Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins

Berlin, im Juni 2007 Stellungnahme Nr. 31/07 www.anwaltverein.de Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Familienrechtsausschuss zum Ent...
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Berlin, im Juni 2007 Stellungnahme Nr. 31/07 www.anwaltverein.de

Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Familienrechtsausschuss

zum Entwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein „Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren“

Mitglieder des Familienrechtsausschusses: Rechtsanwältin Dr. Ingrid Groß (Vorsitzende und Berichterstatterin) Rechtsanwalt Dr. Peter Finger Rechtsanwalt und Notar Thomas Kilger Rechtsanwalt und Notar Wolfgang Schwackenberg zuständige DAV-Geschäftsführerin: Rechtsanwältin Angelika Rüstow

Verteiler:

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Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist der freiwillige Zusammenschluss der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Der DAV mit derzeit ca. 64.000 Mitgliedern vertritt die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

Eine legale Möglichkeit ohne Rücksicht auf Fristen und Kenntnis von Umständen, die gegen die Vaterschaft sprechen, muss angesichts der neuen technischen Möglichkeiten, die Vaterschaft festzustellen, geschaffen werden. Diese Möglichkeit muss geschaffen werden, auch wenn damit den illegalen heimlichen Vaterschaftsfeststellungen der Boden keineswegs entzogen wird, da vielfach das Misstrauen in die Abstammung nur offenbart werden soll, wenn es berechtigt ist.

Zuzustimmen ist auch dem Vorschlag, die Vaterschaftsfeststellung und die Anfechtung der Vaterschaft voneinander abzukoppeln.

1. Materielles Recht

a) Der Einfügung des § 1598 a Abs. 1 u. 2 BGB ist daher zuzustimmen.

b) § 1598 a Abs. 3, § 1600 Abs. 5, § 1600 b Abs. 6 BGB:

In diesen drei Bestimmungen wird das Anfechtungsrecht gegen das Kindeswohl abgegrenzt. Bisher besteht eine rechtliche Beziehung zwischen dem Anfechtungsrecht und dem Fristablauf einerseits sowie dem Kindeswohl andererseits nicht.

§ 1598 a Abs. 3 soll nur zu einer Aussetzung des Verfahrens führen, während § 1600 Abs. 5 bei Unzumutbarkeit der Folgen der Anfechtung die Vaterschaftsanfechtung schlechthin ausschließen soll, wenn die Unzumutbarkeit auch unter Berücksichtigung der Belange des Anspruchstellers besteht. § 1600 b Abs. 6 schließlich, der trotz abgelaufener Frist die Anfechtungsmög3

lichkeit eröffnet, sieht eine Abwägung vor. Die Anfechtung ist möglich, „wenn nicht“ die Folgen der Anfechtung das Kindeswohl erheblich beeinträchtigen.

„Folgen der Anfechtung“ sind die rechtlichen Folgen der Auflösung der Vaterschaft, also Wegfall der elterlichen Sorge, des Umgangsrechts, der Unterhaltsverpflichtung, des Erbrechts. In den Fällen des § 1600 Abs. 5 und § 1600 b Abs. 6 ist entweder schon festgestellt oder möglich, dass eine Vaterschaft nicht besteht. Unter diesen Voraussetzungen die Anfechtung auszuschließen ist eine so weitreichende Folge, dass mit „unzumutbar“ und „erheblich beeinträchtigt“ der Ausschluss nicht hinreichend umschrieben ist. Es müsste eine Kindeswohlgefährdung vorliegen und nicht nur eine Unzumutbarkeit oder gar nur eine erhebliche Beeinträchtigung.

In § 1600 Abs. 5 S. 1 ist die Anfechtung der Vaterschaft unter den dortigen Voraussetzungen ausgeschlossen. Es sollte klargestellt werden, dass der Fristablauf gehemmt ist, solange die Anfechtung ausgeschlossen ist.

In § 1600 b Abs. 6 sollte der erste Satz überprüft werden. Er liest sich (entgegen der Begründung) so, als würde die Neueröffnung der Frist nur dann eintreten, wenn durch das Verfahren gemäß § 1598 a BGB die Kenntnis erlangt wurde, dass der Mann nicht der leibliche Vater des Kindes ist. Die Bestimmung ist aber weiter gemeint und sollte auch entsprechend gefasst werden (ergibt eine genetische Untersuchung, dass der Vater nicht der leibliche Vater ist, so beginnt für ihn …).

2. Verfahrensrecht

a) Zivilprozessordnung:

Die Einfügung des § 1598 a Abs. 2 in § 640 ZPO sollte überdacht werden. § 640 ZPO betrifft Verfahren der Zivilprozessordnung. Hier geht es aber um ein Verfahren, das zwar eine „sonstige“ Familiensache ist, aber nach Maßgabe des § 621 a ZPO FG-Sache bleibt. Die Einfügung in § 640 wirkt irreführend.

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Statt dessen könnte in § 621 ZPO eine Ziffer 10 a eingefügt werden.

Gegen die vorgeschlagenen Änderungen im FGG bestehen keine Einwendungen. Das Gleiche gilt für die Änderung der Kostenordnung.

3. Änderung im EGBGB

Die Restitution von Altfällen soll ausgeschlossen ein, wenn vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Anfechtungsklage rechtskräftig abgewiesen wurde, weil die Frist abgelaufen war. Es wird schwierig sein, das dem Bürger zu vermitteln. Diese Problematik legt insgesamt die Frage nahe, ob auf die Anfechtungsfrist nicht generell verzichtet werden sollte und als einziges Korrektiv die Kindeswohlgefährdung anerkannt werden sollte. Einen Mann, der weiß, dass er nicht der Vater ist, an dieser Position allein wegen des Fristablaufs festzuhalten, obwohl er nicht Vater bleiben möchte, ist weder empfehlenswert noch notwendig. Die persönliche Beziehung kann nicht erzwungen werden, wirtschaftliche Verhältnisse zu erzwingen ist nicht gerechtfertigt.

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