Typ 1 Update Thema: Bewegung und Sport

Typ 1 Update – 24.02.2011 Thema: Bewegung und Sport Inhalt A1 A1.1 A1.2 A1.3 A1.4 A1.5 A1.6 A1.7 A1.8 Bewegung und Sport Bewegung hat zahlreiche posi...
Author: Franziska Becke
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Typ 1 Update – 24.02.2011 Thema: Bewegung und Sport Inhalt A1 A1.1 A1.2 A1.3 A1.4 A1.5 A1.6 A1.7 A1.8

Bewegung und Sport Bewegung hat zahlreiche positive Effekte Was können Sie tun, wenn Sie vorhaben, sich sportlich zu betätigen Positive Effekte von Sport Auswahl der Sportart Wann sollte KEIN Sport getrieben werden? Was ist noch zu beachten? Sport und seine negativen Auswirkungen Sport und Unterzuckerung

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A1 Bewegung und Sport Bewegung/Sport verbraucht Energie: Um 100 kcal zu verbrauchen, muss man –

9,8 Minuten Fahrad fahren oder



23 Minuten spazieren gehen oder



19,5 Minuten schwimmen oder



9 Minuten joggen.

Wer 3-4 mal Stunden pro Woche schwimmt, Rad fährt, wandert oder Gymnastik macht kann so ca. 2000 kcal verbrauchen! Eine Untersuchung von zwei Indiander-Stämmen, die sich unterschiedlich bewegen, zeigte, dass sich körperliche Aktivität unterschiedlich auf den BMI (Body Mass Index = Verhältnis von Körpergröße zu Körpergewicht) und das Vorkommen von Diabetes mellitus Typ 2 auswirkt. So haben die Indianer, die nur 3 Stunden wöchentlich körperlich hart arbeiten einen wesentlich größeren BMI, d.h. mehr Übergewicht, und dementsprechend auch ein bis zu 10x häufigeres Vorkommen von Diabetes mellitus Typ 2. A1.1 Bewegung hat zahlreiche positive Effekte Durch Bewegung wird Muskulatur aufgebaut. Trainierte Muskulatur verbraucht im Ruhezustand 10% mehr Energie. Durch regelmäßige Bewegung werden Zuckerspitzen nach dem Essen geglättet. Unter Muskelarbeit kann Zucker weitgehend ohne Insulin verstoffwechselt werden! Ab 30-40 Minuten Ausdauerarbeit werden Fette verbrannt (Triglyceride verbrannt und HDL erhöht) und Körpergewicht wird abgebaut. Zudem wird auch die zurückgebildete Muskulatur entfettet. Das Herz erreicht eine höhere Leistungsfähigkeit, durch Ausdauerarbeit kann Herzschwäche verbessert werden. Das Training des Herzmuskels bedeutet eine Effizienzsteigerung, d.h. die Herzfrequenz sinkt und der Blutdruck sinkt ebenfalls. 1

Die Durchblutung wird verbessert und bestehende Durchblutungsstörungen werden verbessert. Durch die bei Bewegung entstehenden Scherkräfte (Belastungsdrücke auf das Gefäßsystem) verhindern bzw. reduzieren Arteriosklerose. Der Fettgehalt der Fettzellen sinkt, d.h. auch die Blutfettwerte sinken. Weniger Fettzellen bedeutet auch, dass weniger Hormone die den Blutdruck erhöhen, Insulinresistenz oder den Fettaufbau begünsigen, produziert werden. Außerdem werden Leber, Herz und die Muskulatur entfettet. Auch ästhetische Gesichtpunkte, wie z.B. ein schöneres Selbstgefühl spielen eine Rolle. Das Gehirn wird besser durchblutet, wodurch die Denkfähigkeit verbessert wird. Das Selbstwertgefühl steigt und durch die Glücksgefühle, die evt. Empfunden werden, können Depressionen gemildert werden. Aggressionen werden ebenfalls abgebaut durch ein verbessertes Stress-Management. Durch ein besseres Körpergefühl wird die Reaktionsfähigkeit gebessert z.B. im Falle von Stürzen. Die Kondition bessert sich, die Atemfrequenz wird gesenkt und man ist nicht mehr so leicht aus der Puste. Durch die Vergrößerung der Gasaustauschfläche wird auch der gesamte Körper besser mit Sauerstoff verbessert. Durch die Steigerung des Knorpelstoffwechsels wird Arthrose gebessert, nach dem Motto „Wer rastet der rostet“. Die Knochenmasse nimmt zu und dadurch Osteoporose vorgebeugt. Somit treten im Alter weniger Knochenbrüche auf. Zudem wird die gesamte Skelettmuskulatur gestärkt. Bei bestehender Niereninsuffizienz kann diese verbessert werden bzw. das Fortschreiten aufgehalten werden. Findet die Bewegung im Freien statt, kann durch das Sonnenlicht auf der Haut vermehrt Vitamin D gebildet werden, wodurch Arteriosklerose aufgehalten werden kann. Es werden mehr Erythozyten gebildet und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sinkt. Die Frage ist, ob Sport den Zucker senkt? Hier gibt es keine festen Regeln, man muss nach Erfahrung handeln. Zu beachten ist, dass ein mit Insulin behandelter Diabetes mellitus im Gegensatz zum NichtDiabetiker oder einem insulinpflichtigen Diabetiker, der jedoch kein Insulin spritzt, eine Unterzuckerung bekommen kann. Während früher aus diesem Grunde vor Sport bei Diabetes gewarnt wurde, ist man heute der Ansicht, dass alles möglich ist. Organisationen wie die IDAA (international diabetic athletes association) informieren und motivieren, „trotz“ - oder gerade wegen- Diabetes Sport zu treiben (www.idaa.de). Beim Muskelenergiestoffwechsel in Ruhe werden freie Fettsäuren verbrannt. Bei Muskelarbeit steigt Energieverbrauch um das 8-10fache an und zwar vor Allem in Form von Glucose. Bei längerer Muskelarbeit (ab 30 Minuten) wird zunehmend Fett verbrannt. Voraussetzung ist, dass genug Sauerstoff vorhanden ist. Das ist nur der Fall im aeroben Bereich, d.h. bei moderater Ausdauerbewegung („Laufen ohne Schnaufen“). Glykogen ist die Speicherform von Glucose, wie sie in Muskeln und Leber vorkommt. Bei Bedarf (wenn der Blutzuckerspiegel absinkt) zertrennt die Leber einen Teil des 2

Glykogens wieder zu Glucose und gibt die in das Blut ab. Bei körperlicher Aktivität wird auf die in den Muskeln gespeicherte Glucose (Glykogen) zurückgegriffen. Die Reihenfolge in der die Speicher mobilisiert werden ist folgende: Zunächst wird das Muskelglykogen, dann das Leberglykogen, erst danach baut die Leber Glucose aus anderen Stoffen auf (z.B. Fettsäuren). Je länger und aerober die Bewegung ist, desto mehr findet Fettverbrennung statt bzw. die Mischung mit dem Glucosestoffwechsel. Damit wird die Insulinfreisetzung gestoppt und Glucagon wird freigesetzt. Durch Ausdauerbewegung erhöht sich die Anzahl der Glucosetransporter in die Zelle, außerdem steigt die Anzahl der Mitochondrien („Kraftwerke“ der Zelle) und der Glykogengehalt in der Zelle. Bei zunehmender Erschöpfung steigt die Ausschüttung von Stresshormonen (Adenalin, Cortison, Noradrenalin), die dem Insulin entgegenwirken. Die Folge dieser verminderten Insulinwirksamkeit ist ein Anstieg des Blutzuckerspiegels. Daher kann Sport nichtnur den Blutzucker senken, sondern- bei zu starker Belastung- den Blutzucker ansteigen lassen. Durch Training kann sich die Größe des Glykogenspeichers mehr als verdoppeln. Bei kontinierlicher Ausdauerbewegung steigt der Grundumsatz, also der Energieverbrauch in Ruhe. Je höher der Grundumsatz ist, desto geringer ist die Gewichtszunahme. A1.2 Was können Sie tun, wenn Sie vorhaben, sich sportlich zu betätigen Zunächst sollte Sie mit Ihrem Arzt sprechen und sich untersuchen lassen. Mittels Dopplersonographie wird die Durchblutung der Beinarterien untersucht und durch ein Belastungs-EKG kann die Herztätigkeit bewertet werden. Auch eine Augenhintergrundsuntersuchung ist sinnvoll. Die Befunde sollte Sie mit Ihrem Arzt besprechen und sich selbst vor, bei und nach der Ausdauerbewegung beobachten. Wenn von dieser Seite grünes Licht gegeben wird, sollten Sie gerade zu Beginn jeden Leistungsgedanken komplett verwerfen. Wichtig am Anfang ist nicht die Leistung, sondern der Beginn einer regelmäßigen Verhaltensänderung. Nach 2 Monaten kann evt. die Leistung ausgebaut werden. Vor der Belastung sollten sie sich locker aufwärmen und dehnen, um das Verletzungsrisiko gering zu halten. Und das Wichtigste: Der Spaß muss bleiben!! A1.3 Positive Effekte von Sport Die Gewichtsabnahme wird erleichtert, besonders Fett wird abgebaut. Beweglichkeit, Koordination und Kraft wird verbessert. Auch auf die Psyche bestehen positive Auswirkungen, so könne beispielsweise depressive Verstimmungen gemildert werden. Empfehlenswert ist das Aufsuchen von Sportgruppen. Nicht nur das „Aufraffen“ wird erleichtert, sondern soziale Bimdungen entstehen bzw. werden gestärkt. Außerdem wird die allgemeine Leistungsfähigkeit gestärkt, der Blutdruck, die Herzfrequenz und die Blutfettwerte werden gesenkt. Das „gute“ Cholesterin, das HDL, wird jedoch erhöht. Die Insulinwirkung und Glucosetoleranz wird verbessert. 3

Bei langjährigem Training werden Herzmuskel und Herzkammern vergrößert und dadurch nimmt das Schlag- und Herzminutenvolumen zu. Zusammen mit der verbesserten Durchblutung des Herzmuskels wird die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit vergrößert. Dadurch wird die Herzarbeit ökonömisiert und die Herzbelastung somit insgesamt geringer, das Herz-Kreislaufrisiko sinkt. Sport wirkt sich positiv auf die Blutgefäße und die Blutfließeigenschaften aus, so dass ein geringeres Thrombose- und Arterioskleroserisiko besteht. Die Ausdauerleistungsfähigkeit steigt, so dass auch die Leistungsfähigkeit in Freizeit, Alltag und Beruf gesteigert wird. Die Erholungs- bzw- Regenerationszeit wird verkürzt. Das allgemeine Wohlbefinden steigt. Auch psychisch gesehen hat Bewegung positive Effekte: Stress und Ängste können abgebaut werden, Körperbewusstsein und Körperwahrnehmung werden gebessert, das Selbstbewusstsein steigt. Bewegung kann lebensverlängernd sein! A1.4 Auswahl der Sportart Es sollte eine Ausdauersportart gewählt werden, die ein gleichbleibendes Tempo, ggf. bei Bedarf mit kleinen Pausen zwischendurch, ermöglicht. Dabei sollte keine Druckerhöhung im Bauchraum, wie z.B. durch Gewichtheben, entstehen. Auch sollte die Sportart auf andere Erkrankungen Rücksicht nehmen, wie z.B. Übergewicht, Arthrose,... Besonders geeignet ist z.B. Wandern, Walking, zügiges Spazierengehen, Radfahren, Schwimmen oder Skilanglauf. Neben der Kontrolle der Pulsfrequenz, Blutzucker, Blutdruck und der Atmung ist die eigene Erfahrung der beste Kontrollparameter, was die Steuerung des Trainings betrifft. Das körperliche Wohlbefinden während des Ausübens der körperlichen Aktivität sollte im Vordergrund stehen. „Sport“ im engeren Sinne unterscheidet sich von „körperlicher Aktivität“ hauptsächlich im Leistungsgedanken, der bei Sport stärker ausgeprägt ist, als bei der körperlichen Aktivität, die eher Freude an der Bewegung und Ausgleich von Bewegungsmangel zum Gedanken hat. A1.5 Wann sollte KEIN Sport getrieben werden? Wenn bestimmte Erkrankungen vorliegen, sollte auf Sport weitgehend verzichtet werden. Bei Fußverletzungen darf kein Sport betrieben werden, bis diese abgeheilt sind! Bei stark ausgeprägter Polyneuropathie mit Durchblutungsstörungen muss ebenfalls von Sport abgeraten werden, ebenso bei der proliferativen Retinopathie und nach einem Herzinfarkt. A1.6 Was ist noch zu beachten? Wichtig beim Sport ist das geeignete Schuhwerk: Die Sohle sollte gut gedämpft sein und der Schuh sollte breit genug sein. Möglichst sollten sie auch bis zum Knöchel 4

heranreichen, um diesem so einen gewissen Schutz zu geben. Es dürfen sich keine harten Nähte oder Ösen in der Schuhinnenseite befinden (Schuhe von innen regelmäßig befühlen!). Die Schuhe sollten abends gekauft werden, da die Füße zum Abend hin etwas anschwellen und dann zu eng werden könnten. Die Schuhe müssen vorsichtig eingetragen werden, zunächst nur 10-15 Minuten pro Tag. Nach dem Sport müssen die Füße gut untersucht werden auf Verletzungen, Blasenblidung oder Rötungen/ Druckstellen. Es können auch Socken mit besonders weicher Fußsohlenseite angezogen werden, um eine zusätzliche Dämpfung zu gewährleisten. Besonders schonend für die Gelenke ist es, wenn Sie die Möglichkeit haben, statt auf Asphalt auf Waldboden zu trainieren. Die Belastung sollte langsam gesteigert werden, ohne Rekorde aufstellen zu wollen. Der Spaß an der Bewegung sollte im Vordergrund stehen. Laufsport ist wegen der Gelenkbelastung eher weniger geeignet. A1.7 Sport und seine negativen Auswirkungen Normalerweise hat Sport eine blutzuckersenkende Wirkung. Es kann jedoch auch zu Bluzuckererhöhungen kommen: Wenn Sport schon vor dem Frühstück betrieben wird, kann dies eine Stressreaktion des Körpers hervorrufen und ggf. einen Blutzuckeranstieg provozieren. Dies ist auch der Fall beim „Auspowern“ (die letzten 10 Minuten nochmal „alles geben“). Die Leber mobilisiert aufgrund des Stresses Zucker und gibt diesen ins Blut ab. Die Stresshormone Cortison, Adrenalin und Noradrenalin schwächen die Insulinwirlung ab, da diese Gegenspieler vom Insulin sind. Wenn der Blutzucker über 240 mg/dl beträgt und dann Sport getrieben wird, kommt es ebenfalls zu einer Blutzuckererhöhung, da dann Insulin fehlt und die Leber Zucker neu bildet. Wenn zu lange Sport betrieben wird ohne Energiezufuhr, gerät der Körper in den Hungerstoffwechsel. Da dem Körper keine Kohlenhydrate mehr zur Verfügung stehen, zieht er zur Energiegewinnung Fettsäuren heran und es kommt zur Bildung von Ketonkörpern, bis zur Ketoazidose. Beim Sport entsteht durch das Schwitzen und die vermehrte Atmung immer ein Flüssigkeitsdefizit, das durch vermehrtes Trinken unbedingt ausgeglichen werden muss! Bereits 2% Flüssigkeitsverlust senkt die Muskelleistung um 20%. Alle 30 Minuten sollte deswegen etwas getrunken werden, am besten Wasser, Apfleschorle oder ein isotonisches Sportgetränk (evt. auch „light“). Der Flüssigleitsverlust ist auch abhängig von der Witterung Trainingszustand sowie der persönlichen „Schwitzgewohnheiten“.

und

dem

A1.8 Sport und Unterzuckerung Beim stoffwechselgesunden Menschen sinkt bei länger andauernder Bewegung der Insulinspiegel, so dass so eine Unterzuckerung verhindert wird. Der Diabetiker muss bestimmte Prophylaxe-Maßnahmen ergreifen. 5

Typ-1-Diabetiker sollten vor dem Sport einen Blutzuckerspiegel von ca. 180mg/dl anstreben. Pro 20-30 Minuten Sport sollte eine zusätzliche BE gegessen werden, dies ist jedoch trainings- und intensitätsabhängig. Alternativ kann auch 1 Einheit weniger Insulin weniger gespritzt werden. Bei Pumpenträgern sollte die Balsalrate für 1-2 Stunden auf 50% reduziert werden. Bei länger andauernder Belastung auch für mehrere Stunden nach der Belastung. Zu beachten ist, dass bei Spot die Hypoglykämiewahrnehmung verändert sein kann. Hier ist die eigene Erfahrung besonders wichtig, ggf auch mit gegenseitigem Erfahrungsaustausch (z.B. IDAA, Camp D). Bei Typ-2-Diabetikern kann nach Rücksprache mit dem Arzt auch die Tablettendosis reduziert werden.

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