Pedelecs Welche Anforderungen stellen sich an die Infrastruktur?

b Pedelecs – Welche Anforderungen stellen sich an die Infrastruktur? Fachtagung Radverkehr in Mölln am 27.10.2011 Dipl.-Ing. Michael Haase h 12.10.2...
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b Pedelecs – Welche Anforderungen stellen sich an die Infrastruktur? Fachtagung Radverkehr in Mölln am 27.10.2011 Dipl.-Ing. Michael Haase

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12.10.2011

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Übersicht 1. Fragestellung und Grundlagen 2. Wahl der Führungsform nach ERA 2010 3. Besonderheiten der Infrastruktur für Pedelecs 4. Standards für Radfernwege 5. Fazit

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© Michael Haase

1) Fragestellungen und Grundlagen

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Grundlage „Auswirkungen aus der Nutzung von Pedelecs auf die Radverkehrsplanung und die dort geltenden Standards unter Einbeziehung der neuen ERA 2010“ ISUP GmbH im Auftrag des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern 02. - 31. Januar 2011 Ansatz: bestehende Regelwerke kritisch hinterfragen Entspricht eine Planung nach ERA 2010 den Anforderungen für den Pedelecverkehr?

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Pedelec elektrischer Hilfsantrieb nur bei Pedalieren Abregelung bei 25 km/h

keine Fahr- oder Betriebserlaubnis keine Helmpflicht © Michael Haase

keine Versicherungspflicht

unterscheide: Pedelec (Fahrrad im Sinn der StVZO) E-Bike (auch ohne Treten) S-Bike (bis 45 km/h)

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Fiktiver Entwurfsfall Infrastruktur soll Ausnutzung der Pedelec-Geschwindigkeit ermöglichen keine ständigen Interaktionen mit anderen Verkehrsteilnehmern keine Geschwindigkeitsreduzierung durch Einbauten u. ä.

Pedelecs haben nennenswerten Anteil am gesamten Radverkehr 2010: etwa 4 % aller verkauften Fahrräder Pedelecs Tendenz steigend. Aber wann ist Flotte nennenswert groß? Einzelstrecken mit höherem Pedelec-Anteil, z. B. Urlaubsgebiete mit großem Pedelec-Verleih

Fiktiver Entwurfsfall liegt noch in Zukunft

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Unterschiede Pedelec – normales Fahrrad 25 km/h leichter und für mehr Nutzer erreichbar Geschwindigkeit bergauf höher größere Beschleunigung andere Schwerpunktlage andere Fahrzeuge möglich (Gewicht, Rollwiderstand …) Bedarf Akkuwechsel Anschaffung und Betrieb teurer mehr Technik (Temperaturabhängigkeit, weitere Steuerelemente) Motorengeräusch …

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© Michael Haase

2) Wahl der Führungsform nach ERA 2010

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© Michael Haase

größeres Gewicht

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Gehweg, Radfahrer frei

© Michael Haase © Michael Haase

Radfahrstreifen

© Michael Haase

Schutzstreifen

© Michael Haase

Fahrbahn

© Michael Haase

© Michael Haase

© Peter Gwiasda

Führungsformen auf der Strecke (Auswahl)

Radwege (mit und ohne

Gemeinsamer Geh- und Radweg Benutzungspflicht)

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Radverkehrsanlagen: Breiten nach ERA 2010

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Quelle: ERA 2010

© Michael Haase

Beachte: Benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen sollten Überholen ermöglichen

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ERA 2010: Wahl der Führungsform (individueller Entwurf, z.B. Nachrüstung) 1. Schritt

Vorauswahl

Kriterien: vor allem Stärke und Geschwindigkeit des Kfz-Verkehrs

2. Schritt

Prüfung der Realisierbarkeit

Kriterien: Flächenbedarf, Ausschlusskriterien

3. Schritt

abschließender Vergleich geeigneter Führungsformen

Kriterien: Stärke und Geschwindigkeit des Kfz-Verkehrs, Schwerverkehr, Flächenverfügbarkeit, Parken, Anschlussknoten, Längsneigung

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ERA 2010: Wahl der Führungsform (individueller Entwurf, z.B. Nachrüstung) Vorauswahl Quelle: ERA 2010

1. Schritt

Klassifizierung des Kfz-Verkehrs nach Stärke und Geschwindigkeit, Führungsform zugeordnet (keine harten Grenzen) I Mischen mit Kfz auf Fahrbahn II Schutzstreifen, Gehweg + Rad frei, nicht benutzungspflichtiger Radweg, Kombinationen, III und IV Radfahrstreifen, Radweg mit Benutzungspflicht (IV keine Bereichsverschiebung) Zusätzlich sind die Schwerverkehrsstärke, die übersichtliche Linienführung, die Steigung und die Fahrbahnbreite von Bedeutung.

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ERA 2010: Wahl der Führungsform (individueller Entwurf, z.B. Nachrüstung) 2. Schritt

Prüfung der Realisierbarkeit

ERA enthält zu jeder Führungsform Abschnitt mit Benennung Flächenbedarf und Ausschlusskriterien, zusätzlich formalisiert im Anhang

Beispiele für Ausschlusskriterien: Fahrbahnbreite < 8,50 m für beidseitige Radfahrstreifen bzw. < 7,00 m Schutzstreifen bei geringem Kfz-Verkehr Seitenraumbreite < 4,25 m für Einrichtungsradweg Zweirichtungsradweg: < 4,50 m Seitenraumbreite, schlechte Sicht, viele Knoten, hohe Fahrzeitverluste (20 %) durch Fahrbahnquerung

wenn nichts realisierbar: Fortsetzung mit den Führungsformen des nächsttieferen Belastungsbereiches aus Schritt 1

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ERA 2010: Wahl der Führungsform (individueller Entwurf, z.B. Nachrüstung) 2. Schritt

Prüfung der Realisierbarkeit

Straßen mit intensiver Geschäftsnutzung überdurchschnittlich hohe Benutzung durch besonders schutzbedürftige Fußgänger (z.B. Menschen mit Behinderungen oder Mobilitätseinschränkungen, Kinder), Hauptverbindungen des Radverkehrs, starkes Gefälle (> 3 %) dichte Folge von unmittelbar an Gehwege mit Mindestbreiten angrenzende Hauseingänge, zahlreiche untergeordnete Knotenpunkts- und Grundstückszufahrten bei beengten Verhältnissen, stärker frequentierte Bus- oder Straßenbahnhaltestellen in Seitenlage ohne gesonderte Warteflächen Überschreitung der Einsatzgrenzen des nebenstehenden Diagramms:

Quelle: ERA 2010

Ausschlusskriterien Gehwegnutzung

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ERA 2010: Wahl der Führungsform (individueller Entwurf, z.B. Nachrüstung) 3. Schritt

Kriterium

Knotenkriterium

Kriterium Parken

abschließender Vergleich von Führungsformen

formalisiertes Verfahren im Anhang der ERA (Punkteschema ermöglicht Transparenz)

Parameter

Stufung / Werte

Anzahl der Einfahrten je km

> 10 4 bis 10 1.000 100 bis 1.000 < 100 Kurzzeitparker und Lieferanten überwiegend Dauerparker geringer Parkdruck

Anzahl der Abbieger pro Tag Art und Intensität des Parkens

Punkte fahrbahnseitige Führung 2 2 2 2 2 2

Punkte Seitenbereich

0

2

1

2

2

2

0 1 2 0 1 2

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ERA 2010: Wahl der Führungsform (individueller Entwurf, z.B. Nachrüstung) Stufung / Werte Kriterium

Parameter

KfzKriterium

Wertebereiche nach ERA, Bild 7 bzw. 8

Punkte fahrbahnseitige Führung

Punkte Seitenbereich

IV

1

2

III

2

2

II

2

2

> 1.000

0

2

300 bis 1.000

1

2

< 300

2

2

1

2

Kriterium Schwerverkehr

Lkw am Tag

Kriterium Längsneigung

Längsneigung in > 5 % (Steigung) % 3 % bis 5 %

Besser: Kriterium „häufig schneller Radverkehr“ (Pedelec)? Fläche

2

2

+ 3 % bis – 3 %

2

2

- 3 % bis – 5 %

2

1

< - 5 % (Gefälle)

2

0

Punkte in separaten Tabellen

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b 3) Besonderheiten der Infrastruktur für 17

© Michael Haase

Pedelecs

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25 km/h leichter und für mehr Nutzer erreichbar Grundsatz: Regelgerecht planen!

Quelle: ERA 2010

Trassierungsparameter: ERA 2010

Wann welche Geschwindigkeit?

Netzplanung

Erkennen andere die höhere Geschwindigkeit?

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© Michael Haase

Gültigkeit für straßenbegleitende Radwege?

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ERA 2010: höhengleicher Begrenzungsstreifen zwischen Radweg und Gehweg (taktil erfassbar, visuell erkennbar,

Quelle: ERA 2010

25 km/h leichter und für mehr Nutzer erreichbar

überfahr- und begehbar); Radwegbreiten > 2 m: Tiefbord zu Gehweg möglich Warum Bord zu Fahrbahn (30 … 50 km/h), aber nicht zu Radweg (25 … 30 km/h)? Reaktionsweg 25 km/h: 7 m (1 s Regelgerechte Radwege genügen nicht für schnellen Radverkehr!

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25 km/h leichter und für mehr Nutzer erreichbar Wie breit ist dieser Radweg?

Umgang mit Engstellen? Wie anrechnen bei VwV-StVO?

1,00

© Michael Haase

0,25

0,25

VwV-StVO: 1,50 m (lichte Breite) ERA 2010/RASt 06: 1,00 m (bauliche Breite)

Mindestmaße der VwV-StVO nicht zeitgemäß auf Regelwerk besser!

qualitative Anforderungen und Verweis

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© Michael Haase

Reaktionszeit) bzw. 14 m (2 s)

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25 km/h leichter und für mehr Nutzer erreichbar Abbiegeradien bevorrechtigtem Geradeaus-Radverkehr zu minimieren kleine Abbiegeradien (fahrgeometrisch)

© Michael Haase

Quelle: ERA 2010

Alternative: Radwegüberfahrt

© Michael Haase

Abbiegegeschwindigkeit verringern, um Konflikt mit

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Geschwindigkeit bergauf höher Quelle: ERA 2010

ERA 2010:

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© Michael Haase

?

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größeres Gewicht nicht überall sind Rampen oder Aufzüge möglich Schieberillen helfen beim Überwinden von Treppen mit schweren Fahrrädern manche Pedelecs haben Schiebehilfe des

© Michael Haase

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Motors bis 6 km/h

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ZTV-Ing: Geländerhöhe neben Radwegen 1,20 m

© Michael Haase

andere Schwerpunktlage

ERA 2010 (wie ERA 95): Geländerhöhe neben Radwegen 1,30 m, u. U. höher Schwerpunkt großer

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© Michael Haase

Radfahrer z. T. über 1,20 m!

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andere Fahrzeuge möglich (Gewicht, Rollwiderstand …) wachsender Breitenbedarf der Radverkehrsanlagen © Michael Haase

Gestaltungsoptionen bei hohem Radverkehrsaufkommen? StVO: Wann können mehrspurige

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© Michael Haase

Hinweis in VwV-StVO)

© Michael Haase

Radwege ignorieren? (heute nur

© Michael Haase

Fahrräder benutzungspflichtige

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andere Fahrzeuge möglich: Wintertauglichkeit

© Michael Haase

© Michael Haase

© Michael Haase

ERA 2010: Winterdienst auf den Hauptverbindungen des Radverkehrs (mindestens bei AR II, IR II und IR III)

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Bedarf Akkuwechsel Sind öffentliche Ladestationen notwendig? Nicht durch die öffentliche Hand, denn Akku kann entnommen und daheim, am Arbeitsplatz oder in der Unterkunft geladen werden Ladestationen anbieten, ggf. auch in geschlossenen Abstellanlagen

Soll Radverkehrswegweisung auf Ladestationen hinweisen?

© Donauer Solartechnik

private Betreiber (z. B. Verleihfirmen) können

Nein, da Überfrachtung Hinweis in Karten, Flyern und auf Infotafeln genügt einheitliches Symbol für Ladeservice wäre sinnvoll

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4) Standards für Radfernwege Quelle: „Hinweise zum Radverkehr außerhalb städtischer Gebiete (H RaS)“, Ausgabe 2002 (FGSV)

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Standards Radfernwege: erforderlich: möglichst umwegarme Verbindungen

Umwegarme Führung unter Berücksichtigung von Topographie, Barrieren, Gefahrenstellen und Sehenswürdigkeiten

sichere Befahrbarkeit

innerorts (Vmax 50 km/h) - ≤ 5.000 Kfz/Tag: in der Regel Führung über Fahrbahn möglich - 5.000 – 10.000 Kfz/Tag: Einzelfallprüfung hinsichtlich Lkw-Anteil, übersichtlicher Führung, Geschwindigkeitsniveau, sonstigen Rahmenbedingungen - > 10.000 Kfz/Tag: Radverkehrsanlage erforderlich (Fahrbahnführung nur übergangsweise) Besser: ERA 2010 außerorts - ≤ 5.000 Kfz/Tag bei Vmax 70 km/h: in der Regel Führung über Fahrbahn möglich, ggf. Einzelfallprüfung hinsichtlich Lkw-Anteil, übersichtlicher Führung, Geschwindigkeitsniveau, sonstigen Rahmenbedingungen - > 5.000 Kfz/Tag: Radverkehrsanlage erforderlich (Fahrbahnführung nur übergangsweise) gefahrlose Benutzung durch Kinder (z.B. Brückengeländer, keine Hindernisse auf der Strecke)

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Standards Radfernwege: erforderlich: sichere Überquerbarkeit von Straßen

- z.B. Signalanlagen, Unter- oder Überführungen, Mittelinseln bei außerörtlichen Hauptverkehrsstraßen je nach Kfz-Stärken - Warnhinweis (Zeichen 138 StVO „Radfahrer kreuzen“) als kurzfristige Maßnahme Aufstellbereiche bei Mittelinseln (> 2,5 m * 4 m)

allwettertauglicher Belag (außer bei Schnee- und Eisglätte)

- innerorts: Asphalt, Platten, Betonverbundsteine ohne Fase - außerorts: Asphalt, wassergebundene Decke, Betonverbundsteine ohne Fase, Betondecke

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Standards Radfernwege: erforderlich: konsistente Wegweisung

- Wegweisung einheitlich und durchgängig in beiden Richtungen gemäß „Merkblatt zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr“ (FGSV, Ausgabe 1998) - Zielwegweisung mit Entfernungsangaben und integrierbaren Einschüben für Radwanderzeichen - Orientierung soll ohne zusätzliches Kartenmaterial möglich sein - Hinweise auf öffentliche Verkehrsmittel mit Fahrradbeförderung (z.B. Fähren)

ausreichende Breite der Radverkehrsanlagen

- Regelbreiten entsprechend ERA und VwV-StVO - empfohlene Mindestbreite 2 m insbesondere für Wirtschaftswege ERA/RAL: 2,5 m straßenbegleitend (Wartungsfahrzeuge)

touristische Infrastruktur

möglichst wegenahes Angebot an Übernachtungs-, Einkehr- und Versorgungsmöglichkeiten und Hinweis auf diese Einrichtungen entlang der Radfernwege

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Standards Radfernwege: wünschenswert: zügig und mit hohem Komfort befahrbar

- durchgängige Befahrbarkeit durch Tourenräder mit Gepäck, Tandem und Anhänger - breite Durchfahrmöglichkeit an Umlaufsperren (mind. 1,5 bis 1,8 m) ? - bei starkem Radverkehr Bevorrechtigung gegenüber Erschließungsstraßen - Ausschluss störender Nutzungen (z.B. Reiten auf wassergebundener Decke)

attraktive Routenführung

- erlebnisorientiert, naturnah, kulturelle Sehenswürdigkeiten ... - Abwägung zwischen Einpassung in die Umgebung und Vermeidung von Monotonie - Angebote touristischer Infrastruktur am Weg (z.B. Rastplätze, Kinderspielplätze)

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Exkurs: Radschnellverbindungen das niederländische Programm für Schnellradwege sieht u.a. folgende Standards vor: Breite mindestens 3,50 m im Zweirichtungsverkehr (2,00 m im Einrichtungsverkehr) Bäume / Sträucher 2,5 … 3,0 m entfernt roter Asphalt oder Beton Beleuchtung 3 … 7 Lux Vorfahrt vor Nebenstraßen, kurze Wartezeiten belebte Gebiete

© Michael Haase

Über-/Unterführung bei wichtigen Verkehrswegen

Zusatzausstattung (z.B. Reparaturmöglichkeit)

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Exkurs: Radschnellverbindungen in Dänemark gibt es den Vorschlag für Superradwege mit besonderer Ausstattung Komfortspur und Schnellspur

Die Entwicklung zeigt damit neue Ansätze bezüglich schnellem Radverkehr bezüglich starkem Radverkehrsaufkommen

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5) Fazit Pedelecs ändern infrastrukturelle Anforderungen in Netzplanung Strecken mit hohem Geschwindigkeitsanspruch herausarbeiten Werte der ERA 2010 für 30 km/h auch für straßenbegleitende Radwege ansetzen (Radien, Sichtfelder, Rampen …) sichere Trennung vom Fußgängerverkehr Gehwegfreigabe an Steigungsstrecken fraglich StVO: mehrspurige Räder bei Benutzungspflicht Geländerhöhe mind. 1,30 m Forschung: viel Radverkehr, breite Fahrzeuge

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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

für Rückfragen: ISUP Ingenieurbüro für Systemberatung und Planung GmbH Michael Haase Leipziger Straße 120 01127 Dresden Tel. 0351 / 8510 739 [email protected]

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© Michael Haase

Breitenforderungen VwV-StVO nicht zeitgemäß