Welche Rolle spielt das Geschlecht bei der Berufsorientierung?

Welche Rolle spielt das Geschlecht bei der Berufsorientierung? Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland Universität Hamburg Vortrag im Rahmen der Tagung ...
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Welche Rolle spielt das Geschlecht bei der Berufsorientierung? Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland Universität Hamburg Vortrag im Rahmen der Tagung „Berufsorientierung, Schule und Geschlecht“ am 9.9.2016 in Bern

Linda Gottfredson: Zone der akzeptablen Berufe

Gliederung 1. Wie wird in berufsorientierenden Maßnahmen mit der Genderfrage umgegangen? 2. Was sollte man anders machen und wie könnte man das tun?

1. Wie wird in berufsorientierenden Maßnahmen mit der Genderfrage umgegangen? 1. Auswahl der Berufe 2. Analyse des Materials 3. Sprachverwendung bei Berufsbezeichnungen

1.1 Auswahl der Berufe  Inhalte des Berufsorientierungsunterrichts:  Einzelne Berufe ▪ Wunschberufe ▪ Berufe-ABC  Stärken und Interessen – Potentialanalyse  Bewerbungen für Praktikumsplatz

 Kein systematischer Überblick

Verteilung der Berufsnennungen insgesamt nach RIASEC-Schema von John Holland v

R=realistic - praktisch I=intellectual - intellektuell A=artistic - künstlerisch S=social - sozial E=enterpreneur - unternehmerisch C=conventional - konventionell

v

1.2 Analyse von verwendeten Materialien im Berufsorientierungsunterricht • Konzentration auf Material der Bundesagentur für Arbeit • Analyse von 15 Filmen zu geschlechtstypischen Berufen  Nur zwei „geeignet“, um Geschlechterstereotypen entgegen zu wirken

Geschlechtstypische Berufe (70% Erwerbstätige des gleichen Geschlechts)  Frauenberufe   Medizinische Fachangestellte  Zahnmedizinische Fachangestellte  Friseur/-in  Kauffrau/-mann für Bürokommunikation  Bürokauffrau/-mann und Hotelfachfrau/-mann

Männerberufe  Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik  Fachinformatiker/-in (zwei Filme)  Kraftfahrzeugmechatroniker/i n (vier Filme)  Fachkraft für Lagerlogistik  Koch/Köchin

Positive Filmbeispiele Kfz-Mechatroniker/in Karosserietechnik

Kaufmann/frau für Bürokommunikation

Geschlechtsneutrale Berufe • Kaufleute im Einzelhandel • Verkäufer/in • Kaufleute im Groß- und Außenhandel • Hotelfachleute, Bankkaufleute • Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistungen • Industriekaufmann/frau

Industriekaufmann/ -frau

1.3 Sprachverwendung im Unterricht • Alltäglicher Sprachgebrauch: Berufe in männlicher Bezeichnung • Bedeutung von Sprache für Wahrnehmung • „Selbstversuch“ – Personen in Leitungsfunktion • Offizieller Sprachgebrauch: Berufsbezeichnungen in beiden Genusformen - /in oder explizite Nennung • Einfluss auf Interesse und Zutrauen vor allem von Mädchen • Berufsorientierungsunterricht: selten sprachsensibel

2. Was sollte man anders machen und wie könnte man das tun? • Erster wichtiger Schritt: gendersensible Sprachverwendung • Genderkompetenz ist notwendig • Wollen und Können • Können: Wissen um Gendertheorien + Kenntnisse von Berufen und Berufsentwicklungen

2.1 Gendertheorie – doing gender • Geschlecht ist nicht „natürlich“, sondern eine soziale Konstruktion • Candace West/Don Zimmerman: doing gender • „gender as a routine, methodical, and recurring accomplishment“ • „Geschlechtsadäquatheit“ • Doing gender „is to engage in behavior at the risk of gender assessment“ • Sozialisations-, aber auch alltäglicher Interaktionsprozess • “institutionelle Reflexivität” (Goffman) • „Nötigung durch Systematizität“ (Bourdieu)

Vorstellung von geschlechtstypischen Berufen als „natürlich“ irritieren! • Bearbeitung von historischen Entwicklungen von Berufen • „Frauen- und Männerberufe“ sind historisch wandelbar: • Geschlechtswechsel • z.B. Medizin – von Frauen zu Männer- zu Frauenberuf • Bürobereich – von Männer- zu Frauenberuf • Lehrkräfte an Schulen – von Männer- zu Frauenberuf

2.2 Was hat Hamburger-Verkauf und Abschließen von Lebensversicherungen mit Geschlecht zu tun?  McDonalds – Drive Ins und  Versicherungsvertreter für Verkäuferinnen an den Lebensversicherungen Windows  Empathie erforderlich  Geschlechterstereotype  Aber: es werden klare Bezüge Erklärungen zu Männlichkeitskonzepten hergestellt  Empathie erforderlich  Entschiedenheit+Aggressivität

vermeintlich „natürliche“ Frauen – oder Männerberufe Dienstleistungssektor als „Frauenbereich“ • Männer bedürfen im der Umdefinition der Anforderungen Beschreibung von Berufen ermöglicht es, “to flexibly apply” “idioms of sex-typing … to whatever jobs women and men happen to be doing„ (Ruth Milkman) • Geschlechtsspezifik entspringt der jeweiligen Betrachtungsweise

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit

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