Staatsanwaltschaft Berlin 29. Juli 2016

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 1 Auszug aus den Anwaltshandakten von Rechtsanwältin Rürich: Handaktenvermerk: Mit anl. Anklage ein...
Author: Liane Vogel
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SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 1

Auszug aus den Anwaltshandakten von Rechtsanwältin Rürich: Handaktenvermerk: Mit anl. Anklage einen neuen Vorgang anlegen. Der Mandant hat zunächst eine Vollmacht unterzeichnet und wird nach erfolgter Akteneinsicht zur weiteren Besprechung wieder einbestellt. Die Frist zur Stellungnahme nach § 201 StPO läuft bis zum 16. September 2016. Das Az. des Amtsgerichts Tiergarten lautet 265 Ds 1876/16. Rürich, 28. August 2016

Staatsanwaltschaft Berlin

29. Juli 2016

53 Js 237/16

An das Amtsgericht Tiergarten - Strafrichter -

Anklageschrift

Günther Gröbert, geboren am 3. Dezember 1973 in Berlin, wohnhaft: Joachimstr. 14, 10119 Berlin, Deutscher, geschieden, - Registerauszug anbei -

wird a n g e k l a g t,

in Berlin in der Zeit vom 4. August 2013 bis zum 19. Juni 2016

durch drei selbstständige Handlungen

1.

unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert zu haben,

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 2

2.

eine andere Person an der Gesundheit geschädigt zu haben, wobei er als Amtsträger während der Ausübung seines Dienstes handelte,

3.

versucht zu haben, durch einen anderen in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch zu beschädigen, dass er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum zu erregen versuchte.

Dem Angeschuldigten wird Folgendes zur Last gelegt: 1. Der Angeschuldigte sprühte im Rahmen seiner Tätigkeit als sogenannter Rundfunkgebührenbeauftragter der Landesrundfunkanstalt Berlin-Brandenburg in der Nacht vom 4. auf den 5. August 2013 unter Verwendung einer mit einem Acryllack gefüllten Sprühdose in roter Farbe den Schriftzug „Hier wohnt ein Nichtzahler! Ich finde Euch alle!!!“ in einer Breite von 2,5 Metern auf die Fensterfront des Einfamilienhauses des Zeugen Norbert Neumann in der Stanzer Zeile 23, 12209 Berlin. 2. Am 19. Juni 2016 gegen 20.45 Uhr stieß er – wiederum im Rahmen der o.g. Tätigkeit – im Zuge eines Handgemenges den gehbehinderten Zeugen Siegfried Schulz im Eingangsbereich von dessen Haus in der Stanzer Zeile 19, 12209 Berlin, gegen ein Regal, so dass der Zeuge heftig mit der Schulter dagegen stieß und sich einen Nerv einklemmte. Der Zeuge hatte für die Dauer von zwei Tagen erhebliche Schmerzen und war in seiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. 3. Am 11. April 2016 lockerte der Angeschuldigte vor der Übergabe seines PKW Ford Mondeo, amtl. Kennzeichen B-AX 9275, an den im Verfahren vor dem Landgericht Berlin (Az. 11 O 77/16) gerichtlich bestellten Sachverständigen, den Zeugen Dr. Peter Prüfer, die Verschrau­bung der Bremsleitung zur rechten hinteren Radbremse an der Hydraulik-Steuereinheit (sog. ABS-Block). Hierdurch wollte er seine Klageforderung auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs weiter unterstützen, da er befürchtete, die schon zuvor an dem Fahrzeug vorhandenen Mängel der Bremsanlage würden sein Wandelungsbegehren nicht rechtfertigen. Tatsächlich hätte der werkseitig vorhandene Mangel hierzu nicht ausgereicht. Der Zeuge Dr. Prüfer entdeckte die Manipulation jedoch bereits beim Aufbocken des Fahrzeugs. Vergehen, strafbar gemäß §§ 223 Abs. 1, 230, 263 Abs. 1 und 2, 303 Abs. 2, 303c, 340 Abs. 1, 22, 23, 25 Abs. 1, 53, 77, 77b StGB

Strafanträge sind, soweit erforderlich, form- und fristgerecht gestellt.

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 3 Beweismittel: (...) Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen: I.

Zur Person Der am 3. Dezember 1973 in Berlin geborene Angeschuldigte ist deutscher Staatsangehöriger, geschieden und kinderlos. Zur Tatzeit war er – wie bereits erwähnt – als Rundfunkgebührenbeauftragter für die Landesrundfunkanstalt (LRA) Berlin-Brandenburg tätig und in dieser Funktion zuständig für das Einzugsgebiet Berlin-Lichterfelde. Dabei gehörte es unter anderem zu seinen Aufgaben zu ermitteln, ob die in diesem Einzugsgebiet betriebenen Rundfunk- und Fernsehgeräte ordnungsgemäß bei der Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ), einer Gemeinschaftseinrichtung dieser Anstalten mit der Aufgabe der Einziehung der Rundfunkgebühren, angemeldet waren.

II. Zur Sache Nach dem Bekanntwerden der hier verfahrensgegenständlichen Vorfälle kündigte die LRA Berlin-Brandenburg das Vertragsverhältnis mit dem Angeschuldigten am 20. Juni 2016 fristlos. Der Angeschuldigte war bis dahin als selbstständiger Subunternehmer für die LRA tätig. Er ist seither erwerbslos und bestreitet seinen Lebensunterhalt durch den Bezug von Sozialleistungen. (...) (Anmerkung des GJPA: Vom weiteren Abdruck der Anklageschrift wird abgesehen.)

Stahlmann Staatsanwalt/GL

Handaktenvermerk:

Nach Vollmachtsvorlage und erfolgter Akteneinsicht wurden weitere Kopien aus der Strafakte gefertigt und zur Handakte genommen. Von einer Ablichtung der Strafanzeigen der Herren Schulz und Neumann wurde abgesehen; deren Inhalt korrespondiert mit den Zeugenaussagen. Die Lichtbildvorlagen wurden prozessordnungsgemäß durchgeführt. Herr Gröbert wird Anfang der nächsten Woche zur Besprechung der weiteren Vorgehensweise in der Sprechstunde erscheinen.

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 4 Rürich, 3. September 2016

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 5

Der Polizeipräsident in Berlin Dir

1 VB II 3 - 08/2306/4715-8

Vernehmung eines Zeugen Es erscheint auf Vorladung:

Familienname/Geburtsname/Vornamen:

Schulz, Siegfried

Geburtsdatum/Geburtsort:

14.7.1941 Berlin

Wohnanschrift:

Stanzer Zeile 19, 12209 Berlin

und erklärt Folgendes:

Vor meiner Vernehmung wurde ich über meine Rechte und Pflichten als Zeuge belehrt. Ich habe diese Belehrung verstanden.

Am 19. Juni 2016 klingelte es gegen 20.30 Uhr abends an meiner Haustür. Ich saß gerade mit unserem Dackel Waldi vor dem Fernseher und wollte mir in Ruhe das EM-Viertelfinalspiel DeutschlandPortugal ansehen. Meine Frau war nämlich bei ihrer Schwester. Das erste Klingeln habe ich ignoriert, aber es klingelte immer weiter, also bin ich darum doch zur Tür gegangen und habe geöffnet. Das hat ein Weilchen gedauert, weil ich gehbehindert bin und einen Stock benötige. Vor der Tür stand ein jüngerer Mann und hielt mir einen Ausweis entgegen, auf dem GEZ und noch irgendetwas stand. Im Hintergrund war die Fernsehübertragung gut zu hören. Er sagte, dass ich ja offensichtlich ein Fernsehgerät betriebe, dass aber für meinen Haushalt kein solches Gerät bei der GEZ registriert sei. Ich sagte ihm, dass meine Frau solche Dinge erledige, aber derzeit unterwegs sei und ich allein Zuhause sei. Darum bat ich ihn, später noch einmal wiederzukommen. Er wollte mich jedoch unbedingt in ein Gespräch verwickeln, ob wir noch andere Geräte haben, ein Radio oder ein Autoradio und so weiter. Ich hatte zwar keine Lust, mich weiter mit ihm auseinanderzusetzen, doch er war sehr hartnäckig. So ging das eine Weile hin und her, bis schließlich im Hintergrund schon die Hymnen zu hören waren. Da habe ich zu ihm gesagt, dass es mir jetzt reiche und er verschwinden solle. Er wurde sehr aggressiv und schrie mich an, dass er keine Lust habe, sich ständig wie einen lästigen Bittsteller behandeln zu lassen, obwohl er lediglich der GEZ zu ihrem Geld verhelfe und das alles rechtens sei. Natürlich fing Waldi, der mit mir zur Tür gekommen war, laut an zu kläffen. Als ich dann meine Tür schließen wollte, trat der Mann auf mich zu und stieß mich heftig von der Tür zurück. Ich denke, er wollte einfach bei uns reinmarschieren. Dabei entfiel mir mein Stock, ich verlor das Gleichgewicht, knallte mit der rechten Schulter gegen ein Regal, das im Flur neben der Tür steht, und fiel zu Boden.

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 6 Es tat sehr weh und ich konnte mich zunächst gar nicht mehr bewegen, weil sich ein Nerv verklemmt hatte. Der Mann brummelte: „Das wollte ich nicht!“ und lief davon. Ich lag etwa 10 Minuten relativ hilflos auf dem Boden, bis mein gerade auf der Straße vorbeigehender Nachbar durch Waldis Bellen aufmerksam wurde, hereinkam und mir aufhalf. Dabei handelt es sich um Herrn Neumann, der mich heute hierher begleitet hat und ebenfalls eine Aussage machen will.

Am nächsten Tag bin ich zuerst zum Arzt gegangen und dann zur Polizei, wo ich bei Ihrem Kollegen eine Strafanzeige erstattet habe, damit dieser Rohling ermittelt wird. Meine Schmerzen hielten etwa zwei Tage an; jetzt ist wieder alles in Ordnung. Sie können sich meine Verärgerung vorstellen, als der Kerl am Nachmittag des 20. Juni 2016 nochmals bei uns auftauchte. Ein Gespräch fand aber letztlich nicht statt. Als ich öffnete, sauste Waldi gleich auf ihn los und kläffte ihn wieder an. Ein Dackel hat nämlich ein gutes Gedächtnis. Ich sah angesichts der Vorgeschichte auch keine Veranlassung, den Hund zurückzurufen; zudem befand der Mann sich ja ungebeten auf meinem Grund und Boden. Als der Hund ihm ans Hosenbein ging, hat er nach ihm getreten und ihn auch kräftig getroffen; der Hund jaulte laut. Dann ist der Mann weggelaufen. Wir mussten später zum Tierarzt, weil Waldi stark humpelte. Ich erkenne den Mann auf den mir hier gezeigten Fotos wieder; er ist auf Lichtbild Nr. 5 zu sehen. Selbstverständlich stelle ich Strafantrag aus allen rechtlichen Gründen!

geschlossen: 11.30 Uhr

selbst gel., gen. u. unterschrieben:

POM Schulz

Siegfried Plüschke

Der Polizeipräsident in Berlin

Dir 1 VB II 3 - 08/2306/4715-8

Vernehmung eines Zeugen Es erscheint auf Vorladung:

Familienname/Geburtsname/Vornamen:

Neumann, Norbert

Geburtsdatum/Geburtsort:

19.12.1949 Berlin

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 7 Wohnanschrift:

Stanzer Zeile 23, 12209 Berlin

und erklärt Folgendes:

Vor meiner Vernehmung wurde ich über meine Rechte und Pflichten als Zeuge belehrt. Ich habe diese Belehrung verstanden.

Ich möchte in Zusammenhang mit dem Vorfall bei meinem Nachbarn Herrn Schulz ebenfalls eine Aussage machen. Als ich am 5. August 2013 morgens aus dem Haus ging, sah ich einen 2,5 Meter breiten Schriftzug an meiner vorderen Fensterfront. Einer dieser furchtbaren Schmierfinken hatte dort in knallrot die Worte „Hier wohnt ein Nichtzahler! Ich finde Euch alle!!!“ hinterlassen. Natürlich habe ich damals eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet; das Verfahren wurde jedoch ziemlich schnell eingestellt, weil ein Täter nicht zu ermitteln war. Meine Frau hat mindestens zwei Stunden mit Glasreiniger an der Schmiererei herumgeputzt, bis alles wieder sauber war. Ich hatte bis zu dem Vorfall mit meinem Nachbarn am 19. Juni 2016 keine Ahnung, was hinter dieser Geschichte steckte, und hatte sie mittlerweile auch schon fast vergessen. Aber jetzt habe ich den Verdacht, dass dieser GEZ-Kontrolleur dahinterstecken könnte. Bei uns hat seinerzeit – Anfang August 2005 – nämlich auch so ein Gebühreneintreiber geklingelt und sich bei meiner Frau ganz scheinheilig nach unseren Fernsehgewohnheiten erkundigt. Als ich dazu trat und ihn fragte, ob er uns etwa eine Fernsehzeitung verkaufen wolle, zeigte er mir einen GEZ-Ausweis. Da habe ich ihm gleich die Tür vor der Nase zugeknallt - ich kenne meine Rechte nämlich! Der Schriftzug tauchte ganz kurz danach auf. Ich habe damals gar nicht daran gedacht, dass er das gewesen sein könnte, denn unser Jahresurlaub stand unmittelbar bevor und die Putzaktion hatte uns schon lange genug aufgehalten. Aber jetzt habe ich den starken Verdacht, dass dieser GEZEintreiber damit zu tun gehabt haben könnte. Leider liegt der Vorfall schon so lange zurück, dass ich den Mann nicht hundertprozentig auf den mir gezeigten Fotos wiedererkenne. Es könnte Nr. 5 sein. Betonen möchte ich hier noch, dass wir alle unsere Geräte angemeldet hatten und haben. Ich stelle hier ausdrücklich einen Strafantrag!

geschlossen: 12.00 Uhr

POM Schulz

selbst gel., gen. u. unterschrieben:

Norbert Neumann

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 8

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 9 Dir 1 VB II 3 08/2306/4715-8

1.

23. Juni 2016

Vermerk: Als Beschuldigter konnte anhand der Angaben des Zeugen Schulz bei Anzeigenerstattung und nach Rücksprache mit der Landesrundfunkanstalt (dort Frau Möbius; Tel: 3466-8910) der Günther Gröbert, 3. Dezember 1973 Berlin geb., wohnhaft: Joachimstraße 14, 10119 Berlin, ermittelt werden, den der Zeuge Schulz im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung anlässlich einer Wahllichtbildvorlage erkannt hat (LiBi 5). Der Gröbert war seit Anfang 2012 für die LRA bzw. die GEZ in Lichterfelde tätig; die Stanzer Zeile gehörte zu seinem Zuständigkeitsgebiet. Er hat nach Auskunft von Frau Möbius am 2. August 2013 einen Ermittlungsbericht mit sog. „anmelderelevanten Hinweisen“ zum Haushalt Neumann, Stanzer Zeile 23, abgeliefert. Dem wurde jedoch nicht weiter nachgegangen, da für diese Anschrift bereits eine Anmeldung vorlag. Frau Möbius beschrieb den Gröbert als deutlich übermotiviert. Er habe grundsätzlich Probleme mit der Einschränkung seiner Befugnisse auf die bloße Auskunftserteilung und Beratung zu Fragen der Anmeldung und der Gebührenpflicht gehabt. Zwar gehöre hierzu auch die Veranlassung der Rundfunkteilnehmer zur Anmeldung ihrer Geräte, jedoch stünden den Gebührenbeauftragten keinerlei Zwangsbefugnisse wie beispielsweise ein Betretungsrecht gegen den Willen der Bewohner zu. Sie teilte ergänzend mit, dass seine Bestellung nach dem Vorfall zum Nachteil des Zeugen Schulz mit sofortiger Wirkung widerrufen worden sei. Das im August 2013 nach Anzeigenerstattung durch den Zeugen Neumann eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wurde am 6. Oktober 2013 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil ein Täter nicht zu ermitteln war. Es wurde wieder aufgenommen und hierzu verbunden.

2.

U.m.A. der StA Berlin mit den anliegenden Zeugenaussagen z.w.V.

Fröhlich, PHM

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 10

Dir 1 VB II 3

08/2306/4715-8

Vernehmung eines Beschuldigten Berlin, 30. Juni 2016 Uhrzeit: 14.00 Uhr

Schriftlich vorgeladen

erscheint der/ die Nachgenannte und erklärt:

Familienname Vornamen

ggf. Geburtsname

(sämtliche, Rufname unterstreichen)

GRÖBERT Günther

Geburtsangaben Kreis und Land

Tag, Monat, Jahr, Ort

03. 12. 1973 Berlin

Staatsangehörigkeit

deutsch

Wohnort (ggf. letzter Aufenthaltsort)

Joachimstr. 14, 10119 Berlin

Straße, Hausnummer, /Telefon, Freiw. Angabe\

Beruf

a) erlernter b) gegenwärtig ausgeübter

Familienstand

Industriekaufmann arbeitslos geschieden

Mir ist eröffnet worden, welche Tat mir zur Last gelegt wird. Ich bin darauf hingewiesen worden, dass es mir nach dem Gesetz freisteht, mich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor meiner Vernehmung, einen von mir zu wählenden Verteidiger zu befragen. Ich bin ferner darüber belehrt worden, dass ich zu meiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann.

Ich möchte jetzt aussagen.

Ich war am 19. Juni 2016 in der Stanzer Zeile und habe dort einige potentielle „Kunden" aufgesucht, unter anderem auch in Haus Nr. 19. Als mir geöffnet wurde, hörte ich im Hintergrund einen Fernseher. Da nach meinem Kenntnisstand aber keine Geräte für diesen Haushalt angemeldet waren, musste ich natürlich tätig werden. Der Mann behauptete zwar, dass seine Frau, die natürlich gerade nicht da sei, derartige Dinge regele und er selbst mir gar nichts sagen könne, aber das ist eine ganz typische Ausrede. Er wollte mich einfach loswerden. Ich habe ihm auch nicht geglaubt, dass seine Frau nicht Zuhause sei. Als er mir einfach die Tür vor der Nase zuschlagen wollte, habe ich einen Schritt in seine Richtung gemacht, um das zu verhindern und mir die ganze Sache mal näher anzusehen. Es kann sein, dass er dabei irgendwie ins Wanken gekommen ist. Keinesfalls habe ich ihn gestoßen! Ich bin immerhin in offizieller Mission unterwegs, da ist ein entschiedenes, aber seriöses Auftreten sehr wichtig. Auf Nachfrage: Ob er zu Boden gefallen ist, kann ich nicht sagen. Darauf habe ich nicht geachtet, weil dort ein kläffender Hund war. Ich bin mal gebissen worden und habe großen Respekt vor Hun-

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 11 den. Deshalb bin ich dann auch weggegangen. Selbstverständlich hätte ich dem Mann aufgeholfen, wenn ich bemerkt hätte, dass er hingefallen ist. Er schien körperlich beeinträchtigt zu sein, denn er hatte einen Stock bei sich. Auf Nachfrage: Es stimmt, dass ich am nächsten Tag noch einmal dort war. Ich war ja mit dieser Anschrift noch nicht fertig. Aber dieses kläffende Tier rannte sofort auf mich zu und wollte mich beißen. Da habe ich schnell den Rückzug angetreten. Falls ich das Tier tatsächlich getreten haben sollte, habe ich mich lediglich verteidigt. Auf Nachfrage: Ich verstehe nicht, weshalb es jetzt auf einmal um einen ganz anderen Haushalt und ein Geschehen gehen soll, das schon lange zurückliegt. Es stimmt zwar, dass ich alle Haushalte in der Stanzer Zeile betreue, aber ich bin jetzt ein wenig überrumpelt, wenn Sie etwas zur Nummer 23 wissen wollen. Das kann ich doch heute nicht mehr sagen, ob ich dort im Sommer 2005 war! Wenn Sie mir nun vorhalten, dass es einen Ermittlungsbericht hierzu von mir gibt, muss das wohl so gewesen sein. Auf Nachfrage: Ich räume ein, dass ich manchmal vielleicht zu etwas unkonventionellen Methoden greife, um den Rundfunkteilnehmern ihre Pflichten vor Augen zu führen. Dazu gehört auch das Anbringen von Hinweisen, manchmal auch mittels einer Spraydose. Ich achte aber immer darauf, nichts wirklich zu beschädigen, sondern will lediglich an das Verantwortungsbewusstsein der Bürger appellieren. Diese Acryllacke bekommt man gut wieder ab. Als ich später nochmals am Haus Nr. 23 vorbei ging, war jedenfalls nichts mehr zu sehen. Ich möchte hier aber jetzt nichts mehr zu diesen Dingen sagen, Sie graben ja immer mehr aus!

geschlossen: 14.00 Uhr

POM Schulz Dir 1 VB II 3 08/2306/4715-8

selbst gel., gen. u. unterschrieben:

Günter Gröbert 30. Juni 2016

1. Vermerk: Aus ermittlungstaktischen Gründen wurde dem Beschuldigten im Rahmen der Beschuldigtenbelehrung hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Taten lediglich mitgeteilt, dass gegen ihn wegen einer Körperverletzung ermittelt werde. Die weiteren Tatvorwürfe (unterlassene Hilfeleistung, Sachbeschädigung Fenster und Hund) wurden erst im Laufe der Vernehmung eingeflochten. Es gab zudem keine Veranlassung, konkrete Strafvorschriften zu benennen; der Beschuldigte ist nicht juristisch vorgebildet.

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 12

2. U.m.A. der StA Berlin mit anl. Beschuldigtenvernehmung z.w.V.

Fröhlich, PHM

Staatsanwaltschaft Berlin

7. Juli 2016

53 Js 237/16 1. Vermerk: Soweit der Tatvorwurf der unterlassenen Hilfeleistung zum Nachteil des geschädigten Zeugen Schulz im Raum steht, erscheint ein Tatnachweis insbesondere in subjektiver Hinsicht schwierig. Es wurde bereits telefonisch Kontakt mit dem zuständigen Strafrichter aufgenommen; Einwände gegen eine Verfahrensweise nach § 153a StPO bestehen von dort aus nicht. Auch der Beschuldigte G r ö b e r t hat seine Zustimmung nach Erhalt eines entsprechenden Anschreibens bereits schriftlich erteilt. 2. Das Verfahren wird, soweit es den Tatvorwurf der unterlassenen Hilfeleistung betrifft, abgetrennt und nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO vorläufig eingestellt gegen die Auflage, innerhalb von drei Monaten einen Geldbetrag in Höhe von 200,- € an die Justizkasse zu zahlen und dies unaufgefordert nachzuweisen. 3. Kopie der Akte zum abgetrennten Verfahren (Az. 53 Js 401/08) nehmen; dort Wv 3 Monate notieren. 4. Hinsichtlich des weiteren Tatvorwurfs der Sachbeschädigung am Dackel des Zeugen Schulz ist vom Vorliegen einer Notwehrsituation auszugehen. Das Verfahren ist daher insoweit gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. 5. Anschreiben an Zeugen Schulz gesondert.

Stahlmann, Staatsanwalt/ GL

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 13

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 14 Siegfried Schulz Stanzer Zeile 19 12209 Berlin Staatsanwaltschaft Berlin Turmstraße 91 10559 Berlin Berlin, den 15. Juli 2016 Sehr geehrte Damen und Herren, auf diesem Wege äußere ich mein Unverständnis über die erfolgte Einstellung im Verfahren 53 Js 237/18, was die Verletzung unseres Dackels angeht. Ihr entsprechendes Schreiben werde ich zum Anlass nehmen, alle denkbaren rechtlichen Schritte einzuleiten! Außer der Disziplinierung dieses Grobians steht noch eine Tierarztrechnung in Höhe von 53,80 € im Raume. Sollen wir auf diesen Kosten sitzen bleiben? Sie hören zu gegebener Zeit von unserem Anwalt, der sich derzeit im Urlaub befindet. Hochachtungsvoll,

Siegfried Schulz

Staatsanwaltschaft Berlin

9.

Juli

2016

53 Js 237/16 1. Vermerk: Aus der durch das LG Berlin – dortiges Az. 11 O 77/16 – übersandten Akte ergibt sich als weiterer Tatvorwurf gegen den Beschuldigten G r ö b e r t ein versuchter Prozessbetrug in mittelbarer Täterschaft. Laut telefonischer Auskunft des zuständigen Richters hat der Beschuldigte den von ihm selbst verursachten „Mangel“ prozessual nicht geltend gemacht. Das zivilrechtliche Verfahren endete mit einer Klagerücknahme seitens des hiesigen Beschuldigten. Der Beschuldigte ist bislang unbestraft.

2. Kopie der Akte 11 O 77/16 zum hiesigen Vorgang nehmen; Original zurücksenden. (Anmerkung des GJPA: Vom Abdruck der Zivilakte wird abgesehen. Der Akteninhalt entspricht den im Sachverhalt hierzu gemachten Angaben.)

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 15

3. U.m.A. dem PolPräs in Berlin zur Veranlassung der zeugenschaftlichen Vernehmung des Sachverständigen Dr. Prüfer sowie einer ergänzenden Beschuldigtenvernehmung übersandt.

Stahlmann Staatsanwalt/GL

Dir 1 VB II 3 08/2306/4715-8

15.

2016

1. Vermerk: Der Beschuldigte Gröbert hat telefonisch mitgeteilt, im Weiteren von seinem Schweigerecht Gebrauch machen zu wollen.

2. U.m.A. der StA Berlin mit anl. Zeugenvernehmung z.w.V.

Fröhlich, PHM

Der Polizeipräsident in Berlin

Dir 1 VB II 3 - 08/2306/4715-8

Vernehmung eines Zeugen Es erscheint auf Vorladung:

Juli

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 16 Familienname/Geburtsname/Vornamen:

Prüfer, Dr. Peter Ferdinand

Geburtsdatum/Geburtsort:

8.6.1953 Bad Godesberg

Wohnanschrift:

An der Rehwiese 5, 14129 Berlin

und erklärt Folgendes:

Vor meiner Vernehmung wurde ich über meine Rechte und Pflichten als Zeuge belehrt. Ich habe diese Belehrung verstanden. Ich bin als Kfz-Sachverständiger und Gutachter tätig und bin durch Beschluss des LG Berlin im Verfahren 11 O 77/16 bestellt worden, ein Gutachten zu vom Kläger in diesem Verfahren behaupteten Mängeln an der Bremsanlage seines Fahrzeugs zu erstellen. Zum Hintergrund kann ich Folgendes mitteilen: Dem Ganzen liegt die Klage des Herrn Günther Gröbert zugrunde, der am 4. November 2015 einen Ford Mondeo als Neuwagen beim Ford-Autohaus Fuschky am Kurfürstendamm 118 in Berlin erworben hat. Der Kaufpreis lag bei 34.650,- €. Nachdem es in den folgenden Wochen nicht zu einer Einigung mit dem Verkäufer über die Rücknahme des Fahrzeugs wegen der geltend gemachten Mängel kam, erhob Herr Gröbert am 10. Januar 2016 Klage auf Zahlung von 33.500,- € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Am 27. Februar 2016 erließ das Gericht den schon erwähnten Beweisbeschluss. Ich habe daraufhin mit Herrn Gröbert vereinbart, dass er das Fahrzeug am 11. April 2016 in meinen Betrieb bringt und ich es dort auf der Hebebühne untersuche. Er wies mich dabei nochmals ausdrücklich auf eine Bremsschwäche hin. Bei der Untersuchung habe ich festgestellt, dass zwar tatsächlich ein ganz offensichtlich schon werkseitiger Fehler im Bereich der Elektronik im ABS-Block vorlag, so dass tatsächlich eine partielle Fehlfunktion der Bremsanlage vorlag. Dies stellt jedoch einen marginalen Mangel dar und wäre nicht geeignet gewesen, einen Wandelungsanspruch inhaltlich zu stützen. Jedoch war zusätzlich eindeutig an der Verschraubung der Bremsleitung zur rechten hinteren Radbremse manipuliert worden, so dass quasi ein weiterer – diesmal sehr gewichtiger – Mangel an der Hydraulik-Steuereinheit, also dem ABS-Block, „eingebaut“ worden war. Ich habe natürlich angesichts dieser Manipulation die Untersuchung des Fahrzeugs vorläufig beendet und Herrn Gröbert, als er den Wagen am Nachmittag wieder abholen wollte, darauf angesprochen. Er wurde ziemlich blass und erklärte, dass er die Verschraubung unmittelbar vor der Untersuchung nur deshalb gelockert habe, weil er den ihm wegen der Bremsprobleme zustehenden Wandelungsanspruch auch ganz sicher durchsetzen wollte und dazu ein aussagekräftiges Gutachten benötigte. Natürlich habe ich diesen Mangel nicht in mein Gutachten aufgenommen und den zuständigen Richter hierauf lediglich telefonisch aufmerksam gemacht.

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 17 Was aus dem Verfahren geworden ist, ist mir nicht bekannt.

geschlossen: 9.30 Uhr

POM Plüschke

selbst gel., gen. u. unterschrieben:

Dr. Peter Prüfer

Staatsanwaltschaft Berlin

18. Juli 2016

53 Js 401/16 1. Vermerk: Zahlungseingang (200,- €) ist am 15. Juli 2016 erfolgt. 2. Das Verfahren wird, soweit es den Tatvorwurf der unterlassenen Hilfeleistung betrifft, nunmehr endgültig eingestellt. 3. Mitteilung von 2. an den Beschuldigten. 4. Kopie dieser Verfügung zum Ursprungsverfahren (Az. 53 Js 237/16) nehmen.

Stahlmann Staatsanwalt/GL

Handaktenvermerk: Während der heutigen Besprechung wurde Herrn Gröbert der weitere Verfahrensablauf sowie die aus meiner Sicht gebotene Reaktion der Verteidigung erläutert. Er war damit einverstanden, bat jedoch um nähere Erläuterung, was gegebenenfalls im Rahmen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens hinsichtlich der Ankündigung des Hundehalters Schulz noch auf ihn zukommen könne. Ich habe ihm eine kurze schriftliche Information hierzu zugesagt. Zu den Tatvorwürfen räumte Herr Gröbert ein, dass der Akteninhalt sein Verhalten richtig wiedergebe. Er wies jedoch darauf hin, dass er seiner Meinung nach durch den Verlust seines Arbeitsplatzes bereits genug bestraft sei; derzeit erhält er lediglich Sozialleistungen in Höhe von 675,- € monatlich. Wegen eines dringenden Haftprüfungstermins in anderer Sache: Bitte Wv des Vorgangs morgen (Schriftsatz und Anschreiben Gröbert)!

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 18

Rürich,

8. September 2016

SRA 21 - Aufgabe, überarbeitet von StA/GL Büchner 19

Vermerk für die Bearbeitung: 1. Versetzen Sie sich in die Lage von Rechtsanwältin Rürich, die am 9. September 2016 tätig wird Fertigen Sie auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen und Informationen den im Mandanteninteresse gebotenen und an die zuständige Stelle gerichteten anwaltlichen Schriftsatz an. Gehen Sie dabei auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen materiellrechtlichen und prozessualen Fragen ein, soweit dies dort erforderlich ist. 2. Formulieren Sie zusätzlich ein Mandantenanschreiben entsprechend dem Vermerk vom 9. September 2016. 1. Soweit in dem zu fertigenden Schriftsatz bzw. dem Mandantenanschreiben nicht alle auf­ 2. geworfenen Rechtsfragen behandelt werden, sind diese in einem ergänzenden Gutachten zu erörtern. 3. Es ist davon auszugehen, dass Rechtsanwältin Rürich im Augenblick keine weiteren Informationen erlangen kann. 4. Straftatbestände außerhalb des Strafgesetzbuchs sowie Ordnungswidrigkeiten sind nicht zu prüfen.

Zugelassene Hilfsmittel: -

Schönfelder, Deutsche Gesetze (Textsammlung) Sartorius Band 1, Verfassungs- und Verwaltungsgesetze (Textsammlung) Fischer, Strafgesetzbuch (Kurzkommentar) Meyer-Goßner, Strafprozessordnung (Kurzkommentar) Trojahn, Die Gesetze über die Berliner Verwaltung (für Prüfungen nach der JAO Berlin 2003) oder STUD-JUR Nomos Texte Landesrecht Brandenburg (für Prüfungen nach der BbgJAO 2003)