Neues im WHO-Stufenschema Abteilung für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie Priv.-Doz. Dr. Tom-Philipp Zucker 2. Traunsteiner Krebskongress 18. April 2015

Kreisklinik Bad Reichenhall + Kreisklinik Berchtesgaden + Kreisklinik Freilassing + Kreisklinik Vinzentinum Ruhpolding + Klinikum Traunstein + Kreisklinik Trostberg

WHO-Stufenschema 1987 zur Therapie des Tumorschmerzes

Vargas-Schaffer G, 2010 Can Family Physician, 2010

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

„Neues im WHO-Stufenschema“ oder „Ist das WHO-Stufenschema noch zeitgemäß?“ *

* Schenk M, Uro-News 2014 Vargas-Schaffer G, Can Family Physician 2010

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

„Ist das WHO-Stufenschema noch zeitgemäß?“ Was werde ich Ihnen „im Galopp“ erzählen?

• KEINE – pharmakologische Auflistung der Analgetika und CoAnalgetika (Adjuvantien)

• SONDERN – Veränderungen und – neue Handhabung des WHO-Stufenschemas

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

WHO-Stufenschema 1997 5 zusätzliche Empfehlungen •

by the ladder



by the mouth: –

oral •









Unabhängigkeit des Patienten vom Therapeuten

by the clock: –

retardierte Präparate (auch transdermal)



Einnahme BEVOR Schmerzen auftreten (plus Anschlagszeit!)

individual, e. g. by assessment of pain intensity –

Schmerzanamnese



Schmerzskalen



NICHT Fremdeinschätzung durch den Therapeuten

Titration der Opioiddosis –

an Wirkung



an Nebenwirkung

Concern for Detail: –

Medikationsplan



Therapie der Nebenwirkungen





Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Individuell ?

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

WHO-Stufenschema 2010

Vargas-Schaffer G, Can Family Physician 2010

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

WHO-Stufenschema HEUTE: mit doppeltem Sockel

analgetische Strahlentherapie (evtl. Radionuklidtherapie) psycho-onkologische Betreuung, Sozialdienst Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Indikation für Stufe 4 und Sockel bei Tumorschmerzen • Effektivität klassisches WHO-Stufenschema nur 70 - 80 % • Stufe 4: – – – –

Schmerzzunahme, z. B. mit Tumorprogression Opioid-induzierte (Hyper-)Algesie Toleranz neuropathischer Schmerzanteil

• Sockel – „Total Pain“ (psychosozialer Tumorschmerz) Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Junker U, WHO-Stufenschema neu interpretiert. Augsburg 2008

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Indikation für Stufe 4 beim Tumorschmerz • Effektivität klassisches WHO-Stufenschema nur 70 - 80 % – – – – –

Schmerzzunahme, z. B. mit Tumorprogression Opioid-induzierte (Hyper-)Algesie Toleranz neuropathischer Schmerzanteil cave: „Total Pain“ (psychosozialer Tumorschmerz)

– Noncompliance bei Opioid-UAW (Buddhismus?*) *Borasio GD, persönliche Kommunikation 2008

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Katholizismus und Opioidverbrauch ?

Banos JE, Bosch F, Lancet 1993

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Welche Stufe? • Einstieg nicht notwendigerweise immer bei Stufe 1 oder 2 – Stufe 3 oder 4 schon bei Beginn der Schmerztherapie erforderlich • späte Präsentation des Patienten (nicht Stufe 1 „durchnudeln“) • Schmerzeskalation

• Stufe 2 auch verzichtbar, gleich low-dose Stufe 3-Opioide? – Stufe 2-Opioide bei Ärzten beliebt: keine BTM-Verschreibung – Stufe 2-Opioide bei Patienten beliebt: kein „Morphium“, kein „Gift“ – GEFAHR des Verharrens in Stufe 2: Ceiling-Effekt !!!

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Grundregeln: Opioide (I) • Opioide titrieren, Nicht-Opioide in Standarddosis – Stufe 3-Opioide zeigen keine Schwellendosis und keinen CeilingEffekt (Ausnahme hohe Dosen Buprenorphin)

• Stufe 2- und Stufe 3-Opioide nicht gleichzeitig • Auswahl des Opioids – oral, retardiert – Dysphagie, Emesis: sublingual, transdermal (cave: Kachexie)

• Neuropathischer Schmerz – hier ist das Opioid nur Co-Analgetikum Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Grundregeln: Opioide (II) • Nicht-retardiertes Rescue-Opioid bei „Episodenschmerz“ – – – –

Durchbruchschmerz (nicht vorhersehbar) Incident Pain (vorhersehbar) bis zu 5 Episoden / Tag max. 30 % der retardierten Tagesdosis unretardiert

– DD: End-of-Dose-Phänomen – DD: „einschießende“ neuropathische Schmerzen Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Grundregeln: Nicht-Opioid-Analgetika • Nicht-Opioid von Stufe zu Stufe „mitnehmen“ • Nicht-Opioide in Standarddosis – Nicht-Opioide zeigen Schwellendosis und Ceiling-Effekt (darüber hinaus Toxizität)

• Auswahl des Nicht-Opioids – nach Wirkungsspektrum – nach Nebenwirkungsspektrum – u. U. Nicht-Opioid weglassen: • gute Lebenserwartung, aber Leberschaden, Z. n. GI-Blutung, kardiales Risiko und Leukopenie? • Tumor-Remission, aber fortbestehende Tumor-assoziierte Schmerzen, –

z. B. PNP nach Chemotherapie (Oxaliplatin, Docetaxel, …)

• Nicht-Opioid-Analgetika nicht kombinieren? – auf keinen Fall zwei oder mehrere NSAR kombinieren! Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

„Opiophobia“ und Tumorschmerz

Lancet 1993

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen (LONTS)

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

„Ist das WHO-Stufenschema noch zeitgemäß?“

• JA! – richtig, d. h. gegenüber 1987 verändert ausgestattet und flexibler angewendet, ist das WHO-Stufenschema noch zeitgemäß!

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München

Kurzer Exkurs: Vorstellung (nicht erschöpfend)Abteilung für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie 40 Ärztinnen und Ärzte (in Vollstellen), davon 8,3 Oberärzte > 60 Anästhesie- u. Intensivfachpflegekräfte, 4 Psychologinnen (TZ), 3 Co-Therapeuten -

-

-

> 14.000 Anästhesien / Jahr > 2.000 Intensivpatienten / Jahr 1 Operative Intensivstation und 1 Interdisziplinäre Intensivstation (13 Beatmungs-Betten, 9 Betten mit nicht-invasiver Beatmung, NIV) OP-Koordination für gleichzeitig 9 zentrale und 4 dezentrale OP-Säle Arzt-besetzter Aufwachraum (10 Plätze,12 Stunden) Akutschmerzdienst (Arzt, Certified Pain-Nurses) Schmerztagesklinik (10 Therapieplätze) Klinik-interner Schmerzkonsiliardienst Klinik-interner Konsiliardienst Opioid-Substitution (Suchtmedizinische Grundversorgung) RTH, NEF und VEF (im Wechsel mit Chirurgen u. Internisten) Geburtshilfliche Anästhesie > 1.400 Geburten / Jahr (PDA / Kaiserschnitt) Kinderanästhesie (24. GW – 15. LJ) > 1.000 Kleinkinder, mit > 100 Säuglingen / Jahr Schockraumversorgung (Schwerst-, Mehrfachverletzte, SHT) Klinik-interner Reanimationsdienst Leitung der Anästhesie- u. Intensivpflegeschule

Klinikum Traunstein Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München