der Gemeinden zugunsten eines optimalen Wassermanagement zu koordinieren.

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wie etwa mit nationaler, regionaler oder internationaler Ausrichtung.

Stakeholder-Partnerschaften können zu zeitlich begrenzten Kooperationsprojekten führen, bei denen die gemeinsame Umsetzung von Maßnahmen im Vordergrund steht. Sie sind dann relevant, wenn die Lösung eines Problems am ehesten mit einem gemeinsamem Projektmanagement mit anderen Stakeholdern, unter Nutzung unterschiedlicher Kompetenzen erreicht werden kann. Dies erfordert in der Regel sehr klare Absprachen und oft eine vertragliche Bindung. Häufig müssen bei Stakeholder-Partnerschaften große Budgets zwischen den beteiligten Stakeholdern verwaltet werden. Dies erfordert von Anfang an ein professionelles Projektmanagement sowie die Bildung von Überwachungs-, Kontroll- und Bewertungsverfahren. Solche Partnerschaften stehen unter dem Druck, vereinbarte Ziele und Meilensteine zu erreichen und regelmäßig zum Stand der Umsetzung Bericht zu erstatten. Jeder der Partner hat eine vereinbarte Rolle zu erfüllen und trägt die Verantwortung für die Umsetzung einzelner Aspekte des Projekts. Komplexe Stakeholder-Partnerschaften können von einem Projekt-Sekretariat unterstützt werden. Die Herausforderung von Stakeholder-Partnerschaften liegt darin, die

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oft ungleichen Erwartungen der Stakeholder an Geschwindigkeit und Sichtbarkeit der Erfolge zu managen. Häufig müssen Stakeholder aus sehr unterschiedlichen organisatorischen Kulturen11 eng zusammenarbeiten und gegenseitiges Verständnis für ihre internen Regeln und die Art ihrer Arbeitsweise aufbringen. Da Stakeholder-Partnerschaften komplexe Projekte umsetzen, kann es erforderlich sein, weitere relevante Stakeholder, die nicht direkt an der Stakeholder-Partnerschaft beteiligt sind, in Konsultationsprozesse zu integrieren. Dies schafft Bewusstsein für eine Veränderung oder ermöglicht Feedback.

Praxisbeispiel Anpassung an den Klimawandel Ziel der Initiative Sertão im Nordosten Brasilien ist es, kleine bäuerliche Gemeinschaften bei der Anpassung an die Herausforderung des Klimawandels zu unterstützen. Die Initiative suchte zu diesem Zweck nach Möglichkeiten, die Einkommen in der Region zu erhöhen. Durch die Zusammenarbeit verschiedener lokaler Akteure wie lokaler Kommunen, Klein- und mittelständiger Unternehmen und Kleinbauern konnten Handlungsoptionen und technische Lösungsansätze zur Sicherung der lokalen Nahrungsmittelversorgung sowie der Verringerung der CO²-Emissionen entwickelt und durchgeführt werden. Das Projekt wird derzeit auf nationaler Ebene ausgeweitet und strebt aufgrund seines Erfolgs langfristig eine internationale Durchführung an.

Die verschiedenen Formen von Stakeholder-Dialogen unterscheiden sich in Ausrichtung, Zweck und Struktur, können sich aber auch gegenseitig ergänzen: Programme oder Initiativen, die einen Austausch und eine Zusammenarbeit zwischen Interessengruppen benötigen, können verschiedene Formen von Stakeholder-Dialogen nutzen. Häufig ist der Ausgangspunkt eine Konsultation, die sich dann zu einem Kooperationsprojekt erweitern kann. Wenn es von Beginn an um gemeinsame Umsetzung geht, müssen klare Absprachen regeln, welche Beiträge die einzelnen beteiligten Akteure leisten. Aber selbst wenn alle Beteiligten ein vereinbartes Ziel mit anstreben Leistungen arbeiten, können sie als Teil des Umsetzungsprozesses auch Konsultationsprozesse mit nicht direkt beteiligten Akteuren führen.

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wie etwa aus dem öffentlichen Sektor, der Entwicklungszusammenarbeit, dem privaten Sektor oder NGOs.

Stakeholder-Dialoge

3.3 Welche Form von Dialog eignet sich wofür? Vor der Initiierung eines Stakeholder-Dialogs empfiehlt es sich zu klären, welche Form des Stakeholder-Dialogs sich für das jeweilige Anliegen eignet. Die folgende Checkliste bietet eine Orientierung über die diversen Formen

von Stakeholder-Dialogen und ihre jeweilige Eignung. Ein Ausblick zeigt auf, wie die verschiedenen Formen von Stakeholder-Dialogen aufeinander aufbauen.

Stakeholder-Dialog als Konsultation

Konsultation

EINMALIGE STAKEHOLDER-KONSULTATION Merkmal

Inhaltliche Funktion

Empfohlen wenn:

Einmalige Veranstaltung zugunsten eines Austauschs

• Politischer Input

• einmalig der Input oder das Feedback einer bestimmten oder verschiedener StakeholderGruppen zur Planung eines Vorhabens, Recherche für eine Studie, etc. eingeholt werden soll.

(1-3 Tages-Workshop/ Konferenz/Meeting)

• Einholen von Feedback • Forschungs-/Planungsinput • Erfahrungsaustausch

Trifft zu

• das Interesse und das Bewusstsein verschiedener Akteure zu einem bestimmten Thema erhöht werden soll. • über diese Konsultation hinaus zunächst keine weitere tiefere Zusammenarbeit vorgesehen ist.

AUSBLICK Erweisen sich die Ergebnisse einer einmaligen StakeholderKonsultation für das Vorhaben als nutzbringend, so kann im Team reflektiert werden, ob diese Form der Konsultation als Sequenz von Stakeholder-Konsultationen über einen bestimmten Zeitraum wiederholt stattfinden soll. Dadurch kann auch zu aktuellen (Weiter)-Entwicklungen wiederholt das Feedback und der Beitrag von Stakeholder-Gruppen und Experten eingeholt und die

konstruktive Beziehung zu diesen vertieft werden. Wird die Meinung von Stakeholdern beispielsweise zur Entwicklung einer Richtlinie, oder eines Gesetzes konsultiert und soll zu diesem Zweck ein regierungsgesteuerter Dialog über einen längeren Zeitraum stattfinden, so kann auch die Kooperation in Form einer regelmäßigen, gegebenenfalls später institutionalisierten Stakeholder-Konsultation hilfreich sein.

Konsultation

SEQUENZ VON STAKEHOLDER-KONSULTATION Merkmal

Inhaltliche Funktion

Empfohlen wenn:

Systematische mehrmalige Stakeholder-Konsultation, um Empfehlungen zu integrieren

• Strategieentwicklung/ -bewertung

• der Beitrag oder das Feedback einer bestimmten oder verschiedener Stakeholder-Gruppen hinsichtlich Planung eines Vorhabens, Recherche innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens wiederholt eingeholt werden soll.

(Mehrere 1-3 TagesWorkshop/Konferenz/ Meeting)

• Planungsbewertung • Regelmäßiges Einholen von Feedback

Trifft zu

• der Input der Stakeholder in die Ausarbeitung der Planung etc. integriert werden soll. • die Stakeholder durch die wiederholte Konsultation die Möglichkeit haben sollen, den Fortschritt der Planungen zu bewerten und erneutes Feedback abzugeben.

AUSBLICK Bewährt es sich für ein Vorhaben, eine Sequenz von StakeholderKonsultationen zur Konsultation von relevanten Stakeholdern durchzuführen und wünschen die involvierten StakeholderGruppen den Austausch zu diesem Thema gegebenenfalls unter Beteiligung von weiteren Stakeholdern dauerhaft einzurichten, so

kann als nächster Schritt eine Stakeholder-Plattform (Austausch) zu dieser Thematik in Erwägung gezogen werden, eine StakeholderInitiative gegründet oder eine Stakeholder-Partnerschaft für bestimmte abgegrenzte Umsetzungsziele eingegangen werden.

15

Stakeholder-Dialoge

Stakeholder-Dialog als Konsultation

Konsultation

INSTITUTIONALISIERTE STAKEHOLDER-KONSULTATION Merkmal

Inhaltliche Funktion

Empfohlen wenn:

In der Regel vom öffentlichen Sektor verantworteter Konsultationsprozess, der fest in administrative Vorschriften verankert ist mit Hinblick auf eine bestimmte politische oder rechtliche Entwicklung mit konkretem Ergebnis (Policy Paper, Gesetzesentwurf u.a.)

• Institutionalisierte Strategie-/Planungsbewertung

• politische Vorhaben etc. (weiter)entwickelt werden sollen und dafür der Input verschiedener Stakeholder regelmäßig in einem festen organisatorischen Rahmen eingeholt werden soll.

• Beteiligung der Betroffenen für beispielsweise Abschätzung der Folgen • Repräsentation der Stakeholder erfolgt nach geregelten Vorschriften

Trifft zu

• die Umsetzung von Planung für Vorhaben der öffentlichen Hand (gegebenenfalls auch private Vorhaben) Auswirkungen auf öffentliche Güter haben.

(Laufend, nach einem öffentlichen Planungsverfahren)

AUSBLICK Aus gut funktionierenden institutionalisierten Stakeholder-Konsultationen können Erkenntnisse entstehen, die zu weiteren Dialogund Kooperationsformen zu bestimmten Themenbereichen führen,

wie zum Beispiel Multistakeholder-Initiativen oder StakeholderPartnerschaften.

MULTISTAKEHOLDER-PLATTFORM (AUSTAUSCH) Merkmal

Konsultation

16

Inhaltliche Funktion

Empfohlen wenn:

Regelmäßige Zusammen• Sichtbarkeit der Plattform kunft von verschiedenen für Außenstehende Stakeholdern, um Erfahrun• Stakeholder repräsentieren gen und Sichtweisen ausgrößere Organisationen zutauschen die für Außen• Häufig durch politische oder stehende sichtbar ist wirtschaftliche Entwick(Laufend, so lang der lungen angetrieben Austausch relevant ist)

Trifft zu

• Die Möglichkeit zu einem dauerhaften Austausch mit anderen Stakeholdern zu einem bestimmten Thema gesucht wird. • in diesem Zusammenhang Empfehlungen zu und Kommentierungen von aktuellen Entwicklungen abgegeben werden. • eine gemeinsame Umsetzung von Projekten vorerst nicht angestrebt wird.

AUSBLICK Eine Multistakeholder-Plattform (Austausch) empfiehlt sich, wenn verschiedene Akteure und Experten regulär zum Austausch zu einem bestimmten Thema zusammenkommen sollen. Zeigt sich darauf aufbauend, dass die Zusammenarbeit mit den beteiligten Stakeholdern dahingehend zu vertiefen ist, dass über den Austausch von Sichtweisen und der Abgabe von Empfehlungen hinaus

der sich ergebende Handlungsbedarf gemeinsam angegangen werden sollte, beispielsweise durch Entwicklung von Standards oder die Umsetzung von Projekten, bietet sich der Zusammenschluss zu einer Multistakeholder-Initiative oder auch der Aufbau einer dauerhaft aufgebauten Multistakeholder-Plattform (Management der Umsetzung) ohne eigene Steuerungsstruktur an.

Stakeholder-Dialoge

Stakeholder-Dialog als Kooperation

Konsultation

MULTISTAKEHOLDER INITIATIVE Merkmal

Inhaltliche Funktion

Empfohlen wenn:

Initiative mit eigener Steuerungsstruktur zur temporären gemeinsamen Entwicklung und Umsetzung von Lösungen komplexer Probleme, Standards, Politikansätze oder vereinbarter Umsetzungsziele zur Verbesserung einer Situation

• Gemeinsame Verantwortung für:

• ein neuer Ansatz, Standard oder eine Policy gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden soll.

(Zeitbegrenzt, bis eine Lösung gefunden ist)

- Umsetzung

Trifft zu

• zu diesem Zweck für einen begrenzten Zeitraum als eine eigens dafür ins Leben gerufene StakeholderGruppierung agiert werden soll.

- Lenkung - Wandel

• die dazu nötigen personellen und organisatorischen Strukturen etabliert werden können und sollen.

- Ergebnisse - Überwachung und

• geteilte Verantwortung für die Umsetzung bestehen soll.

- Evaluierung - Entscheidungsfindung • In der Regel vereinbarte Steuerungsstruktur (Steuerungskomitee, Executive Committee)

AUSBLICK Eine Multistakeholder-Initiative empfiehlt sich, wenn für die Umsetzung des Anliegens die Kompetenz und Erfahrung unterschiedlicher Stakeholder benötigt und von keiner StakeholderGruppe optimal alleine umgesetzt werden kann. Komplexe Multistakeholder-Initiativen haben in der Regel eine eigene Steuerungsstruktur in der alle relevanten Stakeholder vertreten

sind und ein unterstützendes Projektsekretariat. Innerhalb von Multistakeholder-Initiativen können Konsultationen nicht direkt beteiligter Stakeholder eine wichtige Rolle spielen. Aus Multistakeholder-Initiativen können sich auch auf spezifische Ziele begrenzte Stakeholder-Partnerschaften ergeben.

Konsultation

MULTISTAKEHOLDER-PLATTFORM (MANAGEMENT DER IMPLEMENTIERUNG) Merkmal

Inhaltliche Funktion

Empfohlen wenn:

Gemeinsames Management der Umsetzung

• Koordination und gemeinsame Umsetzung von Aufgaben im öffentlichen Interesse

• über das gemeinsame Abgeben von Empfehlungen hinaus bestimmte Aufgaben hinsichtlich der Umsetzung von zum Beispiel verbesserter Dienstleistung langfristig zusammen angegangen werden sollen.

(Laufend, solange es die gemeinsame Aufgabe erfordert)

Trifft zu

• eine Kooperation unterschiedlicher Stakeholder dauerhaft etabliert werden soll.

AUSBLICK Eine Multistakeholder-Plattform ist empfehlenswert, wenn dauerhaft eine gemeinsame Umsetzung von bestimmten Aufgaben im öffentlichen Interesse erfolgen soll. In welchem Umfang sich die Stakeholder involvieren und engagieren liegt in ihrem eigenen Ermessen. Sollen im Rahmen der Implementierung gemeinsamer Vorhaben die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verteilt

sowie eigene Management- und Governance-Strukturen für die Kooperation aufgebaut werden und der Zusammenarbeit im Stakeholder-Dialog somit größere Verbindlichkeit gegeben werden, so ist eine Stakeholder-Initiative (zeitlich begrenzt) oder auch eine Stakeholder-Partnerschaft (dauerhaft) denkbar.

17

Stakeholder-Dialoge

Stakeholder-Dialog als Kooperation STAKEHOLDER-PARTNERSCHAFT

Konsultation

18

Merkmal

Inhaltliche Funktion

Empfohlen wenn:

Stakeholder-übergreifendes Projektmanagement von zeitlich und inhaltlich begrenzten Projekten mit gemeinsam vereinbarten Zielen

• Gemeinsame

• gemeinsam bestimmte projektgebundene Ziele mit geteilter Verantwortung umgesetzt werden sollen.

(Zeitbegrenzt, nach Vereinbarung im Projekt)

- Planung der Umsetzung

- Kontrolle der Ergebnisse

• eine zeitbegrenzte Kooperationsbeziehung zwischen an der Umsetzung eines Projektes beteiligten Stakeholdern mit festgelegten Verantwortlichkeiten formalisiert werden soll.

- Verantwortung für den Erfolg

• zu diesem Zweck für die Umsetzung personelle und organisatorische Strukturen entstehen sollen.

- Entscheidungsfindung

• ein gemeinsames Monitoring und eine gemeinsame Evaluierung der Ergebnisse vorgesehen ist

- Durchführung der Tätigkeiten

• Managementstrukturen sind an einem Ort

Trifft zu

AUSBLICK Eine Stakeholder-Partnerschaft empfiehlt sich, wenn eine begrenzte Anzahl von Stakeholdern zu einem inhaltlich eingegrenzten Thema vereinbarte Umsetzungsziele erreichen will. Die Umsetzungsziele, Beiträge der Stakeholder, sowie die Verantwortlichkeiten sind in der Regel mindestens in einem „Memorandum of Understanding“, oft auch vertraglich festgelegt.

Im Rahmen von Stakeholder-Partnerschaften können Konsultationsprozesse mit nicht direkt beteiligten Stakeholdern, die aber für die Zielerreichung wichtig sind, stattfinden. StakeholderPartnerschaften haben Projektmanagement-Strukturen und vereinbarte Steuerungsstrukturen.

Stakeholder-Dialoge

4.

Umsetzung von Stakeholder-Dialogen

Der Erfolg von Stakeholder-Dialogen hängt davon ab, wie die Zusammenarbeit der Akteure gestaltet wird. StakeholderDialoge stellen eine komplexe Form der Zusammenarbeit dar und durchlaufen verschiedene Phasen. Für eine ergebnisorientierte Umsetzung ist es wichtig, die Erfordernisse in den unterschiedlichen Phasen zu kennen und bei Planung und Umsetzung angemessen zu berücksichtigen. Das Collective Leadership Institute12 hat ein Modell entwickelt, das die verschiedenen Phasen eines idealtypischen Stakeholder-Dialogs beschreibt und die Anforderungen bei Planung und Umsetzung erläutert. Dieses sogenannte Dialogic Change Model dient als Orientierung für die Planung und Umsetzung eines Stakeholder-Dialogs. Der Ansatz des Stakeholder-Dialogs ist jedoch kein starrer Ansatz mit festgelegter Vorgehensweise. Er sollte an die Bedürfnisse des jeweiligen Anliegens angepasst werden.

Im Folgenden werden die vier Phasen eines StakeholderDialogs anhand des Dialogic Change Models erläutert. Die zu jeder Phase formulierten Leitfragen fassen wichtige Aspekte für die Planung zusammen. Sie bieten dem Leser darüber hinaus die Möglichkeit, die Aussagen des Textes auf sein eigenes Anliegen zu übertragen und sein Vorgehen zu reflektieren.

4.1 Die vier Phasen eines StakeholderDialogs — das Dialogic Change Model Jede der vier Phasen des Dialogic Change Modells umfasst drei zentrale Schritte, die für die Planung und Entwicklung eines Stakeholder-Dialogs entscheidend sind.

Einen neuen „Container“ aufbauen

PHASE 3 Umsetzen und Managen

Feedbacksysteme etablieren

PHASE 4 Stakeholder-Dialog institutionalisieren

Etablieren von Lern-/Steuerungsstrukturen

Ergebnisse produzieren/ Erfolge feiern

Implementieren/ transparent kommunizieren

Idee im Dialog klären/ Resonanz aufbauen

Vereinbarungen treffen/Strukturen aufbauen

PHASE 2 Stakeholder-Dialog formalisieren

12

www.collectiveleadership.com

Stakeholder-Dialog weiterentwickeln

Kontext verstehen

Guten „Container“ aufbauen

Zukunft gemeinsam entwerfen Ziele/Ressourcen klären

PHASE 1 Exploration und Konsultation

19

20

Stakeholder-Dialoge

PHASE 1: Exploration und Konsultation In der ersten Phase eines Stakeholder-Dialogs kommt es darauf an, den Kontext und das System zu verstehen, in dem ein Stakeholder-Dialog eine Veränderung bewirken soll. Ebenso wichtig ist, dass die Initiatoren eines Stakeholder-Dialogs die Sichtweisen aller für das Anliegen relevanten Akteure13 kennen. Durch einen beziehungsorientierten und eher informellen Kommunikationsprozess („Engagement-Prozess“14) wird das erforderliche Interesse für das Anliegen bei den relevanten Akteuren aufgebaut. In dieser Phase geht es noch nicht um formale Strukturen, Vereinbarungen oder Regeln. Die wichtigsten Ziele liegen in Bezug auf die relevanten Akteure darin, Vertrauen auf- bzw. Misstrauen abzubauen, positive Resonanz auf das Anliegen zu erzeugen und Glaubwürdigkeit für die Umsetzung zu schaffen. Der Erfolg eines Stakeholder-Dialogs hängt von der sorgfältigen Planung und Durchführung dieser Phase ab. Wesentlich ist es, ein gutes Beziehungsmanagement aufzubauen und die richtige Einschätzung des Kontextes für die spätere Umsetzung des geplanten Anliegens zu haben. Entscheidend ist der Aufbau einer stabilen Kerngruppe: eines Teams begeisterter Personen, das idealerweise unterschiedliche wichtige Stakeholder-Gruppen repräsentiert und das den Stakeholder-Dialog über die kommenden Höhen und Tiefen hinweg voranbringt. Die erste Phase eines Stakeholder-Dialogs kann zwischen vier Wochen und mehr als einem Jahr dauern. Dies hängt davon ab, wieviel Zeit für den Engagement-Prozess benötigt wird, der häufig die Konsultation eines komplexen Systems von Stakeholdern erforderlich macht. Phase 1 setzt sich aus folgenden Schritten zusammen: 1.1 Die Idee im Dialog klären und Resonanz aufbauen 1.2 Den Kontext verstehen 1.3 Einen guten „Container“ 15 aufbauen

13 14 15

Das Ergebnis ist eine realistische Einschätzung der Umsetzbarkeit des Stakeholder-Dialogs und der Handlungsoptionen. Darüber hinaus wird klar, welche Stakeholder in den Dialog einbezogen werden sollten.

1.1

Die Idee im Dialog klären und Resonanz aufbauen

Im Austausch mit Stakeholdern klären die Initiatoren des Stakeholder-Dialogs Interesse, Engagement und mögliche Beteiligung relevanter Akteure im entsprechenden Handlungsfeld. In diesem Austauschprozess konkretisiert sich die Idee. Durch zunächst meist bilaterale Gespräche bringen die Initiatoren den relevanten Akteuren Optionen für Veränderungen und ihre Umsetzung nahe und testen die Resonanz. Auf diesem Weg können sie potentielle Möglichkeitenausloten, wie ihr Anliegen umzusetzen ist, und anhand des Feedbacks weiterentwickeln. Die wichtigste Aufgabe während der informellen Gespräche ist der Aufbau tragfähiger Beziehungen zu möglichen Kooperationspartnern. Soweit in diesem Stadium möglich, sollten die Initiatoren die Akteure, die gegebenenfalls Interesse an einer aktiven Beteiligung in der Kerngruppe haben, in den gemeinsamen Denkprozess zur Konkretisierung des Anliegens einbeziehen. Je mehr Akteure ernsthaft an der Entwicklung der Umsetzungsidee beteiligt sind, desto mehr Interesse und Bereitschaft entsteht, Verantwortung im Dialog- und Umsetzungsprozess zu übernehmen.

Wichtige Leitfragen, um die Idee für einen Stakeholder-Dialog zu klären und Resonanz zu erzielen

• • • • • • •

Wer teilt das Interesse für Veränderung? Welche wichtigen Akteure können unser Anliegen unterstützen? Was macht das Anliegen für die unterschiedlichen Akteure attraktiv? Wo ist bereits „Energie“ beziehungsweise Veränderungswille vorhanden? Mit wem müssen wir sprechen? Wem müssen wir zuhören? Wer kann zur Klärung des Ziels und der Umsetzungs möglichkeiten beitragen?

Relevante Akteure sind Akteure, die grundsätzlich Interesse an dem jeweiligen Stakeholder-Dialog haben oder für das Anliegen wichtig sind, aber nicht oder noch nicht aktiv an dem Stakeholder-Dialog beteiligt sind. Sie werden im folgenden Dokument wahlweise auch als relevante Stakeholder bezeichnet. „Engagement-Prozess“ bezeichnet den Prozess der Einbeziehung verschiedener Akteure in den geplanten Stakeholder-Dialog und wird in dem folgenden Dokument wahlweise auch Einbeziehung genannt. Unter einem Container ist eine Gruppe von interessierten Akteuren zu verstehen, die bereit sind, sich gemeinsam für ein entsprechendes Anliegen in einem Stakeholder-Dialog zu engagieren. Der Aufbau von Containern ist bei der Initiierung, dem Aufbau aber auch der Weiterentwicklung von Stakeholder-Dialogen das zentrale Element, um interessierte und relevante Akteure an dem Stakeholder-Dialog zu beteiligen. Meist wird erst ein erster kleiner Container aufgebaut, der als Kerngruppe den Aufbau der weiteren Container für die Entwicklung und Umsetzung des Stakeholder-Dialogs übernimmt.

Stakeholder-Dialoge

1.2

Den Kontext verstehen

In Phase 1 ist es ebenso wichtig, den für das Anliegen relevanten Gesamtkontext zu verstehen. Hierbei hilft es, frühzeitig Situations-, Konflikt- und Stakeholder-Analysen durchzuführen. Ziel solcher Analysen ist es, zu verstehen, welche Strukturen und Verhaltensmuster für die gegenwärtige Situation verantwortlich sind und gegebenenfalls die gewünschte Veränderung verhindern oder fördern würden. Zur Kontextanalyse gehört auch ein Benchmarking im Sinne einer Auswertung von Erfahrungen zu ähnlichen Anliegen in anderen Sektoren, Ländern oder Themenbereichen. In manchen Fällen sind auch fachliche Studien oder thematische Situationsanalysen sinnvoll. Um sicherzustellen, dass alle relevanten Stakeholder in der Lage sind, sich fachlich adäquat einzubringen, können die Initiatoren oder Umsetzer des Stakeholder-Dialogs Publikationen oder Informationsveranstaltungen als Capacity Development16 zur Verfügung stellen. Wenn sich aus der StakeholderAnalyse ergibt, dass einige relevante Stakeholder unzureichend organisiert sind, ist zu überlegen, wie diese gestärkt werden können. Auch eine Einschätzung darüber, inwiefern relevante Akteure mit dem Stakeholder-Ansatz vertraut sind, ist für die Planung der Vorgehensweise wichtig. Falls notwendig, sollten relevante oder beteiligte Akteure17 ihre Kenntnisse über Kooperation, Dialog und Prozess erweitern. Die Analyse des Handlungsfeldes, in dem Veränderung stattfinden soll, sollte im Verlauf des Prozesses immer wieder ergänzt werden. In komplizierten Prozessen ist Phase 1 nie abgeschlossen: komplexe Stakeholder-Dialoge können nicht linear durchgeplant werden, sie sind gemeinsame Lernprozesse und brauchen Raum für Entwicklung und Anpassung.

16 17

Wichtige Leitfragen zum Verständnis des Kontextes

• • • • • • • • • •

1.3

Welche Stakeholder müssen wir einbeziehen? Was müssen wir über die aktuelle Situation und zukünftige Ereignisse wissen? Welche Partner brauchen wir für die Umsetzung unseres Anliegens? Wer beeinflusst unser Anliegen und wen können wir beeinflussen? Welche Best-Practices können wir übernehmen? Welche Studien müssen wir voranstellen? Welche anderen Faktoren beeinflussen unser Anliegen? Mit wem müssen wir sprechen, um unser Verständnis des Gesamtsystems zu ergänzen? Was wissen wir über Erfahrungen, die in ähnlichen Situationen gemacht wurden? Welchen potentiellen Konflikten werden wir begegnen?

Einen guten „Container“ aufbauen

Stakeholder-Dialoge brauchen Menschen, die Kooperation als Mehrwert verstehen und Möglichkeiten zu ihrer Umsetzung sehen. Unter dem Aufbau eines guten „Containers“ ist die Formierung eine Gruppe von interessierten Akteuren zu verstehen, die bereit sind, sich gemeinsam für ein entsprechendes Anliegen in einem Stakeholder-Dialog zu engagieren. Der Aufbau von Containern ist bei der Initiierung, dem Aufbau aber auch der Weiterentwicklung von Stakeholder-Dialogen das zentrale Element, um interessierte und relevante Akteure an dem Stakeholder-Dialog zu beteiligen. Bei der Initiierung eines Stakeholder-Dialogs ist der Aufbau eines ersten Containers wesentlich: er fungiert als Kerngruppe für die weitere Initiierung und Durchführung des Stakeholder-Dialogs. Die Kerngruppe besteht aus zwei bis sechs engagierten Personen innerhalb des StakeholderDialogs. Die Rolle der Kerngruppe besteht darin, die Kommunikation und Zusammenarbeit aller beteiligten und relevanten Stakeholder zu organisieren und aufrecht zu erhalten. Es ist hilfreich, wenn die Personen der Kerngruppeunkompliziert und informell zusammenarbeiten können und ein hohes Maß an Vertrauen besteht. Die Kerngruppe wirkt im Idealfall wie eine Art „Energiezentrum“ für das

Capacity Development kann thematisch ausgerichtet sein (zum Beispiel eine Fortbildung oder die Organisation von Experteninputs zu der spezifischen Thematik des Anliegens), oder auf Dialog-, Kooperations- oder Prozesskompetenz. Unter beteiligten Akteuren sind solche Akteure zu verstehen, die sich bereits an dem Stakeholder-Dialog beteiligen. Sie werden im folgenden Dokument wahlweise auch als beteiligte Stakeholder bezeichnet.

21

22

Stakeholder-Dialoge

Voranschreiten des Anliegens. Das funktioniert am besten, wenn sie das Vertrauen der unterschiedlichen Stakeholder genießt. Die Kerngruppe behält die Intention des Anliegens im Blick, ohne dabei jedoch die Komplexität des Handlungsfeldes einschließlich möglicher Konflikte aus den Augen zu verlieren. Sie sorgt verlässlich für den Rahmen und die Struktur sowie für einen tragfähigen Prozess, der trotz der zunehmenden Fokussierung auf ein gemeinsames Ziel ein bestimmtes Maß an Offenheit benötigt. Hat sich die Kerngruppe in ihrer Arbeit konsolidiert, ist es ihre Aufgabe, den größeren Container aufzubauen. Hierbei handelt es sich um eine Auswahl von wichtigen Akteuren, die das zu verändernde System repräsentieren, die angestrebte Veränderung unterstützen und bereit sind, sich dafür zu engagieren. Nicht immer sind alle Beteiligten gleichermaßen engagiert. Dennoch ist es wichtig, in der Anfangsphase darauf zu achten, möglichst viele aufrichtig Interessierte am Prozess zu beteiligen und nicht nur ein System von „Delegierten“ zu schaffen, denen das Anliegen nicht wirklich am Herzen liegt.

18

19

Praxisbeispiel: 18 Common Code for the Coffee Community (4C) PHASE 1 — Exploration und Konsultation Durch die positive, aber örtlich begrenzte Wirkung früherer Entwicklungspartnerschaften kam es zu der Erkenntnis, dass die Förderung von Nachhaltigkeit im Kaffeesektor eine langfristig angelegte Strategie gemeinsamen Lernens und Handelns bedarf. Vertreter der Kaffeeindustrie hatten unabhängig davon erkannt, dass strategisch ausgerichtete Unternehmen bei ihren Lieferanten frühzeitig die Umstellung auf nachhaltig produzierten Rohkaffee anregen sollten. In Gesprächen nahm die Idee Form an, einen internationalen Basisstandard für den Kaffee-Massenmarkt zu entwickeln. In Phase1 der Exploration und Konsultation gelang es, durch zunächst informellen Austausch, den Gesamtkontext und relevante Akteure zu analysieren und interessierte Stakeholder zu identifizieren. Regelmäßige Konsultationen mit diesen Akteuren ermöglichten es, potentielle Konfliktpunkte sowie Herausforderungen des Kaffeesektors frühzeitig zu erkennen. Der Schwerpunkt lag in dieser Phase darauf, konstruktive Beziehungen aufzubauen, spätere Kooperationsmöglichkeiten zu testen und ein von der Vision überzeugtes Kernteam zu bilden, das Verantwortung für die Initiative übernahm. Zu rasch formelle Strukturen und verbindliche Ziele festzulegen hätte Kritik und falsche Erwartungen hervorgerufen sowie den Findungsprozess gehemmt. Zu diesem Zeitpunkt war es wichtiger, bei allen Beteiligten Ownership19 für den Prozess und den Inhalten zu schaffen.

4C ist ein Mindeststandard für Nachhaltigkeits- und Qualitätsanforderungen in der Kaffeeproduktion, den eine Gruppe internationaler Stakeholder entwickelt hat: Beteiligt waren Kaffeeproduzenten aus den wichtigsten Kaffee anbauenden Ländern, Kaffeeröster und -händler sowie internationale Nichtregierungsorganisationen. Sie alle schlossen sich zusammen, um den Standard gemeinsam zu entwickeln sowie die Konditionen für seine Anwendung zu beschließen. www.4c-coffeeassociation.org Der Begriff Ownership wird in der Entwicklungszusammenarbeit verwendet und ist mit Identifikation zu übersetzen.

Stakeholder-Dialoge

PHASE 2: Den Stakeholder-Dialog formalisieren Während Phase 1 der Exploration und Konsultation vor allem dem Aufbau von tragfähigen Beziehungen und positiver Resonanz dient, ist für Phase 2 entscheidend, wie viel Bereitschaft bei unterschiedlichen Stakeholdern vorhanden ist, ihr Commitment zu formalisieren. Ziel dieser Phase ist es, die dem geplanten Anliegen angemessene formale Struktur zu finden. Die beteiligten Akteure legen die Ziele gemeinsam fest, klären die Rollen und diskutieren, wer welche Ressourcen einbringt. Dies mündet in der Regel in eine Vereinbarung; wie etwa die Unterzeichnung eines Vertrags oder „Memorandum of Understanding“ (MoU). Das Anliegen wird nun in einem formalisierten Prozess weitergeführt. Bei komplexen Dialogen stellt sich zudem die Frage nach der Arbeitsteilung, der Form der Entscheidungsfindung, nach Ressourcen sowie der Gestaltung der internen und externen Kommunikation20. In Phase 2 liegt der Fokus auf den folgenden drei Schritten: 2.1 Ziele und Ressourcen klären 2.2 Die Zukunft gemeinsam entwerfen 2.3 Vereinbarungen treffen und Strukturen aufbauen Das Ergebnis von Phase 2 hängt von der Intention eines Dialogs ab: bei Konsultationsprozessen können dies Empfehlungen der beteiligten Stakeholder sein, bei Initiativen und Partnerschaften ist das Ergebnis eine formalisierte Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit und zur Umsetzung von Aktivitäten21. Phase 2 kann abhängig von der Bereitschaft der Stakeholder eine Vereinbarung zu erzielen unterschiedlich lang dauern.

2.1

Ziele und Ressourcen klären

Das Interesse und Commitment der Stakeholder, das die Kerngruppe in Phase 1 informell aufgebaut hat, versucht sie in Phase 2 zu festigen. Es geht darum, die Kerngruppe zu konsolidieren und zu klären, welche Stakeholder sich aktiv an der weiteren Zusammenarbeit beteiligen, was gemeinsam erreicht werden soll und wer in welcher Form wozu beiträgt. Die Ziele eines Stakeholder-Dialogs sind

20

21

bereits in Phase 1 Inhalt informeller Gespräche. In Phase 2 von kooperativen, umsetzungsorientierten StakeholderDialogen bespricht die Kerngruppe die Ziele mit allen beteiligten Stakeholdern. Sie werden gegebenenfalls angepasst und dann gemeinsam vereinbart. Dabei ist es wichtig, sich unterschiedliche Interessen bewusst zu machen. Vor diesem Hintergrund sollte die Kerngruppe mit allen beteiligten Stakeholdern zumindest eine grobe Planung sowie die Form der Zusammenarbeit festlegen. Die Kerngruppe sollte darauf achten, dass die Verteilung von Aufgaben schriftlich vereinbart wird. Zweifel und gelegentliches Misstrauen sind immer Teil von Stakeholder-Dialogen. Relevant für den Erfolg des Stakeholder-Dialogs ist, wie die Kerngruppe dafür sorgt, dass allen Beteiligten das Ziel der Zusammenarbeit präsent bleibt und sie es als Mehrwert sehen.

Wichtige Leitfragen, um die Ziele und Ressourcen zu klären

• • • • • •

2.2

Welche Akteure müssen wir über die Kerngruppe hinaus in den Dialog einbeziehen? Welche Akteure repräsentieren das weitere System? Wie können wir gewährleisten, dass sich die Stakeholder in ihren Meinungen und Zielen ernst genommen fühlen? Was würde Stakeholder darin bestärken, Engagement für das Anliegen zu entwickeln? Wie würden sich die Akteure in einer aufrichtigen Weise beraten fühlen? Was kommunizieren wir, mit dem Dialog erreichen zu wollen?

Zukunft gemeinsam entwerfen

Ziel der Phase 2 ist es, gemeinsam die Zukunft zu entwerfen, indem eine Vision der angestrebten Veränderung konkretisiert wird. Oft zeigt sich, dass man nicht stur am Konzept festhalten kann, sondern inhaltliche oder prozessuale Veränderungen zulassen muss, die sich aus dem Dialog zwischen den Stakeholdern ergeben. Die Rolle der Kerngruppe ist es, Ideen aufzunehmen und in realisierbare Vorschläge zu übersetzen. Sie sollte sicherstellen, dass alle Stakeholder ausreichend gehört werden. Um Ownership weiterzuentwickeln ist es entscheidend, sowohl die Diagnose der zu verändernden Situation als auch die angestrebten Veränderungen gemeinsam mit den Stakeholdern zu erarbeiten. So wird gemeinsam ein Entwurf

Eine Erläuterung zur Kommunikation in Stakeholder-Dialogen finden Sie in dem Kapitel 5: Kommunikation in Stakeholder-Dialogen. Zu den verschiedenen Intentionen von Stakeholder-Dialogen siehe Kapitel 3: Formen von Stakeholder-Dialogen.

23

24

Stakeholder-Dialoge

für die zukünftige Gestaltung des Handlungsfeldes geschaffen. Manchmal ist es sinnvoll, Experten um Inputs zu bestimmten Fachthemen zu bitten, um alle beteiligten Stakeholder auf den gleichen Wissensstand zu bringen oder Ergebnisse aus Phase 1 (Exploration und Konsultation) zur Situationsanalyse, Benchmarking oder Studienergebnisse in den Dialog einzubringen. Durch die Vorstellung der Ergebnisse der Kontextanalyse kann das Interesse und die Zustimmung für die angestrebte Veränderung unterstützt werden. Auch in Phase 2 kann die Kerngruppe Capacity Development für die Zusammenarbeit in StakeholderDialogen in den Prozess integrieren22. In Phase 2 wird der Stakeholder-Dialog nach außen sichtbar – in Form von großen, manchmal öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen, an denen alle bereits beteiligten und relevanten Stakeholder anwesend sind. Es ist wichtig, die Veranstaltungen inhaltlich und organisatorisch so zu planen, dass innerhalb eines kurzen Zeitraums, in der Regel in ein bis zwei Tagen, sichtbare Ergebnisse erzielt werden. Dies erfordert eine Kommunikationsarchitektur, die den Bedürfnissen der anwesenden Stakeholder und der spezifischen Situation entspricht.

Vereinbarungen treffen und Strukturen schaffen

Wichtige Leitfragen, um die Zukunft gemeinsam zu entwerfen

Wichtige Leitfragen, um Vereinbarungen gemeinsam zu treffen





• • • • • •

22

2.3

Wichtig ist, dass die beteiligten Stakeholder Vereinbarungen so treffen, dass sie für alle nachvollziehbar und transparent sind, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Vereinbarungen können zum Beispiel das Festlegen von Meilensteinen, die Klärung von Rollen oder des Beitrags einzelner Stakeholder zum Dialogprozess umfassen. Darüber hinaus wird die Form und Regelmäßigkeit der Kommunikation unter den beteiligten Stakeholdern (interne Kommunikation) und die Kommunikation an die Öffentlichkeit vereinbart (externe Kommunikation). Das Unterzeichnen eines „Memorandum of Understanding“ (MoU) ist nur eine Möglichkeit, einen Stakeholder-Dialog zu formalisieren. In anderen Fällen sind es gemeinsam erarbeitete Projektoder Umsetzungspläne. In sehr konfliktreichen Situationen können Vereinbarungen lediglich ein Anschlusstreffen beinhalten. In der Phase der Formalisierung des StakeholderDialogs kann es sinnvoll sein, die Kerngruppe zu formalisieren und mit einem Mandat aller Stakeholder auszustatten. Entscheidend ist in dieser Phase, dass die Kerngruppe Vereinbarungen und Entscheidungen transparent dokumentiert und allen beteiligten Stakeholdern zur Verfügung stellt.

Haben wir uns für Phase 1 der Exploration und Konsultation ausreichend Zeit genommen? Sind genügend Stakeholder bereit, die Zukunft gemeinsam zu gestalten? Verfügen wir über alle Perspektiven und die Expertise, die für die Gestaltung der Zukunft erforderlich sind? Welcher Prozess würde die Akteure dabei unterstützen, die Zukunft gemeinsam zu gestalten? Wie müssen wir die Stakeholder-Workshops gestalten, damit Engagement und Identifikation mit dem Anliegen entstehen? Welche Form des Meeting-Setting (Kontext, Programm, Raum) unterstützt die Akteure bei der Gestaltung der Zukunft? Sind alle Kooperationspartner ausreichend an der Diagnose der Situation und an der Zukunftsplanung beteiligt?



• • • • •

Was unterstützt die beteiligten Stakeholder bei der Identifizierung ihres gemeinsamen Wegs? Was sind für den jeweiligen Prozess die angemessenen Formen von Vereinbarungen und welche Form sichert die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit des weiteren Kooperationsprozesses? Können wir einen Aktionsplan entwickeln, den alle beteiligten Stakeholder mittragen? Was sind realistische Meilensteine? Ist geklärt, wer bei der Umsetzung des Anliegens welche Rollen und Verantwortungen übernimmt? Ist die Planung für alle Stakeholder nachvollziehbar dokumentiert? Haben wir Nachfolgetreffen vereinbart und damit Verlässlichkeit im Prozess signalisiert?

Dies kann beispielsweise in Form eines halb- oder ganztägigen Workshops zu relevanten fachlichen Themen oder aber zur ergebnisorientierten Durchführung von Stakeholder-Dialogen durchgeführt werden.

Stakeholder-Dialoge

Praxisbeispiel: Common Code for the Coffee Community (4C)

PHASE 3: Umsetzen und Managen

PHASE 2 — Den Stakeholder-Dialog formalisieren Das Vorhaben, gemeinsam einen Standard für mehr Nachhaltigkeit auf dem Kaffee-Massenmarkt zu schaffen, konkretisierte sich 2003 in Phase 2 der Formalisierung des Stakeholder-Dialogs, indem klare Arbeitsund Kommunikationsstrukturen etabliert wurden. Ein Projektsekretariat übernahm die Rolle eines neutralen Stakeholder-Brokers, der Kommunikation, Konsensbildung und Entscheidungsfindung koordinierte. Das Steuerungskomitee übernahm die Verantwortung für die Entscheidungsfindung. In ihm waren anfangs etwa 20, später bis zu 45 Stakeholder aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette vertreten. Das Steuerungskomitee sowie Arbeitsgruppen arbeiteten Standards aus. In ihnen waren Vertreter aus dem öffentlichen, privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich präsent. Nicht selten kam es zu Konflikten, Blockaden und Koalitionen, die einige Male den Prozess fast zum Scheitern brachten. Hier erwies sich das sensible, dienstleistungsorientierte Agieren des Projektsekretariats und der externen Prozessbegleitung als bedeutsam. Dadurch fokussierten sich die Teilnehmer immer wieder auf die gemeinsamen Ziele, so dass der Prozess fortgeführt werden konnte. 2004 gelang es, einen ersten Entwurf des Verhaltenskodex auszuarbeiten.

Für eine ergebnisorientierte Umsetzung des Anliegens sind die im Stakeholder-Dialog gemeinsam entwickelte Planung, die Meilensteine, aber auch das Monitoring der Umsetzung wichtig. Bleibt ein Stakeholder-Dialog auf der Ebene des Austausches von Meinungen und Perspektiven stehen, kann dies ein Zeichen dafür sein, dass zu diesem Zeitpunkt kein oder kein ausreichendes Interesse an der Umsetzung einer Veränderung besteht. Ein wichtiges Ziel in der Phase des Umsetzens und Managens ist es, das Interesse an dem in Phase 2 konkretisiertem Ziel aufrecht zu erhalten. Doch auch bei der Umsetzung muss es Raum geben, das ursprüngliche Anliegen und das Vorgehen regelmäßig zu reflektieren und gegebenenfalls anzupassen. Oft stellt sich erst in der Umsetzung heraus, dass bestimmte Aspekte des Kontextes nicht ausreichend berücksichtigt wurden oder dass wichtige Stakeholder nicht in den bisherigen Prozess einbezogen waren. Hier hilft es, Herangehensweisen aus Phase 1 (Exploration und Konsultation) wieder aufzugreifen23. In der Phase 3 zeigt sich oft am stärksten, wie unterschiedlich die Entscheidungslogiken der Stakeholder sind. Hier müssen alle Beteiligten viel Geduld und Rücksicht auf die Unterschiedlichkeit nehmen. Die Kerngruppe sollte dafür sorgen, dass die Umsetzung des gemeinsam geplanten Vorgehens vorangebracht wird. Folgende drei Schritte des Umsetzens und Managens sind hier besonders zu beachten: 3.1 Implementieren und transparent kommunizieren 3.2 Ergebnisse produzieren und Erfolge feiern 3.3 Feedbacksysteme etablieren Phase 3 dauert so lange an, bis die vereinbarten Ergebnisse erzielt sind. Dies können mehrere Monate sein, wenn eine schnelle Umsetzung das ermöglicht, aber auch einige Jahre, wenn die Umsetzung des Ziels dies so vorsieht.

3.1

Implementieren und transparent kommunizieren

Für Stakeholder-Dialoge in Umsetzung sind Struktur- und Führungselemente wichtig, wie sie aus dem Projektmanagement bekannt sind: Operationspläne, Protokolle von Veranstaltungen und Workshops sowie Aktivitätspläne. Eine 23

Beispielsweise durch eine Vervollständigung der Kontextanalyse, durch den Ausbau des Capacity Development innerhalb des Stakeholder-Dialogs oder die Integration neuer Stakeholder in den Prozess.

25

26

Stakeholder-Dialoge

regelmäßige Bewertung des Vorgehens ist wichtig, um alle beteiligten Stakeholder im Prozess zu halten24. Wie häufig dies stattfindet, hängt von der jeweiligen Situation beziehungsweise von der Form des Stakeholder-Dialogs ab. Wenn es sich um einen komplexen Stakeholder-Dialog handelt, wird meist die organisatorische Unterstützung durch ein Sekretariat benötigt. Dies kann in einer Organisation angesiedelt sein, die das Vertrauen aller genießt, aus Repräsentanten verschiedener Stakeholder-Gruppen bestehen oder als Mandat an eine externe Organisation vergeben werden. Eine kontinuierliche Kommunikation, die den Fortschritt in der Umsetzung für alle Stakeholder transparent macht, ist in Phase 3 von zentraler Bedeutung: Dies kann durch einen Newsletter, durch eine zusammenfassende Berichterstattung aus Stakeholder-Treffen oder durch regelmäßige Fortschrittsberichte erreicht werden. Zentral ist, dass die vereinbarten Formen der Kommunikation eingehalten werden und dass der Prozess wie ausgemacht stattfindet. Stakeholder-Dialoge sind fragile Systeme: Eine transparente und verlässliche Kommunikation kann stabilisierend wirken. In Phase 3 ist es wichtig, Struktur in Form einer klaren Prozessplanung anzubieten. Darüber hinaus geht es darum, transparent zu kommunizieren, so dass allen klar ist, was wann stattfindet und wer was wem berichtet.

3.2

„Prototypen“ bauen und Erfolge feiern

In Phase 3 (Umsetzen und Managen) ist es wichtig, die Erfolge eines Stakeholder-Dialoges aufzuzeigen, die auch für Außenstehende sichtbar sind. Im bildlichen Sinne muss man erste Erfolge als „Prototypen“ künftiger Erfolge bei der Umsetzung der angestrebten Veränderung erreichen. Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, sich in einem Stakeholder-Dialog zunächst auf Ergebnisse zu fokussieren, die leicht zu erreichen sind (sogenannte „quick wins“). Dies bedeutet nicht, dass man das größere Ziel zugunsten kurzfristiger Ergebnisse vernachlässigen sollte. Durch bereits erzielte Ergebnisse kann jedoch in schwierigen Situationen ein Bezug zu diesen gemeinsamen Erfolgen hergestellt werden. In Phase 3 können die Beteiligten Erfolge feiern und sollten dies auch öffentlichkeitswirksam tun. Je mehr Beteiligte in dieser Phase die Idee und die bisher erreichten Ergebnisse positiv verbreiten, desto leichter fällt es allen Beteiligten dabei zu bleiben. Um einen Rückfall in Misstrauen und das Ausbrechen von Konflikten zu verhindern, ist es wichtig, sich innerhalb des Stakeholder-Dialogs darauf zu einigen, was und wie man über Ergebnisse kommuniziert. Es sollten Vereinbarungen über die Kommunikation mit Externen getroffen werden, zum Beispiel mit den Medien. Die Kommunikation missverständlicher Ergebnisse sollten dagegen alle vermeiden.

Wichtige Leitfragen für eine Implementierung und transparente Kommunikation

Wichtige Leitfragen für den Aufbau eines „Prototyps“ und die Kommunikation der Ergebnisse





• • • •

Wie können wir eine regelmäßige Information der Stakeholder garantieren? Was sind unsere Indikatoren für eine gute, interne Kommunikation? Wie können wir das Vertrauen aufrechterhalten? Welche Maßnahmen stärken gegenseitiges Vertrauen und gute Arbeitsbeziehungen? Müssen wir zusätzliche Capacity DevelopmentMaßnahmen planen?

• • •

3.3

In welchen Bereichen können wir “Erfolge“ am ehesten erreichen? Wie können wir erste Erfolge am besten nach außen verbreiten? Wie können wir ein „Lernen aus Erfolgen“ unterstützen? Wen müssen wir in welcher Form über die Fortschritte der Zusammenarbeit informieren?

Feedbacksysteme etablieren

Stakeholder-Dialoge benötigen Feedbacksysteme. Die Beteiligten eines Stakeholder-Dialogs müssen sich gemeinsam auf Systeme einigen, die alle Beteiligten verstehen und nachvollziehen können. Gegebenenfalls müssen diese Systeme an die Erfordernisse des Stakeholder-Dialogs angepasst werden, da Stakeholder-Gruppen oft ein sehr 24

Je nach Verfügbarkeit der Stakeholder und zeitlicher Planung der Zielerreichung kann dies zum Beispiel drei bis vier Treffen pro Jahr bedeuten, bei mehrjährigen Umsetzungsprozessen sollte mindestens zweimal jährlich ein Stakeholder-Treffen stattfinden.

Stakeholder-Dialoge

unterschiedliches Verständnis von Feedbacksystemen haben. Es kann hilfreich sein, Kriterien für Feedback gemeinsam mit allen Stakeholdern abzustimmen. Wichtig ist, dass alle Stakeholder die Möglichkeit haben, sich frei zu äußern. Darüber hinaus benötigen Stakeholder-Dialoge auch Instrumente zum Monitoring 25.

Wichtige Leitfragen um Feedbacksysteme zu etablieren

• • • •

Wie können wir feststellen, dass wir auf dem richtigen Weg sind? Wie beziehen wir das Feedback der Stakeholder ein? Wie können wir sicherstellen, dass sich die Stakeholder mit ihrem Input ernst genommen fühlen? Was ist das interne System für Monitoring und Evaluation?

Praxisbeispiel: Common Code for the Coffee Community (4C) PHASE 3 — Umsetzen und Managen In Phase 3 lagen die Schwerpunkte darauf, den ausgearbeiteten Verhaltenskodex praktisch umzusetzen und ergebnisorientierte, formale Arbeitsstrukturen aufzubauen. Die Beteiligten definierten Rollen und Verantwortlichkeiten genauer, arbeiteten „Teilnahmeregeln“ fü r den Handels- und Industriesektor aus, und entwickelten ein Verifizierungssystem sowie ein Capacity Development-Programm. Dies war entscheidend, um sicherzustellen, dass die Interessen der Produzenten dauerhaft beachtet wurden. Auch in dieser Phase erschwerten Misstrauen und Vorurteile die Verhandlungen. Dank des Engagements aller Stakeholder führten sie den Dialogprozess dennoch weiter. Wieder erwiesen sich das Projektsekretariat und die externe Prozessbegleitung als wichtige Mittler. Als ein letztes Ziel in dieser Phase gelang es, die Nachhaltigkeit der Initiative zu sichern, indem ein Selbstfinanzierungssystem und eine Plattform zum Kompetenzaufbau fü r die Anwendung des Verhaltenskodex eingerichtet wurden. Wichtige Schritte, um den Verhaltenskodex praktisch umzusetzen, waren so im Konsens aller Stakeholder erfolgt.

25

Siehe Kapitel 7: Prozessmonitoring in Stakeholder-Dialogen.

PHASE 4: Den Stakeholder-Dialog weiterentwickeln Ist das gewünschte Ergebnis erzielt, sollten Erfolge ausreichend gewürdigt und die Beteiligung und Beiträge der einzelnen Stakeholder-Gruppen wertgeschätzt werden. Viele Stakeholder-Dialoge enden erfolgreich nach Phase 3 der Umsetzung und des Managens. Manchmal ist es jedoch sinnvoll, den Dialog weiterzuentwickeln, ihn zum Beispiel auf eine andere Ebene zu heben, an anderer Stelle zu wiederholen, ein neues Anliegen einzubringen oder die Form des Stakeholder-Dialogs zu institutionalisieren. Bei der Weiterentwicklung des Stakeholder-Dialogs müssen meistens neue Stakeholder integriert werden, insbesondere, wenn andere Akteure die Umsetzung übernehmen. Akteure, die zuvor nicht beteiligt waren, müssen die Dringlichkeit und Bedeutung des Anliegens verstehen. Bestehende Steuerungsstrukturen brauchen nun noch mehr Legitimität und Glaubwürdigkeit. Somit ist es sinnvoll, dass die Kerngruppe in dieser Phase bestehen bleibt und den Prozess Schritt für Schritt in die zukünftige Struktur überführt. In Phase 4 ist es wichtig, auf folgende drei Schritte zu achten: 4.1 Einen neuen „Container“ aufbauen 4.2 Den Stakeholder-Dialog institutionalisieren 4.3 Etablieren langfristiger Lern- und Steuerungsstrukturen Die größte Herausforderung liegt hier darin, den ursprünglichen Geist der Veränderung aufrechtzuerhalten beziehungsweise in den neuen Dialog zu überführen. Phase 4 hat keine Zeitbegrenzung. Die Dauer hängt von den neuen Planungen ab.

4.1

Einen neuen „Container“ aufbauen

Wenn das Ergebnis eines Stakeholder-Dialogs breitenwirksamer wirken, die Umsetzung stärker formalisiert oder die Form der Zusammenarbeit unter den Stakeholdern institutionalisiert werden soll, entstehen neue Herausforderungen. Nicht immer kann die Gruppe, die die ersten Ergebnisse des Stakeholder-Dialogs erzielt hat, auch die langfristige Umsetzung des Anliegens kompetent begleiten. Manchmal

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28

Stakeholder-Dialoge

erschlafft mit einem „politischen“ Konsensprodukt und dessen öffentlichkeitswirksamer Darstellung das Interesse an dem Thema, da es zum Beispiel an Umsetzungs-Knowhow oder an Ressourcen mangelt. Hier ist es wichtig, die neue Aufgabenstellung der beteiligten Stakeholder frühzeitig zu entwickeln und klar zu kommunizieren. Wenn eine veränderte Zusammensetzung der Stakeholder notwendig ist, sollte die ursprüngliche Kerngruppe die Neuerungen initiieren und begleiten. In Phase 4 ist es wichtig, neue, in einigen Fällen größere Container aufzubauen: Hier wiederholen sich die Maßnahmen der vorangegangenen Phasen 1-3. Um Dialog und Beteiligung zu ermöglichen, ist es notwendig, neue Netzwerke Interessierter und Engagierter aufzubauen, Vertrauen zu schaffen und Kommunikationsarchitekturen zu etablieren. Wenn der vorherige Container stark genug war, kann er neue Beteiligte hinzugewinnen, Ideen verbreiten, und die Umsetzung fördern. Ist dies nicht der Fall, muss erneut wie in Phase 1 der Exploration und Konsultation ein Container aufgebaut werden. Der Stakeholder-Dialog in seiner weiterentwickelten Form sollte sich auf das ursprüngliche System gemeinsamer Werte und Herangehensweisen beziehen und die Ziele nicht aus den Augen verlieren.

4.2

Der Dialog hat nun ein neues, größeres „Zuhause“, eine professionellere Umsetzungsstruktur oder zusätzliche finanzielle Ressourcen. In einigen Fällen kann dies bedeuten, dass aus dem Stakeholder-Dialog eine Institution entsteht, in anderen Fällen, dass der Ansatz des Dialogs in formalen oder regulativen Prozessen übernommen wird 26. Dies verläuft meistens nicht ohne Hürden und Konflikte. Eine Kontinuität in der Kerngruppe oder von wichtigen anderen beteiligten Stakeholdern ist wichtig, um Hürden zu überwinden.

Wichtige Leitfragen, um den Stakeholder-Dialog zu institutionalisieren

• Wichtige Fragen, um einen neuen „Container“ aufzubauen

• • • • • • •

26

Können wir die Art des Vorgehens an anderer Stelle wiederholen? Haben wir das Potenzial des Stakeholder-Dialogs für eine stärkere Formalisierung oder Institutionalisierung angemessen eingeschätzt? Haben wir Kooperationspartner, die Promotoren für eine Weiterentwicklung, Formalisierung oder Institutionalisierung des Stakeholder-Dialogs sein können? Welche Strategien müssen wir anpassen und überdenken? Auf welche Weise können wir eine breitere Gruppe Interessierter aufbauen, die sich mit dem Anliegen identifiziert? Wie können involvierte Stakeholder Botschafter für das Anliegen werden? Wie können wir Identifikation mit dem Anliegen, Vertrauen und Engagement aufrechterhalten?

Den Stakeholder-Dialog institutionalisieren

Falls Stakeholder-Dialoge aufgrund ihrer erfolgreichen Umsetzung institutionalisiert, das heißt in eine formale Struktur überführt werden sollen, sind folgende Aspekte aus Phase 1 (Exploration und Konsultation) und Phase 2 (Formalisierung des Stakeholder-Dialogs) relevant: • eine erweiterte Kontextanalyse, • neue Engagement-Prozesse, • eine Anpassung von Vereinbarungen und • der Aufbau von Managementstrukturen.

• • • • • •

4.3

Welche Struktur braucht es für die Weiterführung des Stakeholder-Dialogs? Ist die Gründung einer Institution notwendig? Welche Form der Institution wäre sinnvoll? Wie können wir ein langfristiges Bestehen der Ergebnisse gewährleisten? Wie können wir den Stakeholder-Dialog in bereits vorhandene Strukturen integrieren? Welches ist das richtige Design für die Fortführung des gemeinsamen Dialogs? Haben wir ausreichend in Beziehungsmanagement investiert, so dass das bestehende Interesse und Engagement aufrecht erhalten werden kann?

Etablieren langfristiger Lern- und Steuerungsstrukturen

Mit einer stärkeren Formalisierung des Stakeholder-Dialogs entstehen neue Herausforderungen: Stakeholder oder Unterstützer fragen noch mehr nach Wirkungen und Nützlichkeit des Stakeholder-Dialogs. Nicht-Beteiligte zweifeln die Repräsentativität der beteiligten Stakeholder an. Politische Unterstützer fordern einen stärkeren Nachweis über Ergebnisse. Es wird nach externen Evaluierungen gefragt.

Beispielsweise der Stakeholder-Dialog in administrative Planungsprozesse integriert wird.

Stakeholder-Dialoge

Die Sichtbarkeit des Stakeholder-Dialogs nimmt zu und damit auch die Möglichkeit, Kritik zu üben. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, benötigen sie GovernanceStrukturen – neue, angepasste Lern- und Steuerungsstrukturen. Zum Beispiel eine formalere Stakeholder-Repräsentanz oder ein Steuerungskomitee, das paritätisch besetzt ist. Entscheidungsprozesse und der Umgang mit externer Kritik müssen formalisiert und Ergebnisorientierung muss regelmäßig nachgewiesen werden. Jede Institutionalisierung birgt die Gefahr, dass der Prozess an Dynamik verliert. Auf der anderen Seite kann zu wenig Struktur die weitere Umsetzung des StakeholderDialogs gefährden. Vor diesem Hintergrund ist die Kommunikation über Sinn und Zweck des Stakeholder-Dialogs ebenso wichtig wie die Stärkung der Zukunftsvision, um die richtige Balance zwischen kreativem Freiraum für Engagement und genügend Struktur zu finden. Auch institutionalisierte Steuerungsstrukturen müssen weiterhin reflektieren und lernen. Wenn das gelingt, ist es wahrscheinlicher, dass die Motivation erhalten bleibt, Krisen überwunden werden und das ursprüngliche Ziel nicht aus dem Blick gerät. Eine der größten Herausforderungen in Phase 4 ist es, den „Geist der Veränderung“ immer wieder einzubringen und aufrechtzuerhalten. Es kann hilfreich sein, dass die Kerngruppe die Herangehensweisen aus Phase 1 (Exploration und Konsultation), den Aufbau von Vertrauen und Veränderungsbereitschaft, angepasst wiederholt.

Wichtige Leitfragen, um Lern- und Steuerungsstrukturen zu etablieren

• • • • • •

Welche Lernstrukturen benötigt der StakeholderDialog? Welche Steuerungsstruktur benötigt der StakeholderProzess? Welche externe Expertise benötigen wir für die weitere Zusammenarbeit? Wie können wir weitere Capacity DevelopmentMaßnahmen integrieren? Haben wir unsere Strategien für Phase 4 geprüft und sie gegebenenfalls angepasst? Haben wir die Lessons Learnt des Dialogs evaluiert und dies in die nächste Planungsstufe integriert?

Praxisbeispiel: Common Code for the Coffee Community (4C) PHASE 4 — Den Stakeholder-Dialog weiterentwickeln Der entscheidende Schritt von einer Initiative zu einer Institution wurde in Phase 4 mit der Gründung der 4C Association im Jahr 2006 gemacht. Ein Lenkungsrat wurde gewählt und ein Vorstand sowie eine Geschäftsleitung benannt. Ebenso wurde eine Managementstruktur etabliert, die für die Umsetzung des Verhaltenskodex und die Koordination der Trainingsmaßnahmen für die Kaffeeproduzenten zuständig ist. Die so gegründete 4C Association steht Akteuren aus dem gesamten Kaffeesektors offen. Die besonderen Herausforderungen dieser Phase bestanden darin, der neuen Institution eine Struktur zu geben, die von allen drei Sektoren gleichermaßen bestimmt wird, sich selbst finanzieren kann sowie die Umsetzung des Verhaltenskodex durch ein glaubhaftes Verifizierungssystem und Kompetenzentwicklung der Anwender gewährleistet.

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30

Stakeholder-Dialoge

4.2 Checkliste für die Planung und Umsetzung eines Stakeholder-Dialogs Die folgende Checkliste ist ein Hilfsmittel für die Planung eines Stakeholder-Dialogs nach den vier Phasen des Dialogic Change Models. Sie beinhaltet alle Aspekte, die für die Planung der einzelnen Phasen relevant sind. Sie kann auch noch nach der Umsetzung einer oder mehrerer Phasen zur Reflektion der Vorgehensweise dienen. Es empfiehlt sich, dass die Initiatoren, die Umsetzer beziehungsweise die Kerngruppe die Checkliste gemeinsam anwenden, so dass sie einzelne Aspekte zusammen diskutieren können.

Wenn mehrere Fragen einer oder verschiedener Phasen mit „grau“ und „rot“ beantwortet werden, empfiehlt es sich, zu diskutieren, welche Aspekte der jeweiligen Phase nachträglich oder verstärkt ausgeführt werden sollten. Die Checkliste bietet folgende Antwortmöglichkeiten:

6 5 4 3 2 1

Trifft vollständig zu Trifft überwiegend zu Trifft teilweise zu Trifft weniger zu Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu

Checkliste für die Planung und Umsetzung eines Stakeholder-Dialogs nach den vier Phasen des Dialogic Change Models PHASE 1: Exploration und Konsultation 1.1

Die Idee im Dialog klären und Resonanz aufbauen

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1.1.1 Haben wir genug Zeit eingeräumt, um die Meinungen /Perspektiven aller relevanten Akteure einzuholen und die Grundlage für eine Beziehung mit den Akteuren gelegt? 1.1.2 Konnten wir in formellen und informellen Gesprächen mit relevanten Akteuren die Idee des Anliegens vermitteln? 1.1.3 Konnten wir relevante Akteure für die Dringlichkeit des Anliegens gewinnen und diese in die Zielformulierung einbeziehen?

1.2

Den Kontext verstehen

1.2.1 Haben wir alle Stakeholder-Gruppen konsultiert, die uns einen Einblick in die aktuelle Situation und die zu erwartenden Entwicklungen in der Zukunft ermöglichen? 1.2.2 Liegen uns alle relevanten Informationen vor? 1.2.3 Sind wir uns über die Akteure und Faktoren bewusst, die uns in unserem Anliegen beeinflussen/die wir für unser Anliegen beeinflussen können? 1.2.4. Sind uns bisherige Ergebnisse und Erfahrungen zu diesem oder einem ähnlichen Anliegen bekannt? 1.2.5 Haben wir in einer Konfliktanalyse alle potenziellen Konflikte erörtert, die uns begegnen können? 1.2.6 Haben wir durch informelle Gespräche ein Resonanzfeld aufgebaut, das eine Konkretisierung der gemeinsamen Ziele und des Vorgehens trotz bleibender Unklarheiten möglich macht?

1.3

Einen guten Stakeholder-„Container“ aufbauen

1.3.1 Konnten wir diejenigen Stakeholder überzeugen und motivieren, sich in der Kerngruppe zu engagieren, die für den Beginn des Dialogs erforderlich sind? 1.3.2 Wahren wir eine Balance zwischen der Entwicklung einer Struktur/eines Rahmens für das Vorgehen und der Beibehaltung einer Offenheit gegenüber dem System? 1.3.3 Ist eine geeignete Form des Zusammenkommens in Bezug auf den Ort, das Programm und den Kontext gefunden, die Commitment und Ownership mit dem Anliegen bei weiteren Stakeholdern begünstigen? 1.3.4 Haben wir für die verschiedenen relevanten Stakeholder-Gruppen genügend Anreize/Anknüpfungspunkte geschaffen, die sie zu einer aktiven Beteiligung an dem gemeinsamen Dialog veranlassen?

Stakeholder-Dialoge

PHASE 2: Formalisierung des Stakeholder-Dialogs 2.1

Ziele und Ressourcen klären

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2.1.1 Verfügt die informelle Kerngruppe über eine Form, die eine Konsolidierung ihrer Zusammensetzung und der Rolle ihrer einzelnen Mitglieder erlaubt? 2.1.2 Sind die gemeinsamen Ziele und Interessen klar, sodass eine grobe Planung sowie die Form der Zusammenarbeit und die Verteilung der Rollen unter allen beteiligten Stakeholdern festgelegt/formalisiert werden können? 2.1.3 Führt unser Vorgehen dazu, dass sich die beteiligten Stakeholder in ihren Meinungen ernst genommen fühlen und somit auch das Engagement für den Dialog aufrechterhalten werden und wachsen kann? 2.1.4 Fördern die Rahmenbedingungen bei der Durchführung des Dialogs die Entwicklung von Ownership? 2.1.5 Ist das Anliegen in einer Weise eingeführt, die den Interessen der Stakeholder entspricht? 2.1.6 Ist geklärt, welche Ressourcen die verschiedenen Stakeholder einbringen können?

2.2

Die Zukunft gemeinsam entwerfen

2.2.1 Ist die Kerngruppe für einen offiziellen Auftakt des gemeinsamen Veränderungsprozesses gewappnet? 2.2.2 Verfügt die Kerngruppe über alle Perspektiven und die Expertise, die für die Gestaltung der Zukunft erforderlich sind? 2.2.3 Ist der Prozess so geplant, dass die beteiligten Stakeholder sich der gemeinsamen Gestaltung der Zukunft annehmen können, beispielsweise die Gestaltung der Meetings, Workshops etc.? 2.2.4 Sind alle beteiligten Stakeholder mit ausreichend Informationen über das Handlungsfeld des Anliegens versorgt, so dass sie aktiv am Dialog teilnehmen können? 2.2.5 Besteht ausreichend Raum für gemeinsames Lernen? 2.2.6 Ist der Prozess der Zusammenarbeit und der Kommunikation so geplant, dass binnen kurzer Zeit Synergien der Zusammenarbeit sichtbar werden und erste Ergebnisse erarbeitet werden können? 2.2.7 Ist sichergestellt, dass erste Ergebnisse der Zusammenarbeit als Erfolge für die beteiligten Stakeholder und für weitere wichtige Akteure sichtbar werden?

2.3

Vereinbarungen treffen

2.3.1 Unterstützt die Form der Vereinbarung (Memorandum of Understanding, Projektplan, Presserklärung etc.) die Identifizierung der Stakeholder mit dem gemeinsamen Anliegen? 2.3.2 Gewährleistet die Form, in der Vereinbarungen getroffen werden, die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der Vereinbarungen? 2.3.3 Sind Meilensteine vereinbart und sind diese realistisch? 2.3.4 Wurden Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen den beteiligten Stakeholdern verteilt? 2.3.5 Wurde ein Zeitplan vereinbart?

31

32

Stakeholder-Dialoge

PHASE 3: Umsetzen und Managen 3.1

Transparent kommunizieren

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3.1.1 Ist eine Kommunikationsstruktur etabliert, die einen guten internen Informationsfluss ermöglicht? 3.1.2 Gestalten wir die wesentlichen Bereiche der Implementierung des Stakeholder-Dialogs transparent? 3.1.3 Erkennen wir die Fortschritte der Zusammenarbeit und kommunizieren wir sie an die beteiligten Stakeholder sowie an das Umfeld? 3.1.4 Unterstützen wir die Fortsetzung der aktiven Beteiligung der Stakeholder? 3.1.5 Lassen wir genügend Raum für Feedback und beziehen wir es konstruktiv in den Prozess ein? 3.1.6 Treffen wir das richtige Verhältnis zwischen der Vorgabe von Struktur/Rahmen/Führung und der Offenheit gegenüber dem System in Bezug auf Kritik/Unsicherheit etc.?

3.2

„Prototypen“ bauen und Ergebnisse kommunizieren

3.2.1 Nutzen wir die Erfolgschancen, die unmittelbar erreichbar sind? 3.2.2 Nutzen wir die Möglichkeit voneinander und von Erfolgen zu lernen? 3.2.3 Haben wir Erfolge innerhalb des Stakeholder-Dialogs als Erfolge benannt und auch als solche gefeiert? 3.2.4 Wurde eine Vereinbarung darüber getroffen, wie Erfolge an die Öffentlichkeit kommuniziert werden, so dass Missverständnisse vermieden werden? 3.2.5 Haben wir alle relevanten Akteure des weiteren Handlungsfeldes über die Erfolge in der richtigen Form informiert? 3.2.6 Wird die Öffentlichkeit in angemessener Weise informiert und werden die Kommunikationskanäle für das weitere Voranschreiten des Anliegens positiv genutzt?

3.3

Feedbacksysteme etablieren

3.3.1 Haben wir als Kerngruppe ein Bewusstsein entwickelt, das uns erkennen lässt, ob wir auf dem richtigen Weg sind? 3.3.2 Beziehen wir das Feedback der Stakeholder so in den Prozess ein, dass ein Gefühl echter Partizipation entstehen kann? 3.3.3 Fühlen sich die Stakeholder mit ihrem Input ernst genommen? 3.3.4 Existiert ein internes System für Monitoring und Evaluation, das sich für den Prozess als nützlich erweist? 3.3.5 Existiert ein internes Lernsystem, dass sich fruchtbar auf den internen Prozess auswirkt?

Stakeholder-Dialoge

PHASE 4: Den Stakeholder-Dialog weiter entwickeln 4.1

Einen neuen „Container“ aufbauen

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4.1.1 Kann das Anliegen in der bestehenden Form und zu dem entsprechenden Zeitpunkt auf ein höheres Level gebracht werden? 4.1.2 Haben wir bisherige Strategien und Vorgehensweisen überdacht und gegebenenfalls für die Phase der Umsetzung angepasst? 4.1.3 Benötigt die Phase der Umsetzung neue Stakeholder und haben wir diese identifiziert? 4.1.4 Haben wir eine Strategie entwickelt, die den Aufbau einer umfassenderen Community ermöglicht? 4.1.5 Haben wir die Stakeholder identifiziert, die sich für die Fortführung und Ausweitung des Anliegens als Botschafter einsetzen und ausreichend „gecoacht“ und gegebenenfalls in die bestehende Kerngruppe integriert? 4.1.6 Werden die Allianzen identifiziert/unterstützt, die für die Ausweitung des Anliegens wichtig sind? 4.1.7 Wird sichergestellt, dass das Commitment und Ownership der bisher beteiligten Stakeholder bestehen bleibt?

4.2

Institutionalisierung des Stakeholder-Dialogs

4.2.1 Wurde ein Vorgehen festgelegt, durch das ein langfristiges Bestehen der Ergebnisse gewährleistet werden kann? 4.2.2 Haben wir das eventuell erweiterte Handlungsfeld ausreichend exploriert und den eventuell neuen Kontext verstanden, um die weiteren Schritte adäquat planen zu können? 4.2.3 Haben wir ausreichend Zeit für die Vorbereitung der Institutionalisierung bereitgestellt? 4.2.4 Haben wir eine Struktur/Organisationsform identifiziert, die die Initiative, das Projekt oder Programm etc. für die Umsetzungsphase benötigt? 4.2.5 Ist die „neue“ Kerngruppe gut aufgestellt, so dass sie die Schwierigkeiten dieser Umsetzungsphase tragen und ausbalancieren kann?

4.3

Etablieren langfristiger Lern- und Steuerungsstrukturen

4.3.1 Haben wir geklärt, was es eventuell für die weitere Umsetzung zusätzlich bedarf? Zum Beispiel weitere finanzielle Unterstützung, zusätzliches Capacity Development etc. 4.3.2 Werden trotz der Etablierung von Steuerungsstrukturen Reflexions- und Lernstrukturen aufrechterhalten? 4.3.3 Haben wir das richtige Design für die Fortführung des gemeinsamen Dialogs identifiziert, das das richtige Maß an Strukturierung/ Professionalisierung und Offenheit für die Bedürfnisse des Systems und die Weiterentwicklung ermöglicht? 4.3.4 Haben wir die Umsetzungserfolge für die beteiligten Stakeholder und für das weitere Umfeld in adäquater Weise sichtbar gemacht? 4.3.5 Ist die neue Steuerungsstruktur so aufgestellt, dass sie fortbestehen kann?

33

34

Stakeholder-Dialoge

5.

Kommunikation in Stakeholder-Dialogen

Stakeholder-Dialoge bestehen im Wesentlichen aus Kommunikationsprozessen. Von der Initiierung bis zur Umsetzung eines Stakeholder-Dialogs ist die Kommunikation das Bindeglied zwischen den relevanten27 und beteiligten28 Akteuren, die sich in der Regel freiwillig auf die Zusammenarbeit einlassen. Wenn Menschen über ihre organisationalen und kulturellen Grenzen hinweg kommunizieren und arbeiten, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten, erfordert dies Rahmenbedingungen, die eine kooperative Zusammenarbeit an einem größeren gemeinsamen Ziel ermöglichen und einen konstruktiven Umgang mit Konflikten und Spannungen unterstützen. Vertrauen, Respekt, Transparenz und Offenheit gegenüber anderen Sichtweisen und Standpunkten sind hier unerlässlich. Eine adäquate Planung und Umsetzung der Kommunikation ist vor diesem Hintergrund für den Erfolg eines Stakeholder-Dialogs grundlegend. Stakeholder-Dialoge haben häufig eine komplexe Kommunikationsarchitektur, die verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Interessen und Hintergründen einschließt. Es ist wichtig, alle relevanten und beteiligten Akteure in den Kommunikationsprozess einzubeziehen. Darüber hinaus muss der Kommunikationsfluss innerhalb und zwischen den verschiedenen Interessengruppen eines Stakeholder-Dialogs aufrecht erhalten werden. Die Berücksichtigung der sozialen und räumlichen Bedürfnisse der verschiedenen Akteure und Interessengruppen ist hier ebenso wichtig wie die zeitliche Planung einzelner Kommunikationsprozesse innerhalb des Stakeholder-Dialogs. Im Folgenden werden die Kommunikationsebenen in Stakeholder-Dialogen dargestellt und Anforderungen an die Kommunikation innerhalb und zwischen den verschiedenen Kommunikationsebenen erläutert.

5.1 Die verschiedenen Ebenen der Kommunikation in Stakeholder-Dialogen Gute Kommunikation ist in Stakeholder-Dialogen ein entscheidender Erfolgsfaktor. Dabei geht es sowohl um die Kommunikation mit den beteiligten Stakeholdern als auch mit solchen, die nicht in den Stakeholder-Dialog involviert, jedoch für dessen Anliegen relevant sind.

27 28 29

Die Initiierung eines Stakeholder-Dialogs erfordert ein Verständnis des Handlungsfeldes des jeweiligen Anliegens.29 Dies ist nicht nur für die Integration aller relevanten Stakeholder in den Dialog notwendig, sondern ebenso für die vorbereitende Planung des Dialogs. Kommunikationsprozesse in Stakeholder-Dialogen bestehen aus der internen und der externen Kommunikation. Die interne Kommunikation umfasst die Kommunikation zwischen den direkt beteiligten Stakeholdern sowie die Kommunikation mit den am Dialog beteiligten Institutionen. Unter externer Kommunikation ist die Kommunikation mit der Öffentlichkeit oder weiteren relevanten Stakeholdern zu verstehen, die nicht oder noch nicht direkt am Prozess beteiligt sind. Ein Stakeholder-Dialog-System spiegelt das gesamte Kommunikationssystem eines Stakeholder-Dialogs wieder und umfasst somit beide Kommunikationsebenen. Die Kommunikation stellt einen wichtigen Faktor für den Zusammenhalt des Stakeholder-Dialogs dar: Dessen Verlauf und Ergebnisse hängen grundlegend vom Gelingen der Kommunikation auf den beiden Kommunikationsebenen ab. Eine richtige Planung und Umsetzung der internen und externen Kommunikation erfordert die Erfassung des Stakeholder-Dialog-Systems, um zu verstehen, auf welchen Ebenen Kommunikation notwendig ist oder einer Unterstützung in Form von Vermittlung bedarf. Die folgende Grafik visualisiert ein idealtypisches Stakeholder-Dialog-System. Die nachgestellten Erläuterungen erklären die verschiedenen Kommunikationsebenen.

5.1.1 Interne Kommunikationsebenen Eine funktionierende interne Kommunikation ist Voraussetzung für das nötige Vertrauen innerhalb eines Stakeholder-Dialog-Systems. Vertrauen ist wiederum Voraussetzung dafür, dass das System der beteiligten Stakeholder stabil genug ist, um aus dem Dialog heraus Ergebnisse zu produzieren. Misstrauen führt zu Verzögerungen oder im schlimmsten Fall dazu, dass eine Zusammenarbeit unmöglich wird. Daher ist die Qualität der internen Kommunikation entscheidend für den Erfolg eines Stakeholder-Dialogs. Im Folgenden werden die einzelnen internen Kommunikationsebenen erläutert.

Relevante Akteure sind Akteure, die grundsätzlich Interesse an dem jeweiligen Stakeholder-Dialog haben oder für das Anliegen wichtig sind, aber nicht oder noch nicht aktiv an dem Stakeholder-Dialog beteiligt sind. Sie werden im folgenden Dokument wahlweise auch als relevante Stakeholder bezeichnet. Unter beteiligten Akteuren sind solche Akteure zu verstehen, die sich bereits an dem Stakeholder-Dialog beteiligen. Sie werden im folgenden Dokument wahlweise auch als beteiligte Stakeholder bezeichnet. Siehe Erste Phase: Exploration und Konsultation. Eine Erläuterung der vier Phasen von Stakeholder-Dialogen entsprechend dem Dialogic Change Model finden Sie in dem Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen.

Stakeholder-Dialoge

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Stakeholder-Dialog System

Vertreter beteiligter Organisationen z.B. Bürgermeister von Gemeinden, Kommunen

Externe Kommunikation

Vertreter beteiligter Organisationen z.B. Leitung von Institutionen des öffenltichen Sektors

Medien Interne Kommunikation

Weitere Akteure des Handlungsfeldes Öffentlichkeit Vertreter beteiligter Organisationen z.B. Geschäftsführer von Unternehmen

Vertreter beteiligter Organisationen z.B. Vorstand von Organisationen der Zivilgesellschaft

Kerngruppe Kreis der direkt am Dialog Beteiligten Kreis der am Dialog beteiligten Institutionen Wichtige aber nicht direkt beteiligte Akteure

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Stakeholder-Dialoge

Kommunikation innerhalb der Kerngruppe30 Wie in dem Dialogic Change Model zur Umsetzung von Stakeholder-Dialogen beschrieben, ist es in der ersten Phase (Exploration und Konsultation) eines StakeholderDialogs hilfreich, eine kleine Kerngruppe aufzubauen. Im Idealfall besteht die Kerngruppe schon aus den wichtigsten Stakeholdern und treibt mit besonderem Interesse und Motivation die Initiierung und Implementierung des Stakeholder-Dialogs voran. In der Kommunikation ist es wichtig, dass die Mitglieder der Kerngruppe über alle Belange und das Vorgehen unterrichtet sind und den Prozess gemeinsam planen. Zwischen den Mitgliedern der Kerngruppe sollte eine Kommunikationsform entstehen, die Vertrauen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl fördert und so eine unkomplizierte, informelle Zusammenarbeit ermöglicht.

Kommunikation zwischen der Kerngruppe und den beteiligten Stakeholdern Neben der Kommunikation innerhalb der Kerngruppe ist im Stakeholder-Dialog die Kommunikation zwischen der Kerngruppe und den beteiligten Stakeholdern von Bedeutung. Dies ist vor allem in der zweiten Phase (Formalisierung des Stakeholder-Dialogs) und dritten Phase (Umsetzung der vereinbarten Ziele) relevant. Bei der Kommunikation sollte darauf geachtet werden, dass sich alle beteiligten Stakeholder gut betreut und informiert fühlen. Auf der Basis einer Stakeholder-Analyse ist zu überlegen, in welcher Form mit den verschiedenen Stakeholdern kommuniziert werden sollte und welche Inhalte dabei im Vordergrund stehen. Die richtige Form der Kommunikation ist in den verschiedenen Phasen eines Stakeholder-Dialogs unterschiedlich und hängt von den beteiligten Stakeholdern und der aktuellen Situation ab. Generell sollte von Anfang an eine offene und transparente Form der Kommunikation angewendet werden, die Feedback, Kritik und eine Anpassung an die jeweilige Situation und den jeweiligen Gesprächspartner zulässt und somit eine gute Arbeitsatmosphäre schafft.

Kommunikation zwischen den beteiligten Stakeholdern und ihren Institutionen An einem Stakeholder-Dialog Beteiligte sind in der Regel Repräsentanten von Institutionen, das heißt Mitarbeiter von Unternehmen, der öffentlichen Hand, von Vereinen oder Organisationen der Zivilgesellschaft. 30

In dieser Position vertreten sie nicht ihre persönlichen Interessen, sondern in erster Linie die ihres Arbeitgebers. Die Beziehungen zwischen den beteiligten Institutionen und ihren Vertretern ist eine weitere zu berücksichtigende Kommunikationsebene, die den Verlauf eines Stakeholder-Dialogs mitunter stark beeinflussen kann. Es kann beispielsweise dazu kommen, dass Vertreter einer Institution aufgrund des intensiven Austauschs Verständnis für die Situation anderer Stakeholder entwickeln, ihr Entscheidungs- und Handlungsspielraum jedoch durch die Vorgaben ihrer Vorgesetzten eingeschränkt ist. Häufig müssen sie alle Formen von Zugeständnissen mit ihren Vorgesetzten absprechen. Dies ist in vielen Stakeholder-Dialogen ein sehr zähes und schwieriges Vorgehen, über das sich alle beteiligten Stakeholder bewusst sein und dem sie mit Verständnis begegnen sollten. Vertreter der Kerngruppe sollten diese Kommunikationsebene unterstützen – etwa durch die Vermittlung kleiner Erfolge oder Ergebnisse des Stakeholder-Dialogs an die Entscheidungsträger der beteiligten Institutionen oder aber durch individuelle Betreuung. Es sollte verhindert werden, dass sich indirekte Unterstützer in beteiligten Institutionen nicht ausreichend betreut fühlen oder durch mangelnde Information zu Kritikern werden oder ihr Interesse verlieren. Dies kann dazu führen, dass sie den Prozess blockieren.

Kommunikation zwischen der Kerngruppe und wichtigen Unterstützern/Kritikern Die Kommunikation mit wichtigen Unterstützern wie etwa politischen, gesellschaftlichen oder privatwirtschaftlichen Entscheidungsträgern, die dem Anliegen des Stakeholder-Dialogs positiv gegenüber stehen, ist besonders sorgfältig zu planen. In der Kommunikation ist hier ein maßgeschneidertes Vorgehen sinnvoll, dass ihre jeweiligen Bedürfnisse hinsichtlich Umfang, Form und Regelmäßigkeit der Information berücksichtigt. Eine individuelle Betreuung dieser Unterstützer kann verhindern, dass diese ihr Interesse an dem Anliegen verlieren und somit ihre Unterstützung entfällt. Auch die Kommunikation mit potenziellen Kritikern des Anliegens oder des Stakeholder-Dialogs sollte bedacht und angemessen geplant werden. Durch eine persönliche individuelle Betreuung, etwa durch Vertreter der Kerngruppe, kann das Ausmaß bestehender Kritik gegebenenfalls eingedämmt werden.

Eine Kerngruppe ist ein Team von begeisterten Personen, das idealer Weise unterschiedliche wichtige Stakeholder-Gruppen repräsentiert und den Stakeholder-Dialog über die zu erwartenden Höhen und Tiefen hinweg voranbringt. Siehe Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen.

Stakeholder-Dialoge

5.1.2 Externe Kommunikationsebenen Die externe Kommunikation umfasst die Information des umliegenden Handlungsfelds über die Inhalte, Ziele, das Vorgehen und die Ergebnisse des Stakeholder-Dialogs. Dies kann je nach Anliegen die Öffentlichkeit, Medien oder aber einzelne externe Akteure betreffen, die nicht an dem Stakeholder-Dialog beteiligt sind. Auch hier lassen sich unterschiedliche Kommunikationsebenen identifizieren. Die externe Kommunikation verläuft häufig eindimensional, indem sie von beteiligten Stakeholdern ausgeht. Durch die nur schwer zu erfassende Wirkung der Information auf das Handlungsfeld, gestaltet sich diese Kommunikation in manchen Fällen als vielschichtig. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, externe Kommunikation gut zu planen und den richtigen Zeitpunkt dafür auszuwählen. Im Folgenden werden die einzelnen externen Kommunikationsebenen erläutert.

Kommunikation zwischen den Beteiligten am Stakeholder-Dialog und externen Akteuren des umliegenden Handlungsfeldes Stakeholder-Dialoge stehen häufig unter der Beobachtung von externen Akteuren, die nur indirekt an dem Thema interessiert sind, Vorbehalte gegen die Realisierbarkeit des Anliegens haben oder dem Anliegen grundsätzlich skeptisch oder ablehnend gegenüberstehen. Wie stark die Beobachtung aus dem umliegenden Handlungsfeld ist, hängt von dem Thema und dem politischen Stellenwert des Anliegens ab. Die Rolle beobachtender externer Akteure sollte bei der Planung der externen Kommunikation bedacht werden. Unerwartete Kritik kann das fragile System eines Stakeholder-Dialogs gefährden. In der Kommunikation kann es sinnvoll sein, insbesondere skeptische Akteure regelmäßig zu informieren, sodass ihr Verständnis für den Zweck und die Erfolgsaussichten des Stakeholder-Dialogs wächst. Vor allem zu Beginn der Initiierung und Umsetzung eines Stakeholder-Dialogs, in der ersten Phase (Exploration und Konsultation) und zweiten Phase (Formalisierung des Stakeholder-Dialogs) sollte ein hohes Bewusstsein über die potenzielle Gefahr bestehen, die von externen Akteuren für das fragile System des Stakeholder-Dialogs ausgehen kann. Für die Identifikation dieser Akteure bietet sich eine Stakeholder-Analyse an.

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Kommunikation zwischen den Beteiligten am Stakeholder-Dialog und den Medien In manchen Stakeholder-Dialogen spielt die Beobachtung durch Medien eine wichtige Rolle 31. Andere Stakeholder-Dialoge finden wiederum wenig öffentliche Beachtung. Hier kann es jedoch sein, dass eine Darstellung von Erfolgen in den Medien den StakeholderDialog in der Umsetzung unterstützen würde. Generell sollten Medien nicht zu früh über einen stattfindenden Stakeholder-Dialog informiert werden, es sei denn, dies ist aus politischen Gründen unvermeidbar. Die Information der Medien sollte beginnen, wenn erste Erfolge sichtbar werden. Wegen ihrer Komplexität ist die Steuerung der Kommunikationsprozesse innerhalb des Stakeholder-Dialog-Systems sinnvoll. Diese Steuerung übernimmt häufig die Kerngruppe oder aber ein Stakeholder-Broker 32. Sie müssen in der Lage sein, die unterschiedlichen Hintergründe und Weltansichten der verschiedenen Stakeholder zu verstehen und Vertrauen in ihre Arbeit und den Dialogprozess aufzubauen. Für sie ist eine innere Haltung im Sinne einer offenen dialogorientierten Herangehensweise zentral.

Beispielsweise bei Stakeholder-Dialogen, die vom öffentlichen Sektor initiiert werden und damit in einem politischen Umfeld agieren. Siehe Kapitel 9: Stakeholder-Broker – eine Führungsaufgabe der Zukunft!

37

38

Stakeholder-Dialoge

6.

Dialog als Grundprinzip von Stakeholder-Dialogen

Dialog fördert einen Austausch von Sichtweisen, Expertisen und Interessen der über das Aneinanderreihen oder Gegenüberstellen von Gesprächsbeiträgen hinausgeht. In einem Dialog entsteht auf der Basis verschiedener Sichtweisen und Expertisen ein gemeinsamer Denk- und Arbeitsprozess, der vorher nicht bedachte Möglichkeiten oder Lösungswege hervorbringen kann. Diese Form des fruchtbaren Gedankenaustausches erfordert ein hohes Maß an Offenheit gegenüber anderen Sichtweisen und die Bereitschaft, nicht stur an eigenen Sichtweisen festzuhalten. Es gilt, authentisch das beizutragen, was jedem Einzelnen wirklich wichtig ist, auch wenn dies bedeutet, frühere persönliche Sichtweisen in Frage stellen zu müssen. In jedem Fall ist die Integrität anderer Personen zu respektieren, auch wenn man selbst anderer Meinung ist. Darüber hinaus setzt ein erfolgreicher Dialog voraus, dass die Beteiligten sich der Paradigmen sowie Weltanschauungen ihrer Gesprächspartner bewusst sind. Dabei ist es wichtig, bestehende Spannungen und Konflikte zu ergründen anstatt diese sofort zu bewerten und Stellung zu beziehen. Im Idealfall unterstützt ein fruchtbarer Dialog Denkprozesse und die gemeinsame Weiterentwicklung von Ideen und Gedanken. Dialog wird entsprechend seiner ursprünglichen Bedeutung als „Fließen von Worten” oder auch „Fließen von Bedeutung“ verstanden. Der Dialog reicht dementsprechend über das Zwiegespräch hinaus, es geht vielmehr um die Entstehung von Bedeutung und Sinn durch Kommunikation. Der Dialog eröffnet im Gegensatz zu einem Schlagabtausch von Meinungen und Sichtweisen den Raum, der für das gemeinsame Verstehen und Reflektieren einer Situation oder der Ursachen bestehender Konflikte und Spannungen notwendig ist. In einem konstruktiven Dialog ist es leichter, Unterschiede zuzulassen, bestehende Unterschiede zu verstehen und sinnvoll zu nutzen. Durch Offenheit und Verständnis gegenüber verschiedenen Sichtweisen können so auf der Basis des Austauschs verschiedener Ideen und Gedanken neue konstruktive Lösungsansätze entstehen.

bestehen zwar Machtunterschiede zwischen den Stakeholder-Gruppen, aber keine Weisungsbefugnisse. Ergebnisse müssen im Konsens erzielt werden. Umso wichtiger ist es für die Mitglieder der Kerngruppe 33 eines StakeholderDialogs, Dialogkompetenz zu entwickeln, also zu verstehen, welche Kommunikationsmuster zu Ergebnissen führen oder diese verhindern. Dadurch lernen sie, Kommunikation konstruktiv zu gestalten, Vertrauen nachhaltig aufzubauen, Krisen zu verhindern und die gemeinsame Orientierung aufrechtzuerhalten. Der Dialogansatz ist die Basis für konsensorientierte Kommunikationsstrukturen, er fördert die Zusammenarbeit, die effektive Umsetzung von Vereinbarungen und schließlich das Erreichen von sichtbaren Ergebnissen.

6.1 Dialogkompetenz entwickeln

Die beiden Modelle werden daher im Folgenden sowohl in Bezug auf die Person als auch das Stakeholder-Dialog System hin erläutert 34.

Stakeholder-Dialoge bringen Akteure mit ungleichen Sichtweisen und divergierenden Interessen zusammen. Zudem findet Kommunikation in Stakeholder-Dialogen in der Regel in einem nichthierarchischen Kontext statt. Darin 33 34

Im Folgenden werden zwei Modelle vorgestellt, die Stakeholder-Brokern helfen, • ihre eigene Dialogkompetenz zu verbessern, und • eine konstruktive Kommunikation zwischen Stakeholdern zu fördern. Beide Modelle sind eng miteinander verbunden. Die vier kommunikativen Handlungsdimensionen beschreiben beobachtbares Verhalten. Die vier Dialogkompetenzen beschreiben die Fähigkeit und Haltung oder die zu entwickelnde Kompetenz, die für eine konstruktive Ausprägung der kommunikativen Handlungsdimensionen notwendig sind. Stakeholder-Broker können wesentlich zum Erfolg von Stakeholder-Dialogen beitragen, • wenn sie ihre Stärken und Schwächen im Dialog kennen und ihre eigene Dialogkompetenz erweitern, • wenn sie einschätzen können, welche Handlungsdimensionen und Dialogkompetenzen in einem Stakeholder-Dialog fehlen oder besondere Beachtung benötigen, • wenn sie erkennen, wie sie alle Aspekte einer konstruktiven Kommunikation (Handlungsweisen und Kompetenzen) in einem Stakeholder-Dialog stärken können.

Eine Kerngruppe ist ein Team von begeisterten Personen, das idealer Weise unterschiedliche wichtige Stakeholder-Gruppen repräsentiert und den Stakeholder-Dialog über die zu erwartenden Höhen und Tiefen hinweg voranbringt. Siehe Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen. Ein Stakeholder-Dialog System spiegelt alle beteiligten und relevanten Akteure eines Stakeholder-Dialogs wider, siehe Kapitel 5: Kommunikation in Stakeholder-Dialogen.

Stakeholder-Dialoge

6.1.1 Die vier kommunikativen Handlungsdimensionen Die Handlungsdimensionen gehen zurück auf eine langjährige Forschung zu Mustern in zwischenmenschlicher Kommunikation35. Dabei hat sich gezeigt, dass Kommunikation am effektivsten ist, wenn alle vier Dimensionen vorhanden sind und sich in einem dynamischen Gleichgewicht befinden. Fehlen wesentliche Handlungsdimensionen, gerät ein Stakeholder-Dialog aus dem Gleichgewicht. Unzufriedenheit entsteht, Ergebnisse werden nicht erreicht oder es entwickeln sich Krisen und Misstrauen.

Handlungsdimension 1: BEWEGEN Das Anliegen ist es, Dinge voranzubringen. Bezogen auf Personen: Menschen, die hier ihre Stärke haben, geben Richtungen vor, machen Vorschläge oder ergreifen die Initiative. Ist diese Fähigkeit unterentwickelt, fehlen der Fokus, die Durchsetzungskraft oder Ergebnisorientierung. Ist sie überentwickelt, können sich andere unter Druck gesetzt oder überfahren fühlen. LEITFRAGEN:

• Bringe ich Veränderung aktiv voran? • Beziehe ich andere Sichtweisen ein? • Lasse und schaffe ich Raum für Innovation? Bezogen auf das Stakeholder-Dialog System: Wenn bei einer Stakeholder-Gruppe diese Handlungsdimension wenig ausgeprägt ist, kann dies daran liegen, dass sie sich schlecht artikulieren kann, schlecht organisiert ist oder dass sie zwar einflussreich ist, aber wenig Interesse an Veränderung hat. Wenn eine Stakeholder-Gruppe andererseits ständig eine Richtung vorgeben will, kann das System eines Stakeholder-Dialogs aus dem Gleichgewicht geraten – andere Beteiligte werden sich „überfahren“ fühlen und den Eindruck gewinnen, dass Macht ausgeübt oder eine bestimmte Agenda vorangetrieben wird, auf die man wenig Einfluss hat. Sie werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Dialog zurückziehen. LEITFRAGEN:

• Sind alle Stakeholder ausreichend engagiert und können sich auch entsprechend artikulieren? • Ist der Stakeholder-Dialog ergebnisorientiert?

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Handlungsdimension 2: HERAUSFORDERN Das Anliegen ist Korrektur. Im positiven Sinne fordert sie Bestehendes heraus, indem sie etwas in Frage stellt, einen anderen Blickwinkel aufzeigt oder auf etwas hinweist, das übersehen wurde. Im negativen Sinne werden Dinge aus Prinzip in Frage gestellt. Bezogen auf Personen: Menschen, die hier ihre Stärke haben, sind kritisch, finden leicht Fehler, sorgen aber auch dafür, dass alle Aspekte einer Angelegenheit berücksichtigt werden. Ist diese Dimension unterentwickelt, fehlt kritische Resonanz, ist sie überentwickelt, kann es zur Gewohnheit werden, „Bedenkenträger“ zu sein oder allem zu widersprechen. LEITFRAGEN:

• Bringe ich Kritik konstruktiv ein? • Kann ich selbst gut mit Kritik umgehen? • Verhalte ich mich lösungsorientiert? Bezogen auf das Stakeholder-Dialog System: Wenn in Stakeholder-Dialogen einer Position nicht ausreichend Gehör geschenkt wird, kann es sein, dass sich die Kommunikation verhärtet. Beteiligte können zum Beispiel ihren Ausstieg androhen, die Inhalte oder Form des Dialogs öffentlich anklagen oder Fortschritte subtil unterminieren. LEITFRAGEN:

• Sind alle unterschiedlichen Stakeholderpositionen ausreichend bekannt und gehört? • Wie kann ich sicherstellen, dass auch kritische Positionen gehört werden? „Bewegen“ und „Herausfordern“ sind eng miteinander verknüpft und bilden häufig ein Kommunikationsmuster, das zwischen Stakeholder-Gruppen stattfinden kann, beispielsweise zwischen dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft oder zwischen einzelnen Beteiligten, etwa wenn eine Person einen Vorschlag macht und eine andere Person regelmäßig dagegen ist. Solche Muster kommen in Stakeholder-Dialogen häufig vor. Werden sie nicht überwunden, können sie den Dialog zum Stillstand oder zum Scheitern bringen. Stakeholder-Broker haben hier eine wichtige Funktion. Sie müssen dafür sorgen, dass andere Auffassungen ausreichend gehört

Das Modell basiert auf dem Modell der „Action Positions” von David Kantor, www.davidkantortheory.com.

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Stakeholder-Dialoge

werden, dass Gruppen, die zu schnell voran gehen wollen, Verständnis für andere Positionen entwickeln, und sie müssen Entscheidungen voranbringen, wenn aus dem Dialog keine Handlungskonsequenzen entstehen. Bei Kritikern ist es wichtig, deren Beweggründe zu verstehen und sie dazu zu bewegen, Lösungsvorschläge zu machen.

Handlungsdimension 3: UNTERSTÜTZEN Das Anliegen ist es, durch Zustimmung und Bestätigung sinnvolle Dinge auf den Weg in die Umsetzung zu bringen. Ohne Unterstützung entwickelt sich kein Konsens, daher ist diese Handlungsdimension wesentlich für den Erfolg eines Stakeholder-Dialogs. Bezogen auf Personen: Menschen, die hier ihre Stärke haben, erklären sich schnell einverstanden und sind oft konsensorientiert. Ist diese Dimension unterentwickelt, kann es zu endlosen Diskussionen führen, ist sie überentwickelt, fehlt jede kritische Auseinandersetzung. LEITFRAGEN:

• Wann kann ich guten Gewissens zustimmen, um eine Angelegenheit voranzubringen? • Kann ich Vorschläge unterstützen, auch wenn sie nicht von mir selbst kommen? • Was wäre ein Kompromiss, den ich akzeptieren kann? Bezogen auf das Stakeholder-Dialog System: Wenn sich in einem Stakeholder-Dialog ein dauerhaftes Muster aus Bewegen/Unterstützen ergibt, ohne dass Beteiligte Bedenken äußern, stellt sich die Frage, ob wirklich alle wichtigen Aspekte berücksichtigt werden, ob es sich wirklich um einen Dialog handelt oder eine Stakeholder-Gruppe die Richtung vorgibt. Dies kann dem Stakeholder-Dialog auf lange Sicht schaden. Ein Muster aus Bewegen/Unterstützen erscheint kurzfristig effektiv, allerdings kann es sein, dass es im Dialog an der Differenzierung von Perspektiven und korrigierenden Sichtweisen mangelt. Wenn es in einem StakeholderDialog jedoch nicht zu einer Unterstützung und Umsetzung von gemeinsamen Entscheidungen kommt, müssen sich Stakeholder-Broker fragen, ob wirklich ein Konsens besteht. Sie sollten durch informelle Gespräche herausfinden, ob es nicht geäußerte Kritik gibt und die Angelegenheit gegebenenfalls noch einmal auf die Agenda des Stakeholder-Dialogs bringen.

LEITFRAGEN:

• Wie kann ich herausfinden, ob Zustimmung fundiert und aufrichtig ist? • Was kann ich tun, um Konsens voranzubringen?

Handlungsdimension 4: BEOBACHTEN/VERMITTELN Das Anliegen ist die aktive Suche nach einer Perspektive und einer gemeinsamen Philosophie. Dies zeigt sich als Bemühen, die Situation oder die Interessen der Akteure zu verstehen, Beobachtungen zu beschreiben oder zu vermitteln. Bezogen auf Personen: Menschen, die hier stark sind, haben einen inneren Antrieb, verschiedene Sichtweisen anzuhören und zwischen unterschiedlichen Positionen zu vermitteln. Stakeholder-Broker besitzen oft eine natürliche Tendenz zum aktiven Beobachten. In Dialogen, in denen sich Stakeholder gegeneinander positionieren (Muster: Bewegen/Herausfordern) benötigen sie diese Fähigkeit zur Distanz. Sie ermöglicht es ihnen, beide Seiten zu verstehen und die Gründe für Dissens zu erkunden. Ohne diese aktiven Beobachter kann im Verlauf des Stakeholder-Dialogs die Fähigkeit zur Reflexion und zum Zurückstellen der eigenen Positionen fehlen. LEITFRAGEN:

• Wie kann ich Abstand gewinnen und eine Situation aus der Vogelperspektive betrachten? • Bin ich in der Lage, eine Position zu verstehen, auch wenn ich sie nicht teile? Bezogen auf das Stakeholder-Dialog System: Wenn in einem Stakeholder-Dialog die Toleranz für unterschiedliche Meinungen gering ist oder StakeholderGruppen zu ungeduldig sind, sich mit unterschiedlichen Positionen oder Wertesystemen zu beschäftigen, ist es schwierig, die so wichtige Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung herzustellen. Stakeholder-Broker können hierauf konstruktiv Einfluss nehmen, indem sie Wertschätzung und Toleranz selbst vorleben und dafür sorgen, dass alle Meinungen angehört werden. Wenn viele an einem Dialog beteiligte Stakeholder die Rolle von passiven Beobachtern einnehmen und sich nicht erkennbar für das gemeinsame Ziel engagieren, kann der Dialog nicht gelingen. Vielmehr dominieren dann einzelne Akteure die Ergebnisse oder der Fokus liegt zu wenig auf dem Erreichen von Ergebnissen.

Stakeholder-Dialoge

LEITFRAGEN:

Dialogkompetenz 2: ZUHÖREN

• Was kann ich dafür tun, dass unterschiedliche Sichtweisen respektiert werden? • Wie kann ich Stakeholder dazu bewegen, von passiven Beobachtern zu engagierten Teilnehmern zu werden? • Was muss ich tun, um Raum für „alle“ Sichtweisen zu schaffen?

Zuhören ist die Fähigkeit, einen Raum zu schaffen, in dem sich Menschen aufrichtig und frei ausdrücken können. Die Fähigkeit zuzuhören, ist das Kernelement eines jeden Dialogprozesses. Wirkliches Zuhören bedeutet, dass man in der Lage ist, den Sinn und die Berechtigung anderer Standpunkte anzuerkennen, selbst wenn man mit einer Position nicht übereinstimmt. Zuhören schafft Vertrauen und trägt zur Belastbarkeit eines Stakeholder-Dialogs bei. Für einen Stakeholder-Broker heißt dies nicht nur, den verschiedenen Akteuren authentisch zuzuhören, sondern bei Stakeholderveranstaltungen durch den Ablauf und die Moderation einen Raum zu schaffen, in dem Stakeholder einander zuhören können. Je mehr man die Fähigkeit entwickelt, sehr unterschiedlichen Standpunkten wertschätzend zuzuhören, desto mehr ist man in der Lage, das Gesamtbild einer Situation zu sehen. Daraus ergeben sich in der Regel qualitativ bessere, lösungsorientierte Entscheidungen.

6.1.2 Die vier Dialogkompetenzen36 Unter Dialogkompetenzen versteht man Arten der Kommunikation und des In-Beziehung-Tretens. Ein dynamisches Gleichgewicht in der Kommunikation und ein gemeinsames Anliegen der Beteiligten vorausgesetzt, führen diese Kompetenzen zu einem generativen Dialog, in dem schöpferisches Denken möglich ist. Ideen entwickeln sich, Entscheidungen lassen sich leichter und effizienter treffen, die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung entsteht. Den vier kommunikativen Handlungsdimensionen liegen diese dialogischen Kompetenzen zugrunde, die sowohl eine innere Einstellung als auch eine Fähigkeit widerspiegeln, konstruktive und lösungsorientierte Kommunikation zu gestalten.

Dialogkompetenz 1: ZUR SPRACHE BRINGEN Etwas zur Sprache bringen ist mehr als etwas laut auszusprechen. Es ist die Fähigkeit, seine Sorgen, Bestrebungen, Absichten oder Ziele authentisch auszudrücken und dabei anzuerkennen, dass nicht jeder die Dinge auf die gleiche Art und Weise betrachtet. Gleichzeitig muss man erkennen, wann die eigene Kompetenz, Absicht oder Sichtweise die Dinge weiter voranbringen kann, und wann eine Äußerung Andere verunsichert oder zum Schweigen bringt. Dies zu erkennen verlangt die Fähigkeit zur Selbst-Beobachtung: Wie wirken eigene Äußerungen auf Andere, auf eine Situation oder den Stakeholder-Dialog? Die Fähigkeit, sich authentisch zu äußern, fördert die kollektive Intelligenz, wenn damit gleichzeitig eine Fähigkeit zum Zuhören verbunden ist. Die Art des Redens hat Auswirkungen auf Zuhörer und die Form des Zuhörens hat Auswirkungen auf die Art zu Sprechen. Wenn andere aufrichtig zuhören, kann ein Redner authentischer sprechen. Für Stakeholder-Broker ist es wichtig, auf die Dominanz einzelner Akteure, unaufrichtige Äußerungen, informelle Intrigen oder nicht transparente Kommunikation zu achten. 36

Dialogkompetenz 3: WERTSCHÄTZEN Kein Stakeholder-Dialog wird dauerhaft erfolgreich sein ohne aufrichtigen Respekt. Wertschätzen ist die Fähigkeit, eine Person als Menschen zu respektieren, auch wenn man mit Verhaltensweisen oder Meinungen nicht einverstanden ist. Dazu gehört auch die Fähigkeit, inmitten von Unstimmigkeiten nach den darunterliegenden Zusammenhängen zu suchen. Wenn Stakeholder miteinander arbeiten wollen, ist die Wertschätzung entscheidend dafür, ob ein Stakeholder-Dialog funktioniert oder scheitert. Es ist nicht notwendig, alles zu akzeptieren oder mit allem überein zu stimmen. Es geht vielmehr darum, Standpunkte und Grenzen wertzuschätzen, Unterschiede zu verstehen und Vielseitigkeit zu beachten. Wertschätzen bedeutet, Anderen zuzugestehen, anders zu sein. Diese Fähigkeit wächst mit dem Willen, die Integrität anderer anzuerkennen und mit dem Versuch, andere Sichtweisen zu verstehen. Wenn Menschen respektlos behandelt werden, beginnen sie, andere respektlos zu behandeln. Eine wichtige Aufgabe von StakeholderBrokern ist daher, Wertschätzung vorzuleben. Es hilft ihnen und letztendlich dem Stakeholder-Dialog-System, Spannungen auszuhalten ohne den Stakeholder-Dialog zu gefährden. Wenn Stakeholder-Broker eine von Respekt geprägte Atmosphäre schaffen, wird diese Haltung als Element im Dialog weiterwachsen und von den Beteiligten übernommen.

Die dialogischen Praktiken basieren auf dem Ansatz von Bill Issacs, 2000, www.dialogos.com.

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Stakeholder-Dialoge

Dialogkompetenz 4: INNEHALTEN Innehalten ist die Fähigkeit, etwas „in der Schwebe zu halten“, nicht vorschnell zu urteilen und damit die Tendenz zur schnellen Bewertung anzuhalten. Wir haben alle die Tendenz, andere zu beurteilen. Mit zunehmender Fähigkeit, Unterschiedlichkeit zu respektieren, kann ein Stakeholder-Broker verschiedene Meinungen und Erfahrungen anerkennen, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Anhalten ist die Fähigkeit, zwischen Zuhören/Beobachten und Bewerten bewusst zu unterscheiden. StakeholderBroker sollten diese Haltung so gut wie möglich vorleben. Je mehr Beteiligte an einem Stakeholder-Dialog diese Fähigkeit entwickeln, desto größer sind die Aussichten auf Konsens, konstruktive Kommunikation und Lösungsorientierung. Stakeholder-Broker können durch den Ablauf und die Moderation von Stakeholder-Veranstaltungen eine Atmosphäre schaffen, die diese Fähigkeit fördert. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass unterschiedliche Stakeholder-Positionen strukturiert und nacheinander gehört werden.

Die vier Dialogkompetenzen wirken zusammen: Die bewusste Entwicklung eines Aspekts unterstützt zugleich auch die anderen Aspekte. Was für StakeholderBroker gilt, gilt natürlich auch für andere beteiligte Stakeholder. Je besser die kommunikativen Fähigkeiten ausgeprägt sind, je mehr gemeinsam reflektiert werden kann und je eher Kommunikation in einem dynamischen Gleichgewicht stattfindet, desto einfacher ist es, lösungsorientiert Fortschritte in einem StakeholderDialog zu erzielen.

6.1.3 Wie kann man die Modelle nutzen? Zur Selbstreflektion: Es ist wichtig, dass ein Stakeholder-Broker seine/ihre eigenen Stärken in den Handlungsdimensionen und dialogischen Praktiken kennt und sich der Auswirkungen bewusst ist. Das Einbringen unterschiedlicher Perspektiven ist eine entscheidende Aufgabe von StakeholderBrokern. Dafür kann es hilfreich sein zu überlegen, wie man bei sich selbst alle Handlungsdimensionen in ein dynamisches Gleichgewicht bringen kann, welche Dialog kompetenzen gut entwickelt sind und welche ausgebaut werden können. Zur Einschätzung der Qualität von Kommunikation im Stakeholder-Dialog: Es ist hilfreich, Kommunikationsmuster zu beobachten und Handlungsdimensionen – auch wenn sie aufeinander stoßen – in ihrer korrigierenden Funktion wahrzunehmen. Kommunikationsmuster, die bestimmte Handlungsdimensionen unterbelichten oder in den Hintergrund drängen, gefährden den Erfolg von Dialogen: Hier ist es wichtig zu fragen, welche Dimension und Dialog kompetenz fehlen und wer sie in welcher Form einbringen kann. Zum besseren Verständnis für unterschiedliche Stakeholder: Die Modelle helfen dabei, ein Verständnis für die Unterschiede zwischen den Akteuren zu entwickeln. Privatwirtschaftliche Unternehmen betonen zum Beispiel die Handlungsdimension „Bewegen/Unterstützen“ tendenziell mehr als andere Stakeholder-Gruppen. In zivilgesellschaftlichen Organisationen ist häufig die Handlungsdimension „Herausfordern“ bestimmend, oft auch in der Form, anderen „Stimmlosen“, vielleicht nicht beteiligten Stakeholdern, eine Stimme zu geben beziehungsweise für sie zu sprechen. Die Aufgabe von Stakeholder-Brokern ist es, diese Unterschiede zu erkennen, zu respektieren und wenn nötig transparent zu machen. Sie unterstützen damit auch die beteiligten Stakeholder, Verschiedenheit zu akzeptieren und hinderliche Kommunikationsmuster zu überwinden.

Stakeholder-Dialoge

7.

Prozessmonitoring in Stakeholder-Dialogen

Stakeholder-Dialoge benötigen wie andere Veränderungsprozesse Monitoringinstrumente, um die Umsetzung von Aktivitäten zu verfolgen und die Wirkung der erreichten Ergebnisse zu messen. Da der Erfolg von StakeholderDialogen entscheidend von der Qualität des Prozessmanagements abhängt, ist auch eine regelmäßige Anpassung des Prozessdesigns von großer Bedeutung. Strukturierte Reflektion ebnet hier den Weg. Daran sollten mindestens die Schlüsselakteure, im besten Fall jedoch eine breitere Gruppe involvierter Akteure beteiligt sein. Monitoringinstrumente und Evaluierungsmethoden sind den meisten Akteuren im Bereich der nachhaltigen Entwicklung vertraut. Insbesondere in der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch im Privatsektor, in zivilgesellschaftlichen Projekten sowie im Bereich öffentlicher Dienstleistungen gehört Monitoring zum Repertoire des Managements. Form, Fokus und konkrete Anwendung können von Sektor zu Sektor oder von Organisation zu Organisation variieren.

7.1 Die Einführung von Monitoring in Stakeholder-Dialogen Die Einführung von Monitoringsystemen in StakeholderDialogen kann weitaus schwieriger sein, als bei einer einzelnen Organisation. Oft haben Stakeholder-Gruppen unterschiedliche Ansätze und Methoden des Monitorings. Zudem sind Stakeholder-Dialoge insbesondere zu Beginn fragile Systeme, deren Erfolg von der Übereinstimmung der Beteiligten abhängt. Für den Prozess kann es daher eine Gefahr darstellen, wenn eine Stakeholder-Gruppe oder eine unterstützende Organisation die Einführung eines Monitoringinstruments erzwingen will. Dies kann den Dialog gefährden, wenn wenig Vertrauen zueinander besteht oder die Stakeholder noch skeptisch gegenüber dem Vorhaben, der Kooperation oder der Initiative sind. Manche Akteure können es als Manipulationsversuch oder unangemessene Einflussnahme empfinden.

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Einige Grundregeln für die Einführung von Monitoring in Stakeholder-Dialogen



Monitoring nicht zu früh einführen: Solange die 37 Kerngruppe noch mit der Vertrauensbildung und dem Beziehungsaufbau beschäftigt ist, gefährdet die Einführung von Monitoring den Prozess. Wenn der Stakeholder-Dialog etabliert ist, kann Monitoring weiteres Vertrauen in die Umsetzung stärken und das System stabilisieren. In dem Maße, wie Ergebnisse nachgewiesen werden, unterstützt das Monitoring die Vertrauenswürdigkeit des Ansatzes.



Die Form des Monitoring gemeinsam abstimmen: Alle Schlüsselakteure müssen mit der Einführung eines bestimmten Monitoringinstruments einverstanden sein, idealerweise alle Stakeholder des Dialogs.



Wenn Lernerfahrungen aus dem Prozess im Fokus stehen, sollten Instrumente zum „Self Assessment“ genutzt werden: Eine Selbsteinschätzung stärkt die Zusammenarbeit, weil sie zugleich als Reflektion der Vorgehensweise genutzt werden kann. Eine externe Evaluierung ist nur dann sinnvoll, wenn alle beteiligten Stakeholder dies explizit wollen.



Instrumente verwenden, die von allen leicht verstanden werden: Stakeholder-Dialoge sind bereits komplex. Es ist daher ratsam, zu komplizierte Monitoringinstrumente zu vermeiden.



Monitoring und Evaluierungsinstrumente der beteilig ten Institutionen respektieren und nutzen: Oft sind schon stakeholderspezifische Monitoringansätze vorhanden, die zum Monitoring der Umsetzung oder der Wirkungen genutzt werden können. Monitoring in Stakeholder-Dialogen sollte nicht zu einer zusätzlichen Arbeitsbelastung der Stakeholder führen und nicht mit vorhandenen Monitoringinstrumenten der beteiligten Institutionen im Konflikt stehen.

Eine Kerngruppe ist ein Team von begeisterten Personen, das idealerweise unterschiedliche wichtige Stakeholder-Gruppen repräsentiert und den Stakeholder-Dialog über die zu erwartenden Höhen und Tiefen hinweg voranbringt. Siehe auch Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen.

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Stakeholder-Dialoge

7.2 Arten von Monitoring in StakeholderDialogen In diesem Abschnitt werden folgende Arten von Monitoring und entsprechende Leitfragen erläutert: • Monitoring von Aktivitäten und Ergebnissen • Wirkungsmonitoring • Prozessmonitoring

Wirkungsmonitoring von Stakeholder-Dialogen Das Wirkungsmonitoring erfasst jenseits von Aktivitäten und deren Ergebnissen, ob der Stakeholder-Dialog und seine Ergebnisse die erwartete Wirkung erzielen. Hierfür sollten dem jeweiligen Kontext angepasste Instrumente verwendet werden. LEITENDE FRAGESTELLUNGEN FÜR EIN WIRKUNGSMONITORING SIND:

• Welche Wirkungen haben die Ergebnisse des Stakeholder-Dialogs auf die beteiligten Institutionen, auf die Begünstigten, auf weitere Akteure? • Inwiefern hat der Stakeholder-Dialog zum Erreichen der Ziele beigetragen, die die Stakeholder am Anfang vereinbart haben? • Hat die Anwendung des Stakeholder-Dialogs ihren Zweck erfüllt?.

Monitoring von Aktivitäten und Ergebnissen in Stakeholder-Dialogen Monitoring von Aktivitäten und Ergebnissen in Stakeholder-Dialogen dient dem Beobachten von vereinbarten Aktivitäten sowie der erzielten Ergebnisse. Hier können die meisten der bekannten Monitoring- und Evaluierungsinstrumente genutzt werden. Es ist wichtig, einen Überblick über die vereinbarten Aktivitäten, unterzeichneten Vereinbarungen, Roadmaps und Umsetzungspläne zu behalten. Häufig ist für das Prozess- oder Projektmanagement ein Projektsekretariat oder Steuerungskomitee zuständig. Diese stellen üblicherweise zu Beginn jedes größeren Stakeholder-Treffens die bisher erreichten Fortschritte kurz dar. Das Monitoring von Aktivitäten sollte für die Kerngruppe bereits in der ersten Phase (Exploration und Konsultation) des Stakeholder-Dialogs beginnen. Ein grundlegendes Element der zweiten Phase (Formalisierung des Stakeholder-Dialogs) ist es dann, sich gemeinsam auf ein Monitoringinstrument zu einigen 38.

Prozessmonitoring in Stakeholder-Dialogen Prozessmonitoring überprüft kontinuierlich, ob der Prozess zu den erwarteten Ergebnissen führt und wesentlich zu einer gemeinsamen Verantwortung für den Erfolg beiträgt. Schlüsselakteure wie beispielsweise die Kerngruppe oder ein Projektsekretariat sowie eine weitergefasste Gruppe von Stakeholdern können so ein besseres Verständnis für die Anforderungen eines erfolgreichen Stakeholder-Dialogs entwickeln und zeitnah aus Erfahrungen lernen.

LEITENDE FRAGESTELLUNGEN FÜR DAS MONITORING VON

LEITENDE FRAGESTELLUNGEN FÜR EIN PROZESSMONITORING SIND:

AKTIVITÄTEN UND ERGEBNISSEN SIND:

• Welche Strategien für Engagement-Prozesse waren erfolgreich? • Ist das Stakeholder-Dialog System39 ausreichend kooperationsfähig? • Welche Elemente des Prozessdesigns tragen dazu bei, dass gemeinsame Verantwortung für den Erfolg entsteht? • Wie trägt der Prozess zur Ergebnisorientierung bei?

• Haben wir das getan, worauf wir uns im Umsetzungs- oder Aktionsplan des Stakeholder-Dialogs geeinigt haben? • Führt das, worauf wir uns geeinigt haben, zu den gewünschten Ergebnissen?

Ein Prozessmonitoring erfolgt am Besten in Form eines Self Assessments und sollte auf den entscheidenden Schlüsselfaktoren 40 von Stakeholder-Dialogen basieren. Es muss immer in Verbindung mit einem Monitoring der Ergebnisse und einem Wirkungsmonitoring geschehen.

38 39 40

Zur Erläuterung der vier Phasen eines Stakeholder-Dialogs siehe Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen. Ein Stakeholder-Dialog System spiegelt alle beteiligten und relevanten Akteure eines Stakeholder-Dialogs wider, siehe Kapitel 5: Kommunikation in Stakeholder-Dialogen. Zu den Schlüsselfaktoren für Stakeholder-Dialoge siehe Kapitel 8: Schlüsselfaktoren in Stakeholder-Dialogen.

Stakeholder-Dialoge

7.2.1 Self Assessment in Stakeholder-Dialogen

Option 1 — Netz-Diagramm: Voraussetzung ist, dass alle Beteiligten mit den genannten Schlüsselfaktoren vertraut sind. Sie bewerten einzeln oder gemeinsam die Faktoren auf dem Diagramm anhand einer Skala von 1 bis 6. Anschließend diskutieren sie die Bewertung der Situation im Hinblick auf die einzelnen Schlüsselfaktoren, um auf dieser Basis Maßnahmen für eine Verbesserung der Situation zu beschließen

Ein Self Assessment hat weniger die Funktion einer objektiven Messung, als vielmehr einer subjektiven Einschätzung der gegenwärtigen Situation eines Stakeholder-Dialogs. Das Ergebnis kann als Ausgangspunkt für einen Lernprozess genutzt werden und einen internen Dialog über erfolgsorientiertes Prozessmanagement anstoßen. Wird das Self Assessment durchgehend in einem Prozess angewendet, kann es auch als eine interessante Dokumentation des Prozesses mit all seinen Fortschritten und Schwierigkeiten dienen. Vor der Anwendung des Self Assessment-Tools ist es wichtig, dass die Beteiligten die Schlüsselfaktoren verstehen und sie gegebenenfalls der Situation des laufenden Stakeholder-Dialogs anpassen.

Option 2 — Fragebogen und Netz-Diagramm: Auch bei dieser Option sollten alle an dem „Self Assessment“ Beteiligten mit den Schlüsselfaktoren vertraut sein. Anhand des Fragebogens lässt sich prüfen, wie die beschriebenen Aspekte für jeden Schlüsselfaktor einzuschätzen sind. Die Bewertung erfolgt anhand einer Skala von 1 bis 6, die auf dem Netz-Diagramm individuell eingetragen wird. Anschließend diskutieren die Beteiligten, was zu einer Verbesserung der Situation beitragen kann und vereinbaren entsprechende Aktivitäten.

Führung und hochrangige Unterstützung Umsetzung und Ergebnisorientierung

Zusammenhalt/ Beziehungsmanagement

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Ownership

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Klarheit hinsichtlich der Ziele und Prozesse

Wissen und Kompetenz

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Trifft vollständig zu Trifft überwiegend zu Trifft teilweise zu Trifft weniger zu Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu

Glaubwürdigkeit

Schlüsselfaktoren und leitende Fragestellungen 1. Führung/hochrangige Unterstützung

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• Es existiert eine starke Kerngruppe, die ein starkes Commitment aufweist und die beteiligten Stakeholder repräsentiert. • Hochrangige und einflussreiche Personen unterstützen den Stakeholder-Dialog. • Es gibt neben der Kerngruppe ausreichend Beteiligte, die sich mit dem Anliegen identifizieren. • Das Management auf höchster Ebene der beteiligten Institutionen identifiziert sich mit dem Anliegen. >

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Stakeholder-Dialoge

2. Zusammenhalt und Beziehungsmanagement • Die Stakeholder haben ausreichend Zeit, um Beziehungen zueinander aufzubauen. Die beteiligten Personen können sich mit gegenseitigem Respekt und Akzeptanz begegnen. • Es besteht ein kommunikativer und inspirierender Austausch. • Den Beziehungen zwischen den beteiligten Stakeholdern und den Institutionen, die sie vertreten, wird ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt. 3. Klarheit hinsichtlich der Ziele und Prozesse • Der Beitrag des Stakeholder-Dialogs zum gemeinsamen Ziel ist allen beteiligten Stakeholdern bekannt. • Der Prozessaufbau und gängige Vorgehensweisen sind transparent und verlässlich. 4. Wissen und Kompetenz • Alle Beteiligten verfügen über das notwendige Wissen und die notwendigen Kompetenzen. • Capacity Development zur Umsetzung von Stakeholder-Dialogen ist in den Prozessaufbau integriert. • Es stehen ausreichend Ressourcen für den Stakeholder-Dialog und seine Umsetzung zur Verfügung. 5. Glaubwürdigkeit • Initiatoren, Kerngruppe/Prozessmanager verfügen über ein ausreichendes Mandat und das Vertrauen aller beteiligten Stakeholder. • Alle relevanten Stakeholder sind innerhalb des Stakeholder-Dialogs ausreichend und adäquat repräsentiert. • Entscheidungsprozesse sind transparent und wenn möglich von den Stakeholdern gemeinsam beschlossen. Sie beziehen die verschiedenen Hintergründe und die Kulturen der beteiligten Stakeholder und ihrer jeweiligen Institutionen mit ein. 6. Einbeziehung • Schwache Stakeholder-Gruppen sind adäquat in den Prozess einbezogen. Der Stakeholder-Dialog und die dazugehörigen Treffen und Workshops werden so konzipiert und durchgeführt, dass alle beteiligten Stakeholder ausreichend zu Wort kommen und gehört werden. • Es besteht eine abgestimmte Prozedur zum Umgang mit Kritik und Beschwerden. Kritische Stimmen werden entweder eingebunden oder es wird zumindest eine gute Beziehung zu den Kritikern aufrechterhalten. • Stakeholder mit hohem Einfluss sind ausreichend für das Anliegen des Stakeholder-Dialogs begeistert und integriert. 7. Ownership • Die Relevanz der Ziele und Ergebnisse wird regelmäßig mit allen relevanten Stakeholdern geprüft. • Alle Stakeholder haben das gleiche Recht, ihre Sichtweise einfließen zu lassen und/oder sind bei der Entscheidungsfindung gleichberechtigt. Entscheidungen werden im Konsens getroffen. • Die Kerngruppe stellt sicher, dass die Beiträge der verschiedenen Stakeholder ausreichend anerkannt werden. 8. Umsetzungs- und Ergebnisorientierung • Stakeholder-Treffen sind so konzipiert, dass die Beteiligten Problemlösungen gemeinsam erarbeiten können. Die Treffen schließen mit einem Überblick über die Ergebnisse und nächsten Schritte. • Die Institutionen der beteiligten Stakeholder setzen gemeinsame Entscheidungen um. • Alle Beteiligten kennen die verschiedenen Rollen sowie die Steuerungs- und Implementierungsstrukturen. • Die beteiligten Stakeholder haben sich auf die Form der Fortschrittskontrolle und des Monitorings geeinigt. • Es werden regelmäßig Fortschrittskontrollen durchgeführt.

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8.

Schlüsselfaktoren für den Erfolg von Stakeholder-Dialogen

Es gibt eine Reihe von Faktoren, die die Qualität der Ergebnisse eines Stakeholder-Dialogs entscheidend beeinflussen. Keiner dieser Schlüsselfaktoren ist losgelöst von den anderen, sie beeinflussen sich vielmehr gegenseitig. Sie haben eine Hebelwirkung bei der Verbesserung des Prozessdesigns und demzufolge auch der Wirkung eines Stakeholder-Dialogs. Für die Kerngruppe 41 sind die Schlüsselfaktoren eine Unterstützung für die erfolgreiche Umsetzung des Dialoges. Die Schlüsselfaktoren können nicht nur der allgemeinen Orientierung, sondern auch als Grundlage für ein Prozessmonitoring 42 dienen. Im Folgenden werden die einzelnen Schlüsselfaktoren für die erfolgreiche Umsetzung von Stakeholder-Dialogen erläutert.

dem Stakeholder-Dialog zu vertrauen, hat der Dialog eine Chance, die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen.

Schlüsselfaktor 3: KLARHEIT ÜBER ZIEL UND PROZESS Die Entwicklung eines gemeinsamen Ziels und das Vorantreiben des Stakeholder-Dialogs hin zu konkreten Ergebnissen verlangen einen soliden Prozessaufbau. Alle Beteiligten müssen die nächsten Schritte kennen. Klarheit über das Ziel und den Prozess bedingt sich gegenseitig, vor allem, wenn das Ziel noch konkretisiert werden muss, sich die Zielsetzung ändert oder in weiter Ferne erscheint, ist es wichtig, dass ein gut konzipierter Prozess Vertrauen stiftet.

Schlüsselfaktor 1: FÜHRUNG UND HOCHRANGIGE UNTERSTÜTZUNG

Schlüsselfaktor 4: WISSEN UND KOMPETENZ

Führung in Stakeholder-Dialog Systemen43 unterscheidet sich von Führung in hierarchisch strukturierten Organisationen. Obwohl in Stakeholder-Dialogen Hierarchien bestehen und unterschiedliche Einflussnahme eine wichtige Rolle spielt, gibt es keine disziplinäre Rangordnung unter den Stakeholdern. Es gibt keinen „Chef“, der das letzte Wort über künftige Entwicklungen hat. Führung ist in diesem Sinne die Fähigkeit, einen Prozess in gemeinsamer Verantwortung ergebnisorientiert voranzubringen. Diese Fähigkeit müssen die Stakeholder, vor allem aber die Mitglieder der Kerngruppe, gemeinsam entwickeln.

Stakeholder-Dialoge basieren auf der Annahme, dass die Integration verschiedener Interessen zu besseren Lösungen führt. Sie nutzen unterschiedliche Sichtweisen im Sinne einer kollektiven Intelligenz44. Für beide Aspekte braucht es Expertise, Erfahrung und Wissen über die Inhalte eines Dialogs. Ebenso wichtig ist die Fähigkeit, konstruktiv zusammenzuarbeiten. Wenn beteiligten Stakeholdern Wissen und Kompetenz fehlen, wirkt sich das negativ auf die Ergebnisse aus.

Schlüsselfaktor 2: ZUSAMMENHALT UND BEZIEHUNGSMANAGEMENT

Um Wirkung zu erzielen, müssen Stakeholder-Dialoge glaubwürdig sein. Glaubwürdigkeit bezieht sich auf eine Reihe von Faktoren, zum Beispiel • den Ruf, die Neutralität oder die Glaubwürdigkeit der Initiatoren und Umsetzer des Dialogs, • die angemessene Repräsentation von verschiedenen Stakeholdern im Dialogprozess, • die Transparenz der Entscheidungsfindungsprozesse, • die strategische Bedeutung, die die Teilnahme an dem Prozess für die Beteiligten hat, • die Bedeutung der Thematik, die der Stakeholder-Dialog adressiert, • den Grad der Einbettung des Stakeholder-Dialogs in relevante gesellschaftliche Prozesse.

Stakeholder-Dialoge sind mehr als eine Zusammenarbeit verschiedener Akteure. Sie entwickeln eine eigene Dynamik mit internen Regeln. Der Grad des Zusammenhalts trägt entscheidend zum Erfolg des Dialogs bei. Wenn die Identifizierung der beteiligten Stakeholder mit dem Dialog zu schwach ist, wird auch die Wirkung gering bleiben. Die Stakeholder werden Ergebnisse des Dialogs nicht umsetzen, sie nicht in ihren Institutionen einführen. Externe Einflüsse können den Prozess leichter gefährden. Vertrauen ist hier ein wichtiger Eckpfeiler für den Zusammenhalt. Wenn die Beteiligten trotz gelegentlicher Meinungsunterschiede und eventuellem Misstrauen lernen,

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Schlüsselfaktor 5: GLAUBWÜRDIGKEIT

Eine Kerngruppe ist ein Team von begeisterten Personen, das idealerweise unterschiedliche wichtige Stakeholder-Gruppen repräsentiert und den Stakeholder-Dialog über die zu erwartenden Höhen und Tiefen hinweg voranbringt. Siehe auch Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen. Siehe Kapitel 7: Prozessmonitoring in Stakeholder-Dialogen. 43 Ein Stakeholder-Dialog System spiegelt alle beteiligten und relevanten Akteure eines Stakeholder-Dialogs wider, siehe Kapitel 5: Kommunikation in Stakeholder-Dialogen. 44 Kollektive Intelligenz bedeutet, dass eine Gruppe von Personen durch Zusammenarbeit mehr erreichen kann als durch die Summe ihrer Einzelleistungen zu erreichen wäre. Siehe auch Kapitel 6: Dialog als Grundprinzip von Stakeholder-Dialogen. 42

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Stakeholder-Dialoge

Je höher die Glaubwürdigkeit des Stakeholder-Dialogs ist, desto eher identifizieren sich die Stakeholder mit dem Ziel und Prozess. Und desto leichter ist es, dass sie ihre Teilnahme an dem Stakeholder-Dialog gegenüber ihren eigenen Anspruchsgruppen, ihrer Organisation oder ihren Vorgesetzten legitimieren können.

Schlüsselfaktor 6: EINBEZIEHUNG Stakeholder-Dialoge, die wichtige Akteursgruppen ausschließen, verlieren ihre Glaubwürdigkeit und verursachen Misstrauen unter den nichtteilnehmenden Stakeholdern. Zudem mindert es ihre Wirkung, wenn Akteure, die wichtig für die Umsetzung oder die Unterstützung des Dialogs sind, während des Prozesses fehlen. Es ist wichtig, schwächere Stakeholder einzubeziehen, damit der Stakeholder-Dialog auf einer breiten Meinungsbasis beruht. Dies gilt auch für Stakeholder, die sich weniger gut artikulieren können. Die Kunst besteht darin, in der ersten Phase des Stakeholder-Dialogs (Exploration und Konsultation 45) herauszufinden, welche Stakeholder wirklich relevant sind, um die gewünschten Veränderungen zu erzielen.

Schlüsselfaktor 8: UMSETZUNG- UND ERGEBNISORIENTIERUNG Wenn Stakeholder den Eindruck bekommen, dass ein Stakeholder-Dialog nicht wirklich auf Umsetzung zielt oder ihre Empfehlungen nicht nachvollziehbar genutzt werden, zeigen sie wenig Einsatz oder ziehen sich mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Dialogprozess zurück. Man muss im Auge behalten, dass Ergebnisorientierung sowohl bei Konsultations-, als auch bei Kooperationsprozessen46 wichtig für das Commitment ist, also die Identifikation der Akteure mit dem Stakeholder-Dialog. Greifbare Resultate sind daher sehr wichtig. Dies kann beispielsweise die Vereinbarung eines weiteren Treffens sein, bei umsetzungsorientierten Stakeholder-Dialogen ein Aktionsplan oder ein Fortschrittsbericht zur Prozessumsetzung. Damit dies gelingt, ist es hilfreich, in der ersten Phase (Exploration und Konsultation) die Umsetzungskapazität des Stakeholder-Dialog Systems zu untersuchen und durch alle Phasen hindurch weiterzuverfolgen.

Schlüsselfaktor 7: OWNERSHIP Menschen setzen das um, was sie mitgestaltet haben. Diese Regel für Ownership trifft auch auf Stakeholder-Dialoge zu. Teilnehmer eines Dialogprozesses, die den Eindruck haben, dass es ungewiss ist, ob und wie ihre Empfehlungen genutzt werden, sind zurückhaltend in ihrem Engagement. Wenn sie ihre Anliegen nicht vorbringen können und ihre Sichtweisen nicht integriert werden, ziehen sie sich aus dem Stakeholder-Dialog zurück. Sie setzen Entscheidungen nicht um oder beobachten den Prozess ohne großes Engagement.

45 46

Eine Erläuterung der Phasen eines Stakeholder-Dialogs finden Sie im Kapitel 4: Umsetzung von Stakeholder-Dialogen. Eine Erläuterung der verschiedenen Formen von Stakeholder-Dialogen finden Sie im Kapitel 3: Formen von Stakeholder-Dialogen.

Stakeholder-Dialoge

9.

Stakeholder-Broker — eine Führungsaufgabe der Zukunft!

Stakeholder-Dialoge brauchen die Unterstützung von sogenannten Stakeholder-Brokern – Personen, die zwischen den unterschiedlichen Stakeholdern und ihren Interessen vermitteln (Englisch: to broker). Sie bringen den Dialogprozess konstruktiv und engagiert durch Information oder Vermittlung voran. StakeholderBroker können einen Stakeholder-Dialog initiieren, ihn koordinieren, das Prozessmanagement übernehmen, einen Dialogprozess beraten oder Dialogveranstaltungen moderieren. Die Kerngruppe ist in der Regel aus Stakeholder-Brokern zusammengesetzt. Diese müssen die unterschiedlichen Hintergründe und Weltansichten der verschiedenen Stakeholder verstehen sowie Vertrauen in ihre Arbeit und den Dialogprozess aufbauen. Der Erfolg von Stakeholder-Dialogen hängt oft von der Initiative einzelner Beteiligter ab. Die Bezeichnung Broker steht für eine neue Führungskompetenz jenseits von hierarchischen oder heroischen Führungsmodellen. Stakeholder-Broker sorgen für Entwicklungsmöglichkeiten, die sonst brach liegen würden. Sie übernehmen Führungsaufgaben in komplexen Systemen, die nur dann zu innovativen Lösungen kommen können, wenn die Beteiligten über traditionelle, persönliche und ideologische Positionen hinweg gemeinsam denken und zusammenarbeiten. Stakeholder-Broker sind visionär, weil sie bereit sind, in unbekanntes Terrain zu gehen und Risiken einzugehen. Sie haben ein Bedürfnis nach neuen Lösungen und gehen ungewohnte Wege. Sie überzeugen davon auch ihre Kollegen und alle am Prozess Beteiligten. Sie wissen, dass Menschen nur kreative und konstruktive Lösungen finden können, wenn sie über Unterschiedlichkeiten hinweg im Dialog bleiben. Intuitiv wissen sie, dass komplexe Problemlösungen vielfältige Perspektiven benötigen, und dass nur Respekt vor Unterschiedlichkeit zu pragmatischer Komplementarität und ehrlichem Konsens führt.

Stakeholder-Broker sind innovativ, weil sie Ideen vorantreiben, die manche für unrealistisch halten. Ein hohes Maß an Durchhaltewillen ist für sie typisch, weil sie daran glauben, dass sich kollektive Intelligenz letztlich durchsetzt. Sie haben die innere Überzeugung, dass der Dialog der bessere Weg zur Lösung eines komplexen Problems ist, und dass es sich lohnt, Krisen erfolgreich zu meistern. Sie sind weitblickend, weil sie das Ganze und damit völlig andere Möglichkeiten im Auge behalten. Das befähigt sie dazu, Krisen und Konflikten mit relativer Gelassenheit zu begegnen. Stakeholder-Broker sorgen dafür, dass alle relevanten Personen am Ball bleiben, dass die Beteiligten Ziele immer wieder überprüfen und neu vereinbaren, und dass sie den Dialog regelmäßig gemeinsam auswerten. Sie sind in der Lage, Netzwerke aufzubauen, formelle und informelle Kommunikation optimal zu meistern und den gesamten Prozess im Auge zu behalten. Stakeholder-Broker haben die Fähigkeit, die Dinge offen aus unterschiedlicher Perspektive zu sehen, mit Widerständen konstruktiv umzugehen und komplexe Situationen gelassen aufzulösen. Sie organisieren strukturierte Dialoge und begeistern die Beteiligten für ein größeres Ziel.

In Stakeholder-Dialogen gibt es immer wieder Misstrauen, Rückzug und die Tendenz zur Positionierung, vor allem, wenn die Stakeholder nicht gewohnt sind, in dieser Form zusammenzuarbeiten. Deshalb brauchen Stakeholder-Dialoge Broker, die diese neue Form von Führung in nicht hierarchischen Systemen übernehmen. Im Kontext von Collective Leadership, das zu einer Übernahme von kollektiver Verantwortung für gemeinwohlorientierte Veränderung führt, haben sie eine zentrale Bedeutung: Sie sorgen dafür, dass sehr unterschiedliche Stakeholder dem gemeinsamen Ziel des Dialogprozesses verpflichtet bleiben. Sie tragen dazu bei, dass alle Beteiligten nicht nur ihre eigenen Interessen, sondern das Wohl des Ganzen sehen, weil dies häufig erst neue Lösungsansätze möglich macht.

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