Staat machen. dbb magazin. Bundestagswahl Hintergrund. Interview. September Jahrgang

9 dbb magazin September 2009 – 60. Jahrgang Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“ Bundestagswahl 2009 Staat machen Seite 4 > In...
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dbb magazin September 2009 – 60. Jahrgang

Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“

Bundestagswahl 2009

Staat machen Seite 4 >

Interview Roderich Egeler, Bundeswahlleiter und Präsident des Statistischen Bundesamtes Seite 13 >

Hintergrund Wahlprüfsteine des dbb

dbb > aktuell

Am 27. September wird der 17. Deutsche Bundestag gewählt. Wie die Parteien die Bundesrepublik in der nächsten Legislaturperiode gestalten wollen, haben sie in ihren Wahlprogrammen ausführlich dargestellt. Der dbb wollte es mit Blick auf Staat und Verwaltung genau wissen und hat als Entscheidungshilfe für seine Mitglieder „Wahlprüfsteine“ entwickelt. Die darin skizzierten Themenkomplexe betreffen die Beamten und Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes in ihren Konsequenzen und Auswirkungen ebenso wie die Kolleginnen und Kollegen bei Bahn, Post und Telekom. Was versprechen die Parteien in ihren Wahlprogrammen den Wählerinnen und Wählern, die in der Verwaltung, sei es als Beamte oder als Tarifbeschäftigte, tätig sind? Was haben Rentner und Pensionäre zu erwarten? Soll die Verwaltung modernisiert, verkleinert, privatisiert oder gar aufgeDie Kernaussagen der Parteien zu den Wahlstockt und ausgebaut prüfsteinen des dbb lesen Sie in dieser magazin Ausgabe, die Antworten im Wortlaut zum werden? Wie geht es ausführlichen Nachlesen finden Sie unter weiter im Krankenversiwww.dbb.de cherungsbereich? Wie entwickelt sich die Tariflandschaft? Wie wird dem demographischen Wandel Rechnung getragen? Die Kernaussagen der Parteien zu diesen Themen haben wir für Sie in der Rubrik „hintergrund“ zusammengefasst. Entscheiden muss indes jeder Wähler selbst, denn eine Wahlempfehlung kann und will der dbb, dem die Satzung parteipolitische Unabhängigkeit auferlegt, nicht geben. Gehen Sie am 27. September zur Wahl und machen Sie Staat! Tragen Sie mit Ihrer Wahlentscheidung zu soliden Mehrheiten bei, auf deren Grundlage es möglich sein wird, mit einem gestärkten öffentlichen Dienst zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise beizutragen. sm

Schwerpunkt: Bundestagswahl 2009 > >

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Impressum:

Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin,  030.4081-40, Fax 030.4081-5599. Internet: www.dbb.de. E-Mail: [email protected] Chefredakteur:Dr. Walter Schmitz (sm); Redaktion: Christine Bonath (cri), Jan Brenner (br). Mitarbeiter dieser Ausgabe: Sylvia Zapf (sz), Albena Chipkovenska (ac). Redaktionsschluss am 10. jeden Monats. Namensbeiträge stellen in jedem Falle nur die Meinung des Verfassers dar. Gestaltung: Marian-A. Neugebauer. Fotos: dbb, MEV, Project Photos, www.fotolia.de: Irina Fischer, Carola Schubbel, Felix Horstmann, Maestro, Markus Gössing. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift für Beamte, Angestellte und Arbeiter erscheint zehnmal im Jahr. Für Mitglieder ist der Verkaufspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Der Abonnementpreis für Nichtmitglieder des dbb beträgt jährlich 32,90 Euro inkl. Porto und Umsatzsteuer. Der Bezugspreis für das Einzelheft 3,90 Euro inkl. Porto und Umsatzsteuer. Bezug durch die Post. Einzelstücke durch den Verlag. Verlag: dbb verlag GmbH, Internet: www.dbbverlag.de, E-Mail: [email protected]. Verlagsort und Bestellanschrift: Friedrichstr. 165, 10117 Berlin,  030.7261917-0, Telefax 030.726191740, Commerzbank Berlin: Konto 0 733 998, Sparkasse Köln/Bonn: Konto 21 006 903. Versandort: Düsseldorf. Herstellung und Anzeigen: Vereinigte Verlagsanstalten GmbH, Höherweg 278, 40231 Düsseldorf, Internet www.vva.de, E-Mail [email protected]. Anzeigenleitung: Ulrike Niggemann. Anzeigenverkauf: Panagiotis Chrissovergis,  0211.7357-841, Anzeigendisposition: Anke Stemmerich,  0211.7357-563, Fax 0211.7357-507, Anzeigentarif Nr. 50 (dbb magazin), gültig ab 1. 10. 2008. Druckauflage: 768 550 Exemplare (IVW 1/2009). Vertrieb:  0211.7357-155, Fax 0211.7357-891. Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinung. Gedruckt auf Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff. ISSN 0941-8156

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aktuell Interview mit Bundeswahlleiter und Präsident des Statistischen Bundesamtes Roderich Egeler Konsequenzen aus der Finanzkrise ziehen dbb Kritik an zu Guttenberg Keine Nullrunden im öffentlichen Dienst EuGH-Entscheidung: Urlaub bleibt erhalten Sozial- und Erziehungsdienst: Tarifeinigung Nachgefragt bei Frank Stöhr Migration: Bildung ist Schlüssel zur Integration Wahlprüfsteine des dbb

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fokus dbb akademie reportage: Das Grüne Band in Deutschland: Natur stur mitgliederservice mittagsgespräch: Prof. Dr. Oskar Niedermayer, Parteienforscher an der FU Berlin die andere Meinung: Der öffentliche Dienst nach der Finanzkrise

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spezial jugend: Jungwähler bei der Bundestagswahl 2009 t@cker porträt: Schulamtsdirektor Alfred Kruft buchtipp/leserbrief frauen: Gleichberechtigung in der Bundesrepublik und der DDR: Ungleiche Schwestern

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finale glosse: Fiat Lux . . . online: Behördenübergreifende Online-Stellenbörse mitgliedsgewerkschaften kulisse: Hirnen hilft . . .

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> dbb magazin | September 2009

3 in eigener sache

Staat machen

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dbb > aktuell

Im langfristigen Trend: ein spürbarer dbb magazin

Herr Egeler, Sie stehen als neuer Bundeswahlleiter mit der Organisation der Bundestagswahl 2009 vor einer besonders großen Herausforderung: Was werden Sie (– mehr und/oder anders –) machen als Ihre Vorgänger im Amt? >

interview

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Egeler

Sie haben recht, die Bundestagswahl ist eine besondere Herausforderung, auch wenn wir in diesem Jahr die Europawahl schon erfolgreich über die Bühne gebracht haben. So viel anders als meine Vorgänger werde ich aber sicher nicht agieren. Mein Vorgehen ist in diversen Gesetzen wie dem Bundeswahlgesetz und der Bundeswahlordnung ziemlich genau festgelegt, einen großen Spielraum habe ich also gar nicht. Natürlich bringe ich in eine solche Arbeit aber auch meine eigene Persönlichkeit ein. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass ich vielleicht einen anderen Stil habe Sitzungen zu leiten oder Pressetermine wahrzunehmen. Eines ist für mich in meiner neuen Funktion als Bundeswahlleiter jedoch enorm wichtig: Ich bin nur die sichtbare Spitze des großen Teams, das hinter der Organisation und Durchführung der Wahlen steht. Ich denke da an meine Kolleginnen und Kollegen in den Ländern und Kreisen und an die vielen ehrenamtlichen Helfer in den Wahllokalen vor Ort. Und nicht zuletzt an meinen

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eigenen Mitarbeiterstab. Das sind alles kompetente Fachleute, auf die ich mich jederzeit verlassen kann.

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dbb magazin

Zahlen sind qua Amt Ihr Metier, und Sie sagen von sich selbst, zu den bestinformierten Personen des Landes zu gehören: Wird die Generation 50-plus – wie vielfach behauptet – tatsächlich die Wahl entscheiden?

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Egeler

Als Erstes einmal die Fakten. Es ist klar, dass sich mit der derzeit zu beobachtenden allgemeinen Alterung der Bevölkerung auch die Altersstruktur der Wählerinnen und Wähler hin zu den älteren Bevölkerungsgruppen verschiebt. Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Jahr 1990 machten die 50-Jährigen und Älteren noch 33,9 Prozent der Wahlberechtigten aus, in diesem Jahr wird bereits fast die Hälfte der potenziellen Wählerinnen und Wähler in dieser Altersgruppe sein, nämlich 49,3 Prozent. Ähnlich sieht es aus, wenn man die 60-Jährigen und Älteren betrachtet, deren Anteil zwischen 1990 und 2009 von 21,0 Prozent auf 32,3 Prozent stieg. Wenn man zusätzlich weiß, dass die Wahlbeteiligung gerade in den Altersgruppen zwischen 50 und 70 Jahren schon seit langer Zeit überdurchschnittlich hoch ist, kann man schon sagen, dass die Älteren einen großen Einfluss auf das

Roderich Egeler, Bundeswahlleiter und Präsident des Statistischen Bundesamtes

Foto: Destatis

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Wahlergebnis haben. Ich möchte allerdings keine Einschätzung darüber abgeben, welche Parteien davon profitieren oder auch nicht. Es ist Sache der Parteien selbst, sich mit ihrer Politik auf die sich ändernde demografische Struktur unserer Gesellschaft einzustellen. Und die Bürgerinnen und Bürger haben dann die Wahl.

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dbb magazin

Als Bundeswahlleiter entscheiden Sie unter anderem darüber, welche Parteien zu-

gelassen werden und sich zur Wahl stellen dürfen. Warum wird diese Liste lang und länger, und wie beeinflusst die bunte Präsenz zunehmender Partikularinteressen das Ergebnis?

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Egeler

Dieser Eindruck kann tatsächlich entstehen, zumal bei der diesjährigen Europawahl mit insgesamt 32 Wahlvorschlägen so viele Parteien und politische Vereinigungen wie nie zuvor an einer Europawahl in

dbb > aktuell

Rückgang der Wahlbeteiligung

1998 hatten wir den bisherigen Rekord an teilnehmenden Parteien zu verzeichnen: Damals nahmen insgesamt 40 Parteien an der Bundestagswahl teil. In diesem Rahmen ist es üblich, dass sich eine größere Anzahl kleinerer Parteien mit besonderen, aktuellen Interessen an Bundestagswahlen beteiligen will oder sogar unmittelbar vor einer Bundestagswahl Neugründungen stattfinden. Die Zulassung von politischen Vereinigungen zu >

Bundestagswahlen setzt übrigens voraus, dass die Parteieigenschaft im Sinne des Parteiengesetzes vom Bundeswahlausschuss festgestellt wird. Prüfmaßstab ist dabei Paragraf 2 des Parteiengesetzes. Parteien müssen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, der Zahl ihrer Mitglieder und ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit nachweisen, dass sie auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen. Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang eine hohe formale Hürde aufgestellt: Die Parteieigenschaft kann im Bundeswahlausschuss nur mit einer Zwei-DrittelMehrheit abgelehnt werden.

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dbb magazin

Die Wahlbeteiligung bei den zurückliegenden Europa-

Info

wahlen war erschreckend gering. Hegen Sie ähnliche Befürchtungen für die Bundestagswahl?

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Nein, bei den Bundestagswahlen war in der Vergangenheit die Wahlbeteiligung immer deutlich höher als bei den Europawahlen. So hatten wir bei der Europawahl 2004 eine Wahlbeteiligung von 43,0 Prozent, bei der darauffolgenden Bundestagswahl 2005 waren es 77,7 Prozent. Allerdings ist auch bei den Bundestagswahlen im langfristigen Trend ein spürbarer Rückgang der Wahlbeteiligung auszumachen. Während in den 1970er Jahren die Fraktion der Nichtwähler noch weniger als zehn Prozent betrug, machten bei den letzten drei Bundestagswahlen stabil mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch.

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Roderich Egeler ... . . . geboren 1950 in Obernkirchen, studierte Volkswirtschaftslehre in Bonn und Köln. Danach war er Referent, Referatsleiter und Abteilungsleiter im Bundesant für Zivilschutz. Nach einer Tätigkeit als Haushaltsreferent im Bundesinnenministerium leitete er von 1993 bis 2008 dort das Beschaffungsamt. Am 1. August 2008 wurde Roderich Egeler zur Präsidenten des Statistischen Bundesamtes bestellt und zugleich - wie seine Amtsvorgänger auch - in Personalunion vom Bundesminister des Innern zum Bundeswahlleiter ernannt. In dieser Funktion ist Egeler für die Durchführung von Bundes- und Europawahlen verantwortlich. 

Egeler

dbb magazin

(Fast) eine Gewissensfrage zum Schluss: Was macht der Bundeswahlleiter am Wahlabend, wenn Ergebnisse vorab – schlimmstenfalls sogar vor dem Schließen der Wahllokale – „getwittert“ werden?

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Egeler

Was Sie offenbar ansprechen, ist die mögliche vorzeitige Veröffentlichung von Umfrageergebnissen, die die

Wahlforschungsinstitute am Wahltag selbst ermitteln. Diese so genannten „Exit Polls“ dienen in erster Linie dazu, dass schon unmittelbar nach Schließung der Wahllokale in ARD und ZDF Prognosen und Hochrechnungen veröffentlich werden können. In der Tat wäre ein vorzeitiges Bekanntwerden dieser Ergebnisse ein eklatanter Verstoß gegen das Bundeswahlgesetz. Mit dem Veröffentlichungsverbot vor 18.00 Uhr soll vor allem eine Beeinflussung des Wählerverhaltens verhindert werden. Dabei wäre es unerheblich, ob eine solche Veröffentlichung über Twitter, E-Mail oder eine Agenturmeldung erfolgen würde. Ich würde dieser Sache in jedem Fall nachgehen und könnte gegebenenfalls Bußgelder bis zu 50 000 Euro verhängen. Ich habe allerdings keine Veranlassung zu glauben, dass dies notwendig sein wird. Die „Exit Polls“ werden schon seit vielen Jahren durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass die Wahlforschungsinstitute sehr verantwortungsbewusst mit ihren Daten umgehen. Eine undichte Stelle würde – abgesehen von den Folgen eines drohenden Ordnungswidrigkeitsverfahrens – in erster Linie den Instituten selbst schaden. Der Gesetzgeber könnte sich nämlich dann veranlasst sehen, grundsätzlich neu über Wählerbefragungen am Wahltag nachzudenken. 

> dbb magazin | September 2009

5 interview

Deutschland teilgenommen haben. Bei Bundestagswahlen sieht dies jedoch anders aus: Zwar beteiligen sich in diesem Jahr insgesamt 28 Parteien mit Wahlvorschlägen für Landeslisten oder Direktkandidaten in den Wahlkreisen an der Bundestagswahl. Diese Zahl liegt jedoch im Bereich der Zahl der Parteien, die bei den letzten Bundestagswahlen mit eigenen Wahlvorschlägen angetreten sind: 2005 beteiligten sich 31 Parteien, 2002 wie in diesem Jahr 28 Parteien.

dbb > aktuell

Konsequenzen aus der Finanzkrise ziehen:

Starker Staat mit klareren Zuständigkeiten Der dbb setzt sich für einen „starken Staat mit effizienteren Strukturen und klareren Zuständigkeiten als heute“ ein. Diese Konsequenz müsse aus der Finanz- und Wirt-

schaftskrise gezogen werden, sagte der Bundesvorsitzende Peter Heesen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Ausgabe vom 18. August 2009). „War es nicht so, dass Vertreter der Wirtschaft noch kürzlich davon geredet haben, dass der Staat keine Aufgaben mehr wahrnehmen dürfe, bei denen Geld verdient wird? Heute werden Entstaatlichungen rückgängig gemacht“, stellte Heesen klar und verwies auf entsprechende Entwicklungen bei Bundesdruckerei, Flugsicherungsunternehmen und vielen kommunalen Müllentsorgern. Im Fall der Bahn seien sogar ganze Börsengang-Pläne in der Schublade verschwunden.

Foto: Deutscher Bundestag

berufspolitik

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„In vielen Bereichen haben wir die Erfahrung machen müssen, dass Privat ohne Staat nicht funktioniert. Wo private Verantwortung gilt und weiter gelten soll, brauchen wir ein stärkeres, besser funktionierendes staatliches Regelungsgerüst.“

ke sich darauf, „Informationsverpflichtungen für die Wirtschaft zu reduzieren. Das ist gut und schön. Aber wo sind die Leuchttürme für die Bürger? Wo hat der Bürger das Gefühl, dass er von Verwaltungsvereinfachung profitiert?“

Bei der Verwaltungsvereinfachung seien „noch eine Menge Hausarbeiten zu erledigen“, sagte der dbb Chef. So seien die differenzierten Zuständigkeiten der Bundes und der Länder bei der inneren Sicherheit sehr zeit- und kostenaufwändig. Enttäuscht zeigte sich Heesen von der Arbeit der Deregulierungskommission. Diese beschrän-

Wirtschaftsvertreter, die die Gewerkschaften auffordern, Verantwortung nicht nur für die Mitglieder, sondern für die ganze Gesellschaft zu tragen, hielten sich selbst immer weniger daran. „Das ein bisschen in Ordnung zu bringen, wäre ordnungspolitisch die richtige Antwort auf die Krise“, zeigte sich der dbb Chef überzeugt.

> dbb magazin | September 2009

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Vertrauen in den Staat wächst

„Die Deutschen möchten wieder die Sicherheit, die der Staat vermittelt“, sagte Heesen am 1. August 2009 in der „Westfälischen Allgemeinen Zeitung“. >

Deutschland habe den öffentlichen Dienst „ zu klein gespart“, ist Heesen überzeugt. 11,2 Prozent der Beschäftigten arbeiteten beim Staat, in den USA seien es 16 Prozent, in Skandinavien jeder Dritte: Auch deshalb werde der dbb entschieden Widerstand leisten, „wenn einige Bundesländer jetzt noch Gefängnisse privatisieren wollen oder die Gerichtsvollzieher.“ 

Info

Neue Infos zum Besoldungsrecht des Bundes Mit einem Faltblatt zur Überleitung von Versorgungsempfängern des Bundes im Rahmen des DNeuG setzt der dbb seine Info-Reihe „Besoldung und Versorgung kompakt“ zu den wesentlichen Neuregelungen im Besoldungsrecht des Bundes ab 1. Juli 2009 fort. Weitere Kurzinfos sind bereits zu den Themen „Die wichtigsten Neuregelungen im Besoldungsrecht des Bundes“ und „Die Überleitung von Beamten, Richter und Soldaten in das neue Besoldungsrecht“ erschienen. Die Faltblätter können im Internet unter www.dbb.de heruntergeladen werden. 

dbb > aktuell

dbb Kritik an zu Guttenberg:

Klare Grenzen ziehen Der dbb hat das Bundeswirtschaftsministerium wegen des Gesetzentwurf-Auftrags an eine Anwaltskanzlei gerügt. „Herr zu Guttenberg hat da eine Grenze überschritten“, sagte dbb Chef Peter Heesen der „Hannoverschen Allgemeinen“ (Ausgabe vom 14. August 2009). „Wenn dieser Trend anhält, verschiebt sich etwas im Staatsaufbau.“ Der dbb Chef hält den Bereich für regelungsbedürftig. Heesen: „Es muss eine klare Grenze geben. Externe dürfen nur beratende Funktion haben.“ Besorgt äußerte sich der dbb Bundesvorsitzende auch gegenüber sueddeutsche.de (14. August 2009). „Wir sollten jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern uns mit der Frage beschäftigen, ob so das Modell der Zukunft aussieht. Von mir ein klares Nein dazu.“ Die Kompetenz der Beamten zum Erarbeiten von Gesetzentwürfen sei vollumfänglich vorhanden. Allerdings habe der Personalabbau in den Bundesministerien seit Mitte der 1990er Jahre um jährlich 1,5 Prozent zur Folge, „dass der Bund bei der Neubesetzung von Stellen sehr eingeschränkt ist und bestimmte Berufsbereiche, die viel stärker vertreten sein müssten, unterrepräsentiert sind. Dazu zähle ich die Volks- und Betriebswirtschaftler und auch die Wirtschaftsjuristen. Das ist eine Sünde der Vergangenheit, die sich jetzt rächt“, so Heesen auf sueddeutsche.de. Zudem wisse auch die Bundesregierung, dass Anwaltskanzleien nicht von den Aufträgen der öffentlichen

Hand, sondern von großen Wirtschaftsunternehmen leben. „Diese Anwälte sind somit auch Interessenvertreter – und eben nicht unabhängig wie ein Beamter in einem Ministerium.“ Wenn wegen der sich rasch ändernden Regelungsgebiete externer Sachverstand zu Rate gezogen werden müsse, sollte man verschiedene Seiten hören, so Heesen in der „Hannoverschen Allgemeinen“. Mit Blick auf die Einkommensunterschiede zur Wirtschaft erneuerte Heesen die dbb Forderung, den öffentlichen Dienst stärker zu öffnen. So sollten langjährige Beamte aussteigen können, ohne auf ihre Versorgungsansprüche verzichten zu müssen, und für Interessenten mit Erfahrungen in der freien Wirtschaft der Seiteneinstieg erleichtert werden. „Wenn wir gut aufgestellte Ministerien haben wollen, dann müssen wir uns das auch etwas kosten lassen, statt das Geld externen Kanzleien zu geben“, so Heesen. 

> dbb magazin | September 2009

dbb > aktuell

Einkommenspolitik:

Keine Nullrunden im öffentlichen Dienst

kompakt

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Der dbb Chef hatte Vorschläge des Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung (IfW) bereits am 8. August 2009 in der „BILD“-Zeitung abgelehnt, wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise zwischen 2011 und

2013 auf jede Einkommenserhöhung im öffentlichen Dienst zu verzichten. Er warnte vor den Konsequenzen eines solchen Kurses. „Der öffentliche Dienst darf nicht weiter kaputt gespart werden. Es kann nicht

EuGH-Entscheidung:

Urlaub bleibt erhalten Erholungsurlaub, der wegen Krankheit nicht in Anspruch genommen werden konnte, erlischt nicht. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 20. Januar 2009 haben die Mitgliedsstaaten dafür zu sorgen, dass jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen erhält. Zwar seien nationale Regelungen, die den Verlust des Urlaubsanspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeit-

> dbb magazin | September 2009

raums beinhalten, nicht grundsätzlich zu beanstanden, sie dürften allerdings nur dann gelten, wenn der Beschäftigte seinen Urlaubsanspruch auch tat-

Foto: Vincent Mosch

Der öffentliche Dienst besteht auf Einkommenssteigerungen. Das hat der dbb Bundesvorsitzende Peter Heesen im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Ausgabe vom 12. August 2009) noch einmal unterstrichen. „Nullrunden sind nicht die richtige Antwort“, sagte Heesen mit Blick auf die defizitären öffentlichen Kassen.

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dbb Bundesvorsitzender Peter Heesen

sächlich nutzen konnte. Bei längerfristiger Krankschreibung bestehe diese Möglichkeit jedoch nicht. Die Mitgliedsstaaten dürften in einer solchen Situation das Erlöschen des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub nicht vorsehen. Bisher haben die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen vorgesehen, dass Urlaub, der nicht innerhalb eines festgelegten Zeitraums nach dem Ende des Urlaubsjahres genommen werden konnte, unabhängig von dem dafür maßgeblichen Grund verfällt. >

dbb Initiative

Der dbb hat das für den Bereich der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten zuständige Bundesministerium des Innern aufgefordert, die entsprechenden Vorschriften der EUrlV an die Rechtsprechung des EuGH anzupassen. Eine aktuelle Neufassung der Erho-

sein, dass Bankerboni finanziert werden, indem unsere Beschäftigten Nullrunden schieben“, sagte er. Peter Heesen warnte die Politiker davor, „Wirtschaftswissenschaftlern“ zu folgen, die zur Konsolidierung der Staatsfinanzen auf Einkommensnullrunden und weitere Privatisierung staatlicher Leistungen setzen. Diese Vorschläge gefährdeten die Leistungsfähigkeit und die Attraktivität der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Heesen: „Durch die Lohnpausen der Vergangenheit können unsere Gehälter schon jetzt nicht mehr mit denen aus der Privatwirtschaft konkurrieren. Das verschärft den bestehenden Mangel an Fachkräften wie Lehrern, Lebensmittelkontrolleuren oder Steuerprüfern nur noch weiter.“ 

lungsurlaubsverordnung des Bundes sieht jetzt vor, dass wegen vorübergehender Dienstunfähigkeit nicht in Anspruch genommener Urlaub bis zum Ablauf des auf das Ende der Erkrankung folgenden Jahres genommen werden kann. Entsprechendes soll für Urlaubsansprüche gelten, die erst während der Erkrankung entstanden sind. Die Übertragung beschränkt sich dabei nicht auf den Mindesturlaubsanspruch nach der EU-Arbeitszeitrichtlinie, sondern erstreckt sich auf den gesamten Urlaubsanspruch. Eine Abgeltung von Urlaubsansprüchen bleibt ausgeschlossen. Der dbb bewertete diese Anpassung grundsätzlich positiv, hat aber darauf hingewiesen, dass in den Fällen, in denen eine Rückkehr in das aktive Beschäftigungsverhältnis nicht mehr möglich ist, noch eine systemgerechte Lösung gefunden werden müsse. 

dbb > aktuell

Sozial- und Erziehungsdienst:

Tarifeinigung Seit Januar 2009 hat die dbb tarifunion mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über die Neueingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst und über einen besseren Gesundheitsschutz verhandelt. Nach einem halben Jahr zäher Verhandlungen und nach wochenlangen Streiks der Beschäftigten kam es am 27. Juli 2009 in Frankfurt am Main in der achten Verhandlungsrunde zu einer Tarifeinigung.

tarifpolitik

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Neue Entgelttabelle

Die rund 225 000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst erhalten ab dem 1. November 2009 eine eigene Entgelttabelle als Anlage C zum TVöD. Die rund 45 Tätigkeitsgruppen des Sozial- und Erziehungsdienstes sind nun in 16 Entgeltgruppen (S 3 bis S 18) mit jeweils sechs Entwicklungsstufen untergebracht, wobei die Verweildauer in den Entwicklungsstufen sich zum Teil von der Stufenlaufzeit in der TVöD-Tabelle unterscheidet. Mit der neuen einheitlichen Tabelle für Neu- und Altbeschäftigte ist die bisherige Zweiteilung innerhalb der Berufsgruppen endlich aufgehoben. Insbesondere die nach Oktober 2005 eingestellten Kolleginnen und Kollegen bekamen bislang weniger Geld und können nun mit

deutlichen Zuwächsen nach der neuen Entgelttabelle rechnen. Für die Altbeschäftigten wurde eine Bestandsgarantie vereinbart, sodass kein Beschäftigter Verluste bei der Umstellung zu befürchten hat. Aufgrund der unterschiedlichen Bezahlungsstrukturen aus dem früheren BAT und dem TVöD ist die Überleitung in die neue Entgelttabelle äußerst komplex und einzelfallbezogen. Doch eins steht jetzt schon fest: Über das Berufsleben betrachtet, verzeichnen alle Beschäftigte eine Einkommensverbesserung. „Insgesamt konnte eine Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst erreicht werden. Und das war unser Ziel“, kommentiert Willi Russ, Verhandlungsführer und 2. Vorsitzender der dbb tarifunion den Kompromiss.

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Eingruppierung

Bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhangs der Anlage C zum TVöD. Diese sind mit den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1a BAT für die „Angestellten im Sozial- und Erziehungsdienst“ identisch. Neu formuliert wurde nur das Tätigkeitsmerkmal für Sozialarbeiter und Sozialpädagogen mit besonderer Garantenstellung, da hier dringender Bedarf bestand. >

Gesundheitsschutz

Ein Novum im Tarifrecht sind die Regelungen zum Gesundheitsschutz, welche ein integrativer Bestandteil des Besonderen Teils Verwaltung (BT-V) und des Besonderen Teils Pflege- und Betreuungseinrichtungen (BT-B) des TVöD werden. Diese gehen über die bestehenden gesetzlichen Schutzvorschriften hinaus und ermöglichen eine direkte Partizipation der Beschäftigten. Sie haben nun zum ersten Mal einen individuellen Anspruch auf eine Gefährdungsanalyse und werden in die Durchführung ihrer Gefährdungsbeurteilung einbezogen. Der Arbeitgeber muss die Beschäftigten über das Ergebnis der Gefährdungsanalyse informieren und ihnen geeignete Maßnahmen vorschlagen. Im Falle, dass die betroffenen Beschäftigten mit den vorgesehenen Maßnahmen nicht einverstanden sind und diesen widersprechen, befasst >

sich eine betriebliche Kommission mit dem Anliegen. Diese wird paritätisch von Seiten des Arbeitgebers und der Arbeitnehmerschaft besetzt. Als weiteres Instrument zum Gesundheitsschutz haben die Tarifparteien die Einrichtung von Gesundheitszirkeln vereinbart. Ihre Aufgabe ist es, Belastungen am Arbeitsplatz und deren Ursachen zu analysieren und Lösungsansätze zur Verbesserung der Arbeitssituation zu erarbeiten. Das ursprüngliche Ziel, für alle Berufsgruppen generell verbesserte Höhergruppierungen zu erreichen, konnte aufgrund der monatelangen Blockadehaltung der Arbeitgeber und der wirtschaftlich schwierigen Situation nicht erreicht werden. Trotzdem ist es der dbb tarifunion gelungen, eine Entgeltsteigerung für alle Berufsgruppen zu erreichen. Im stark belasteten Berufsfeld der Erzieherinnen konnten zum Beispiel Einkommensverbesserungen von bis zu zehn Prozent durchgesetzt werden. Für besonders belastete Berufsgruppen ist das ein handfester materieller Fortschritt. Besonders erfreulich ist, dass nun auch eine Aufwertung eines typischen Frauenberufes erreicht wurde. Die Redaktionsverhandlungen zur Vereinbarung der notwendigen Änderungstarifverträge zum TVöD und TVÜ-VKA werden voraussichtlich ab Ende August stattfinden. Die neuen Regelungen treten am 1. November 2009 in Kraft. ac

Info

Einige Beispiele der neuen Eingruppierung: – S 3 Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger (1 750 Euro bis 2 320 Euro) – S 6 Erzieherinnen und Erzieher in Normaltätigkeit (2 040 Euro bis 2 864 Euro) – S 8 Erzieherinnen und Erzieher mit besonders schwieriger fachlicher Tätigkeit (2 140 Euro bis 3 250 Euro) – S 12 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter mit schwieriger Tätigkeit (2 400 Euro bis 3 470 Euro) – S 14 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter mit Garantenstellung (2 500 Euro bis 3 575 Euro) – S 16 Leiterinnen und Leiter von KiTas ab 130 Plätze (2 630 Euro bis 3 880 Euro)

> dbb magazin | September 2009



dbb > aktuell

Nachgefragt … … bei Frank Stöhr, 1. Vorsitzender der dbb tarifunion

Foto: Marco Urban

dbb magazin: Der Abschluss im Sozial- und Erziehungsdienst ist jetzt etwa einen Monat alt. Ist er von den Beschäftigten als Erfolg angenommen worden?

tarifpolitik

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Frank Stöhr: Wir haben einen tragfähigen Abschluss erzielt. Aber seine Darstellung ist zugegebenermaßen recht kompliziert. Es sind drei Aspekte, die den Abschluss gut erscheinen lassen. Erstens: Wir haben die materielle Situation vieler Kolleginnen und Kollegen konkret und spürbar verbessert – und das in wirtschaftlich schwieriger Zeit. Zweitens ist es uns gelungen, das Berufsbild der Kolleginnen und Kollegen im Sozial- und Erziehungsdienst in der Gesellschaft aufzuwerten. Auch das bedeutet den Betroffenen viel. Die Lücke zwischen dem gesellschaftlichen Wert dieser Arbeit und der konkreten finanziellen Anerkennung haben wir in vielen Bereichen deutlich verringert. Drittens: Schließlich haben die Beschäftigen gespürt, dass zwischen ihrem Engagement und dem Tarifergebnis ein direkter Zusammenhang besteht. dbb magazin: Sie selbst erwähnten die Kompliziertheit des Abschlusses. Haben sich die Tarifpartner mit diesem Abschluss vom Ziel, einen transparenten Tariftisch zu schaffen, verabschiedet? Frank Stöhr: Nein, sicher nicht. Dass der Abschluss kompliziert ist und sich nicht so ohne weiteres ins TVöD-Gefüge einpasst, ist unbestritten. Aber seien Sie sicher, dass sowohl Gewerkschaften als auch die Arbeitgeber aus diesem Tarifkompromiss für ihr gemeinsames strukturelles Vorgehen in der Zukunft einiges mitnehmen werden. dbb magazin: Wie sieht denn diese Zukunft im Tarifbereich aus? Frank Stöhr: Mit dem hier besprochenen Abschluss haben wir den Einstieg in eine verbesserte Eingruppierung geschafft. Im Bereich der Länder werden wir jetzt im September mit den Eingruppierungsverhandlungen beginnen und die Einkommensrunde 2010 mit Bund und Kommunen steht dann auch schon wieder vor der Tür. Auf der Sitzung unserer Bundestarifkommission am 16. September 2009 werden wir die innergewerkschaftliche Diskussion über Strategie und Ziele bei dieser schwierigen Runde eröffnen. 

> dbb magazin | September 2009

Migration:

Bildung ist Schlüssel zur Integration Die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Astrid Hollmann fordert eine bessere Bildungsqualität als „A und O“ für die erfolgreiche Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

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Wenn Kinder aus Migrantenfamilien Probleme mit der deutschen Sprache haben, sind Ausgrenzung und schlechte Bildungschancen vorprogrammiert. Nur gezielte Förderung kann diese Probleme lösen.

Hollmann sagte in der „Nordsee-Zeitung“ vom 8. Juli 2009: „Es mangelt vor allem bei der frühkindlichen sprachlichen Bildung. Und Sprachbildung ist der Schlüssel zu einer guten Integration.“ Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland bis 2013 nur jedes dritte Kind einen Anspruch auf einen Kita-Platz habe, gebe es „in diesem Bereich sicher Defizite“. Hollmann: „Ohne Sprachkenntnisse ist keine gute Bildung möglich, ohne gute Bildung keine gute Ausbildung, ohne Ausbildung gibt es keine Chance auf einen Beruf. Das

betrifft leider viel zu viele Jugendliche mit Migrationshintergrund.“ Gebraucht würden also mehr Kita-Plätze. Wünschenswert seien mehr Lehrer und auch mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst. Bürger mit Migrationshintergrund, die in die Ämter kommen, „sollen den öffentlichen Dienst nicht mehr als eine Bastion des Fremden empfinden. Und das funktioniert nur, wenn wir mehr Menschen einstellen, die einen Migrationshintergrund haben. Denn sie haben damit eine ganz besondere Qualifikation.“ 

dbb > aktuell

Wahlprüfsteine Die Antworten der im Bundestag vertretenen Parteien auf die Wahlprüfsteine des dbb sind ausführlich und facettenreich ausgefallen. Sie im kompletten Wortlaut wiederzugeben, hätte den Umfang dieses Heftes gesprengt. Die Kernaussagen lesen Sie deshalb zur schnellen Information auf den folgenden Seiten. Die Langfassungen finden Sie auf der dbb Homepage unter www.dbb.de Welche Rolle spielt nach Ihren Vorstellungen der öffentliche Dienst in Deutschland und welche Zukunft messen Sie ihm bei?

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SPD: Die SPD will einen handlungsfähigen Staat, der den Bürgern Sicherheit bietet und eine starke öffentliche Daseinsvorsorge garantiert. Dabei wissen wir, ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst ist die Voraussetzung für eine verlässliche öffentliche Infrastruktur und die öffentliche Daseinsvorsorge. Wir treten dafür ein, dass der Staat hierfür die erforderlichen Mittel bekommt. Wir brauchen verlässliche Einnahmen und konsolidierte Finanzen.

CDU/CSU: Wir sind der Überzeugung, dass sich der öffentliche Dienst und das Berufsbeamtentum bewährt haben. Das Berufsbeamtentum bleibt für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben unverzichtbar. Zugleich heben wir hervor, dass die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst und das Beamtenrecht im Gleichklang weiterzuentwickeln sind. Bündnis 90/Die Grünen: Kernaufgaben des Staates wie innere und äußere Sicherheit, Gesundheitsvorsorge und Bildung sind ohne den öffentlichen Dienst nicht zu bewältigen. Der öffentliche Dienst muss an die aktuellen Herausfor-

derungen unserer Gesellschaft angepasst werden. Auch die öffentliche Infrastruktur muss langfristig verbessert werden.

FDP: Der öffentliche Dienst ist ein Standort- und Wettbewerbsvorteil Deutschlands im internationalen Wettbewerb. Der öffentliche Dienst wird unverändert gebraucht. Dabei muss er fortlaufend an die sich ändernden Bedingungen angepasst werden. Die FDP spricht sich für eine Konzentration des Berufsbeamtentums auf Kernaufgaben aus. Beamte werden vor allem dann gebraucht, wenn es in besonderer Weise auf Unabhängigkeit ankommt, beispielsweise bei der Wahrnehmung von Leitungs-, Steuerungs- und Vollzugsfunktionen.

Die Linke: DIE LINKE fordert explizit, den öffentlichen Dienst deutlich zu stärken und erheblich auszuweiten. Von 2009 an wollen wir ein jährliches öffentliches Investitionsprogramm in Höhe von 100 Milliarden Euro, die für Bildung, Klimaschutz, Verkehr, Gesundheit und eine Energiewende verwendet werden. Davon müssen im Rahmen eines nationalen Bildungspaktes jährlich rund 18 Milliarden Euro mehr von Bund und Ländern in Bildung investiert werden. Zusammen sollen so zwei Millionen zusätzliche, nach Tarif bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden, davon eine Million bei öffentlichen Dienstleistungen.

Welche Bedeutung hat der öffentliche Dienst für die Funktionsfähigkeit von Staat und Gesellschaft?

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SPD: Der öffentliche Dienst in Deutschland im Allgemeinen und das Berufsbeamtentum im Speziellen ist für die SPD im Hinblick auf Stabilität, Loyalität und Leistungsfähigkeit unverzichtbar.

CDU/CSU: Dem öffentlichen Dienst ist für die Funktionsfähigkeit unseres Staates und unseres Gemeinwesens eine Schlüsselfunktion beizumessen. Er ist die Voraussetzung für eine verlässliche öffentliche Infrastruktur. Deutschlands öffentliche Verwaltung ist ein wichtiger Standortvorteil. Durch die Unabhängigkeit des öffentlichen Dienstes und seine alleinige Verpflichtung gegenüber Recht und Gesetz wird sichergestellt, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen gleichberechtigten Zugang zu den staatlichen Dienstleistungen, zu Bildung, Sicherheit und der Gesundheitsversorgung haben. > dbb magazin | September 2009

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Bundestagswahl 2009:

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Bündnis 90/Die Grünen: Wir sind der Auffassung, dass zentrale öffentliche Güter und Dienstleistungen wie zum Beispiel Bildung, soziale Sicherheit und Gesundheitsvorsorge allen BürgerInnen unabhängig von ihrer sozialen und ökonomischen Lage zugänglich sein müssen. Dafür nimmt der öffentliche Dienst eine wichtige Rolle ein. Gerade im bildungspolitischen Bereich ist der öffentliche Dienst von besonderer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit von Staat und Gesellschaft. Deswegen wollen wir in den nächsten vier Jahren circa 185 000 neue Erzieherinnen, Fach- und Lehrkräfte einstellen. Darüber hinaus muss die Erfüllung der Kernaufgaben des Staates immer gesichert sein.

FDP: Ein funktionsfähiger öffentlicher

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Dienst ist eine wichtige Säule unseres demokratischen Rechtsstaats. Im Bereich des Berufsbeamtentums kommen weitere Vorteile, wie das Streikverbot oder die breite Einsetzbarkeit sowie die Regelung der Beschäftigungsbedingungen durch Gesetz hinzu. Auch bei dem Bemühen, die Konjunktur zu stabilisieren und einen Absturz der Wirtschaft in Folge der Finanzkrise zu verhindern, kommt dem öffentlichen Dienst eine besondere Bedeutung zu, wenn es beispielsweise darum geht, Planungsrecht zu schaffen, um Infrastrukturvorhaben oder sonstige öffentliche Investitionen kurzfristig zu realisieren.

Die Linke: Für DIE LINKE gehört ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst zu den wichtigsten Standortfaktoren. Wir wollen den öffentlichen Sektor ausbauen. Bei der Modernisierung des öffentlichen Dienstes sind soziale Sicherheit und Mitspracherechte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes (zu) gewährleisten, in einem neuen Dienstrecht das Beamtentum auf die unmittelbaren Hoheitsbereiche staatlicher Tätigkeit (zu) beschränken. Der öffentliche Dienst muss sich dem demografischen Wandel ebenso stellen wie andere gesellschaftliche Bereiche. Welche Maßnahmen sind aus ihrer Sicht notwendig, um qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen und zu fördern?

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Wahlprüfsteine rung führen, sofern nicht gegengesteuert wird. Die SPD tritt daher für einen modernen und attraktiven öffentlichen Dienst ein, der sowohl bezüglich Bezahlung als auch Ausstattung mit Arbeitsplätzen in der Wirtschaft mithalten kann. Für die Tarifbeschäftigten des Bundes stehen zum Jahresende Tarifverhandlungen an, denen nicht vorgegriffen werden kann. Deren Ergebnis wollen wir auf die Beamtenbesoldung übertragen. Die Einkommen im Bundesdienst stehen nicht für unrealistische Steuersenkungspläne zur Verfügung. Durch das neue Bundesbesoldungsrecht werden – ähnlich dem Tarifrecht – die Erfahrungsstufen schneller durchlaufen und damit die Endgrundgehälter früher als bisher erreicht. Leider war es in dieser Wahlperiode noch nicht möglich, die Mitnahmefähigkeit der Bundesbeamtenversorgung – ähnlich der Unverfallbarkeit von Betriebsrenten – zu regeln.

CDU/CSU: Ziel von CDU und CSU bleibt es, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu sichern und seine Konkurrenzfähigkeit im Wettbewerb um qualifizierte und leistungsbereite Nachwuchskräfte kontinuierlich zu stärken. Dafür sollen die Beschäftigungsbedingungen weiter flexibilisiert sowie Mobilität und Veränderungsbereitschaft der Beschäftigten gestärkt werden. Um bei den begrenzten Ressourcen überdurchschnittliches Engagement und herausragende Leistungen anzuerkennen und besonders zu fördern, sollen künftig individuelle Anreize stärker ausgebaut und weitere Perspektiven für qualifizierte Beamtinnen und Beamte eröffnet werden. Bündnis 90/Die Grünen: Wir setzen uns für faire Einstiegsgehälter, eine qualifizierte Aus- und Fortbildung, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und die Förderung von Frauen ein. Dem sich bereits abzeichnenden Fachkräftemangel sowohl im Bildungs- als auch im Technikbereich wollen wir durch Attraktivitätsprogramme begegnen.

FDP: Der öffentliche Dienst muss im WettSPD: Die demografischen Veränderungen werden Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben. Auch für den öffentlichen Dienst wird dies zu einer schwierigeren Nachwuchsgewinnung sowie zur Überalte-

> dbb magazin | September 2009

bewerb um qualifizierten Nachwuchs bestehen können. Die FDP lehnt Sonderopfer zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte ab. Hier müssten kurzfristige Einspareffekte mittel- und langfristig teuer bezahlt

werden. Schon heute ist festzustellen, dass es in bestimmten Teilbereichen, beispielsweise in der technischen Verwaltung, zunehmend schwieriger wird, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Die FDP plädiert für ein Bezahlungssystem, das auch regional-, arbeitsmarkt-, berufsgruppen- und aufgabenbezogene Differenzierungen ermöglicht. Darüber hinaus ist der Leistungsgedanke weiter zu stärken. Eine weitere Maßnahme ist die Erleichterung des Personalaustausches zwischen öffentlichem Dienst und freier Wirtschaft. So würde die mitnahmefähige Ausgestaltung der Versorgung die Attraktivität einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst erhöhen.

Die Linke: Der drohende Fachkräftemangel ist vor allem die Folge einer verfehlten Bildungspolitik. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass flächendeckend Gemeinschaftsschulen geschaffen werden. Wir wollen eine Ausbildungsumlage einführen. Der Hochschulpakt muss aufgestockt werden. Nicht zuletzt müssen die öffentlich Hand, die Arbeitsagenturen, aber auch die Unternehmen mehr in Weiterbildung investieren. Wir brauchen einen nationalen Bildungspakt, der garantiert, dass die öffentlichen Bildungsausgaben auf mindestens sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Die Föderalismusreform I liegt drei Jahre zurück. Dabei wurden viele Kompetenzen auf die Länder übertragen – so unter anderem im Laufbahn- und Besoldungsrecht. Wie bewerten Sie die Ergebnisse? Sehen Sie Korrekturbedarf?

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SPD: Bezüglich des Beamtenrechts hat der Bund heute keine Rahmengesetzgebungskompetenz mehr beziehungsweise sie wurde in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz überführt. Der SPD war es bei den Verhandlungen wichtig, dass zur Sicherstellung der Mobilität, etwa bei Dienstherrenwechsel der Beamtinnen und Beamten, der Beamtenstatus als solcher weiterhin bundeseinheitlich geregelt bleibt. Das haben wir erreicht. Die zurzeit zu beobachtende einsetzende Divergenz im Bereich der Besoldung in den Ländern, sehen wir mit Sorge. Wir wollen, dass im Sinne der Gleichwertigkeit der Lebens- und Arbeits-

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gen den so genannten Wettbewerbs-Föderalismus. Die erste Stufe der Föderalismusreform hat die kooperativen Strukturen im Bundesstaat ebenso geschwächt wie das Prinzip der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Das kommt auch in der Zersplitterung der Beamtenbesoldung zum Ausdruck. Auch beim Laufbahnrecht herrscht Kleinstaaterei.

CDU/CSU: Die Übertragung der Kompetenzen für Besoldung, Versorgung und Laufbahnrecht auf die Länder war ein ausdrücklicher Wunsch der Länder, deren Personalkosten einen erheblichen Anteil der Landeshaushalte bilden. Mit der Neuordnung der Kompetenzen sind die Entscheidungsebenen entflochten, Verantwortungs- und Gestaltungskompetenz sind zusammengeführt worden. Seither ist die allgemeine lineare Besoldungsentwicklung in Bund und Ländern in etwa gleichgerichtet verlaufen. Soweit relevante Unterschiede bestehen, resultieren diese hauptsächlich aus der Wahrnehmung von bereits früher bestehenden Entscheidungsspielräumen.

Welche Maßnahmen planen Sie, um die Alterssicherungssysteme der Beamten und der gesetzlich Versicherten mittel- und langfristig stabil und leistungsfähig zu erhalten?

Bündnis 90/Die Grünen: Wir gehen nicht davon aus, dass die Ergebnisse der Föderalismusreform I zurückgenommen werden. Die Zersplitterung des öffentlichen Dienstrechtes behindert den flexiblen Wechsel zwischen den Staatsebenen. Wir setzen uns für gemeinsame Standards im Beamtenrecht, die Beibehaltung der Tarifunion der Länder, die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen und die Mitnahmefähigkeit von Versorgungsansprüchen ein. Grünes Ziel ist ein möglichst einheitliches öffentliches Dienstrecht.

FDP: Die FDP-Bundestagsfraktion hat die Föderalismusreform I mehrheitlich sehr kritisch gesehen. Ein ganz wesentlicher Grund war die Föderalisierung des Besoldungs-, Versorgungs- und Laufbahnrechts mit der Gefahr entsprechend negativer Auswirkungen auf die Mobilität des beamteten Personals und die Gewährleistung gleicher rechtsstaatlicher Standards in allen Teilen der Bundesrepublik. Sollte ein weiteres Auseinanderfallen der Beschäftigungsbedingungen der Beamten in Bund, Ländern und Gemeinden festzustellen sein, stellte sich die Frage nach gesetzgeberischem Korrekturbedarf.

Die Linke: DIE LINKE hat die Föderalismusreform I von Anfang an kritisch begleitet und die Reform abgelehnt. Wir sind ge-

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SPD: Die SPD steht für ein nachhaltig gesichertes Alterssicherungssystem für Beamtinnen und Beamte. Hierzu haben wir mit dem Versorgungsfonds dafür gesorgt, dass erstmals Rückstellungen des Bundes erfolgen, um die späteren Pensionsansprüche seiner neu eingestellten Beamtinnen und Beamte nachhaltig absichern zu können. Damit für Arbeitnehmer auch in Zukunft der Lebensstandard im Alter erhalten werden kann, wollen wir mit dem Ausbau der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung schrittweise allen Bürgerinnen und Bürgern Schutz durch die gesetzliche Rentenversicherung geben. Die Einführung einer Erwerbstätigenversichrung führt zu mehr Gerechtigkeit und finanzieller Stabilität und ermöglicht den besseren Wechsel zwischen unterschiedlichen Erwerbsformen.

CDU/CSU: Die Grundpfeiler jeder zukunftssicheren Alterssicherung bleiben Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit der Finanzierung. Deshalb wollen CDU und CSU den bewährten Weg fortsetzen, die Finanzie-

rungsgrundlagen der Beamtenversorgung langfristig zu sichern. Mit der Errichtung des Versorgungsfonds haben wir die Finanzierung der Beamten- und Soldatenversorgung für Neueinstellungen auf eine vollständige Kapitaldeckung umgestellt. Die finanziellen Lasten werden nicht mehr der nachfolgenden Generation aufgebürdet, sondern der Periode zugeordnet, in der sie begründet werden. Für die weitere Anpassung der Beamtenversorgung wird vor allem die allgemeine Entwicklung der Alterssicherungssysteme und die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen sein.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir sind stets für die wirkungsgleiche Übertragung des Rentenrechtes auf die Pensionsansprüche der Beamtinnen und Beamten. Durch Lebensarbeitszeitkonten wollen wir einen flexiblen Übergang in den Ruhestand. Damit auch die Versorgungsansprüche sicher sind, fordern wir die Einrichtung von kostendeckenden Pensionsfonds.

FDP: Die FDP bekennt sich zur Eigenständigkeit der jeweiligen Alterssicherungssysteme. Unabhängig davon sind in der Beamtenversorgung des Bundes, soweit nötig und möglich, Weiterentwicklungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zu übernehmen. Mit dem Versorgungsfonds und der Versorgungsrücklage des Bundes sind die Voraussetzungen für eine langfristige Absicherung der Pensionen geschaffen worden.

Die Linke: Die gesetzliche Rentenversicherung soll zu einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung umgebaut werden, in die auch Selbstständige, Beamtinnen und Beamte, Politikerinnen und Politiker einzahlen. Die Dämpfungsfaktoren müssen wieder aus der Rentenformel herausgenommen werden. Entsprechend sind auch die Kürzungen bei der Beamtenversorgung zu revidieren. Die Rente ab 67 lehnen wir ab.

Welchen Reformbedarf sehen Sie im Krankenversicherungsbereich? Welche Rolle spielt dabei die private Krankenversicherung inklusive des Beihilfesystems der Beamten?

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SPD: Unser Ziel ist die Bürgerversicherung, die alle Bürgerinnen und Bürger einbezieht, langfristig alle Einkommen zur Finanzierung der Gesundheitsaufgaben heranzieht

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verhältnisse keine Zersplitterung der Besoldungsgefüge eintritt. Sollten sich insbesondere nicht hinzunehmende Übervorteilungen der finanzschwächeren Bundesländer bezüglich der Beamtenbesoldung und -versorgung zeigen, so werden wir hier die geeigneten Maßnahmen ergreifen. Wir wollen keinen ungezügelten Wettbewerbsföderalismus der Bundesländer auf Kosten der Beamtinnen und Beamten!

dbb > aktuell

und den Steueranteil für die gesetzliche Krankenversicherung erhöht. Kurzfristig wollen wir im Rahmen des Gesundheitsfonds den neuen Risikoausgleich, der die unterschiedlichen Krankheitsrisiken berücksichtigt, („morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich“) weiterentwickeln und die private Krankenversicherung einbeziehen. In ihrem Konzept zur Bürgerversicherung von 2004 hat die SPD ein Bürgerversicherungsmodell entworfen, in der alle Bürgerinnen und Bürger in einem einheitlichen Bürgerversicherungstarif versichert sind. Dieser soll unabhängig vom Geschäftsmodell der Krankenversicherer angeboten werden. Für Bestandsversicherte in der PKV müssen Vertrauensschutz und/oder Übergangsregelungen geschaffen werden, die ihre Eigentumsrechte nicht verletzen.

CDU/CSU: CDU und CSU stehen für die

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Beibehaltung des bewährten Systems der privaten Krankenversicherung und der Beihilfe. Das Beihilfesystem ist ein Grundpfeiler sowohl des Dienstrechts wie auch des Gesundheitswesens; es wird als eigenständiges Gesundheitssicherungssystem kontinuierlich und wirkungsgleich zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung weiterentwickelt. Wir bekennen uns zu leistungsfähigen privaten Krankenversicherungen.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir streben die Zusammenführung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung sowie der Beihilfe zu einer Bürgerversicherung an. Für Beamtinnen und Beamte in niedrigen Besoldungsgruppen, mit mehreren Kindern oder auch mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt der Ausschluss aus dem Solidarsystem zu erheblichen Belastungen.

FDP: Die FDP will den weiteren Marsch in Richtung Staatsmedizin und Einheitskasse verhindern. Die FDP ist der Überzeugung, dass ein nicht durch Körperschaften öffentlichen Rechts getragenes System mit sozialer Verantwortung der beste Weg wäre. Das FDP-Konzept sieht eine Pflicht zur Versicherung für alle Bürger vor. Auch Beamte müssten sich dann für einen Krankenversicherer ihrer Wahl in einem Tarif ihrer Wahl entscheiden. In diesem Rahmen ist auch ein Restkostentarif vorstellbar, sodass die Beihilfe bestehen bleiben kann.

Die Linke: DIE LINKE fordert die Einführung einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Auch Selbstständige, Richter, Beamte und andere bisher privat Versicherte werden einbezogen Die private

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Krankenversicherung wird auf Zusatzversicherungen beschränkt. Wie wichtig sind einheitliche Einkommensbedingungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund, Ländern und Kommunen? Welche Bedeutung messen sie dabei einem stabilen Flächentarifvertrag bei?

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SPD: Die SPD begrüßt, dass Bund und Kommunen sowie die (allermeisten) Bundesländer in den jeweiligen Flächentarifverträgen auf Einheitlichkeit der Bezahlung ihrer Beschäftigten bedacht sind. Dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder kommt auch in Bezug auf die Entwicklung der jeweiligen Beamtenbesoldungen eine nicht unerhebliche Leitfunktion zu.

CDU/CSU: Da die Einkommen aus den öffentlichen Haushalten finanziert werden, bestehen zwingende Abhängigkeiten. Deshalb war für die Länder bei der föderalen Neuordnung der dienstrechtlichen Kompetenzen die Zusammenführung von Kostenverantwortung und Gestaltungskompetenz ein zentrales Anliegen. Mithin ist für die Einkommensbedingungen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes eine positive Gesamtentwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse von besonderer Bedeutung. Dann kann

auch für die Einkommensverhältnisse der bewährte Gleichklang fortgesetzt werden.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir setzen uns für die Beibehaltung der Tarifunion der Länder und damit einen stabilen Flächentarifvertrag ein. Die Gleichheit der Lebenschancen sehen wir nur gewahrt, wenn öffentliche Dienstleistungen und Güter in allen Bundesländern zu gleichen Standards angeboten werden.

FDP: Grundsätzlich haben Flächentarifverträge Vorteile. Die gegenwärtige Entwicklung ist nicht befriedigend. Dies gilt insbesondere für die Verhandlungsgemeinschaft von Bund und Kommunen. Wenn schon keine Verhandlungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Gemeinden mehr möglich ist, machte es jedenfalls mehr Sinn, dass Länder und Gemeinden zusammen verhandeln. Wichtiger noch als Flächentarifverträge ist die Möglichkeit zu regional-, arbeitsmarkt-, berufsgruppen- und aufgabenbezogenen Differenzierungen. Die Linke: DIE LINKE spricht sich grundsätzlich dagegen aus, die Einkommensentwicklung des öffentlichen Dienstes nach Kassenlage zu entscheiden. Sie fordert stattdessen wieder deutlich steigende Einkommen, auch im öffentlichen Dienst. In diesem Sinne unterstützen wir nachdrücklich stabile Flächentarifverträge. Die Bundesrepublik Deutschland ist laut Grundgesetz zugleich Rechts- und Sozialstaat. Was bedeutet das für die Aufgabenstellung des öffentlichen Dienstes, welche Rolle muss er für die Daseinsvorsorge der Menschen spielen? Sehen Sie in diesem Zusammenhang noch Privatisierungsmöglichkeiten?

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SPD: Die SPD steht für eine leistungsfähige und bürgerorientierte Daseinsvorsorge in öffentlicher Verantwortung ein. Der Staat muss nicht alles selbst leisten, aber er muss den Zugang zu den öffentlichen Gütern gewährleisten. Privatisierung kann zweckmäßig und verantwortbar sein. Wir widersprechen Privatisierungen aber, wo sie den Zugang zu den öffentlichen Gütern behindern und das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen. Wo öffentliche Aufgaben privatisiert werden sollen, fragen wir nicht nur nach dem kurzfristigen Nutzen für die öffentlichen Finanzen, sondern auch nach der Auswirkung auf die künftigen politischen Gestaltungsmöglichkeiten und die demokratische Verantwortung. Kernbereiche öffentlicher Daseinsvorsorge wollen wir

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Wahlprüfsteine CDU/CSU: Zu den Kernaufgaben des Staates zählen der Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit, die soziale Sicherung der Bürgerinnen und Bürger sowie die Bereitstellung sicherer und leistungsstarker Infrastukturen. Dazu gehört im Rahmen der Subsidiarität auch die Daseinsvorsorge. Letztlich geht es um die Bereitstellung der institutionellen Voraussetzungen, die für jeden Einzelnen die Chance auf eine eigenverantwortliche Lebensführung bieten: Rechtsstaat, Demokratie, Erziehung, Bildung, Eigentumsgarantie, Arbeitsmarkt und die soziale Absicherung für die Wechselfälle des Lebens. Zur Umsetzung dieser politischen Entscheidungen sowie zur Gewährleistung der institutionellen Voraussetzungen der Daseinsvorsorge bedarf es eines verlässlichen öffentlichen Dienstes. Wichtige Privatisierungen wurden in den 1990er Jahren eingeleitet. Darüber hinaus gehende Privatisierungen sind derzeit nicht geplant.

Trägerschaft zu organisieren ist. Privatisierte Bereiche der Daseinsvorsorge wollen wir rekommunalisieren.

systematischen Benachteiligungen aktiv entgegenzuwirken. Dabei hat der öffentliche Dienst selbstverständlich eine Vorbildfunktion.

Hat der öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion bei der Schaffung einer diskriminierungsfreien und familienfreundlichen Arbeitswelt? Welche konkreten Maßnahmen zur Förderung des Gender-Mainstreaming in der Verwaltung schlagen Sie vor?

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Unterstützten Sie eine europäische Rahmenrichtlinie für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die die Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und damit insbesondere das kommunale Recht auf Selbstverwaltung stärkt?

SPD: Ja, der öffentliche Dienst hat eine

SPD: Die SPD begrüßt die im Vertrag von

Vorbildfunktion. Für ihn gilt wie für andere Arbeitgeber das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes. Jede Form von Diskriminierung verstößt gegen dieses Gleichheitsgebot. Wir wollen kinder- und familienfreundliche Rahmenbedingungen weiter verbessern. Eine moderne und sozial gerechte Familienpolitik ist für Eltern und Kinder entscheidend, aber auch wichtig für die zukünftige Entwicklung unseres Landes. Wir wollen auch den Wissenschaftsbetrieb familienfreundlicher gestalten, unter anderem mit einem Investitionsprogramm für Kindertagesstätten und Krippen an den Hochschulen.

Lissabon vorgesehene Wertschätzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes genauso wie die Verbesserung der Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips. Was nur die Menschen vor Ort betrifft, das soll auch in den Kommunen entschieden werden. Die EU sollte nur dann aktiv werden, wenn sie für die Menschen ein Problem besser lösen kann als Bund, Länder und Kommunen.

Bündnis 90/Die Grünen: Das Sozial-

CDU/CSU: Wir unterstützen das Leitbild

staatsprinzip verpflichtet insbesondere die Kommunen wirtschaftliche, soziale und kulturelle Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger bereitzustellen. Wir sehen den Trend zur Privatisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge kritisch, da oftmals Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Die Kommunen benötigen einen Rechtsrahmen, in dem sie selbst entscheiden können, ob und wie sie ihre Leistungen erbringen wollen. Denn nicht jeder Aufgabenbereich kann Privaten überlassen werden.

einer familienfreundlichen und diskriminierungsfreien Arbeitswelt ausdrücklich. Dabei übernimmt der öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion. Deshalb sind wir bei der Modernisierung des Dienstrechts im Bund mit Verbesserungen und dem weiteren Ausbau familienfreundlicher Beschäftigungsbedingungen vorangegangen.

FDP: Die FDP bekennt sich zum öffentlichen Dienst und zum Berufsbeamtentum, sieht aber die Notwendigkeit zu einer Konzentration auf Kernbereiche. Insbesondere eine wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist kritisch zu beurteilen. Privatisierungsfragen sollten unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und nicht ideologisch entschieden werden. Es gibt Bereiche, wie die innere und äußere Sicherheit, in denen es außerhalb von Hilfstätigkeiten und Verrichtungsfunktionen keine Privatisierungsmöglichkeiten gibt.

Bündnis 90/Die Grünen: Selbstverständlich hat der öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion gegenüber anderen gesellschaftlichen Beschäftigungsbereichen. Gerade hier ist es von besonderer Bedeutung, dass die entsprechenden europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien umgesetzt werden.

FDP: Der öffentliche Dienst hat seine Potenziale, frauen- und familienfreundlicher zu werden, noch nicht ausgeschöpft. Die Gleichstellungspolitik muss im öffentlichen Dienst, dem insoweit eine Vorreiter- und Vorbildfunktion zukommt, konsequent umgesetzt werden, um diskriminierungsfreie und familiengerechte Verhältnisse auch bei den Karrierechancen herbeizuführen.

Die Linke: Das Grundgesetz verpflichtet Die Linke: DIE LINKE ist der Überzeugung, dass die elementare Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand oder gemeinnütziger

den Staat, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern. Notwendig sind gezielte Maßnahmen, um

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CDU/CSU: Die kommunale Selbstverwaltung ist wesentliches Ordnungsprinzip unseres Staates. CDU und CSU wollen es erhalten und weiterentwickeln. Eine europäische Rahmenrichtlinie hierzu, könnte daher grundsätzlich ein richtiger Ansatz sein. Demgegenüber stehen allerdings auch grundsätzliche Vorbehalte gegen europäische Regelungswut. Bündnis 90/Die Grünen: Leider gibt es keine eindeutige Anerkennung des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes im Primärrecht der EU. Nachdem die Kommission und der EuGH die Spielräume für die Erbringung der kommunalen Daseinsvorsorge immer restriktiver auslegen, richten sich unsere Hoffnungen auf den hoffentlich bald in Kraft tretenden Vertrag von Lissabon.

FDP: Es ist Aufgabe der Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass in den europäischen Vergaberichtlinien eine Klarstellung erfolgt, dass interkommunale Kooperationen nicht dem Vergaberecht unterliegen. Hingegen beurteilt die FDP Überlegungen für eine europäische Rahmenrichtlinie für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse kritisch.

Die Linke: DIE LINKE hat als einzige Partei im Bundestag die EU-Dienstleistungsrichtlinie bekämpft und wesentliche Abschwächungen des Herkunftslandsprinzips durchsetzen können. DIE LINKE fordert, dass Dienstleistungen nach dem Recht des Landes erbracht werden, in dem sie ausgeführt werden.

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nicht den Renditeerwägungen globaler Kapitalmärkte aussetzen.

dbb > fokus

Seminare:

Bildungsarbeit vernetzen Vernetzung, neudeutsch auch networking, ist stark im Gespräch. Grund genug für die dbb akademie, sich mit dem Thema „Vernetzung von Bildungsarbeit“ zu beschäftigen. Ende Juli und Anfang September gab es in zwei Seminaren für die Mitgliedsorganisationen Gelegenheit, verschiedene Arten des networking kennenzulernen und aktiv zu betreiben.

akademie

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Eigentlich ist es gar nichts Neues – Kontakte zu anderen aufnehmen, sich untereinander austauschen und bei Erfahrungen voneinander lernen. Sehr vieles in unserem Alltag läuft über Kontakte – privat und persönlich. Dass Netzwerke Nutzen für alle Beteiligten bringen, liegt auf der Hand: Man profitiert von den Erfahrungen anderer, baut Kontakte auf, erweitert eigenes Wissen und sammelt Ideen – u. a. für neue Seminarformen. Wie Netzwerke – in diesem Fall für Bildungsplaner – funktionieren können und welche neueren Tendenzen es zum Thema Netzwerk gibt, zeigten die beiden angebotenen Veranstaltungen. Vernetzt leben und arbeiten Sinnvolles Networking lebt vom Geben und Nehmen. Die Frage lautet dann nicht nur „Was können die Anderen für mich tun?“, sondern auch „Was kann ich für die Anderen tun?“ Ein guter Networker macht sich im Vorfeld Gedanken, wenn er einen Kontakt knüpfen möchte: Welche Informationen können für diese Person interessant sein? Habe ich selbst solche Informationen? Welche Kontakte könnten für mein Gegenüber interessant sein? Habe ich selbst solche Kontakte und welche Ideen können uns gemeinsam weiterbringen? Vom Konsumenten zum aktiven Gestalter „Im Netz spielt die Musik“ - In Zeiten von Web 2.0 erhält der

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Netzwerkgedanke eine völlig andere Dimension. Anders als im so genannten Web 1.0, dessen Inhalte oft von Medienprofis erstellt und verbreitet wurden, wird 2.0 vorwiegend von den Benutzern gemacht – sie erstellen, bearbeiten und verbreiten selbst Inhalte. Der Nutzer selbst gewinnt an Bedeutung und emanzipiert sich vom Informationskonsumenten zum aktiven Gestalter von Inhalten, Communities und Diensten. Benutzerfreundliche Schnittstellen und nutzerzentrierte Entwicklungsstrategien ermöglichen quasi jedem das, was vor ein paar Jahren nur dem technisch versierten Anwender vorbehalten blieb, zum Beispiel das Betreiben einer eigenen Webseite. Kern dieses digitalen Netzwerkes ist es, die Benutzer aktiv in die Gestaltung von Inhalten einzubinden, ihr Wissen mit anderen zu teilen und gemeinsam an der Lösung von Problemstellungen zu arbeiten – nur eben >

digital als sog. Mitmach-Web, das von der Interaktion der Benutzer lebt. Ein weiteres Merkmal dieser „social Software“ ist die weitgehend unbürokratische und hierarchiefreie Funktionsweise. Niedrigere Zugangsschwelle, günstige und permanente Verbindungen ins Internet und eine insgesamt größere Nutzergemeinde bilden die dabei die Basis für diese neuen sozialen und technologisch getragenen Anwendungen. Social networks auf dem Vormarsch Chats und Foren zum Austausch sind mittlerweile vielerorts Standard. Weitere bekannte Beispiele sind „Blogs“auf einer Website geführte einsehbare Journale -, mit denen auch Laien unkompliziert Texte verfassen und veröffentlichen können. Die soziale Komponente wird hier über die Kommentarfunktion eröffnet: Hier ergeben sich offene, weitgehend unmoderierte Diskussionen. Blogs sind daher besonders ein Werkzeug für die Unternehmenskommunikation – intern wie extern -, bei der Informationen veröffentlicht und zur Diskussion gestellt werden. „Wikis“ dagegen eignen sich hauptsächlich als sog. Kollabo-

Info

Planen Sie heute schon Ihre Fortbildung Digital oder gedruckt – Das Seminarprogramm 2010 der dbb akademie erscheint im Oktober 2009 Umfangreich und vielseitig in seinen Inhalten hält das neue Seminarprogramm auch für 2010 eine Vielzahl von interessanten und aktuellen Weiterbildungsangeboten bereit. Wählen Sie aus dem Bildungsprogramm 2010 „Ihre Wunschseminare“ aus – wir freuen uns auf Sie. Digital können Sie das Programm ab Ende Oktober auf unserer Homepage www.dbbakademie.de abrufen und sich anmelden. Ein gedrucktes Exemplar können Sie ab diesem Zeitpunkt anfordern bei: dbb akademie, Maria Herkenhöner, Dreizehnmorgenweg 36, 53175 Bonn, eMail: [email protected] 

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Bildungsplaner unter sich: Wir ziehen alle am gleichen Strang.

rationswerkzeug: Mitarbeiter tragen darin ihr Wissen zusammen, korrigieren oder ergänzen Informationen, verknüpfen sie miteinander und können so gemeinsam an der Lösung konkreter Aufgaben arbeiten. Bildungsarbeit vernetzen Die dbb akademie treibt den Netzwerkgedanken voran: ob auf persönlicher Ebene oder digital – sei es die intensive Zusammenarbeit mit den Mitgliedsorganisationen auf der Partnertagung, das ALUMNITreffen der ehemaligen Absolventen des Gewerkschaftsmanagers oder der alljährliche Dozentenmeeting – der Vernetzungsgedanke lebt und wird auch im Folgejahr weiterhin dazu beitragen, gemeinsame Bildungsarbeit aktiv voranzutreiben und den Austausch weiter auszubauen. Auch für 2010 stehen einige Termine für Bildungsplaner statt: > Dozentenmeeting 8. 1.–9. 1. 2010 im dbb forum siebengebirge > Partnertagung der Bildungsplaner und -organisatoren 15. 4.–17. 4. 2010 in Straßburg > Erwachsenenbildung vernetzen 18. 6.–19. 6. 2010 in Hamburg Für weitere Informationen steht Ihnen zur Verfügung: Hannelore Greis, Tel.: 02244. 882 283, eMail: [email protected]



dbb > fokus

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„Reisen mit Genuss“ In unserem druckfrischen Katalog „Reisen mit Genuss 2010“ finden Sie absolute Unikat-Reisen, die Kunst, Kultur und einheimische Lebensart perfekt kombinieren. Reiseziele sind die Toskana, Ligurien & Cinque Terre, Kroatien, Kappadokien, Zypern, Irland und Portugal.

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senbahn, Kreuzfahrt auf Ob und Tom, ausführliches Besichtigungsprogramm, deutschsprachige Reiseleitung. Termine von Mai bis September 2010, ab 3.490,- € für 22 Tage p.P. im DZ, Teilstrecken ab 2.590,- € .

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Das Grüne Band in Deutschland:

Müssen sich brütende Braunkehlchen politisch korrekt verhalten? Müssen die auf seerosenartigen Blättern schwebenden Froschbiss-Pflanzen oder die in der Nachbarschaft lebenden Laubfrösche und Rotbauch-Unken Schuldgefühle haben, weil die heute wassergefüllte Rinne, die sie bewohnen, bis zur Wiedervereinigung Deutschlands als „KfZ-Sperrgraben“ Teil einer der mörderischsten Grenzen der Welt war? Müssen sie nicht, meinten die Naturschützer und machten sich bald nach dem Abbau der Grenzanlagen daran, Flora und Fauna zu hegen, die die Natur stur – und schon zur Hochzeit des Kalten Krieges – im ehemaligen Todesstreifen angesiedelt hatte. 20 Jahre nach Aufhebung des Eisernen Vorhangs soll den Besuchern des knapp 1 400 Kilometer langen „Grünen Bandes“ in Deutschland Natur und Grenzgeschichte gleichermaßen nahegebracht werden: Zum Beispiel in der „Modellregion Elbe-Altmark-Wendland“, die – wie zwei weitere Regionen – vom Bundesamt für Naturschutz als Pilotprojekt gefördert wird. Kein Mensch da. Die Stille, die über dem hoch gewachsenen Streifen Grünzeug liegt, wird nur von feinen Tönen gebrochen. Vertrocknetes Gras raschelt, ein Insekt brummt in einer Blüte, noch weiter entfernt tönt eine Vogelmelodie – doch in der spätsommerlichen Hitze lässt sich der Urheber des klei-

nen Solokonzertes nicht ausmachen. Mittagszeit im Niemandsland. „Hier verlief ein Stück der innerdeutschen Grenze“, erklärt Dieter Leupold. „Hier“ bezeichnet in diesem Fall einen Flecken, der ungefähr gleich weit von Lüchow und Salzwedel entfernt ist. „Hier grenzte der damalige

DDR-Bezirk Magdeburg an Niedersachsen, das dort drüben hinter der Baumgruppe beginnt“, ergänzt Leupold und skizziert mit ausgestrecktem Arm, wie sich der Todesstreifen vor 20 Jahren auffächerte: Der elektrisch gesicherte Grenzsignalzaun, der 500 Meter breite, regelmäßig gemähte „Schutzstreifen“, der von motorisierten Grenzpatrouillen befahrene Kolonnenweg, der bis zehn Meter breite Kontrollstreifen aus geharktem Sand, auf dem die Fußabdrücke potenzieller Flüchtlinge sofort erkennbar waren, dann der KfZSperrgraben und zuletzt die

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Foto: Klaus Leidorf

Natur stur Phalanx aus Minenstreifen und bis zu drei hintereinander aufgereihten dreieinhalb Meter hohen Metallgitterzäunen, an denen von 1970 bis 1983 die berüchtigten Selbstschussanlagen montiert waren. >

Von Froschbiss bis Fischotter

Von all dem Schrecken blieb nach Abbau der Zäune und Räumung der Minen kaum eine Spur. Ein kleines Schild mit der schlichten Aufschrift „Das Grüne Band“, das aus einer Gruppe hoher Ackerdisteln ragt, vermittelt den Eindruck, dass die Natur es in ihrer Sturheit sogar

Foto: Jan Brenner

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Als Koordinator des Projektes „Erlebnis Grünes Band Elbe-Altmark-Wendland“ behält der Biologe Dieter Leupold auch die Geschichte des ehemaligen Grenzstreifens im Blick.

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geschafft hat, Gras über die Relikte der deutschen Teilung wachsen zu lassen. Würde Dieter Leupold die beiden, fast vollständig zugewucherten Betonstreifen in der Spurbreite eines Fahrzeugs nicht als ehemaligen Kolonnenweg der DDR-Grenzer outen und den heute von einer einfachen Feldwegbrücke gekreuzten Wasserlauf als ehemaligen KfZ-Sperrgraben – ein Anfänger beim Grenzbesuch sähe hier nur Grün – und davon eine ganze Menge.

Seit der gebürtige Hamburger vor knapp zwei Jahren seinen kommunalen Arbeitgeber gegen den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) eintauschte, ist Naturschutz aber nicht mehr das einzige Thema, für das er sich im ehemaligen Niemandsland einsetzt. „Gemeinsam mit dem Bundesamt für Naturschutz realisieren wir in diesem Abschnitt der ehemaligen Grenzregion ein Modellprojekt, in dem Naturschützer, Länder und Kommunen und Tourismusbetriebe zusammenarbeiten, um das Erlebnispotenzial des ehemaligen Grenzstreifens zu nutzen.“ Derzeit würden entlang

Leupold überquert den verwilderten ehemaligen Todesstreifen und bleibt nach 30 Metern stehen. Im Schatten einiger Bäume haben ein paar Meter des DDR-Streckmetallzauns die Jahre überdauert. Davor befindet sich die Gedenkstätte, die

schleppen. Er starb nur wenige Stunden später im Dannenberger Krankenhaus. Ein kleiner Info-Kasten enthält Zeitungsberichte vom Dezember 1973, die das Entsetzen und die Empörung dokumentieren, mit der die Menschen auf diesen Vorfall reagierten. Abgebaut wurden die Selbstschussanlagen jedoch erst 1983 – als Gegenleistung des DDRRegimes für den umstrittenen Milliardenkredit, den der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß an OstBerlin vermittelt hatte. >

40 Jahre ungestörte Flora und Fauna

Weitere sechs Jahre später, im November 1989, bot sich den Grenzbesuchern ein bizarres Bild: Von der Lübecker Bucht bis zum Frankenwald schlängelte sich auf einer Länge von

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Fotos: Jan Brenner

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Leupold beugt sich über den Wassergraben: „Das ist Froschbiss. Die Wasserpflanze wird in vielen Regionen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten geführt, weil sie hohe Anforderungen an die Wasserqualität stellt. Das mit den blassrosa Blüten ist Wasserdost, und das mit den lila Blütendolden ist der bei Schmetterlingen und Insekten

mark-Wendland wird auch als Vierländereck bezeichnet, weil hier Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern aneinander grenzen. Und damit Besucher die besonderen Naturgegebenheiten betrachten und den Spuren der Grenzgeschichte folgen können, haben wir hier einen 190 Kilometer langen Vierländer-Grenzradweg geschaffen, der teilweise identisch ist mit dem inzwischen sehr beliebten Elbe-Radweg und teilweise auch auf Nebenrouten zu besonderen Grenzerfahrungspunkten führt, wie zum Beispiel dort vorne.“

ger Leiter der Naturschutzbehörde des Altmarkkreises in Salzwedel weiß Leupold über so ziemlich alles Bescheid, was in diesem Abschnitt des Grünen Bandes kreucht, fleucht und gedeiht.

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Schutzzeichen: Das Grüne Band, das auf knapp 1400 Kilometern den Verlauf der innerdeutschen Grenze markiert, zählt heute zum nationalen Naturerbe.

als Nektarquelle sehr beliebte Blutweiderich.“ Vom Fischotter, der wegen seines weltweit gefährdeten Bestands sogar durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen geschützt ist, und der das ökologisch korrekte Klima im ehemaligen KfZSperrgraben ebenfalls zu schätzen weiß, ist zu dieser Tageszeit noch nichts zu sehen: „Der wird erst in der Dämmerung aktiv“, erklärt der Biologe. Als ehemali-

des Grünen Bandes drei solcher „E und E“ – soll heißen Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben – gefördert, erklärt Leupold, der von seinem Büro im brandenburgischen Lenzen zusammen mit einer Kollegin die Projektentwicklung koordiniert und an seinem zweiten Arbeitsplatz nahe Salzwedel die Interessen des BUND-Landesverbandes Sachsen-Anhalt vertritt. „Die Modellregion Elbe-Alt-

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Mahnmal: Die kleine Gedenkstätte an den Überresten des ehemaligen DDR-Grenzzauns erinnert an das Schicksal der Flüchtlings Hans-Friedrich Franck, das erste Todesopfer der berüchtigten Selbstschussanlagen.

an das Schicksal des Flüchtlings Hans-Friedrich Franck erinnert. Franck ging als erstes Opfer der Selbstschussanlage „SM 70“ in die traurige Geschichte der innerdeutschen Grenze ein. Dem 27-Jährigen war es am 17. Januar 1973 gelungen, trotz seiner schweren, vom Splittersprengsatz der Selbstschussanlage verursachten Beinverletzungen über den Zaun zu klettern und sich auf Westgebiet zu

1 393 Kilometern und einer Breite von – je nach Geländebeschaffenheit – 50 bis 200 Metern, der von rund 580 Beobachtungstürmen flankierte Grenzstreifen. Und der steckte voller Leben. Was für Menschen spätestens ab 1961 tödliches Sperrgebiet war, hatte vor allem kleinen Pflanzen und Tieren Schutz geboten: Insekten, Vögel, Fledermäuse sowie Fauna und Flora der Bäche und

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Der Froschbiss zählt zu den Pflanzen, die sich auch im heute wassergefüllten ehemaligen KfZ-Sperrgraben ausgebreitet hat. Die vielerorts vom Aussterben bedrohte Pflanze stellt hohe Bedingungen an die Qualität ihres „Wohngewässers“.

Seen hatten sich fast 40 Jahre lang ungestört entwickeln können. „Diese einzigartige Lebenswelt wollten wir unter allen Umständen erhalten“, erinnert sich der promovierte Biologe Uwe Riecken vom Bundesamt für Naturschutz, der an der Bewahrung dieser Lebenslinie im Todesstreifen von Beginn an mitgewirkt hat und heute im BfN für alle, das Grüne Band betreffenden Fragen verantwortlich ist. „Die Kollegen vom Bund Naturschutz in Bayern hatten das Grenzgebiet bereits ab 1975 untersucht und luden noch im Herbst 1989 Naturschützer, vor allem aus Ostdeutschland, zu einer Konferenz nach Hof ein, wo sie erste Ideen präsentierten, was mit dem ehemaligen Grenzgebiet geschehen könnte. Damals tauchte auch zum ersten Mal die Bezeichnung Grünes Band auf. Wir Bundes-Naturschützer – unser Haus firmierte unter dem damaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer noch bis 1993 unter dem Namen Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie – hatten damals ähnliche Ideen. Und als der BUND nach dem endgültigen Abschluss der Minenräumung, den Antrag stellte, das „Grüne Band“ neu zu kartieren, haben wir das aus unseren Mitteln geför-

dert.“ Die Entscheidung, die Kartierung an den BUND, einen der großen gemeinnützigen Umweltverbände Deutschlands, zu geben, sei auch deshalb sinnvoll gewesen, weil die BUND-Naturschutzexperten über Landesgrenzen agieren konnten, ergänzt Riecken mit Blick auf die Zuständigkeit der Länder für Naturschutz. >

In Thüringen grünt es am längsten

Die Vielfalt des von den Naturschützern dokumentierten Lebens, die jeden Meter der knapp 1 400 Kilometer langen ehemaligen Grenzlinie gründlich in Augenschein nahmen, wobei sie – außer den Alpen und dem Alpenvorland – alle in Deutschland anzutreffenden Großlandschaftsformen durchwanderten, übertraf alle Erwartungen. In den Hochgraslandschaften, Brachen und Feuchtgebieten sowie in vormals unzugänglichen Flussund Seenlandschaften wurden Tiere und Pflanzen geortet, deren Lebensraum – sei es durch intensive Landwirtschaft oder Umweltverschmutzung – stetig kleiner geworden war: „Das Grüne Band ist ein einzigartiges Verbundsystem, an dem sich verschiedene Naturlandschaften auffädeln wie Perlen

an einer Schnur“, schwärmt Uwe Riecken. „Bislang konnten dort mehr als 600 Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen werden, von denen viele im restlichen Deutschland vom Aussterben bedroht sind“, ergänzt der Mitautor der „Roten Listen“, mit denen das Bundesamt für Naturschutz regelmäßig über gefährdete Biotoptypen, Tier- und Pflanzenarten sowie Pflanzengesellschaften informiert. Um diese Lebensräume zu erhalten und bestenfalls zu erweitern, brauche das Grüne Band, das neun Bundesländer, 38 Landkreise und zwei kreisfreie Städte berührt, vor allem eines: „Akzeptanz“, sagt Uwe Riecken. „Wir sehen das Grüne Band als Art Rückgrat eines länderübergreifenden Biotopverbunds, an das sich wie Rippen weitere geschützte Gebiete anschließen. Dies zu erhalten, gelingt nur, wenn alle – Bund, Länder, Landkreise, Gemeinden, Verbände und privatwirtschaftliche Unternehmen – in diesem Entwicklungsprozess an einem Strang ziehen.“ Und das sei nicht immer ganz einfach, und beginne schon bei der Rückübertragung der Flä-

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chen an die Länder. „Ende 1989 waren rund 65 Prozent der Flächen im Besitz des Bundes, nach der Wende hatte man zunächst mit der Rückgabe an private Eigentümer begonnen, die gestoppt wurde, als die Entscheidung zur Erhaltung des Grenzstreifens als Teil des nationalen Naturerbes gefallen war“, erläutert der wissenschaftliche Direktor. „Seit Jahren versucht der Bund nun, die Flächen den Ländern abzutreten. Die zögern aber teilweise, weil sie die damit verbundenen Personal- und Erhaltungskosten scheuen. Bisher ist die Übertragung nur in Thüringen vollzogen, das den längsten Teil des Grünen Bandes hat. Wir hoffen jedoch gemeinsam mit dem hier federführenden Bundesumweltministerium, dass die Übertragung an die anderen Länder noch in dieser Legislaturperiode realisiert werden kann“, sagt Riecken. Das liebe Geld ist auch Thema in vielen Diskussionen über geeignete Nutzungskonzepte des Grünen Bandes. „Das ehemalige Grenzgebiet ist bis heute in weiten Teilen wirtschaftlich sehr strukturschwach“,

Foto: Jan Brenner

Foto: Dieter Leupold

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Der ehemalige DDR-Grenzturm am Elbedeich bei Lenzen ist nach seinem Umbau ein gefragter Vogel-Beobachtungsposten für die Besucher der Grüne-Band-Erlebnisregion Elbe-Altmark-Wendland.

sagt Uwe Riecken. Deshalb habe das BfN im Dialog mit den Ländern, Landkreisen und Kommunen sowie den Naturschutzorganisationen, die am Grünen Band in eigener Regie Projekte betreuen, entschieden, neben reinen Naturschutzmaßnahmen in den Regionen „Elbe, Altmark, Wendland“, „Harz“ und „Thüringer Wald, Schiefergebirge/Fran-

kenwald“ drei so genannte E-und E-Pilotprojekte zu fördern. Mit einheitlichem Erscheinungsbild und dem gemeinsamen Motto „Erlebnis Grünes Band“ soll ein sanfter Tourismus entwickelt werden, der den Besuchern Naturerlebnisse, Grenzgeschichte und regionale Kultur bietet. „Bei der Auswahl der Projektvorschläge haben wir darauf geachtet,

Vom Grenzturm Seeadler sichten

Im Vierländereck, dem von Dieter Leupold betreuten Pilotprojekt, läuft das mit der Zusammenarbeit über Landesgrenzen und Fachdisziplinen hinweg „schon sehr gut“, wie er sagt. Dafür spricht sicher auch, dass im „Trägerverbund Burg Lenzen“, der das ErlebnisGrünes-Band-Projekt Elbe-Altmark-Wendland realisiert, der BUND, das Amt Lenzen und ein privater Landwirtschaftsbetrieb zusammenwirken, um das naturtouristische Leitbild mit Leben zu füllen, das eigens für die drei Erlebnisregionen entwickelt wurde. Ins vormals

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Band-Bewohner: Feldmannstreu und Laubfrosch hatten sich – wie viele andere bedrohte Arten – den Lebensraum Grenze schon vor der Wiedervereinigung erobert.

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Im Bundesamt für Naturschutz ist Dr. Uwe Riecken zuständig für alle, das Grüne Band betreffenden Angelegenheiten. Der Biologe hat an der Erhaltung dieser Lebenslinie im ehemaligen Todesstreifen von Beginn an mitgewirkt.

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Foto: Jan Brenner

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möglichst viele Partner ins Boot zu holen. Die ausgewählten Träger mussten zudem Ländergrenzen überschreitend organisiert sein.“

Foto: Dieter Leupold

Foto: Christine Bonath

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Foto: Jan Brenner

Projektgebiet sichtbare Ergebnisse liefern: „Die Natur kommt zurück, in den früheren Rodungsflächen haben Samen von Pflanzen Jahrzehnte in der Erde überlebt. Die breiten sich jetzt wieder aus. Und nach dem gerade erst, im Rahmen eines weiteren vom BfN geförderten Naturschutzprojekts, fertiggestellten Rückbau des Elbedeichs werden der Elbe jetzt über 400 Hektar ihres ehemaligen Überflutungsgebietes zurückgegeben. Wir hof-

Die liebevoll restaurierte Burg Lenzen beherbergt ein Öko-Hotel. Im Turm befindet sich das Informationszentrum der Erlebnisregion.

geradezu abgeschnittene Grenzland kommen immer mehr Besucher, darunter viele Fahrradtouristen, die auch den Abstecher zum neuen VierLänder-Grenzradweg gerne unternehmen. Wachsender Beliebtheit erfreut sich auch die vom Trägerverbund liebevoll restaurierte Burg Lenzen: Die beherbergt zum einen ein nach modernsten ökologischen Erkenntnissen ausgestattetes 40Zimmer -Hotel mit zertifizierter Öko-Gastronomie und bietet zum anderen im ehemaligen Bergfried interessante Informationen zur Geschichte der Burg und der gleichnamigen, vermutlich ältesten Stadt in der brandenburgischen Prignitz und zur Natur im Biosphärenreservat Elbe, in dessen Schutzgebiet das Grüne Band hier eingebettet ist.

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Und unten an der Elbe, die an dieser Stelle Grenzfluss war, ist erst vor wenigen Wochen ein

umgebauter ehemaliger Grenzturm für die Besucher freigegeben worden: Wo früher die Grenzposten die Ufer bis rüber nach Niedersachsen ausspähten, lassen sich heute von der Turmplattform Wildgänse und Seeadler beobachten. Ein paar Treppenstufen tiefer, im ehemaligen Kommandostand, soll in Kürze eine Ausstellung mit Bildimpressionen zur Grenzgeschichte und dem Grünen Band eingerichtet werden. Doch es sind nicht nur die Besucher, über die sich Dieter Leupold freut, weil sie in dem von Arbeitslosigkeit und Entvölkerung bedrohten Vierländereck Entwicklungschancen bieten. Als Naturschützer mit Leib und Seele freut ihn auch, dass die klassischen Naturschutzprojekte, die ökologisch viel nachhaltiger angelegt sind, als die aus Kontrollgründen veranlassten Maßnahmen der DDR-Grenzer, in seinem

Foto: Jan Brenner

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Grünen Bandes in Deutschland zeigt. Im Norden und Südosten knüpft es an das „European Green Belt“, das „Grüne Band Europa“, das sich durch alle Grenzstaaten des ehemaligen Eisernen Vorhangs zieht. Auch diese Refugien seltener Flora und Fauna sollen – unter Einbeziehung der in Deutschland unter Federführung des BfN realisierten Ideen – für Besucher erschlossen und auf diese Weise erhalten werden. Doch auch außerhalb Europas ist

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Elbüberquerung: Besucher, die das Vierländereck auf dem neuen Grenzradweg erkunden möchten, können auch die Fähre nehmen, die Brandenburg mit Niedersachen verbindet.

fen natürlich, dass mit der Wiederaufforstung des Auwaldes, der das Elbe-Ufer jahrhundertelang säumte, noch mehr Tiere und Pflanzen hierher zurückkommen.“ Während Dieter Leupold vom neuen Elbdeich in Lenzen die Wildpferde beobachtet, die zwischen den Kindergärten aus Auwald-Bäumchen Flächen für rastende Wasservögel frei halten sollen, richtet Uwe Riecken in seinem Büro in Bonn den Blick auf eine große Landkarte, die den Verlauf des >

noch nicht Schluss mit dem Thema Grenze: Uwe Riecken reiste sogar schon nach Südkorea, um über das Grüne Band zu informieren, referierte an der Universität Seoul zum Thema und hat schon einige Male Delegationen von dort empfangen. „Die Koreaner“, sagt er ohne mit der Wimper zu zucken, „bereiten sich schon auf ihre Wiedervereinigung vor.“ Text: Christine Bonath Fotos: Jan Brenner, Klaus Leidorf, Dieter Leupold

Info

Erlebnis Grünes Band Foto: Jan Brenner

Weitere Informationen über die die Erprobungs-und Entwicklungsvorhaben zum „Erlebnis Grünes Band“, sind im Internet erhältlich unter www.erlebnisgruenesband.de

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Im Obergeschoss des Turms von Burg Lenzen informiert eine Ausstellung über die Besonderheiten des Biosphärenreservats Elbe.

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Interessierte Besucher können sich dort auch über das reichhaltige naturtouristische Angebot entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze informieren.

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Prof. Dr. Oskar Niedermayer, Parteienforscher an der FU Berlin

Farbenlehre – oder wer die Wahl hat … … hat die Qual. Das gilt nicht nur für das Studium der Speisekarte beim Mittagsgespräch mit dem Berliner FU-Professor und Parteienforscher Oskar Niedermayer, sondern auch für die Wahlentscheidung am 27. September. Der Wahlabend wird auf jeden Fall spannend. Das Ergebnis? Ungewiss. Die Koalition? Offen – obgleich unter Aspekten der empirischen Sozialforschung schon einiges feststeht – ob die Parteien das nun wollen oder nicht.

Wir schweifen kurz vom Thema ab, die Vorspeise – Wildschweinschinken an Fenchelsalat – löst einen kleinen Diskurs über Badischen Wein und die wechselhafte Qualität Berliner Szene-Restaurants aus: Oskar Niedermayer ist bekennender Gourmet. Selbst im erst wenige Tage zurückliegenden Sommerurlaub in der Sächsischen Schweiz mit vollem Aktiv-Programm seien die Pfunde nicht gepurzelt, eher im Gegenteil. Niedermayer nimmt´s gelassen

und taucht wieder in die Welt möglicher und unmöglicher Koalitionen ein. Er ist ein eloquenter und anschaulicher Erzähler. Die Zeit vergeht schnell, das Essen wird zur Nebensache. Parteien und Wahlen beschäftigen den Sozial- und Politikwissenschaftler seit Jahren. Nach einer klassischen Wissenschaftskarriere bekam Niedermayer 1993 einen Ruf als ordentlicher Professor an die Freie Universität Berlin, wo er den Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften am Otto-SuhrInstitut für Sozialwissenschaften leitet. Den Wechsel aus der Provinz in die Hauptstadt hat er beruflich, nicht privat vollzogen. „Wir haben im Grünen gewohnt, nicht in der Stadt, und da wollten wir auch wieder hin.“ Die Wahl fiel auf Thurow, eine kleine Gemeinde in Brandenburg am südlichen Stadtrand von Berlin. Der damals sechsjährige Sohn sollte den Wechsel in die Metropole nicht als Bruch empfinden. „Der Weg zur Uni ist kurz, mit dem Auto gerade mal eine halbe Stunde“, sagt der Forscher, dessen musikalische Liebe dem Blues gilt. Eine Begeisterung, die er an seinen Sohn weitergegeben hat: Ein Link auf Niedermayers Homepage verweist auf die Bluesband des Filius, die im Berliner Raum für Furore sorgt. „Semiprofessionell!“, betont Niedermayer. „Er hat auf meinen Rat hin etwas ordentliches studiert und muss nicht von der Musik leben.“

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Was mögliche Koalitionen betrifft, holt sich Niedermayer ins Thema zurück, sei im Jahr 2009 ohnehin vieles anders als zuvor: „Zum ersten Mal seit 1950 haben wir wieder die Situation, dass fünf statt vier koalitionsfähige Parteien antreten. Zumindest theoretisch.“ Zwar lägen die Wahltrends ähnlich wie 2005, „aber es geht bei dieser Bundestagswahl nicht mehr nur darum, dass die große mit der kleinen Partei koalieren kann. Vielmehr sind ganz neue Verbindungen möglich, für die es 2005 einfach noch zu früh war.“ Auch jetzt sei die Linke zwar rechnerisch koalitionsfähig, praktisch aber nicht, weil alle großen Parteien einschließlich der SPD eine mögliche Koalition faktisch ausgeschlossen haben. „Das kann 2014 schon wieder ganz anders aussehen“, relativiert Niedermayer und

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Neue Koalitionen

Dennoch spiele das Wahlverhalten eine wichtige Rolle. „Grundsätzlich wählt das bürgerliche Lager sehr viel strategischer als das linke Spektrum, was ein Vorteil für CDU und FDP ist, denn bürgerliche Wähler gehen gern Kompromisse ein, zum Beispiel, indem sie den Kandidaten der anderen Partei wählen wenn das der großen Partei hilft, über mehr Direktmandate zu mehr Überhangmandaten zu kommen, die am Ende die Wahl entscheiden können. Im linken Spektrum dagegen zersplittern die Stimmen leichter.“ >

Gewachsene Strukturen zerfallen

Grundsätzlich sieht der Parteienforscher Strukturen wieder zerfallen, die sich innerhalb der Wählerschaft bis in die 90er Jahre

Foto: Friedhelm Windmüller

mittagsgespräch

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Die politischen Farben werden nach der Wahl neu gemischt: Schwarz-Rot, Schwarz-Gelb, Ampel, Schwampel, Jamaika – möglich ist fast alles. Letztlich hängt es von den Wählerinnen und Wählern ab, nach welcher Farbenlehre die Republik regiert wird, jedenfalls zum größten Teil. Denn mit den Kreuzchen auf dem Wahlzettel fallen indirekt auch Entscheidungen, die so mancher Wähler primär gar nicht im Sinn hatte. Ist es zum Beispiel wirklich so, dass Splitterparteien den Großen die Stimmen entziehen und damit Mehrheiten gefährden? „Im Gegenteil“, erläutert Oskar Niedermayer weiter, „wer Parteien wählt, die keine Chance haben, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, stärkt die großen koalitionsfähigen Parteien.“ Die Erklärung: Die einfache Mehrheit liegt bei 51 Prozent. Wenn Splitterparteien zusammen beispielsweise sechs Prozent erreichen, sinkt die Hürde für die einfache Mehrheit auf 45 Prozent.

weist auf eine andere durchaus mögliche Koalition hin: „Den Umfragen nach haben CDU und FDP derzeit eine ziemlich gute Machtperspektive. Auf der anderen Seite herrscht auf der Wählerseite aber Gespaltenheit, man kann getrost von 30 Prozent Unschlüssigen ausgehen.“ Interessant in diesem Zusammenhang sei, dass das am Ende auch für Schwarz-Grün reichen könne, denn selbst die Medien hätten noch nicht begriffen, dass die Grünen diese Koalitionsmöglichkeit zwar nicht erwähnt, aber eben auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen hätten. „Am Ende kommt es noch nicht einmal auf den Willen der Parteianhänger an, wenn ihnen vorher nicht gesagt wird, was man wirklich vorhat.“

Parteienforscher Prof. Dr. Oskar Niedermayer (links) im Gespräch mit Jan Brenner und Dr. Walter Schmitz vom dbb magazin.

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Deswegen stimme auch die so oft gehörte These nicht, die Generation über 50 entscheide die Wahl: „Ältere sind keine homogene Wählergruppe, deshalb werden sie die Wahl auch nicht entscheiden. Es gibt Ärzte, Arbeiter, Hausfrauen und Unternehmer über 50, die alle jeweils spezifische Interessen haben“, erklärt der Wissenschaftler. „Es gibt faktisch keine Gruppe, die nur die Interessen ,Ältere‘ hat. Deswegen sind ,Die Grauen‘ auch gescheitert.“ Außerdem trügen moderne Kommunikationswege dazu bei, auch kleinere Parteien sehr schnell wachsen zu lassen, wie sich an der Piratenpartei zeige: „Die haben nur über die Fans des Internet 2.0, also überwiegend junge Leute, innerhalb kürzester Zeit riesige Zuwächse erzielt. Wenn die Piraten bei der Wahl auf sagen wir 0,8 Prozent kämen, wäre das eine Sensation!“, erklärt Niedermayer, dessen Hauptgericht mittlerweile - kaum angerührt - schon wieder erkaltet ist. Wir empfehlen eine Pause zur Nahrungsaufnahme, aber schon nach dem zweiten Bissen zeichnet der Wissenschaftler mit der Gabel ein virtuelles Schaubild in die Luft. „Der einst so feste Wählerkreis der CDU/CSU ist heute nur noch sehr regional begrenzt und rein rechnerisch ergibt sich sogar eine linke Mehrheit, die aber keine echten Koalitionsaussichten hat“, sagt Niedermayer und gibt einen kurzen Abriss darüber, wie sich die Union bis 1998 mit der Kostenbelastung durch den beginnenden Umbau des Sozialstaates unbeliebt beim Volk gemacht hat, was Gerhard Schröder letztlich für sich und seine Partei habe nutzen können. Mit dem verspro-

chenen quasi Gratis-Umbau des Sozialstaates sei die Wahl zwar gewonnen worden, dem Versprechen sei die Umsetzung aber nicht gefolgt. „Das ist absolut tödlich. Vom folgenden Absturz in der Wählergunst um gut 50 Prozent hat sich die SPD bis heute nicht erholt, zumal sie versäumt hat, ihr neues Profil zu schärfen“, analysiert Niedermayer und sieht den Verlust einer Wahl aus sozialwissenschaftlicher Sicht als Chance: „In der Opposition kann eine Partei sich neu finden, Kräfte sammeln, Profile schärfen und sich regenerieren.“ >

Dem Wahlkampf fehlt das Thema

Wenn die Hintergründe so spannend sind, warum ist der Wahlkampf 2009 dann so ermüdend langweilig, wollen wir wissen. Schließlich müsste die Wirtschaftskrise doch das Thema schlechthin sein?

an die Parteien: „Im Wahlkampf nichts Konkretes sagen in dem Sinne, nichts zu versprechen, was nachher nicht in ganzer Form gehalten werden kann. Und den Wählern im Vorfeld keine Koalitionen versprechen, sondern die eigenen Inhalte positiv vertreten.“ So seien Koalitionen schon längst keine gesellschaftlichen Projekte mehr, sondern Vernunftehen. Und der Wähler müsse eben eine mögliche Koalition, an die er bei der Wahl gar nicht gedacht hatte, eben im Nachhinein akzeptieren. „Wenn wir nach Hamburg schauen, wo es plötzlich einen Schwarz-Grünen Senat gab, der sich in der Praxis dann auch noch bewährt hat, zeigt sich, dass auch das geht.“ Zum Nachtisch sprechen wir noch ein Thema an, das sauer aufstoßen kann: Wie groß ist die Gefahr von rechts? Zumindest parteipolitisch sieht Niedermayer in der NPD – die an-

deren rechten Parteien seien ohnehin bereits so gut wie tot – keine große Gefahr. „In der Sächsischen Schweiz hängt zwar an jeder zweiten Laterne ein NPD-Plakat. Das ist schon erschreckend“, gibt Niedermayer zu bedenken, vertraut aber auf die „natürlichen Zerfallskräfte“ der NPD. Deswegen freut sich der Forscher auch darüber, dass die Bundestagsverwaltung bei der NDP mehr als nur sehr genau hinschaut und „die Partei mit allen rechtsstaatlichen Mitteln piesackt, wo sie nur kann. Das machen die sehr gut.“ Forscher und Redakteure rühren den Espresso und verabschieden sich. Für Oskar Niedermayer ist die Wahl gelaufen, zumindest aus wissenschaftlicher Sicht. Wir warten trotzdem den Abend des 27. September 2009 ab und lesen diesen Artikel dann noch sm/br einmal.

„Müsste, ja. Aber weil niemand eine Kompaktlösung anbieten kann, kann die Krise auch nicht im Wahlkampf thematisiert werden“, sagt Niedermayer. „Die große Koalition hat die Krise versucht, über trial and error zu lösen und ist bisher ja auch gut damit gefahren.“ Darüber seien die Folgen der Krise, deren Ende ja auch schon ausgerufen worden sei, bei den meisten Menschen noch gar nicht angekommen.

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hinein gefestigt haben. Einerseits sei mit dem Ende des Kalten Krieges ein wichtiges, weil festigendes Bedrohungsszenario weggefallen, was das bürgerliche Lager Stimmen koste. Andererseits seien Wählerschichten auch aufgrund demographischer Faktoren nicht mehr so homogen wie früher.

„Wenn die Große Koalition das in den frühen Herbst retten kann, hat sie bei den Wählern zumindest in dieser Frage einen Stein im Brett.“ Aber für den Wahlkampf eigne sich das eben nicht: „Wahlkampf braucht einfache, plakative Aussagen, die man so lange wiederholen kann, bis sie auch der Letzte verstanden hat“, resümiert der Parteienforscher und rät den Parteien dringend davon ab, aus Mangel an Themen auf Negativkampagnen auszuweichen. „Das ist wahlkampfstrategisch nie gut und geht fast immer nach hinten los, zumal dann, wenn der politische Gegner die Kampagne souverän abprallen lässt.“ Sein Rat

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Der öffentliche Dienst nach der Finanzkrise:

Sparen heißt investieren Noch lagern sie in den Giftschränken der Parteien. Aber wenn am 27. September die Wahllokale schließen, kommen sie unweigerlich auf den Markt: radikale Sparpakete. Abgesehen von der Links-Partei basteln die Haushalts- und Finanzexperten sämtlicher Parteien schon länger an Konzepten, mit denen die öffentlichen Haushalte, nun ja, wenn nicht saniert, so doch auf eine halbwegs gesunde Basis wieder gestellt werden sollen. Klar ist schon jetzt, dass die Bürger die Folgen der Maßnahmen nicht als kleine Nadelstiche spüren werden, sondern dass es richtig weh tun wird.

die andere meinung

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Die Finanzlage der öffentlichen Kassen ist am Ende dieser härtesten Rezession seit Kriegsende katastrophal: Allein der Bund kann froh sein, wenn er dieses Jahr mit 50 Milliarden Euro neuen Schulden auskommt, nächstes Jahr werden es 90 Milliarden werden. Immerhin wird damit ein Drittel des Gesamtetats auf Pump finanziert. In den Ländern sieht die Lage zwar etwas besser aus, aber auch sie werden sparen müssen. Der Staat versinkt in einem Schuldenmeer, in Schattenhaushalten verbergen sich zudem tiefrote Zahlen für den Bankenrettungsfonds sowie die beiden Konjunkturpakete. Selbst wenn der Wahlsieger es anders wollte, am Sparen führt in den nächsten Jahren kein Weg vorbei: Schließlich erzwingt die Schuldenbremse ab 2011 jedes Jahr höhere globale Minderausgaben. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, vorherzusagen, welche Berufsgruppe bei den Sparvorschlägen besonders häufig ins Visier genommen wird: die Beamten. Dabei wird auch das Argument kommen, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes die einzige Berufsgruppe ist, die sich in der Krise

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keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen muss. Und dass ausgerechnet diese Berufsgruppe dann doch wohl nicht von Zumutungen verschont bleiben kann. Auch wenn es schwer sein dürfte, sich diesen Argumenten komplett zu entziehen: Es darf aber schon einmal darauf hingewiesen werden, dass sich in der öffentlichen Meinung hartnäckig Fehlansichten über die Lage des öffentlichen Dienstes und insbesondere der Beamten halten. Ein Beispiel: So gut wie jeder geht davon aus, dass Beamtenpensionäre ihre Bezüge über die Jahre stärker steigern konnten als Rentner. Selbst einschlägige Experten, etwa Statistiker bei der Gesetzlichen Rentenversicherung, hängen dieser Meinung an. Das Gegenteil ist aber der Fall: Berechnungen der „Stuttgarter Nachrichten“ haben ergeben, dass die Beamten-

pensionen von 1960 bis heute um etwa 479 Prozent gestiegen sind. Die Rentner haben ihre Bezüge im gleichen Zeitraum aber um 739 Prozent steigern können. Die Lebenshaltungskosten sind im gleichen Zeitraum im Übrigen etwa um 290 Prozent gestiegen. Keine Frage: Die beiden Versorgungssysteme sind nur schwer vergleichbar, und der Zahlbetrag bei den Beamten ist in absoluten Zahlen meist höher als bei den Rentnern. Aber der Trend ist nicht zu leugnen: Wenn die Entwicklung auf lange Sicht so anhält, müsste sich das Versorgungsniveau zwischen den beiden Systemen irgendwann angleichen. Der etwas abschätzig-neidvolle Blick auf die Beamten wird den Deutschen so schnell wohl nicht auszutreiben sein. Aber: Insgeheim werden viele von den Kritikern des Beamtenstatus wohl einräumen, dass eine fortgesetzte Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst nicht im Interesse der Allgemeinheit sein kann. Es ist Grundkonsens in der Gesellschaft, dass Bildung diesem Land mehr Geld wert sein muss. Niemand widerspricht, dass gerade in einer alternden Gesellschaft die Schulen besser werden müssen. Da passt dann aber nicht dazu, wenn Lehrer immer mehr Unterrichtsstunden ableisten müssen und schlechtere Auf-

stiegschancen haben als in den 70er und 80er Jahren. Oder: Völlig zu Recht erntet die Bundesregierung Kritik, wenn sie Gesetze nicht mehr in den Ministerien ausarbeiten lässt, sondern Aufträge an große Rechtsanwaltskanzleien vergibt. Wirtschaftsnahe Kanzleien werden eben das Allgemeinwohl nicht so sehr im Auge haben, wie man es von Ministerialen erwarten darf. Nur: Dann muss die Gesellschaft aber auch bereit sein, dem juristischen Fachpersonal in den >

Info Der Autor (Jahrgang 1969): Seit 2004 Wirtschaftskorrespondent für die Stuttgarter Nachrichten in der Berliner Parlamentsredaktion, nach dem Abitur Volontariat, dann anderthalbjährige Reise durch Lateinamerika, Studium Geschichte, Völkerkunde und Portugiesisch, währenddessen Polizeireporter bei der Kölnischen Rundschau, nach dem Magister 1998 Nachrichtenredakteur Kölnische Rundschau, danach 2000 Parlamentskorrespondent Kölnische Rundschau.

Behörden Arbeitsbedingungen zu bieten, die zumindest im Gesamtpaket konkurrieren können. Im Übrigen: Als auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise die hoch bezahlten Manager aus den Privatbanken längst das Handtuch geschmissen hatten, war es nicht zuletzt der Arbeit von einigen hoch motivierten Spitzenbeamten aus dem Bundesfinanzministerium und dem Kanzleramt zu verdanken, dass die Lage stabilisiert werden konnte und das gesamte Zahlungswesen in Deutschland eben nicht zusammengebrochen ist. Daran könnten die Politiker sich und die Wähler auch einmal erinnern, wenn demnächst wieder neue Zumutungen für Beamte gefordert werden. Markus Grabitz

dbb > spezial

Jungwähler bei der Bundestagswahl 2009:

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Stimmenfang im Web 3,5 Millionen Jugendliche sind dieses Jahr Erstwähler. Zum ersten Mal zählt die eigene Stimme. Und zum ersten Mal muss man sich ernsthaft informieren. Aber wen soll man wählen? Wer steht wofür? Im Fernsehen laufen Werbespots der einzelnen Parteien, in den Zeitungen wird von Parteitagen berichtet, auf denen Ziele definiert werden und auf StudiVZ lächeln neuerdings Merkel und Steinmeier…

jugend/t@cker

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Nicht nur diese beiden, so gut wie jeder Politiker, der was auf sich hält, hat plötzlich ein so genanntes „Edelprofil“ im größten Online-Jugendnetzwerk Deutschlands – StudiVZ. Aber auch auf Facebook, Twitter und anderen Online-Netzwerken findet man sie. Die Politik tummelt sich neuerdings verstärkt im Web 2.0, verteilt per E-Mail Newsletter und nutzt alle Informationskanäle der digitalen Welt. „VoteSeeking“, Stimmenfang nennt man das. So sollen auch Erst- und Jungwähler für die Politik gewonnen und zum Wählen gebracht werden. Da viele Jung- und Erstwähler noch unentschieden sind, welcher Partei sie ihre Stimme geben sollen, bieten sich die On-line-Netzwerke für Politiker besonders als Informationsplattformen an. Vielleicht überzeugt es ja dann doch den einen oder anderen unentschlossenen Erstwähler, wenn zum Beispiel der

„Ich habe das Gefühl, dass die Profile von irgendwelchen Referenten erstellt worden sind und der jeweilige Politiker sein Profil

Man kann zum Beispiel Renate Künast einen Pinnwandeintrag oder eine Nachricht senden und erhält Minuten später eine Antwort der Politikerin… oder besser die Antwort eines Referenten. Die so hervorgehobene persönliche Note wirkt gekünstelt, denn Politiker antworten natürlich nicht persönlich. Wenn Angela Merkel dann auch noch zurück „gruschelt“ – ein Kunstwort aus grüßen und kuscheln, wirkt das we-

noch nie gesehen hat. So persönlich, wie sie gerne hätten, kommen die Profile dann doch nicht rüber“, erzählt Silke, 21, Studentin der Sozialwissenschaft an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Genau diesen Eindruck haben viele. Die Profile kommen gezwungen persönlich rüber.

nig seriös. „Es findet eine Personalisierung der Politik statt, die besonders auf Erstwähler abzielt. Die Inhalte werden oft vernachlässigt“, sagt Monja, 20, die ebenfalls Sozialwissenschaften studiert. „Ich informiere mich daher online eher auf den Homepages der einzelnen Parteien. Den

wie StudiVZ oder Facebook scheint hier also ein cleverer Schachzug. Doch erreichen die Kampagnen die Jung- und Erstwähler wirklich?

beste Freund gerade offiziell eine so genannte „Internetfreundschaft“ mit einem der vielen Politiker eingegangen ist. Denn man kann nun allen seinen Freundenin der Internetcommunity zeigen, welcher Politiker oder welche Politikerin einem am meisten zusagt. Auch ganze Parteien haben ein Profil, so kann man gleichzeitig allen seine politischen Neigungen mitteilen. >

Internet als wichtigste Informationsquelle

Doch ist es gut, dass Steinmeier, Merkel, Westerwelle und Co breit grinsend auf persönlichen Profilseiten der Nutzer auftauchen oder man Gesine Schwan „gruscheln“ kann? Umfragen haben ergeben, dass sich 83 Prozent der Erstwähler ausschließlich über das Internet informieren. Für 58 Prozent der Wähler spielt das Internet eine entscheidende Rolle bei der Wahlentscheidung. Der Feldzug in die Online-Netzwerke

t@cker Geh ich wählen, geh ich nicht wählen? Viele junge Menschen entscheiden aus dem Bauch heraus, ob sie am 27. September 2009 ihre Stimme abgeben oder nicht. Die dbb jugend hat sich unter die Erstwähler gemischt und einmal nachgehört, warum es jungen Menschen heute so schwer fällt, den Weg zur Wahlurne auf sich zu nehmen. Weiter hat t@cker mit dem Zoll das Potsdamer Umland nach Schwarzarbeitern durchkämmt. Ob dabei illegal Beschäftigte aufgeflogen sind, klärt die t@cker-story. Networking ist das englische Zau-

> dbb magazin | September 2009

Politiker zum „gruscheln“

berwort, das derzeit immer in unmittelbarem Zusammenhang mit Erfolg genannt wird. Networking ist auch eine der wichtigsten Aufgaben der Gewerkschaften. Im ersten Netzwerk-Workshop in Leipzig hat die dbb jugend Gewerkschaftsvertreter aus den neuen Bundesländern zusammengebracht, um die Kontakte zwischen den benachbarten Landesbünden auszubauen. Das alles und was vor Ort und in den Jugendfachgewerkschaften und Landesjugenden passiert ist, findet sich neben aktuellen Meldungen aus Jugendund Berufspolitik wie immer im aktuellen t@cker! 

dbb > spezial

,Wahl-o-Mat‘ im Internet finde ich hierbei als erste Anregung auch ganz sinnvoll.“ Den persönlichen Kontakt kann eine solche Profilseite aber sicher nicht ersetzen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das viele Stimmen bringt“, sagt Daniel, 20 und VWL Student. StudiVZ bietet neben den Profilen der Politiker dennoch gute Orientierungshilfen für unerfahrene beziehungsweise unentschlossene Erstwähler. So werden Ablauf und Vorgänge der Wahl genau beschrieben und teilweise in kleinen Videosequenzen erklärt. Der Startschuss dafür fiel zum Auftakt des Wahlkampfes zur Europawahl, als auch die Wahlmodalitäten an die Wählerin und den Wähler gebracht wurden. Erste Kontakte zur Politik und Anregungen zur Partizipation, zum Beispiel in der Regionalpolitik mitzuarbeiten, sollen so gerade Jüngeren vermittelt werden. >

Der Wahl-o-Mat – ein Erfolg

Das schafft auch der Wahl-o-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Die Umfragemaschine verpackt eher trocken erscheinende Politik in 30 knappe Fragen aus den wichtigsten politischen Bereichen und bietet mit dem persönlichen Umfrageergebnis eine erste Orientierung. Am Ende der Befragung erstellt die Internetseite ein Barometer der sechs Parteien. Nutzer können daran sofort erkennen, welche der Parteien den persönlichen politischen Wünschen und Einstellungen am nächsten kommt. Darüber hinaus können Interessierte generelle Präferenzen eingeben, um zum Beispiel Umweltpolitik oder Wirtschaftskompetenz im Ergebnis höher zu gewichten. Am Ende der Befragung dient eine Auflistung der Fragen mit den entsprechenden Auszügen aus den Parteiprogrammen zur tieferen Analyse des Ergebnisses. Trotzdem kann der Wahl-o-Mat nur Tendenzen angeben, keinesfalls aber klare Wahlempfehlungen. Die muss

sich der Wähler schon selbst anhand der Parteiprogramme geben, denn die Auswahl der Fragen im Wahl-o-Mat deckt nicht den vollen Wortlaut der Parteiprogramme ab. Es gibt darüber hinaus noch viele weitere Hilfen gerade für Erstund Jungwähler, die die Orientierung im Dschungel der Politik erleichtern. Von den offiziellen Internetseiten der Parteien über „mitmischen“, das Jugendportal des Deutschen Bundestages bis hin zu Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung finden Jungwähler im Internet unzählige seriöse Informationsangebote, die sogar den einen oder anderen bisher Unentschlossenen motivieren können, zu einem aktiven Umgang mit der Politik zu kommen – und zu einer Wahlentscheidung für den 27. September 2009. Das erste Mal die entscheidenden zwei Kreuze zu setzen und damit das Wahlergebnis zu beeinflussen, ist keine lästige Pflicht, sondern ein demokratisches Grundrecht. Und wer nicht wählen geht, läuft Gefahr, seine Stimme indirekt extremistischen Parteien zu schenken. In diesem Zusammenhang lohnt ein Ausflug auf das Portal des Deutschen Bundestages „Bundestagswahl 2009“, wo nicht nur alle Fragen zur Wahl beantwortet werden, sondern auch Politiker und Promis in kurzen, unterhaltsamen Videoclips zur Wahl aufrufen. Darunter „echte Typen“ wie Dominic Raacke und Rolf Zacher. Rebecca Jacob

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dbb webtipps Bundeszentrale für politische Bildung mit Wahl-o-Mat: www.bpb.de Offizielles Portal zur Bundestagswahl: http://bit.ly/XL9Hi Jugendportal des Deutschen Bundestages: www.mitmischen.de Sonderseite der FAZ zur Bundestagswahl: http://bit.ly/2nTGNo StudiVZ: www.studivz.net

> dbb magazin | September 2009

dbb > spezial

Schulamtsdirektor Alfred Kruft:

porträt

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Besser als mit dem sperrigen Wort-Quartett „evaluieren und beraten/kontrollieren und anordnen“ lässt sich kaum beschreiben, wie Schulaufsicht heute arbeitet. Der Wandel setzte zu Beginn der 1990er Jahre ein, als die zuständigen Länderbehörden sich eingestanden, dass ihre stichprobenartigen Kontrollen über Qualität und Leistungsfähigkeit von Schule wenig aussagten. Sie suchten deshalb nach einem Weg, mehr, bessere und vergleichbarere Informationen zu erhalten – und erarbeiteten nach den Methoden der in den Sozialwissenschaften bewährten „Evaluierung“ neue Standards zur Daten-Erhebung. In Nordrhein Westfalen, das der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung an Schulen hohe Priorität einräumt, hat der Schulamtsdirektor Alfred Kruft diesen noch immer laufenden Modernisierungsprozess von Anfang an begleitet. Was bei einer Schulinspektion passiert? „Das ist einfach“, würde eines der Kinder aus dem preußischen Dorf Wüstmark antworten. „1837 kamen drei Herren, unter ihnen der Pastor und der Dorfschulze, der zugleich Schulvorsteher war, ins Schulhaus und schauten zu, wie uns der Lehrer in Religion, im Rechnen und im Schreiben examinierte.“ Die Inspekteure, so lässt sich in der Wüstmarker Dorfchronik noch heute nachlesen, gewannen die Überzeugung, „dass Schullehrer Frentz die früher verwahrloste Wüstmarker Jugend seit seiner Anstellung nicht nur an Ordnung gewöhnt, sondern auch in den vorgedachten Fächern zweckmäßig unterrichtet ...“ „Zu meiner Zeit war der Schulinspektor oder Schulrat, wie man ihn in anderen Regionen nannte, eine von Lehrern und Schulrektoren gleichermaßen gefürchtete Respektsperson, die unangemeldet kam, um den Unterricht zu verfolgen“, könnte einer erzählen, dessen

> dbb magazin | September 2009

Schulausbildung spätestens Ende der 1960er Jahre beendet war. Und heute? „Heute funktioniert Schulaufsicht anders“, antwortet Alfred Kruft, während er sein Gegenüber mit dem Blick eines erfahrenen Lehrers taxiert, der herausfinden will, welche Dosis eines komplizierten Lehrstoffs er in diesem Fall vermitteln kann. >

Schulaufsicht ist Ländersache

Sicherheitshalber entscheidet er sich für die Grundlagenversion – und schafft erst einmal das Klischee vom Schulaufsichtsbeamten als Lehrer-Quäler aus der Welt: „Ich bin seit 1969 im Schuldienst. Schon damals war es nicht mehr üblich, dass die Kollegen von der Schulaufsicht unangemeldet in die Schulen einfielen“, stellt Kruft klar. Schulaufsichtsbeamte seien schließlich keine Verwaltungsleute, sondern ebenfalls Lehrer, die den Schulalltag aus eigener Erfahrung kennen, er-

Fotos: Jan Brenner

Evaluieren & beraten statt kontrollieren & anordnen

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„Beraten geht vor Anordnen“ – so beschreibt Alfred Kruft seinen Arbeitsauftrag als Schulaufsichtsbeamter.

gänzt der Diplom-Pädagoge. Bis zu seinem Wechsel ins Schulamt Wuppertal hat auch er im Lehrerberuf gearbeitet, war unter anderem 20 Jahre Schulleiter an Hauptschulen in Essen und unterrichtete beinahe ebenso lange nebenamtlich Mathematik und Erdkunde an einem Gymnasium. „Heute arbeitet Schulaufsicht in erster Linie anforderungsund bedarfsbezogen“, erklärt der Schulamtsdirektor, „wenn zum Beispiel der Unterrichtsbedarf nicht gedeckt werden kann, sorgen wir dafür, dass fachlich geeignete Vertretungslehrkräfte eingesetzt werden. Wir führen etwa in Konfliktfällen Beratungsgespräche mit Schulleitern und Lehrern, wenn das gewünscht ist, bearbeiten Widersprüche und Beschwerden von Eltern und schlichten auch da Konflikte, die, in welcher Konstellation auch immer,

zwischen Schulleitung, Lehrern, Schülern und Eltern auftreten. Auch die Bearbeitung und Entscheidung der Verfahren zur Festsetzung von sonderpädagogischem Förderungsbedarf für Schülerinnen und Schüler nehmen – um ein weiteres Beispiele zu nennen – einen nicht geringen Teil unserer Tätigkeit ein“. Hinzu komme, dass jeder Schulaufsichtsbeamte eines Schulamtes noch eine Reihe von Zusatzaufgaben, so genannter Generalien, mit bearbeite, erklärt Kruft. „Durch diese Aufgabenteilung wird vermieden, dass jeder Beamte sich um alles kümmern muss“, fügt er hinzu und listet kurz seine größten GeneralienThemenblöcke auf „Das sind unter anderem der Arbeitsbereich Schule und Wirtschaft, das ganze Thema Migration, bei dem es unter anderem um muttersprachlichen Unterricht geht, Sprachfeststellungsprüfungen, externe Sprachprüfungen sowie alle schulrelevanten Fragen zur katholischen und islamischen Religion.“ Kruft ist – wie seine Kolleginnen und Kollegen, die im Wuppertaler Schulamt ebenfalls Leitungsfunktionen ausüben – Beamter im Landesdienst. Schule und die zugehörige Schulaufsicht, mit der der Staat als Bildungsträger die Funktionsfähigkeit seines Angebotes prüft, sind in Deutschland Ländersache. Was zur Folge hat, dass dieser wichtige Kontrollanspruch – ganz im (Un)-Sinne bildungsföderalistischer Gestaltungsfreiheit – überall ein wenig anders organisiert und verwaltet wird. Alfred Kruft legt aus diesem Grund eine Kelle Grundwissen nach, in dem er deutlich macht, dass alles, was er weiter über die Inhalte seiner Arbeit und deren administrative Anbindung berichten wird, einzig und allein den rechtlichen Grundsätzen Nordrhein-Westfalens entspricht. „In Nordrhein-Westfalen ist die Schulaufsicht dreigliedrig“, erläutert der ehemalige Lehrer für

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Mathematik, Erdkunde und Sport. „An oberster Stelle steht das Ministerium für Schule und Weiterbildung, darunter gruppieren sich die Bezirksregierungen als obere und die Schulämter als untere Landesbehörden.“ >

Hier der Lehrraum, dort der Lehrplan

Trotz dieser vermeintlich übersichtlichen Strukturierung sei es nach draußen nicht leicht zu vermitteln, welche mit Schule befasste Institutionen, wofür genau zuständig sind: Da „sein“ Schulamt in der 4. Etage eines Gebäudes der Wuppertaler Kommunalverwaltung, gleich unter dem Schulverwaltungsamt, residiert, wüssten Bürger und Eltern häufig nicht, an welche der beiden Behörden sie sich wenden müssen , erzählt Kruft.

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das Referat eingebunden, das für die Qualitätsentwicklung an den Schulen im Land NRW zuständig ist und verantwortlich zeichnet.

„Ein Schulverwaltungsamt ist eine – je nach Schulträger – entweder einer Kommune oder einem Landkreis zugehörige Behörde, die für alle Schulformen äußere Angelegenheiten regelt – vom Gebäudemanagement und der Ausstattung der Schulen mit Möbeln und Material über Reinigungskräfte und Hausmeisterservice bis zum Personal der Schulsekretariate. Das Schulamt hingegen ist bei uns als untere Landesbehörde in den Grund-, Haupt und Förderschulen für alle Angelegenheiten zuständig, die Schüler, Eltern, Lehrer und Unterricht betreffen. In den Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs werden die Aufgaben der Schulaufsicht erstinstanzlich durch die Bezirksregierungen wahrgenommen“, ergänzt Kruft, wobei er mit deutlicher Missbilligung auch die seit August 2008 geltende Verlagerung der Dienstaufsicht für die Hauptund Förderschulen auf die Bezirksregierungen als Mittelbehörden erwähnt. „In diesen Schulformen bleibt den Schulämtern allein die Fachaufsicht. Das behindert unsere Arbeit erheblich.“ Schulaufsicht im her-

> dbb magazin | September 2009

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Als Wegbereiter für die „ein gemeinsames Verständnis von guter Schule und gutem Unterricht“ setzt der Pädagoge auf die Generierung von Daten, die auf nachprüfbaren Indikatoren beruhen.

kömmlichen Sinn sei im Augenblick nur noch an den Grundschulen möglich. Dort liegen Dienst-und Fachaufsicht noch bei den Schulämtern und somit in einer Hand. >

Gesetzlich verordnetes Schulmanagement

„Aber“, legt Kruft nach, „im Bereich Schulaufsicht ist bei uns in NRW ohnehin einiges in Bewegung.“ Schließlich habe das Land dem Thema Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung an den Schulen höchste Priorität eingeräumt, sagt er, während er aus seinem gut bestückten Aktenschrank mehrere Ordner aussucht und zum Schreibtisch trägt. Seit Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes im Februar 2005 gestalten die Schulen Unterricht, Erziehung in eigener Verantwortung. „Die Schulaufsichtsbehörden sind verpflichtet, die Schulen in ihrer Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu beraten und zu unterstützen,“ zitiert er aus Paragraph 3 des Gesetzes, das Schulen und Schulaufsicht ebendort auch noch ausdrücklich „zur kontinuierlichen Entwicklung und Sicherung der Qualität schulischer Arbeit“ verpflichte. Diese Qualitätssicherung funktioniere nur, wenn sowohl Schulen als auch Schulaufsicht einen Paradigmenwechsel vornehmen: Die Schulen, in dem

sie eigenverantwortlich Stärken und Schwächen evaluieren, Lernstandserhebungen und zentrale Prüfungen auswerten und analysieren, daraus folgend Schulpläne und Zielvereinbarungen erarbeiten und von einer neuen Schulleiter-Generation, ähnlich Wirtschaftsunternehmen, gemanagt würden. Die Schulaufsicht, in dem sie die Einhaltung dieser Zielvorgaben durch neuartige Formen von Inspektion und Qualitätsanalysen, Schulvisitationen und Lernstandserhebungen transparent und vergleichbar macht. „Was wir für dieses moderne Schulmanagement benötigen, ist eine systemische Schulaufsicht, die nicht mehr den Einzelfall oder die Leistung einer einzelnen Lehrkraft ins Visier nimmt, sondern Schule als System betrachtet, auf deren Selbststeuerung wir im Sinne der Qualitätssicherung beratend einwirken,“ resümiert Kruft. >

153 Indikatoren bestimmen die Quälität

Wie weit und mühselig der Weg ist zur modernen Schule in ihrer Bestform wird deutlich, als der Pädagoge die Berichte und Fragebögen, Evaluierungsergebnisse, Leitfäden, und Ablaufpläne zur Durchführung von Qualitätsanalysen vor Ort in den Schulen präsentiert. Zusätzlich zu seinen Aufgaben im Schulamt Wuppertal ist Alfred Kruft im Schulministerium in

Seit Schuljahresbeginn 2006/ 2007 sind etwa 65 hauptamtliche, vom Ministerium bestellte Qualitätsprüferinnen und Qualitätsprüfer damit beschäftigt, in den Schulen Qualitätsanalysen durchzuführen. Als Arbeitsgrundlage dient ihnen ein 153 Qualitätsindikatoren umfassendes Qualitätstableau, das die sechs Bereiche „Ergebnisse der Schule“, „Lernen und Lehren“, „Schulkultur“, „Führung und Schulmanagement“, „Professionalität der Lehrkräfte“ sowie „Ziele und Strategien der Qualitätsentwicklung“ untersucht: „Die Daten werden anhand von standardisierten Evaluierungsmethoden erhoben, wozu neben Dokumentenanalysen, Schulrundgängen und Unterrichtsbeobachtungen auch mittels Interview-Leitfäden erarbeitete Befragungen gehören, die die Schulleitung, Lehrerinnen und Lehrer, sozialpädagogische Kräfte, Schüler und Eltern ebenso einbeziehen wie den Schulträger, das nicht lehrende Personal sowie – an den Berufskollegs – die dualen Partner.“ Ist die Qualitätsanalyse beendet, schließt sich der Kreis. „Dann kommt wieder die Schulaufsicht ins Spiel, weil Schule und Schulaufsicht nach Auswertung der im Zuge der Analyse gewonnenen Daten in einen Zielvereinbarungsprozess eintreten“, erläutert Alfred Kruft. „Mit dem Qualitätstableau des Landes NRW und den Verfahren der externen Evaluation existiert endlich ein gemeinsames Verständnis von guter Schule und gutem Unterricht“, bilanziert der Schulamtsdirektor. „Heute generieren wir Daten, die auf nachprüfbaren Indikatoren und Kriterien beruhen. Und damit haben wir auch eine echte Chance, die Qualität von Schule objektiv weiter zu entwickeln.“ cri

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Starker Staat gefragt Nach einem jahrzentelangen Siegeszug ist der Markt in eine schwere Krise geraten. Nur durch extreme Rettungsmaßnahmen des Staates konnte eine Kernschmelze des Weltfinanzsystems verhindert werden. Banker, die als die Helden des 21. Jahrhunderts bewundert wurden, stehen jetzt am Pranger von Politik und Medien. Das Pendel, das lange Zeit weit in die Richtung des Marktes ausgeschlagen war, droht jetzt in die Gegenrichtung zu schwingen. Der Ökonom und Wirtschaftsweise Prof. Dr. Peter Bofinger zeichnet in seinem Buch „Ist der Markt noch zu retten? Warum wir jetzt einen starken Staat brauchen“ die komplexen Entwicklung der Wirtschaftskrise in auch für nicht Ökonomen verständlicher, klarer Sprache nach und gibt nicht nur wichtige Denkanstöße zur Überwindung

der Krise, sondern vor allem Ausblicke auf die mögliche neue Ordnung danach: Staatsfonds als „Intensivstation für Banken“, bessere Verkehrsregeln für die internationalen Finanzmärkte sowie nachhaltige Strukturen und langfristiges Denken werden unter anderem beleuchtet. Das Ergebnis: Wenn

dabei nicht auch noch die Globalisierung der Gütermärkte gefährdet werden soll, muss rasch gehandelt werden. Die einzige Rettung des Marktes ist ein Staat, der weit mehr als bisher dafür sorgen muss, dass der wachsende Wohlstand nicht nur einigen wenigen, sondern breiten Bevölkerungsschichten zugute kommt. Das erfordert ein Umdenken, denn für Peter Bofinger sind Staat und Markt keine Gegner. Ohne einen starken Staat, so seine These, zerstört der Markt sich selbst. Gefragt ist eine neue Balance der Kräfte, nicht zuletzt, was die Verteilung der Lasten innerhalb der Gesellschaft betrifft. Wie diese aussehen kann, skizziert Bofinger anhand des Modells eines „aktiven Bürgerstaates“. Prof. Dr. Peter Bofinger: Ist der Markt noch zu retten? Warum wir jetzt einen starken Staat brauchen Econ Verlag, 256 Seiten gebunden, 19,90 Euro [D] ISBN-10: 3430300436 ISBN-13: 9783430300438



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Leserbrief

(Zum Artikel „Die Welt spricht Twitter“, Juli-August-Ausgabe 2009)

Netz-Geschwätz? Als Angehöriger der Generation 60 plus kann ich nur feststellen, dass die Kommunikation verschlungener aber nicht besser wird. Politiker nutzen das Fernsehen, das Internet und das Handy, um sich ununterbrochen selbst darzustellen. „Twitter“ hat gerade noch gefehlt, wie der Patzer bei der Wahl von Horst Köhler gezeigt hat. Ein Verbot im Bundestag wäre angebracht. Zum Glück können nur 140 Buchstaben pro Meldung gesendet werden, sodass sich das öffentliche Geschwätz aber in Grenzen halten dürfte. Fehlt nur noch die Möglichkeit, bunte Bildchen mitzuschicken, dann hätten wir endlich die NetzPostkarte zum Lesen für alle. Günter Scheffler 28259 Bremen

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Peter Bofinger:

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Gleichberechtigung in der Bundesrepublik und der DDR:

Ungleiche Schwestern „Wir BRD-Frauen sind zwar die gestandeneren Feministinnen, aber die DDR-Frauen sind die gestandeneren Bürgerinnen: Sie sind berufstätiger, sie sind qualifizierter und sie sind politisierter, zumindest, was die allgemeine Gesellschaftspolitik angeht. Und in Sachen Frauenpolitik scheinen sie justament die Siebenmeilenstiefel angezogen zu haben.“ So äußerte sich „Emma“-Herausgeberin Alice Schwarzer in einem Kommentar vom Dezember 1989. 20 Jahre später ein Blick zurück auf den Stellenwert, den die DDR dem Thema Gleichstellung einräumte.

frauen

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Die Gleichstellung der Frau und ihre Integration in den Erwerbssektor – grundlegende Forderungen der Frauenvertretungen auch heute noch – war für die Deutsche Demokratische Republik nicht nur Teil der sozialistischen Idee, sondern auch zentrale politische Aufgabe. Ausgehend vom „gesellschaftlichen Aderlass“ durch den Zweiten Weltkrieg sowie durch Abwanderung und Flucht in den Jahren bis zum Mauerbau liegt die erste Motivation für dieses Ziel auf der Hand. Nach dem Krieg, als die Frauen übrigens fast 60 Prozent der DDR-Bevölkerung ausmachten, brauchte man zum Wiederaufbau der neuen Republik nicht nur jeden Mann, sondern auch jede Frau. >

Traditionelle Rollenmodelle im Westen

Nun mag die Ausgangslage im Westen Deutschlands nach 1945 nicht viel anders gewesen sein. Trotzdem fielen Männer wie Frauen dort zunächst wieder in die herkömmlichen tradierten Rollen zurück, sofern sie diese überhaupt verlassen hatten. Das lag sicher auch daran, dass der Aufschwung im Westen den wirtschaftlichen Rahmen bot, zum Beispiel das angestammte „Ernährerprinzip“ fortzuführen. Die Familien konnten es sich finanziell leisten, dass

> dbb magazin | September 2009

sich Frauen überwiegend der Führung des Haushalts und Mütter zusätzlich der Erziehung der Kinder widmeten. Es dauerte einige Zeit, bis die Frauen selbst erkannten, dass sie an dieser Rolle etwas ändern wollten und konnten. Solange aber war die Notwendigkeit in der jungen Bundesrepublik nicht da, sich groß Gedanken über Themen wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Kinderbetreuungsplätze zu machen. >

Staatliche Rollengestaltung im Osten

Anders in der DDR. Dort wollte der Staat den Frauen Anreize bieten, um sie zur Berufstätigkeit zu motivieren. So standen den Frauen alle Berufszweige offen, die gleiche Bezahlung von Mann und Frau bei gleicher Arbeit war gesetzlich festgeschrieben, es gab Frauenqualifizierungsmaßnahmen, und schließlich wurden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder jeden

Alters nahezu flächendeckend angeboten. Speziell Letzteres förderte nicht nur die Berufstätigkeit der Frauen, sondern machte diese überhaupt erst möglich. Kurz vor der Wiedervereinigung betrug die Versorgungsquote öffentlicher Kleinkindbetreuung 80 Prozent, in den Großstädten bestand eine nahezu flächendeckende Versorgung mit Krippenplätzen: 94 Prozent der Kinder besuchten einen Kindergarten, und Hortplätze standen für 82 Prozent der Kinder bereit. Zum Vergleich: Die Bundesrepublik bot im Jahr 1990 Kindergartenversorgung für 78 Prozent der in Frage kommenden Kinder an, Hortplätze waren für nur vier Prozent und Krippenplätze für gar nur zwei Prozent der Kinder verfügbar. Die gute Betreuungssituation führte in der DDR dazu, dass über 90 Prozent der Frauen im berufsfähigen Alter auch tatsächlich berufstätig waren. Zugleich lagen die Geburtsraten höher als im Nachbardeutschland, und die Mütter waren im Durchschnitt jünger. >

Im rechten Licht betrachtet

Stellt sich die Frage, ob diese Anreize der alleinige Grund für die hohe Erwerbsquote der Frauen war. Heutige Frauen- und Familienpolitik ist darauf ausgerich-

tet, oder sollte es zumindest sein, dass Frauen (und Männer) das Lebensmodell, für das sie sich frei entscheiden, umsetzen können. Für all die vielfältigen Lebensmodelle, die es gibt, sollte der Staat den Rahmen für seine Bürgerinnen und Bürger schaffen und ihnen so Wahlmöglichkeiten eröffnen. Unter diesem Aspekt gilt es, das soeben dargestellte Bild der DDR ins rechte Licht zu rücken. Ein Grund, warum in der DDR durchschnittlich früher geheiratet und eine Familie gegründet wurde, waren viele staatliche Vergünstigungen oder etwa die Zuteilung einer eigenen Wohnung, die bevorzugt Verheirateten und kinderreichen Familien zugute kamen. Weiter waren die Gehaltsstrukturen in Ostdeutschland durchaus ausschlaggebend für die hohe Zahl berufstätiger Frauen. In aller Regel waren Familien darauf angewiesen, dass beide Partner einer Erwerbstätigkeit nachgingen. Die Frage, ob ein Elternteil sich ausschließlich der Kindererziehung widmen sollte, stellte sich in der Praxis oftmals gar nicht. Zudem waren längere Berufsunterbrechungen zur Kinderbetreuung nicht gern gesehen. Kritiker weisen darauf hin, dass der Staat das flächendeckende Kinderbetreuungssystem auch dazu nutzte, um gezielt Einfluss auf die politische Erziehung der Kinder zu nehmen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mag – unabhängig von den Gründen – in der DDR aufgrund der Kinderbetreuungsmöglichkeiten oftmals leichter gewesen sein als in den alten Bundesländern oder jetzt im vereinten Deutschland. Eines sollte aber nicht verschwiegen werden: Auch in der DDR waren es die Frauen, die die Doppelbelastung von Beruf und Familie zu schultern hatten. Und unter diesem Aspekt waren die Schwestern in Ost- und Westdeutschland vielleicht doch nicht so ungleich. Nicole Kittlaus

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. . . es werde Licht. Getreu diesem Motto hat der Umweltausschuss des EU-Parlaments einen entsprechenden Grundsatzbeschluss der Regierungschefs im April 2009 mit deutlicher Mehrheit durchgewunken. Denen war es schon lange ein Dorn im Auge, dass die schnöde Glühbirne es gerade mal schafft, fünf Prozent der verbrauchten Energie in Helligkeit umzuwandeln. Der Rest wird als Wärme an die Umwelt vergeudet. Also: Schluss mit dem Wolframfaden und her mit den Soft-, Halogen- und Leuchtstofflampen, die genau das tun, was sie sollen: leuchten und nicht wärmen. Wie es sich bei EU-Verordnungen gehört, stirbt die gemeine Glüh-

birne den Tod in Etappen. Erst mal soll es schummrig werden. Ab 1. September (das war übrigens kürzlich) verschwinden alle matten Birnen und alle über 100 Watt vom Markt. Anfang 2010 schlägt den Stromfressern mit mehr als 40 Watt die Stunde, und ab 2012 leuch-

tet gar nichts mehr – außer Sparlampen. Obwohl wir damit Jahr für Jahr 15 Prozent oder an die 50 Euro pro Nase an Kosten für den klaren Durchblick sparen, lieben die Deutschen ihre alten Glühbirnen im wahrsten Sinne des Wortes heiß und innig. Im

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Fiat Lux ...

Vergleich zum Vorjahr ist der Absatz an 100-Watt-Birnen bereits um 150 Prozent gestiegen. Das rigorose Glühbirnenverbot reizt offenbar zu Hamsterkäufen – und der umweltschützende, energiesparende Ansatz der EU ist schon jetzt für Jahre im Eimer. Diese Entwicklung hätten die Brüsseler Politprofis vorhersehen müssen. Eine Glühbirnen-Abwrackprämie könnte das Blatt noch wenden und zu erwartende Schwarzmarktkäufe verhindern. Jeder, der eine Glühbirne nach Brüssel schickt, sollte eine Prämie in Höhe von 2,50 Euro und – je nach Wattzahl – Gutscheine zum Sammeln für eine neue Lampe erhalten. Das wäre ein PR-Coup! – Und was in ähnlicher Weise der Autoindustrie recht ist, mag doch auch dem gebeutelten Lampenhandel billig sein. sm

> dbb magazin | September 2009

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Behördenübergreifende Online-Stellenbörse:

Interamt will Behörden verbinden Stellenbörsen im Internet gibt es wie Sand am Meer. Manche davon spezialisieren sich sogar auf Fachkräfte für bestimmte Branchen und Berufsgruppen. Auch im öffentlichen Dienst gibt es freie Stellen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich – aus welchen Gründen auch immer – beruflich verändern möchten, allerdings zumeist innerhalb des öffentlichen Dienstes. Mit den üblichen, auf die freie Wirtschaft ausgelegten Stellenbörsen kamen öffentlicher Arbeitgeber, Dienstherrn und Beschäftigte bislang nicht weiter. Mit interamt.de will jetzt ein Online-Portal diese Lücke schließen.

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Neben den Stellenangeboten für den öffentlichen Dienst auf der offiziellen Internetseite des Bundes unter www.bund.de, wo derzeit rund 495 offene Stellen lediglich angeboten werden, ist interamt.de nach eigenen Angaben die erste behördenübergreifende Stellenbörse des öffentlichen Dienstes. Die Community für Bund, Länder und Kommunen ermöglicht den teilnehmenden Behörden Stellenausschreibungen und direkte Kandidatensuche. Damit bietet interamt den deutschen Behörden und deren Mitarbeitern eine übergreifende Stellenbörse sowie eine zentrale Plattform für Vakanzen im öffentlichen Dienst. Anders als übliche Stellenbörsen ist interamt.de eine geschlossene Benutzergruppe mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten für den öffentlichen Dienst. Das Portal Interamt.de, ein Unternehmen der TelekomTochter Vivento, ist spezifisch auf die Kriterien des öffentlichen Dienstes ausgerichtet: So können als Kriterien bei der Stellensuche beispielsweise dienstrechtliche Parameter wie Besoldungsgruppe oder Fachrichtung der Bewerberinnen und Bewerber eingeben werden. Auch technisch hat die je-

> dbb magazin | September 2009

weilige Behörde die Möglichkeit, interamt.de an die eigenen Voraussetzungen anzupassen: interamt.de kann zu einer bereits bestehenden Stellenbörse oder separat eingesetzt werden. Darüber hinaus können Behörden das Erscheinungsbild des Portals speziell an ihre Bedürfnisse anpassen.

Übergreifender Austausch Alle Nutzer schließen sich bei interamt einem großen Netzwerk an: Über die Plattform sind behördenübergreifend Bundes-, Länder- und Kommunalbehörden sowie weitere Organisationen mit Dienstherreneigenschaft wie zum Beispiel die Deutsche Telekom miteinander verbunden. Bezüglich möglicher Stellenausschreibungen entscheidet die jeweilige Behörde selbst, für welche Zielgruppe ihre Stellenangebote geöffnet werden. So kann eine Stelle in einer ersten Ausschreibungsrunde zum Beispiel nur für die eigenen Mitarbeiter sichtbar sein. Ist keine interne Besetzung des Postens möglich, kann die Reichweite stufenweise auf weitere Behörden erhöht werden bis hin zur externen Veröffentlichung.

Dr. Hans Bernhard Beus, Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren, der als Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik zudem den Vorsitz der IT-Steuerungsgruppe des Bundes und des Rates der IT-Beauftragten der Bundesministerien führt, empfahl auf dem diesjährigen Praxisforum Personal im Frühjahr 2009 in Berlin die aktive Beteiligung bei interamt.de: „Das Bundesministerium und weitere Bundesbehörden haben sich entschlossen, den Service der Internetstellenbörse interamt.de zu nutzen. Bei sinkenden Personalzahlen genügt es oft nicht, nur in der eigenen Organisation nach geeigneten Mitarbeitern zu suchen. Das Wissen um Stellenangebote in anderen Behörden und Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung hilft dabei, offene Stellen schneller und passgenauer zu besetzen“, sagte Beus.

Personalabteilungen vernetzen Dass der Kontakt zwischen den Behörden oft fehlt, hat auch Günter Martin, der bei Vivento für interamt.de verantwortlich ist, festgestellt: „Am gleichen Wohnort gibt es oft Personalbedarf bei der einen Behörde und passende Interessenten bei der anderen Behörde. Wenn die eine Behörde eine kommunale Behörde ist und die andere eine Bundes- oder Landesbehörde, dann wissen sie meist nichts über den Personalbedarf voneinander. interamt.de schafft nicht nur hier einen behördenübergreifenden Personalaustausch. Wir wollen auch die persönliche Vernetzung und das Kennenlernen zwischen den Personalabteilungen innerhalb der Community fördern“. Stellensuchende können über interamt.de Funktionen wie bundesweite Stellensuche, laufbahnspezifische Suchfunktion, Anlegen von Suchprofilen, automatische Angebotsbenachrichtigung, das Erstellen von Bewerberprofilen, Freischalten von Initiativbewerbungen oder direktes Versenden von Online-Bewerbungen nutzen. Wichtig dabei ist auch, das Stellensuchende, die sich zunächst im Portal registrieren müssen, anonym bleiben. Die Nutzerzahlen zeigen, dass das Interesse an interamt.de groß ist. Über 600 000 Zugriffe sind bisher erfolgt. Im ersten Halbjahr 2009 wurden rund 7 000 Posten eingestellt, das sind jede Woche rund 250. Zugang zu interamt.de haben Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, deren Behörde selbst Mitglied der Community ist.

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Wenn sich genügend Behörden und Dienststellen bei interamt.de beteiligen, ist die Jobsuche mit Hilfe der Tageszeitung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bald Schnee von gestern.

Behörden, die sich für interamt.de interessieren, können sich im Internet unter www.interamt.de eine DemoVersion des Portals ansehen. br

dbb > finale

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dbb rheinland-pfalz

Gespräch zum neuen Personalvertretungsrecht Die Landesleitung des dbb rheinland-pfalz hat am 21. Juli 2009 in Mainz mit dem Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Martin Stadelmaier, ein Gespräch zum Referentenentwurf einer Novelle zum Landespersonalvertretungsgesetz (LPersVG) geführt. Die dbb-Delegation forderte unter anderem eine Ausweitung des Schutzes Auszubildender, die Bildung von Personalräten in allen Dienststellen unter Verzicht auf eine Mindestpersonalstärke, die Verlängerung der Amtsperiode der Personalräte auf fünf Jahre und

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Lilli Lenz, Vorsitzende des dbb rheinland-pfalz

die Ausweitung der Freistellungen. Nach Vorstellungen des dbb rheinland-pfalz soll die Mitbestimmung künftig auch bei Ein-Euro-Jobs, bei der Einstellungseinstufung und bei sonstigen tariflich nicht automatisierten Stufenbeschleunigungen beziehungsweise hemmungen gelten. 

ten und Einfallslosigkeiten ein Ende hat.“ Mit diesen Worten hat die Vorsitzende des dbb Ja zu vorgezogenen schleswig-holstein, Anke SchwitLandtagswahlen zer, am 24. Juli 2009 auf die Auflösung des Landesparlaments „Ich begrüße außerordentlich, reagiert. Die Neuwahl zum Kieler dass nun das unerträglich geLandtag wird am 27. September, wordene Politgezänk endlich dem Tag der Bundestagswahl, stattfinden. Für den Wahlkampf erwarte der dbb Landesbund von der Politik „klare Aussagen speziell zum öffentlichen Dienst“, so Schwitzer: Pauschaler Personalabbau ohne Aufgabenreduzierung – wie bislang angestrebt – sei der falsche Weg. Der öffent> Anke Schwitzer, Vorsitzende liche Dienst müsse für Nachdes dbb schleswig-holstein wuchskräfte wieder attraktiv ein Ende hat. Wir hoffen, dass da- werden. Hierzu gehörten eine ormit auch die unsägliche Politik dentliche Bezahlung und eine geder Kompromisse, Halbherzigkei- scheite Personalentwicklung.“  >

dbb schleswigholstein

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Info Der Verband der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes Brandenburg/Berlin und der dbb berlin haben den Senat aufgefordert, für die Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst Berlins die längst überfälligen Besoldungsanpassungen an die Gehälter der Krankenhausärzte mit vergleichbarem Verantwortungsumfang nachzuholen. „Die deutliche Unterbezahlung der Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst Berlins führt zunehmend dazu, dass freie Planstellen nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten besetzt werden können“, kritisierten beide Organisationen. Die beamteten Ärztinnen und Ärzte im Berliner öffentlichen Gesundheitsdienst müssten bei gleichen Anforderungen im Verhältnis zu angestellten Ärztinnen und Ärzten in den Krankenhäusern einen Einkommensverlust bis zu 2 000 Euro monatlich hinnehmen. 

> dbb magazin | September 2009

dbb > finale

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BSBD

„Elektronische Fußfessel“ löst keine Probleme Die Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) sieht in der „elektronischen Fußfessel“ keine Lösung der Probleme im Strafvollzug. Solche Überlegungen seien „reiner Populismus“, sagte der BSBDBundesvorsitzende Anton Bachl am 13. August 2009 zu entsprechenden Vorschlägen aus Baden-Württemberg. „Grundsätzlich müssen Freiheitsstrafen hoheitlich überwacht und dürfen nicht privatwirtschaftlich kontrolliert werden.“ Der von einigen Politi-

mitgliedsgewerkschaften

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Anton Bachl, Bundesvorsitzender des BSBD

kern erweckte Eindruck, die „elektronische Fußfessel“ als ambulante Form des Strafvollzugs könne flächendeckend zum Einsatz kommen, sei falsch. „So ist der Kreis der in Frage kommenden Straftäter sehr gering. Zudem können diese sinnvoll in den bereits bestehenden kostengünstigeren Einrichtungen des offenen Vollzugs nicht nur untergebracht werden, sondern dort oft auch der gewohnten Arbeit nachgehen“, so Bachl. 

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fordert. „Wir brauchen 2 000 Cyber-Cops“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt der „Berliner Zeitung“ (Ausgabe vom 14. August 2009). Das Internet sei der größte Tatort der Welt. Deshalb dürfe es nicht sich selbst überlassen werden. „Die Polizei muss verstärkt verdachtsunabhängige Streifen im Netz fahren“, sagte Wendt. Zudem plädierte er für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bundeskriminalamt und der Polizei der Länder im Rahmen einer „abgestimmten Gesamtstrategie“. 

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DPolG

2 000 Web-Fahnder gefordert In der Debatte um stärkere Kontrollen im Internet hat die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG ) mehr Personal ge-

> dbb magazin | September 2009

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Mit Empörung hat der Bundesvorsitzende der Verkehrsgewerkschaft GDBA, Klaus-Die-

Klaus-Dieter Hommel, Bundesvorsitzender der Verkehrsgewerkschaft GDBA

ter Hommel, auf neue Details zum Datenskandal bei der Deutschen Bahn AG reagiert. Bei der DB Sicherheit waren Krankenakten von Mitarbeitern rechtswidrig systematisch erfasst worden. „Diese unglaublichen Vorgänge

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komba gewerkschaft

Abwanderung von Personal aus ARGEn stoppen Mit großer Sorge sieht die komba gewerkschaft die Unzufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen in den Hartz IVARGEn. Die Kommunalgewerkschaft wies am 29. Juli 2007 auf dadurch zunehmen-

dbb niedersachsen

Rechte der Personalvertretungen nicht antasten Der niedersächsische dbb Landesbund lehnt Einschränkungen der Beteiligungsrechte der Personalvertretungen im Zusammenhang mit der Auswertung des ModellkommunenGesetzes ab. Diese rechtfertige

GDBA

Datenskandal – Vorgänge dürfen sich nicht wiederholen

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Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der DPolG

müssen ein Ende haben“, machte Hommel deutlich. Es müsse Vorsorge getroffen werden, dass sich solche oder ähnliche Verstöße gegen geltendes Recht nicht wiederholen: „Zur Unternehmenskultur bei der Deutschen Bahn muss auch gehören, dass Vorgesetzte ihre Grenzen kennen und respektieren“, so Hommel. 

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Friedhelm Schäfer, Vorsitzender des dbb niedersachsen

nicht, an Einschränkungen der Beteiligungsrechte der Personalvertretungen wie in den Modellkommunen festzuhalten und sie auf die gesamte Landes- und Kommunalverwaltung zu übertragen, erklärte der dbb niedersachsen am 17. August 2009. „Das bestehende Personalvertretungsrecht hat sich bewährt, das haben die letzten schwierigen Jahre und die Erfahrungen aus den diversen Verwaltungsreformen mehr als bestätigt“, sagte der Landesbundvorsitzende des niedersächsischen dbb, Friedhelm Schäfer. Ein Festhalten an den unsinnigen Einschränkungen sei „nicht nachvollziehbar“. 

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Heinz Ossenkamp, Bundesvorsitzender der komba-Gewerkschaft

de Abwanderungstendenzen qualifizierten Personals hin. Von Seiten der komba gewerkschaft werde eine Bundesauftragsverwaltung als mögliche Lösung angesehen. Durch diese müsse der Bund zunächst den Ländern den Aufgabenvollzug in diesem Bereich übertragen. Allerdings müsse in der Folge gesichert sein, dass die Länder ihrerseits diese Aufgaben durch entsprechende Ausführungsgesetze weiter an die Kommunen übertragen. komba Bundesvorsitzender Heinz Ossenkamp. „Die Flut der Gesetzesänderungen seit Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches II erzeugt eine Rechtsunsicherheit bei den Beschäftigten, die bei der ohnehin schon bestehenden Arbeitsbelastung kaum noch eine effiziente und unbürokratische Aufgabenerledigung zulässt.“ So sei der ursprünglich sechsseitige Sozialhilfeantrag bis heute zum 30-seitigen Hartz IV-Antrag mutiert. 

dbb > finale

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DPVKOM

Arbeitsbedingungen in Call-Centern verbessern „Nur mit einem Mindestlohn von 9,50 Euro ist gewährleistet, dass ein Vollzeitarbeitnehmer in einem Call-Center ohne staatliche Unterstützungsleistungen seinen Lebensunterhalt verdienen kann.“ Darauf hat der Vorsitzende der Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM), Volker Geyer, am 18. August 2009 vor Medienvertretern in Bonn hingewiesen. Geyer machte deutlich,

grassierende Lohn- und Sozialdumping wirksam zu bekämpfen. Während die Branche Jahr für Jahr um rund 12 Prozent wachse und die rund 5 700 Call-Center mit ihren knapp 450 000 Beschäftigten Gewinne erwirtschafteten, würden die Mitarbeiter teilweise mit Stundenlöhnen von 5 bis 6 Euro abgespeist. „Davon kann kein Arbeitnehmer leben, geschweige denn eine Familie ernähren“, sagte Geyer. 

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DSTG

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Info

VBOB zu Besoldung Der Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB) unterstützt den Berliner Landesbund des dbb in seinen Bemühungen um eine verbesserte Besoldung der Beamtinnen und Beamten im Landesdienst. Der VBOB forderte am 11. August 2009 den Berliner Senat zu Bezahlungsgerechtigkeit auf. Es müsse Schluss sein mit einseitigen Sparaktionen zu Lasten der Berliner Beamtinnen und Beamten. Obwohl die Wirtschaftsleistung Berlins trotz internationaler Krise im vierten Jahr in Folge gestiegen ist, sei dies ohne Einfluss auf die Beamtenbesoldung geblieben. 

pflichtigen“ sagte Ondracek der „Passauer Neuen Presse“(Ausgabe vom 5. August

Ondracek: Wir jagen keine Rentner

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Volker Geyer, Bundesvorsitzender der DPVKOM

dass die Einführung eines branchenbezogenen Mindestlohnes notwendig ist, um das in der Call-Center-Branche

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG) Dieter Ondracek hält es für wenig wahrscheinlich, dass die Finanzämter unter den 20 Millionen Rentnern gezielt nach „schwarzen Schafen“ fahnden werden: „Wir jagen keine Rentner. Wir setzen das Gesetz um – bei Rentnern wie bei anderen Steuer-

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Dieter Ondracek, Bundesvorsitzender der DSTG

2009). „Wir werden sicher nicht 200 oder 300 Euro Steuern nachlaufen, die ein Rentner hätte zahlen müs-

sen“, so Ondracek in der „Welt“ (Ausgabe vom 5. August 2009). In diesen Fällen stünden Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis. „Die normalen Rentner sind nicht im Visier der Steuerfahndung. Sie genießen nicht einmal oberste Priorität.“ Er rechne mit zwei Millionen Rentnern, bei denen wegen ihrer Rentenhöhe eigentlich eine Steuererklärung fällig wäre. Es würden aber nicht alle aufgefordert, ihre Jahressteuererklärung rückwirkend abzugeben. 

dbb > finale

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BDZ

Mitgliederbefragung ernst nehmen Der Bundesvorsitzende der Deutschen Zoll-und Finanzgewerkschaft BDZ, Klaus H. Leprich, hat die politische Leitung des Bundesfinanzministeriums (BMF) mit den Ergebnissen der Mitgliederbefragung zur Lage der Zollverwaltung konfrontiert. In einem Schreiben an Staatssekretär Werner Gatzer machte Leprich am 20. Juli 2009 deutlich, dass das Stimmungsbild der Beschäftigten, das sich aus dieser repräsentativen Erhebung ergebe, ernst genommen werden müsse. Die Mitgliederbefragung habe Probleme bestätigt, die vom BMF

erledigung geführt hätten, etwa die dramatischen Personalfehlbestände in nahezu allen Bereichen. 

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mitgliedsgewerkschaften

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Klaus Hilger Leprich, Bundesvorsitzender des BDZ

endlich gelöst werden müssten. Leprich verwies auf die „zahlreichen Großbaustellen des Zolls“, die schon jetzt zu einer erheblichen Qualitätsminderung in der Aufgaben>

Angesichts immer aufwändigerer Polizeieinsätze bei Fußballspielen hat sich die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) erneut dafür stark gemacht, dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) für diese Dienste bezahlen soll. „Wir verlangen eine Sicherheitsgebühr von 75 Millionen Euro von der DFL“, sagte DPolG-Vorsitzender Rainer Wendt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Ausgabe vom 7. August 2009). Es müsse Schluss damit sein, dass die Bürger mit ihrem Steuergeld für Millionäre in kurzen Hosen die Zeche zahlen. 

GDL

Im Kampf um gleiche Bezahlungsbedingungen für die Beschäftigten aller deutschen Eisenbahngesellschaften

tung“ (Ausgabe vom 4. August 2009). Es sei nicht akzeptabel, dass private und kommunale Bahnen bis zu einem Drittel weniger zahlen als die Deutsche Bahn. 

> Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL

schließt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) auch Arbeitsniederlegungen nicht aus. „Wir brauchen einen Flächentarifvertrag, der das Lohnniveau des Marktführers DB für alle Bahnen sichert – und werden dafür notfalls auch streiken.“ Die GDL habe dazu bereits rund 50 Tarifverträge mit privaten und kommunalen Regional– und Güterbahnen gekündigt, sagte GDL-Chef Claus Weselsky der „Hannoverschen Allgemeinen Zei-

Info

DPVKOM zu Arbeitszeit Die Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) lehnt die erneute Forderung der Deutschen Post AG ab, die Wochenarbeitszeit der Beschäftigten von derzeit 38,5 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich zu erhöhen. „Dies wird mit den Beschäftigten und der DPVKOM nicht zu machen sein“, so der DPVKOM-Bundesvorsitzende Volker Geyer am 14. August 2009. Nötig sei vielmehr ein Bemessungstarifvertrag, der einvernehmlich zwischen den Tarifvertragsparteien festlegt, welches Arbeitsvolumen für die Beschäftigten leistbar ist. 

> dbb magazin | September 2009

Info

DPolG zu Fußballeinsätzen

Gleiche Tarifstandards für alle Eisenbahner

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VBE und DPhV

Lehrkräfte brauchen Beamtenstatus Bei der Tätigkeit des Lehrers handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe – deshalb brauchen Lehrkräfte den Beamten-

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Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE

status. Diese Auffassung haben der Verband Bildung und Erziehung (VBE) und der Deutsche Philologenverband (DPhV) im dbb vertreten. Wer die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern ablehne, habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt, erklärte der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann am 10. August 2009 zu einer Umfrage des Bildungsmagazins „FOCUS Schule“. Danach lehnen vier von fünf Bundestagsfraktionen – mit Ausnahme der Unionsfraktion – den Beamtenstatus für Lehrer ab. Beckmann verwies darauf,

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Heinz-Peter Meidinger, Bundesvorsitzender des DPhV

dass Länder wie Hessen, die unter eklatantem Lehrermangel leiden, längst erkannt hätten, dass eine gute Besoldung und die Möglichkeit der Verbeamtung zur Attraktivität des Lehrerberufs beitragen. Zudem werde die demographische Entwicklung den Wettbewerb zwischen Wirtschaft und öffentlichem Dienst um Akademiker verschärfen. Auch nach Einschätzung des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) ist Verbeamtung angesichts des drohenden Lehrermangels ein Wettbewerbsvorteil. Vor allem Quereinsteiger in Mangelfächern wie Mathematik oder Physik könnten durch den Beamtenstatus geworben werden, sagte der DPhV-Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger der „Frankfurter Rundschau“ (Ausgabe vom 12. August 2009). Auch Meidinger unterstrich, der Lehrerberuf sei eine „hoheitliche Funktion“. Lehrer griffen mit der Vergabe von Abschlusszeugnissen so tief in das Leben von Kindern und Jugendlichen ein, dass dies den Beamtenstatus rechtfertige. Er sichere zudem die pädagogische Freiheit. 

dbb > finale

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dbb berlin

Beamte fühlen sich benachteiligt Die Pläne des Berliner Senats, bei den anstehenden Tarifgesprächen für die Beschäftigten

mann erinnerte daran, dass vor sechs Jahren, als wegen der Finanznot Berlins der befristete Gehaltsverzicht für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes verhandelt worden sei, beide Statusgruppen ihren Beitrag zur Sanierung des Landeshaushaltes geleistet haben. 

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BBB

Arbeitszeitgerechtigkeit in Sicht >

mitgliedsgewerkschaften

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Joachim Jetschmann, Vorsitzender des dbb berlin

des öffentlichen Dienstes nur über die Gehälter der Angestellten zu verhandeln und auf eine Übertragung des Tarifabschlusses auf die rund 80 000 Beamten im Berliner Landesdienst zu verzichten, sind beim dbb berlin auf heftige Kritik gestoßen: „Wir fühlen uns hängen gelassen“, sagte dbb Landeschef Joachim Jetschmann der „Berliner Zeitung“ (Ausgabe vom 4. August 2009). Wenn 2010 der spezielle Berliner Tarifvertrag ausläuft und die Gehälter der Angestellten wieder auf das höhere Niveau von 2003 steigen sollten, fühlten sich die Landesbeamten gegenüber den Angestellten benachteiligt. Jetsch>

„Dies stellt einen Durchbruch in der längst überfälligen Wiederherstellung der Arbeitszeitgerechtigkeit für die bayerischen Beamtinnen und Beamten dar.“ Mit diesen Worten kommentierte Rolf Habermann, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbundes (BBB), die beschlossene Rück-

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Rolf Habermann, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbundes BBB

kehr zur 40-Stunden-Woche. „Wir begrüßen die Pläne der Staatsregierung, wenn wir

komba: Gesundheitsämter sollen impfen Die komba gewerkschaft unterstützt die Auffassung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, dass die Impfungen gegen die so genannte Schweinegrippe grundsätzlich durch die öffentlichen Gesundheitsämter erfolgen müssen. „Die Umsetzung darf allerdings nicht allein den Beschäftigen der überwiegend kommunalen Gesundheitsämter und Krankenhäuser aufgebürdet werden“, sagte komba Bundesvorsitzender Heinz Ossenkamp am 14. August 2009. Mit dem knappen Personalbestand in den Gesundheitsämtern und Krankenhäusern sei im Fall einer Pandemie ein ausreichender Schutz der Bevölkerung nicht zu gewährleisten. 

BBW

Zufrieden mit Pensionskompromiss

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Info

> dbb magazin | September 2009

uns auch eine frühere Umsetzung gewünscht hätten.“ In Anbetracht der angespannten wirtschaftlichen Lage und der Situation auf dem Arbeitsmarkt verdiene die beschlossene Absenkung zum 1. August 2012 bzw. 1. August 2013 um je eine Stunde jedoch Respekt, bekräftigte der BBB-Chef. 

Volker Stich, Vorsitzender des BBW – Beamtenbund und Tarifunion Baden-Württemberg

Der Vorsitzende des BBW Beamtenbund Tarifunion, Volker Stich, zeigte sich erfreut, dass die Landesregierung von ihrem Vorhaben Abstand genommen hat, die baden-württembergischen Beamten bereits 2020 bis zum 67. Lebensjahr arbeiten zu lassen, während der Bund und die anderen Länder dies erst ab 2029 verlangen. Der Kompromiss, auf den sich die Regierungsparteien am 28. Juli 2009 in Stuttgart verständigten, und der vom BBW Chef mit den Worten „das ist der richtige Weg“ gewürdigt wurde, sieht vor, Beamte dafür zu gewinnen, freiwillig länger zu arbeiten. Erst wenn sich zeige, dass nicht genügend Beschäftigte hierzu bereit sind, sollen schärfere Maßnahmen ergriffen werden. Stich hatte mit massiven öffentlichen Protesten gedroht, falls den Beamten im Südwesten ein Sonderopfer abverlangt werden solle. 

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dbb mecklenburgvorpommern

Gespräch mit Ministerpräsident Zu einem Arbeitsgespräch trafen die dbb Landesleitung des dbb mecklenburg-vorpommern und Ministerpräsident Erwin Sellering am 13. Juli 2009 zusammen. Zu den Themen gehörten die Auswirkungen der Föderalismusreform auf Mecklenburg-Vorpommern und den öffentlichen Dienst des Landes. „Wir haben den Kurs der Landesregierung gegen den besoldungspolitischen Flickenteppich in Deutschland immer unterstützt“, erklärte dbb Landeschef Dietmar Knecht. „Dennoch haben wir einen gekürzten Sockel bei der Besoldungsanpassung zu verzeichnen.“ Sellering erinnerte daran, dass Mecklenburg-Vorpommern beiden Föderalismusreformen die Zustimmung verweigert habe. „Leider konn-

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Dietmar Knecht, Vorsitzender des dbb mecklenburg-vorpommern

ten wir uns damit nicht durchsetzen. Jetzt zeigen sich die Schwierigkeiten, auch bei der Beamtenbesoldung.“ Einigkeit bestand aber darin, dass die erstmals erreichte zeitgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamten Signalwirkung für künftige Besoldungsrunden haben wird. 

Hirnen hilft . . .

Leicht – gemacht hat es sich ein 79-jähriger Mann aus Lippstadt – Bad Waldliesborn, um seine Eheflucht durchzu>

führen. Er erzählte seiner Frau, dass er mit dem Fahrrad zum Arzt fahren wolle – und weg war er. Die viele Stunden später alarmierte Polizei mutmaßte Unfall oder Verbrechen und löste eine Großfahndung aus, an der sich auch ein Polizeihubschrauber und Feuerwehrfahrzeuge beteiligten. Ergebnislos wurde die Suche kurz vor Mitternacht eingestellt. Am nächsten Morgen meldete sich die Polizei der Nordseeinsel Juist, die den Ausreißer putzmunter entdeckt hatte: Der rüstige Senior war offenbar reif für die Insel und am Vortag mit Bahn und Schiff angereist. > Eng – wurde es für die emsige Putzfrau eines Würzburger Möbelhauses beim Reinigen eines Papierkorbs. Ihr Arm samt Lappen ging zwar in das trichterförmige Gefäß leicht hinein, nicht aber wieder heraus. Weil der Arm in der engen Röhre auch noch anschwoll, konnte nur noch die herbeigerufene Feuerwehr helfen. Die Beamten durchtrennten mit einer Metallfräse das EdelstahlDesignerobjekt und konnten den Arm der Frau unverletzt aus dem Papierkorb ziehen. > Groß – war die Verwunderung der Polizei, als sie das Grundstück der Familie Hase-

man aus Rio Rancho in New Mexico inspizierte: Es wimmelte dort geradezu von Stallhasen, die sich seit zwölf Jahren trotz versuchter Getrennthaltung von Männlein und Weiblein auf die stattliche Anzahl von 334 Langohren vermehrt hatten. Damals hatte Herr Haseman seiner Frau Nancy ein ausgesetztes Häschen mit nach Hause gebracht und gleich für einen Spielgefährten für das süße Tierchen gesorgt. Jetzt suchen Tierschützer nach Adoptiveltern für 329 Hasen, denn in Rio Rancho gilt die städtische Vorschrift, dass pro Haushalt nur maximal fünf Haustiere gehalten werden dürfen. > Neu – sind rund 5000 Stichwörter in die 25. Auflage des Dudens aufgenommen worden. Sie seien Bestandteil der deutschen Sprache und keineswegs Eintagsfliegen – so die Duden-Redaktion. Dennoch werden wohl einige der Wortschöpfungen wieder aus dem Standardwerk verschwinden. Mag dies für „twittern“ nicht gelten, so dürfte das Verb „hirnen“ (vertieftes Nachdenken) wahrscheinlich kaum alltagstauglich werden. Das gilt wohl auch für die rund 1200 Ausdrücke, die von der Duden-Redaktion gemeinsam mit dem Hamburger Trendbüro für ein

„Neues Wörterbuch der Szenesprache“ zusammengetragen worden sind: Doch Vorsicht beim Lesen. Wer Verständnisprobleme hat, ist ein „Vollhorst“ (Idiot). >

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Klug – sollen die U-Bahn-

Fahrgäste in London werden. Mit Zitaten großer Dichter und Denker, zum Beispiel von Mahatma Ghandi oder Jean Paul

Sartre, sollen sie zum Philosophieren angeregt werden. Dabei werde – so die Überlegung der Londoner Verkehrsbetriebe – die Fahrt nicht nur wie im Fluge vergehen, sondern auch stressfreier bewältigt werden können. Des Öfteren bereits hat die Londoner U-Bahn ihren Passagieren Kultur angeboten, manche Fahrer geben auch über Bordlausprecher Lieder zum Besten. 

> dbb magazin | September 2009

kulisse

> Schwer – ist das Riesenhemd, das die Firma Walbusch, Spezialist für Hemden und Herrenmode, gemeinsam mit SOSKinderdörfer Ende Juni 2009 im Solinger Fußballstadion präsentiert hat: Es wiegt 1,4 Tonnen und misst 65 mal 53 Meter. Der Erlös aus dieser Benefiz-Aktion soll einem weißrussischen Kinderdorf in Mogilev zugute kommen. Firmenchef Walter Busch wird den Stoff des Riesen-Hemdes zu Einkaufsbeuteln verarbeiten lassen, mit einem Puzzle gefüllt sollen sie allen Kunden und Interessierten für zehn Euro angeboten werden. Der Verkaufserlös wird verdoppelt und die gesamte Summe an die SOS-Kinderdörfer gespendet. Der Eintrag in das Guinessbuch der Rekorde dürfte sicher sein.

Copyright: Walbusch Walter Busch GmbH & Co. KG

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