Verkehrspolitik des Bundes Infrastruktur, Finanzierung und Stadtverkehr Wolfgang Hahn, 7. Juli 2010 Verkehrsplanerisches und Verkehrsökologisches Kolloquium Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr Technische Universität Dresden
Bundesverkehrswegeplanung und Infrastrukturinvestitionen
Quellen: W. Hahn, BMVBS
Vom BVWP zum jährlichen Haushaltsgesetz Ebene der Legislative
Ebene der Exekutive
Ausbaugesetze mit Bedarfsplänen
Überprüfung
Bundesverkehrswegeplan
jährliche Haushaltsgesetze
Fünfjahrespläne (IRP)
3
Bedarfsplanüberprüfung ¾ Überprüfung der Bedarfspläne Schiene und Straße nach jeweils 5 Jahren gesetzlich vorgegeben ¾ Derzeit laufende Bedarfsplanüberprüfung wird vsl. im Frühjahr 2010 abgeschlossen ¾ Basis der Überprüfung: neue Verkehrsprognose für 2025 aktualisierte Schätzungen der Investitionskosten
¾ Ergebnisse der Überprüfung: Aussagen über Fortgeltung der Projekte und möglichen Anpassungsbedarf bei Schiene projektbezogene aktuelle Nutzen‐Kosten‐Verhältnisse bei der Straße keine projektbezogenen Analysen; vielmehr werden die Verkehrsbelastungen des Bundesfernstraßennetzes für das Jahr 2025 prognostiziert. 4
BVWP 2003 Ö BVWP 2003 Ö Zentrale Daten Anzahl der Vorhaben Dringlichkeitsstufe Vordringlicher Bedarf (mit Planungsreserve)
Weiterer Bedarf
Gesamt
Straße
Schiene bewertete Projekte
ؙEinzelmaßnahmen
Wasserstraße
rd. 930
52
rd. 850
1500
25
rd. 720
17
rd. 700
1000
—
Verteilung der Investitionen auf die Verkehrsträger (in Klammer = mit Planungsreserve) Betrag [Mrd. €]
Gesamt
Schiene
Straße
Wasserstraße
148,9 (173,2)
63,9 (72,3)
77,5 (89,2)
7,5 (11,7)
Verteilung der Investitionsmittel auf Erhaltung sowie Aus‐ und Neubau (in Klammer = mit Planungsreserve) Erhaltung
Aus- und Neubau
[Mrd. €]
prozentualer Anteil
[Mrd. €]
prozentualer Anteil
Schiene
38,4
60,1
25,5 (33,9)
39,9
Straße
37,7
48,6
39,8 (51,5)
51,4
Wasserstraße
6,6
88,0
0,9 (5,1)
12,0
Insgesamt
82,7
55,5
66,2 (90,5)
44,5
Verteilung der Investitionsmittel für Neu‐ und Ausbau auf alte und neue Länder (mit Planungsreserve) Bundesländer
Gesamt [prozentualer Anteil]
nur Bundesfernstraßen [VB, mit VDE; prozentualer Anteil]
Alte Bundesländer
65
68
Neue Bundesländer
35
32
5
BVWP Ö BVWP Ö Schematischer Ablauf Szenarien / Prognosen der Verkehrsentwicklung
Modernisierung der Bewertungsmethodik
Überprüfung der Verkehrsnetze / Projektanmeldungen
Zeitbedarf gem. BVWP 2003
ca. 2 Jahre
ca. 1½ bis 2 Jahre
ca. 1 Jahr
Bewertung der Projekte und Feststellung der Bauwürdigkeit
Dringlichkeitseinteilung unter Berücksichtigung der Finanzplanung
Anhörung / Abstimmung (Bundes‐ und Landesebene, Verbände) ca. 4 Monate
ca. 1 Jahr
Rohdaten Übergabe an die Länder, MdB usw.
Referentenentwurf
Kabinettvorlage
Kabinettbeschluss
Gesetzgebungsverfahren
Ausbaugesetze
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Vom BVWP zum Baurecht Bundesverkehrswegeplan
Ausbaugesetze mit Bedarfsplänen
Planungsauftrag
weitere Fachplanung
Baurecht
Schiene: DB AG
Schiene: EBA
Straße: Länder
Straße: Länder
BWStr: WSV
BWStr: WSD Bauausführung 7
Struktur der Investitionen des Einzelplanes 12 am Beispiel des Haushaltes 2009 15.000 14.000
Bereich Bau und Stadtentwicklung (rd. 1,94 Mrd. €)
13.000 12.000
Luftfahrt + GALILEO (rd. 0,11 Mrd. €)
11.000 10.000
Kombinierter Verkehr (KV) (rd. 0,15 Mrd. €)
Mio. €
9.000 8.000 7.000 6.000
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (rd. 1,67 Mrd. €) Bundeswasserstraßen (rd. 1,17 Mrd. €)
5.000 4.000 3.000
Bundesfernstraßen (rd. 5,75 Mrd. €)
2.000 1.000 0
Schienenwege des Bundes (rd. 4,07 Mrd. €) 8
Ausgabenstruktur für Verkehrsinvestitionen am Beispiel HH 2009 Mio. € 6.000
sonstige Leistungen *) 5.000
Neubau und Erweiterung (Bedarfsplanmaßnahmen)
4.000
Erhaltung 3.000 *) zum Beispiel: - Lärmsanierung - Bundesdrittel nach Eisenbahnkreuzungsgesetz - Verkehrsbeeinflussung - Investitionen in Einrichtungen der Auftragsverwaltung
2.000
1.000
0
Schiene
Straße
Wasserstraße 9
Aufteilung der Verkehrsinvestitionen auf die Investitionsbereiche 7.000
2009 orig. HH 6.000
2010
3.900,0
3.918,0
KP I
170,0
450,0
KP II
250,0
450,0
Summe
4.320,0
4.818,0
orig. HH
5.200,0
5.040,5
KP I
550,0
400,0
KP II
550,0
300,0
Summe
6.300,0
5.740,5
orig. HH
890,0
890,0
KP I
280,0
150,0
KP II
150,0
200,0
Summe
1.320,0
1.240,0
orig. HH
147,0
147,5
KP I
0,0
0,0
KP II
50,0
50,0
197,0
197,5
10.137,0
9.996,0
KP I
1.000,0
1.000,0
KP II
1.000,0
1.000,0
12.137,0
11.996,0
Schiene
KP II KP I 5.000
orig. Haushalt
Straße 4.000
3.000
Wasserstraße 2.000
1.000
KV Summe KV 2 010
KV 2 009
.
W asserstraß e 2 010
W asserstraß e 2 009
.
Straß e 2 010
Straß e 2 009
.
Sch ien e 2 010
Sch ien e 2 009
0
orig. HH Insgesamt Summe
10
Anteil der Mautmittel an den gesamten Investitionen der Verkehrsträger
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
2005
2006
2007
konventionelle Mittel
2008
2009
2010
Mautmittel 11
Festlegungen im Koalitionsvertrag für die 17. LP ¾ Sicherstellung der Verkehrsinvestitionen auf hohem Niveau ¾ Bedarfspläne überprüfen, Grundkonzeption für neuen BVWP erarbeiten ¾ Wasserstraßenausbaugesetz vorbereiten, Investitionsmittel für Bundeswasserstraßen verstärkt berücksichtigen ¾ Entwicklung von Kriterien zur Priorisierung von Verkehrsprojekten ¾ ÖPP voranbringen ¾ Weiterführung des Sanierungsprogramms für Brückenbauwerke ¾ Beschleunigung von Planungen
12
Aspekte der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
Quellen: W. Hahn, BMVBS
Probleme der Infrastrukturfinanzierung • Jährlichkeit des Haushalts Î keine Planungssicherheit bei Ausfinanzierung
von Projekten
• Mangelnde Flexibilität in der Mittelbewirtschaftung ‐ Keine Übertragbarkeit von Mitteln in das nächste ‐
Haushaltsjahr (Ausnahme: Maut; aber BMF verlangt Einsparung!) bei Engpässen am Jahresende: Maßnahmen können nicht ausfinanziert werden („Bauen nach Kassenlage“!)
Î kein optimaler Mitteleinsatz (Effizienzeinbußen) • Finanzierungslücke im Bundeshaushalt Î Investitionspolitische Ziele des BVWP 2003 werden nicht erreicht (Erhaltungsrückstände; Investitionsstau) Î erforderlich wären 10 Mrd. €/a; Finanzmittel meist geringer
•„Pällmann‐Kommission“ (I) Î 1999 eingesetzte Regierungskommission; hat im Jahr 2000 ihre Ergebnisse vorgelegt. •Grundsätzliche Empfehlungen: – schrittweise Umstellung von Haushalts‐ auf Nutzerfinanzierung („Abkopplung vom Bundeshaushalt“) – Anwendung des Nutzer‐/ Veranlasserprinzips (zweckgebundene Verwendung Nutzungsentgelte); gleichzeitig: Entlastung Nutzer bei verkehrsbezogenen Steuern – Ausgliederung Bundesverkehrswege aus Bundesverwaltung (Übertragung der Aufgaben auf privatrechtlich organisierte Finanzierungs‐ und Betreibergesellschaften), – Infrastrukturverantwortung bleibt weiter beim Bund – Prüfung der Abgrenzung der Bundesverkehrswege („Abstufung“), – Erweiterung der Möglichkeiten für die Beteiligung Privater (Finanzierung, Projektmanagement); Refinanzierung durch Nutzerentgelte.
„Pällmann‐Kommission“ (II) Bundesfernstraßen: ‐ Gründung Bundesfernstraßenfinanzierungsgesellschaft, ‐ erhält alle Mauteinnahmen zum Einsatz auf den Bundesfernstraßen; später Weiterentwicklung zu Betreibergesellschaft für BAB/ Bundesfernstraßen, ‐ Gesellschaft soll Recht zur begrenzten Kreditaufnahme haben, ‐ Ab 2003: Maut für schwere Lkw auf BAB, Vignetten für andere Fahrzeugkategorien; später auch Maut für Bundesfernstraßen, ‐ Bemessung der Nutzerentgelte an Wegekosten. Bundeswasserstraßen: ‐ Gründung Bundeswasserstraßenfinanzierungsgesellschaft, ‐ erhält Einnahmen aus Schifffahrtsabgaben und Bundesmittel, ‐ zügige Weiterentwicklung zu Betreibergesellschaft, ‐ Ausweitung der Erhebung von Entgelten und Abgaben.
Erste Schritte zu mehr Nutzerfinanzierung Autobahnmautgesetz vom 5.4.2002 (ABMG; § 11): (Mauterhebung seit 1. Januar 2005) Mautaufkommen steht dem Bund zu Abzug der Ausgaben für Betrieb und Kontrolle des Mautsystems Restliche Mittel: fließen zusätzlich und zweckgebunden in Verkehrshaushalt; überwiegend für Bundesfernstraßenbau Gründung Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH (VIFG‐Gesetz vom 28.6. 2003) Transparente Verwendung der Mautgebühren Effiziente Gestaltung des Kreislaufs zwischen Gebührenerhebung und ‐verwendung (Finanzmanagementsystem) ‐ Verkehrsträgerübergreifender Mittelausgleich ‐ Übertragbarkeit von Mitteln in spätere Haushaltsjahre Erschließung neuer Finanzierungsformen, ‐quellen und –instrumente, insbesondere durch PPP; Begleitung der Umsetzung von Betreibermodellen aber Berechtigung, Anleihen und Kredite aufzunehmen, gesetzlich ausgeschlossen
Koalitionsvertrag für die 17. LP • Belastungsmoratorium für das Güterkraftverkehrsgewerbe • Keine Erhöhung der LKW‐Maut in dieser Legislaturperiode
Koalitionsvertrag für die 17. LP • Weiterentwicklung der VIFG • Prüfung eines Finanzierungskreislaufs – Direkte Zuweisung der LKW‐Maut an die VIFG – Herstellung der VIFG‐Kreditfähigkeit in begrenztem Umfang • Stärkung verkehrsträgerbezogener Finanzierungskreisläufe
Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) Stadtverkehr
ÖPNV in Deutschland • Täglich 28,5 Mio. Fahrgäste (entspr. rd. 18,5 Mio. PKW‐Fahrten) • 400.000 Arbeitsplätze • Garant für nachhaltige Stadtmobilität Entlastung vom Individualverkehr Gleichwertige Lebensverhältnisse Umwelt/Emissionen Standortfaktor Verkehrssicherheit
Organisation ÖPNV/SPNV • Aufgabe der Daseinsvorsorge • Regionalisierung im Zuge der Bahnreform 1996: Länderzuständigkeit für Planung Ausgestaltung Organisation Finanzierung • Regionale Aufgabenträger: Definition des öffentlichen Verkehrsinteresses Festlegung des ÖPNV/SPNV‐Angebotes (Nahverkehrspläne)
Finanzierung des ÖPNV/SPNV • Aufgaben‐ und Finanzierungskompetenz bei den Ländern • Finanzmittel des Regionalisierungsgesetzes (Art. 106 a GG, Anteil aus MinÖlSt‐ Aufkommen des Bundes in Mrd. € 2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
6,675
6,775
6,876
6,979
7,084
7,190
7,298
Finanzmittel aus GVFG/Entflechtungsgesetz • Bis 2006 GVFG‐Mittel des Bundes von rd. 1,68 Mrd. € für Investitionen in ÖPNV/SPNV (Bundes‐ und Länderprogramme) • Föderalismusreform 2006, Abbau von Mischfinanzierungen • Fortführung Bundesprogramm: jährlich 332,6 Mio. € für SPNV in Verdichtungsräumen (Kosten ≥ 50 Mio. €, Fördersatz 60%)
Finanzmittel aus GVFG/Entflechtungsgesetz • Auslaufen der Länderprogramme • Aber: Ersatzmittel gem. EntFlG in bisheriger Höhe von 1.335,5 Mio. €/Jahr Auflage: zweckgebundene Verwendung für Investitionen ÖPNV/Kommun. Straßenbau Keine Vorgaben für Förderkriterien Ab 2014 nur noch generelle investive Zweckbindung • Revision ab 2013 (→ 2019)
Revision der Entflechtungsmittel • 2019: Neuregelung des Bund‐Länder‐ Finanzausgleichs • 2013: Einigung zwischen Bund und Ländern über Angemessenheit und Erforderlichkeit der Mittel im Zeitraum 2014 bis 2019 • Koalitionsvereinbarung: Entscheidung bereits Mitte der Legislatur (2011) • Ermittelung des Finanzbedarfs
Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis 2025 • Gutachten VDV/Städtetag/Länder: • Finanzierungsbedarf über 2019 hinaus bereits wegen laufender Projekte • Bedarf für ÖPNV‐Vorhaben bis 2015 1,65 Mrd. €, danach 1,42 Mrd. €/Jahr (reale Kosten) • Bedarf für ÖSPV 0,55 Mrd.€/Jahr (reale Kosten) • Gesamtbedarf rd. 2,3 Mrd.€ bis 2015, danach rd. 2 Mrd./Jahr; aber: Nachholbedarf bereits heute in Größenordnung von rd. 2,35 Mrd.€
Revision der Entflechtungsmittel Position des Bundes • Grundsätzlich gemeinsames Interesse an Erhaltung und Ausbau eines leistungsfähigen ÖPNV • Konnexität der Ziele Mobilität, Umwelt und Bildung • Stadtverkehr/ländlicher Raum • Keine Konterkarierung der Föderalismusreform I • Vorrang für Investitionen • Fortschreibung der aufgabenbezogenen Zweckbindung durch die Länder • Degressive Gestaltung?
Steuervergünstigungen für den ÖPNV • Umsatzsteuersatz von 7% für den ÖPNV innerhalb einer Gemeinde oder bis zu 50 km • Steuerentlastung von 40% auf Kraftstoffverbrauch des ÖPNV („Ökosteuer“) • Ermäßigte Stromsteuer (56%) für Schienenbahnen und O‐Busse • Kfz‐Steuerbefreiung für KOB im Linienverkehr (Gesch. Volumen rd. 90 Mio.€/Jahr
Festlegungen der Koalitionsvereinbarung • Entscheidung über Zukunft der GVFG‐Ersatzmittel bereits Mitte der Legislaturperiode • Novellierung des PBefG und Anpassung an den europäischen Rechtsrahmen; dabei Vorrang für kommerzielle Verkehre; Kommunen bleiben Aufgabenträger • Erfüllung der Finanzierungsverpflichtungen aus dem Regionalisierungsgesetz • Höhere Transparenz in der ÖPNV‐Finanzierung • Neue Betreibermodelle für regionale Schienenstrecken • Zulassung des Buslinienfernverkehrs