VIERTER REGIONALER NAHVERKEHRSPLAN KREIS SEGEBERG 2014-2018

Herausgeber:

Kreis Segeberg Fachbereich Planen, Umwelt, Bauen Fachdienst Kreisplanung Hamburger Straße 30 23795 Bad Segeberg

Verfasser:

SVG Südholstein Verkehrsservicegesellschaft mbH Ochsenzoller Straße 147 22848 Norderstedt

Kreistagsbeschluss:

09.10.2014

Norderstedt, im Mai 2014

4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

3

Vorwort Ein attraktiver, leistungsfähiger öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ist für den Kreis Segeberg umwelt-, wirtschafts-, sozial- und verkehrspolitisch von großer Bedeutung. Als wichtiger Standortfaktor leistet er einen bedeutenden Beitrag zur Attraktivität des Kreises Segeberg insgesamt und dient damit den hier lebenden und arbeitenden Menschen. So befriedigt ein attraktiver ÖPNV nicht nur die Mobilitätsbedürfnisse großer Bevölkerungsteile, er reduziert auch Verkehrsmengen und -emissionen, erhöht somit die Lebens- und Umweltqualität und ist ein relevanter Arbeitgeber für viele Menschen. Insbesondere vor dem Hintergrund weiterhin notwendiger, verstärkter Anstrengungen zum Klimaschutz wird die ohnehin hohe Bedeutung des ÖPNV weiter zunehmen.

Jan Peter Schröder Landrat des Kreises Segeberg

Auf dieser Basis verfolgt der Kreis Segeberg schon seit geraumer Zeit eine engagierte, attraktivitätsorientierte ÖPNV-Politik. Wie erfolgreich wir damit sind, kommt in diesem 4. Regionalen Nahverkehrsplan (RNVP) deutlich zum Ausdruck: So ist es durch gezielte ÖPNVEntwicklungsmaßnahmen gelungen, die hohe ÖPNV-Qualität weiter zu steigern und so in den bedeutsamen Bereichen Nachfrage und Marktanteil beachtliche Fortschritte zu erreichen. Darüber hinaus wurde die Finanzierungsund Vertragswelt organisatorisch sowie strukturell optimiert. Diesen erfolgreichen Weg wollen wir auch in den kommenden Jahren weiter gehen. Dabei werden weitere Ausbaumaßnahmen zur Steigerung der ÖPNV-Attraktivität und die Weiterentwicklung der Barrierefreiheit eine wichtige Rolle spielen. Aber auch mit alternativen und komplementären Bedienungsformen wollen wir uns beschäftigen und den Einstieg in die E-Mobilität prüfen. Dieser 4. RNVP wird dabei unser umfassender Leitfaden sein.

Jan Peter Schröder

4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

4

Inhaltsverzeichnis 1 2

VERKEHRSPOLITISCHE ZIELE .............................................................................................. 11 RECHTLICHER UND LANDESPLANERISCHER RAHMEN..................................................... 13 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3

2.2 2.2.1

3

3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.8.4

Landesplanerischer Rahmen ............................................................................................................................... 18 Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010 (LEP) ......................................................................................... 19

Verwaltungsgliederung ........................................................................................................................................ 21 Zentralörtliche Gliederung und Siedlungsstruktur ..................................................................................... 21 Bevölkerung .............................................................................................................................................................. 24 Arbeitsplätze ............................................................................................................................................................. 31 Berufspendler ........................................................................................................................................................... 31 Schüler/-innen .......................................................................................................................................................... 40 Versorgung, Freizeit, Naherholung ................................................................................................................... 46 Grundlagendaten zur Mobilität ......................................................................................................................... 47 Verkehrsinfrastruktur .............................................................................................................................................................. 47 Motorisierung ............................................................................................................................................................................ 48 Verkehrsmarkt ........................................................................................................................................................................... 50 ÖPNV und Klimaschutz........................................................................................................................................................... 54

ANFORDERUNGEN AN DAS ÖPNV-ANGEBOT / STANDARDS .......................................... 57 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5

4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3

4.4 4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3

5

Europäischer Rechtsrahmen ................................................................................................................................................ 13 Bundesdeutscher Rechtsrahmen ....................................................................................................................................... 14 Schleswig-Holsteinischer Rechtsrahmen ........................................................................................................................ 16

STRUKTURELLE GRUNDLAGEN ........................................................................................... 21 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8

4

Rechtlicher Rahmen ............................................................................................................................................... 13

Rahmenbedingungen der Angebotsplanung .............................................................................................. 57 Allgemeines ................................................................................................................................................................................ 57 Räumliche Differenzierung ................................................................................................................................................... 57 Netzhierarchie ........................................................................................................................................................................... 58 Zeitliche Differenzierung ....................................................................................................................................................... 58 Systematische Grundlagen der Angebotsplanung ..................................................................................................... 59

Barrierefreiheit ......................................................................................................................................................... 62 Weitere Anforderungen an Fahrzeuge, Bushaltestellen, P+R- und B+R-Anlagen ............................ 64 Fahrzeuge.................................................................................................................................................................................... 64 Bushaltestellen .......................................................................................................................................................................... 64 Anforderungen an P+R- & B+R-Anlagen.......................................................................................................................... 65

Qualitätsmanagement .......................................................................................................................................... 66 Marketing, Service & Produktstruktur .............................................................................................................. 66 Zentrales HVV-Marketing ...................................................................................................................................................... 66 Produktstruktur im HVV ......................................................................................................................................................... 68 Marketing & Service der VU .................................................................................................................................................. 69

ÖPNV-GESAMTSYSTEM: BESTAND ..................................................................................... 70 5.1 5.1.1 5.1.2

5.2 5.2.1 5.2.2

5.3 5.4 5.4.1 5.4.2

SPNV............................................................................................................................................................................. 70 SPNV-Unternehmen ................................................................................................................................................................ 70 SPNV-Angebot ........................................................................................................................................................................... 70

ÖPNV............................................................................................................................................................................ 71 ÖPNV-Unternehmen ............................................................................................................................................................... 71 ÖPNV-Angebot .......................................................................................................................................................................... 71

Verknüpfungen ........................................................................................................................................................ 75 Tarif............................................................................................................................................................................... 80 HVV-Tarif ...................................................................................................................................................................................... 80 Schleswig-Holstein-Tarif (SH-Tarif)..................................................................................................................................... 82

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5.4.3 5.4.4

6

Stadtverkehr Kaltenkirchen .................................................................................................................................................. 82 Peters-Haustarif......................................................................................................................................................................... 83

ÖPNV-GESAMTSYSTEM: ANALYSE & BEWERTUNG .......................................................... 84 6.1 6.2

Räumliche Erschließung und Mindestbedienung ....................................................................................... 84 Bedienungsqualität nach Attraktivitätsstandards ....................................................................................... 88

6.2.1 6.2.2 6.2.3

7

Regionales Grundnetz ............................................................................................................................................................ 88 Regionales Ergänzungsnetz ................................................................................................................................................. 89 Stadtverkehre ............................................................................................................................................................................ 89

ORGANISATION .................................................................................................................... 91 7.1 7.2 7.3 7.4

8

Allgemeines............................................................................................................................................................... 91 Verträge ...................................................................................................................................................................... 92 Finanzierungsrahmen............................................................................................................................................ 94 Wettbewerb und Vergabe.................................................................................................................................... 96

BILANZ DES 3. RNVP ........................................................................................................... 105 8.1 8.2 8.3

Nachfrage und Verkehrsmarkt ......................................................................................................................... 105 ÖPNV und Klimaschutz ....................................................................................................................................... 106 HVV-Tarif und -Vertrieb ....................................................................................................................................... 106

8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.3.4

8.4

HVV-Prüfkonzept .................................................................................................................................................................... 106 HVV-Kundengarantie ............................................................................................................................................................ 107 HVV-Neubürgerinformation ............................................................................................................................................... 107 HVV-Fahrkarten ....................................................................................................................................................................... 108

Schleswig-Holstein-Tarif ..................................................................................................................................... 108

8.4.1 8.4.2 8.4.3 8.4.4

8.5 8.6 8.7 8.8 8.9

SH-Tarif Kundengarantie ..................................................................................................................................................... 108 SH-Tarif Onlineticket ............................................................................................................................................................. 108 SH-Tarif Listenschülerzeitkarten ....................................................................................................................................... 108 NAH.SH-Firmenabo................................................................................................................................................................ 108

Barrierefreiheit ....................................................................................................................................................... 108 Qualitätsverbesserungen ................................................................................................................................... 111 Finanzierung, Verträge, Kommunalisierung ................................................................................................ 112 Entwicklungsmaßnahmen im SPNV (Zuständigkeit des LNVP) ............................................................ 113 Entwicklungsmaßnahmen im ÖPNV .............................................................................................................. 113

8.9.1 8.9.2 8.9.3 8.9.4 8.9.5 8.9.6 8.9.7 8.9.8 8.9.9 8.9.10

8.10

Diverse Teilnetze .................................................................................................................................................................... 113 Teilnetz SE1/2 Norderstedt ................................................................................................................................................. 113 Teilnetz SE4 Region Kaltenkirchen................................................................................................................................... 114 Teilnetz SE5 Stadt Bad Bramstedt .................................................................................................................................... 114 Teilnetz SE6 Region Bad Bramstedt ................................................................................................................................. 115 Teilnetz SE7 Stadt Bad Segeberg ...................................................................................................................................... 115 Teilnetz SE8 Region Bad Segeberg West ....................................................................................................................... 115 Teilnetz SE9 Region Bad Segeberg Ost .......................................................................................................................... 116 Teilnetz SE10 Region Bornhöved ..................................................................................................................................... 116 Kreis Pinneberg: Teilnetz PI1 Pinneberg ........................................................................................................................ 116

Flankierende Maßnahmen ................................................................................................................................. 116

8.10.1 8.10.2 8.10.3

9

5

Aktion Bus-Engel..................................................................................................................................................................... 116 Komplementäre Mobilität ................................................................................................................................................... 117 Pendlerportal ........................................................................................................................................................................... 118

WEITERENTWICKLUNG DES ÖPNV-GESAMTSYSTEMS ................................................... 119 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6

4. LNVP 2013 – 2017 ............................................................................................................................................. 119 Finanzierung, Kommunalisierung ................................................................................................................... 121 Fahrzeuge und Haltestellen .............................................................................................................................. 121 Barrierefreiheit ....................................................................................................................................................... 121 Marketing ................................................................................................................................................................. 122 Tarif / Vertrieb ......................................................................................................................................................... 122

4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

9.6.1 9.6.2 9.6.3 9.6.4 9.6.5

9.7 9.8 9.9 9.10

HVV-E-Ticketing ...................................................................................................................................................................... 122 HVV-Echtzeitinformation ..................................................................................................................................................... 123 SH-Echtzeitinformation ........................................................................................................................................................ 124 Verkehrsverbund NAH.SH ................................................................................................................................................... 124 Weiterentwicklung SH-Tarif................................................................................................................................................ 124

Entwicklung eines Integralen Taktfahrplans (ITF) ...................................................................................... 125 Umwelt- und Klimaschutz, E-Mobilität .......................................................................................................... 129 Lärmschutz .............................................................................................................................................................. 129 Alternative Bedienungsformen ........................................................................................................................ 130

9.10.1 9.10.2 9.10.3 9.10.4

9.11

Linientaxis ................................................................................................................................................................................. 130 Bürgerbusse.............................................................................................................................................................................. 130 Anruf-Sammel-Taxis .............................................................................................................................................................. 131 Neue alternative Ansätze / Komplementäre Mobilität ............................................................................................. 135

Einzelmaßnahmen ................................................................................................................................................ 135

9.11.1

9.12 9.13

6

ÖPNV ........................................................................................................................................................................................... 135

Busbeschleunigung .............................................................................................................................................. 138 Maßnahmenumsetzung ..................................................................................................................................... 138

Anhang Anhang – Inhaltsverzeichnis Anhang A – Tabellen Anhang B – HVV-Standards Bedienungsqualität

140 141 142 159

4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

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Kartenverzeichnis Karte 1: Verwaltungsgliederung ............................................................................................................................................. 22 Karte 2: Zentralörtliches System / Nahbereiche................................................................................................................ 23 Karte 3: Bevölkerungsverteilung ............................................................................................................................................ 25 Karte 4.1: Bevölkerungsentwicklung 2000 - 2011 ............................................................................................................ 29 Karte 4.2: Bevölkerungsentwicklung 2011 - 2030 ............................................................................................................ 30 Karte 5: Auspendlerbeziehungen ab 100 sozialvers.pfl. Beschäftigten .................................................................... 34 Karte 6: Einpendlerbeziehungen ab 100 sozialvers.pfl. Beschäftigten ..................................................................... 36 Karte 7: Kreisinterne Pendlerbeziehungen ab 100 sozialvers.pfl. Beschäftigten .................................................. 38 Karte 8: Allgemeinbildende Schulen nach Standort und Schülerzahl ...................................................................... 44 Karte 9: Verflechtungen im Schülerverkehr........................................................................................................................ 45 Karte 10: ÖPNV-Liniennetz ....................................................................................................................................................... 72 Karte 11: ÖPNV-Netzhierarchie ............................................................................................................................................... 73 Karte 12: Räumliche Erschließung ......................................................................................................................................... 85 Karte 13: Teilnetze ..................................................................................................................................................................... 102 Karte 14: AST-Bedienungsgebiete ....................................................................................................................................... 133

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Genutzte Verkehrsmittel in Schleswig-Holstein 2012...................................................................................... 50 Abb. 2: Genutzte Verkehrsmittel nach Städten und Kreisen in %............................................................................... 51 Abb. 3: ÖV-Hauptverkehrsmittel in den SH-Kreisen im HVV ........................................................................................ 52 Abb. 4: Entwicklung der globalen Kundenzufriedenheit im HVV 1999 – 2013 ...................................................... 53 Abb. 5: HVV-Informationsbroschüre (Beispiel) .................................................................................................................. 67 Abb. 6: Produktstruktur im HVV-Altgebiet ......................................................................................................................... 68 Abb. 7: Mögliche Produktstruktur im HVV-Erweiterungsgebiet ................................................................................. 69 Abb. 8: ÖV-Nachfrageentwicklung im Kreis SE ............................................................................................................... 105 Abb. 9: Infobroschüre HVV-Neubürger .............................................................................................................................. 107 Abb. 10: HVV-Infobroschüren zum Thema Barrierefreiheit (Auszüge) ................................................................... 110 Abb. 11: Konzept einer ITF-Einbindung Bad Bramstedt - Wrist ................................................................................ 127 Abb. 12: Konzept einer ITF-Ausgestaltung Bf. Bad Segeberg .................................................................................... 128

4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

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Tabellenverzeichnis Tab. 1: Bevölkerungsentwicklung im Kreisgebiet 1995 – 2011 ................................................................................... 26 Tab. 2: Entwicklung der Altersstruktur 2011 – 2030 im Kreis Segeberg ................................................................... 27 Tab. 3: Entwicklung der Arbeitsplatzzahlen 2000 – 2011 in den Zentralen Orten................................................ 31 Tab. 4: Pendleranteile Kreis Segeberg 2000 & 2011 ........................................................................................................ 32 Tab. 5: Entwicklung der Einpendlerzahlen in die Zentralen Orte ............................................................................... 32 Tab. 6: Auspendler in die umgebenden Kreise und kreisfreien Städte..................................................................... 35 Tab. 7: Einpendler aus den umgebenden Kreisen und kreisfreien Städten ........................................................... 37 Tab. 8: Kreisinterne Pendler ..................................................................................................................................................... 39 Tab. 9: Schularten und Schülerzahlen, Schuljahr 2011/12 ............................................................................................ 40 Tab. 10: Motorisierungsgrad in Schleswig-Holstein und Deutschland ..................................................................... 49 Tab. 11: Kundenzufriedenheit in den SH-Kreisen im HVV ............................................................................................. 54 Tab. 12: Treibhausgasemissionen im Segeberger Nahverkehr 2010 ........................................................................ 55 Tab. 13: Hierarchiestufen im ÖPNV ....................................................................................................................................... 58 Tab. 14: Einteilung der Verkehrszeiten montags - freitags ........................................................................................... 58 Tab. 15: Maximalwerte für die Haltestelleneinzugsbereiche ....................................................................................... 59 Tab. 16: Gehzeiten in Minuten ................................................................................................................................................ 60 Tab. 17: Mindestbedienung zur Anbindung der Siedlungsflächen ........................................................................... 60 Tab. 18: Fahrtenangebot nach Attraktivitätskriterien..................................................................................................... 61 Tab. 19: ÖPNV-Relationen im Regionalen Grundnetz..................................................................................................... 74 Tab. 20: Verknüpfungspunkte Bahn / Bus ........................................................................................................................... 76 Tab. 21: Verknüpfungspunkte Bus / Bus .............................................................................................................................. 77 Tab. 22: Park+Ride-Anlagen 2007 / 2013............................................................................................................................. 78 Tab. 23: Bike+Ride-Anlagen 2007 / 2013 ............................................................................................................................. 79 Tab. 24: Budgetplanung 2008 ................................................................................................................................................. 96 Tab. 25: Entwicklung kommunaler ÖPNV-Finanzierungsmittel 2008 – 2015 (Planzahlen) ............................... 96 Tab. 26: Teilnetz SE1/2 Norderstedt ...................................................................................................................................... 98 Tab. 27: Teilnetz SE3 Stadt Kaltenkirchen ........................................................................................................................... 98 Tab. 28: Teilnetz SE4 Region Kaltenkirchen ........................................................................................................................ 98 Tab. 29: Teilnetz SE5 Stadt Bad Bramstedt.......................................................................................................................... 99 Tab. 30: Teilnetz SE6 Region Bad Bramstedt ...................................................................................................................... 99 Tab. 31: Teilnetz SE7 Stadt Bad Segeberg ........................................................................................................................... 99 Tab. 32: Teilnetz SE8 Region Bad Segeberg West .......................................................................................................... 100 Tab. 33: Teilnetz SE9 Region Bad Segeberg Ost.............................................................................................................. 100 Tab. 34: Teilnetz SE10 Region Bornhöved ......................................................................................................................... 100 Tab. 35: Laufzeiten und Vergabezeitpunkte der Teilnetze ......................................................................................... 101 Tab. 36: CO2-Einsparbilanz (in t) im ÖV des Kreises Segeberg 2008 – 2018 .......................................................... 106 Tab. 37: Niederflurquoten nach Teilnetzen ...................................................................................................................... 109

4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

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Abkürzungsverzeichnis A / B / L / K (+ Nummer) # / * / " / ! (+ Nummer) AK AKN AST AT BGBl BGG BMVBS DL EAV EuGH FAG FHH GKVO GVFG HF HHA HVV HVZ ITF IV KViP LaplaG LBGG LEP LNVP LROP LSA LVS LZO MIV MWAV MRH MZ MZH NBE NF NOB NSH NVP NVZ ÖPNV ÖPNVG ÖRV ÖV PBefG Peters PVG QSV RBL RegG RegPl 1 REK

Bundesautobahn / Bundes-/ Landes-/ Kreisstraße A-Bahnlinie, Regionalbahnlinie, S-Bahnlinie, U-Bahnlinie Autokraft GmbH AKN Eisenbahn AG Anruf-Sammel-Taxi Aufgabenträger Bundesgesetzblatt Behindertengleichstellungsgesetz Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die linie GmbH Einnahmenaufteilungsverfahren Europäischer Gerichtshof Gesetz über den Finanzausgleich in Schleswig-Holstein Freie und Hansestadt Hamburg Geringste-Kosten-Verordnung Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz Hochflur (-Bus) Hamburger Hochbahn AG Hamburger Verkehrsverbund GmbH Hauptverkehrszeit Integraler Taktfahrplan Individualverkehr Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg mbH Gesetz über die Landesplanung Landesbehindertengleichstellungsgesetz Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2009 (Entwurf 01/2008) Landesweiter Nahverkehrsplan für den SPNV in Schleswig-Holstein Landesraumordnungsplan Schleswig-Holstein Lichtsignalanlage LVS Schleswig-Holstein Landesweite Verkehrsservicegesellschaft mbH Ländlicher Zentralort Motorisierter Individualverkehr Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie SH Metropolregion Hamburg Mittelzentrum Mittelzentrumsholding Bad Segeberg Wahlstedt GmbH & Co. KG NBE nordbahn Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG Niederflur (-Bus) Nord-Ostsee-Bahn GmbH Nahverkehr Schleswig-Holstein GmbH Nahverkehrsplan Normalverkehrszeit straßengebundener öffentlicher Personennahverkehr Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Schleswig-Holstein Öffentlich - rechtliche Vereinbarung Öffentlicher Verkehr Personenbeförderungsgesetz Omnibusbetrieb Matthias Peters GmbH & Co KG Pinneberger Verkehrsgesellschaft mbH Qualitätssicherungsverfahren Rechnergestütztes Betriebsleitsystem Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs Regionalplan für den Planungsraum I Regionales Entwicklungskonzept für die Metropolregion Hamburg

4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

RNVP ROG Rohde ROR SchulG SGB IX SH SH-Tarif SN SPNV StK. I. O. SVG SVZ SWK SWN UZ VBN VDV VGN VGSE VHH VKP VO VRK VU VVU ZDD ZVU

Regionaler Nahverkehrsplan Raumordnungsgesetz Rohde Verkehrsbetriebe GmbH Raumordnungsregion Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz Sozialgesetzbuch Neuntes Buch Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein-Tarif Stadtwerke Norderstedt Schienenpersonennahverkehr Stadtrandkern I. Ordnung Südholstein Verkehrsservicegesellschaft mbH Schwachverkehrszeit Stadtwerke Kaltenkirchen SWN Bäder und Verkehr GmbH Unterzentrum Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Verkehrsgesellschaft Norderstedt mbH Verkehrs- und Tarifgemeinschaft Kreis Segeberg Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein AG Verkehrsbetriebe Kreis Plön GmbH Verordnung Verkehrsverbund Region Kiel Verkehrsunternehmen Verbundverkehrsunternehmen Zentrale Datendrehscheibe Zentrale Verkehrsunternehmen

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4. RNVP Kreis Segeberg 2014 – 2018

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VERKEHRSPOLITISCHE ZIELE

Die verkehrspolitischen Ziele des Kreises Segeberg sind im Wesentlichen deckungsgleich mit den im Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Schleswig-Holstein (ÖPNVG) formulierten Zielen. Dort heißt es in § 1: „(1) Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen in allen Teilen des Landes im ÖPNV ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. (2) Der ÖPNV im Sinne des § 2 des Regionalisierungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2395) soll der Herstellung und Sicherung gleichwertiger Lebensbedingungen im gesamten Land sowie der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, des Umweltschutzes und der Verkehrssicherheit dienen. Er soll so gestaltet werden, dass er eine attraktive und umweltverträgliche Alternative zum motorisierten Individualverkehr darstellt. Durch Maßnahmen zur Verlagerung auf den ÖPNV soll der motorisierte Individualverkehr insbesondere in und zwischen den Verdichtungsräumen nach Möglichkeit zurückgeführt, zumindest aber ein weiterer Anstieg verhindert werden. Grundsätzlich soll dem Ausbau und der Finanzierung des ÖPNV, einschließlich der Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern, Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr eingeräumt werden. (3) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen und Bauleitplänen haben die Aufgabenträger darauf hinzuwirken, dass eine verkehrsgerechte Zuordnung von Wohnbereichen zu Arbeits- und Ausbildungsstätten sowie eine angemessene Anbindung dieser Bereiche an öffentliche und private, gewerbliche, soziale und kulturelle Einrichtungen sowie an Fremdenverkehrs- und Erholungsgebiete mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf möglichst kurzen Wegen erfolgt. Die Siedlungsentwicklung soll sich schwerpunktmäßig an leistungsfähigen ÖPNV-Linien orientieren. Diese Zielsetzung ist bei der Aufstellung der in Satz 1 genannten Pläne zu berücksichtigen. (4) Bei der Planung und Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur, der Fahrzeuge und des ÖPNVAngebotes sind neben den spezifischen Bedürfnissen der Benutzergruppen, vor allem den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler, der Auszubildenden und der Berufstätigen, besonders die Belange von Kindern, alten Menschen und Personen mit Behinderungen und sonstigen Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist dem spezifischen Mobilitätsverhalten von Frauen im Rahmen des ÖPNV Rechnung zu tragen. (5)

Die besondere Verkehrsnachfrage des Tourismus ist zu berücksichtigen.

(6) Der ÖPNV ist mit dem Ziel der Energieeinsparung und Emissionsreduzierung fortlaufend zu modernisieren.“ Diesen Grundsätzen folgend soll das Angebot des ÖPNV im Kreis Segeberg gesichert und mit dem Ziel der Erhöhung des gesamten Anteils des öffentlichen Verkehrs (ÖV) am Gesamtverkehrsaufkommen weiterentwickelt werden. Mittelfristig wird eine Erhöhung des ÖVAnteils am Modal Split auf 10 % angestrebt (vgl. Kap. 3.8.3). Zwei Gründe für die wachsende Bedeutung des ÖPNVs stehen in besonderem, auch öffentlichem Fokus: das Ziel der CO2Reduzierung und die demographische Entwicklung. Der Kreis wird darüber hinaus darauf hinwirken, dass der ÖPNV • zu einem angemessenen Preis- / Leistungsverhältnis bereitgestellt wird, so dass deren Nutzung auch für jene Bevölkerungsteile attraktiv ist, die aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen nicht über einen eigenen Pkw verfügen können oder wollen; • im Sinne der Kundenfreundlichkeit mit einem Höchstmaß an Sicherheit und Zuverlässigkeit erbracht wird; • den Bedürfnissen des Schülerverkehrs als einem der wichtigsten Verkehrssegmente im ländlichen ÖPNV gerecht wird;

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auch von den Berufstätigen im täglichen Pendlerverkehr zwischen Wohn- und Arbeitsort nicht nur in den städtischen Verdichtungsräumen sondern auch zwischen den Zentren und im ländlichen Raum als eine attraktive Alternative zum motorisierten Individualverkehr (MIV) ausgestaltet und wahrgenommen wird; die zunehmende Bedeutung des Freizeit- und Tourismusverkehrs stärker berücksichtigt, indem Ziele und Zeiten dieses Verkehrssegmentes stärker im Angebot abgebildet werden. In diesem Zusammenhang sind besonders die Belange der Jugendlichen zu beachten, da eine attraktive Angebotsgestaltung für diese Nutzergruppe der Grundstein einer zukünftigen Kundenbindung sein kann, die auch dann zur Stärkung des ÖPNV beitragen kann, sobald mit zunehmendem Alter der MIV an Bedeutung gewinnt; im Sinne einer verbesserten Nutzungshäufigkeit, Akzeptanz und Kundenbindung in allen Nutzergruppen weiterentwickelt und vermarktet wird; verkehrlich, betrieblich und wirtschaftlich so optimiert wird, dass einerseits die kommunalen Haushalte möglichst wenig belastet werden, andererseits die Möglichkeit zur Erfüllung der Aufgaben des ÖPNV gegeben ist.

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RECHTLICHER UND LANDESPLANERISCHER RAHMEN

2.1

Rechtlicher Rahmen

2.1.1

Europäischer Rechtsrahmen

Grundgedanke des EU-Rechtsrahmens ist der Gemeinsame Markt, auf dem die Hindernisse für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr beseitigt sind. Aufbauend auf diesen Grundprinzipien der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit soll ein System entstehen, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt. Vor diesem Hintergrund sind staatliche Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, allen Marktteilnehmern muss ein diskriminierungsfreier Marktzugang ermöglicht werden. In den letzten Jahren wurde auf europäischer Ebene sehr intensiv über eine Novellierung des ÖPNV-Rechts verhandelt, weil die Umsetzung der bisher gültigen Verordnung (EWG) 1191/69 EU-weit zu recht unterschiedlichen Ergebnissen geführt hat. Mit der Novelle sollen Interpretationsspielräume abgebaut, Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen und so der Übergang in den ÖPNV-Wettbewerb EU-weit harmonisiert werden. Mit der Veröffentlichung der Verordnung (EG) 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates am 03.12.2007 im EU-Amtsblatt ist dieser Prozess rechtskräftig abgeschlossen worden. Die neue VO (EG) 1370/2007 ist 2 Jahre später am 03.12.2009 in Kraft getreten. Da es sich um eine Verordnung handelt, wirken ihre Regelungsinhalte ab Inkrafttreten unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten. Vor dem 03.12.2009 nach altem Recht geschlossene Verträge bleiben jedoch grundsätzlich gültig (Bestandsschutz). Die VO (EG) 1370/2007 schafft tatsächlich einen klareren ÖPNV-Rechtsrahmen als bisher. So entfällt die in der VO (EWG) 1191/69 noch vorgesehene Möglichkeit der Herausnahme des ÖPNV aus dem Anwendungsbereich der Verordnung zukünftig. Darüber hinaus werden Finanzierungs- und Vergabefragen geregelt. Dabei sieht die VO (EG) 1370/2007 grundsätzlich wettbewerbliche Vergaben vor, erlaubt aber auch Direktvergaben. Gleichzeitig ist der Anwendungsbereich der neuen VO (EG) 1370/2007 sehr weit gefasst. Sie ist immer dann einschlägig, wenn ein Aufgabenträger (zuständige Behörde) einem Verkehrsunternehmen finanzielle Ausgleiche und/oder ausschließliche Rechte als Kompensation für die mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher ÖPNV-Dienste verbundenen Kosten gewährt. Auf die Rechtsform dieser Einigung kommt es dabei nicht an. Für alle Formen wird der einheitliche Begriff des öffentlichen Dienstleistungsauftrages (ÖDA) verwandt. Verkürzt gesagt eröffnet damit jede Vereinbarung zwischen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen über vom Aufgabenträger im öffentlichen Interesse gewünschte Maßnahmen und dem Verkehrsunternehmen dafür gewährte Kompensationen den Anwendungsbereich der neuen VO (EG) 1370/2007. Die VO (EG) 1370/2007 enthält Regeln über bestimmte Mindestinhalte des fraglichen ÖDAs. Diese Mindestinhalte wurden zum größten Teil nicht neu entwickelt, sondern aus der schon bestehenden, o.g. Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „Altmark Trans“ übernommen (Urteil vom 24.07.2003). Erforderlich sind u.a.: • •



eine klare Definition der vom Betreiber zu erfüllenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und des betroffenen geographischen Gebiets; eine objektive und transparente Aufstellung der Parameter, anhand derer eine Ausgleichsleistung berechnet wird sowie Darstellung der Art und des Umfangs der gewährten Ausschließlichkeit; übermäßige Ausgleichsleistungen sind zu vermeiden (keine Überkompensation);

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• •

14

eine klare Regelung für die Durchführung der Aufteilung der mit der Dienstleistung in Verbindung stehenden Kosten (insbesondere für Personal, Infrastruktur, Energie, Wartung und Instandsetzung, sonstige Anlagen, Fixkosten, angemessene Kapitalrendite); eine klare Regelung über den Verbleib, Anrechnung und/oder die Aufteilung der Fahrgeldeinnahmen zwischen zuständiger Behörde und Betreiber; eine Darstellung der verbindlichen Qualitätsstandards, sofern solche vereinbart wurden.

Die Laufzeit von ÖDAs ist im Busbereich in der Regel auf höchstens 10 Jahre beschränkt. Ebenfalls in der VO (EG) 1370/2007 enthalten sind Regeln für die Vergabe von ÖDAs. Fällt die Übereinkunft zwischen Aufgabenträger (zuständiger Behörde) und Verkehrsunternehmen unter das Europäische Vergaberecht, so ist dieses anzuwenden. Ist dies nicht der Fall, greift das Vergaberegime der VO (EG) 1370/2007. Es sieht als Regelfall die wettbewerbliche Vergabe unter Einhaltung der Grundsätze von Fairness, Transparenz und Nichtdiskriminierung vor, erlaubt aber unter bestimmten Voraussetzungen auch die direkte Vergabe. Zur Erhöhung der Transparenz im ÖPNV enthält die VO (EG) 1370/2007 mehrere Berichtspflichten. Ab Inkrafttreten muss jeder Aufgabenträger (zuständige Behörde) für seinen Bereich einmal jährlich einen Gesamtbericht veröffentlichen, aus dem sich die in seinem Zuständigkeitsbereich bestehenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die für deren Erfüllung ausgewählten Betreiber und die diesen gewährten Ausgleichsleistungen und ausschließlichen Rechte ergeben. Der Bericht muss eine Kontrolle und Beurteilung der Leistung, der Qualität und der Finanzierung des ÖPNV ermöglichen und ggf. Informationen über Art und Umfang der gewährten Ausschließlichkeit enthalten. Zudem sind beabsichtigte Vergaben, egal ob direkt oder wettbewerblich, ein Jahr im Voraus im EU-Amtsblatt zu veröffentlichen. Bei Direktvergaben ist jeder Interessierte auf Antrag über die Gründe zu informieren. 2.1.2

Bundesdeutscher Rechtsrahmen

Die Überführung des alten EU-Rechtsrahmens in das deutsche Recht geschah in Form des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (RegG) und des novellierten Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Das RegG vom 27.12.1993 definiert in § 2 den Begriff ÖPNV erstmals inhaltlich. Darüber hinaus erklärt es in § 1 (1) und (2) die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung im ÖPNV zu einer Aufgabe der Daseinsvorsorge, konkretisiert dies aber nicht und überlässt es den Ländern, die Stellen zu Wahrnehmung und inhaltlicher Ausgestaltung dieser Aufgabe zu bestimmen, woraus sich Begriff und Funktion des Aufgabenträgers (AT) ableiten. In diesem Zusammenhang ist § 3 zu sehen, der unter dem Titel „Regionalisierung“ zur Stärkung der Wirtschaftlichkeit des ÖPNV die Zusammenführung der Zuständigkeiten für Planung, Organisation und Finanzierung des ÖPNV in der Zuständigkeit der ATs anstrebt und diesen in § 4 das Recht einräumt, zur Sicherstellung der ausreichenden Verkehrsbedienung gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen mit Verkehrsunternehmen (VU) vertraglich zu vereinbaren oder diesen aufzuerlegen. Mit Wirkung ab dem 01.01.1996 trat das novellierte PBefG in Kraft. Darin findet sich in § 8 (1) und (2) eine gegenüber dem RegG erweiterte inhaltliche Definition des Begriffs ÖPNV. Mit Wirkung ab dem 01.01.2007 wurde das PBefG um den neuen § 64a ergänzt. Dieser Paragraph ermöglicht u.a. das Ersetzen des § 45a (Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr) durch Landesrecht („45a-Öffnungsklausel“), wovon Schleswig-Holstein Gebrauch macht (vgl. Kap. 7.3). Als Reaktion auf die neue VO (EG) 1370/2007 wurde das PBefG mit Wirkung ab dem 01.01.2013 erneut novelliert und das geänderte Europarecht damit in deutsches Recht umgesetzt. Grundsätzliche Änderungen sind:

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• • •

15

Eigen- und gemeinwirtschaftliche Verkehre werden durch klare inhaltliche Definitionen sauber voneinander abgegrenzt und hinsichtlich ihrer Vergabe getrennt geregelt. Die bislang unkoordinierten Procederes von Vergabe- und Genehmigungsverfahren werden in einem geregelten Verfahren miteinander verknüpft. Die Aufgabenträger werden gestärkt, denn wenn diese aktiv werden, verliert die Genehmigungsbehörde an Bedeutung.

Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit bleibt formal erhalten (§ 8 (4)), die Definition von „eigenwirtschaftlich“ wird aber neu gefasst. Demnach ist nun allein die Finanzierungsart dafür verantwortlich, ob es sich um eigen- oder gemeinwirtschaftlichen ÖPNV handelt. ÖPNVLeistungen sind nur noch dann eigenwirtschaftlich, wenn deren Aufwand ausschließlich durch Beförderungserlöse und öffentliche Ausgleiche nach allgemeinen Vorschriften1 finanziert wird, wobei letztere einzig zur Festlegung von Höchsttarifen eingesetzt werden dürfen. Jede öffentliche Finanzierung jenseits davon, z.B. im Rahmen von Verkehrsverträgen, sowie die Gewährung ausschließlicher Rechte ergibt gemeinwirtschaftlichen ÖPNV. Das neue PBefG bemüht sich um eine Klärung der Zusammenhänge und eine möglichst saubere verfahrenstechnische Verzahnung zwischen der Vergabe der Genehmigung und der des ÖDA, sofern ein solcher vorliegt. Die aus der Diskussion um die VO (EG) 1370/2007 bekannten Vergabevarianten: • • • •

Ausschreibungswettbewerb um einen ÖDA nach Vergaberecht mit anschließender Genehmigungsvergabe an den Ausschreibungsgewinner, Ausschreibungswettbewerb um einen ÖDA als Dienstleistungskonzession nach der VO 1370 mit anschließender Genehmigungsvergabe an den Gewinner, Direktvergaben von ÖDAs an interne Betreiber bzw. kleine und mittlere Unternehmen, Reiner Genehmigungswettbewerb zwischen Verkehrsunternehmen auf der Basis einer durch allgemeine Vorschriften bereitgestellten Finanzierung,

finden sich nun mehr auch im neuen PBefG und werden dort verfahrenstechnisch und vor allem genehmigungsrechtlich ausgestaltet. Nach wie vor ist es Aufgabe des ATs, die ausreichende Verkehrsbedienung (Angebotsquantität, -qualität, -integration, Umweltstandards) sicherzustellen, welche der AT i.d.R. per Nahverkehrsplan (NVP) definiert (§8 (3)). Neu ist, dass der AT als Teil des ÖDA dem Betreiber des Verkehrs ausdrücklich ein ausschließliches Recht zur ÖPNV-Bedienung eines bestimmten Gebiets verleihen kann. Für die Laufzeit des fraglichen ÖDA ist damit für dieses Gebiet die Möglichkeit der Genehmigung eines konkurrierenden Verkehrs ausgeschlossen. Auch ohne die Gewährung eines ausschließlichen Rechts ist nun mehr unzulässig, mit einem Genehmigungsantrag einzelne Linien aus im NVP unter der Prämisse wirtschaftlicher Verkehrsgestaltung definierten Teilnetzen herauszulösen (§13 (2) Nr. 3 d)), da so ein im öffentlichen Interesse liegender synergetischer Ausgleich zwischen wirtschaftlich starken und schwächeren Linien gefährdet würde. Legt der der AT seinen Maßstab für eine ausreichende Verkehrsbedienung im NVP und in der Vorabbekanntmachung seiner Vergabeabsicht nach § 8a Abs. 2 PBefG fest und betreibt damit die Umsetzung seiner Verkehrsinteressen aktiv über die Vergabe von ÖDAs, so hat die 1 Dementsprechend klassifiziert sind a) Ausgleiche für rabattierte Schülerzeitkarten nach §45a PBefG und b) Ausgleiche für die kostenlose Beförderung von Schwerbehinderten nach §148 SGB IX. Eigenwirtschaftliche Effekte hat dies jedoch nicht, da a) in Schleswig-Holstein durch Landesrecht ersetzt wurde und damit faktisch unwirksam ist und die über b) laufenden Finanzvolumina i.d.R. viel zu gering sind, um in Verbindung mit Fahrgelderlösen zur Kostendeckung zu führen. Zwar besteht die in Art. 3 (2) der VO (EG) 1370/2007 angelegte Möglichkeit, ÖPNV ausschließlich über allgemeine Vorschriften zu finanzieren. Diese Möglichkeit ist nach hiesiger Auffassung jedoch lediglich theoretischer Natur. Denn durch allgemeine Vorschriften dürften nur Effekte allgemeiner Tarifvorgaben ausgeglichen werden, nicht jedoch unternehmensindividuelle Finanzierungsbedarfe. Unter diesen Randbedingungen wären nur Ausgleichsniveaus möglich, die deutlich unter den ehemaligen §45a-Ausgleichen vor 2007 lägen, wobei auch diese i.d.R. nicht kostendeckend waren.

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Genehmigungsbehörde bei der Frage, ob ein Genehmigungsantrag eine ausreichende Verkehrsbedienung gewährleistet, im Wesentlichen keinen eigenen Beurteilungsspielraum mehr (§13 (2a)). Lediglich bei vom AT nicht initiiertem Genehmigungswettbewerb entscheidet die Genehmigungsbehörde noch selbst nach bester Verkehrsbedienung unter Berücksichtigung insbesondere der Festlegungen des NVPs zur ausreichenden Verkehrsbedienung (§13 (2b)). Vergabe- und Genehmigungsverfahren werden per Definition eindeutiger Verfahrensabläufe und -regeln verknüpft. So hat der AT seine Absicht zur Vergabe von ÖDAs frühestens 27 Monate vor Betriebsaufnahme per Vorabbekanntmachung zu veröffentlichen und inhaltlich zu beschreiben (§8a (2)). Dadurch wird eine 3monatige Frist für eigenwirtschaftliche Anträge ausgelöst, nach deren Ablauf eigenwirtschaftliche Anträge unzulässig sind (§12 (6)). Wird der AT nicht gestaltend aktiv und veröffentlicht keine Vorabbekanntmachung, so ist ein Genehmigungswettbewerb möglich, eigenwirtschaftliche Anträge sind dann spätestens 12 Monate vor Betriebsaufnahme zu stellen. Darüber hinaus erfuhr das PBefG durch das Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) am 27.04.2002 wesentliche Ergänzungen. Um behinderten Menschen eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen (§ 1), sollen u.a. bauliche Anlagen und Verkehrsmittel barrierefrei gestaltet werden (§ 4). Als einschlägige Rechtsvorschrift des Bundes ist in diesem Fall das PBefG aufzufassen, welches in der 2013er Novelle u.a. unter Berücksichtigung der UNBehindertenrechtskonvention von 2006 entsprechend präzisiert wurde. So regelt § 8 (3) jetzt, dass der NVP die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen hat, bis zum 01.01.2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen, wenn im NVP keine Ausnahmen definiert werden. Ferner werden im NVP Aussagen über zeitliche Vorgaben sowie erforderliche Maßnahmen getroffen sowie Interessenvertreter von in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen soweit vorhanden eingebunden. In diesem Zusammenhang haben die VU gemäß § 12 (1) Nr. 1 c) beim Antrag auf Genehmigung eines Verkehrs die Maßnahmen zum Erreichen der möglichst weitreichenden Barrierefreiheit entsprechend der Aussagen des NVP darzustellen. Gemäß § 13 (2a) kann eine Genehmigung versagt werden kann, wenn sie mit einem NVP im Sinne der o.g. Ergänzungen des § 8 (3) nicht in Einklang steht. Weitere bedeutsame Neuerungen in der 2013er PBefG-Novelle sind: • • •

Die reguläre Genehmigungsfähigkeit alternativer Bedienungsformen wird klargestellt (§2 (6)). Die Genehmigungsbehörde hat zum Ende eines jeden Jahres ein Verzeichnis aller ÖPNV-Genehmigungen zu veröffentlichen (§18 (1)). Die Genehmigungsbehörde hat Anspruch auf die kostenlose Bereitstellung der Fahrplandaten in elektronischer Form zwecks Kontrolle und für Auskunftssysteme (§40 (4)).

Den NVPs kommt damit nach wie vor eine hohe Bedeutung zu. So dokumentieren diese nicht nur die demokratisch legitimierten ÖPNV-Gestaltungsvorstellungen der ATs, sondern sind überdies Richtschnur für die inhaltliche Ausgestaltung von Vergaben durch den AT sowie mindestens entscheidungsrelevant für die Genehmigungsbehörde bei der Erteilung von Liniengenehmigungen. Unterm Strich wird deutlich, dass das PBefG es dem AT auch weiterhin ermöglicht, über den NVP die Entwicklung des ÖPNV maßgeblich zu gestalten und zu steuern. 2.1.3

Schleswig-Holsteinischer Rechtsrahmen

Mit Inkrafttreten des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in SchleswigHolstein (ÖPNVG) am 01.01.1996, zuletzt novelliert am 24.05.2007, wurde das Land nach § 2 (1) zum AT für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und die Kreise und kreisfreien Städte oder deren Zweckverbände gemäß § 2 (2) zu ATs für den übrigen (straßengebundenen)

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ÖPNV erklärt. Damit verbunden ist die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung im Übrigen ÖPNV (ausreichende Verkehrsbedienung) als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe sowie die zur Erfüllung dieser Aufgabe notwendige Verantwortung für Planung, Organisation und Finanzierung des übrigen ÖPNV. Dementsprechend hat der Kreis die Funktion eines AT mit den skizzierten Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie gemäß § 5 (1) die Möglichkeit, als Rahmen für die Entwicklung des übrigen ÖPNV einen Regionalen Nahverkehrsplan (RNVP) aufzustellen und diesen nach § 5 (2) Satz 6 in Abständen von fünf Jahren neuaufzustellen oder fortzuschreiben2. Der RNVP hat die Rechtsnatur einer Fachplanung und ist in seinem Status z.B. mit einem Flächennutzungsplan zu vergleichen. Er hat keine direkte bindende Rechtswirkung, d.h. es kann kein Rechtsanspruch auf Realisierung von im RNVP enthaltenen Maßnahmen abgeleitet werden. Außerdem hat der RNVP die im ÖPNVG genannten Anforderungen Aufstellungsverfahren (Abstimmung, Mitwirkung, Beschlussfassung) und Inhalt zu erfüllen, wodurch die inhaltliche Grundstruktur im Wesentlichen vorgegeben ist. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Konzeption für die Sicherstellung der ausreichenden Verkehrsbedienung als Ausdruck des öffentlichen Verkehrsinteresses. Diese zentrale, von den ATs zu erfüllende Aufgabe erfährt auch im ÖPNVG keine inhaltliche Ausgestaltung, wird aber dort als inhaltliche Anforderung an den RNVP explizit benannt. Darüber hinaus ist das schleswig-holsteinische Konstrukt RNVP die landesseitige Konkretisierung des Begriffs NVP aus dem PBefG mit dessen Funktionen hinsichtlich ÖPNV-Gestaltung und -Steuerung sowie Wettbewerb. Diese Funktionen illustrieren die herausragende Rolle, die dem RNVP im regionalisierten ÖPNV Schleswig-Holsteins zukommt. Neben Kreisen und kreisfreien Städten oder deren Zweckverbänden als AT spricht das ÖPNVG in § 2 (3) von der Möglichkeit, kreisangehörigen Gemeinden die Verantwortung für Planung, Organisation und Finanzierung des örtlichen ÖPNV (Stadt- bzw. Ortsverkehr) zu übertragen, wodurch diese zu örtlichen ATs werden. Sofern kreisangehörige Gemeinden diese Aufgaben bereits vor Inkrafttreten des ÖPNVG freiwillig wahrgenommen haben, so gelten diese als übertragen. Die so geschaffenen örtlichen ATs im Kreis Segeberg sind die Städte: • •

Bad Bramstedt, Kaltenkirchen,

• •

Bad Segeberg, Norderstedt.

Die örtlichen ATs sind dem Kreis als regionalem AT hierarchisch nachgeordnet, denn das ÖPNVG weist nur dem regionalen AT in § 2 (4) die Zuständigkeit für die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen sowie zur Aufstellung eines RNVP zu. Damit trotz dieses Zuständigkeitssplittings eine koordinierte Entwicklung des ÖPNV gewährleistet bleibt, verpflichtet das ÖPNVG in § 3 (1) die ATs aus verkehrlichen, wirtschaftlichen, regionalplanerischen und ökologischen Gründen zur Zusammenarbeit. Das ÖPNVG zeichnet sich seit seiner Novellierung vom 24.05.2007 überdies v.a. durch deutliche Veränderungen der Finanzierungslandschaft aus. So wurden die ÖPNV-Landesmittel gemäß § 6 (2) und (3) auf die Ebene der regionalen ATs kommunalisiert, dabei pauschaliert und beinhalten nunmehr auch die Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr (vgl. Kap. 7.3). Ebenfalls kommunalisiert wurde die Genehmigungskompetenz für ÖPNV (und Gelegenheitsverkehr), die seit 2013 per Zuständigkeitsverordnung auf Basis von § 11 (1) PBefG vom Land auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen ist. Zwar sind die Schulträger gemäß § 114 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (SchulG) ebenfalls Träger der Schülerbeförderung, jedoch ist gemäß § 2 (2) und (4) ÖPNVG für die 2 Die am 24.05.2007 in Kraft getretene ÖPNVG-Novelle verändert die RNVP-Aufstellung von einer Muss- in eine Kann-Bestimmung. Auf Grund ihrer Verankerung im PBefG behalten RNVPs dennoch ihre genehmigungsrechtlich-entscheidungserhebliche Relevanz, stärken damit die Position von ATs ggü. VUs und Genehmigungsbehörde und dokumentieren überdies die demokratisch legitimierten Vorstellungen der ATs über Planung, Organisation, Finanzierung und Entwicklung des ÖPNV auf ihren Territorien.

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Bestellung von ÖPNV im Sinne von § 42 PBefG (allgemein zugänglicher öffentlicher Linienverkehr) allein der regionale AT zuständig. ÖPNV-Leistungen sind daher grundsätzlich nur direkt durch den Kreis als AT selbst oder von Dritten (Schulträger, Gemeinden, Firmen etc.) über eben diesen zu bestellen und zu finanzieren sind (vgl. Kap. 7); das Europarecht (VO (EG) 1370/2007) erfordert dies außerdem (vgl. Kap. 2.1.1). Verträge zwischen Schulträgern und VU, die Verkehrsleistungen regeln, die nicht unter die Bestimmungen des PBefG fallen (z.B. freigestellte Schülerverkehre), werden von der dieser ÖPNV-Rechtslage nicht berührt. Darüber hinaus gibt das SchulG den Kreisen in § 114 (2) die Möglichkeit, Eltern minderjähriger Schüler/-innen bzw. volljährige Schüler/-innen per Satzung angemessen an den Schülerbeförderungskosten zu beteiligen. Analog zum BGG wurde in Schleswig-Holstein am 16.12.2002 das Landesbehindertengleichstellungsgesetz (LBGG) erlassen. Dieses bestimmt in § 11 (2), dass öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und „neue Beförderungsmittel für den ÖPNV unter Berücksichtigung der Belange behinderter und älterer Menschen sowie anderer Personen mit Mobilitätsbeeinträchtigung“ barrierefrei zu gestalten sind und schafft damit eine der bundesgesetzlichen weitestgehend entsprechende landesgesetzliche Regelung. Darüber hinaus bewirkte das LBGG auch eine entsprechende Ergänzung des ÖPNVG in § 5 (2), nach dem RNVPs auch Aussagen zu den zukünftigen Anforderungen an die Barrierefreiheit enthalten müssen.

2.2

Landesplanerischer Rahmen

Die verkehrspolitischen Ziele werden im Raumordnungsgesetzes (ROG), im Bundesraumordnungsprogramm und nachgeordnet durch schleswig-holsteinische Landesplanungsgesetz (LaplaG) und den Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010 (LEP) konkretisiert. § 5 (3) ÖPNVG bestimmt die Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung, des Umwelt- und Naturschutzes sowie die Schulentwicklungsplanung (vgl. Kap. 3.6) und die Rahmenvorgaben des Landesweiten Nahverkehrsplans für den SPNV in Schleswig-Holstein (LNVP) als maßgebend für die inhaltliche Ausgestaltung der RNVP. Bereits in den älteren raumplanerisch relevanten Werken, wie dem Regionalen Entwicklungskonzept für die Metropolregion Hamburg 2000 (REK) und dem Regionalplan für den Planungsraum I, Fortschreibung 1998 (RegPl1) finden sich grundlegende Aussagen zur Rolle des ÖPNV, zusammenfassend dargestellt sind zu nennen: (1) • •



(2) •



Siedlungs-/ Gewerbeentwicklung und ÖPNV Zukünftig sollte bei der Aufstellung von Bauleit- und Nahverkehrsplänen die Verkehrs- und Siedlungspolitik enger aufeinander abgestimmt werden. Wohnraum und Arbeitsstätten sind dort zu schaffen, wo die Anbindung an den ÖPNV bereits besteht oder geschaffen werden kann, ohne zusätzliche Belastungen zu verursachen. Einkaufseinrichtungen größeren Umfangs und Dienstleistungszentren sind in örtliche und regionale ÖPNV-Netze einzubinden. Vernetzung der Verkehrsträger In den Nahverkehrsplänen sollen regionale Pendlerverflechtungen, die Verbindung zentraler Orte sowie Gemeinden mit besonderen Funktionen, die Verknüpfung aller Verkehrsträger (Bus, Bahn, Pkw, Fahrrad) auf den Verkehrsachsen sowie in den Siedlungs-, Arbeitsplatz- und Versorgungsschwerpunkten Berücksichtigung finden. Das sich aus dem LNVP und den RNVP ergebende Gesamtsystem ÖPNV soll zu einem sowohl landesweit als auch mit den Nachbarländern verkehrlich und tariflich abgestimmten ÖPNV-Netz verknüpft werden.

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In ländlichen Räumen kommt es auf eine gute Verknüpfung des für ländliche Bereiche unverzichtbaren Pkw mit dem ÖPNV-Netz, d.h. insbesondere auf koordinierte Bus-/ Schienenkonzepte an. Attraktive Verknüpfungen zwischen Pkw- sowie Fahrradverkehr und ÖPNV-Netz sollen weiterentwickelt werden. Verknüpfungspunkte zwischen dem im ländlichen Raum unerlässlichen IV und dem ÖPNV sind in den zentralen Orten und dort zu schaffen, wo ausreichende Flächen zum Parken und Umsteigen (Park+Ride, Bike+Ride) vorhanden sind.

(3)

Entwicklungsziele für den ÖPNV Verlagerung von Verkehr in hochbelasteten Räumen auf umweltverträgliche Verkehrsträger. Der ÖPNV soll Kernstädte (Ober- & Mittelzentren) und Umland verbinden und eine ausreichende Verkehrsbedienung sicherstellen. Zur Sicherstellung einer zeitlich zumutbaren Erreichbarkeit der Arbeits-, Ausbildungs- und Versorgungseinrichtungen soll das ÖPNV-Netz erhalten und unter Nutzung neuer Angebotsformen weiter entwickelt werden. Im ländlichen Gebiet soll der ÖPNV die Nahbereiche erschließen, auf die zentralen Orte ausgerichtet sein und Arbeitsplatzschwerpunkte sowie Einrichtungen und Ziele der Freizeit und Erholung anbinden. Vor dem Hintergrund eines steigenden Individualverkehrsaufkommens zu Zielen der Naherholung ist auch diesem Segment gesteigerte Aufmerksamkeit zu widmen.

• • •





2.2.1

Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010 (LEP)

Der LEP 2010 ist der Rahmenplan und damit die Grundlage für die räumliche Entwicklung des Landes bis ins Jahr 2025. Er ist auch Basis für die derzeit laufende Fortschreibung der Regionalpläne. Die Kernaussagen des LEP mit ÖPNV-Bezug sind: • Der ÖPNV und seine Infrastruktur soll dem durch den demographischen Wandel veränderten Bedarf entsprechend angepasst werden. • Aufgrund der erwarteten Einwohner- und Erwerbspersonenentwicklung in der Metropolregion Hamburg, aber auch im Einzugsbereich der kreisfreien Städte ist den regionalen Pendlerverflechtungen im Berufs- und Ausbildungsverkehr besondere Aufmerksamkeit zu widmen. • Die Siedlungsentwicklung in den Ordnungsräumen soll schwerpunktmäßig an leistungsfähigen Verkehrsadern und hier besonders im Einzugsbereich der Haltepunkte des ÖPNV konzentriert werden (Siedlungsachsen). Von herausragender Bedeutung ist hier der SPNV, der durch die Beförderung großer Fahrgastmengen besonders geeignet ist, das Straßennetz zu entlasten. Das gesamte südliche Kreisgebiet ist Teil des Ordnungsraums Hamburg. • Versorgungseinrichtungen in den Stadt-/Umlandbereichen in den ländlichen Räumen und in deren Kernstädten (in SE: Bad Segeberg / Wahlstedt) sollen aufgrund der steigenden Zahl der alten und weniger mobilen Menschen gut über den ÖPNV angebunden sein. • Das Netz des ÖPNV soll in den ländlichen Räumen (Kreis Segeberg in den Achsenzwischenräumen und außerhalb des Ordnungsraums Hamburg) erhalten bleiben und die Verkehrsbedienung auch unter Nutzung neuer Angebotsformen gesichert werden. Besonders die zentralen Orte sollen aufgrund ihrer überörtlichen Versorgungsfunktion gut an den ÖPNV angebunden sein. • Großflächige Einzelhandelseinrichtungen und Dienstleistungszentren sollen in örtliche und regionale ÖPNV-Netze eingebunden werden.

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• •



• •

20

Verkehre sollen nach Möglichkeit vermieden werden und/oder auf öffentliche, insbesondere schienengebundene, Verkehrsträger verlagert werden. Daher erhalten, besonders in den Ordnungsräumen, Maßnahmen zur Verbesserung der ÖPNV-Bedienung grundsätzlich Vorrang vor dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Die An- und Abreise von Urlaubs- und Erholungsverkehr soll über die Schiene und andere umweltfreundliche Verkehrsmittel angestrebt werden. Der Schienenverkehr soll hinsichtlich der Struktur und der Bedienung darauf ausgerichtet werden, dass ein erheblicher Teil des zu erwartenden Verkehrszuwachses über ihn abgewickelt wird. In ländlichen Räumen kommt es auf eine gute Verknüpfung des für abgelegene Bereiche unverzichtbaren Pkw mit dem ÖPNV-Netz, d.h. auf P+R-Anlagen mit Bus und Schienenangeboten, an. Hier können auch neue, flexible Bedienungsformen angemessene Lösungen darstellen. Die auf der Basis des Schleswig-Holstein-Tarifs geschaffene verkehrliche und tarifliche Kooperation soll weiter ausgebaut werden. Schulstandorte sollen von Schülern mit dem ÖPNV erreicht werden können.

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3

21

STRUKTURELLE GRUNDLAGEN

3.1

Verwaltungsgliederung

Administrativ ist der Kreis Segeberg gegliedert in fünf Städte, zwei amtsfreie Gemeinden und acht Ämter mit 88 Gemeinden sowie den Forstgutsbezirk Buchholz (vgl. Karte 1). Städte

Amtsfreie Gemeinden

Ämter (Anzahl der zugehörigen Gemeinden)

Bad Bramstedt

Ellerau

Bad Bramstedt-Land

(14 Gemeinden)

Bad Segeberg

Henstedt-Ulzburg

Bornhöved

(8 Gemeinden)

Kaltenkirchen

Itzstedt

(6 Gemeinden + Tangstedt (OD))

Norderstedt

Kaltenkirchen-Land

(6 Gemeinden)

Wahlstedt

Kisdorf

(9 Gemeinden)

Leezen

(12 Gemeinden + Forstgutsbezirk Buchholz)

Boostedt-Rickling

(6 Gemeinden)

Trave-Land

(27 Gemeinden)

Der Kreis grenzt im Süden an die Freie und Hansestadt Hamburg, von West nach Ost schließen an das Kreisgebiet an: •

Kreis Pinneberg (PI),



Kreis Plön (PLÖ),



Kreis Steinburg (IZ),



Kreis Ostholstein (OH),



Kreis Rendsburg-Eckernförde (RD),



Kreis Stormarn (OD).



Stadt Neumünster (NMS),

3.2

Zentralörtliche Gliederung und Siedlungsstruktur

Das südliche Segeberger Kreisgebiet ist Teil des im LEP ausgewiesenen Ordnungsraumes3 nördlich Hamburgs und ist geprägt durch eine aus dem Hamburger Stadtgebiet heraustretende Siedlungsachse. Deren Lage orientiert sich vorrangig am Verkehrsnetz, besonders am SPNV. Diese wirtschaftsstarke Siedlungsachse wird gebildet durch die Mittelzentren Norderstedt und Kaltenkirchen sowie den Stadtrandkern Henstedt-Ulzburg. Die Räume zwischen den Siedlungsachsen sollen grundsätzlich in ihren gewachsenen Strukturen erhalten bleiben und so weiterhin als Lebensraum für die Bevölkerung mit den wichtigen Funktionen Wohnen, Naherholung, Standort für Land- und Forstwirtschaft u. ä. dienen. Die übrigen Flächen außerhalb des Ordnungsraums sind ländliche Räume, innerhalb derer sich Entwicklungs- und Entlastungsorte befinden. Im Kreis Segeberg sind dies das Mittelzentrum Bad Segeberg/Wahlstedt und das Unterzentrum Bad Bramstedt mit ihren zusammenhängenden Siedlungsgebieten. Die Entwicklungs- und Entlastungsorte sollen der Entlastung der verdichteten Bereiche im Ordnungsraum dienen und somit als regionale Zentren Entwicklungsimpulse aufnehmen.

LEP Schleswig-Holstein 2010, S. 26: „In den Ordnungsräumen sollen die Standortvoraussetzungen für eine dynamische Wirtschafts- und Arbeitsplatzentwicklung weiter verbessert werden. (…) Flächen für Gewerbe- und Industriebetriebe sollen in ausreichendem Umfang vorgehalten werden. (…) Die Siedlungsentwicklung in den Ordnungsräumen erfolgt vorrangig auf den Siedlungsachsen und ist außerhalb der Siedlungsachsen auf die Zentralen Orte zu konzentrieren. Diese Siedlungsschwerpunkte sollen gut an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden sein. Städte und Gemeinden auf den Siedlungsachsen sollen möglichst eine Anbindung an den schienengebundenen Personennahverkehr haben Städte und Gemeinden des Ordnungsraums sind: Alveslohe, Ellerau, Groß Niendorf, Heidmoor, Henstedt-Ulzburg, Hüttblek, Itzstedt, Kaltenkirchen, Kattendorf, Kayhude, Kisdorf, Lentföhrden, Nahe, Norderstedt, Nützen, Oering, Oersdorf, Schmalfeld, Seth, Sievershütten, Sülfeld, Struvenhütten, Stuvenborn, Wakendorf II, Winsen.

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24

Der Kreis Segeberg verfügt, ebenso wie die anderen drei nördlichen Hamburger Randkreise, über kein eigenes Oberzentrum (OZ). Oberzentrumsfunktionen erfüllen für den Kreis Segeberg die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH), die Hansestadt Lübeck und die Stadt Neumünster. Folgende zentralörtliche Gliederung des Kreisgebietes ergibt sich gemäß Landesverordnung zum zentralörtlichen System vom 16.12.1997 (vgl. Karte 2): Mittelzentren (MZ):

Unterzentren (UZ):

Bad Segeberg / Wahlstedt

Bad Bramstedt

Kaltenkirchen

Bornhöved / Trappenkamp

Norderstedt (MZ im Verdichtungsraum Hamburg)

Stadtrandkerne I. Ordnung (StK. I. O.):

Ländliche Zentralorte (LZO):

Henstedt-Ulzburg,

Leezen

(Norderstedt-) Garstedt

Nahe / Itzstedt

Die zentralen Orte übernehmen für die ihnen zugeordneten Nahbereiche übergemeindliche Versorgungsfunktionen. Der Großteil der Gemeinden ohne zentralörtliche Funktionen soll weiterhin gemäß dem örtlichen Bedarf der Wohnfunktion dienen. Vier Gemeinden bzw. Ortsteilen dieser Gemeinden sind ergänzende Funktionen im Nahbereich zugewiesen. Sie sollen aufgrund ihrer Lage zu den zentralen Orten ihre Entwicklungsvoraussetzungen nutzen, um zur angestrebten Gesamtentwicklung des Planungsraums beizutragen4. Im LEP wird auf die Verflechtung der zentralen Orte mit den Gemeinden des Nahbereiches hingewiesen und insbesondere auch eine Abstimmung verkehrlicher und infrastruktureller Maßnahmen zwischen Zentralort und den Gemeinden des Nahbereichs angeregt. Nahbereichszuordnungen finden auch über Kreisgrenzen hinweg statt, sie sind im Einzelnen ersichtlich aus Karte 2.

3.3

Bevölkerung

(1) Bevölkerungsverteilung Im Kreis Segeberg gibt es ein deutliches Ungleichgewicht bezogen auf die Bevölkerungsverteilung. Ca. 131.000 Menschen, das entspricht ca. 50 % der Gesamtbevölkerung des Kreises (Stand 31.12.2012), lebt in den Städten und Gemeinden der von Hamburg ausgehenden Entwicklungsachse Norderstedt, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen, Kisdorf und Ellerau (Karte 3, Tab. A-1). Fast 75.000 Personen (28,5 %) leben in der Stadt Norderstedt, hier wird mit 1.284 Einwohner/km² auch die zweitgrößte Bevölkerungsdichte erreicht. Einzig in der räumlich besonders eng begrenzten Gemeinde Trappenkamp findet sich eine größere Bevölkerungsdichte (1.511 Einwohner/km²). Als weitere Bevölkerungsschwerpunkte sind die MZ-bildenden Städte Bad Segeberg und Wahlstedt (zusammen ca. 26.000 Einwohner / ca. 10 %) und das UZ Bad Bramstedt (ca. 13.600 Einwohner / 5,2 %) zu erkennen. Die bevölkerungsreichsten Gemeinden außerhalb der Siedlungsachse sind Trappenkamp (ca. 5.000), Boostedt (ca. 4.600), Bornhöved (ca. 3.400) und Rickling (ca. 3.200).

4 Den Gemeinden Lentföhrden und Kisdorf (Ortsteil Kisdorf) ist eine planerische Wohnfunktion zugewiesen. Im Nahbereich des MZ Bad Segeberg / Wahlstedt nehmen die Gemeinden Geschendorf und der Ortsteil Schlamersdorf der Gemeinde Seedorf ergänzende, überörtliche Versorgungsfunktion im ländlichen Raum wahr.

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Außerhalb der Zentralorte ist die Siedlungsdichte deutlich geringer, große Kreisteile sind ländlich geprägt, zuweilen gibt es großflächige Gemeinden mit nur einer oder auch ganz ohne verdichtete Siedlungsflächen von mehr als 200 Einwohnern (vgl. Karte 3); flächenmäßig große Gemeinden mit mehreren Ortsteilen befinden sich v.a. im Osten des Kreisgebietes (Glasau, Krems II, Pronstorf, Seedorf, Wensin). (2)

Bevölkerungsentwicklung

Das Bevölkerungswachstum im Kreis Segeberg hat sich seit 1995 deutlich verlangsamt, nach den Ergebnissen des letzten Zensus stieg die Zahl auf 261.988 Personen Ende 2012. Betrachtet man die Entwicklung seit 1995 in Fünf-Jahres-Schritten wird deutlich, dass nur in den verdichteten Raumkategorien durchgängig Zuwächse zu verzeichnen sind, der übrige ländliche Raum muss seit 2005 bereits geringe Bevölkerungsverluste hinnehmen. Tab. 1: Bevölkerungsentwicklung im Kreisgebiet 1995 - 2012 Bevölkerung (jeweils am 31.12.)

Veränderung 2000 – 2005

Veränderung 2005 – 2012

1995

2000

2005

2010

2012*

Achsenraum**

117.835

122.725

126.301

128.681

131.284

+2,9 %

+3,9 %

Entwicklungs- & Entlastungsorte***

36.966

38.120

38.743

38.880

39.472

+1,5 %

+1,9 %

Übriger ländlicher Raum

82.282

89.277

91.958

91.639

91.232

+3,0 %

-0,8 %

237.083

250.122

257.002

259.200

261.988

2,8 %

1,9 %

Gesamt

* Umbasierung auf Zensus 2011 ** Ellerau, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen, Kisdorf, Norderstedt *** Bad Bramstedt, Bad Segeberg, Wahlstedt Quelle: Statistisches Bundesamt 2014

Insgesamt profitiert der Kreis Segeberg im Zeitraum 2005 – 2012 noch von einer positiven Wanderungsbilanz. Der negative natürliche Bevölkerungssaldo von über -2.500 Personen wurde durch knapp 6.400 Zuzügler mehr als ausgeglichen. Bei Betrachtung der absoluten Zahlen der Zu- und Fortzüge zeigt sich, dass v.a. Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Bad Bramstedt zu den bevorzugten Wohnorten zählen. Allein auf die Städte und Gemeinden des Achsenraumes entfallen im Saldo 4.730 Zuzüge, mit Bad Bramstedt erhöht sich diese Zahl auf 5.110, im Saldo mit den natürlichen Bewegungen bleibt ein Plus von 4.650. Demgegenüber ist im Übrigen ländlichen Raum die Bilanz von Zu- und Abwanderung mit knapp über 4.000 Fortzügen deutlich negativ und wird von der ebenfalls negativen natürlichen Bevölkerungsbilanz von fast -600 Personen verstärkt. Die gemeindescharfe Bevölkerungsentwicklung ist Tab. A-1 zu entnehmen, Karte 4.1 veranschaulicht das Ergebnis. (3)

Demographische Entwicklung bis 2030

Der LEP 2010 führt zur demographischen Entwicklung u.a. aus: „Die demographische Entwicklung wird die Gesellschaft in Schleswig-Holstein nachhaltig verändern. Sinkende Einwohnerzahlen und eine veränderte Altersstruktur mit immer mehr älteren und deutlich weniger jungen Menschen werden sich auf nahezu alle Lebensbereiche auswirken. Der demographische Wandel wird damit zu einer der zentralen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte. Da die zukünftige demographische Entwicklung anders verlaufen wird als die vergangener Jahrzehnte, müssen die Kommunen ihre Infrastruktur im Hinblick auf den quantitativ und qualitativ veränderten Bedarf überprüfen und anpassen. Dies wird sowohl bei der Bildungsinfrastruktur (Schulen und Kindertageseinrichtungen, Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung) erforderlich werden, als auch bei

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Angeboten für Senioren, Einrichtungen für unterstützungs- und pflegebedürftige ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung, beim öffentlichen Personennahverkehr sowie bei der technischen Infrastruktur im Bereich Ver- und Entsorgung.“

Die Bevölkerungsvorausberechnung vom März 2011 des Statistikamts Nord lässt bis 2025 eine insgesamt relativ stabile Bevölkerungsentwicklung erwarten: Die Prognose geht von anhaltenden Wanderungsgewinnen aus, diese werden aber ab 2017 von der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung übertroffen. Insgesamt folgt daraus ein leicht negativer Bevölkerungssaldo (-0,4 %). Eine neuere, auf den Zensusdaten 2011 basierende Untersuchung5 geht aufgrund der bereits erzielten und weiter erwarteten Wanderungsgewinne von einem insgesamt um ca. 2.400 Personen höheren Bevölkerungsstand 2025 aus als die Landesprognose. Bis 2030 wird dann aber in etwa der Bevölkerungsrückgang (auf ca. 257.400 Einwohner) prognostiziert, den das Statistikamt Nord bereits für 2025 berechnet hat (Karte 4.2). Besonders betroffen werden von den Rückgängen (unter Berücksichtigung der Prognoseunschärfe bei kleinen Einheiten) tendenziell die ländlichen Regionen im Norden und Osten des Kreises sein. Besonders beachtenswert sind die Änderungen in der Altersstruktur – denn der demographische Wandel ist auch im Kreis Segeberg bereits nachweisbar: So ist im Zeitraum von 2005 bis 2011 der Anteil der Über-65-Jährigen bereits um 2,7% auf über 20% gestiegen. Und die Anteile der Altersgruppen werden sich weiter verschieben: Der Anteil der Über-65Jährigen wird im Jahr 2030 bei über 27% der Gesamtbevölkerung liegen, die Zahl der Hochbetagten (80+) wird sich nahezu verdoppeln. Dagegen sind die Zahlen aller anderen Bevölkerungsgruppen rückläufig. Der Altenquotient (Anzahl der Menschen im Rentenalter je 100 Personen im typischen Erwerbsalter von 20-64 Jahren) steigt von 34 auf 49 an. Tab. 2: Entwicklung der Altersstruktur 2011 – 2030 im Kreis Segeberg Bevölkerung (in Tausend) Alter

2011

2030

Veränderung 2011 - 2030 absolut

prozentual

Anteil an Gesamtbevölkerung 2011

2030