10.Kongress für Verwaltungsbeiräte von Wohnungseigentümergemeinschaften Maimarkthallen Mannheim Xaver-Fuhr-Str. 101, 68163 Mannheim am 18.10.2014

Rund um die Eigentümerversammlung Referent: Dr. Olaf Riecke, [email protected]

Frage  Wenn das nach der Gemeinschaftsordnung oder dem WEG (§§ 16 Abs.4, 22 Abs.2 WEG) erforderliche Quorum nicht erreicht wird und dennoch ein positiver Beschluss verkündet wurde: Ist dieser Beschluss nichtig oder nur anfechtbar? Kommt es darauf an, ob der Versammlungsleiter sich nur verzählt hat?

18/10/14

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Antwort  Wenn bei der Beschlussfassung gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG die erforderliche Stimmenzahl nicht erreicht wird, ist ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss nur anfechtbar (Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., §16 Rn. 66).

 BT-Drucks. 16/887, Bl. 25: "Wird bei der Beschlussfassung die erforderliche Stimmenzahl nicht erreicht, so ist ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss wirksam, aber anfechtbar. Er erlangt unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG Bestandskraft". LG München I, Urteil vom 13.1.2014, 1 S 1817/13, ZMR 2014, 480

18/10/14

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Frage  Unterliegt ein Wohnungseigentümer einem Stimmverbot, wenn er einen Rechtsstreit - als Kläger - gegen den Verband führt und verfahrensbezogene Maßnahmen Gegenstand der Beschlussfassung sind?  § 25 (5) WEG:  Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 18 rechtskräftig verurteilt ist.

18/10/14

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Antwort • Ein Wohnungseigentümer unterliegt in entsprechender Anwendung von § 25 Abs.5, 2. Alternative WEG einem Stimmverbot, wenn er einen Rechtsstreit gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft führt und verfahrensbezogene Maßnahmen Gegenstand der Beschlussfassung sind. BGH, Urteil vom 6.12.2013, V ZR 85/13, ZMR 2014, 559 • Anm: Nur so kann der Zweck des in § 25 Abs.5 WEG geregelten Stimmverbots umfassend umgesetzt werden. Es soll verhindert werden, dass der Prozessgegner auf das Ob und Wie einer gegen ihn gerichteten Prozessführung Einfluss nehmen kann. 18/10/14

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Fragen  Der Beirat wird per Beschluss ermächtigt, einen Verwaltervertrag zu unterzeichnen, der dem Verwalter u. a. erlaubt in Kerngeschäften der Verwaltung Untervollmacht zu erteilen.

Ist dies rechtens? Kann nur dieser Beschlussteil angefochten werden?

18/10/14

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Antwort  Enthält ein Verwaltervertrag Nebenpunkte, die unangemessen sind, d.h. nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, so ist eine Teilanfechtung möglich.

LG Düsseldorf, Urteil vom 1.10.2014, 25 S 30/14 Ähnlich: Liegen keine besonderen Umstände vor, führt die fehlerhafte Verteilung einzelner Kostenpositionen in der Regel nicht dazu, dass Einzeljahresabrechnungen oder Einzelwirtschaftspläne insgesamt für ungültig zu erklären sind (BGH v. 11.5.2012, V ZR 193/11). 18/10/14

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Aber Vorsicht, das kann teuer werden!  Die Anfechtungsklage kann auf einen abtrennbaren Teil des Beschlusses beschränkt werden. An der Abtrennbarkeit fehlt es jedoch grundsätzlich, wenn eine Sonderumlage um einen bestimmten Betrag reduziert werden soll.  Eine in unzulässiger Weise beschränkte Anfechtungsklage ist im Zweifel als Anfechtung des ganzen Beschlusses auszulegen. BGH, Urteil vom 19.10.2012, V ZR 233/11, ZMR 2013, 212

18/10/14

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Fragen  Die Gemeinschaft will per Beschluss den Beirat oder Verwalter ermächtigen, einen lukrativen Vertrag mit einem Mobilfunkbetreiber abzuschließen.

 Welcher Mehrheit bedarf es?  Ist der Vertrag über die Gestattung der Errichtung einer Mobilfunkanlage durch einen Dritten wie eine bauliche Veränderung eines Wohnungseigentümers zu behandeln?

18/10/14

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Antwort • Die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Haus einer Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr.1 WEG).

BGH, Urteil vom 24.1.2014, V ZR 48/13, ZMR 2014, 464 • „Dass dies jedenfalls für die erstmalige Anbringung von Sendeanlagen auf dem bislang nicht mit solchen Anlagen versehenen Dach des Aufzugshauses gilt, liegt auf der Hand..“

18/10/14

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Frage  Im Beschluss über den Anbau eines Außenlifts für einen gehbehinderten Nutzer wird eine Kostentragungsregelung für die Instandsetzung und Instandhaltung des Außenlifts zulasten des Bauwilligen mit dessen Einverständnis geregelt. Geht das?

18/10/14

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Antwort  Der Anbau eines Außenlifts für einen gehbehinderten Nutzer stellt eine (einfache) bauliche Veränderung dar.  Auf eine Modernisierungsmaßnahme bestünde auch kein Individualanspruch.  Eine - beschlossene – Kostentragungsregelung für die Instandsetzung und Instandhaltung des Außenlifts zulasten des Bauwilligen ist auch bei dessen Einverständnis nichtig; insoweit bedarf es – da eine Dauerregelung vorliegt – einer Vereinbarung (vgl. BGH V ZR 202/09 ZMR 2010, 775). LG München I, Urteil vom 23.6.2014, 1 S 13821/13

18/10/14

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Anmerkung  Die Begründung ist wenig überzeugend.  Der Bauwillige müsste nur allein für diese Maßnahme stimmen, dann hätte er schon kraft Gesetzes alle Kosten zu tragen (vgl. § 16 Abs.6 WEG).

 So bleibt aber immer noch die Vertragslösung, der qua Beschluss zugestimmt werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 24.1.2014, V ZR 48/13, ZMR 2014, 464 zum Vertrag mit einem Dritten über die Errichtung eine Mobilfunksendeanlage). 

§ 16 (6) WEG: Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs.1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen.

18/10/14

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Fragen  Gibt es bauliche Veränderungen im Sinne des § 22 Abs.1 WEG, die ohne bauliche Tätigkeit zu bejahen sind?  Kann eine bauliche Veränderung nur durch Beschluss gestattet werden oder genügt auch die Zustimmung aller benachteiligten Miteigentümer?

18/10/14

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Antwort 1  Auch ohne bauliche Tätigkeit im engeren Sinne und ohne Eingriff in die Bausubstanz kann eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 WEG angenommen werden.  Dies gilt etwa für die bloße Änderung der Farbgebung des Hauses oder von sichtbaren Gebäudeteilen (vgl. OLG Hamburg, ZMR 2005, 394 m.w.N.). LG Hamburg, Urteil vom 10.4.2013, 318 S 81/12, ZMR 2013, 739

18/10/14

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Antwort 2  1. Die Änderung der Farbgebung des Hauses, auch durch im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG beeinträchtigte Eigentümer, kann nur in Gestalt einer förmlichen Beschlussfassung gestattet werden. - str.  2. Eine Terrassenüberdachung ist beeinträchtigend, wenn dadurch die Instandhaltung und Instandsetzung des in diesem Bereich befindlichen Gemeinschaftseigentums, die jeweils der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt (vgl. §§ 21 Abs. 4 und 5 Nr. 2 WEG), erschwert wird. LG Hamburg, Urteil vom 16.1.2013, 318 S 55/12, ZMR 2013, 373

18/10/14

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Anmerkung  Das Verfahren war beim BGH zum Az: V ZR 25/13, ZMR 2014, 554 ff.  ABER: Der BGH ließ die Frage offen.  Ablehnend äußerte sich zum Leitsatz 1 schon J.-H. Schmidt ZWE 2013, 399 ff. Der Gesetzgeber wollte m. E. das alte "Zustimmungsverfahren" nicht abschaffen.

18/10/14

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Frage  Können die Wohnungseigentümer wirksam beschließen, dass die Kosten der turnusmäßigen Beprobung nach der TrinkwVO (nur) von den vermietenden Eigentümern zu tragen sind?  Nicht ausdrücklich geregelt ist, was gelten soll, wenn nur ein Sondereigentümer vermietet, alle anderen aber nicht gewerbliche Selbstnutzer sind.  Nach § 3 Nr.10 TrinkwVO ist dann für die gesamte Anlage von "gewerblicher Tätigkeit" auszugehen (wie hier Böck/Pause ZWE 2013, 348 l. Sp.; a.A. nur Hübner ZfIR 2013, 90 r.Sp. oben unter II.1.).

18/10/14

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§ 3 Nr.10 TrinkwVO §3

Im Sinne dieser Verordnung …… 1. … 9. ….; 10. ist „gewerbliche Tätigkeit“ die unmittelbare oder mittelbare, zielgerichtete Trinkwasserbereitstellung im Rahmen einer Vermietung oder einer sonstigen selbstständigen, regelmäßigen und in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeit; 11. ……

18/10/14

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Antwort • Es ist systemwidrig nur die vermietenden Wohnungseigentümer mit den bei Umsetzung der TrinkwasserVO entstehenden Kosten zu belasten. • Der TOP „TrinkwasserVO – Legionellenprüfung“ ist außerdem in der Einladung nicht ausreichend, wenn eine dauerhafte Änderung des Verteilerschlüssels oder eine Durchbrechung desselben beschlossen werden soll. AG Heilbad Heiligenstadt, Urteil vom 20.12.2013, 3 C 331/13, ZMR 2014, 490

18/10/14

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Frage  Werden die Sondereigentümer oder der Verband bei zu hohem Befall der Wasserversorgungsanlage mit Legionellen nach Durchführung der Gefährdungsanalyse ggf von dem Gesundheitsamt in Anspruch genommen?

18/10/14

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Antwort 1. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (Verband) kann als Inhaber der Wasserversorgungsanlage im Sinne der TrinkwasserVO angesehen werden. 2. Dem Verband kann nicht aufgegeben werden, alle nicht mit DVGW-Zulassung versehenen Armaturen der Sondereigentümer zu erneuern. 3. Zum weiten Verwaltungsermessen bei der Auswahl des richtigen Adressaten und der sachgerechten Maßnahmen bei (hohem) Legionellenbefall des Leitungswassers. BayVGH, Beschluss vom 29. 9. 2014, 20 CS 14.1663 18/10/14

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Beschlusskompetenz  besteht idR nur, soweit es sich bei Gegenständen - anderes gilt für Gebrauchs- und Nutzungsregelungen – um solche handelt, die im Gemeinschaftseigentum stehen oder zum Verwaltungsvermögen gehören.  Darf man sich hier auf die - meist notariellen - Regelungen in der Teilungserklärung immer verlassen?  Bedarf es einer kompetenten Verwaltung, die insoweit nichtige Regelungen im Vorwege erkennt und danach handelt/abrechnet?

18/10/14

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Es stellen sich folgende Fragen Sind folgende Gegenstände sondereigentumsfähig, d. h. können sie durch die Teilungserklärung oder eine sonstige Vereinbarung zum Sondereigentum gemacht werden: • Heizkörper • Wasserleitungen • Thermostatventile • Rauchwarnmelder • Duplexparker bzw. Teile davon? Droht dem Verwalter oder Beirat Haftung, wenn er der notariellen Einstufung in der Teilungserklärung „blind“ folgt? 18/10/14

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Antwort 1 • Heizkörper und dazugehörige Leitungen zum Anschluss an eine Zentralheizung können durch Teilungserklärung oder nachträgliche Vereinbarung dem Sondereigentum zugeordnet werden. • Sondereigentum sind dann vorbehaltlich ausdrücklicher anderweitiger Regelung in der Teilungserklärung auch Heizungs- und Thermostatventile und ähnliche Aggregate. BGH, (Fehl-)Urteil vom 8.7.2011, V ZR 176/10, ZMR 2011, 971 mit abl. Anm. Jennißen

18/10/14

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Antwort 2 • Heizungs- oder Thermostatventile an Heizkörpern in Wohnungseigentumsanlagen sind dagegen nach richtiger Ansicht dreier Oberlandesgerichte zwingend Bestandteile des Gemeinschaftseigentums. • OLG München (MDR 2008, 620), • OLG Stuttgart (ZMR 2008, 243 = WuM 2008, 44) und • OLG Hamm (ZMR 2001, 839)

18/10/14

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Antwort 3a • Durch die Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes nicht begründet werden; • die Teilungserklärung kann die Grenze zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum nur zu Gunsten, nicht aber zu Ungunsten des gemeinschaftlichen Eigentums verschieben. BGH, Urteil vom 26.10.2012, V ZR 57/12, ZMR 2013, 454

18/10/14

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Antwort 3b • Versorgungsleitungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, stehen zwingend im Gemeinschaftseigentum, soweit sie im räumlichen Bereich des Gemeinschaftseigentums verlaufen. • Das gilt auch dann, wenn ein Leitungsstrang ausschließlich der Versorgung einer einzelnen Wohnung dient (offiziell nur „Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 8. Juli 2011, V ZR 176/10, ZMR 2011, 971“ mit abl. Anm. Jennißen; in Wahrheit Abkehr von der bisherigen verfehlten Rspr.). BGH, Urteil vom 26.10.2012, V ZR 57/12, ZMR 2013, 454

18/10/14

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Antwort 4 • Das an einer Doppelstockgarage gebildete Sondereigentum erstreckt sich auf die dazugehörige Hebeanlage, wenn durch diese keine weitere Garageneinheit betrieben wird. • BGH, Urteil vom 21.10.2011, V ZR 75/11, ZMR 2012, 377

18/10/14

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Antwort 5 • vgl. zum Fahrblech eines Duplexparkers: • An Bauteilen eines Duplex-Parkers kann auch dann Sondereigentum bestehen, wenn die zugehörige Hydraulikanlage infolge des Betriebs mehrerer Garageneinheiten zwingendes Gemeinschaftseigentum darstellt; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.3.1999, 3 Wx 14/99, ZMR 1999, 500 und Anm. Häublein MittBayNot 2000, 110. • LG München I, Urteil vom 05. 11. 2012, 1 S 1504/12, 1 S 1504/12, ZMR 2013, 308

18/10/14

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Antwort 6 • Die Wohnungseigentümer können den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen jedenfalls dann (mit einfacher Mehrheit) beschließen, wenn das Landesrecht eine entsprechende eigentumsbezogene Pflicht vorsieht. • Rauchwarnmelder, die aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer angebracht worden sind, stehen nicht im Sondereigentum. BGH, Urteil vom 8. 2. 2013, V ZR 238/11, ZMR 2013, 642

18/10/14

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beruhigende Antwort 7 Der Verwalter und der Beirat müssen nicht schlauer sein als der Notar: • Der Verwalter darf der Abgrenzung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum in der notariellen Teilungserklärung vertrauen. • Duplexparker sind grundsätzlich sondereigentumsfähig. AG Dippoldiswalde, Urteil vom 25. 4. 2013, 2 C 804/12, ZMR 2013, 837

18/10/14

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Frage • Kann im Einzelfall die nichtige dingliche Zuordnung wenigstens als Kostentragungsregelung verstanden und aufrechterhalten werden?

18/10/14

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Antwort 1 • Eine nichtige Regelung über die Zuordnung zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehörender Gebäudeteile zum Sondereigentum kann ggf. - hier für Thermostatventile verneint - gemäß §§ 133, 140 BGB im Wege der Auslegung umgedeutet werden in eine Kostentragungsregelung mit der Folge, dass es bei der Kostentragung für die betreffenden Eigentümer verbleibt, sie also die Kosten für die Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung zu tragen haben. • OLG Hamm, Beschluss vom 6.3.2001, 15 W 320/00, ZMR 2001, 839

18/10/14

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Antwort 2 1. Die Bestimmung einer Teilungserklärung, durch die die Außenfenster dem Sondereigentumsbereich zugeordnet werden, ist gemäß § 5 Abs. 2 WEG unwirksam. 2. Eine solche Bestimmung kann im Einzelfall dahin umgedeutet werden, dass der jeweilige Wohnungs- bzw. Teileigentümer die Instandhaltungspflicht in Bezug auf die Außenfenster zu tragen hat. OLG Hamm, Beschluss vom 22. 8. 1991, 15 W 166/91, MDR 1992, 258

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Antwort 3 1. Geschoßdecken einschließlich der aufgebrachten oder aufzubringenden Isolierschichten gegen Feuchtigkeit und Trittschall sind nicht sondereigentumsfähig. 2. Bezeichnet die Teilungserklärung die Isolierschichten als Sondereigentum und legt sie dem jeweiligen Wohnungseigentümer die Instandsetzungspflicht für alle in einem Sondereigentum stehenden Einrichtungen auf, so ist eine Umdeutung der Teilungserklärung in Betracht zu ziehen. 3. Diese kann ergeben, dass anstelle des fehlgeschlagenen Erwerbs von Sondereigentum an den Isolierschichten der Wohnungseigentümer jedenfalls die Instandsetzungskosten zu übernehmen hat. OLG Hamm, B. vom 13.8.1996, 15 W 115/96, ZMR 1997, 193 18/10/14

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Antwort 4 • Schlägt die in der Teilungserklärung vorgesehene Begründung von Sondereigentum an einem bestimmten Gebäudeteil (hier: konstruktive Teile des Anbaus) für einen der Wohnungseigentümer nach § 5 Abs. 2 WEG fehl, so kann die Auslegung bzw. Umdeutung der Teilungserklärung, deren Grenzen sich aus dem Grundbuchinhalt ergeben, dazu führen, dass ihn zumindest eine von den §§ 16 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG abweichende, § 14 Nr. 1 WEG entsprechende Instandhaltungspflicht hinsichtlich dieses Gebäudeteils trifft. OLG Hamm, B. vom 30.5.1996, 15 W 412/95, ZMR 1996, 503 18/10/14

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Antwort 5 • Die Umdeutung einer nichtigen Zuordnung der Fenster zum Sondereigentum in eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Lasten- und Kostentragungsregelung ist dann zulässig, wenn der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung konkrete und für eine solche Umdeutung sprechende Anhaltspunkte zu entnehmen sind. LG Wuppertal, B. vom 14.7.1995, 6 T 313/95, DWE 1997, 42

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Antwort 6 • Ist die Zuweisung von Bauteilen zum Sondereigentum dinglich unwirksam, kann die gem. § 140 BGB gebotene Umdeutung für Bauteile im räumlichen Bereich des Sondereigentums (hier: Fenster- und Türelemente) ergeben, dass für sie die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auf eigene Kosten bei den jeweiligen Wohnungseigentümern liegen soll. • OLG Karlsruhe, B. vom 7.7.2010, 11 Wx 115/08, ZMR 2010, 873

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Antwort 7 Die nichtige Bestimmung einer Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung kann im Einzelfall in eine andere, wirksame Regelung umgedeutet werden. Diese darf in ihren rechtlichen Wirkungen jedoch nicht weiter reichen als die unwirksame Bestimmung. Nur dann kann eine Regelung - ihre Nichtigkeit unterstellt - in eine Regelung umgedeutet werden, dass den einzelnen Wohnungseigentümern die Instandhaltung und Instandsetzung der in ihrem Sondereigentumsbereich gelegenen Fenster und Türen insgesamt obliegt (hier verneint). BayObLG, B. vom 21.12.1999, 2Z BR 115/99, ZMR 2000, 241 18/10/14

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Antwort 8 1. Die Bestimmung einer Teilungserklärung, durch die die Fenster dem Sondereigentumsbereich zugeordnet werden, ist gemäß § 5 Abs. 2 WEG unwirksam. Eine solche Bestimmung kann im Einzelfall dahin ausgelegt werden, dass der Sondereigentümer der Wohnung, zu der die Fenster gehören, die Kosten ihrer Instandsetzung tragen muss. 2. Auch wenn Balkone in einer Teilungserklärung dem Sondereigentumsbereich zugeordnet sind, ist der Sondereigentümer grundsätzlich nicht verpflichtet, die Kosten der Sanierung der dem Gemeinschaftseigentum unterliegenden Teile des Balkons - hier: Isolierschicht unterhalb der Kragplatte - zu übernehmen. OLG Düsseldorf, B. vom 12.1.1998, 3 Wx 546/97, ZMR 1998, 304 18/10/14

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Antwort 9 1. Die Wohnungseigentümer können in Abweichung von der gesetzlichen Regelung auch durch klare Vereinbarung - dann bedarf es keiner Umdeutung - die Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung einzelner Teile des gemeinschaftlichen Eigentums (hier: Fenster-/Türelement) dem jeweiligen Wohnungseigentümer auferlegen. 2. Eine Instandsetzung umfasst auch die Erneuerung im Sinne einer Ersatzbeschaffung einzelner Teile des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums. BayObLG, B. vom 4.9.2003, 2Z BR 145703, ZfIR 2004, 23

18/10/14

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Folge-Frage • Hat die Gemeinschaft weiterhin Beschlusskompetenz, wenn die Instandsetzung bestimmter Teile des Gemeinschaftseigentums wirksam qua Vereinbarung dem einzelnen Sondereigentümer überbürdet wurden?

18/10/14

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Antwort 1 • Ist die Instandsetzung bestimmter Teile des Gemeinschaftseigentums wirksam qua Vereinbarung dem einzelnen Sondereigentümer überbürdet worden, so fehlt der Gemeinschaft insoweit die Beschlusskompetenz. • Dem Verwalter werden hierdurch keine unentziehbaren Rechte entzogen; lediglich Pflichten und Befugnisse der Eigentümer werden abbedungen. • Nur eine hinreichend bestimmte abweichende Regelung zur Instandsetzungslast ist wirksam. LG München I, Urteil vom 25. 11. 2013, 1 S 1911/13, ZMR 2014, 399 - falsch 18/10/14

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Antwort 2 • Wird qua Gemeinschaftsordnung die Instandsetzungspflicht der – zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden – Fenster auf den Sondereigentümer übertragen, so verliert die Gemeinschaft ihre Verwaltungszuständigkeit (Beschlusskompetenz). LG Hamburg, Urteil vom 9.4.2014, 318 S 133/13, ZMR 2014, 661 ff.; sehr str.

18/10/14

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Anmerkung Mit einer umfassenden Kostenvereinbarung wird nach BGH (Urteil vom 2.3.2012, V ZR 174/11, ZMR 2012, 641, Juris Rn. 9) nicht nur die Kostenlast geregelt, sondern auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf diesen Teil des Gemeinschaftseigentums (str.). Das OLG Schleswig (ZMR 2006, 963) entschied sogar: Es würde nämlich sonst die Beschlusskompetenz für Arbeiten am Gemeinschaftseigentum im Bereich der Balkone weiterhin sämtlichen Wohnungseigentümern zustehen. Diese könnten kostspielige Sanierungsarbeiten an den konstruktiven Teilen … beschließen, welche sodann die Balkoninhaber allein zu tragen hätten. Das wäre einem gedeihlichen Zusammenleben der Wohnungseigentümer wenig zuträglich. 18/10/14

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Richtige Lösung • Nach Vogel, ZMR 2010, 653, 654, hat im Zweifel die Gemeinschaft ihre Verwaltungszuständigkeit und damit die Beschlusskompetenz. • Nach LG Berlin, Urt. v. 28.05.2013, 55 S 73/12, ZMR 2013, 918 = ZWE 2014, 222 ist es eine Frage der Auslegung ob eine konkurrierende oder verdrängende Kompetenzverlagerung vorliegt. Beides dürfte richtig sein.

18/10/14

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Frage • Wer schuldet den Austausch der Fenster und Türen bei folgender Regelung in der TE/GO? • Die §§ 7 … verpflichten den einzelnen Wohnungseigentümer zur Instandhaltung und Instandsetzung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Türen und Fenstern, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden; der Farbanstrich der Außenseite der Wohnungsabschlusstüren und der Fenster ist allerdings davon ausgenommen.

18/10/14

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Antwort • Behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung. • Mit einer solchen Regelung wollen die Wohnungseigentümer nämlich eine einheitliche Außenansicht des Gebäudes sicherstellen. • Ein Austausch der Fenster und der Ausgangstüren kann die Außenansicht in gleichem oder noch stärkerem Maß als ein Anstrich beeinflussen. BGH, Urteil vom 22. 11. 2013, V ZR 46/13, NZM 2014, 396

18/10/14

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Fragen • Wie wird der Inhalt eines Zweitbeschlusses ermittelt? • Soll ein – inhaltsähnlicher oder inhaltsgleicher Zweitbeschluss den Erstbeschluss in jedem Fall aufheben oder nur verstärken?

18/10/14

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Antwort • Es ist durch objektiv-normative Auslegung zu ermitteln, ob ein Zweitbeschluss den Erstbeschluss in jedem Fall aufheben will oder nur verstärken soll. • Wird der Zweitbeschluss – zwingend vor Entscheidung über den Erstbeschluss (vgl. Drabek ZMR 2014, 20) – rechtskräftig insgesamt (auch soweit durch ihn der Erstbeschluss aufgehoben wurde) für ungültig erklärt, so entfällt er ex tunc. Er kann den Erstbeschluss nicht mehr tangieren. LG Hamburg, Urteil vom 23.7.2014, 318 S 19/14

18/10/14

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Fragen • Muss der Abrechnungsentwurf des Verwalters dem Wohnungseigentümer zugehen oder zur Einsicht vor der Versammlung angeboten werden? • Kann wirksam die generelle Fortgeltung eines Wirtschaftsplans beschlossen werden?

18/10/14

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Antwort • Schon allein die Verweigerung der Einsicht in die Belege rechtfertigt die Ungültigerklärung des Beschlusses über die (richtige!) Jahresabrechnung. • Ein Beschluss über die generelle Fortgeltung eines beschlossenen Wirtschaftsplans ist bis zum Beschluss über einen neuen Wirtschaftsplan mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig. LG Itzehoe, (Fehl-)Urteil vom 17.9.2013, 11 S 93/12, ZMR 2014, 144 18/10/14

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Frage • Können die Eigentümer nach einer Abstimmung erneut über den selben TOP Beschluss fassen? • Wenn Ja: Gilt dann das Motto „Keiner verlässt den Saal“?

18/10/14

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Antwort des „kleinen BGH“ • Wenn die Eigentümer über den Antrag … erneut abgestimmt haben, haben sie letztlich zu erkennen gegeben, dass sie sich an dem kurz zuvor in derselben Eigentümerversammlung gefassten Beschluss über den im Wesentlichen inhaltsgleichen Antrag eines Miteigentümers über dieselbe Thematik nicht festhalten lassen wollten, sondern diese Frage erneut zur Disposition stellen wollten. LG München I, Urteil vom 22. 4. 2013, 1 S 5114/12 - Juris -

18/10/14

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Frage • Kann ein Beschluss der Wohnungseigentümer in eine Vereinbarung umgedeutet werden, • wenn er allstimmig gefasst worden ist? • wenn nachträglich Abwesende zustimmen?

18/10/14

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Antwort • Nicht möglich ist es aber, die Fragen nach der Rechtsqualität von in einer Eigentümerversammlung anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümern abgegebenen Willenserklärungen solange offen zu lassen, bis nachträglich weitere Zustimmungen seitens anderer Eigentümer zu etwas erklärt werden, was auf der Eigentümerversammlung als im Wege der Abstimmung gefasster Beschluss bezeichnet wurde, um erst anschließend die Willenserklärung der in der fraglichen Eigentümerversammlung anwesenden Wohnungseigentümer als Zustimmungserklärungen zu einem schuldrechtlichen Vertrag umzuinterpretieren. • LG München I, Urteil vom 23.1.2014, 36 S 5934/13 18/10/14

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Frage • Wie kann man ein generelles Erfordernis einer 2/3tel Mehrheit gemäß Gemeinschaftsordnung beseitigen?

18/10/14

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Antwort 1. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG stellt ggü der früheren Rspr eine Erleichterung für die Abänderung der Gemeinschaftsordnung dar; trotzdem ist weiter ein strenger Maßstab anzulegen. 2. Bei einer (eher) ungewöhnlichen und (wohl) auch unpraktischen Regelung über eine 2/3-Mehrheit bei StandardAbstimmungen ist noch kein Änderungsanspruch zu bejahen, der die Aufhebung dieser Regelung zum Inhalt hat. 3. Soweit zwingende Regelungen des WEG entgegenstehen ist die Stimmrechtsregelung teilnichtig. 4. Eine völlige Zerstrittenheit ist unter Wohnungseigentümern nicht selten anzutreffen. LG München I, Urteil vom 13. 6. 2013, 36 S 10305/12, ZMR 2014, 54 18/10/14

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Frage • Welche Folgen hat der Verjährungseintritt hinsichtlich eines Rückbauanspruchs wegen einer rechtswidrigen Baumaßnahme eines Wohnungseigentümers? • Bleibt die Baumaßnahme rechtswidrig?

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Antwort • Ist ein Rückbauanspruch gegen den Handlungsstörer verjährt, kann der Rechtsnachfolger zur Duldung des Rückbaus auf Kosten aller Eigentümer verpflichtet sein, da sich durch die Verjährung an der Rechtswidrigkeit der Baumaßnahme nichts geändert hat. LG Hamburg, Urteil vom 6.2.2013, 318 S 20/12, ZMR 2013, 462

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Fragen • Die Gemeinschaft genehmigt während des Prozesses – gegen wen? - über die Beseitigung der Maßnahme die umstrittene bauliche Veränderung. • Der Beschluss wird angefochten. • Wie ist (vom Gericht) vorzugehen?

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Antwort 1 • Haben einige Bauherrn und spätere Wohnungseigentümer eine bauliche Maßnahme veranlasst (hier: VordachKonstruktion mit Seitenwand), sind sie für den Beseitigungsanspruch anderer Wohnungseigentümer passivlegitimiert. • LG Hamburg, Urteil vom 5.4.2012, 318 S 180/11, ZMR 2012, 723

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Antwort 2 • Hier hatte die Gemeinschaft versucht, die Maßnahme durch Genehmigungsbeschluss zu halten. • Nach notwendiger Verfahrensaussetzung (vgl. Drabek ZMR 2014, 20 Fn.2; falsch LG Stuttgart vom 28.3.2013, 2 S 36/12, ZMR 2013, 564) und Ungültigerklärung des Genehmigungsbeschlusses konnte (erst) über die (ältere) Beseitigungsklage entschieden werden.

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