Wie Sie Ihr Erbe richtig regeln! Erben und Vererben

Wie Sie Ihr Erbe ­richtig regeln! Erben und Vererben Inhaltsverzeichnis I. Vorwort ...................................................................
Author: Renate Böhm
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Wie Sie Ihr Erbe ­richtig regeln! Erben und Vererben

Inhaltsverzeichnis

I. Vorwort ............................................................................................................ 5 II. Was passiert, wenn ich nichts regele?................................................. 7 1. Wer erbt nach dem Gesetz mit welchem Anteil?.............................................. 7 1.1. Verwandte................................................................................................... 7 1.1.1. Verwandte erster Ordnung................................................................ 9 1.1.2. Verwandte zweiter Ordnung.............................................................. 10 1.1.3. Verwandte dritter und vierter Ordnung............................................. 11 1.2. Ehegatten und Partner eingetragener Lebenspartnerschaften................ 11 1.3. Nichteheliche Kinder .................................................................................. 14 1.4. Adoptivkinder.............................................................................................. 15 1.5. Pflege- und Stiefkinder............................................................................... 15 2. Was gilt, wenn keine Erben vorhanden sind?................................................... 15

III. Wie kann ich vorsorgen? ............................................................................ 17

1. Wer kann ein eigenhändiges Testament verfassen und welche Form gilt? ... 17 2. Ist ein notarielles Testament besser als ein eigenhändiges?........................ 18 3. Was ist ein gemeinschaftliches Testament?................................................ 19 4. Für wen hat ein Erbvertrag Sinn?.................................................................... 20 5. Welche anderen Vorsorgemöglichkeiten gibt es?........................................ 20 5.1. Übergabe „mit warmer Hand“.................................................................... 20 5.2. Kontovollmacht und Sparbücher ............................................................... 21 5.3. Lebensversicherung................................................................................... 21 6. Was kosten Erstellung und Hinterlegung von Testamenten?.......................... 21

IV. Was genau kann ich regeln und bin ich daran gebunden?........ 25 1. 2.

Ich möchte …..................................................................................................... 25 •  … jemanden zum Erben einsetzen................................................................ 25 •  … jemandem ein Vermächtnis zuwenden ..................................................... 27 •  … jemanden enterben.................................................................................... 28 •  … eine Vor- und Nacherbschaft festlegen .................................................... 28 •  … ein „Berliner Testament“ errichten ........................................................... 28 •  … eine Testamentsvollstreckung regeln ....................................................... 30 Kann ich nachträglich meine Regelungen ändern oder widerrufen?............... 30

INHALT

3

V. Was bedeutet der Pflichtteil und wer erhält ihn?............................ 33

1. 2. 3. 4.

Wer ist Pflichtteilsberechtigter?........................................................................ 33 Wie hoch ist die Pflichtteilsquote?.................................................................... 34 Ist ein Entzug des Pflichtteils möglich?............................................................ 34 Erhalten pflegende Angehörige etwas?............................................................ 34

VI. Der Erbfall ist eingetreten. Was nun?................................................... 37

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Wie und wo wird ein Testament eröffnet?......................................................... 38 Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft: Wie geht das?......................... 40 Wann brauche ich einen Erbschein und was kostet er?.................................. 42 Warum sind Erbengemeinschaften Streitgemeinschaften?............................. 44 Welche Steuern kommen auf mich zu?............................................................. 44 Was ist ein Erbverzicht und wie wirkt er sich aus?........................................... 47

VII. Weitere Fragen ................................................................................................ 49 1. 2. 3.

4

Gilt im Erbfall immer bundesdeutsches Recht?............................................. 49 1.1. Erbrechtsfälle mit Auslandsbezug........................................................... 49 1.2. Fortgeltendes Recht der ehemaligen DDR................................................ 50 Was passiert eigentlich mit meinem „Facebook“-Konto?................................ 52 Wo finde ich weitere Informationen?................................................................. 54

INHALT

I. Vorwort Liebe Bürgerinnen und Bürger, auch wenn jedem von uns bewusst ist, dass die rechtzeitige Regelung des Nachlasses wichtig ist, ist der ein oder andere versucht, die Überlegungen dazu - verständlicherweise - lange vor sich herzuschieben. Mancher wagt sich gar nicht an dieses Thema. Denn wer sich mit seinem Nachlass beschäftigt, muss sich auch mit dem eigenen Tod und den Folgen für die Hinterbliebenen auseinandersetzen. Es ist jedoch wichtig, klare Bestimmungen darüber zu treffen, wie der Nachlass zu verteilen ist. Dies kann Ihren Angehörigen viel Zeit und Arbeit und oftmals Streit und Ärger ersparen. Diese Broschüre möchte Sie daher ermuntern, darüber nachzudenken, ob die gesetzliche Erbfolge Ihren Verhältnissen und Wünschen entspricht oder ob Sie Ihre Vermögensnachfolge auf andere Weise selbst bestimmen möchten. Treffen Sie zu Lebzeiten keine Regelung, so tritt die im Bürgerlichen Gesetzbuch und im Lebenspartnerschaftsgesetz vorgesehene Erbfolge ein. Danach erben in erster Linie Ihre Kinder und Ihr Ehegatte beziehungsweise Lebenspartner. Sind keine Nachkommen vorhanden, schließen sich je nach Verwandtschaftsgrad Ihre übrigen Angehörigen an. Sie können aber auch andere Personen bestimmen, die Ihr Vermögen oder aber auch einzelne Gegenstände nach Ihrem Tod erhalten sollen. Entweder können Sie dies in einem Testament regeln oder in einem Erbvertrag. In diesem Fall stellen sich neue Fragen. Was genau kann ich in einem Testament regeln, und muss ich dafür zu einem Anwalt oder Notar gehen? Wie kann ich gemeinsam mit meinem Ehegatten oder Lebenspartner ein Testament aufsetzen, und kann ich mein Testament später widerrufen? Was bedeuten Pflichtteil und Vermächtnis und was passiert eigentlich mit meinem „Facebook“-Konto? Was muss ich als Erbe und/oder Angehöriger tun, wenn der Erbfall eingetreten ist, und welche Steuern kommen auf mich zu? Zu diesen und weiteren Fragen möchte Ihnen die vorliegende Broschüre einen Wegweiser an die Hand geben und Ihnen die wichtigsten Begriffe im Erbrecht vorstellen. Fachkundigen Rat durch einen Rechtsanwalt oder Notar kann und will diese Broschüre nicht ersetzen. Vielmehr sollen Sie ermutigt werden, Ihr Recht selbst in die Hand zu nehmen und Ihren Nachlass – gegebenenfalls mit fachkundigem Rat – eigenständig zu regeln. Mit den nachfolgenden Hinweisen und Tipps hoffe ich Ihnen dabei helfen zu können.

Stefan Ludwig Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz

VORWORT

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II. Was passiert, wenn ich nichts regele?

Gesetzeslage

Wenn Sie Ihren Nachlass nicht regeln, wird er nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Lebenspartnerschaftsgesetzes über die gesetzliche Erbfolge verteilt, und zwar grundsätzlich unter Ihren Verwandten und dem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner 1. Wie das genau aussieht, wird unter II.1. näher erläutert.

Mein Wille geschehe!

Sie sollten daher überlegen, ob Sie diese Erbfolge überhaupt wollen. Das Verteilen Ihres Nachlasses nach dem Gesetz führt nämlich in der Regel dazu, dass beispielsweise Ihr Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner nie alleiniger Erbe wird, solange etwa noch eine Nichte von Ihnen lebt.

Böse Überraschungen?

Es können also gesetzliche Erben zum Zuge kommen, mit denen Sie gar nicht gerechnet haben.

Lieber nicht!

Wer das vermeiden will, sollte ein Testament machen. Was dabei zu beachten ist und welche Regelungen dort getroffen werden können, erläutern wir im III. und IV. Kapitel.

1. Wer erbt nach dem Gesetz mit welchem Anteil? Nach dem Gesetz erben grundsätzlich nur Blutsverwandte und Ehegatten oder Partner eingetragener Lebenspartnerschaften.

1.1. Verwandte Die Verwandtschaft beruht auf Abstammung. Entweder folgt dies einer direkten Abstammung, wie beispielsweise Großeltern, Eltern, Kind, Enkel (Verwandtschaft in gerader Linie), oder der gemeinsamen Abstammung von einer dritten Person, wie beispielsweise Geschwistern oder Nichten und Neffen (Verwandtschaft in der Seitenlinie). 1

Soweit im Folgenden lediglich die männliche Bezeichnung gewählt wurde, geschah dies allein aus Gründen der Lesbarkeit. In Beispielen und im Text verwendete Namen sind frei erfunden.

ERBRECHT

7

Ein Kind, das zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht geboren, aber schon gezeugt ist, kann Erbe sein, vorausgesetzt, dass es lebend geboren wird. Nichteheliche Kinder des Erblassers sind in der Erbfolge den ehelichen Kindern grundsätzlich gleichgestellt. Ad­ optivkinder, die nach dem 1. Januar 1977 als Minderjährige angenommen wurden, erlangen die volle Rechtsstellung eines Kindes des Annehmenden. Wird ein Volljähriger angenommen, gilt er als Kind des Annehmenden, ist aber nicht mit dessen Verwandten verwandt. Angeheiratete Familienangehörige erben nicht, wie etwa der Schwiegersohn oder die Schwiegertochter, der Schwiegervater oder die Schwiegermutter, der Stiefsohn etc. Möchten Sie eine dieser Personen bedenken, müssen Sie ein Testament errichten. Sie geht sonst leer aus.

Wer, Wieviel?

Es erben nur die nächsten Verwandten. Alle entfernteren werden nicht berücksichtigt, solange nähere Verwandte vorhanden sind. Deshalb teilt das Gesetz die Verwandten in Erben verschiedener Ordnungen (Klassen) ein. In erster Linie sollen die Abkömmlinge Erben des Erblassers werden (Erben erster Ordnung). Der Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers hat daneben ein eigenständiges gesetzliches Erbrecht. Großeltern

Eltern

Tanten/Onkel

Ehefrau

Erblasser

Kinder

1

Enkel

Erben erster Ordnung

8

ERBRECHT

Geschwister

Nichten/Neffen

2

Großnichten/ Großneffen

Erben zweiter Ordnung

Cousinen/Cousins

Großcousinen/Großcousins

3

Großcousinen/ Großcousins zweiten Grades

Erben dritter Ordnung

1.1.1. Verwandte erster Ordnung Beispiel (1)

Die Erblasserin hinterlässt eine Tochter, einen Sohn und ihre Mutter.

Ergebnis:

Es erben nur ihre Tochter und ihr Sohn, und zwar je zur Hälfte, da gesetzliche Erben (eines Stammes) immer zu gleichen Teilen erben. Die Mutter geht leer aus, da sie nur Erbin zweiter Ordnung ist und Erben erster Ordnung (Tochter und Sohn) vorhanden sind.

Mutter 0

Erblasserin

Tochter ½

Sohn ½

Erben erster Ordnung Erben zweiter Ordnung

MERKE!

Erben näherer Ordnung schließen Erben fernerer Ordnung von der Erbfolge aus. Was ist aber, wenn im obigen Beispiel die Tochter selbst Kinder, also Abkömmlinge, hat?

Nähere Abkömm­ linge schließen fernere aus

Diese sind zwar auch Abkömmlinge der Erblasserin (Enkel). Sie gehen aber leer aus. Denn nach dem Gesetz schließt ein lebender Abkömmling (hier die Tochter) die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (hier die Enkelkinder) von der Erbfolge aus.

ERBRECHT

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„Vorverstorben“

Nur wenn das Kind vor dem Erbfall verstorben ist, geht sein Erbanteil auf seine Kinder, also die Enkelkinder des Verstorbenen, über.

Beispiel (2)

Die Erblasserin hat einen Sohn und drei Töchter. Der Sohn, der zwei Kinder hat, ist vorverstorben.

Ergebnis:

Die Töchter erhalten jeweils 1/4. Die beiden Kinder des vorverstorbenen Sohnes teilen sich dessen Viertel, sodass jeder von ihnen 1/8 erhält.

Erblasserin

Sohn

Tochter ¼

(vorverstorben)

Enkelin

Enkel

1/ 8

1/ 8

Tochter ¼

Tochter ¼

Erben erster Ordnung

1.1.2. Verwandte zweiter Ordnung Wie war das noch?

Verwandte der zweiten Ordnung erben nur dann, wenn keine Verwandten der ersten Ordnung vorhanden sind. Aber auch hier gilt: Kinder eines vorverstorbenen Erben übernehmen dessen Erbteil.

Beispiel (3)

Der Erblasser hinterlässt seine Mutter, seinen Bruder sowie eine Nichte und einen Neffen, die Kinder seiner vorverstorbenen Schwester, also nur Erben der zweiten Ordnung.

10

ERBRECHT

Ergebnis:

Die Mutter erhält die Hälfte der Erbschaft, die Geschwister bzw. deren Kinder teilen sich die andere Hälfte. Der überlebende Bruder erhält somit 1/4, Nichte und Neffe jeweils 1/8, da sie sich den Erbteil (1/4) der vorverstorbenen Schwester teilen müssen.

1.1.3. Verwandte dritter und vierter Ordnung Die Erbfolge richtet sich im Wesentlichen nach denselben Regelungen wie für die erste und zweite Ordnung. Für bereits verstorbene Urgroßeltern (vierte Ordnung) treten aber nicht mehr jeweils deren eigene Abkömmlinge in die Erbfolge ein, sondern es erbt der mit dem Erblasser dem Grad nach am nächsten Verwandte allein. Damit wird eine zu große Zersplitterung des Nachlasses vermieden.

1.2. Ehegatten und Partner eingetragener Lebenspartnerschaften BEACHTE:

Das Recht der Ehegatten gilt grundsätzlich auch für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, auch wenn diese (noch) nicht in eine Ehe umgewandelt wurde.

ERBRECHT

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WICHTIG!

Nichteheliche Partner erben nicht. Möchten Sie Ihren nichtehelichen Partner bedenken, müssen Sie ein Testament errichten. Er geht sonst leer aus.

Wieviel?

Ehegatten erben (unabhängig vom Güterstand) • neben Abkömmlingen zu 1/4, • neben Verwandten der zweiten Ordnung und Großeltern zu 1/2, • alles, wenn weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden sind.

Erhöhung

Der Erbteil erhöht sich um ein weiteres Viertel, wenn die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemein­ schaft gelebt haben. Dieser gilt immer dann, wenn die Eheleute keinen anderen Güterstand durch Ehevertrag vereinbart haben.

Beispiel (4)

Der Erblasser hinterlässt eine Ehefrau und vier Kinder. Ein Ehevertrag ist nicht vorhanden. Das Paar lebte also im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Ergebnis:

Die Ehefrau erhält ein Viertel aus den Regelungen des Erbrechts und ein weiteres Viertel wegen des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft. Also insgesamt die Hälfte. Die vier Kinder teilen sich die andere Hälfte und erhalten jeweils ein Achtel.

Erblasser

Ehefrau ¼ (Erbrecht) + ¼ (Zugewinn) = ½

Kind

Kind

Kind

Kind

1/ 8

1/ 8

1/ 8

1/ 8

Erben erster Ordnung

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ERBRECHT

Aber was wäre, wenn das Ehepaar im obigen Beispiel kinderlos wäre und neben der überlebenden Ehefrau noch die Eltern des Erblassers lebten? Die Ehefrau erhielte die Hälfte des Nachlasses als Erbin (vgl. Regel oben), weil die Eltern des Erblassers nur Verwandte zweiter Ordnung sind. Darüber hinaus erhielte sie ein weiteres Viertel, weil sie mit dem Verstorbenen in Zugewinngemeinschaft lebte, also insgesamt drei Viertel. Die Eltern erbten insgesamt ein Viertel, also jeweils ein Achtel. BEACHTE: Wahlrecht!

Neben der erbrechtlichen Lösung (Erbteil und pauschale Erhöhung des Erbteils) kann der überlebende Ehegatte auch die güterrechtliche Lösung (Erbrecht und Zugewinnausgleich) wählen. In letzterem Fall wird – wie im Scheidungsverfahren – der errechnete Zugewinn hälftig geteilt. Welche Wahl im Einzelfall die günstigere ist, sollten Sie vorher mit einem Rechtskundigen (z.B. einem Rechtsanwalt oder Notar) besprechen.

Großer Voraus

Zusätzlich erhält der überlebende Ehe- oder Lebenspartner neben Erben der zweiten Ordnung oder neben Großeltern noch den sog. großen Voraus. Das sind regelmäßig alle Haushaltsgegenstände und die Hochzeitsgeschenke.

Kleiner Voraus

Neben Erben der ersten Ordnung erhält er/sie den sog. kleinen Voraus, der die o. g. Gegenstände umfasst, soweit der überlebende Ehe- oder Lebenspartner sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.

Scheidung oder Aufhebung der Ehe

Das Erbrecht des Ehegatten setzt das Vorliegen einer bestehen­ den Ehe voraus. Daran fehlt es bei rechtskräftiger Scheidung oder Aufhebung der Ehe. Das Erbrecht des Ehegatten ist außerdem ausgeschlossen, wenn ein Scheidungsantrag des Erblassers gestellt war oder seine Zustimmung zum Scheidungsantrag des Ehe- oder Lebenspartners vorlag und im Übrigen die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen. Das bloße Getrenntleben be­ einflusst den gesetzlichen Erbanspruch des Ehe- oder Le­ benspartners nicht.

ERBRECHT

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1.3. Nichteheliche Kinder Gleichberechtigte Erben

Nichteheliche Kinder waren und sind nach ihrer Mutter schon immer voll erbberechtigt. Seit dem 1. April 1998 sind sie in der Erbfolge auch nach ihrem Vater den ehelichen Kindern voll gleichgestellt. Allerdings ist immer Voraussetzung, dass die Va­ terschaft wirksam anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist.

Ausnahme

Bei Erbfällen vor dem 29. Mai 2009 hat ein vor dem 1. Juli 1949 geborenes nichteheliches Kind kein gesetzliches Erbrecht nach seinem Vater und seinen väterlichen Verwandten. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kann diese Stichtagsregelung eine Verletzung der Rechte des nichtehelichen Kindes aus der Europäischen Menschenrechtskonvention bedeuten.

Ausnahme von der Ausnahme

Die vorgenannte Stichtagsregelung gilt nicht in zwei Fällen: • Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesgerichtshofs gibt es atypische Fallkonstellationen, in denen die strikte Anwendung der Stichtagsregelung die Rechte nichtehelicher Kinder verletzt, weil unter den besonderen Umständen des Einzelfalls ein gerechter Ausgleich zwischen den betroffenen widerstreitenden Interessen der Familie des Erblassers und andererseits denen des nichtehelichen Kindes nicht hergestellt würde. In diesen Fällen prüfen die Gerichte, ob die Stichtagsregelung ausnahmsweise nicht anzuwenden ist. • Darüber hinaus gilt die oben genannte Ausnahme auch nicht, wenn das Kind vor dem 3. Oktober 1990 geboren wurde und der Erblasser am 2. Oktober 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den neuen Bundesländern hatte. Dann ist nach dem Einigungsvertrag das uneingeschränkte Erbrecht des nichtehelichen Kindes nach dem bis dahin geltenden Recht der DDR anzuwenden. Im Zweifel empfiehlt es sich, bei Erbfällen vor dem 1. April 1998 und in den Ausnahmefällen weiteren Rechtsrat einzuholen.

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ERBRECHT

1.4. Adoptivkinder Wirkung

Adoption bewirkt grundsätzlich rechtliche Verwandtschaft. Zu unterscheiden ist im Erbfall zwischen der Adoption eines minderjährigen Kindes und eines Volljährigen.

Minderjährige

Ist das Adoptivkind bei der Annahme minderjährig, erlangt es gegenüber dem Annehmenden die volle Rechtsstellung ei­ nes leiblichen Kindes. Es ist damit mit den Adoptiveltern und deren Verwandten wie ein leibliches Kind verwandt und damit gesetzlicher Erbe erster Ordnung nach dem Annehmenden, dessen Eltern und Voreltern. Hingegen verliert es durch die Adoption seine Verwandtschaft zu seinen leiblichen Eltern und seinen früheren Verwandten und damit auch sein Erbrecht ihnen gegenüber.

Ausnahme:

Das Adoptivkind wurde vor dem 1. Januar 1977 geboren, war bei der Adoption minderjährig, aber am 1. Januar 1977 volljährig. Diese Adoptivkinder bleiben gegenüber den leiblichen Eltern und deren Verwandten erbberechtigt.

Volljährige

Ist das Kind zum Zeitpunkt der Adoption volljährig, bekommt es zu seinen leiblichen neue Eltern hinzu. Es hat dann vier Elternteile und kann auch vier Elternteile beerben. Nicht beerben kann es aber die Verwandten der Adoptiveltern. Auch hier empfiehlt es sich, im Zweifel weiteren Rechtsrat einzuholen.

1.5. Pflege- und Stiefkinder Kein Erbrecht

Pflege- und Stiefkinder erben nach dem Gesetz nichts – natürlich nur, wenn sie nicht adoptiert sind (siehe oben). Sollen sie erben, müssen Sie ein Testament aufsetzen.

2. Was gilt, wenn keine Erben vorhanden sind? Niemand stirbt ohne Erben

An letzter Stelle steht der Staat (Fiskus). Er wird Erbe, wenn kein Testament existiert und gesetzliche Erben nicht ermittelt werden können.

ERBRECHT

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Erbersatzsanspruch besteht gegen den Staat weiter

Hat nach den oben genannten Regeln ein nichteheliches Kind nach seinem Vater oder dessen Verwandten kein gesetzliches Erbrecht und kann deshalb nicht Erbe sein, kann es seinen Erb­ ersatzanspruch gegenüber dem Staat geltend machen, wenn sonst keine weiteren Erben vorhanden sind.

III. Wie kann ich vorsorgen?

Ein Testament geht den gesetzlichen Regelungen vor

In vielen Fällen ist ein Testament der gesetzlichen Erbfolge vorzuziehen. Haben Sie ein Pflegekind, das erben soll, wollen Sie nicht, dass ein Ihnen nicht näher bekannter Neffe Erbe wird, möchten Sie einen Teil Ihres Vermögens einem Verein zuwenden oder Ihren nichtehelichen Lebenspartner bedenken, müssen Sie ein Testament machen. Auch wenn Sie über Grundbesitz und größeres Vermögen verfügen oder Firmeninhaber sind, sollten Sie unbedingt ein Testament machen, wenn Sie eine Zerschlagung vermeiden oder verhindern wollen, dass Vermögensmassen in die falschen Hände geraten.

TIPP

„Machen Sie Ihr Testament, solange Sie es nicht brauchen!“

1. Wer kann ein eigenhändiges Testament verfassen und welche Form gilt? Testierfähigkeit

Testierfähig ist grundsätzlich jede volljährige (mindestens 18 Jahre alte) Person. Minderjährige, die aber mindestens 16 Jahre alt sein müssen, und Personen, die nicht lesen können, benötigen zur Errichtung eines Testaments einen Notar. Dieser ist zudem zu empfehlen bei Menschen mit Seh-, Hörund Sprachbehinderungen. Die Testierfähigkeit fehlt bei krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche und bei Bewusstseinsstörung.

FORM Kein Computer!

Das gesamte Testament muss vom Erblasser handgeschrieben und unterschrieben sein. Ansonsten ist es ungültig, und es greift die gerade nicht gewollte gesetzliche Erbfolge. Erklärungen nach der Unterschrift müssen nochmals unterschrieben werden. Sonst sind sie ungültig. Das Wort „Testament“ braucht aber nicht benutzt zu werden.

ERBRECHT

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Unterschrift

Unterschreiben Sie das Testament mit vollem Namen, also mit Vornamen und mit Nachnamen. Sonst könnte später darüber gestritten werden, wer das Testament erstellt hat. Auch die Angabe Ihres Geburtsnamens, Ihres Geburtstages und Ihrer Adresse kann von Nutzen sein. UNBEDINGT sollten Sie Datum und Ort der Errichtung handschriftlich angeben. Denn ein neues Testament hebt ein altes auf, soweit es ihm widerspricht. Dies kann selbst dann gelten, wenn zuvor ein notarielles Testament erstellt wurde. Fehlt das Datum auf einem Testament, ist unklar, welches das neuere und damit vorrangig gültige ist.

Wohin mit dem ­Testament?

Ihr Testament können Sie selbst verwahren oder einer vertrauten Person zur Aufbewahrung geben. Das ist die kostengünstigste Variante, aber auch die unsicherste. Denn ob Ihr Wille nach Ihrem Ableben verwirklicht wird, hängt dann davon ab, ob das Testament gefunden wird oder von der Person Ihres Vertrauens dem Nachlassgericht übergeben wird. Sichergehen können Sie, wenn Sie Ihr Testament bei einem Amtsgericht Ihrer Wahl hin­ terlegen (siehe dazu III.6., Seite 21).

Beispiel (5)

Mein letzter Wille Hiermit setze ich, Irmtraud Lippes geborene Habich, geboren am 17. März 1947, Ginsterweg 7, 14532 Kleinmachnow, meine Tochter Eugenia Lippes zur alleinigen Erbin meines gesamten Vermögens ein. Kleinmachnow, den 31. Mai 2014

Imtraud Lippes

(Unterschrift)

2. Ist ein notarielles Testament besser als ein eigenhändiges? Sicherheit

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ERBRECHT

Notare sind verpflichtet, Sie bei der Abfassung des Testaments umfassend zu beraten, Ihren Willen zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und Ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Urkunde wiederzugeben. Das stellt sicher, dass Sie Ihre

Vorstellungen über die Verteilung Ihres Vermögens auch tat­ sächlich verwirklichen können. Beratung über ­Steuerrecht

Der Notar kann Sie nicht umfassend über die steuerlichen Fol­ gen des Erbfalls informieren. Nur in Ausnahmefällen besteht eine Hinweis- und Warnpflicht bezüglich steuerlicher Auswirkungen eines Testaments. Insbesondere bei der Vererbung von Unternehmen und größeren Vermögen sind die Wechselwir­ kungen zwischen Erb- und Steuerrecht (Erbschaftsteuer, ggf. Einkommensteuer bei Übertragung unter Lebenden, siehe unten VI.5., Seite 44) so kompliziert, dass hier die Einholung fachli­ chen Rats, etwa eines Steuerberaters, zu empfehlen ist.

Kosten

Bei einem Vermögenswert von 50.000 e kostet ein Einzeltestament etwa 200 € an Gebühren und Auslagen (siehe dazu näher III.6., Seite 21 bis 23).

Lohnt sich das?

Mit einem notariellen Testament können Sie Ihren Erben viel Geld, Zeit und Arbeit ersparen. Denn diese brauchen – anders als beim privaten Testament – meist keinen Erbschein, weil normalerweise ein notarielles Testament den Erbschein er­ setzt. Die Kosten für die Erteilung eines Erbscheins, die fast immer deutlich höher sind als für ein notarielles Testament, können gespart werden (Näheres zum Erbschein siehe unten VI.3., Seite 42).

• Erbscheinkosten sparen

• Zeit sparen

Außerdem können die Erben mit dem notariellen Testament ihr Erbrecht sofort nachweisen, sobald ihnen das Nachlassgericht die Unterlagen der Testamentseröffnung zugesandt hat. Die Erteilung eines Erbscheins durch das Nachlassgericht – das ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt gewohnt hat – nimmt gelegentlich etwas Zeit in Anspruch.

3. Was ist ein gemeinschaftliches Testament? Berechtigte

Nur Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft dürfen ihren letzten Willen in einem gemeinsamen Testament regeln, das dann zwei Verfügungen von Todes we­ gen enthält. Hierdurch entsteht eine Bindung, die bewirkt, dass nach dem Tod des einen Ehe- oder Lebenspartners der Überlebende die getroffenen Bestimmungen in der Regel nicht mehr ändern kann. ERBRECHT

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Form ist weniger streng

Ein Ehe- oder Lebenspartner kann das Testament von Anfang bis Ende eigenhändig schreiben und unterschreiben und der andere eigenhändig mit unterzeichnen. Es müssen also nicht beide den gleichen Text zweimal eigenhändig schreiben (siehe hierzu das Beispiel eines sog. „Berliner Testaments“ unter IV.1., Seite 29).

4. Für wen hat ein Erbvertrag Sinn? Bedeutung

Der Erblasser schließt mit einer oder mehreren Personen einen Erbvertrag, wenn schon zu Lebzeiten wegen der Hinterlassenschaft Bindungen eingegangen werden sollen.

Geschäftsübergabe

In der Praxis besteht hierfür Bedarf, wenn der Erblasser eine bestimmte Person, etwa seine Tochter, als Alleinerbin einsetzen will und sie schon zu seinen Lebzeiten im Betrieb mitarbeiten soll mit dem Ziel, den Betrieb später zu übernehmen. Durch den Erbvertrag kann sie sicher sein, auch wirklich Nachfolgerin ihres Vaters zu werden (zum Übergabevertrag siehe sogleich Ziff. 5).

Nichtehel. Lebens­ gemeinschaften

Diese können kein gemeinschaftliches Testament verfassen. Die gegenseitige Bindung ihrer letztwilligen Verfügungen schon zu Lebzeiten können die Partner durch einen Erbvertrag regeln.

Form

Der Erbvertrag muss vor einem Notar abgeschlossen werden. Erblasser und Erbe müssen gleichzeitig anwesend sein.

5. Welche anderen Vorsorgemöglichkeiten gibt es? 5.1. Übergabe „mit warmer Hand“

Ein Übergabevertrag regelt die Vermögensnachfolge zu Leb­ zeiten. Die Erbfolge wird dadurch vorweggenommen. Der Vertrag kann helfen, späteren Streit unter den Erben zu vermeiden und gleichzeitig die Vermögensnachfolge umfassend zu regeln, etwa durch: • Versorgung des Erblassers durch Wohnrecht, Rente u. a. • Bestimmung des Erben (Nachfolgers) • Abfindung weichender Kinder u. a.

Vorteile?

Die Erbfolgeplanung zu Lebzeiten ist äußerst flexibel und kann Steuervorteile bescheren. Bei einer unentgeltlichen Übergabe fällt zwar Schenkungsteuer an, die der Erbschaftsteuer ent-

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ERBRECHT

spricht. Die Freibeträge (siehe unten VI.5., Seite 44 bis 47) können aber alle zehn Jahre wieder neu geltend gemacht ­werden. Nachteile?

Bei veränderter Lebenslage ist die einst vereinbarte Übergaberegelung vielleicht gar nicht mehr gewollt. Ein Übergabevertrag lässt sich aber nur sehr schwer rückgängig machen, vor allem wenn eine größere Anzahl von Personen beteiligt ist. Es empfiehlt sich hier in jedem Fall weiteren Rechtsrat einzuholen.

5.2. Kontovoll­ macht und Sparbücher

Eine Bankvollmacht (Kontovollmacht) ist hilfreich, um einem Angehörigen zu ermöglichen, kurzfristig anfallende Kosten (z. B. Beerdigungskosten, eventuell Krankenhauskosten) rasch zu bezahlen. Die Vollmacht kann in der Weise erteilt werden, dass sie erst mit dem Tod des Erblassers wirksam wird. Fragen Sie Ihre Bank. Darüber hinaus sind weitergehende Vollmachten bis hin zur Generalvollmacht möglich, die den Bevollmächtigten ermächtigen, über Nachlassgegenstände in Vertretung des Erben zu verfügen. Häufig legen Paten oder Großeltern Sparbücher auf den Namen dessen an, der später das Geld einmal bekommen soll. Manchmal wissen die Begünstigen hiervon gar nichts. Ihnen soll der angesparte Betrag irgendwann einmal geschenkt werden. Solche Sparbücher müssen im Testament erwähnt werden. Andernfalls können die Erben unter Umständen die Schenkung der ersparten Summe widerrufen.

5.3. Lebensver­ sicherung

Haben Sie keinen Bezugsberechtigten bestimmt, fällt die Versicherungssumme in den Nachlass und wird wie alle anderen Gegenstände vererbt.

WICHTIG: Bezugsrecht ­ sichern!

Gibt es einen Bezugsberechtigten, können die Erben das Bezugsrecht zu ihren Gunsten ggf. widerrufen. Das können Sie als Erblasser durch Vereinbarung einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung mit der Versicherung ausschließen.

6. Was kosten Erstellung und Hinterlegung von Testamenten? Erstellung

Nur die Erstellung eines notariellen Testaments/Erbvertrags löst Kosten aus, nämlich Notargebühren (siehe unten).

ERBRECHT

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Hinterlegung:

• Eigenhändiges Testament: freiwillig

Die Hinterlegung eines Testaments (eigenhändig oder notariell) beim Amtsgericht ist kostenpflichtig (siehe unten), hat aber den Vorteil, dass das Testament nicht mehr verloren geht oder zerstört wird und der Wille des Erblassers auf jeden Fall bekannt wird. Die Hinterlegung des Testaments ist aber nicht Voraus­ setzung für seine Wirksamkeit und bei einem eigenhändigen Testament zudem freiwillig.

• Notarielles Testament: Pflicht!

Bei einem notariellen Testament ist der Notar dienstlich ver­ pflichtet, es unverzüglich nach der Erstellung zum Nachlassgericht (besondere amtliche Verwahrung) zu bringen. Erb­ verträge können dagegen auch vom Notar verwahrt werden (einfache amtliche Verwahrung).

KOSTEN

Diese sind abhängig vom Reinvermögen (Aktivvermögen minus Schulden, höchstens aber bis zur Hälfte des Vermögenswertes) des Erblassers und fallen im Einzelfall wie folgt an:

Gebühr + Auslagen • Notar

Nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) erhält der Notar für die Erstellung eines Testaments eine volle Gebühr, mindestens 60 e, und doppelt so viel, mindestens 120 e bei gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen sowie die Mehrwertsteuer. Hinzu kommen können noch Dokumenten- und Auslagenpauschalen (z. B. für Kopien, Porto oder Telefongebühren).

• Amtliche Hinterlegung

Die Gebühr beträgt 75 e. Mehrwertsteuer fällt nicht an. Bei einem notariellen Testament ist die Gebühr immer zu zahlen, da dieses stets beim Nachlassgericht hinterlegt werden muss (siehe oben).

• Registrierung im Zentralen Testaments register (ZTR)

Das Zentrale Testamentsregister (ZTR) wurde am 1. Januar 2012 von der Bundesnotarkammer in Betrieb genommen. Darin werden Verwahrdaten aller in amtlicher Verwahrung befindlicher Testamente/Erbverträge gespeichert. Verwahrdaten sind Daten des Erblassers (Name, Geburtstag, Geburtsstandesamt usw.), Daten der Urkunde (u. a. Art, Datum sowie Name und Amtssitz des beurkundenden Notars) und Daten über die Verwahrstelle (Nachlassgericht/Notar). Der Inhalt des Testaments wird nicht gespeichert.

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ERBRECHT

So kann in jedem Sterbefall das Register auf vorhandene Testamente geprüft und daraufhin das zuständige Nachlassgericht über etwa vorhandene Verfügungen von Todes wegen informiert werden. Dadurch können Sie sicher sein, dass Ihr Testament eröffnet und Ihr testierter Wille befolgt wird. Bei der Hinterlegung durch den Notar fallen einmalig 15 E an. Wenn Sie selbst Ihr eigenhändiges Testament registrieren lassen, fällt eine einmalige Gebühr von 18 E an. Kostenbeispiele:

BEACHTE: Maßgeblich ist das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) in der im Zeitpunkt der Drucklegung gültigen Fassung.

Beispiel (6)

Der Erblasser hinterlegt sein eigenhändig verfasstes Testa­ ment beim Nachlassgericht; es wird im ZTR registriert. Hierfür fallen unabhängig vom Nachlasswert eine Hinterlegungsgebühr von 75 E beim Gericht und eine Registrierungsgebühr beim ZTR in Höhe von 18 E, also insgesamt 93 E an.

Beispiel (7)

Es wird ein notarielles Testament erstellt, beim Nachlassgericht hinterlegt und im ZTR registriert.

Wert

Notargebühr

Hinterlegungs­ gebühr Gericht

Registrierungsgebühr Testamentsregister

Gesamt­ kosten

  5.000 e

 60 e

75 e

15 e

  .150 e

 60.000 e

192 e

75 e

15 e

  .282 e

120.000 e

300 e

75 e

15 e

  .390 e

500.000 e

935 e

75 e

15 e

1.025 e

Hinzukommen können noch Auslagen (z.B. Umsatzsteuer und Dokumentenpauschale). Wenn der Wert des Nachlasses höher ist, erhöht sich auch die Gebühr. Bei einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Testament verdoppelt sich die Notargebühr.

ERBRECHT

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IV. Was genau kann ich regeln und bin ich daran gebunden? Nahezu alles ist möglich

In Ihrem Testament können Sie grundsätzlich vollkommen frei bestimmen, welche Person welche Gegenstände unter welchen Bedingungen erhalten soll. Sie können etwa die Erbquote abweichend von der gesetzlichen Regelung, wonach z. B. Ihre Kinder zu gleichen Teilen erben (siehe bereits oben II.1., Seite 9), ändern oder die Teilung des Nachlasses für eine bestimmte Zeit ausschließen, um beispielsweise die Fortführung Ihres ­Betriebes zu sichern.

1. Ich möchte ­regeln

Die häufigsten Regelungen in einem Testament sind die Erbeinsetzung, das Vermächtnis, die Enterbung, die Vor- und Nacherbschaft, das Berliner Testament (Ein­ setzung von Voll- und Schlusserben) sowie die Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Sie werden nachfolgend dargestellt.

• Erbeinsetzung

Sie können eine Person (auch eine sog. „juristische“ Person wie etwa einen eingetragenen Verein) zum Alleinerben oder meh­ rere Personen zu bestimmten Anteilen als Erben einsetzen (Miterben). Sie können auch eine Partei, die Kirche oder sonstige Gruppierungen als Erben bestimmen. Es zählt allein Ihr Wille.

Grundsatz: Keine Einzelzuweisung von Gegenständen

Grundsätzlich sollten Sie einzelne Gegenstände Ihres Vermögens nicht ohne weitere Regelung (siehe unten) unter Ihren ­Angehörigen verteilen. Besser ist es, die Erben klar zu bestimmen. Denn das Vermögen geht durch den Erbfall auf den oder die Erben nur als Ganzes über, weil klar sein muss, wer Rechtsnachfolger des Verstorbenen wird. Schreiben Sie also nicht:

„Mein Sohn kriegt mein Haus, meine Tochter bekommt den Schmuck“ usw. Ausnahmen

Sie können aber durch eine Teilungsanordnung festlegen, wie mehrere Erben die Erbschaft aufteilen sollen.

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Beispiel (8)

Meine Erben sollen zu gleichen Teilen meine Tochter ­Wilma und mein Sohn Fred sein. Meine Tochter Wilma soll den ­Familienschmuck, das Bargeld und mein Konto, mein Sohn Fred soll mein Haus bekommen. Wenn Sie wollen, können Sie im Beispiel 8 zusätzlich bestimmen, dass die Erben den Wertunterschied ausgleichen. Eine weitere Möglichkeit, das Erbe aufzuteilen, besteht darin, einen Alleinerben einzusetzen und einzelne Gegenstände durch ein Vermächtnis jeweils anderen Personen zuzuweisen (zum Vermächtnis siehe unten).

Anrechnung von ­Zuwendungen zu Lebzeiten?

Setzen Sie Miterben ein und haben einige von ihnen schon zu Lebzeiten größeres Vermögen erhalten, sollten Sie im Testa­ ment klarstellen, ob dies auf den Erbteil anzurechnen ist. Begründen müssen Sie Ihre Entscheidung nicht.

Widerruf von ­Schenkungen?

Unentgeltliche Zuwendungen zu Lebzeiten (Schenkungen) können die Erben nur in engen Grenzen widerrufen, nämlich dann, wenn der Beschenkte den Schenker vorsätzlich und w ­ iderrechtlich getötet oder am eigenen Widerruf gehindert hat. Anderes gilt in Fällen von sog. beeinträchtigenden Schenkungen bei einem Erbvertrag zum Nachteil eines Vertragserben und bei einem gemeinschaftlichen Testament zum Nachteil der Erben des Überlebenden, der Schlusserben (zum Erbvertrag siehe III.4., Seite 20, zum gemeinschaftlichen Testament siehe auch IV.1., Seite 28). Mit beeinträchtigenden oder böswilligen Schenkungen sind solche gemeint, die der Erblasser zu Lebzeiten ohne Eigeninteresse in der Absicht vornimmt, den Vertragserben oder den Schlusserben zu schädigen. Nach Anfall der Erbschaft kann der Erbe vom Beschenkten nur unter besonderen Umständen die Heraus­ gabe des Geschenks verlangen.

Beispiel (9)

Die verheirateten Eltern setzten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmten ihre beiden Söhne Anton und Paul jeweils zu 1/2 zu Erben

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des überlebenden Ehegatten (Schlusserben). Nach dem Tod des Vaters schenkte die Mutter Anton das Familienhaus. Sie erhoffte sich davon, dass dieser sie dort bis zum Lebensende versorgen und pflegen werde, was auch geschah. Nach ihrem Tod verlangt Paul hälftiges Miteigentum am Haus. Ergebnis:

Die Erblasserin hatte ein eigenes Interesse an der Schenkung. Sie wollte ihren Lebensabend in dem Familienhaus verbringen und dort von ihrem Sohn Anton versorgt und gepflegt werden. Nach dem Bundesgerichtshof muss nun in einer Gesamtbetrachtung des Falles bewertet werden, ob der Schlusserbe Paul das Miteigentum an dem Haus von seinem Bruder erhält und im Gegenzug eine Ausgleichszahlung leisten muss oder ob er nur Zahlung eines Geldbetrages verlangen kann, der dem verbleibenden Wert der Schenkung entspricht. Dabei sind die von Anton gegenüber der Mutter erbrachten Leistungen und Aufwendungen einzubeziehen. Wegen der schwierigen rechtlichen Bewertung ist in Fällen wie diesen unbedingt weiterer Rechts­ rat zu empfehlen.

Ersatzerben

Für den Fall, dass Ihr Erbe vor Ihnen versterben sollte oder die Erbschaft ausschlägt, können Sie im Testament einen Ersatz­ erben einsetzen.

Beispiel (10)

• Vermächtnis

Für den Fall, dass einer der Erben vor mir stirbt, sollen ­anstelle von Hannes dessen Sohn Eberhart und anstelle von Greta mein Neffe Friedel erben. Mit einem Vermächtnis können Sie einzelne Gegenstände Ihres Vermögens (z. B. einzelne Geldbeträge) einer oder mehreren Personen zuwenden, ohne diese als Erben einzusetzen. Diese sind Vermächtnisnehmer und haben dann einen Anspruch gegen die Erben auf Herausgabe.

Beispiel (11)

Mein Ehemann Isidor soll Alleinerbe werden. Meinem Gärtner Theobald Thesen vermache ich 2.000 Euro. ERBRECHT

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Auflagen

Sie können dem Vermächtnisnehmer – und auch dem Erben, sonst aber niemandem – in Ihrem Testament Auflagen erteilen. Diese müssen rechtlich zulässig und ihre Erfüllung nicht unmöglich sein. Im Beispiel 11 könnten Sie etwa noch den Satz anfügen:

„Dafür soll Theobald Thesen für den Zeitraum von 8 Jahren ­mindestens einmal im Jahr mein Grab mit frischen Vergissmeinnicht bepflanzen.“ Wirkung: ­Vollziehungspflicht

Durch die Auflage wird der Vermächtnisnehmer/Erbe be­ schwert. Er ist rechtlich verpflichtet, die Anweisung des Erblassers zu erfüllen. Bestimmte Personen, darunter etwa die Miterben, können auf Vollziehung der Auflage klagen.

• Enterbung

Sie können Personen, die als gesetzliche Erben in Betracht kommen (etwa Ihren Ehegatten), durch Testament von der Erbfolge ausschließen. Diesen stehen dann aber regelmäßig Pflichtteils­ ansprüche zu (siehe dazu V., Seite 33).

• Vor- und Nacherbschaft

Vor- und Nacherbe erben zeitlich nacheinander. Der Vorerbe darf grundsätzlich nichts von der Erbschaft verschenken und auch keine Grundstücke/Immobilien veräußern, damit sichergestellt ist, dass der Nacherbe nach dem Tod des Vorerben das Vermögen möglichst ungeschmälert erhält.

Verfügungs beschränkung Beispiel (12)

Meine Frau Waltraud soll Erbin werden. Nach Ihrem Tod soll mein Neffe Justus erben. Auch hier sind die Gestaltungsmöglichkeiten vielfältig. Der Vorerbe kann etwa von einem Teil der Beschränkungen durch den Erblasser entbunden werden. Vor Abfassung eines solchen Testaments ist deshalb weiterer Rechtsrat zu empfehlen. • Berliner Testament

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Hierbei handelt es sich um ein typisches gemeinschaftliches Testament. Darin setzen sich Ehe- oder Lebenspartner in der Regel gegenseitig zu Alleinerben ein, um zu verhindern, dass

der überlebende Ehe- oder Lebenspartner mit den gemeinsamen Kindern eine Erbengemeinschaft bildet und sich mit diesen auseinandersetzen muss. Zur Form siehe bereits III.3., Seite 19. Beispiel (13)

Testament Wir, die Eheleute Matthias und Dörthe Schlegel, geb. ­Eidelstedt, setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Erben des Letztversterbenden sollen zu gleichen Teilen ­unsere Kinder Katharina und Marko sein. Cottbus, den 1. Januar 2014, Matthias Schlegel geb. 2. November 1952 Dörthe Schlegel, geb. Eidelstedt, geb. 24. Mai 1950 Görzenichstr. 52, 03044 Cottbus

Wirkung: Volles Erbe, aber Bindung

Der überlebende Ehe- oder Lebenspartner wird Vollerbe. Er kann anders als bei der Vor- und Nacherbschaft ohne Beschränkung etwas aus dem Nachlass veräußern. ABER: Er kann im Regelfall seine letzwillige Verfügung nicht widerrufen oder anfechten. Dadurch wird sichergestellt, dass es auch nach dem Tod des Längerlebenden bei der seinerzeit gemeinsam festgelegten Erbfolge bleibt. Im obigen Beispiel kann also der Überlebende nicht die Bestimmung ändern, dass die Kinder nach seinem Tod Erben werden, wohl aber z. B. das Elternhaus veräußern.

Gemeinsame Kinder

Diese werden nach dem ersten Erbfall nicht Erben. Sie sind Schlusserben und erhalten nur den Nachlass des Letztversterbenden.

Pflichtteil und Pflichtteilsklausel = „Strafklausel“

Allerdings steht ihnen beim ersten Erbfall der sog. Pflichtteil zu (näher zum Pflichtteilsrecht siehe V., Seite 33). Dieser ist sofort

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in bar fällig. Deshalb enthalten viele gemeinschaftliche Testamente sog. Pflichtteilsklauseln. Danach soll der Abkömmling, der nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil fordert, nach dem Tod des Letztversterbenden auch nur den Pflichtteil erhalten und nicht Erbe werden. Vorsicht bei großen Vermögen!

Im Rahmen der anfallenden Erbschaftsteuer (siehe dazu VI.5., Seite 44) ist wichtig, dass kein Kinderfreibetrag geltend gemacht werden kann, weil die Kinder nach dem ersten Erbfall nicht Erben werden (siehe oben). Das wirkt sich besonders bei größeren Vermögen aus. Hier ist weiterer Rechtsrat zu empfehlen.

• Testaments vollstreckung

Sie können eine Person ernennen, die Ihren letzten Willen ausführt. Dadurch entstehen aber Kosten. Zum einen hat der Testamentsvollstrecker einen Vergütungsanspruch. Zum anderen fallen für die Ernennung und Ausstellung des – meist nötigen – Testamentsvollstreckungszeugnisses Gerichtsgebühren an.

2. Kann ich nachträglich meine Regelungen ändern oder aufheben? Eigenhändiges ­Testament

Sie können jederzeit Änderungen vornehmen, indem Sie etwa den Text abändern, Teile davon durchstreichen oder Zusätze anfügen. Das kann aber später zum Streit führen, ob es tatsächlich der Erblasser war, der den Text verändert oder durchgestrichen hat.

Ein neues Testa­ ment setzt ein altes außer Kraft!

Besser ist es deshalb, ein vollständig neues Testament zu verfassen, es mit einem aktuellen Datum zu versehen und darin alle vorangegangenen Testamente aufzuheben. Alle alten Testamente sollten Sie zur Sicherheit vernichten.

Notarielles ­Testament

Ein notarielles Testament können Sie jederzeit aus der amtlichen Verwahrung zurücknehmen, es vernichten und dann ein neues selbst verfassen oder durch den Notar aufsetzen lassen. Nur das neue Testament gilt (siehe oben III.1., Seite 18).

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Gemeinschaftliches Testament

Auch das gemeinschaftliche Testament kann zu Lebzeiten beider Ehe- oder Lebenspartner durch ein neues gemeinschaftliches Testament widerrufen werden. Möchte nur ein Ehe- oder Lebenspartner widerrufen, muss er eine notariell beurkundete Widerrufserklärung dem anderen Ehe- oder Lebenspartner zustellen. In engen Grenzen ist ein Widerruf auch noch nach dem Tod des einen Ehe- oder Lebenspartners möglich. Hier sollten Sie sich rechtlich beraten lassen.

Erbvertrag

Die Vertragsschließenden können den Erbvertrag oder einzelne vertragsmäßige Verfügungen durch notariellen Vertrag aufheben. Ehe- oder Lebenspartner können einen Erbvertrag auch durch ein gemeinschaftliches Testament aufheben. Bei bestimmten Verfehlungen des Bedachten oder wenn er sich den Rücktritt im Vertrag vorbehält, kann der Erblasser zurücktreten. Auch eine Anfechtung ist etwa bei Täuschung oder Drohung möglich. Lassen Sie sich hier rechtlich beraten.

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V. Was bedeutet Pflichtteil und wer erhält ihn?

1. Wer ist Pflichtteils­ berechtigter?

Pflichtteilsberechtige sind die Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel), die Eltern und der Ehe- oder Lebenspartner. Diese können Sie nicht vollständig vom Nachlass ausschließen. Enterben Sie sie durch Testament, bleibt ihnen immer noch ein Zahlungsanspruch, der Pflichtteil. Pflichtteilsberechtigt ist von den Genannten aber nur, wer gesetzlicher Erbe geworden wäre, wenn Sie kein Testament errichtet hätten. Beachten Sie dabei, dass Erben näherer Ordnung Erben fernerer Ordnung von der Erbfolge ausschließen (siehe schon oben II.1., Seite 9).

Beispiel (14)

Die Erblasserin hinterlässt ihre Mutter, eine Tochter und einen Sohn mit einer Enkelin. Sie hat durch Testament ihre Tochter zur Grafik 6 Alleinerbin eingesetzt. Ihr Nachlass beträgt 100.000 e.

Ergebnis:

Es erbt zu 100 % die Tochter. Pflichtteilsberechtigt ist nur der enterbte Sohn als weiterer Abkömmling (erste Ordnung). Die Mutter wäre als Erbin der zweiten (ferneren) Ordnung von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, ebenso die Enkelin als weiterer Abkömmling. Sie sind daher nicht pflichtteilsberechtigt.

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2. Wie hoch ist Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch gegen den Erben in Höhe die Pflichtteils­ der Hälfte des Wertes der gesetzlichen Erbschaft. Er ist sofort mit dem Erbfall und in bar fällig. Im Beispiel 14 hätte quote? der Sohn also gegen die Tochter sofort einen Geldanspruch in Höhe von 25.000 e, weil dies der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils (1/2 : 2 = 1/4) entspricht. Schutz des Erben

Der Erbe kann gerichtliche Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Pflichtteilsanspruchs eine unbillige Härte wäre. Das wird von der Rechtsprechung zum Schutz des Pflichtteilsberechtigten nur in absoluten Ausnahmefällen angenommen. Hier ist weiterer Rechtsrat zu empfehlen.

Schutz des ­Berechtigten:

Der Erblasser kann den Pflichtteilsanspruch nicht dadurch schmälern, dass er dem Berechtigten einen Erbteil hinterlässt, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Den fehlenden Teil kann der Berechtigte dann vom Erben als Zusatz­ pflichtteil verlangen.

• Zusatzpflichtteil

• Pflichtteils ergänzung

Vermindern kann der Erblasser allerdings sein Vermögen durch Schenkungen an Dritte. In diesen Fällen kann der Berechtigte den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird (Pflichtteilsergänzungsanspruch).

FRIST!

Innerhalb von drei Jahren seit Kenntnis von Erbfall und Enterbung muss der Pflichtteilsanspruch gegenüber den Erben geltend gemacht werden. Ohne Kenntnis von Erbfall und Enterbung verjährt der Anspruch in 30 Jahren.

3. Ist ein Entzug des Pflichtteils möglich?

In Fällen schwerer Verfehlung gegen den Erblasser und dessen Angehörige – etwa Tötungsversuch oder schwere körperliche Misshandlung – kann der Erblasser den Pflichtteil entziehen. Das geschieht regelmäßig durch Testament. Lassen Sie sich in einem solchen Fall rechtlich beraten.

4. Erhalten pfle­ gende Ange­ hörige etwas?

Pflegen Abkömmlinge den Erblasser in größerem Umfang, haben sie einen Ausgleichsanspruch in Geld gegen den Nachlass, der vom Pflichtteilsanspruch zu unterscheiden ist. Die Höhe des Anspruchs hängt von Dauer und Intensität der Pflege ab und muss im Streitfall gerichtlich bestimmt werden. Es spielt

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keine Rolle, ob der pflegende Abkömmling daneben Erbe oder nur Pflichtteilsberechtigter wird. Beispiel (15)

Die Erblasserin hat einen Sohn und eine Tochter, von der sie in den letzten Lebensjahren intensiv gepflegt wurde. In ihrem Testament hat sie nur ihren Sohn als Erben eingesetzt. Der Nachlasswert beträgt 120.000 e und die Pflegeleistungen der Tochter werden mit 20.000 e angesetzt.

Ergebnis:

20.000 e werden von dem Nachlass abgezogen und der Rest nach Erbquote verteilt. Den Rest (100.000 e) erhält der Sohn als Alleinerbe. Die Tochter ist pflichtteilsberechtigt und erhält einen Geldanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes der gesetzlichen Erbschaft. Die gesetzliche Erbschaft beläuft sich auf 50.000 e und die Hälfte hiervon auf 25.000 e. Aufgrund ihrer Pflegeleistungen erhält sie zusätzlich 20.000 e.

Achtung!

Den Ausgleichsanspruch wegen erbrachter Pflege haben nur Abkömmlinge, also Kinder und Kindeskinder. Der pflegende Ehe- oder Lebenspartner, die pflegende Nichte und sonstige Personen, die nicht Abkömmlinge sind, erhalten für ihre Pflegeleistungen keinen Cent, sofern dies der Erblasser nicht ausdrücklich in seinem Testament bestimmt hat.

Grafik 7

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VI. Der Erbfall ist eingetreten. Was nun?

Wenig Zeit für ­Trauer:

Zunächst ist der Hausarzt des Verstorbenen zu informieren, der den Tod schriftlich bestätigt (Totenschein). Der Totenschein ist Voraussetzung für die Ausstellung einer Sterbeurkunde, die wiederum dem Antrag auf Ausstellung eines Erbscheins beiliegen muss (siehe unten VI.3., Seite 42). Sodann ist das Standes­ amt zu benachrichtigen (spätestens am dritten auf den Tod folgenden Werktag) sowie ein Bestatter.

Wer muss für die Bestattung sorgen?

Nach dem Brandenburgischen Bestattungsgesetz haben die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge für die Bestattung zu sorgen: Ehe- oder Lebenspartner, Kinder, Eltern, Geschwister, Enkel, Großeltern, Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Ob sie Erben geworden sind, ist unerheblich.

Bestattungspflicht

Totenfürsorge

Bestattungs­ anordnung

Wer trägt die ­Bestattungskosten?

Unabhängig von der gesetzlichen Bestattungspflicht besteht das private Recht und die private Pflicht zur Totenfür­ sorge, die den nächsten Angehörigen (vorrangig dem Ehe- oder Lebenspartner, dann den Kindern, dann sonstigen Verwandten) zugewiesen sind. Auch der Totenfürsorgeberechtigte muss nicht gleichzeitig Erbe sein. Möglichen Streit der Hinterbliebenen hierüber kann der Erblasser vermeiden, indem er ausdrücklich Anweisungen über die Art und Weise der Bestattung trifft. Diese Anweisungen sollten nicht in einem noch zu eröffnenden Testament, sondern besser in einer Vorsorgevollmacht enthalten sein. Hierzu ist weiterer Rechtsrat zu empfehlen. Verschiedene Verpflichtete kommen in Betracht: • Das Bürgerliche Recht regelt ausdrücklich, dass der Erbe die Kosten der Beerdigung des Erblassers trägt. Stirbt ein Kind, haften die Eltern nachrangig zum Erben für die Bestattungskosten ihres Kindes. • Ist der Erbe mittellos, kann sich derjenige, welcher die Bestat-

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tung durchführt, dem Bundesgerichtshof zufolge auch an den Totenfürsorgeberechtigten halten, der selbst nicht Erbe geworden ist. Ob der Totenfürsorgeberechtigte den Ausführenden mit der Beerdigung beauftragt hat, spielt keine Rolle. • Zusätzlich sehen nach öffentlichem Recht einige Friedhofssatzungen vor, dass die volljährigen Kinder neben dem Auftraggeber für die Bestattungskosten haften. Rechtsbeziehungen regeln!

Rechtsbeziehungen des Erblassers wie Versicherungen (Kran­ ken-, Kfz-, Hausrat- usw.), Miete (auch Strom und Wasser­ versorgung), Versorgungsansprüche für Hinterbliebene (Witwen- oder Waisenrente, Sterbegeld), Mitgliedschaften, Abonnements usw. müssen zumeist innerhalb kurzer Fristen geregelt werden.

Besonderheiten bei Miete

Für Mietverträge gilt: Ehe- oder Lebenspartner, Kinder, Familienangehörige und Personen, die mit dem Verstorbenen einen gemeinsamen Haushalt geführt haben, treten unabhängig von ihrer Erbenstellung kraft Gesetzes in das Mietverhältnis ein. Sie sind aber nicht verpflichtet, das Mietverhältnis fortzusetzen. Bei Nichtinteresse ist der Vermieter innerhalb eines Monats zu informieren. Dann findet kein Eintritt in das Mietverhältnis statt.

Testament ­vorhanden? Ablieferungspflicht!

Wenn ein Testament vorhanden ist, muss dieses dem zustän­ digen Nachlassgericht übergeben werden. Diese Pflicht trifft jeden, der ein Testament in Besitz hat, und zwar auch dann, wenn er es zufällig findet. Die Vernichtung oder Nichtabliefe­ rung eines fremden Testaments ist strafbar. Das zuständige Nachlassgericht ist das Amtsge­ richt, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt gewohnt hat. Das Gericht lässt sich im Internet problemlos unter https://mdjev.brandenburg.de/justiz/gerichte/ordentliche-gerichtsbarkeit.html finden.

1. Wie und wo wird ein Testament eröffnet? Das Nachlassgericht Das Standesamt übermittelt jeden angezeigten Sterbefall an eröffnet das Tes­ das Zentrale Testamentsregister (ZTR) (siehe dazu bereits tament, doch wer III.6., Seite 22). Ist ein Testament oder ein Erbvertrag registriert, ­informiert es? 38

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informiert das ZTR die Verwahrstelle, das ist die Stelle, die die Urkunde amtlich verwahrt (Amtsgericht oder Notar), und das Nachlassgericht. Daraufhin übergibt die Verwahrstelle die Urkunde an das Nachlassgericht. Erst dort wird das Testament im Regelfall eröffnet. STANDESAMT =======> Zentrales Testamentsregister =========> Nachlassgericht (Sterbefall) (Information) (Eröff(Information) nung)

Verwahrstelle ===================== (Übergabe) (Amtsgericht oder Notar) Nicht amtlich verwahrte Testamente müssen dem Gericht selbständig übergeben werden (siehe oben). Anderenfalls findet keine Testamentseröffnung statt.

Verfahrensablauf

In der Praxis verzichten viele Nachlassgerichte häufig auf eine Ladung zur Testamentseröffnung. Die Eröffnung besteht dann darin, dass alle Beteiligten eine – bei den Erben beglau­ bigte – Ablichtung des Testaments nebst Eröffnungsprotokoll per Post erhalten. Beteiligte sind nicht nur die im Testament genannten Erben und Vermächtnisnehmer, sondern auch die nicht erwähnten gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten.

Zweck

Den Erben erleichtert die beglaubigte Abschrift eines eröffneten Testaments die weiteren Schritte. Banken und Versicherungen nehmen in der Regel allein aufgrund einer solchen Abschrift und des Eröffnungsprotokolls Auszahlungen an die Erben vor. Die Vorlage eines Erbscheins ist dann regelmäßig nicht erfor­ derlich. Gleiches gilt, wenn die Erben ein zum Nachlass gehörendes Grundstück umschreiben lassen wollen und dem Grundbuchamt die beglaubigte Abschrift eines notariellen Testaments vorlegen können (siehe dazu bereits oben III.2., Seite 19 sowie unten VI.3., Seite 42). Innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall ist die Eintragung beim Grundbuchamt übrigens gebührenfrei.

KOSTEN

Das Nachlassgericht berechnet für die Testamentseröffnung nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz eine Gebühr von 100 e, auch wenn mehrere Testamente desselben Erblassers bei demselben Gericht gleichzeitig eröffnet werden.

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2. Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft: Wie geht das? Annahme erklären ist sinnvoll

Die Erbschaft geht auf den von Gesetzes wegen oder durch Testament/Erbvertrag berufenen Erben über, ohne dass es hierzu einer Annahmeerklärung bedarf (Anfall der Erbschaft). Eine ausdrückliche Annahmeerklärung gegenüber dem Nachlassgericht sorgt aber für Klarheit. Für Minderjährige und andere geschäftsunfähige oder beschränkt geschäftsfähige Erben können die gesetzlichen Vertreter die Annahme der Erbschaft erklären.

Annahme trotz Schulden?

Sie erben ohne Weiteres auch die Schulden des Erblassers, für die Sie mit Ihrem gesamten Vermögen haften. Wollen Sie aus Respekt vor dem Verstorbenen trotz überschuldeter Erbschaft annehmen, können Sie die Haftung auf die Erbmasse durch gerichtliche Anträge, vor deren Stellung Sie weiteren Rechtsrat einholen sollten, beschränken, insbesondere durch:

Beschränkung der Haftung

• Nachlassverwaltung beim Nachlassgericht oder Nach­ lassinsolvenz beim Insolvenzgericht. In dieser Zeit dürfen Sie kein Erbstück verkaufen oder verschenken. • Dürftigkeitseinrede, wenn der Nachlass nicht einmal die Kosten einer Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens deckt. • Aufgebotsverfahren, wenn Sie sich einen Überblick über die Gläubiger bestehender Schulden verschaffen wollen. WICHTIG!

Eine Haftungsbeschränkung im dargestellten Sinn kommt nur dann in Betracht, wenn Sie die Erbschaft nicht ausschlagen (dazu sogleich). Sie müssen sich als Erbe also vorher entscheiden, ob Sie das Erbe antreten oder ausschlagen wollen.

Ausschlagung

Die Erbschaft kann nur innerhalb von sechs Wochen seit dem Zeitpunkt, an dem der Erbe von dem Anfall und dem Grund Kenntnis erlangt hat, ausgeschlagen werden. Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser nur im Ausland gewohnt hat, oder wenn sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufgehalten hat.

FRIST

FORM

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Ein einfacher Brief reicht nicht aus. Die Ausschlagung muss persönlich zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in

öffentlich beglaubigter Form erklärt werden. Das bedeutet: Wenn der Erbe nicht selbst beim Nachlassgericht erscheinen kann, muss er seine Unterschrift unter seiner Ausschlagungserklärung von einem Notar beglaubigen lassen und sicherstellen, dass das Schreiben innerhalb der oben genannten Frist beim Nachlassgericht eingeht. Für Minderjährige und andere geschäftsunfähige oder beschränkt geschäftsfähige Erben bedarf der gesetzliche Vertreter zunächst der Genehmigung des Familiengerichts für die Aus­ schlagung sowie die Anfechtung der Annahme der Erbschaft. BEACHTE: Für die Ausschlagung ist auch das Nachlassgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausschlagende seinen Wohnsitz hat. Beispiel (16)

Das Beispiel betrifft eine selbst verfasste und notariell beglaubigte Ausschlagung.

Die Erbschaft nach Frau Ilse Heinrich, verstorben am 3. Mai 2014, letzter Wohnsitz: Schopenhauerstraße 22 in Potsdam, schlage ich hiermit aus allen in Betracht kommenden Berufungsgründen aus. Vom Erbfall habe ich Kenntnis seit 4. Mai 2014 durch Mitteilung der Uniklinik Potsdam. 1. Jnni 2014, Potsdam Heribert Meyer - Beglaubigt, Notar Hilfreich Wirkung

Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt. Die Erbfolge ist jetzt so zu beurteilen, als sei der Ausschlagende vorverstorben (siehe dazu bereits oben II.1., Seite 10). Schlägt ein durch Testament oder Erbvertrag eingesetzter Erbe aus, können sich die Quoten etwa vorhandener Miterben entsprechend erhöhen, wenn der Erblas-

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ser keinen Ersatzerben (siehe dazu oben IV.1., Seite 27) bestimmt hat. Bei gesetzlicher Erbfolge treten die weiteren Abkömmlinge an die Stelle eines ausschlagenden Abkömmlings und können nun ihrerseits ausschlagen. Zu weiteren möglichen Wirkungen der Ausschlagung sollten Sie sich rechtlich bera­ ten lassen. KOSTEN

Ist der Nachlass überschuldet, berechnet der Notar für eine reine Beglaubigung der Unterschrift der Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht eine Gebühr von mindestens 20 e zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer. Daneben entsteht eine Gebühr für die Entgegennahme der Erklärung beim Nachlassgericht. Nimmt der Notar gleichzeitig die Beurkundung der Ausschlagungserklärung mit gleichzeitiger Beglaubigung der Unterschrift vor, erhebt er hierfür eine halbe Gebühr, mindestens aber 30 e, nebst Umsatzsteuer und ggf. Auslagen. Begibt man sich zum Nachlassgericht, berechnet der Rechtspfleger für die Beurkundung der Ausschlagungserklärung eine halbe Gebühr, mindestens aber 30 e. Ist der Nachlass nicht überschuldet, richten sich die Kosten jeweils nach dem Nachlasswert. Ein Ausschlagender, der mittellos ist, hat die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen.

3. Wann brauche ich einen Erbschein und was kostet er? Zweck Schutz des ­Erbscheins

Wer im Erbschein benannt ist, kann über den Nachlass ver­ fügen und sich im Geschäftsverkehr als Erbe ausweisen, vor allem gegenüber öffentlichen Registern (z. B. Grundbuch, Handelsregister) sowie Banken und Versicherungen. Die Ge­ schäftspartner sind geschützt, auch wenn sich später herausstellt, dass der Erbschein unrichtig war.

Erbschein nötig

Notwendig ist ein Erbschein zum Beispiel dann, wenn kein Testament vorhanden ist, das eröffnet werden könnte, ein Grundstück zum Nachlass gehört, aber kein notarielles Testament vorliegt, oder wenn der Inhalt des Testaments unklar ist.

Erbschein ­entbehrlich

Wie bereits dargestellt (siehe oben VI.1., Seite 39), ersetzt das notarielle Testament im Regelfall den Erbschein, wenn der Erbe das Grundbuch berichtigen oder über Guthaben verfügen

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möchte. Gegenüber Banken kann ein Erbschein auch dann entbehrlich sein, wenn der Erbe eine Kontovollmacht über den Tod hinaus besitzt (siehe oben III.5., Seite 21). Antragsverfahren

Ein Erbschein wird nur auf Antrag erteilt. Zuständig ist das Nachlassgericht. Auch hier reicht ein einfaches Schreiben nicht aus. Neben dem Antrag müssen Sie bestimmte Angaben an Eides statt versichern. Bei gesetzlicher Erbfolge sind zudem Personenstandsurkunden (z. B. Geburtsurkunden, Sterbeurkunden, Heiratsurkunden) einzureichen. Die eidesstattliche Versicherung muss vom Gericht oder notariell beurkundet wer­ den. Sie können den Erbscheinsantrag auch über einen Notar stellen. Wenn Sie zum Notar gehen, können Sie dort gleichzei­ tig den Erbscheinsantrag beurkunden lassen, ohne dass zusätzliche Gebühren entstehen.

KOSTEN

Die Kosten eines Erbscheins sind fast immer doppelt so hoch wie die Kosten für die Erstellung eines notariellen Testaments (ohne Auslagen und Umsatzsteuer). Die Beurkundung eines Erbscheinsantrags sowie die Erteilung eines Erbscheins kosten je­ weils eine volle Gebühr nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz. Maßgeblich ist wiederum der Nachlasswert, abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten (siehe oben III.6., Seite 22). Wird der Antrag vor der Erteilung des Erbscheins zurückgenommen, bevor das Gericht seine Entscheidung verkündet hat, fallen neben der Gebühr für die Beurkundung des Antrags zusätzlich 3/10 der vollen Gebühr an, maximal aber 200 e. Gebühren fallen aber auch an, wenn der Antrag zurückgewiesen wird.

Beispiel (17) Nachlasswert

Erbscheinskosten bei Erteilung

Erbscheinskosten bei Rücknahme

  5.000 e

 45 e

 13,50 e

 60.000 e

192 e

 57,60  e

120.000 e

300 e

 90,00 e

500.000 e

935 e

200,00 e

Benötigen Sie den Erbschein nur, um das Grundbuch berich­

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tigen zu lassen, teilen Sie dies dem Nachlassgericht mit. Es wird den Erbschein direkt an das Grundbuchamt übersenden.

4. Warum sind Erbengemeinschaften Streitgemeinschaften? Entstehung

Fällt der Nachlass an mehrere Erben, wird er gemeinschaft­ liches Vermögen der Erbengemeinschaft. Es entsteht eine Zwangsgemeinschaft, die jedem Miterben verbietet, über einzelne Gegenstände des Nachlasses zu verfügen, etwa die nicht mehr benötigte Briefmarkensammlung zu verkaufen. Nur eine gemeinsame Nachlassverwaltung ist zulässig. Hierdurch kann schnell Streit entstehen. Durch eine Teilungsanordnung (siehe bereits oben IV.1., Seite 25) können Sie für Klarheit sorgen, wie der Nachlass zwischen den Miterben aufzuteilen ist.

Auseinandersetzung

Jeder Miterbe kann grundsätzlich die Teilung des Erbes verlangen, es sei denn, der Erblasser hat die Teilung für bestimmte Zeit ausgeschlossen, um etwa die Fortführung des Familienunternehmens zu sichern. Hat der Erblasser keinen Testamentsvollstrecker eingesetzt, können sich die Erben selbst an einen Notar wenden, der bei der Verteilung des Nachlasses vermit­ telt. Regelmäßig werden die Nachlassgegenstände oder ihr Erlös unter den Miterben entsprechend ihrer Erbquote verteilt. Ist keine Einigung möglich, bleibt nur die streitige Erbauseinan­ dersetzung auf dem zivilrechtlichen Klageweg. Hier ist weite­ rer Rechtsrat einzuholen.

5. Welche Steuern kommen auf mich zu? Erbschaftsteuer/ Schenkungsteuer

Erbschaftsteuer fällt an, wenn Vermögen von Todes wegen von einem Steuerpflichtigen auf einen anderen Steuerpflichtigen übergeht. Bei Übertragung zu Lebzeiten heißt diese Steuer Schenkungsteuer.

Höhe

Die Höhe der Erbschaftsteuer bemisst sich nach dem Wert des Nachlasses (Reinvermögen nach Abzug von Schulden) und dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. Je enger das Verhältnis (Grad), desto günstiger ist die Steuerklasse (I bis III). Ehe- oder Lebenspartner, Kinder und Enkel gehören zum Beispiel der Steuerklasse I an.

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Abzüge Steuerfreie ­Wohnimmobilie

Steuersätze

Vom Nachlasswert werden Freibeträge und bestimmte Kosten abgezogen. Ehe- oder Lebenspartner erben beispielsweise eine Wohnimmobilie steuerfrei, wenn sie diese zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen. Die Frist gilt nicht, wenn die Wohnimmobilie aus zwingenden Gründen, etwa wegen erheblicher Pflegebedürftigkeit, aufgegeben werden muss. Glei­ ches gilt für die Vererbung von Wohnimmobilien an Kinder, wenn die Wohnfläche nicht mehr als 200 m� beträgt. Der sich hieraus ergebende steuerpflichtige Erwerb unterliegt folgenden Steuersätzen: Steuerpflichtiger Erwerb bis

Prozentsatz in der S ­ teuerklasse I II   III

75.000 e 300.000 e 600.000 e 6.000.000 e 13.000.000 e 26.000.000 e über 26.000.000 e Beispiel (18)

 7 11 15 19 23 27 30

30 30 30 30 50 50 50

15 20 25 30 35 40 43

Die vermögende Erblasserin wird allein von ihrem Ehemann (Steuerklasse I) beerbt und hinterlässt ihm – neben wenigen Schulden – diverses Vermögen:

Vermögen

Wert

Steuerpflichtiger Erwerb

Selbstgenutztes Einfamilienhausgrundstück

 500.000 e

0 e, da steuerbefreit

Diverse Konten, Spargut­ haben, Aktien und Bargeld

 800.000 e

 800.000 e

Pkw

  – 90.000 e   – 12.000 e (Freibetrag für beweg­ liche Gegenstände)

 78.000 e

Wohnungseinrichtung, ­Hausrat

  – 80.000 e   – 41.000 e (Freibetrag für Hausrat)

 39.000 e 917.000 e

Abzüge ERBRECHT

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Schulden

  – 30.000 e

887.000 e

Pauschale für Beerdigung

  – 10.300 e

876.700 e

Persönlicher Freibetrag

– 500.000 e

376.700 e

Versorgungsfreibetrag (Dieser vermindert sich im Einzelfall um den Kapitalwert von Versorgungsbezügen, z. B. aus Beamtenpensionen.)

– 256.000 e

120.700 e

Ergebnis:

Der steuerpflichtige Erwerb liegt zwischen 75.000 e und 300.000 e und wird nach der obigen Tabelle in der Erbschaftsteuerklasse I mit 11 % besteuert. Der Ehemann muss 13.277 e Erbschaftsteuer bezahlen.

Beachte

Lebten Ehe- oder Lebenspartner im Güterstand der Zugewinn­ gemeinschaft, kann der Überlebende noch den Zugewinnausgleich im Rahmen der Erbschaftsteuer abziehen. Lassen Sie sich beraten.

Freibetrag für Pflege Zudem können Erben, die den Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt oder Unterhalt gewährt haben, einen Freibetrag von 20.000 e geltend machen. Beispiel (19)

Was wäre an Steuern zu zahlen, wenn die Erblasserin allein von ihrer 40jährigen Tochter (Steuerklasse I) beerbt würde, die das Haus nicht behalten möchte? Die Erbschaftsteuer wäre wesentlich höher. Das Haus wäre nicht steuerbefreit. Der persönliche Freibetrag beträgt bei Kindern nur 400.000 e. Einen Versorgungsfreibetrag können Kin­ der nur bis zum 27. Lebensjahr geltend machen. Im Beispiel 18 würde sich ein steuerpflichtiger Erwerb von 976.700 e errechnen, der nach der obigen Tabelle in der Erbschaftsteuerklasse I mit 19 % besteuert würde. Die Tochter müsste 185.573 e Erb­ schaftsteuer zahlen.

Beispiel (20)

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ERBRECHT

Wie wäre es schließlich, wenn die Erblasserin durch Testament ihren treuen Gärtner Theobald Thesen (Steuerklasse III) zum ­Alleinerben bestimmt hätte?

Neben Schulden und Beerdigungskosten wären nur ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 20.000 e sowie ein Freibetrag für Hausrat und andere bewegliche Gegenstände in Höhe von 12.000 e abziehbar. Danach errechnete sich ein steuerpflichtiger Erwerb von 1.397.700 e, der nach der obigen Tabelle in der Erbschaftsteuerklasse III mit 30 % besteuert würde. Der Gärtner müsste als Erbe 419.310 e Erbschaftsteuer zahlen. HINWEIS

Neben den gerade erläuterten Grundlagen zur Erbschaftsteuer kann die Bewertung des Nachlasses äußerst kompliziert werden. Die Bewertung von Grundstücken/Immobilien, landund forstwirtschaftlichem Vermögen, Unternehmensbetei­ ligungen und Betriebsvermögen richtet sich beispielsweise nach speziellen Vorschriften und Methoden. Bei Betriebsvermögen kommen weitreichende Entlastungen in Betracht. So ist eine Verschonung in Höhe von 85 % der Steuer bei Fortführung des Betriebs um fünf Jahre und eine Verschonung von 100 % bei Fortführung um sieben Jahre jeweils unter Einhaltung bestimmter Lohnsummenvorgaben möglich. In jedem Erbfall mit größerem Vermögen ist daher notarieller und steuerrechtli­ cher Rat zu empfehlen.

6. Was ist ein Erbverzicht und wie wirkt er sich aus? Begriff und Zweck

Verwandte und der Ehegatte können durch notariell beurkun­ deten Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Verlobte können bereits vor der Eheschließung auf ihr künftiges gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Erbverzicht ist regelmäßig mit einer Gegenleistung verbunden, etwa der Übergabe eines Unternehmens zu Lebzeiten (siehe dazu oben III 5, Seite 20). Auch hier ist Vorsicht geboten, weil sich die Ver­ hältnisse nach Abschluss des – bindenden – Verzichtsvertrages ändern können. Lassen Sie sich daher rechtlich beraten.

Verzichtsformen

Verschiedene Varianten sind in der Praxis üblich:

• Verzicht auf den gesetzlichen Erbteil mit Pflicht teilsverzicht

In der Regel verzichtet der Vertragspartner des Erblassers gleichzeitig auf den Pflichtteil. Wirkung: Der Verzichtende wird von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen oder er-

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hält nur den vertraglich festgesetzten Anteil am Erbe. Bei der Berechnung des Pflichtteils wird er nicht mitgezählt. Verzich­ tet ein Abkömmling oder Seitenverwandter, sind auch dessen Nachkommen von der Erbfolge ausgeschlossen, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde. Bei Vorversterben des Verzichtenden erben die Nachkommen in diesen Fällen nichts! Nach Vertragsabschluss behält der Erblasser aber die Möglichkeit, den Verzichtenden durch Testament zu bedenken. • Nur Pflichtteils verzicht

Pflichtteilsansprüche entstehen nicht. Der Verzichtende kann aber gesetzlicher Erbe werden.

• Zuwendungs verzicht

Es wird nur auf Vermächtnisse oder die Erbeinsetzung verzichtet, nicht auf den gesetzlichen Erbteil. Wirkung: Der Verzichtende verliert weder Erb- noch Pflichtteilsrechte. Bei Vorverster­ ben des Verzichtenden können seine Nachkommen erben.

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VII. Weitere Fragen

1. Gilt im Erbfall immer bundesdeutsches Recht? 1.1. Erbrechtsfälle mit Auslandsbezug Erbfälle mit Auslandsbezug werden häufiger. Sie liegen beispielsweise bei folgenden Fallkonstellationen vor: • wenn der Erblasser deutscher Staatsbürger war und • sich im Nachlass im Ausland belegene Immobilien befinden oder • seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte, • wenn der Erblasser ausländischer Staatsbürger war und • sich im Nachlass in Deutschland belegene Immobilien befinden oder • seinen letzten Wohnsitz in Deutschland hatte und hier eine Verfügung von Todes wegen errichtet worden war oder • mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet war und ein gemeinsames Testament vorliegt. Welche Rechts­ ordnung gilt?

Für Todesfälle mit Auslandsbezug gilt ab dem 17. August 2015 die Europäische Erbrechtsverordnung (EUErbVO) in allen EUMitgliedstaaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks. Danach findet für den gesamten Nachlass grundsätzlich das Recht des Staates Anwendung, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Europäische Erbrechtsverordnung findet aber auch Anwendung bei Auslandsberührung mit Staaten, die nicht der EU angehören. Insoweit kann auch das Erbrecht eines Nicht-EUMitgliedstaates anwendbar sein, wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hatte. Wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in dem Staat hat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aber dennoch will, dass im Erbfall sein Heimatrecht anwendbar ist, kann eine sogenannte Rechtswahl in einer Verfügung von Todes wegen treffen.

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Beispiel (21)

Eine Deutsche hatte ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich. Dort lebte sie die meiste Zeit des Jahres über in ihrem Ferienhaus. Ihre Wohnung in Potsdam suchte sie nur noch gelegentlich auf. Hier besaß sie unter anderem noch Schmuck und Bargeld.

Ergebnis:

Grundsätzlich ist in diesem Fall für den gesamten Nachlass – auch für die Wohnung in Potsdam und die dort befindlichen Wertgegenstände – französisches Erbrecht anzuwenden. Hat die Erblasserin hingegen, z.B. in einem Testament, ihr Heimatrecht gewählt, findet für den gesamten Nachlass – auch für das Ferienhaus in Frankreich – deutsches Recht Anwendung.

Europäisches Nachlasszeugnis

In Erbfällen mit Auslandsberührung kann nach der Europäischen Erbrechtsverordnung ein Europäisches Nachlasszeugnis beantragt werden. Dieses Zeugnis tritt neben die nationalen Erbnachweise (wie den deutschen Erbschein). Mit ihm kann insbesondere die Erbenstellung zur erleichterten Nachlassabwicklung im Ausland nachgewiesen werden. Liegt ein Fall mit Auslandsberührung vor, ist weiterer Rechts­ rat zu empfehlen. Gegebenenfalls müssen bereits vorhandene Testamente überarbeitet werden, wenn der Erblasser zum Beispiel beabsichtigt, seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen.

1.2 Fortgeltendes Recht der ehemaligen DDR Stichtag: 3. Oktober 1990

Für Erbfälle, die vor dem 3. Oktober 1990 in den neuen Bundesländern eingetreten sind, ist das bis dahin geltende Recht der DDR anzuwenden. Voraussetzung ist, dass der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR hatte.

Ausnahmen vom Stichtag

Unabhängig vom Stichtag kommt das Erbrecht der ehemaligen DDR auch in folgenden Fällen zur Anwendung:

• Nichteheliche Kinder

Nichteheliche minderjährige Kinder sind ehelichen Kindern auch im Verhältnis zum Vater gleichgestellt, wenn sie vor dem 3. Ok­ tober 1990 in der ehemaligen DDR geboren wurden. Diese Kinder erben also wie eheliche Kinder des Erblassers, auch wenn dieser nach dem 3. Oktober 1990 gestorben ist. Das gilt nicht, wenn

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sie vor dem 1. Juli 1949 geboren wurden und der Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt am 2. Oktober 1990 nicht in der DDR hatte (siehe bereits II.1., Seite 13). • Testament

Hat der Erblasser, der seinen Wohnsitz in der DDR hatte, vor dem 3. Oktober 1990 ein Testament errichtet, richten sich die Voraussetzungen für dessen Errichtung oder Aufhebung nach dem bis dahin geltenden Recht der DDR, auch wenn der Erblasser nach dem 3. Oktober 1990 stirbt. Dies gilt auch, wenn der Erblasser vor dem 3. Oktober 1990 mit seinem Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet hatte. Stirbt er nach diesem Zeitpunkt, so gilt für die Bindung des Erblassers an das gemeinschaftliche Testament das Recht der DDR. Danach ist es für den überlebenden Ehegatten beispielsweise einfacher, sich von der Bindung eines gemeinschaftlichen Testaments zu lösen.

Was ist sonst noch anders?

Die nachfolgende Aufzählung enthält nur einige Beispiele, weshalb Sie ggf. weiteren Rechtsrat einholen sollten:

• Ehegatten

Bei Erbfällen in den neuen Bundesländern zwischen dem 1. Januar 1976 und vor dem 3. Oktober 1990 gehörte der Ehegatte ebenso wie die ehelichen und nichtehelichen Kinder zu den Er­ ben der ersten Ordnung.

• Ausschlagung/ Haftung

Die Ausschlagung einer nach DDR-Erbrecht zu bewertenden Erbschaft unterliegt den besonderen Fristen des Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB). Auch bei der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten bestehen Besonderheiten.

• Pflichtteilsrecht

Anspruchsberechtigt waren Ehegatten, Kinder, Enkel und Eltern nur, wenn sie unterhaltsberechtigt, also wirtschaftlich abhängig vom Erblasser waren. Die Pflichtteilshöhe betrug zudem 2/3 des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

• Immobilien

Für Erbfälle zwischen dem 1. Januar 1976 und vor dem 3. Oktober 1990 gilt bei in der ehemaligen DDR gelegenen Immo­ bilien das Erbrecht der DDR. Hier kommt es zur Nachlassspaltung, wenn der Erblasser mit seinem Wohnsitz in der alten Bundesrepublik starb und gleichzeitig über Immobilien in den neuen Bundesländern verfügte.

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• Sonstiges

Das ZGB enthielt keine Regelungen über Erbverträge oder die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft, wohl aber über die Einsetzung von Ersatzerben.

2. Was passiert eigentlich mit meinem „Facebook“-Konto? Gibt es ein digitales Erbe?

Neben dem gegenständlichen Vermögen hinterlässt der Erblasser mit seinem Tod zumeist auch im Computer und online gespeicherte Daten (digitaler Nachlass). Dazu zählen E-Mails, Fotos, Profile, Adressbücher, Daten über Geschäftsverkehr u. dgl.

Daten auf dem PC

Mit dem Erbfall geht das Eigentum an dem Computer auf die Erben über. Diese sind befugt, die dort gespeicherten Daten zu lesen und über sie zu verfügen, soweit im Testament nichts anderes geregelt ist. In den meisten Fällen werden Ihre Erben, um Zugang zu Ihren Daten zu erhalten, Ihre Passwörter benötigen. Sie sollten daher Ihre Zugangsdaten und Passwörter dokumentieren und beides in regelmäßigen Abständen aktualisieren und so aufbewahren, dass sie im Erbfall auffindbar sind.

Online-Daten

Die Erben werden grundsätzlich Vertragspartner sämtlicher Online-Verträge des Erblassers mit Internetanbietern und anderen Online-Geschäftspartnern. Sie erwerben durch den Erbfall die hiermit verbundenen Nutzungsrechte an online gespeicherten E-Mails, Online-Adressbüchern, Internet-Profilen, Homepages und Bildern. Die Erben werden aber auch durch sämtliche im Internet abgeschlossenen Verträge verpflichtet. Ohne Kündigung müssen etwa Online-Abonnements, Mitgliedschaften und Ähnliches weiter bezahlt werden. Einige soziale Netzwerke im Internet, wie etwa „Facebook“, bieten ein Gedenkprofil des verstorbenen Mitglieds an, das die Erben freischalten lassen können.

• Persönlichkeits schutz durch Anbieter

Für den Zugang der Erben zu den Internetkonten des Erblassers verlangen die meisten Anbieter die Vorlage einer Sterbeurkun­ de oder eines Erbscheins. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen einiger Anbieter erlischt das Vertragsverhält­ nis aber auch mit dem Tod des Kunden. Ansprüche aus dem Providervertrag sollen den Erben danach nicht zustehen, was im Streitfall gerichtlich zu klären wäre. Andere bieten einen speziellen Nachlass-Service an, wie beispielsweise „Google“, der für alle „Google“-Dienste verfügbar sein soll und in dem z. B.

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die Löschung von Konten und Inhalten sowie die Zugangsberechtigten individuell festgelegt werden können. Dieser KontoInaktivitätsmanager ist in den Einstellungen des „Google“Nutzer-Profils zu finden. • „Digitale“ Testa mentsvollstrecker

Verschaffen Sie sich zunächst selbst einen Überblick über Ihre Online-Aktivitäten und überlegen Sie sich, was im Todesfall damit passieren soll. Sollen Ihre Profile in sozialen Netzwerken oder Ihre digitale Fotosammlung gelöscht werden? Welche Verträge müssen gekündigt werden? Dokumentieren Sie Ihre Ent­ scheidung. Sie können auch eine Person Ihres Vertrauens zu einem digitalen Nachlassverwalter bestimmen, die sich um die Abwicklung Ihres digitalen Erbes kümmern soll. Vergessen Sie nicht, die Person mit einer entsprechenden Vollmacht auszustatten oder eine diesbezügliche Regelung in Ihrem Testament aufzunehmen. Auf dem Online-Markt gibt es spezielle Firmen, die für den Todesfall die wichtigsten Passwörter und Dokumente speichern und – je nach Vertragsinhalt – den digitalen Nachlass vollständig für die Erben abwickeln. Inwiefern sensible Zugangsdaten und Passwörter solchen Anbietern überlassen werden, sollte genau überlegt werden.

Digitalen Nachlass selbst regeln!

Sie sollten selbst entscheiden, ob die Erben Ihre Daten einsehen dürfen oder nicht. Einerseits können Ihre Daten wichtige Hin­ weise über Ihre Geschäftsbeziehungen, Kredite, Versicherungen und Bankkonten geben. Andererseits können E-Mails, Benutzerkonten und Dateien auf dem Computer höchstpersönliche Informationen beinhalten, die die Erben nicht einsehen sollen. Sie sollten deshalb am besten in Ihrem Testament bestimmen, welche Person Zugriff auf welche Daten erhält und welche Daten gelöscht werden sollen. Darin können alle wichtigen Nutzerkonten samt Zugangsdaten sowie die Zugangsberechtigten (etwa mittels einer Rangliste) benannt werden. Ändern sich Passwörter, können Sie diese am sichersten jeweils bei einem Notar hinterlegen. Löschen Sie selbst von Zeit zu Zeit sensible Daten, die niemand sehen soll.

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3. Wo finde ich weitere Informationen? Checklisten

Im Internet lassen sich zum Beispiel nach entsprechender Sucheingabe bei Suchmaschinen zahlreiche Checklisten und Übersichten zu den nach einem Todesfall anstehenden Aufgaben finden.

Beratung

Bei der Erstellung eines Testaments und im Erbfall ist häufig rechtliche Beratung notwendig. Um hierfür einen Notar oder Rechtsanwalt zu finden, können Sie sich an folgende Stellen wenden:

• Bundesnotar kammer

Einen Notar in Ihrer Region können Sie auf der Internetseite http://www.bnotk.de der Bundesnotarkammer unter der Rubrik „Bürgerservice“ suchen. Dort erhalten Sie auch weitere Hinweise zu dem Thema „Vererben/Schenken“. Sie können sich auch an die Notarkammern der einzelnen Bundesländer wenden. Die Notarkammer Brandenburg hat ihren Sitz in 14467 Potsdam, Dortustraße 71, und ist telefonisch unter 0331-280 37 02 erreichbar sowie im Internet unter http://www.notarkammer-brandenburg.de zu finden.

• Bundesrechts anwaltskammer

Unter der Rubrik „Für Verbraucher“ auf der Internetseite http://www.brak.de der Bundesrechtsanwaltskammer können Sie selbst einen Rechtsanwalt suchen oder sich von der Kammer hierbei telefonisch unter 030 / 28 49 39-0 beraten lassen. Wahlweise können Sie sich auch an die Rechtsanwaltskammern in den einzelnen Bundesländern wenden. Die Rechts­ anwaltskammer des Landes Brandenburg hat ihren Sitz in 14776 Brandenburg an der Havel, Grillendamm 2, und ist telefonisch unter 03381 / 25 33-0 erreichbar und im Internet unter http://rak-brb.de zu finden.

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Impressum: Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Heinrich-Mann-Allee 107 14473 Potsdam Telefon: E-Mail:

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