Wirkung von Aktionsangeboten auf den Absatz

Wirkung von Aktionsangeboten auf den Absatz Impulsreferat zum Themenforum 3: Vollmondticket oder Retirees-Card: Ist die Tariflandschaft für den Fahrga...
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Wirkung von Aktionsangeboten auf den Absatz Impulsreferat zum Themenforum 3: Vollmondticket oder Retirees-Card: Ist die Tariflandschaft für den Fahrgast noch verständlich? Sich im Rahmen eines Impulsreferats zu einem Grundsatzthema – wie dem mir vorgegebenen - zu äußern heißt, entweder Widersprüche zu erzeugen ohne dabei genügend die Thesen und Antithesen zu würdigen oder trivial an der Oberfläche zu bleiben, ohne damit einen Impuls für die nachfolgende Diskussion geben zu können. Ich will dennoch versuchen in der verbleibenden Zeit, Sie mit einigen Thesen auf die daran anschließende Diskussion einzustimmen. Dabei orientieren sich meine Ausführungen an den Rahmenbedingungen eines Eisenbahnverkehrsunternehmens. Kommunale Verkehrsunternehmen, regionale Busgesellschaften oder Verkehrsverbünde kommen möglicherweise zu anderen Schlussfolgerungen. Meine Damen und Herren, bei allgemein verwendeten Begriffen wie Aktionsangebot und Absatz drängt es sich auf, zunächst einmal die Begrifflichkeit einzugrenzen. Reagiert der Anbieter mit einem Angebot auf die Nachfrage eines potentiellen Kunden, so reagiert er bei Aktionsangeboten auf ein latent vorhandenes Interesse. Aktionsangebote sind darauf angelegt, Nachfrage zu erzeugen und eine Kaufentscheidung trotz, momentan nicht erkennbarer Bedürfnisse herbeizuführen. In wettbewerbsorientierten Märkten, bei Lebensmitteln, in der Telekommunikation, Luftverkehrsunternehmen und in der Unterhaltungselektronik sind Aktionsangebote Teil des vertrieblichen Grundsortiments und dienen dazu, eine Kaufentscheidung für eigene Produkte oder Dienstleistungen und damit gegen vergleichbare Angebote der Mitbewerber herbeizuführen. Im hart umkämpften Markt der Unterhaltungselektronik sind Aktionsangebote aber schon heute längst nicht mehr das vertriebliche „Top-Instrument“ zur Verkaufsförderung. Seit dem 1. Oktober 2011 reagiert ein großer deutscher Unterhaltungselektronik-Discounter auf aggressive Online-Preisvergleichsportale mit dem Verzicht auf traditionelle Preis- und Angebotsaktionen. Stattdessen legen die Geschäftsführer tagesaktuell niedrigere Preise als die »maßgeblichen online- und offline-Wettbewerber« fest. Es geht dabei um nicht mehr, als täglich den klarsten Preis zu garantieren. Das bedeutet, dass jeder stationäre Markt jeden Tag seine Preise mit allen maßgeblichen online- und offline-Wettbewerbern vergleicht und sie gegebenenfalls sofort ändert, bzw. einen nachgewiesenen, niedrigeren Preis sofort akzeptiert. Für die Kunden bedeutet dies, dass sie sich darauf verlassen können, dauerhaft einen klaren, fairen und marktgerechten Preis zu erhalten, ohne versteckte Kosten, ohne Sonderaktionen, ohne Wartezeiten und ohne zu verhandeln. Nun lässt sich Markt des SPNV nicht mit dem Markt der Unterhaltungselektronik vergleichen:

1. Die Finanzierung der angebotenen Dienstleistung „Mobiltät“ speist sich bekanntermaßen aus dem Fahrgeld sowie dem, für das jeweilige Teilnetz geltenden Anteil an Regionalisierungsmitteln. Zudem ist die Auswahl der Anbieter für Mobilitätsdienstleistungen durch die Wahl der Reisestrecke und die nicht beliebige Austauschbarkeit der Anbieter eingeschränkt. 2. Im Wettbewerb um die individuelle Mobiltität geht es neben dem Preis eben auch um die Reisezeit. Die Tarifangebote im SPNV bilden den Faktor Reisezeit jedoch nicht ab. Der Kunde kann das für seinen Reiseanlass günstigste Tarifangebot auswählen und nutzen. Dienen Tarifangebote zunächst dazu, Mobilitätsangebote zu einem günstigen Preis im Rahmen des Wettbewerbs um den modal split zu machen, so dienen die Verfeinerungen des Tarifsortimentes mit zunehmender Intensität der Marktbearbeitung dazu, auch nicht bahnaffine Reisende für den SPNV zu gewinnen. Beispiele hierfür sind Nachtticketangebote aber Angebote wie das BUGAKombiticket. Aber auch diese Vielzahl von Tarifangeboten reicht nicht aus, den Anteil des Fahrgeldes im SPNV deutlich zu Gunsten einer Senkung der Regionalisierungsmittel zu erhöhen. Für ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, das sich am Markt auf der Grundlage eines Nettovertrages bewegt, ist das heutige Portfolio der Tarifangebote nicht ausreichend. Unternehmen, die ihren Umsatz allein aus dem Fahrgeld erwirtschaften nutzen seit langer Zeit Instrumente, die sich unter dem Begriff „Aktionsangebote“ subsumieren lassen. Sie dienen der höheren und gleichmäßigeren Auslastung vorhandener Produktionskapazitäten. So werfen Fluggesellschaften Sitzplätze auf wenig ausgelasteten Linien in regelmäßigen Abständen zu Niedrigstpreisen auf den Markt. Derartige Aktionsangebote sind nicht zu verwechseln mit Billigangeboten, da ihre Nutzung mit einer gleichbleibenden Service- und Sitzplatzqualität verbunden ist. Der sich allein aus Fahrgelderlösen finanzierende Fernverkehr in Deutschland setzt auf das Instrument der Kontingentierung zur besseren Auslastung seines Sitzplatzangebotes. Der individuellen Reiseentscheidung nach Ort und Uhrzeit der Reise wird ein preisdifferenziertes Angebot entgegengesetzt, dass die Variabilität der Abfahrtszeit mit einer Rabattierung honoriert. Der Kunden erhält mehr Reisekomfort bei einem gleichzeitig niedrigeren Preis zu Gunsten einer homogeneren Auslastung der Produktionsmittel. Im SPNV sind die Kontingentierung und die damit verbundene Steuerung der Auslastung mangels vorhandener Reservierungsmöglichkeiten nicht gegeben. Zahlreiche Tarifangebote gewähren Rabatte demgegenüber mit der Einschränkung, dass diese Angebote in den Zeiten hoher Besetzungen nicht benutzt werden dürfen. Unter den gegebenen Umständen einer nicht zu realisierenden Kontingentierung ist der Ausschluss von Kunden zu bestimmten Zeiten die unattraktivere Lösung. Dies zeigt sich in der Vielzahl von Kundenreaktionen, die Unverständnis für eine derartige Einschränkung der eigenen, individuellen Reiseentscheidung wiedergeben.

Ist die Tariflandschaft im SPNV in Deutschland heute auch sehr vielfältig, und tragen die vorhandenen Tarifangebote zur Lösung zahlreicher Nachfragewünsche bei, so fehlen doch Tarifangebote, die vorrangig dazu beitragen, freie Sitzplätze im SPNV aktiv zu vermarkten. Dabei lässt der Wettbewerb um den SPNV in Deutschland für die EVU am Markt nur einen begrenzten Spielraum zu. Dem ungebremsten Wachstum an Fahrgeldeinnahmen werden durch den Ausschreibungswettbewerb deutliche Grenzen gesetzt. Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Nettoverträgen stehen vor der Herausforderung, vorhandene Plätze in ihren Zügen zu auszulasten, um auch damit die den Ausschreibungsangeboten kalkulierten Fahrgelderlöse zu realisieren. Die Herausforderung besteht darin, Fahrgäste für Züge ohne attraktive Ausflugsziele in Fahrlagen, die außerhalb der attraktiven Verkehrszeiten liegen, für eine Reise mit dem SPNV zu gewinnen. Hierfür erforderliche Tarifangebote gibt es bei den Verkehrsverbünden heute nicht. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen mit unternehmerischer Verantwortung (Nettoverträgen) haben es in der Hand, durch geeignete Tarifangebote in Gebieten jenseits der Ballungsräume die Wirtschaftlichkeit ihrer SPNV-Angebote zu verbessern. Der im Thema vorgegebene Begriff „Aktionsangebote“ verleitet zu begrifflichen Assoziationen wie „Billigangebot“ oder „Flat-rate“. Geht es im Kern darum, Mobilitätsbedürfnisse für vorhandene Produktionsressourcen zu wecken, so sind „Aktionsangeboten“ in diesem Sinne zu verstehen als weitgehend individualisierte Tarifangebote für jeweils vorhandene Ressourcen bei unveränderter Service- und Reisequalität. Mit ihnen wird das Ziel verfolgt, eine höhere Auslastung der Sitzplätze in den SPNV-Angeboten jenseits der stark befahrenen Strecken und außerhalb der Hauptverkehrszeiten zu erreichen. Derartige Tarifangebote nützen Aufgabenträgern wie Fahrgästen in gleicher Weise. Solche produktionsorientierten Aktionsangebote sind dort gut zu vermarkten, wo ein attraktives Rieseziel als Werbeträger eingesetzt werden kann. Zusammen mit unserem Aufgabenträger in Koblenz, der transregio und der BUGA Gesellschaft hat DB Regio im vergangenen Jahr das Kombiticket für die BUGA entwickelt und auf den Markt gebracht. Bis auf wenige Sonderzüge aus dem südlichen Rheinland-Pfalz wurden für die BUGA keine zusätzlichen Züge eingesetzt. Die Fahrgäste, die das BUGA-Kombiticket nutzten reisten überwiegend in Regelzügen an. Daher konnte der Preis für das BUGA-Kombiticket sehr attraktiv gestaltet werden. Die Anwenderfreundlichkeit eines Kombitickets verbunden mit einem attraktiven Gruppenpreis machte das BUGA-Kombiticket trotz zahlreicher Busreisender zu einem wirtschaftlichen und werblichen Erfolg für alle Beteiligten. Die zu Grunde gelegte Planung für das Kombiticket wurde trotz einer geringfügigen Kannibalisierung anderer Haustarifangebote übertroffen. Im Angebotszeitraum konnte die Stückzahl verkaufter Sonderangebote in Rheinland-Pfalz und im Saarland um rd. 15% gesteigert werden. Die Auslastung aller Züge der DB Regio in RLP-/SL stieg im Angebotszeitraum für das BUGA-Kombiticket um rd. 7%. Aufbauend auf diesen Erfahrungen und auf der Logik des bekannten und im Markt gut eingeführten RLP-/SL-Tickets ermöglicht das kommende Aktionsangebot „Heilig-

Rock-Ticket“ den Besuchern der Ausstellung eine Anreise zu den preislichen Konditionen des RLP-SLTickets bei günstigeren Anreisezeiten. Genau wie BUGAKombiticket werden für die Hin- und Rückreise zum Heiligen Rock in Trier nur begrenzt Sonderzüge eingesetzt. Dadurch werden günstige Fahrpreise für unseren Kunden möglich, die die Reise mit dem SPNV attraktivieren und auch ansonsten nicht bahnaffine Reisende neugierig machen. Das Aktionsangebot „Heilig-Rock-Ticket gilt in den Zügen der DB Regio auf allen Strecken von/nach Trier. Es gilt im Zeitraum vom 13.04. – 13.05.2012 und kann an allen Automaten erworben werden. Die Kunden der DB Regio in Rheinland-Pfalz und im Saarland dürfen sich ab dem 2.4.2012 für zunächst ein Jahr auf ein weiteres Aktionsangebot freuen. Mit dem Aktionsangebot „City Spezial“ testen wir erstmals, unter welchen Bedingungen ein Aktionsangebot für den SPNV geeignet ist, Reisende und dabei idealerweise vorwiegend Neukunden für die Reise in wenig ausgelasteten Zügen zu gewinnen. Grundansatz für das Ticket ist, dass ausschließlich vorhandene Züge für die Reise unterstellt werden. Dem besseren Verständnis für den konzeptionellen Ansatz des neuen Aktionsangebotes dient die Veranschaulichung der Verkehrsströme im Verkehrsgebiet der DB Regio Region Südwest in Rhenlad-Pfalz und im Saarland. Aufgrund der räumlichen Nähe zum Ballungsraum Frankfurt sind die morgendlichen Züge in Richtung Frankfurt bis auf die höchst mögliche Zuglänge behängt. Dis führt dazu, dass in der umgekehrten Richtung am Vormittag weitgehend unterbesetzte Züge in Richtung Mainz/Saarbrücken und Koblenz zurückfahren. Gleiches gilt im übertragenen Sinne für die Verkehre nach Saarbrücke aus Richtung Homburg und Trier. Was liegt also näher, eine Angebot zu schaffen, dass dazu beiträgt, vorhandene Sitzplätze in einem Zug, z. B. vormittags aus Richtung Frankfurt zu einem günstigen Preis anzubieten. Für Reisende hat das den doppelten Vorteil: 1. eine Reise wird zu einem sehr günstigen Preis angeboten. 2. die Reise erfolgt in einem Zug mit garantiert vorhandenen Sitzplätzen. Bei der Konzeption und Realisierung des Aktionsangebotes zeigte sich, dass die Realisierung eines derartigen Tarifangebotes zahlreichen Einflüssen ausgesetzt ist. Hierin unterscheidet sich auch der SPNV-Markt deutlich vom eingangs erwähnten Unterhaltungselektronik-Discounter. Wesentliche Fragestellungen für das neue Aktionsangebot mussten vor der Beantragung beantwortet werden: 1. Sind die Pooleinnahmen der durchfahrenden Verkehrsverbünde oder die Fahrgelderlöse des Haustarifs und wenn ja welcher Höhe von dem Aktionsangebot betroffen?

2. Unterläuft das Aktionsangebot die bestehenden Tarifangebote der durchfahrenen Verkehrsverbünde oder die Angebote des Haustarifs? 3. Werden die Reisenden die freien Sitzplatzkapazitäten wie geplant nutzen oder mit dem Aktionsangebot eine Reise zu anderen Reisezielen antreten? 4. Zu welchem Reiseanlass sollten Reisende das Aktionsangebot nutzen? 5. Welches mögliche und attraktive Reiseziel kann für das Aktionsangebot werblich nutzbar gemacht werden? Nach intensiver Diskussion und nach Beantwortung der vorgenannten und vieler weiterer Fragen ist das „City-spezial“ entstanden. Ein City Spezial gilt zu einer Hin- und Rückfahrt von jedem Abgangsbahnhof in Rheinland-Pfalz und dem Saarland nach Koblenz Hbf/ Stadtmitte, Saarbrücken Hbf oder Trier Hbf und jeweils zurück in den RE- und RB-Zügen der Verkehrsunternehmen des DB Konzerns in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Ein City Spezial gilt montags bis freitags an dem auf der Fahrkarte angegebenen Geltungstag. Die Hinfahrt muss bis 12.00 Uhr beendet sein. Für die Rückfahrt gilt: Beginn der Fahrt ab 12.00 Uhr bis längstens 03.00 Uhr des Folgetages. Das City Spezial ist damit als Shopping-Ticket angelegt und spricht Ehepaare, jungen Paare und/oder Freundinnen/Freunde an, die Zeit haben für einen Shopping Ausflug/für einen Sightseeing-Trip zu einem der attraktiven Einkaufsziel. Im Aktionszeitraum werden wir die Nutzung, das Nutzungsverhalten unserer Reisenden sowie die werbliche Wirkung unserer Reiseziele durch Marktforschungen sichern und soweit erforderlich nachbessern. Im Gegensatz zum BUGA-Kombiticket werden wir den Erfolg des Tickets erstmals im Hinblick auf die Erhöhung der Auslastung messbar machen. Unser Ziel für den Aktionszeitraum ist zunächst die höhere Auslastung der präferierten Züge. Zielsetzung ist eine Steigerung der Auslastung vorhandener Sitzplatzkapazitäten auf den im Fokus liegenden Linien um 7-8%. Neben der Bereitschaft des Marktes zur Aufnahme des Aktionsangebotes und den damit verbundenen positiven Wirkungen auf den Absatz liegt der Fokus zur Beurteilung des Erfolgs oder Mißerfolgs unseres Aktionsangebotes auf 1. ggf. eintretenden Kannibalisierungen anderer Tarifangebote 2. dem Zielereichungsgrad für die Vorgabe der Erhöhung der Sitzplatznutzung in den von uns ausgewählten Zügen. Zusammengefasst und aus der Sicht eines Eisenbahnverkehrsunternehmens sind Aktionsangebote im SPNV eine mehr denn je notwendige Ergänzung des bestehenden Tarifangebotes zur Steigerung der Fahrgelderlöse. Die bestehenden Tarifangebote in den Haustarifen und den Verkehrsverbünden schaffen außerhalb der Ballungsräume nicht genügend Anreize für die Nutzung des SPNV in den Zügen, die tageszeit- und richtungsabhängig ein Überangebot an Sitzplätzen haben. Hier ist ein großes Potenzial für werbliche und tarifliche Aktionsangebote, die, soweit sie professionell angelegt sind, ihre positive Wirkung auf den Absatz nicht verfehlen

werden. Da derartige Aktionsangebote von Verkehrsverbünden in der Regel nicht aufgelegt werden können, sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen mehr denn je gefordert, insbesondere in Teilnetzen mit Nettoverträgen derartige Aktionsangebote auf den Markt zu bringen.

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