Subjektive Wirkung von Schall

Subjektive Wirkung von Schall FHNW HABG CAS Akustik 4h Version: 26. Februar 2009 Inhalt 1 Funktion des Ohres 2 Subjektives Schallempfinden 3 Objektive...
Author: Fanny Brodbeck
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Subjektive Wirkung von Schall FHNW HABG CAS Akustik 4h Version: 26. Februar 2009 Inhalt 1 Funktion des Ohres 2 Subjektives Schallempfinden 3 Objektive Masse (1)

1 Funktion des Ohres [3] Kap. 4.2.1, 4.2.2 Zuerst ein kleiner Vergleich zwischen Aug und Ohren: Umfang des menschlichen Ohres

Frequenz

Intensität

Minimum

Maximum

Bereich

Auge

Rot 780 nm

Violett 380 nm

1:2

Ohr

20 Hz

20'000 Hz

1:210

Auge

Finsternis 7 mW/m2 (5 lux@555 nm)

Ohr

Hörschwelle 10-12 W/m2

Blendung 7 W/m2 (5000 lux @ 555 nm) Schmerzschwelle 1 W/m2

1:103

1:1012

-> Demo Ohrmodell • Aussenohr: Q Ohrmuschel Q Gehörgang Q Trommelfell • Mittelohr: Q Hammer / Amboss / Steigbügel (Stapedius) Q Ovales Fenster • Innenohr: Q Schnecke mit 3 Windungen: Basal- , Mittel- und Spitzenwindung

1

Q Windung aufgebaut aus: oberer Schneckengang, Endolymph-Schlauch und unterer Schneckengang (Schall geht zuerst den oberen Schneckengang hoch) Q Basilarmembran mit Corti'schem Organ zwischen unterem Schneckengang und EndolymphSchlauch Q Reissner'sche Membran zwischen oberem Schneckengang und Endolymph-Schlauch Q Corti'sches Organ: Q Deckmembran Q Basilarmembran Q Aeussere Haarzellen Q Innere Haarzellen Q Nervenzellen

2

2 Subjektives Schallempfinden 2.1 Lautstärke, Phon-Skala [3] Kap. 4.3 Die Phon-Skala ergibt sich aus aus folgender Anordnung: Einer Versuchsperson wird ein Testgeräusch Präsentiert. Gleichzeitig muss sie ein Referenzgeräusch (1 kHz Sinus) so einstellen, dass sie das Testgeräusch gleich laut wie das Referenzgeräusch empfindet. Der Schalldruckpegel des Referenzgeräusches ist nun der Lautstärkepegel des des Testgeräusches in Phon. Versuchsweise hat man Kurven gleicher Lautstärke aufgenommen:

3

2.2 Weber-Fechner'sches Gesetz [3] Kap. 4.4 Nach E.H.Weber ist physiologisch die kleinste, wahrnehmbare Gewichts-Aenderung D G proportional dem Gewicht G: DG= K G mit einer Proportionalitätskonstante K. G.T.Fechner (1860) suchte nun die Funktion

4

zwischen Gewicht und Reiz R = f(G). Er nahm an, dass die

kleinste, wahrnehmbare Reiz-

Aenderung für die kleinste, wahrnehmbare Gewichts-Aenderung unabhängig vom Gesamtgewicht ist, d.h. es gilt: DR=

DG dR 1 , d.h. = . G dG G

Die Stammfunktion ist dann aber: R = ln G , eine logarithmische Beziehung. Dies nennt man auch das Weber-Fechner'sche Gesetz. Man nahm nun an, dass dies auch für die Akustik richtig sei. Die dB-Skala ist dazu kompatibel. Wegner-Fechner bezieht sich aber nur auf den kleinsten wahrnehmbaren Reiz! Zeigen der Wirkung von Pegelveränderungen 3 dB, 10 dB, 20 dB: -> Tonbeispiel E21 Pink.WAV

2.3 Lautheit, Son-Skala [3] Kap. 4.5 Es hat sich gezeigt, dass das Weber-Fechner'sche Gesetz nicht der Wahrheit entspricht, vor allem bei grossen Lautstärke-Aenderungen. Man hat gesehen, dass der Unterschied zwischen ein- und zweiohrigem Hören als Verdoppelung der Lautstärke empfunden wird. Weiter hat sich gezeigt, dass eine Aenderung von 10 Phon subjektiv einer Verdoppelung der Lautstärke entspricht. So hat man eine neue sog. Lautheit Skala in Son definiert: S= 2

PK40 10

Damit besteht zwischen der Intensität und der Lautheit für ein bestimmtes Geräusch folgender Zusammenhang: I I S=

log10 2

0

16

d.h. ein Potenzgesetz mit dem Exponenten log10 2 = 0.301. Dies im Gegensatz zur Phon Skala. Hier ist bekannntlich der idealisierte Zusammenhang für ein 1000 Hz-Sinus: P = 10 log10

I I

0

Leider entspricht auch die Phon-Son-Skala nicht der Wahrheit. Wie schon die Kurven gleicher Lautstärke zeigen, werden bei tiefen Frequenzen und geringen Pegeln bereits kleine Aenderungen stärker wahrgenommen als mittlere bis starke Pegel bei mittleren und hohen Frequenzen. Feldkeller und Zwicker fanden ebenfalls einen ähnlichen Zusammenhang.

5

Dies zeigt, dass bei geringen Pegeln unter 30 dB, z.B. Haustechnische Geräusche, schon kleine Pegelunterschiede subjektiv verstärkt wahrgenommen werden. Pegeländerung bei geringem Pegel: -> Tonbeispiel E12 Terzrauschen 125 Hz.wav

6

2.4 Subjektive Frequenzeinteilung [1] Kap. 5.3 Für eine bessere Bewertung der Geräusche ist auch eine entsprechende andere Einteilung der Frequenzbänder nötig. Dazu hat man sog. Frequenzgruppen (Bark) definiert, wobei jede Gruppe einem gleich langen Abschnitt auf der Basilarmembran entspricht, und zwar 1.3 mm, was etwa 150 Haarzellen umfasst. Es gibt 24 solcher Gruppen.

7

Unter 500 Hz haben die Gruppen eine absolute Breite von ca. 100 Hz, über 500 Hz entsprechen sie etwa der Breite eines Terzbandes: Frequenzgruppeneinteilung Frequenzgr uppe

Mittenfrequ enz

Bandbreit e

Rel. Bandbreite

1

50

100

200

2

150

100

67

3

250

100

40

4

350

100

29

5

450

110

24

6

570

120

21

7

700

140

20

8

840

150

18

9

1'000

160

16

10

1'170

190

16

11

1'370

210

15

12

1'600

240

15

13

1'850

280

15

14

2'150

320

15

15

2'500

380

15

16

2'900

450

15

17

3'400

550

16

18

4'000

700

18

19

4'800

900

19

20

5'800

1'100

19

21

7'000

1'300

19

22

8'500

1'800

21

23

10'500

2'500

24

24

13'500

3'500

26

Bark

Hz

Hz

%

8

3 Objektive Masse 3.1 A(C)-Bewertung [1] Kap. 5.1 (Tabelle 5.1); [3] Kap. 4.7 Das einfchste Verfahren ist die A-Bewertung (für hohe Pegel auch C-Bewertung). Zum Spektrum wird einfach die A(C)-Bewertungkurve dazuaddiert und dann über das Spektrum summiert. Anbei die Kurven:

C-Bewertungskurve -8.5 -3.0 -.8 -.2 0. 0. 0. -.2 -.9 -3.0 -8.6 -6.2 -2.0 -.5 -.1 0. 0. 0. -.3 -1.3 -4.4 -11.2 -4.4 -1.3 -.3 0. 0. 0. -.1 -.5 -2.0 -6.2

A-Bewertungskurve -56.7 -39.4 -26.2 -16.1 -8.6 -3.2 0. 1.2 1. -1.1 -6.6 -50.5 -34.6 -22.5 -13.4 -6.6 -1.9 .6 1.3 .5 -2.5 -9.3 -44.7 -30.2 -19.1 -10.9 -4.8 -.8 1. 1.2 -.1 -4.3 10.

[dB] 0.

-10.

-20.

-30.

-40.

-50.

-60.

16 20

31.5 63 125 250 500 1000 2000 4000 8000 16000 40 80 160 315 630 1250 2500 5000 10000 20000 25 50 100 200 400 800 1600 3150 6300 12500

Frequenz [Hz] Die Wirkung bei verschiedenen Frequenzen ist: Q > Tonbeispiel E11 Terzbandrauschen 63 Hz.WAV Q > Tonbeispiel E12 Terzbandrauschen 125 Hz.WAV

9

Q > Tonbeispiel E13 Terzbandrauschen 250 Hz.WAV Q > Tonbeispiel E14 Terzbandrauschen 500 Hz.WAV Q > Tonbeispiel E15 Terzbandrauschen 1 kHz.WAV Q > Tonbeispiel E16 Terzbandrauschen 2 kHz.WAV Q > Tonbeispiel E17 Terzbandrauschen 4 kHz.WAV Q > Tonbeispiel E18 Terzbandrauschen 8 kHz.WAV Q > Tonbeispiel E16 Terzbandrauschen 16 kHz.WAV Für analoge Schallpegelmesser ist natürlich der A- und C-Filter als Transferfunktion definiert. Diese zu kennen kann für einige Anwendungen hilfreich sein. Für das A-Filter ist folgende Transferfunktion definiert:

H p =

pK20.6

2$

a$p4 pK107.7 $ pK737.9 $ pK12200

2

wobei die Verstärkung α so zu wählen ist, dass der Betrag der Funktion bei 1000 Hz 1.0 ist. Allein für den Betrag ergibt sich daraus folgende Funktion der Frequenz f:

H f

= 187$

p 1000

C 0.545 $

4

p 1000

p 1000 4

C298$

4

C 0.849$10K3$

p 1000

2

p 1000

2

C0.180$10K6 $

p 1000

2

C 0.0116 $

p 1000

2

C22200

Die Abweichung obiger Funktion vom in Terzen definierten A-Filter ist bei den TerzbandMittenfrequenzen unter 0.1 dB.

3.2 Lästigkeit, Noise Rating NR [3] Kap. 4.7 Vor allem auch in der Haustechnik wird das Noise Rating Verfahren (NR) verwendet. Dazu ist eine Kurvenschar vorgegeben, die NR-Kurven, die definiert sind, durch ihren Wert bei 1000 Hz, d.h. die NR-30 Kurve beträgt bei 1000 Hz genau 30 dB. Für ein gegebenes Oktav-Spektrum enstpricht nun das NR gerade dem numerischen Wert derjenigen Kurve, die das Spektrum gerade nicht schneidet. Im Prinzip wird ein Geräusch einfach nach dem Band mit der höchsten Phon-Zahl bewertet. Für Geräusche mit einem dominierenden Reintonanteil liefert das Verfahren vernünftige Werte. Achtung: Man darf dises Verfahren nicht verwechseln mit dem amerikanischen NC (Noise Criteria) Verfahren, das ähnlich funktioniert, aber andere Kurven (NC-Curves) hat!

10

NR-Kurven: NR - Kurven Oktavbänder

NR-Kurve 31.5

63

125

250

500

1000

2000

4000

8000

0

55.4

35.5

22.0

12.0

4.8

0.0

-3.5

-6.1

-8.0

5

58.8

39.4

26.3

16.6

9.7

5.0

1.6

-1.0

-2.8

10

62.2

43.4

30.7

21.3

14.5

10.0

6.6

4.2

2.3

15

65.6

47.3

35.0

25.9

19.4

15.0

11.7

9.3

7.4

20

69.0

51.3

39.4

30.6

24.3

20.0

16.8

14.4

12.6

25

72.4

55.2

43.7

35.2

29.2

25.0

21.9

19.5

17.7

30

75.8

59.2

48.1

39.9

34.0

30.0

26.9

24.7

22.9

35

79.2

63.1

52.4

44.5

38.9

35.0

32.0

29.8

28.0

40

82.6

67.1

56.8

49.2

43.8

40.0

37.1

34.9

33.2

45

86.0

71.0

61.1

53.6

48.6

45.0

42.2

40.0

38.3

50

89.4

75.0

65.5

58.5

53.5

50.0

47.2

45.2

43.5

55

92.9

78.9

69.8

63.1

58.4

55.0

52.3

50.3

48.6

60

96.3

82.9

74.2

67.8

63.2

60.0

57.4

55.4

53.8

65

99.7

86.8

78.5

72.4

68.1

65.0

62.5

60.5

58.9

70

103.1

90.8

82.9

77.1

73.0

70.0

67.5

65.7

64.1

75

106.5

94.7

87.2

81.7

77.9

75.0

72.6

70.8

69.2

80

109.9

98.7

91.6

86.4

82.7

80.0

77.7

75.9

74.4

85

113.3

102.6

95.9

91.0

87.6

85.0

82.8

81.0

79.5

90

116.7

106.6

100.3

95.7

92.5

90.0

87.8

86.2

84.7

95

120.1

110.5

104.6

100.3

97.3

95.0

92.9

91.3

89.8

100

123.5

114.5

109.0

105.0

102.2

100.0

98.0

96.4

95.0

105

126.9

118.4

113.3

109.6

107.1

105.0

103.1

101.5

100.1

110

130.3

122.4

117.7

114.3

111.9

110.0

108.1

106.7

105.3

115

133.7

126.3

122.0

118.9

116.8

115.5

113.1

111.8

110.4

120

137.1

130.3

126.4

123.6

121.7

120.0

118.3

116.9

115.6

125

140.5

134.2

130.7

128.2

126.6

125.0

123.4

122.0

120.7

130

143.9

138.2

135.1

132.9

131.4

130.0

128.4

127.2

125.9

11

Und als Grafik:

12

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3.3 Zwicker-Verfahren [1] Kap. 5.3.1; [3] Kap. 4.6 Neben den oben beschriebenen Effekten: Lautstärke und Frequenzgruppen gibt es noch einen weiteren, entscheidenden Effekt: die Verdeckung. Der Grund für den Effekt liegt darin, dass das Cortis'sche Organ für die hohen Frequenzen am empfindlichsten am GehörEingang ist. Schallwellen mit tieferer Frequenz müssen also immer zuerst an Haarzellen vorbei, die empfindlich für höhere Frequenzen sind, bis sie zu den ihrer Frequenz entsprechenden Haarzellen gelangen. Auf dem Weg dorthin reizen sie die "falschen" Haarzellen. Dies zeigen die sog. Tuning-Kurven. Diese zeigen für Haarzellen an einem bestimmten Punkt auf dem Cortis'schen Organ wie gross der Pegel bei einer bestimmten Frequenz sein muss, um einen Reiz auszulösen. Für die Frequenz, für die die Haarzelle bestimmt ist, ist der Pegel minimal, d.h. die Empfindlichkeit am höchsten:

-> Tonbeispiel F02 R Terz 1k L 1-2k Sweep.WAV Das Zwickerverfahren ist etwas kompliziert und ist mit vertretbarem Aufwand nur in einem Computer zu bewältigen. Es ist auch nur für stationäre Geräusche. Es gibt komerzielle Messgeräte mit eingebauter Zwicker-Bewertung. Will man es von Hand tun, so geschieht dies anhand des beigefügten Formulars: 1 Man bilde das Terzspektrum der Geräusches

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2 Man fasse energetisch die Terzpegel der Bänder: 50, 63 und 80 Hz zum 63 Hz-Band, sowie der Bänder 100, 125 und 160 Hz zum 125 Hz-band und der Bänder 200 und 250 Hz zum 224 Hz-Band zusammen. 3 Man suche aus den Vorlagen das Formular, das es erlaubt, das Frequenz-Band mit dem höchsten Pegel zu übertragen. Ebenfalls muss das Formular danach gewählt werden, ob es sich um ein Diffusfeld oder um ein gerichtetes Schallfeld handelt. 4 Man übertrage die Pegel in dB aller Bänder in das Formular. 5 Man zeichne dann die Einhüllende über das eingetragene Spektrum unter Berücksichtigung der Verdeckung. 6 Man bestimme die Fläche unter der Einhüllenden. 7 Man zeichne ein Rechteck, das so breit ist wie die X-Achse des Formulars und diesselbe Fläche wie die Fläche unter der Einhüllenden. 8 Die Höhe des Rechteckes ergibt dann den Lautstärkepegel in phon oder die Lautheit in son. Formular für Berechung nach Zwicker:

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