Schuldner- und Insolvenzberatung. Jahresbericht 2016

Schuldner- und Insolvenzberatung Diakonie des Diakonischen Werkes des Kirchenkreises Jülich in Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Hei...
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Schuldner- und Insolvenzberatung Diakonie

des Diakonischen Werkes des Kirchenkreises Jülich in Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Heinsberg e.V.

Jahresbericht 2016 Die Zahl der Beratungsfälle der Schuldner- und Insolvenzberatung lag 2016 wie in den Vorjahren auf hohem Niveau. Insgesamt wurden 1526 Haushalte beraten, darunter waren 870 Neuaufnahmen, die also 2016 erstmals die Schuldnerberatung aufgesucht haben.

Anzahl der Haushalte

Das Ziel, allen Ratsuchenden einen möglichst raschen Zugang zur Beratung zu ermöglichen, wurde auch 2016 erreicht. Alle Personen, die sich im Berichtsjahr erstmals an die Schuldnerberatung gewendet haben, erhielten Gesamtentwicklung der Neuaufnahmen innerhalb von höchstens drei Wochen einen Termin für die Erstberatung. 1651

1533

Unterscheidet man die Gesamtzahl von Beratungsfällen nach 873 allgemeiner Schuldnerberatung und Insolvenzberatung setzte sich die Entwicklung der Vorjahre fort. Während bis 2012 die Insolvenzberatungen den größe2014 ren Anteil der Beratungstätigkeit Gesamt ausmachten, übersteigt mittlerweile die allgemeine soziale Schuldnerberatung deutlich die Zahl der Insolvenzberatungen.

1526

870

887

2016

2015

Neuaufnahmen

Von den 1526 Beratungsfällen des Jahres 2016 sind 570 Personen über die Möglichkeiten, die Voraussetzungen und die Abläufe eines Insolvenzantrags beraten, bzw. im laufenden Verfahren betreut worden. Gesamtentwicklung der Schuldnerberatung Im Berichtsjahr haben 291 Personen mit Hilfe der Schuldnerberatungsstelle einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung gestellt.

Anzahl der Haushalte

Gesamtüberblick

956

955

882 731

696 570

1553

1651

1526

Zu einer Einigung mit den Gläubigern kam es im Vorfeld eines 2014 2015 2016 Insolvenzantrags in 14 Fällen. Dieser nach wie vor relativ geSchuldnerberatung Insolvenzberatung ringe Anteil erklärt sich daraus, dass die Einkünfte der großen Mehrheit der Ratsuchenden in der sozialen Schuldnerberatung unterhalb der gesetzlichen Pfändungsgrenze liegen und daher erfolgversprechende Angebote nur in Ausnahmefällen möglich sind. Andererseits sind auch Gläubiger nur unter eng begrenzten Voraussetzungen zu Teilverzichten bereit. Für beide Seiten bietet das Insolvenzverfahren auch klare Vorteile vor allem im Hinblick auf Seite 1

die Verfahrenssicherheit. Die Vorbereitung des Insolvenzantrags, die Antragstellung selbst und der weitere Ablauf bei den zuständigen Insolvenzgerichten gestaltet sich in der Praxis zumeist ohne größere Probleme. Die Schuldner- und Insolvenzberatung unterstützt bei Bedarf auch im weiteren Verfahren mit Recherchen und im Schriftverkehr mit Gericht und Insolvenzverwalter. In weiteren 30 Fällen ergab die Beratung, dass ein Regelinsolvenzantrag zu stellen ist. Dies ist immer dann gegeben, wenn Ratsuchende noch selbstständig sind bzw. selbstständig waren und mehr als 19 Gläubiger haben oder Forderungen aus Beschäftigungsverhältnissen resultieren. Seit einigen Jahren ist der Anteil der spezifischen Insolvenzberatung und der Insolvenzanträge im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beratungsfälle rückläufig. Auch bundesweit ging die Zahl eröffneter Verbraucherinsolvenzverfahren in den letzten Jahren zurück. Die 2014 in Kraft getretene Insolvenzrechtsreform, mit der unter anderem eine kürzere Dauer bis zur Restschuldbefreiung ermöglicht werden sollte, hatte keine Zunahme von Insolvenzanträgen zur Folge. Dies lässt sich allerdings nicht mit einer abBundesweit ist die Anzahl der neu- nehmenden Überschuldung erklären. Die eröffneten Verbraucher-Insolvenzjährliche Auswertung statistischer Merkmale verfahren rückläufig durch eines der größten Inkassounternehmen (Creditreform) hat für 2016 ergeben, dass die Überschuldung von Privatpersonen trotz relativ günstiger Wirtschaftsentwicklung und sinkender Arbeitslosigkeit zum dritten Mal in Folge angestiegen ist. Es wird davon ausgegangen, dass 6,8 Millionen Bürger/innen über 18 Jahre überschuldet sind, das entspricht einem Anteil von 10 %.

Personen

Hintergrund ist nach den Erfahrungen in unserer Beratungspraxis, dass Ratsuchende oft über Jahre mit vielfältigen Problemlagen wie niedriges Einkommen, Trennung, ungeklärter Unterhalt, defizitäre Haushaltssituation und gesundAnzahl eingeleiteter Insolvenzverfahren heitliche Probleme konfrontiert sind. Im Vordergrund stehen daher zunächst Bera365 tungsinhalte wie Klärung der 340 337 Problemsituation, Krisenbewältigung, Schuldnerschutz und Existenzsicherung, bevor 2014 2013 2015 an die Einleitung eines Insolvenzantrags gedacht werden kann. Es bestehen auch Ängste vor nachteiligen Folgen, dauerhaftem Ausschluss vom Wirtschaftsverkehr und Stigmatisierung durch den Insolvenzantrag. Ein Insolvenzverfahren erstreckt sich bis zur Löschung des Eintrags „Restschuldbefreiung erteilt“ in der Schufa immerhin über 9 Jahre. Hinzu kommt, dass Betroffene häufig schon mit grundlegenden Anforderungen in einem amtlichen Verfahren wie der Beschaffung von Unterlagen und Schriftverkehr überfordert sind. Die Einführung des Pfändungsschutzkontos mag ebenfalls dazu beigetragen haben, dass ein Insolvenzantrag weniger notwendig erscheint, da das pfändungsfreie Einkommen gesichert ist.

291

2016

Die Insolvenzberatung muss daher die Frage thematisieren, wie und ggf. mit wel- Die Ausgansproblematik der Ratenchen Hilfen das Ziel des schuldenfreien suchenden wird immer komplexer „Neustarts“ erreicht werden kann. Insolvenzberatung versteht sich insofern als Teil der sozialen Schuldnerberatung. Die soziale Schuldnerberatung stellt die Menschen in ihren alltäglichen Lebensbedingungen in den Mittelpunkt und betrachtet neben den finanziellen auch die sozialen und kulturellen Aspekte der Überschuldung. Seite 2

In die Beratung werden nicht nur ökonomische, sondern auch soziale, biographische und gesundheitliche Aspekte einbezogen, um mit dem Klienten die derzeit passende Lösung zu finden. Eine rein monetäre Betrachtung der Situation der Klienten greift nicht weit genug und steht einem längerfristigen Erfolg der Beratung entgegen. Überschuldung sollte nicht nur als akutes Problem gesehen werden, sie ist häufig Folge biographischer Entwicklungen. Um diese multiplen Problemlagen zu erfassen und Lösungswege zu finden, ist mehr erforderlich als eine Finanzund Rechtsberatung. Neben der aktiven Beteiligung der Ratsuchenden ist auch das Verstehen der individuellen und gesellschaftlichen Probleme der Klienten Voraussetzung für gelingende soziale Schuldnerberatung.

Pfändungsschutzkonto

Die Beratungen zum Pfändungsschutzkonto (P-Konto) und die damit verbundene Ausstellung einer Bescheinigung über den geschützten Freibetrag sind seit einigen Jahren fester Bestandteil unserer Arbeit. Ist ein Konto gepfändet, müssen Schuldner ein sogenanntes P-Konto einrichten. Um einen höheren Freibetrag als den Grundfreibetrag (zur Zeit 1.073,88 €) zu bekommen, muss eine P-Konto-Bescheinigung ausgestellt werden. Hierzu müssen z. B. die Unterhaltspflichten, der Eingang von Kindergeld oder einmalige Sozialleistungen nachgewiesen werden.

648

Personen

Wie in den Vorjahren ist auch im Berichtsjahr die Anzahl der ausgestellten Bescheinigungen erheblich gestiegen. Die hohe Zahl Anzahl P-Konto-Bescheinigungen der ausgestellten Bescheinigungen resultiert einerseits aus den vielen Folgebe583 scheinigungen, da die kontoführenden Banken in der Regel einmal im Jahr eine neue Bescheinigung wün440 schen. 412 Aber auch die stetig zuneh2014 2015 2013 mende Zahl der eingerichteten P-Konten trägt zu einer Steigerung bei. Das Institut für Finanzdienstleistungen (iff) hat die Entwicklung der bei der Schufa gemeldeten P-Konten veröffentlicht. Demnach bestanden zum Stichtag 01.01.2015 1,8 Millionen P-Konten in Deutschland. Monatlich werden zwischen 20.000 und 35.000 neue P-Konten an die Schufa gemeldet. Laut iff hat sich die Zahl der Kontopfändungen seit Einführung des P-Kontos im Jahr 2010 nicht verringert. Monatlich gehen etwa 450.000 oder jährlich 5,4 Millionen neue Kontopfändungen bei den Banken ein.

Jährlich gehen 5,4 Millionen neue Kontopfändungen bei den Banken ein

2016

Der Gesetzgeber hat neben den Schuldnerberatungsstellen auch andere Stellen in die Verantwortung genommen und ihnen die Berechtigung, entsprechende Bescheinigungen auszustellen übertragen. Hierzu zählen z. B. Familienkassen,

Sozialämter oder Jobcenter. Da bei den Sozialleistungsträgern alle notwendigen Daten bereits vorliegen und damit eine schnellere Abwicklung und ortsnahe Versorgung möglich ist, werden wir zukünftig die Empfänger von Sozialleistungen vermehrt an die Sozialämter bzw. Jobcenter verweisen müssen.

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Schulden machen krank

Schon in unserem letzten Jahresbericht haben wir auf die Wechselbeziehung zwischen Überschuldung und Krankheit aufmerksam gemacht. Das Thema psychische und/oder physische Auswirkungen der Schulden nimmt einen immer größeren Stellenwert in der Beratung ein, weshalb wir in diesem Bericht das Thema nochmals aufgreifen möchten. Leider liegen keine neueren empirischen Erhebungen vor. Einer Studie der Uni Mainz aus dem Jahr 2008 zufolge sind acht von zehn überschuldeten Personen krank. 40 % klagten über Angstzustände, Depressionen oder Psychosen, rund 39 % über Erkrankungen der Gelenke und der Wirbelsäule. Einerseits kann es aufgrund von Erkrankung zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit kommen. Bei einer Minderung des verfügbaren Einkommens kann die finanzielle Situation schnell außer Kontrolle geraten. Konnten vor der Erkrankung noch alle Verpflichtungen eingehalten werden, kann es nun zu Zahlungsverzug kommen und die psychischen und gesundheitlichen Belastungen nehmen noch zu.

80 % der Überschuldeten leiden mindestens an einer Krankheit

Andererseits bleibt es nicht aus, dass die Belastung mit Schulden Krankheiten nach sich zieht. Die ökonomische Zwangslage kann zu einer psychosozialen Destabilisierung führen. Häufig spielen diffuse Ängste eine Rolle. Die Schuldner fühlen sich den Gläubigerschreiben, Vollstreckungsversuchen und Gerichtsvollzieherbesuchen hilflos ausgeliefert. Dieses Gefühl der Ohnmacht wird noch durch diverse Ängste verstärkt, mit denen wir häufig in der Beratung konfrontiert werden. Hartnäckig halten sich seit Jahren verschiedene Gerüchte. -Die Ratsuchenden haben Sorge wegen der Schulden ins Gefängnis zu kommen - dies ist nur möglich bei Nichtzahlung einer Geldstrafe oder Geldbuße oder bei Verweigerung der Abgabe der Vermögensauskunft. -Die Ratsuchenden haben Sorge vor „Kahlpfändung“ durch den Gerichtsvollzieher – durch die Pfändungsschutzvorschriften sind die lebensnotwendigen Alltagsgegenstände, Gegenstände von geringem Wert und die lebens- und unterhaltsrelevanten Einkünfte weitestgehend pfändungsgeschützt. -Die Ratsuchenden haben Sorge vor Mithaftung des Ehegatten und der Kinder - eine Mithaftung ist nach deutschem Recht grundsätzlich ausgeschlossen, nur für Geldgeschäfte die zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie beitragen (Einkauf im Supermarkt) könnte eine Haftung entstehen. Eine weniger leicht zu entkräftende Sorge ist die Angst der Schuldner vor der gesellschaftlichen Stigmatisierung. Die Angst davor, dass die Nachbarschaft mitbekommt, Ängste und Sorgen machen krank wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht, .....Aufklärung hilft die Immobilie zwangsversteigert wird oder die die „Eröffnung des Insolvenzverfahrens“, im Internet veröffentlicht wird, halten einige Schuldner davon ab, die notwendigen Schritte einzuleiten. Bei einer Befragung der Zentralen Schuldnerberatungsstelle Stuttgart aus dem Jahr 2016 gaben 61 % der Überschuldeten an, unter psychisch/psychosomatischen Erkrankungen, körperlichen Beschwerden oder Schmerzen zu leiden. 62 % der dort Befragten gaben an, dass sich durch die Schuldnerberatung ihr Gesundheitszustand insgesamt verbessert hat oder verbessern kann. Seite 4

Auslöser

Es gilt heute als normal sich Geld zu leihen, um z.B. ein Haus, ein Auto oder andere Dinge des Lebens zu kaufen. Solange die Zahlungsverpflichtungen aus dem Haushaltseinkommen getragen werden können bleibt dies unproblematisch. Wenn aber durch einen „ Auslöser“ die Schulden auf lange Sicht nicht mehr aus dem Einkommen bezahlt werden können, ohne dabei die Grundversorgung zu gefährden, spricht man von einer Überschuldung. Die Auslöser einer Überschuldung sind vielfältig Auslöser von Überschuldung und häufig nicht eindeutig festzustellen. Am 6,2 Arbeitslosigkeit häufigsten, mit einem 8,2 Krankheit Anteil von 37 % entsteht Überschuldung im Zu14,3 Trennung/Scheidung sammenwirken mehre1,0 Straftat rer, das heißt “multipler“ Faktoren. Dieser Begriff 2,2 Sucht umfasst sowohl perso16,4 gesch. Selbstständigkeit nenbezogene wie auch 8,1 Immobilienfinanzierung strukturelle Merkmale. Als personenbezogene 36,7 Multiple Faktoren Merkmale können zum 6,9 Sonstiges Beispiel Unerfahrenheit Angaben in % gegenüber Kredit- und Konsumangeboten, überschätzte Zahlungsfähigkeit, unrealistische Konsumorientierung und unwirtschaftliche Haushaltsführung eine Rolle spielen. Unter strukturellen Merkmalen wären zum Beispiel Arbeitslosigkeit, unsichere Beschäftigungsverhältnisse mit niedrigen Einkommen, Krankheit und Trennung zu nennen. Den zweithöchsten Anteil von 16 % bilden gescheiterte Selbstständigkeiten. Dies ist zum Teil dadurch zu erklären, dass Personen mit fehlender Perspektive auf dem Arbeitsmarkt den Weg in eine risikoreiche Selbstständigkeit suchen. Bei 14 % der überschuldeten Haushalte ist eine Trennung oder Scheidung als Auslöser festzustellen. Die Ausgaben für zwei getrennte Haushalte führen für Beide zu finanziellen Belastungen. Soweit auch Kinder betroffen sind, kommen auf den unterhaltspflichtigen Elternteil noch Unterhaltszahlungen dazu. Eventuell vorhandener Immobilienbesitz muss in diesen Fällen oft aufgegeben werden. Doch nicht nur durch Trennung und Scheidung scheitern Immobilienfinanzierungen. Bei rund 8 % ist die Immobilie an sich der Auslöser der Überschuldung. In einem ländlich geprägten Umfeld hat Immobilienbesitz einen hohen Stellenwert. Beim Kauf einer Immobilie überlagert der Wunsch häufig auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Finanzierung, der eigenen Leistungsfähigkeit oder dem Zustand der Immobile.

Multiple Faktoren als Auslöser von Überschuldung ist das Zusammemwirken personenbezogener und struktureller Merkmale

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Schulden im Alter

Zahlreiche Prognosen deuten darauf hin, dass Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Altersversorgung nach sich ziehen. Nach Aussage des Berichts des Kreises Heinsberg zum demografischen Wandel steigt die Anzahl der über 65-jährigen bis zum Jahre 2030 um rund 50 %. Der überwiegende Teil der Altersversorgung wird getragen durch die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Nach Aussage des Berichts der Bundesregierung zur Rentenversicherung 2016 ist die heutige Rentengeneration noch relativ gut versorgt. Lediglich 3 % der 65-jährigen und Ältere seien gegenwärtig auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen. Das Durchschnittseinkommen der Rentenbezieher beträgt bei Ehepaaren 2.543 €, bei alleinstehenden Männern 1.614 € und bei alleinstehenden Frauen 1.420 €. Das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenempfängern wird sich jedoch durch den demografischen Wandel zu Lasten der Beitragszahler verschieben mit der Folge, dass die durchschnittlichen Alterseinkünfte möglicherweise nicht mehr auf dem heutigen Niveau zu halten sind. Darüber hinaus wird prognostiziert, dass mit der steigenden Zahl von Geringverdienern (teilweise mit Mindestlohn), gebrochenen Erwerbsbiografien, vorzeitigen Erwerbsunfähigkeiten und gescheiterten Selbstständigkeiten das individuelle Rentenniveau vermindert und gleichzeitig das Beitragssystem geschwächt wird. Denn nur wer 40 Jahre lang ohne Unterbrechung mindestens 2.100 € brutto im Monat verdient, bekommt im jetzigen Rentensystem eine Rente über Grundsicherungsniveau.

nur wer 40 Jahre lang ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 2.100 € bezieht, erhält eine Rente über Grunsicherungs-Niveau

Immer mehr Selbstständige müssen sich laut Rentenbericht der Bundesregierung auf sinkende Alterseinkünfte einstellen. So verfügt fast die Hälfte der ehemals Selbstständige über ein Alterseinkommen von weniger als 1.000 Euro, während es bei Arbeitnehmern nur gut ein Drittel ist. Insbesondere für Selbstständige mit privater Krankenversicherung kommen durch altersbedingte Beitragssteigerungen zusätzliche finanzielle Belastungen hinzu bzw. können Versorgungslücken nicht mehr geschlossen werden. Frauen in Erziehungszeiten, Alleinerziehende und Migranten gelten es ist mit einem deutlichen Anstieg von als typische Vertreter der Gruppe älteren Personen in der Schuldnerberatungzu rechnen der Geringverdiener und Minijobber. Sie rutschen durch die geringen Erwerbseinkünfte zwangsläufig unter die statistische Armutsgrenze mit den negativen Folgen für die zukünftigen Alterseinkünfte. Aus Sicht der Schuldnerberatung können all diese Faktoren bei den älteren Menschen neben sozialen Einschränkungen eine finanzielle Problemlage hervorrufen. Die schwierige Anpassung des persönlichen Lebensstiles an das gesunkene Einkommensniveau verbunden mit zusätzlichen Kosten z. B. für Gesundheit, Pflege und Mobilität belasten die Ausgabenseite in erheblichem Maße. Bestehende Schuldverpflichtungen können demzufolge nicht mehr umfassend Seite 6

bedient werden. Es besteht die Gefahr des Abgleitens in eine Verschuldungsspirale. Der Anteil der Rentenbezieher bei den Einkommensarten als auch der Anteil der über 60-jährigen bei der Altersstruktur schwankt seit 2009 in unserer Beratungseinrichtung zwischen 10 und 12 %. Hier wird in den nächsten Jahren ein Anstieg auf jeweils 15 % und mehr erwartet. Schuldnerberatung hat an dieser Stelle die Aufgabe, sich auf die zukünftigen Veränderungen einzustellen. Dies gilt nicht nur in der Einzelfallberatung, sondern auch in einer verstärkten Form für eine präventive Beratung. Denn die Erfahrungen der Wohlfahrtverbände, Sozialverbände und VdK machen deutlich, dass ältere Menschen überdurchschnittliche Hemmungen haben rechtzeitige Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen.

Ausblick

Rundfunkgebühren: Artikel 4 des Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist am 01.01.2017 in Kraft getreten. Er erlaubt erstmals eine rückwirkende Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für den Zeitraum von bis zu drei Jahren, wenn die Voraussetzungen in diesem Zeitraum nachweislich vorgelegen haben. Kindergeld: das Kindergeld ist 2017 um 2 € pro Kind gestiegen. Für die ersten beiden Kinder gibt es jetzt 192 €, für das dritte Kind 198 € und für jedes weitere Kind 223 €. 2018 wird eine weitere Erhöhung um jeweils 2 € erfolgen. Kinderzuschlag: Der Kinderzuschlag wird von der Familienkasse an Eltern für das in ihrem Haushalt lebende Kind gezahlt, wenn sie mit ihrem Einkommen zwar den eigenen Bedarf decken können, nicht aber den ihrer Kinder. Nach einer ersten Erhöhung im Juli 2016 auf maximal 160 € bekommen berechtigte Eltern ab dem 01. Januar 2017 maximal 170 € Kinderzuschlag. Düsseldorfer Tabelle: Ab dem 01. Januar 2017 haben Trennungskinder Anspruch auf höhere Unterhaltszahlungen. Dann gilt die neue Düsseldorfer Tabelle. Sie dient als Grundlage für die Berechnung eines angemessenen Unterhalts. Unterhaltsvorschuss: Die Reform zum Unterhaltsvorschussgesetz tritt zum 01. Juli 2017 in Kraft. Bisher wird Unterhaltsvorschuss für Kinder eines nicht zahlenden Elternteils bis zum zwölften Lebensjahr und höchstens sechs Jahre lang gewährt. Die kommende Reform sieht vor, dass künftig Kinder leistungsunfähiger oder zahlungsunwilliger Elternteile bis zum vollendeten 18. Lebensjahr statt bis zum 12. Lebensjahr Anspruch auf den Unterhaltsvorschuss haben. Auch die Befristung auf sechs Jahre entfällt mit der Reform. Sozialleistungen: Zum Jahresbeginn 2017 steigen die Leistungen für alle, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Das gilt für die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und die Sozialhilfe nach SGB XII. Der Regelsatz für Alleinstehende steigt von 404 € auf 409 € pro Monat. Bei Paaren erhöht sich der Satz pro Partner um 4 € auf 368 €. Die Grundsicherung für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren erhöht sich um 21 €, d. h. jetzt 291 € und für Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren steigt der Satz um 5 € auf 311 €.

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Querschnitt

Dank

Auch in diesem Jahr wurden Informationsveranstaltungen zur Arbeits- und Vorgehensweise der Schuldnerberatung durch kooperative Betreuungs-, Beratungs- und Qualifizierungsstellen, sozialpädagogische Familienhilfe, Familienzentren und der Bewährungshilfe angefragt. Die Schuldnerberatung hat sich auf die Durchführung von Informationsveranstaltungen für Multiplikatoren konzentriert. Der unmittelbare Austausch mit den kooperierenden Mitarbeitern ist zudem wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Die Mitarbeiter der Schuldnerberatung nehmen regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen und regionalen Arbeitskreisen zu aktuellen Themen teil.

Für die Unterstützung unserer Beratungsstelle danken wir unseren Vertrags- und Kooperationspartnern: der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Heinsberg e.V., dem Kreis Heinsberg, der Kreissparkasse Heinsberg, dem Rheinischen Sparkassen- und Giroverband, dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Kirchenkreis Jülich, sowie der Kirchengemeinde Hückelhoven. Ohne diese Unterstützung wäre unsere Arbeit nicht möglich.

Team

Vera van Ool Beratung

Tonja Schreck Beratung

Lenka Flatau Beratung

Angelika Kusch-Fischer Beratung

So finden Sie uns Schuldner- und Insolvenzberatung Haagstr. 10 41836 Hückelhoven Tel. 02433-90560 Fax 02433-905622 www.kkrjuelich.de

Diakonie

Wolfgang Meier Beratung und Leitung

Ludwig Buchenau Sekretariat

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