Wirtschaftsbericht Katar 2015

Département fédéral des affaires étrangères DFAE Formulaire CH@WORLD: A754 Représentation suisse à: DOHA Pays: QATAR Date de la dernière mise à jour...
Author: Walther Boer
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Département fédéral des affaires étrangères DFAE

Formulaire CH@WORLD: A754 Représentation suisse à: DOHA Pays: QATAR

Date de la dernière mise à jour: Juni 2016

Wirtschaftsbericht Katar 0

2015

Zusammenfassung

Katar hat in seiner Entwicklung in kurzer Zeit einen sehr weiten Weg zurückgelegt. Das Emirat, welches vor über 80 Jahren den Zusammenbruch der Perlenfischerei erlebt hatte, möchte möglichst rasch von der neuen Monopolwirtschaft (Erdöl/Gas) wegkommen und seine Wirtschaft diversifizieren. Dabei stehen Downstream Industrien (Petrochemie, Aluminium) im Vordergrund sowie Dienstleistungen (Bauwesen, Konferenztourismus, Bankwesen, Medien, Sport, Erziehung, Forschung usw.). Wegen seiner Erdöl- und Erdgasvorkommen sieht sich Katar wegen seiner wirtschaftlichen Monostruktur (Erdöl/Erdgas) zum zweiten Mal mit einem Klumpenrisiko konfrontiert und ist bemüht, geeignete Massnahmen dagegen zu ergreifen. Der Ausweg dazu dürfte bei einem sozio-ökonomischen Strukturwandel liegen. Um der weiteren Landesentwicklung eine Richtung zu geben, wurde im Juli 2008 die „Qatar National Vision 2030 (QNV)“ publiziert, eine Art Weissbuch für eine langfristig ausgerichtete Strategie, wie mit fünf Hauptzielen die soziale, wirtschaftliche, nachhaltige und diversifizierte Entwicklung erreicht werden soll: 1. Modernisierung und Bewahrung der Tradition; 2. Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation und zukünftiger Generationen abdecken; 3. Überschaubares Wachstum und kontrollierbare Entwicklung; 4. Quantität und Qualität der ausländischen Arbeitskräfte, im Einklang mit weiteren Entwicklungsschritten; 5. Wirtschaftliches Wachstum, soziale Entwicklung und Umweltmanagement. Die Umsetzung dieser Ziele, die unter sich schwierig auszubalancieren sein dürften, basiert auf dem moralischen und ethischen Ansatz starker islamischer Werte und der Hochhaltung der Familientradition.1 Deshalb ist für das konservative Katar ein „Copy / Paste“ des erfolgreichen Dubaier Modells weder erstrebenswert noch politisch machbar. Wegen der erodierten Erdölpreise wird Katar nicht nur im Jahr 2016 ein Defizit (7.8% des BIP) ausweisen, sondern auch in den Folgejahren 2017 (7.9%) und 2018 (4.2%). Die vorhandenen Budgetmittel müssen effizienter eingesetzt werden. Als Sparbemühung werden nicht laufende Infrastrukturprojekte gestoppt. Vom Spardruck nicht betroffen sind die WM 2022 und die Landesverteidigung. Um die laufenden gigantischen Infrastrukturprojekte zu finanzieren, gab Katar in diesem Jahr Anleihen über 13.1 Mrd. US Dollar aus, die mehrfach überzeichnet wurden. Auch in seinen Institutionen strebt Katar einen notwendigen Strukturwandel an. Personell überdotierte Einrichtungen und Staatsbetriebe (Qatar Foundation, Qatar Petroleum, Al Jazeera, etc.) werfen „Ballast“ ab, der sich während den Boom Jahren angesammelt hatte. Es kommt zu Entlassungswellen bei Expatriierten (white collars) und zu Verschiebungen der Manpower. Trotz schwächelnder Staatsfinanzen und einer abflauenden Wirtschaftstätigkeit wurden zusätzliche Gastarbeiter „Migrant Workers“ (blue collars) für die vielen Infrastruktur1

Qatar National Vision 2030, Vorwort

Wirtschaftsbericht Katar 2015 projekte, vor allem für die WM 2022, angeheuert. Es ist unklar, welche Auswirkungen die „Katarisierung“ bei vielen Institutionen und auf die Wirtschaft haben wird, wenn katarische Staatsangehörige anstelle von Expatriates in Führungsfunktionen hineinwachsen und diese übernehmen werden. Die angesagten Sparübungen des Emirs dürften nicht nur eine erzieherische Wirkung haben, sondern als ernstgemeinte und notwendige Strukturbereinigung zu verstehen sein. Unter diesem Aspekt betrachtet ist der Stellenabbau nicht alleine als Zeichen einer wirtschaftlichen Schwäche zu deuten. Der Staat propagiert mit einiger medialer Regelmässigkeit, produzierendes Gewerbe ansiedeln zu wollen und kündigt administrative Erleichterungen an (vgl. Rede des Emirs vor dem 44. Konsultativrat). Mit der Errichtung von Sonderwirtschaftszonen (Special Economic Zones) kann das Sponsorship-System (vgl. unten) teilweise aushebelt werden, das der katarischen Wirtschaft auf mittel- und langfristige Sicht schadet. In designierten SEZ ist eine Eigentümerschaft von 100% möglich, was wiederum eine der Voraussetzungen ist, dass ausländische Direktinvestitionen ins Land fliessen. Abzuwarten bleibt, ob und wann diese Ankündigungen umgesetzt werden. Am Sponsorship-System hängen noch zu viele Partikularinteressen. Katar hat aber eine starke, wenn nicht übermächtige regionale Konkurrenz: Lange vor den anderen Anrainerstaaten im Arabischen Golf hatte Dubai eine wirtschaftliche Vorreiterrolle übernommen. Mit der Schaffung der „Jebel Ali Free Trade Zone“ (JAFZA) zusammen mit dem Umschlagshafen „Port Jebel Ali“ vor beinahe 30 Jahren hatte das Emirat sich einen quasi uneinholbaren Vorsprung als Wirtschafts- und Handelshub in der Region erarbeitet. 1

Wirtschaftliche Probleme und Herausforderungen

Bis ins Jahr 1930 lebte der Golfstaat, nebst der Fischerei und etwas Handel mit den Anrainerstaaten des Arabischen Golfes fast ausschliesslich von der Perlentaucherei und dem Perlenhandel. Nach dem schwarzen Freitag in den USA brach dieser Wirtschaftszweig zusammen, gekoppelt mit dem Umstand, dass ab 1931 Japan Zuchtperlen entwickelte, die billiger und in guter Qualität auf den Weltmarkt kamen. Mit der günstigeren Ware aus Fernost konnte man nicht mehr konkurrieren und der internationale Handel mit den Naturperlen brach ein, womit Katar der wichtigsten Handelsware und Deviseneinnahmequelle beraubt wurde. 1939 wurden zwar die ersten Ölvorkommen gefunden (heutiges Dukhan-Feld im Südwesten), die wegen des zweiten Weltkrieges aber nicht gefördert werden konnten, da ausländische Technologie und somit das Knowhow nicht zur Verfügung standen. Erste Ölförderungen erfolgten 1952 durch die „Iraq Petroleum Company“. Mit zunehmendem Volumen der Erdölförderung standen die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung, um die Infrastruktur des Landes und die wirtschaftliche Entwicklung auszubauen. Ende der 90er Jahre startete Katar ein ambitiöses Erdgas-Förderungsprogramm, vgl. Flüssigerdgas (LNG – Liquefied Natural Gas), mit dem es weltweit führend ist. Was das Erdgas anbetrifft, gehen Schätzungen davon aus, dass die Reserven für die nächsten 150 Jahre ausreichen. Katar teilt das ergiebige North-Field mit Iran, das sich – sobald die Sanktionen umfassend aufgehoben sind - ebenfalls an die Ausbeutung des Gasfeldes machen dürfte, was vermutlich Auswirkungen auf die Ergiebigkeit der heute vermuteten Reserven haben dürfte. Die gemeinsame Ausbeutung des Gasfeldes könnte unter Umständen zu bilateralen Konflikten führen. Bevölkerungswachstum / Arbeitskräfte Die rasche wirtschaftliche Entwicklung und die gigantischen Investitionen in Infrastrukturprojekte gehen mit einem ebenso beeindruckenden Bevölkerungswachstum 2 einher, das von 1986 – 2015 pro Jahr durchschnittlich 6.8% betrug. Ende 2015 zählte die Bevölkerung nach Schätzungen des IWF rund 2.4 Mio. Menschen. Im Juni 2016 wurde mit 2.6 Mio. ein Bevölkerungsrekord erreicht. Ohne ausländische Arbeitskräfte (hochqualifizierte und unqualifizierte) wären die wirtschaftliche Entwicklung und die Bereitstellung der geplanten Infrastruk2

Ministry of Development, Planning and Statistics (MDPS)

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 tur nicht realisierbar gewesen. Es sind keine offiziellen Statistiken über die Anzahl katarischer Staatsangehöriger verfügbar. Je nach Quelle sind dies zwischen 210‘000 – 278‘000 Personen (~ 10% Anteil an der Gesamtbevölkerung). Per 31.12.2015 lebten 228 Schweizerbürger im Land. Festgestellt wird, dass im Zuge von Reform- und Strukturbereinigungen im grösseren Umfange Expatriierte entlassen werden. Inskünftig wird eine kaufkräftige Kundschaft im Binnenmarkt fehlen, was Auswirkungen auf den Immobilienmarkt (Mieten), Auslastung von Privatschulen, Mobilität (Reisen/Autokäufe) und das allgemeine Konsumverhalten haben wird. Es wird erwartet, dass die Situation sich wahrscheinlich nochmals verschärft, indem viele ausländische Experten noch bis Ende Juni 2016 und bis zu den Schulferien der Kinder im Land bleiben, dann aber nach den Heimaturlauben nicht zurückkehren werden. An deren Stelle werden trotz schwächelnder Staatsfinanzen und einer abflauenden Wirtschaftstätigkeit „blue collar“ Arbeiter (migrant workers) für die anstehenden Infrastrukturarbeiten für die WM 2022 und QNV 2030 ins Land geholt, die ihren Lohn nicht in Katar ausgeben, sondern hauptsächlich in ihre Heimatländer überweisen. Man schätzt, dass im Jahr 2015 etwa 1.63 Mio. „Migrant Workers“ im Land lebten und 14.4 Mrd. USD (oder 7¾% des BIP) in ihre Heimatländer überwiesen4. BIP5 zu laufenden Preisen, in Mrd. USD

Pro Kopf, in USD

2014

2015

2016

2017

2018

2019

210.1

185.4 -11.8%

170.9 -7.8%

181.3

199.5

215.8

93'990

76'576 -18.5%

66'265 -13.5%

67’269

72’961

77’936

Obwohl die Regierung Katars stark die Diversifizierung seiner Wirtschaft propagiert und vorantreiben möchte, tragen Öl und Gas im Jahr 2015 nach wie vor mit 50% zum BIP6 bei. Die Tabelle zeigt auf, welchen Einfluss erodierende Erdölpreise auf das Bruttoinlandprodukt haben. Laut den Prognosen des IWF wird das BIP erst im Jahr 2019 wieder das Niveau von 2014 erreicht haben. BIP pro Einwohner Das hohe Einkommen des Landes im Verhältnis zur relativ kleinen Bevölkerung reichte in der Vergangenheit in Bezug auf das Pro-Kopf-Einkommen zu Spitzenplätzen. Wurde es gemäss IMF-Statistik im Jahr 2014 noch mit 93‘990 USD pro Kopf ausgewiesen, hat es sich im Berichtsjahr 2015 drastisch um -18.5% auf 76‘576 USD pro Kopf verringert. Für das Jahr 2016 wird erneut eine Korrektur um -13.5% auf USD 66‘265 erwartet. Bezüglich der Bevölkerungsgrösse und des BIP gibt es in Katar eine besondere Korrelation. Eigentlich müsste das BIP wegen der steigenden Bevölkerung und der damit verbundenen grösseren Binnennachfrage zunehmen, was auf der anderen Seite das BIP-pro Kopf eigentlich stabil halten müsste. Katar war eines von 14 Ländern, die während der letzten 25 Jahre ein jährliches Wachstum des BIP von über 7% auswiesen. Jedoch wuchs in dieser Zeit die Bevölkerung beinahe um denselben Prozentsatz. Unter diesem Aspekt wies das Pro-KopfWachstum des BIP in Katar ein Wachstum von nur 1% jährlich auf und ist deshalb im unteren Drittel der Weltrangliste platziert. Staatsfinanzen In Katar hängen gesunde Staatsfinanzen7 hochgradig von der Preisentwicklung für Öl- und Erdgasprodukte und der Petrochemie ab. Im Dezember 2015 notierte der Erdölpreis gemäss 3 4 5 6 7

Schätzung gemäss Amnesty International Projektion laut “Staff Report 2015 Art. IV Consultation IMF”, S. 28 IMF, World Economic Outlook Database, April 2016, Abruf 22.06.2016 Qatar Economic Outlook 2016-2018, S. 21 Vgl. Monatsberichte 06-2015 und 08-2015 der schweiz. Botschaft in Doha

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 OPEC Basket Price mit rund 34 USD / Barrel. Nachdem er im Januar 2016 mit 26.50 USD / Fass den absoluten Tiefstand erreichte hatte, erholte er sich mittlerweile kontinuierlich nähert sich vermutlich der 50 USD-Marke (Juni 2016). Im Finanzjahr 8 2015 wurde für das Staatsbudget der Ölpreis noch mit 65 USD pro Fass hinterlegt, womit ein ausgeglichenes Budget erzielt wurde. Weil dem Staatsbudget 2016 ein deutlich tieferer und eher der Realität entsprechenden Ölpreis von USD 48 pro Fass zugrunde gelegt wurde, musste zum ersten Mal seit 15 Jahren ein Budgetdefizit von 46.5 Mrd. QAR (12.8 Mrd. USD oder ca. 5% des BIP) prognostiziert werden. Für ein ausgeglichenes Budget müsste der Ölpreis bei 61.50 USD pro Fass9 liegen. Neuere Schätzungen gehen davon aus, dass sich das Defizit 2016 sogar auf 7.8% erhöhen wird, im 2017 mit 7.9% nochmals leicht zunimmt und erst ab 2018 auf 4.2% abnimmt10. Katar muss sich (bei gleichbleibenden Öl/Erdgaspreis) mit der Frage auseinandersetzen, wie die Budgetdefizite während dreier Finanzjahre auszugleichen sind, ob gewisse Infrastrukturprojekte zurückgestellt werden müssen, generell Einsparungen zu planen sind oder liquide Auslandsguthaben aufgelöst oder Schulden gemacht werden sollen. Im September 2015 hatte Katar eine erste Anleihe über 4.1 Mrd. US-Dollar herausgegeben, die – gemäss Angaben des Gouverneurs11 der „Qatar Central Bank“ - viermal überzeichnet wurde. Über die Laufzeit der Anleihe und die Bedingungen wurden keine Angaben gemacht. Der Finanzminister El Emadi liess im Dezember 2015 verlauten, dass Katar das Defizit über weitere Anleihen am heimischen und ausländischen Finanzmarkt ausgleichen will. Die Zentralbank wie auch die „Qatar Investment Authority“ verfügten über hohe Finanzreserven, die während der Hochpreisphase für Erdöl und Erdgas geäuffnet wurden. Ihm zufolge würde Katar diese Reserven (QCB) und Investments (QIA) nicht anzapfen. Zumindest seien Erträge daraus im Staatshaushalt 2016 nicht budgetiert worden. Im Mai 2016 gab Katar eine zweite Anleihe über 9 Mrd. USD aus mit Laufzeiten über fünf, zehn und 30 Jahre. Die Anleihe fiel nach Analysten höher aus als erwartet, wurde aber mit einer Nachfrage von mehr als 20 Mrd. USD mehr als zweimal überzeichnet. Experten zufolge ist der katarische Staat es gewohnt, mit Schulden zu arbeiten, weil er sich insbesondere für den Aufbau der teuren Infrastrukturen für die LNG-Industrie in der Vergangenheit schon hoch verschuldet hatte.12 Erodierende Erdölpreise und Handelsbeziehungen Während man sich in westlichen Ländern über erodierte fossile Energiepreise, tiefere Benzinpreise und Energiekosten für Private und Unternehmen freut, bleibt die Frage offen, ob dieser Preiszerfall in einer vom Ölpreis abhängenden und wenig diversifizierten Volkswirtschaft wie Katar eine wirtschaftliche Rückwirkung auf uns haben wird. Die verminderten Staatseinnahmen in Katar und den Golfmonarchien könnten durchaus dazu führen, dass in nächster Zeit weniger Güter in spektakulärer Milliardenhöhe im Westen geordert werden. Die Zeiten des Füllhorns Katar mit „leicht verdientem“ Geld für ausländische Expats / Firmen sind definitiv vorbei. Die Katarer sind zurückhaltender geworden und setzen auf ein ausgewogenes Preis- Leistungsverhältnis, was in der Vergangenheit nicht immer so beobachtet wurde. Die in der QNV 2030 offenbarte Strategie und die Infrastrukturentwicklung will Katar ehrgeizig und zielorientiert umsetzen. Deshalb dürfte es weiterhin lukrative Aufträge für die einheimische und ausländische Bauindustrie und deren Zulieferer absetzen. Der Konkurrenzdruck für die Wirtschaftsteilnehmer in dieser Branche dürfte in Anbetracht der aktuellen wirtschaftlichen Situation ganz allgemein zunehmen. 8

April 2014 bis März 2015: Die katarische Staatsrechnung wird auf den 1.1.2016 auf das Kalenderjahr umgestellt = Erweiterung des Finanzjahres um 9 Monate und Budgetaufstockung um 164 Mrd. QAR (ca. 40 Mrd. CHF). 9 DohaNews, 19.06.2016 10 Qatar Economic Outlook 2016-2018, S.1 11 Sheikh Abdullah bin Saud Al Thani, GULF-TIMES 03.02.2016 12 Gulf Times, 3.4.2016

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 Wegen schwindender Einnahmen wird Katar seine Mittel aber gezielter und effektiver einsetzen müssen. Zudem hat man aus der Vergangenheit Lehren gezogen, als teilweise überrissene Preise für Dienstleistungen bezahlt wurden und Ministerien mit Staatsgeldern noch „verschwenderisch“ umgehen durften. Die laufenden wichtigen Infrastrukturprojekte, so der Finanzminister (Dez. 2015), werden nicht gestoppt, resp. die Finanzmittel dafür sogar noch aufgestockt werden wie z. B. für Transporte13, Sport, Wasser (Abwasser, Entsalzungsanlagen), Elektrizität, Ausbildung Gesundheit. Insgesamt sind dafür 261 Mrd. QAR (71.5 Mrd. USD) vorgesehen. Neue Industrieprojekte im Wert von rund 14 Mrd. US-Dollar wurden in den letzten 12 Monaten gestoppt, was direkte Auswirkungen haben dürfte auf die Vergabe von Aufträgen an ausländische Firmen. Indirekt dazu gehören möglicherweise auch schweizerische Firmen als Zulieferer an jene Industriezweige, die vom Auftragsrückgang aus Katar betroffen sein werden. Bei weniger wichtigen Projekten wird gespart. Sogar beim Flaggschiff der zu etablierenden „Soft-Power“ Katar, dem Al-Jazeera-Network, sind Kürzungen angesagt. Die Abteilung „AlJazeera Documentary“ wurde geschlossen. Am stärksten betroffen scheint jedoch der Kulturbereich, der noch vom Vater-Emir und seiner Ehefrau (Sheika Moza) stark aufgebaut und finanziell alimentiert wurde. Der Sohn-Emir Tamim setzt seine Prioritäten anders. Angekündigt wurde auch, dass das Radiostudio der „Qatar Foundation“ trotz der ehemals hohen Investitionen für hervorragendes Equipment auf den 1. Oktober 2016 geschossen würde. Als kompensatorische fiskalische Massnahmen könnte Katar auch die Einführung verschiedener Steuern auf GCC-Ebene dienen: - Mehrwertsteuer von 5% auf den 1.1.201814 - entschieden - Selektive Steuer von 100% auf Tabak und Energy-Drinks - geplant - Selektive Steuer von 50% auf Softdrinks – geplant, - Einführung von Steuern für natürliche Personen – andiskutiert. Bisher bezahlen ausländische Firmen zahlen eine „corporate tax“ von 10% auf den erzielten Gewinnen. Aufgabe von Subventionen - Auf Mitte Januar 2016 wurden die Benzinpreise je nach Oktanzahl zwischen 30 – 35% erhöht, womit die Treibstoffpreise immer noch zu den weltweit billigsten gehören. Diese Massnahme soll dem Staat rund 740 Mio. QAR (~204 Mio. CHF) an Mehreinnahmen bringen. Das Energie- und Handelsministerium (Ministry of Energy and Industry) hat eine erneute Erhöhung der Treibstoffsteuern von 7% auf den 1. Juli 2017 beschlossen. - Anpassung der bisher stark subventionierten Strom-, Wasser- und Abwasserpreise. WM 2022 Den Ausbau seiner Infrastruktur für die WM 2022 will Katar jedoch zielorientiert und ohne Kürzungen umsetzen. Insgesamt sind acht Stadien in Planung, wovon zwei bestehende, nämlich das „Al Khalifa“ (Villago) und das Al Sadd renoviert werden. Der Auftrag für den ersten Stadionneubau „Al Wakrah“ wurde an die Firma Amana vergeben.15 Im Juni 2014 wurde die Pläne für das zweite Stadion „Al Bayt“ in Al Khor (Stadt nördlich von Doha) veröffentlicht, das 60‘000 Sitzplätze haben wird. Alle Stadien werden, so das für die Ausrichtung der WM 2022 zuständige „Supreme Committee for Delivery & Legacy“ (SCDL), im Einklang mit den selbst definierten Standards für Arbeiterrechte gebaut werden, die auf dem nationale Arbeitsgesetz basieren. Scheinbar wird die FIFA die Umsetzung dieser Massnahmen zugunsten der Arbeiterschaft kontrollieren. Gemäss aktueller Information sollen einige dieser Stadi13 14 15

Vermutlich für Qatar Rail Gemäss Entscheid der Finanzminister der GCC am Treffen vom 16.06.2016 in Jeddah The Peninsula, 11.06.2014, S. 6

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 en nach der WM partiell in Einzelteile zerlegt und an Entwicklungsländer verschenkt werden (z. B. nach Afrika). Nebenbei sei erwähnt, dass die Bauarbeiten für den Fifa-Weltcup 2022 „nur“ ein Meilenstein sind, um die mit der „National Vision 2030“ anvisierten Ziele zu erreichen. Projekte, die ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der NV 2030 realisiert worden wären, werden zugunsten der WM 2022 aber vorgezogen (z. B. Metrolinien). Bisher ist ein einziges Fussballstadium sichtbar im Bau (Khalifa-Stadion), bei zwei weiteren werden zurzeit die Fundamente gelegt. Baubranche Das lokale Baugewerbe lebt also grösstenteils von den gigantischen staatlichen Infrastrukturaufträgen und ist ebenso stark vom Budget und den Bauplänen der Regierung abhängig. Im Jahr 2015 war sie mit 17.8% die am schnellsten wachsende Komponente im 2. Wirtschaftssektor16. Im Hinblick auf die Ziele der Vision 2030 werden in Katar nach wie vor riesige Infrastrukturvorhaben mit Gesamtkosten von rund 200 bis 280 Mia. USD17 realisiert wie Metro, Eisenbahn, Flughafen, Hafen, Strassen, Brücken, Abwassersystem, Stadien, Hotels, einen neuen Stadtteil für 200'000 Bewohner (Lusail), vermutlich mit anderer zeitlicher Priorisierung. Ashgal ist Katars Behörde für öffentliche Arbeiten, die eine massgebliche Rolle bei der boomenden allgemeinen Bautätigkeit des Staates spielt. Sie ist verantwortlich für die Planung, den Bau und den Unterhalt von lokalen Strassen und Autobahnen, Abwassersystemen und öffentlicher Einrichtungen wie Moscheen, Schulen, Spitäler, Gesundheitszentren, Grünanlagen und Parks, etc. Laut einem Medienbericht soll die Branche bis im Jahr 2025 durchschnittlich um 10% pro Jahr wachsen18. Produzierendes Gewerbe in Katar (Ansiedlung) Die Gewerbeansiedlung ist insofern problematisch, weil die finanziellen und administrativen Hürden für eine Unternehmungsgründung doch recht hoch sind. Wenn der Privatsektor inskünftig eine prominente Rolle einnimmt und lokal produzierendes Gewerbe angesiedelt werden soll, müssen auch kontinuierlich Verbesserungen in der Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht der katarischen Behörden eingefordert werden. Dies war Gegenstand der Rede des Emirs vor dem 44. Konsultativrat (Majlis Al Shura) vom 3. November 2015. Es sei notwendig, sagte er, bürokratische Hürden zu verhindern. Dies seien einerseits festgestellte Doppelspurigkeiten bei einigen Ministerien, andererseits würden teilweise Formulare doppelt eingefordert und Prozesse im Laufe eines Beantragungsprozesses geändert, was nicht nur den Bürger, sondern auch ausländische Investoren vor den Kopf stossen müsse. Diese Abläufe seien so weit wie möglich zu standardisieren und „one-stop-shops“ einzurichten. Sponsorship-System Wegen des Sponsorship-Systems ist die Gründung eines Unternehmens oder die Investition in die einheimische Wirtschaft mit mehrheitlich ausländischer Beteiligung stark eingeschränkt. Normalerweise ist ein katarischer Geschäftspartner erforderlich, welcher formal oder faktisch mindestens 51 Prozent der Firmenanteile in der Hand hält. Das bedeutet praktisch, dass es sich um einen einheimischen „sleeping partner“ handelt, der zwar die Mehrheit der Anteile hält und sich bestenfalls nicht in die unternehmerischen Aktivitäten einmischt, d. h. keinen Gebrauch von seinem Stimmrecht macht, sondern lediglich seinen Namen zur Verfügung stellt. Er unterzeichnet die rechtsgültigen Verträge und Papiere, wofür er im Gegenzug eine Gewinnbeteiligung erhält. Das Kafala-System ist als Sonderform des Wirtschaftsprotektionismus zu bezeichnen, der kleine Geschäftsleute wie multinationale Konzerne gleichermassen betrifft. Bei den üblichen 51/49 Beteiligung unterstehen die Unternehmen dem „Ministry of Economy and Commerce“ (MEC). Geschäftsberichte sind in arabischer Sprache abzufassen. 16

Qatar Economic Outlook 2016-18, S. 22 17 Messeveranstalter “Project Qatar” www.projectqatar.com, abgerufen 10.07.2016 18 DohaNews, abgerufen 09.08.2015 „Qatar’s construction sector most robust in GCC, World Cup or not“

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 Solange das Sponsorship-System nicht abgeschafft und damit die protektionistische Wirtschaftsordnung aufgehoben worden ist, werden ausländische Firmen kaum in Katar investieren. Auf mittel- und langfristige Sicht schadet das Kafala-System der katarischen Wirtschaft. Eine ausländische Beteiligung zu 100% ist zurzeit in Katar nur möglich, wenn das Unternehmen a) direkt mit dem Staat zusammenarbeitet (Staatsaufträge), b) als Finanzdienstleister unter dem Dach des „Qatar Financial Centre“ (QFC19 ) arbeitet, c) in der Sonderwirtschaftszone von „Qatar Foundation“ (QF) und deren Unterorganisationen wie dem „Qatar Science & Technology Park“ (QSTP) und auf technologische und wissenschaftliche Aktivitäten setzt oder d) vom Staat eine Ausnahmegenehmigung erhält (kommt selten vor). Special Economic Zones (SEZ) Katar ist daran, drei SEZ einzurichten, in denen ausländische Firmen unabhängig von einem lokalen Sponsor eine Eigentümerschaft von 100% halten können. Wann die zurzeit laufenden noch legalen Vorbereitungsarbeiten für die Errichtung der SEZ abgeschlossen sein werden, ist unbekannt. Als Zonen wurden die folgenden Gebiete definiert: 1. Ras Bufonatas, rund 4 km2 angrenzend an den neuen Flughafen; Das ist die erste zu entwickelnde Zone. Bewerbungen können bis Dezember 2015 eingereicht und mit dem Bau hätte im 1. Quartal 2016 begonnen werden sollen(Verzögerung). 2. Al Kharaana, rund 48 km2 in der Nähe der saudischen Grenze (Baubeginn ist offen); 3. Um Alhoul, rund 33 km2 in der Nähe des neuen Hafens (Baubeginn voraussichtlich im 2017) Shopping Centers in Katar Zurzeit gibt es rund 15 Einkaufszentren in Katar. In den nächsten Jahren sollen nochmals 17 weitere dazu kommen, drei davon mit einer Fläche von über 250‘000m2. Es ist in katarischen Kreisen angesagt, Eigentümer eines Einkaufszentrums zu sein. Obwohl es Bemühungen gibt, „Erlebniswelten“ einzurichten, die einer Familie den Anreiz bieten soll, den ganzen Tag in einem solchen Etablissement zu verbringen, ist dieser Ausbau solcher Überkapazitäten ruinös und wird zu einer Abwärtsspirale führen: Einerseits für die Eigentümer, andererseits für die Ladenbetreiber, die meistens Franchisenehmer sind. Gemäss einer verlässlichen Quelle ist die für Errichtung eines Shopping Centers in Europa ein Einzugsgebiet von rund 500‘000 Personen essentiell, um einen rentablen Betrieb garantieren zu können. Wie schon erwähnt, beträgt die Bevölkerung in Katar zurzeit 2.6 Mio. Personen. Zieht man davon die Wanderarbeiter von rund 1.6 Mio. ab (ihnen ist der Zugang zu Shopping Centers untersagt), bleibt rechnerisch noch eine Restmenge von 1 Mio. Personen, die unter sich die rund 32 Shopping Malls aufteilen werden. Jedes Einkaufszentrum hat somit kalkulatorisch ein Potential von noch 35‘000 Personen zur Verfügung. Auch wenn die Kaufkraft der katarischen Bevölkerung und gutqualifizierten Expatriierten sehr hoch ist (Letztere verlassen allerdings das Land aus den zuvor genannten Gründen), kann sie den numerischen Personen-Sollwert für Shoppingcenter nicht wettmachen. Im Gegensatz zu Dubai sind die Shoppingzentren in Doha bis auf Freitag meistens leer. Wer hier ein Geschäft aufbauen und erfolgreich betreiben will, braucht nicht nur hervorragende Konzepte oder Produkte, um die notwendige Kundschaft anzuziehen, sondern auch gute finanzielle Reserven. Berufsbildung / duales Bildungssystem Eine Berufsbildung, wie sie die Schweiz (oder auch Deutschland und Österreich) kennt, wäre eigentlich das Ausbildungsinstrument, das für Katar notwendig und überlebenswichtig ist, wenn es sich von einer sprichwörtlich von Erdöl und Erdgas befeuerten Wirtschaft hin zu einem wirtschaftlich diversifizierten Land entwickeln möchte und deshalb zunehmend produzierendes Gewerbe und KMU angesiedelt werden soll. Das Land ist unter den heutigen Prämissen nicht vorbereitet, ein solches Bildungssystem hochzufahren, einerseits wegen demographischen und migratorischen, andererseits wegen kulturellen Hintergründen. Ein 19

Die Steuern werden mit 10% vom inländischen Reingewinn belastet. Im Ausland erwirtschaftete Gewinne werden von der Besteuerung ausgeschlossen.

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 Zielpublikum für die Berufsausbildung ist somit weder in der Wirtschaft noch bei staatlich institutionellen Organisationen vorhanden. Arbeiterrechte Bezüglich der Arbeiterrechte kam Katar in der Weltöffentlichkeit unter Druck, als der Guardian-Bericht vom 22. September 2013 (sowie auch Amnesty International) reelle Probleme für die Bauarbeiter und Hausangestellten in Katar aufzeigte, obwohl Katar in dieser Beziehung traditionellerweise einen etwas besseren Ruf hat als andere Golfstaaten. Das Arbeitsgesetz ist relativ streng, wird aber insbesondere von kleineren Firmen des Privatsektors nicht implementiert, und die Kontrollen sind viel zu wenig intrusiv. Die katarischen Behörden haben rasch reagiert und bereits einige Massnahmen ergriffen. So beeilte sich das „Ministry of Labour“, die Zahl der Inspektoren massiv zu erhöhen. Zwischenzeitlich wurden in Sachen Fremdarbeiter einige Beschlüsse konkretisiert. Es handelt sich um kleine Schritte, die aber immerhin zeigen, dass versucht wird, die Dinge zu verbessern. Andere Massnahmen wie z. B. die Revision des Arbeitsgesetzes wurden auf Ende 2015 in Aussicht gestellt. Kleinere Fortschritte wie das „Wage Protection System“ (WPS) wurde verbindlich eingeführt oder die „Labor City“ mit verbesserten Unterkunftsbedingungen (wenn auch an isolierter Lage) für rund 70‘000 Wanderarbeiter. Wenn Katar wie angekündigt das Kafala-System aufgeben würde, wäre dies in den arabischen Golfstaaten beispielslos revolutionär! Abzuwarten bleibt, inwiefern der Implementierungswille bzw. die Implementierungsfähigkeit anhalten. A priori ist in Sachen Fremdarbeiter zumindest bei der obersten Führung des Landes ein Umdenken feststellbar. 2

Internationale und regionale Wirtschaftsabkommen

2.1 Politik, Prioritäten des Landes Katar bildet zusammen mit Bahrain, Kuwait, Oman, Saudi Arabien und den VAE den regionalen „Gulf Cooperation Council“ (GCC). Die Mitgliedstaaten des GCC unterschrieben kurz nach der Gründung im Jahr 1981 ein „Unified Economic Agreement“ (UEA) und etablierten damit eine Freihandelszone zwischen den sechs Ländern, womit der Warenverkehr liberalisiert wurde. 2001 erweiterte die GCC die Zusammenarbeit durch die Gründung einer Zollunion (GCC Customs Union). Im Jahr 2005 wurde innerhalb des GCC eine Initiative für eine Währungsunion lanciert, die aber bisher noch nicht realisiert hat werden können. Die Disparitäten innerhalb des GCC und die Ungleichgewichte der einzelnen Volkswirtschaften scheinen für die Einführung einer Einheitswährung seit längerem zu gross zu sein. Die Organisation strebt weiter die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder in der Aussen- und Sicherheitspolitik an und fördert die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen. Pan Arab Free Trade Area (PAFTA)20 Die Freihandelszone, auch bekannt als „Greater Arab Free Trade Area (GAFTA“),21 wurde 1997 durch 14 der 22 Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga auf einem Treffen in Amman gegründet und wird seitdem vom Wirtschafts- und Sozialrat der Arabischen Liga vorangetrieben. Katar ist Gründungsmitglied. Ein wesentlicher Bestandteil des Abkommens war die kontinuierliche Senkung der Zölle zwischen Staaten der Arabischen Liga, wobei die Zölle jährlich 10% gesenkt wurden. Besonderes Augenmerk wurde auf die Zollsenkung bei Produkten gelegt, die originär im arabischen Raum produziert werden. Der GAFTA-Wirtschaftsraum zählt im Jahr 2013 mit 327 Millionen Einwohnern und mit einem gemeinsamen Bruttoinlandprodukt von 2.7 Billionen US-Dollar zu 20 21

WTO, Trade Policy Review, Report by Qatar, 18.06.2014, S. 29 http://de.wikipedia.org/wiki/Greater_Arab_Free_Trade_Area#, Abruf 23.10.2014, 18.56h.

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 den grössten Freihandelszonen weltweit. Basierend auf den PAFTA-Regeln räumt Katar Sudan und Jemen eine präferentielle Zollbehandlung ein. Importe aus jenen Ländern werden in Katar zollfrei abgewickelt. Hingegen werden katarische Exporte im Sudan und in Jemen verzollt. Auch Palästina wird eine präferentielle Zollbehandlung zugestanden. In Palästina hergestellte Exportprodukte sind in Katar nicht zu verzollen, währenddessen für katarische Exporte in Palästina Zollabgaben zu entrichten sind. Laufende Verhandlungen über den Dienstleistungshandel innerhalb der PAFTA sind noch nicht abgeschlossen worden. Mitglieder (dunkelgrün) Beitrittskandidaten (hellgrün) Zugehörigkeit Katars zu weiteren regionalen Organisationen OPEC Organization of Petrol Exporting Countries Organisation des pays exportateurs de pétrole (OPEP) OAPEC

Organization of Arab Petroleum Countries ‫منظمة األقطار العربية المصدرة للبترول‬

GECF

Gas Exporting Countries Forum Das GECF ist eine relativ neue Organisation mit Sitz in Doha. Sie vereint zurzeit 12 Erdgas fördernde Länder, welche rund 70% der Weltreserven besitzen. Fünf Länder haben einen Beobachterstatus.

BADEA

Arab Bank for Economic Development in Africa Banque Arabe pour le développement économique en Afrique (BADEA)

FADES

Arab Fund for Economic and Social Development Fonds Arabe pour le développement économique et social (FADES)

LAS

League of Arab States Ligue des Etats arabes

AMF

Arab Monetary Fund Fonds Monétaire Arabe (FMA)

ESCWA

Economic and Social Commission for Western Asia Commission économique et sociale pour l’Asie occidentale (CESAO)

IDB

Islamic Development Bank Banque Islamique de dévéloppement (BIsD)

OIC

Organization of Islamic Cooperation Organisation de la Coopération islamique (OCI)

Freihandelsabkommen EFTA-GCC Das Abkommen trat auf den 1. Juli 2014 offiziell in Kraft.22 Es umfasst den Handel mit Industrieprodukten - einschliesslich Fisch und anderer Meeresprodukte - und mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten, den Dienstleistungshandel, das öffentliche Beschaffungswesen und den Wettbewerb. Um den Besonderheiten der Landwirtschaftsmärkte und -politiken der einzelnen EFTA-Staaten Rechnung zu tragen, wird der Handel mit unverarbeiteten Landwirt22

Auszüge : Fact-Sheet SECO über das Freihandelsabkommen EFTA-GCC.

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 schaftsprodukten wie in den anderen EFTA-Freihandelsabkommen in bilateralen Zusatzabkommen geregelt, die von den einzelnen EFTA-Staaten individuell mit den GCC-Staaten abgeschlossen wurden.  

Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten23 und den GCC-Mitgliedstaaten Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und den GCC-Mitgliedstaaten Bei beiden Abkommen: Unterzeichnung am 22.06.2009 in Hammar, offiziell in Kraft getreten am 1.7.2014.

Bilaterale Abkommen Schweiz-Katar24 Die Schweiz und das Emirat Katar nahmen 1973 diplomatische Beziehungen auf. Die schweizerische Botschaft in Katar wurde im April 2013 offiziell eröffnet. Vorher wurde Katar von der schweizerischen Botschaft in Kuwait über eine Seitenakkreditierung betreut. 

Doppelbesteuerungsabkommen (SR 0.672.965.61) Unterzeichnung am 24.09.2009 in New York, in Kraft getreten am 15.10.2010.



Investitionsschutzabkommen (SR 0.975.265.6) Unterzeichnung am 12.11.2001 in Doha, in Kraft getreten am 15. Juli 2004.



Memorandum of Understanding (MoU) zwischen dem Eidgenössischen Departement des Innern und dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten des Staates Katar über Wissenschaft und Forschung Unterzeichnet und in Kraft getreten am 20.12.2004.

2.2 Aussichten für die Schweiz (Diskriminierungspotenzial) Monate nach Inkrafttreten des Freihandelsabkommens EFTA-GCC wurde festgestellt, dass die Zollbehörden sämtlicher GCC-Staaten nur unzureichend informiert waren und die Bestimmungen des Abkommens nicht umgesetzt wurden. Am 27.04.2015 fand in Riad das dritte Treffen zwischen Vertretern der EFTA und GCC in dieser Angelegenheit statt. Die GCCSeite bekräftigte, das Abkommen per 01.07.2015 mit einem Jahr Verspätung anwenden zu wollen. Nach anfänglichen Imperfektionen läuft das Freihandelsabkommen in Katar recht gut. Sogar die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1, wenn mit Unterschrift und Stempel des schweizerischen Zolls versehen, wird jetzt auch für die präferentielle Zollabfertigung vom katarischen Zoll akzeptiert, wie dies mit Schreiben vom 16. Juni 2016 des GCC Generalsekretariats in Riad bestätigt wurde. Schweizerische Exporteure achten darauf, dass - das EUR.1 Formular maschinengeschrieben und in englischer Sprache ausgefüllt wird; - das Ursprungsland (Feld 4) zwingend mit „Switzerland“ angegeben ist, - der Bestimmungsstaat (Feld 5) „Qatar“ oder „Qatar/GCC“ aufgeführt wird. Für Auskünfte über die Implementierung des FHA steht folgende Ansprechstelle in der Schweiz zur Verfügung: Staatsekretariat für Wirtschaft seco Freihandelsabkommen / EFTA Holzikofenweg 36 3003 Bern Da die schweizerischen Exporte nach Katar im Jahr 2015 rund 945 Mio. CHF betrugen, liessen sich mit dem FHA zumindest rechnerisch Zollabgaben in der Höhe von 47 Mio. CHF einsparen, allerdings ohne Regierungsaufträge (z. B. Trainingsflugzeuge für die Flugwaffe). 23 24

Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Nicht Wirtschaftsrelevante Vereinbarungen: a) Visaabkommen zur gegenseitigen Befreiung der Visapflicht für Diplomaten-, Dienst- und Sonderpässe, unterzeichnet in Doha am 29.05.2015 b) MoU über die Erarbeitung eines völkerrechtlichen Instruments im Bereich der Justizkooperation, das nach dem Bundesratsbeschluss vom 10. Juni 2016 unterzeichnungsbereit ist.

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 Die Einsparung käme zuerst dem Importeur zugute, oder, falls der über das FHA erzielte Preisvorteil weitergegeben wird, auch den Käufern schweizerischer Produkte. 2.3. Geistiges Eigentum / Markenschutz Katar verfügt über ein entsprechendes Gesetz, „Law No. (17) of 2011“, welches jeder Unternehmung und jeder Person das Recht gibt, bei einem Verdacht eine formelle Beschwerde gegen ein gefälschtes Produkt einzureichen. Wird die Fälschung eines Produktes bestätigt, muss die „General Customs Authority“ (GCA) den Import eines solchen Gutes unverzüglich verbieten und das Herkunftsland über die getroffenen Aktionen informieren. Kommt es darüber zum Disput, wird die GCA den Fall unverzüglich ans Obergericht in Katar verweisen. Gemäss der WIPO-Lex hat Katar noch eine Reihe anderer Gesetzestexte zum Schutz des freien Handels und des geistigen Eigentums erlassen. Zudem hat Katar das WTO Abkommen25 mit dem Anhang 1C (TRIPS-Abkommen) unterzeichnet, das am 13. Januar 1996 in Kraft getreten ist. 3

Aussenhandel

Der katarische Riyal (QR) ist zu einem Fixkurs an den US-Dollar gekoppelt: 1 USD = 3.64 QAR. 3.1 Entwicklung und allgemeine Aussichten Katar ist vollumfänglich auf den Aussenhandel angewiesen, weil die Lebensmittelversorgung und die Herstellung der meisten Gebrauchsgüter im Land nicht sichergestellt sind. Was die Lebensmittel anbetrifft, ist Saudi-Arabien als Lebensmittelproduzent und Transitkorridor der wichtigste Handelspartner. Es sind Bestrebungen vorhanden, die Versorgungssicherheit Katars im Lebensmittelbereich (food security) zu erhöhen. In diesem Zusammenhang werden über Direktinvestitionen im Ausland Ländereien für die Herstellung landwirtschaftlicher Produkte erworben. Lokal produziertes Gemüse kann in Läden bereits gekauft werden. Eine Viehzucht mit zugekauftem Futter ist vorhanden. Wertmässig dürfte der Agrarbereich aber immer ein marginales Geschäft bleiben. Mit der Anpassung systemischer Prozesse soll der Handel mit Import- und Exportgütern verbessert werden, insbesondere bei der Zollabfertigung von Strassen-, See- und Lufttransporten. Gut funktionierende Grenzübergänge sind für die Wirtschaft Katars essentiell. Die Einführung sogenannter „one-stop-shops“ und papierloser behördlicher Abwicklungsprozesse aller Art wurde in Aussicht gestellt. Der Zeitpunkt für die Einführung ist noch nicht bekannt. 3.1.1 Warenhandel / Rohstoffhandel Die Errungenschaften Katars mit der Gas- und Erdölförderung sind nicht etwa ein zufälliges Ergebnis, sondern das Resultat einer ambitionierten Strategie und mutigen Entscheiden, die gut umgesetzt wurden. Die katarischen Exporte sind vom Rohstoffhandel geprägt, die rund 96% der Gesamtexporte ausmachen. Balance of Payments, 2011-2026 Exports (bn. USD Hydrocarbon sector

2014 E 128.8 118.4

2015 P 85.2 77.8

2016 P 77.3 69.2

Mit dieser wirtschaftlichen „Monokultur“ besteht ein Klumpenrisiko, den Marktschwankungen beim Erdölpreis ausgeliefert zu sein. Diese Preiselastizität besteht beim Erdgas wegen langfristig abgeschlossener Lieferverträge in einem verminderten Umfange. Auf der anderen Seite erhöhen Länder wie Australien und USA ihre LNG-Produktion, was zu einem Preisdruck führt.

25 26

Abgeschlossen in Marrakesch am 15. April 1994 (SR 0.632.20) IMF, Staff Report 2015 Art. IV Consultation, S. 27

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 Erdöl In den 1970-er Jahren erreichte die Erdölförderung mit zirka 500‘000 b/d pro Jahr einen ersten Höhepunkt27 und wegen alternder Erdölfelder im Jahr 1987 mit rund 300‘000 b/d einen Tiefpunkt. In den 1990-er Jahren kam es zu einem grundlegenden Strategiewechsel im katarischen Erdölgeschäft, indem internationale Mineralölgesellschaften an der Förderung beteiligt wurden, was eine Abkehr von den allgemeinen OPEC-Regeln darstellte. Damit konnte zuerst das „Al-Shaheen“ Feld (1994) entwickelt werden, gefolgt von den „Al-Rayaan“ und den „Idd El Shargi South Dome“ Erdölfeldern (1996) und den „Al-Karkara“ und „A-Structures North Fields“ (2005). Als Resultat konnte die Produktion verglichen mit dem Jahr 1987 quasi verdoppelt werden. Gemäss den makroökonomischen Indikatoren wird die Erdölförderung in den nächsten Jahren eindeutig abnehmen, wenn nicht neue Erdölvorkommen entdeckt werden. Erdölförderung in Tausend Barrels per Day (b/d) 28 2011 2012 2013 2014 E 2015 P 2016 P 744.7 732.1 697.8 670.0 655.0 640.0 E = Estimate, P = Projection

2017 P 625.0

2018 P 592.6

2019 P 557.3

2020 P 529.4

Die französische Ölgesellschaft Total bootete Maersk, ConocoPhilipps und ExxonMobil aus und unterzeichnete ein Abkommen mit Qatar Petroleum über einen Anteil von 30% an der Konzession des Off-Shore Erdölfeldes „Al Shaheen“. Der Vertrag beginnt am 14. Juli 2017 und dauert über 25 Jahre. Die restlichen 70% hält QP. Mit 300'000 Barrels per Day produziert das seit 1994 betriebene Ölfeld (30 Plattformen, 300 Quellen) rund die Hälfte von Katars Erdöl-Output29. Erdgas Das „North-Field“ Gasfeld wurde 1971 entdeckt, dessen Reserven auf rund 25.5 Billionen m3 geschätzt werden.30 Das sind 14.3% der weltweit nachgewiesenen konventionellen Gasreserven. Laut damals herrschender Ansicht war Gas nur für den heimischen Bedarf zu fördern. Der Vater des heutigen Emirs entschied darauf, in „Ras Laffan“ einen Gas-Hub mit Verflüssigungsanlagen und dem dazugehörenden erstklassigen Hafen zu bauen. Finanziert wurde diese Investition durch Vorausverkäufe von Erdöl und durch die Aufnahme von Krediten (vgl. Kapitel „Staatsfinanzen“). Mit der ersten Lieferung im Jahr 1997 (Chube Electric, Vertrag über 4 Mio. t) trat Katar in den Fernost LNG Markt ein und zwar zu dem Zeitpunkt, als hohe Gaspreise die Investitionen für die LNG-Industriekomplexe in Katar ermöglichten. Aber Katars Standort war geographisch immer noch unvorteilhaft im Vergleich zu etablierten LNG-Versorgern wie Indonesien, Malaysia und Brunei. Auf der anderen Seite waren die Gaspreise nicht hoch genug, um einen Markteintritt in Europa zu schaffen und rentabel zu wirtschaften. Sogar mit höheren Gaspreisen hätte Katar Schwierigkeiten gehabt, einer starken Konkurrenz aus Förderländern wie Algerien, Libyen und Norwegen entgegen zu treten. Somit sah Katar sich veranlasst, ein neuartiges und integriertes LNG-Modell zu entwickeln, indem es die ganze Wertschöpfungskette in den Händen hält: Produktion, Verflüssigung, Transport und die Erschliessung neuer Märkte als zuverlässiger Energielieferant. Weil Transportwege zunehmen und Transportkosten auf die Marge schlagen, wurde eine neue Generation von LNG-Tankschiffen mit grösseren Volumen entwickelt. Mit dem „Dolphin Gas Project“, an dem Katar, Oman, und die VAE beteiligt sind, werden ab „Ras Laffan“ über eine Unterwasser-Pipeline jährlich 33 Mrd. m3 Gas nach „Taweelah“ in den VAE geliefert. Damit deckt Katar 30% des gesamten Energiebedarfs der VAE ab. Wegen eines Grenzstreites stellte sich Saudi-Arabien dem Bau der Pipeline seinerzeit entgegen. Heute ist Katar der weltgrösste Produzent von LNG mit einer jährlichen Kapazität von rund 77 Millionen Tonnen. Das ist eine Menge, die sich im Gegensatz zur Erdölförderung relativ 27 28 29 30

Quelle für Erdöl, Erdgas und Petrochemie: Artikel publiziert durch QSience Connect (Qatar Foundation Academic Journal), 17.09.2012 IMF, Staff Report 2015 Art. IV Consultation, S. 27 Gulf States News, 30.06.2016, S. 12 Englisches Mass aus Quelle: 900 Trillionen Kubikfuss, Umrechnungsfaktor = 1 m 3 = 35.315 ft3

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 stabil entwickeln wird. Noch 2013 wäre nach Einschätzungen von Experten das Land zunehmend unter internationalen Konkurrenzdruck geraten, weil mehrere Staaten in die Schiffergasförderung investieren, die ihrerseits nicht mehr auf Gasimporte angewiesen sein werden und gar zu Gasexporteuren werden. So soll Australien bis ins Jahr 2020 zum weltweit grössten Hersteller von LNG aufsteigen. Mittlerweile hat sich die Situation für Katar etwas entschärft, weil ob der erodierenden Erdöl- und Gaspreise die Ausbeutung von Schiffergasund -öl für die Konkurrenz erst ab einer gewissen Schwelle wieder rentabel ist. Natural Gas Production (millions of tons per year) 2012 2013 2014 E 2015 P 2016 P 2017 P 89.8 92.4 92.0 94.0 97.5 98.5 Thereof LNG: 77.0 78.1 77.8 77.8 77.8 77.8 E = Estimate, P = Projection

2018 P 100.1

2019 P 100.1

2020 P 101.0

77.8

77.8

77.8

Rund 85% des geförderten Erdgases in Katar gehen als LNG in den Export. 2014 war Asien ist mit 72% grösste Abnehmer von katarischem LNG (Japan 22.1%, Südkorea 13.8%, Indien 12.2%) gefolgt von Europa mit 23%31. In zunehmendem Mass benötigt Katar die Gasressourcen, um die erhöhte Binnennachfrage nach Elektrizität und Wasser (Entsalzungsanlagen, die mit Gas betrieben werden) abzudecken. EDF (Eléctricité de France) hat im Juni 2016 mit RasGas einen Liefervertrag über 2 Mio. Tonnen LNG pro Jahr abgeschlossen, das an den neuen Terminal in Dunkerque (Dünkirchen) geliefert wird. Damit werden bestehende Verträge zwischen EFD und RasGas ergänzt (4.6 Mio.t jährlich an Edison in Italien und 3.5 Mio.t an EDF Trading Belgium).32 Petrochemie Vor 1970 wurde in Katar das mit der Erdölförderung entstandene Gas verschwendet und zu 80% abgefackelt. Um dem entgegenzuwirken, wurde im Jahr 1973 die erste Düngerfabrik in Auftrag gegeben, um aus Methangas Ammoniak und Harnstoff herzustellen, womit in Messaeed (südlich von Doha) die erste Industriestadt entstand. Mit dem zusätzlichen Gas aus dem „North-Field“ konnte die Düngerproduktion nochmals ausgebaut werden. Schätzungen gehen davon aus, dass die Produktion bis ins Jahr 2020 auf 20 Millionen Tonnen zunehmen wird. Als Hauptprodukte werden in den Raffinerien Betriebsstoffe für die Binnennachfrage und den Export hergestellt (Benzin, Diesel, Flugpetrol, Kerosin, etc.). Wenn Ras Laffan 2 im 4. Quartal 2016 den Betrieb aufnimmt, wird die neue Industrieanlage zum Wachstum des BIP im 2. Sektor beitragen und den Heimmarkt mit Benzin versorgen resp. die expandierende Qatar Airways mit Flugpetrol. Aluminium Wegen der Verfügbarkeit günstiger Energie und der Möglichkeit, Bauxit über den Seeweg zu transportieren, ist Katar ein idealer Standort für die Aluminiumproduktion. Damit zieht es gleich mit anderen Golfstaaten wie Bahrain, Oman, Saudi-Arabien, VAE (ohne Kuwait), die ebenfalls eine nationale Aluminiumproduktion hochgefahren haben. Gemäss dem „Gulf Aluminium Council“ erreichten die fünf Länder Jahr 2015 eine Gesamtproduktion von 5,26 Mio. Tonnen. Katar produzierte 640‘000 Tonnen33. 75% des produzierten Aluminiums geht an die Automobilindustrie und somit in den Export. Die katarische Aluminiumfabrik „Qatalum“ wurde als Joint-Venture zwischen Qatar Petroleum und Norsk Hydro gegründet. Seit 2011 produziert sie mit voller Kapazität. 3.1.2 Dienstleistungshandel Der Dienstleistungssektor soll in Zukunft massgeblich zum Wachstum und zum Anteil des realen BIP beitragen. Jedoch unterliegen die publizierten Schätzungen des MDPS starken Schwankungen34. 31 32 33 34

EIA, U.S. Energie Information Administration, Update October 20, 2015 RasGas Pressecommuniqué, 29.06.2016 Gulf Aluminium Council, Statistik 2015 MDPS, diverse Qatar Economic Outlook

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 Schätzung MDPS Wachstum von … Juni 2015 Dezember 2015 Juni 2016

2015 BIP

5.0% 3.3% ---

Sektor

11.9% 9.8% ---

2016 BIP

4.7% 3.2% 2.3%

Sektor

10.8% 9.1% 6.7%

2017 BIP

4.0% 3.1% 2.3%

Sektor

8.9% 8.4% 6.7%

2018 BIP

----2.3%

Sektor

----6.2%

Kontinuierlich steigen soll der zum 3. Sektor gehörende Elektrizitäts- und Wasserverbrauch, wobei unklar ist, ob dies als Folge des zunehmenden produzierenden Gewerbes oder der Bevölkerungszuname zu betrachten ist. Trotz des verlangsamten Wirtschaft wird nach Schätzungen des MDPS das Wachstum der Wirtschaftsleistung Katars grösser sein als in den übrigen GCC-Staaten. Finanzdienstleistungen Auch die Sparte der Finanzdienstleitungen (Banken und Versicherungen) wurde ausgebaut. Im Jahr 2005 wurden von der Regierung das „Qatar Financial Centre“ (QFC)35 ins Leben gerufen und dafür die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Die „Qatar Financial Centre Authority“ (QFCA) ist der kommerzielle und strategische Arm dieser Organisation. Ihr kommt die Rolle eines „Think-Tanks“ für den katarischen Staat zu. Sie fungiert auch als Schnittstelle zwischen Staat und Firmen, die unter diesem Regelwerk Geschäfte in der Finanzdienstleistungsbranche tätigen wollen. Der Finanzdienstleistungsbranche „zudienende“ Firmen können sich ebenfalls hier ansiedeln. Wer unter dem QFC lizenziert ist, profitiert von einem Umfeld, das nach internationalen Standards und nach dem „British Common Law“ funktioniert. Somit ist eine Plattform für das nationale „on-shore“ Geschäft geschaffen worden. Die Geschäftstätigkeit ist nicht auf Katar beschränkt, sondern kann auf die Region ausgeweitet werden. Unter der Schirmherrschaft des QFC ist eine 100-prozentige ausländische Eigentümerschaft möglich und Gewinne können ebenfalls zu 100 Prozent expatriiert werden. Aufsichtsbehörde ist die „Qatar Financial Centre Regulatory Authority“. Sie reguliert, bewilligt und überwacht die im QFC angesiedelten Firmen. Für die Behandlung von Streitigkeiten ist das „Qatar International Court and Dispute Resolution Centre“ (QICDRC) zuständig. Geldwäscherei, Finanzierung von Terrorismus Katar hat Gesetze und Regulationen zur Verhinderung von Geldwäscherei und der Finanzierung von Terrorismus erlassen und eine Meldestelle installiert.  Die Financial Intelligence Unit (FIU) ist der Zentralbank angegliedert. Sie nimmt Meldungen entgegen über verdächtige Transaktionen im Zusammenhang mit der Geldwäscherei und der Finanzierung von Terrorismus, analysiert die eingehenden Berichte und trifft Entscheide. Nicht stichhaltige Berichte werden von ihr klassiert, währenddessen verdächtige Transaktionen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden. Sie ist in Verbindung mit internationale Organen und Organisationen bezüglich des Austausches über Geldwäscherei und Terrorismus.  Anti-Money Laundering Law No. (4) of 2010  Law No. (3) of 2004 on Combatting Terrorism Tourismus Katar ist für den verwöhnten westlichen Touristen wenig attraktiv in Bezug auf landschaftliche Anreize und Vergnügungsmöglichkeiten, obwohl es über viele 5-Sterne-Hotels mit teilweise schönen Hotelanlagen verfügt. Die meisten Besucher kommen aus den GCC-Staaten. Gemäss Statistik der „Qatar Tourism Authority“ (QTA) waren dies im Jahr 2014 rund 2.83 Mio. Besucher, wovon rund die Hälfte, also 1.40 Mio. aus den GCC oder anderen arabischen Staaten kamen. 421‘171 Europäer fanden den Weg nach Katar. Aufgrund der bereits vorhandenen Infrastruktur setzt Katar vermehrt auf das Potenzial des Konferenztourismus: „Meetings, Incentives, Conferences and Exhibition“ (MICE). Dafür gegründet wurde das „Qatar MICE Development Institute“ (QMDI), dessen Ziel es ist, sich als weltweit führende Marke für Geschäfts- und Konferenztourismus aufzusteigen. Hier zeigt 35

Qatar Financial Centre Law, Law No. (7) of 2005, Version 2, Includes amendments made by La No. (2) of 2009

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 sich Katar (auch im Sinne seiner Positionierung als „Soft power“), grosszügig und beherbergt grosse internationale Konferenzen, für die modernste Tagungsanlagen zur Verfügung stehen. In Doha sollen zudem in der kommenden Wintersaison (November – April) bis zu 30 Kreuzfahrschiffe andocken anstelle der bisherigen acht. Sobald der neue Hafen in Betrieb sein wird, soll der alte „Doha Port“ (neben Museum of Islamic Arts) zum Kreuzschifffahrthafen umfunktioniert werden. Man rechnet damit, dass während der WM 2022 bis zu 10‘000 Fans temporär auf Schiffen untergebracht werden können. Neuer Flughafen Der neue „Hamad International Airport“ (HIA) wurde nach jahrelangen Verzögerungen im April 2014 eröffnet (Phase 1). Laut gut informierter Quelle diente das Grundstück, auf dem der HIA heute steht, zuvor als Abfallgrube für Doha, die vor Baubeginn aufwändig entsorgt werden musste. Des Weiteren sollen Querelen zwischen dem katarischen Staat und Baufirmen für die verspätete Eröffnung verantwortlich gewesen sein. Heute funktioniert der neue Flughafen ausgezeichnet. Ausgelegt für 30 Mio. Passagiere jährlich, hat er diese Kapazität bereits im Jahre 2015 überschritten. Im Jahr 2014 wurden bereits 26.3 Mio. Passagiere abgefertigt (2013: 23.27 Mio. Reisende, alter und neuer Flughafen). Es sind Pläne vorhanden, den neuen Flughafen auszubauen36 (Phase 2). Wenn die Erweiterungsarbeiten tatsächlich in Angriff genommen werden und im nächsten abgeschlossen sein würden, würden die Passagierterminale auf rund 900‘000m2 oder 50% vergrössert worden sein. Die bestehenden Docks sollen um 24 auf 65 erhöht werden. Mit diesen neuen Baumassnahmen würde die Flughafenkapazität um 2/3 erhöht, womit insgesamt 50 Mio. Passagiere abgefertigt werden könnten. In den vergangenen Jahren hat die Passagierzahl am Flughafen Doha um über 10% jährlich zugenommen. Insgesamt werden nach dem Endausbau 15,5 Mrd. USD11 investiert worden sein. Qatar Airways Nebst den Fluggesellschaften Etihad und Emirates tritt Qatar Airways im internationalen Flugverkehr als zunehmend bedeutender Player auf. Wegen des 24-Stunden Betriebs des Flughafens und günstigerer Personalkosten kommen die westlichen etablierten Fluggesellschaften durch alle Golf-Airlines unter Druck. Seit ihrem Bestehen hat Qatar Airways über 330 Flugzeuge mit einem Gesamtwert von 70 Mrd. US Dollar bestellt. Alleine an den drei Airshows in Dubai (2011 und 2013) und Farnborough 2014 wurden insgesamt 250 Flugzeuge geordert, was auf einen weiteren Expansionskurs der Fluggesellschaft hindeutet. 3.2 Bilateraler Handel Importlizenzen sind nicht notwendig. Solange ein Unternehmen im Handelsregister in Katar eingetragen ist, kann es Import- und Exportgeschäfte unter Beachtung der einschlägigen katarischen Bestimmungen tätigen.37 3.2.1 Warenhandel Obwohl das bilaterale Handelsvolumen im Jahr 2015 sprunghaft um 39,3% angestiegen ist und mit 1.215 Mrd. CHF erstmals die Milliardengrenze überschritt, fällt die Bedeutung des Handelsaustausches mit Katar im Vergleich zum gesamten Aussenhandel der Schweiz mit einem Anteil von 0.23% doch relativ bescheiden aus. Schweizerische Importe aus Katar Sie wurden im Jahr 2015 mit 270.1 Mio. CHF (0.11%) der gesamten schweizerischen Importe ausgewiesen. Im GCC-Vergleich steht Katar nach den VAE (1.52%) auf dem 2. Platz. Zum Vergleich: Die globalen Gesamtimporte der Schweiz beliefen sich im Jahr 2015 weltweit auf 185.7 Mrd. CHF, wobei der Anteil der sechs Länder des Golfkooperationsrates (GCC) 4.186 Mrd. CHF oder 1.72% ausmachten. 36 37

Doha News, 13.10.2014 WTO, Trade Policy Review Qatar, 18 June 2014, S. 29

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Auffällig sind die Unterschiede zwischen den schweizerischen und katarischen Statistiken, die sehr wahrscheinlich auf einer unterschiedlichen Erfassungsmethodik beruhen. Mit 619.8 Mio. Qatari Riyal (165.4 Mio. CHF) weisen die Katarer jedoch rund 100 Mio. CHF tiefere Exporte in die Schweiz aus. Das „Ministry of Development, Planning and Statistics“ (MDPS) erfasst statistisch Re-exporte, die rund einen Fünftel des Gesamtwarenwertes ausmachen. Dabei dürfte es sich vermutlich um Warenretouren handeln, vor allem im Uhren- und Schmuckbereich. Schweizerische Exporte nach Katar Exportschlager sind Luxusgüter wie Edelsteine, Edelmetalle, Bijouterie und Uhrmacherwaren. Vertreter schweizerischer Uhrenmarken sind vor Ort sehr aktiv und sehr gut aufgestellt. Sie bearbeiten damit einen kleinen Markt mit einer sehr kaufkräftigen Kundschaft. Auffällig ist eine Steigerung von 78.2% in der Warengruppe 71 (Edelsteine, Edelmetalle, Bijouterie) und in der Gruppe 86-89 (Fahrzeuge, Flugzeuge usw.) um 44.8%. Die Exporte nach Katar machen 0.34% des gesamten schweizerischen Exportvolumens aus. Zum Vergleich: Bei den globalen Gesamtexporten der Schweiz betrug der Anteil GCC Staaten immerhin schon 4.2% von 279.1 Mrd. CHF. 3.2.2 Dienstleistungshandel Über Dienstleistungen werden keine Statistiken geführt. 4

Direktinvestitionen

Zentralbanken bzw. Nationalbanken stellen in der Regel die Statistiken über Direktinvestitionen zur Verfügung. Solche Daten von katarischen Primärquellen zu erhalten, ist bisher noch nicht gelungen, bzw. erscheint unmöglich. Die Investitionstätigkeit ist aus Sekundärquellen (Zeitungsmeldungen, Berichte von Institutionen etc.) zu entnehmen. Zu unterscheiden ist zwischen staatlichen und privaten Investitionen, über die keine verlässlichen Primärquellen existieren. KMU werden in der staatlichen Anlagepolitik nach vorliegender Erkenntnis in der Regel kaum berücksichtigt. Bei der Platzierung seiner ausländischen Direktinvestitionen legt Katar grössten Wert auf Sicherheit und Prestige. Die katarischen Investitionen sind auf wenige Betätigungsfelder, hauptsächlich Immobilien und Ländereien reduziert. Was die staatlichen Investitionen anbetrifft, ist die „Qatar Investment Authority“ (QIA) diejenige Stelle, die das Staatsvermögen verwaltet. Sie wurde 2005 gegründet und verfügt über ein Vermögen von 256 Mrd. US-Dollar38. Das Staatsfondsvermögen liegt damit in der Region als Einzelfonds an vierter Stelle. Der Emir steht als Präsident der QIA direkt vor, welche die Dachorganisation zur Verwaltung des Staatsvermögens ist. Sie investiert im In- und Ausland. Die QIA ist in spezialisierte Unterabteilungen aufgegliedert39, wobei die nachstehende Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt: Qatar Holding LLC (QH) ist ein strategischer Finanzinvestor mit einem breit gefächerten internationalem Investitionsportfolio für Rohstoffe, Industrie, Finanzdienstleistungen, Einzelhandel, Immobilien, Technologie, Landwirtschaft, etc. Sie gründete eine Holdinggesellschaft namens „Qatar Investment Company“, die ihrerseits Filialen im Ausland unterhält:  Qatar Holding Luxembourg II  Qatar Holding Netherlands BV  Al Gharaffa Investment Company, Cayman Islands  Qatar Holding Gold & Ressources LLC, die in Gold und andere Rohstoffe investiert Delta Two Ltd. wird der QIA zugeordnet. Über die Tätigkeit sind keine genauen Angaben vorhanden. 38

SWF Institute, abgerufen 5.7.2016, vgl. auch Wikipedia – gleiche Zahl: United Arab Emirates, verschiedene Fonds (1‘246.8 Mrd. USD), Saudi Arabia, PIF / SAMA (758.4 Mrd. USD), Kuwait, KIA (592 Mrd. USD) 39 Aufgliederung gemäss SWF Institute, 2.9.2014

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Qatari Diar (QD) wurde 2004 gegründet und investiert weltweit in Immobilien. Sie dient als Qualitätskontrolle-Instrument für die Immobilieninvestitionen in Katar, den USA, UK, Italien, Oman, Marokko, Ägypten, Syrien, Sudan und Seychellen.  QD angeschlossen und unterstellt ist die QDHP Swiss Management AG in Zug, die im Erwerb von Hotels in der Schweiz tätig ist, für deren Renovation sie auch verantwortlich zeichnet (Schweizerhof Bern, Bürgenstock Hotels, Savoy Lausanne). Hassad Food (HF) wurde 2008 gegründet und investiert in Landwirtschaftsbetriebe (Viehzucht, Ackerbau und Lebensmittelgesellschaften). Ziel ist es, die in der QNV 2030 definierte Versorgungssicherheit des Landes zu garantieren, da Katar niemals in der Lage sein wird, einen namhaften inländisch generierten Selbstversorgungsgrad zu erreichen. Wertmässig dürften die Investitionen in den Agrarbereich ein marginales Geschäft bleiben. Qatar Sports Investments (QSI) wurde im Jahr 2005 gegründet und ist eine private Aktiengesellschaft, die ausserhalb der QIA operieren darf. Sie investiert in der Sport- und Freizeitindustrie. Sie hält Anteil an Paris St. Germain, am FC Malaga und FC Barcelona (Qatar Foundation Trikotsponsor), etc. 4.1 Entwicklung und allgemeine Aussichten Bisher standen Investitionen in sichere Prestigeobjekte in Staaten wie Grossbritannien, Frankreich und der BRD im Vordergrund. Im September 2015 40 hatte die QIA im Zusammenhang mit der VW-Krise und dem Zerfall der Rohstoffpreise (Beteiligung bei Glencore) innerhalb weniger Monate Buchverluste von 5.9 Mrd. USD eingefahren. Wohl als Reaktion darauf wird die QIA ihre Anlagestrategie ebenfalls diversifizieren und hat beschlossen, innerhalb der nächsten fünf Jahre in den USA rund 35 Mrd. USD anzulegen. Dazu hatte der Staatsfonds im September 2015 ein Büro in New York eröffnet (im Übrigen das einzige bisher ausserhalb Katars).41 Im November letzten Jahres wurde berichtet, dass der QIA ebenfalls rund 20 Mrd. USD in den nächsten fünf Jahren in Asien investieren will. In Frankreich soll der katarische Staat rund 25 Mrd. USD und Private rund 5 Mrd. USD hauptsächlich in Immobilien angelegt haben.42 4.2 Bilaterale Investitionen Ein Hauptaktionär bei der „Credit Suisse“ ist der katarische Staatsfonds, der rund 5.2% hält. Katar stellt der Credit Suisse Pflichtwandelanleihen zu rund 9% zur Verfügung. Sollte das Eigenkapital der CS unter einen Schwellenwert sinken, ist die Anleihe in Aktien zu wandeln. Falls es zu einer Ausübungsoption käme, würde die Beteiligung aus Katar an der CS auf 21.7% steigen.43 Jassim Bin Hamad Al Thani ist der katarische Vertreter im Verwaltungsrat der CS.44 Der Staatsfonds QIA hält ein Aktienpaket von 12% am Rohstoffhändler Xstrata.45 Was den Hotelbereich betrifft, investiert Katar ausschliesslich in jene Betriebe, die sich an einer sogenannten „Prime Location“ befinden. Mittlerweile gehören die Fünfsternehäuser Schweizerhof in Bern, das Savoy in Lausanne und der Bürgenstock Komplex zum Hotelportfolio der Katarer. Wie „Katara Hospitality“ im Gespräch verlauten liessen, ist man daran interessiert, sich in der Schweiz regional zu diversifizieren. Die zunehmende Gästezahl aus Katar in der Zürcher Region liesse zumindest ein solches Investment als sinnvoll erscheinen. Erfahrungsgemäss wird Katar aber ausschliesslich in Fünfsternehotels an bester Lage investieren. 40 41 42 43 44 45

Gulf-Times, 1.10.2015 Wall Street Journal, 28.9.2015 bq-magazine, 15.05.2016 Sonntagszeitung 02.03.2014 Broschüre Unternehmensprofil 2013 der CS, S. 12 NZZ, 20.05.2014

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Handels-, Wirtschafts- und Tourismusförderung, „Landeswerbung“

5.1 Instrumente der Aussenwirtschaftsförderung Der „Swiss Business Hub“ (SBH) unterhält in Katar ein Büro, das in die schweizerische Botschaft integriert und dem SBH GCC in Dubai unterstellt ist. In Doha werden dieselben Dienstleistungen erbracht wie im regionalen GCC-Hub in Dubai: Anfragen für Marktabklärungen, Rechts- und Finanzberatungen, Geschäftspartnervermittlungen und Marketingberatungen. Der SBH-Qatar bietet kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für Auftragsabwicklungen, Einzelprojekte oder für eine Firmenansiedlung Beratung an. Sie sind die Hauptkundschaft. Ein erstes Beratungsgespräch erfolgt kostenlos. Übersteigt die Beanspruchung voraussichtlich fünf Stunden, erfolgen weitere Interventionen des SBH nur über eine Mandatserteilung via „Switzerland Global Enterprise“ (SG-E) in Zürich. Im April 2015 wurde der „Swiss Business Council“ (SBCQ) in Qatar gegründet, der nach einem Jahr bereits über 20 Mitglieder zählt und eigene Aktivitäten entwickelt, auch in Zusammenarbeit mit der schweizerischen Botschaft in Katar. Seit dem Jahr 1974 existiert zudem die „Arab-Swiss Chamber of Commerce“ (CASCI), welche als Handelskammer die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Ländern aus dem Mittleren Osten fördert. Die Handelskammer organisiert regelmässig Seminare und Wirtschaftsmissionen mit Vertretern aus der Privatwirtschaft. Seit dem Jahr 2002 unterhält „Schweiz Tourismus“ eine Aussenstelle in Dubai, welche die Schweiz als Tourismus,- Freizeit- und Businessdestination vermarktet. Der Markt in Katar wird aus Dubai heraus bearbeitet. Jeweils im Februar koordiniert Schweiz Toursmus für die schweizerischen Tourismusdestinationen eine Roadshow in verschiedenen GCC-Ländern. Als Zielpublikum werden lokale Multiplikatoren bzw. Reisebüros (Travel Agents) anvisiert. 5.2 Interesse des Aufenthaltslandes für die Schweiz Wie generell in der arabischen Welt hat die Schweiz in Katar einen ausgezeichneten Ruf. Die Katarer lieben unser Land über alles, und das Bild der kleinen, schönen, friedfertigen, neutralen und arbeitssamen Schweiz ist intakt. Tourismus Wie für die übrigen Golfstaaten ist die Schweiz für die Katarer traditionell eine beliebte Feriendestination. Eine hochkarätige und sehr vermögende Gesellschaftsschicht hat seit Jahrzehnten enge Beziehungen zu unserem Land und besucht es regelmässig. Auch ausländische Führungskräfte und die arabische Mittelklasse entdecken die Schweiz zunehmend für sich. Das BfS erfasst das Gästeaufkommen aus Katar erst seit dem Jahr 2011 statistisch. Die Entwicklung der Logiernächte ist durchaus erfreulich. Im Vergleich zu 2014 haben die Logiernächte im Jahr 2015 um 23% auf rund 100‘000 zugelegt. Der durchschnittliche Aufenthalt katarischer Gäste liegt bei 3.2 Hotelnächten (Durchschnitt Schweiz = 2.0 Hotelnächte). Topdestination ist die Region Zürich, gefolgt von Genf und dem Berner Oberland. Letzteres hatte in den vergangenen Jahren markant mehr Gäste aus Katar verzeichnen können. Die Schweizer Hotellerie ist gefordert, für eine ausgewählte Klientele eine Hotellerie im Hochpreissegment für höchste Qualitätsansprüche bereit zu stellen. Andererseits bestehen Entwicklungschancen für ein etwas günstigeres aber nicht minder hochstehendes Hotelangebot (Preis- Leistungsverhältnis) für potenzielle Gäste aus dem gesellschaftlichen Mittelstand, der stärker auf den Preis achtet. Was von der arabischen Kundschaft nicht verstanden wird, ist scheinbar der Fakt, dass einige Hotels in der Schweiz über keine Klimaanlage für die heissen Sommertage verfügen. Wollen schweizerische Hotels die arabische Kundschaft als Marksegment erobern, werden sie sich gegebenenfalls mit arabischen und islamischen Traditionen auseinander zu setzen haben.

18/20

Wirtschaftsbericht Katar 2015 Es ist nicht davon auszugehen, dass das Schleiertrageverbot im Tessin zu tieferen Touristenzahlen aus Katar führen wird. Flugverbindungen Nur Qatar Airways bietet Direktflüge zwischen Doha und Zürich oder Genf an. Mit allen anderen Fluggesellschaften ist ein Zwischenaufenthalt entweder über einen Flughafen in der Golfregion oder in Europa erforderlich, so z. B. bei Reisen mit der Lufthansa. Sämtliche Direktflüge nach Katar haben eine sehr hohe Auslastungsziffer. Die meisten Passagiere halten sich aber nur im Transit auf, um in der Regel nach Asien oder in die Region weiter zu fliegen. Andere Fluggesellschaften (Al Ethihad, Emirates Airlines, Lufthansa, AirFrance/KLM) bedienen die Destination Doha regelmässig mit mindestens einem Zwischenstopp, womit die Reisezeit zum Teil beträchtlich erhöht wird. Die türkische Billig-Airline Pegasus fliegt Doha regelmässig zu Tiefpreisen via Istanbul an, wobei die Reisezeit sich fast verdoppelt. Die Swiss fliegt Doha nicht an. Lehrinstitute & Ausbildung Katar im Rahmen der QNV 2030 daran, eine Wissensgesellschaft aufzubauen und investiert deshalb beträchtliche Mittel in den Ausbau von Bildungsinstituten in Doha und in der Peripherie. Aufgrund der rasanten Bevölkerungsentwicklung werden auch im Primar- und Sekundarbereich neue Schulen zu errichten sein, um die Schulungsbedürfnisse abzudecken. Nebst katarischen Schulen sind bereits französische, deutsche, britische, indische und amerikanische Privatschulen installiert. Im nächsten Jahr wird in Doha eine Schweizer Schule eröffnet werden. Das zugehörige Dekret wurde durch den Emir unterzeichnet. Kann ein Bildungsangebot nicht von den lokalen Universitäten bereitgestellt werden, erhalten junge Menschen katarischer Nationalität grosszügige Stipendien für ein Auslandstudium, wenn die ausländische Hochschule auf der Stipendienliste der Qatar Universität aufgeführt ist. Die ETH Zürich gehört z. B. dazu. An der Qatar Universität findet im Frühjahr jeweils eine „Study Abroad Fair“ statt. Die Botschaft vertritt jeweils die eidgenössischen und kantonalen Hochschulen mit einem Stand. Einige Studenten interessierten sich für Bachelor- oder Masterkurse in englischer Sprache. Ohne Vorkenntnisse ist es kaum möglich, innerhalb nützlicher Frist ein universitätstaugliches Sprachniveau in deutscher oder französischer Sprache zu erreichen. Medizintourismus Können Patienten katarischer Nationalität mit der vor Ort vorhandenen Infrastruktur nicht behandelt werden, entsendet das „Hamad Hospital“ als medizinische Leitstelle die betroffenen Patienten zur Behandlung ins Ausland. Bevorzugte Behandlungszentren finden sich zurzeit in Deutschland, England und den USA. Mit einzelnen ausländischen Spitälern wird in der Regel ein Zusammenarbeitsvertrag (MoU) abgeschlossen. Es gibt keine MoU mit schweizerischen Spitälern. Interessen für die Schweiz in Bezug als Investitionsort, Entwicklungspotenzial Das Interesse Katars an der Schweiz als Investitionsort ist verhalten. Die Diversifikation staatlicher Investoren ist relativ bescheiden. Kleine und mittlere Unternehmungen gehören in der Regel nicht ins Portfolio der QIA und deren Unterorganisationen (vgl. Ziffer 4.2). Interessen für den schweizerischen Finanzplatz, Entwicklungspotenzial Es sind 121 ausländische Banken in der Schweiz tätig, die einerseits einen Anteil von 42% aller Banken einnehmen, andererseits aber „nur“ mit 1.1% zum schweizerischen BIP beitragen. Die Zahl der in der Schweiz tätigen ausländischen Banken wächst nur langsam. So sind auch nur wenige arabische Banken in der Schweiz tätig, die sich hauptsächlich auf die Vermögensverwaltung konzentrieren. 2012 gründete die Credit Suisse zusammen mit der „Qatar Holding die Aventicum Capital Management“ mit Sitz in Doha. Folgende katarischen Bank- und Versicherungsinstitute sind zurzeit in der Schweiz präsent:  Aventicum Capital Management, Genf und Zürich 19/20

Wirtschaftsbericht Katar 2015   46

Qatar-Re (Rückversicherung), Zürich46 QNB Banque Privée (Suisse) SA, Genève

Qatar-Re ist eine Tochtergesellschaft der Qatar Insurance Company (QIC) mit Hauptsitz in Doha.

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Wirtschaftsbericht Katar 2015 ANHANG 1 ANNEX 1

Wirtschaftsstruktur Structure of Economy 2010

Breakdown of labor force Primary sector Secondary sector Tertiary sector

2010 n.a.

2015 n.a.

n.a. n.a. 0%

n.a. n.a. 0%

2010 not available

Breakdown of real GDP (%) Primary sector agriculture, fishing Secondary sector mining and quarrying construction manufacturing & industry Tertiary sector services public services electricity, water imputed bank services import duties Rounding error (see note)

2015 0.0% 0.0% 65.8% 48.9% 6.5% 10.4% 34.2% 35.6% n.a. n.a. n.a. n.a. -1.4% 100.0%

n.a.

not available

Note

Rounding errors are attributed to agriculture, imputed bank services, import duties and electricity and water, which are not shown in figure.

Source

MDPS estimates, Qatar Economic Outlook 2015-2017, update, published in December 2015

Wirtschaftsbericht Katar 2015 ANHANG 2 ANNEX 2

Wichtigste Wirtschaftsdaten Key Economic Data

Es gibt keine katarischen Primärquellen, auf die zurückgegriffen werden kann. Alle Daten entstammen der Datenbank des IWF und der Weltbank (via Länderfiche seco).

2013 BIP nominal (in USD Mrd.)

2014

2015

2016

210.1

185.4

170.9

181.3

664.6

98‘710

93‘990

76‘576

66‘265

67‘270

80‘675

Reales BIP-Wachstum (%)

4.6

4.0

3.3

3.4

3.4

0.9

Öl-BIP-Wachstum (%)

0.2

-1.7

1.2

0.9

0.3

---

11.0

11.6

10.7

9.5

8.3

---

3.1

3.3

1.7

2.4

2.7

-1.1

n/a

n/a

0.4

0.3

0.3

3.3

Leistungsbilanz (% des BIP)

29.9

23.6

4.9

-5.0

-4.9

-0.2

Haushaltsbilanz (% des BIP)

16.7

18.1

10.3

-2.7

-9.0

11.4

32.6

31.7

35.8

46.2

56.4

45.6

7.9

8.1

7.9

7.5

7.6

16.2

Nicht-Öl-BIP-Wachstum (%) Inflationsrate (%) Arbeitslosenrate (%)

1

Aussenschulden Zentralregierung (% des BIP) Währungsreserven (in Monaten 2

von Importen)

[ ] = estimations

2

CH 2015

201.9

BIP/Einwohner (USD)

1

2017

Economist Intelligence Unit, 14.06.2016, S. 10 En excluant les avoir à l’étranger du fonds souverain Qatari

[ ] = projections

Wirtschaftsbericht Katar 2015 ANHANG 3 ANNEX 3

Handelspartner / Aussenhandel 20151 Trade partners / Foreign Trade 2015

Import Partner

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

1

Export Partner

Gesamtvolumen (in Mio. USD)

31’691

100%

European Union China United States UAE Japan Saudi Arabia India Switzerland Australia Brazil

9‘735 3‘765 3‘576 2‘862 2‘134 1'406 1‘216 909 633 549

30.7% 11.9% 11.3% 9.0% 6.7% 4.4% 3.8% 2.9% 2.0% 1.7%

Gesamtvolumen (in Mio. USD)

63’129

100%

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Japan India European Union China UAE Singapore Taiwan Thailand Turkey USA

16‘033 9‘199 9‘070 5‘290 4‘318 3‘562 2‘970 2‘624 918 915

25.4% 14.6% 14.4% 8.4% 6.8% 5.6% 4.7% 4.2% 1.5% 1.5%

27

Switzerland

IMF: Direction of Trade Statistics (DOTS), 28.06.2016

170

0.3%

Wirtschaftsbericht Katar 2015 ANHANG 4 ANNEX 4

Handelsentwicklung Schweiz-Katar Trade Development Switzerland Qatar

Exporte (CHF mio)

Variation (%)

Importe (CHF mio)

Variation (%)

Saldo

Volumen

(CHF mio)

(CHF mio)

2000

110.2

---

1.1

---

109.1

111.3

2005

238.4

---

59.6

---

178.8

298.0

2010

391.8

---

167.6

---

224.2

559.4

2011

385.8

-1.5

132.0

-21.2

253.7

517.8

2012 *

707.4

478.7

936.1

2013

560.2

-20.8

153.5

-32.9

406.7

713.7

2014

721.2

+28.7

150.9

-1.7

570.3

872.1

(Total 1)**

945.1 (939.3)

+31.0 (+33.3)

270.1 (268.8)

+78.9 (79.8)

570.3 (670.5)

1‘215.2 (1‘208.1)

2016 (I-III) (Total 1)**

486.7 (485.6)

+4.2 (+4.5)

272.5 (272.4)

+12.7 (+13.1)

214.1 (213.2)

759.2 (758.1)

2015

Nicht vergleichbar *)

228.7

Nicht vergleichbar *)

*)

Ab dem 01.01.2012 hat die EZV die Berechnungsmethode für die Importe und Exporte geändert. Infolgedessen 1 sind Vergleiche zwischen 2012 und den vorhergehenden Jahren nicht mehr möglich.

**)

Total "Konjunktursicht" (Total 1): ohne Gold in Barren und andere Edelmetalle, Münzen, Edel- und Schmucksteinen sowie Kunstgegenständen und Antiquitäten

Répartition par produits (Total 2) Exporte 1. Edelsteine, -metalle und Bijouterie 2. Fahr- und Flugzeuge 3. Uhrmacherwaren 4. Maschinen (elektr. und nicht elektr.) 5. Pharmazeutische Erzeugnisse

Importe 1. Edelsteine, -metalle und Bijouterie 2. Uhrmacherwaren 3. Fahr- und Flugzeuge 4. Chemische Grundprodukte

1

2013

2014

2015

(% des Total)

(% des Total)

(% des Total)

39.1 1.7 26.9 8.9 9.0

26.7 22.3 22.5 10.4 6.7

36.3 24.6 18.1 6.6 6.3

2013

2014

2015

(% des Total)

(% des Total)

(% des Total)

84.7 9.7 0.2 1.9

84.4 7.3 0.7 3.3

88.7 6.0 1.9 1.6

Importe: Verwendung des „Ursprungslandprinzips“ anstelle des „Erzeugungslandprinzips“. Das Ursprungsland bezeichnet jenes Land, in dem die Ware vollständig gewonnen oder überwiegend hergestellt wurde. Das Erzeugungsland bezeichnete hingegen das Land, in welchem ein Produkt vor der Einfuhr in der Schweiz im freien Verkehr war. Exporte/Importe: Die Aussenhandelszahlen werden mit Gold, Silber und Münzen nach Ländern aufgeschlüsselt und als Bestandteil der Schweizer Aussenhandelsstatistik (Gesamttotal) in der online Datenbank Swiss-Impex integriert.

Wirtschaftsbericht Katar 2015 ANHANG 5 ANNEX 5

Hauptinvestoren nach Land Main Investors Per Country

According to our knowledge, there are no recently statistics for individual countries made available by the competent Ministry of Development, Planning & Statistics (MDPS) for Qatar in regards of Foreign Direct Investment (FDI). The only available and reliable source was found with the UNCTAD World Investment Report1. If it comes to bilateral Investments, the UNCTAD data for Qatar reflects only the years 2008 und 2009, which of no interest, since the data is outdated.

In Mio. US Dollars FDI flows Inward Outward

2012 396 1‘840

2013 -840 8‘021

2014 1’040 6‘748

2015 1’071 4‘023

FDI stocks Inward Outward

2012 31‘898 24‘494

2013 31‘058 32‘515

2014 32‘098 39‘263

2015 33‘169 43‘287

Qatar has not made available Direct Investment statistics to the IMF being published on the online data-base.

1

UNCTAD, World Investment Report 2015