Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes Art. 25 GG erfaßt die allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Völkergewohnheitsrecht, allgemeine Rechtsgrundsätze) und Art. 59 GG das Völkervertragsrecht. BVerfGE 112, 1 (25 f., Rn. 94 f.): „Das Grundgesetz (…) ordnet nicht die Unterwerfung der deutschen Rechtsordnung unter die Völkerrechtsordnung und den unbedingten Geltungsvorrang von Völkerrecht vor dem Verfassungsrecht an, sondern will den Respekt vor friedens- und freiheitswahrenden internationalen Organisationen und dem Völkerrecht erhöhen, ohne die letzte Verantwortung für die Achtung der Würde des Menschen und die Beachtung der Grundrechte durch die deutsche öffentliche Gewalt aus der Hand zu geben (…) Diese sich aus der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes ergebende Pflicht, das Völkerrecht zu respektieren, (…)“. 136
Völkervertragsrecht –
Abschluß- und Transformationskompetenz Abschlußkomeptenz
(Art. 32 I GG)
Zentralistische
Auffassung
föderalistische
Auffassung
Lindauer Abkommen (1957)
Transformationskompetenz
(Art. 59 II 1 GG)
Innerstaatliche Geltung völkerrechtlicher
Verträge nach Übernahme in nationales
Recht durch einen Transformationsakt
Verabschiedung eines sog. Vertragsgesetzes
(„innerstaatliches Spiegelbild“
der völkerrechtlichen Regelung) 137
Völkerrechtliches Vertragsschlußverfahren Verfahrensstadium
Akteur
Rechtsgrundlage
Aushandlung des Vertragstextes
Verhandlungsführer der Bundesregierung
allg. Außenkompetenz; vgl. Art. 32 I, 87 I 1 GG
Verhandlungsführer
Art. 10 Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK)
Paraphierung des Vertragstextes
Zustimmungsgesetz Bundestag/Bundesrat Ratifikation
Art. 59 II 1 GG
Bundespräsident
Art. 59 I 2 GG; Art. 14 WVK
Austausch der Ratifikationsurkunden
Bundespräsident
Art. 59 I 2 GG; Art. 16 WVK
Registrierung
UN-Generalsekretär
Art. 102 UN-Charta
Inkrafttreten
Art. 24 WVK
Vgl. M. Schweitzer, Staatsrecht III, 10. Aufl. 2010, Rn. 142 ff.
138
Bedeutende Stationen
der europäischen Einigung Pariser Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) 1951
1957
!
Freier Verkehr mit Kohle und Stahl (Schlüsselindustrien), freier Zugang zu der Produktion sowie die Überwachung des Marktes durch supranationales, unabhängiges Organ (Montanunion) Römische Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG/Euratom)
!
Ausweitung der Wirtschaft durch Förderung des Handels und der Integration vermittels der Gründung einer Zollunion; Energieprobleme sollen durch Kernenergie gelöst werden 139
Bedeutende Stationen
der europäischen Einigung Einheitliche Europäische Akte (EEA)
!
1986
Stärkung der Kommission; stärkere Einbeziehung des Europäischen Parlaments in den Rechtsetzungsprozeß; Übertragung weiterer Materien (Forschung, Technologie, Umwelt) in die Gemeinschaftszuständigkeit; Festlegung des Binnenmarktkonzepts Vertrag über die Europäische Union (Maastricht)
!
1992
Einführung einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie einer „Unionsbürgerschaft“; Aufteilung der Union in den Bereich der Europäischen Gemeinschaften („Erste Säule“) einer- und die neu eingeführten Politiken und Formen der Zusammenarbeit andererseits („Zweite u. Dritte Säule“); weitere institutionelle Veränderungen; deklaratorische Gründung der „Europäischen 140 Union“
Bedeutende Stationen
der europäischen Einigung
Vertrag von Amsterdam
!
1997
Einführung eines „Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ sowie des Ausschusses der Regionen; Stärkung des Europ. Parlaments u.a. durch erhebliche Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens; redaktionelle Überarbeitung von EGV u. EUV (Streichungen, Neunumerierung); „Vergemeinschaftung“ der Visa-, Asyl- u. Einwanderungspolitik durch Übertragung von „Dritter“ in „Erste Säule“
141
Bedeutende Stationen
der europäischen Einigung Vertrag von Nizza
!
2001
Institutionelle Reformen, um die Union nach ihrer Erweiterung
auf 25 Mitgliedstaaten funktionsfähiger zu machen (u.a.
Änderung des Abstimmungsverfahrens im Rat, Neuverteilung der Sitze im Europ. Parlament; Reformierung der Bestimmungen zur Zusammensetzung und Wahl der Kommission sowie der Regelungen zu EuG u. EuGH) Entwurf einer Europäischen Verfassung durch den Verfassungskonvent
2003
!
Charta der Grundrechte (Teil II), Regelungen des EGV (Teil III); weitere bedeutende Materien (bspw. Euratom) sind als angehängte Protokolle auch Bestandteil der Verfassung 142
Bedeutende Stationen
der europäischen Einigung Scheitern des Verfassungsvertrags 2005
2007
!
Referenden in Frankreich und den Niederlanden gegen Ratifikation Vertrag von Lissabon (in Kraft seit 1. Dezember 2009) EUV und AEUV grundlegend, Abschaffung der Säulenstruktur, Völkerrechtssubjekt EU als Rechtsnachfolgerin der EG mit Rechtspersönlichkeit, Verbindlichkeit der Grundrechtecharta, Beitritt zur EMRK, Kompetenzabgrenzung und Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, Mitentscheidungsverfahren als ordentliches Gesetzgebungsverfahren, EAG bzw. EURATOM eigenständig neben EU, striktere Eintritts- und erstmalige Austrittsregelung, PJZS supranational und GASP weiterhin 143 intergouvernemental strukturiert.