Milz- und Magen-Yin-Mangel

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel Milz- und Magen-Yin-Mangel Differenzierung und Behandlung Steven Clavey Einer der interessantesten Aspekte...
Author: Heini Kruse
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Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel

Milz- und Magen-Yin-Mangel Differenzierung und Behandlung Steven Clavey Einer der interessantesten Aspekte der Traditionellen Chinesischen Medizin ist der immens praktische Ansatz in Bezug auf ihren klinischen Einsatz. Nur sehr wenig der grundlegenden Theorie wird im alltäglichen Umgang mit Patienten nicht angewendet und diejenigen chinesischen Ärzte, die in diesem Bereich tätig sind, von der Antike bis in die Gegenwart, haben der Neigung widerstanden über den Grad an Abstraktion hinaus zu theoretisieren, der tatsächlich nützlich und angebracht ist. Selbst das Yi Jing (Klassiker der Wandlungen) oder die ‚Himmelsstämme und Erdenzweige’, die für uns im Westen ans Mystische oder Fantastische grenzen, werden schlicht als subtilere Beschreibungen unserer Beziehung zur Natur betrachtet und besitzen daher ihre eigene medizinische Anwendbarkeit. In seinem Werk Jing Yue Quan Shu (Vollständige Werke von Jing Yue) sagt Zhang Jing-Yue, dass „... diejenigen, die das Yi Jing ohne medizinisches Wissen studieren, sich täuschen lassen und es für unergründlich halten – doch dies liegt einzig daran, dass sie nichts über Medizin wissen“. Die Himmelsstämme und Erdenzweige als Basis der Theorie der ‚Fünf Kreisphasen und Sechs energetischen Konfigurationen’ (wie Porkert die Wu Yun Liu Qi nennt) sind gleichfalls eine almanachartige Beschreibung der Wetterbedingungen, die zu unterschiedlichen Zeiten zu erwarten sind und somit eine Darstellung der Auswirkungen, die diese (oder ihre Veränderungen) auf den Körper haben. Die Nützlichkeit dieses Systems nimmt, wie Porkert es kommentiert, ab, indem wir uns zeitlich und geographisch von ihren Ursprüngen entfernen, jedoch ist dieses System im Kontext der Behandlung der Shi Bing (saisonalen Erkrankungen) immer noch geeignet, zumindest innerhalb Chinas. Die vorangegangenen Bemerkungen scheinen mir angemessen, und zwar aufgrund der ungewöhnlich einheitlichen Reaktion von TCM-Praktikern als das Thema dieses Artikels zur Sprache kam: „Was! Milz-Yin-Xu!? Worum geht es da?“ Nun ja, es ist wahr, dass in vielen Fällen kaum ein Unterschied zwischen Milz-Yin-Xu und Magen-Yin-Xu zu machen ist. Sie sind sich in Lokalisation, Ätiologie und Manifestation sehr ähnlich und entsprechend bestimmter Behandlungsmodalitäten ist ihre jeweilige Handhabung nahezu identisch. Verwendet man jedoch Kräuter und besonders in jenen Fällen, in denen der Hauptfokus der Pathologie der Mittlere Jiao ist, kann solch eine Differenzierung einen ungeschickten ‚Schnellschussansatz’ zu einer bei weitem eleganteren und wirksameren Behandlung werden lassen.

Historische Faktoren, die das Konzept des Milz-Yin beeinflussen Die frühen historischen Phasen der Beschreibung der physiologischen Funktion der Zang-Organe, obgleich relativ detailliert, waren dennoch lückenhaft, was für den prak200

tizierenden Arzt in zunehmendem Maße deutlich wurde. Bei dem Voranschreiten der Medizintheorie als Antwort darauf, diesen offenen Fragen Rechnung zu tragen, war eine der wichtigsten Entwicklungen die schrittweise Darstellung der Funktion von Yin und Yang eines jeden Zang. So wurde im Nei Jing und im Shang Han Lun einzig das ‚Nieren-Qi’ erwähnt.1 Die Begriffe ‚Nieren-Feuer’ und ‚Nieren-Wasser’ tauchten erst wesentlich später auf. Nachdem in Kapitel 36 und 39 des Nan Jing die rechte Niere als Mingmen beschrieben wurde, setzte sich dieses Konzept „einer“ (linken) Niere und Mingmen auf der rechten Seite bis in die Ming-Dynastie fort, während derer Mingmen dann in (oder zwischen) die Gesamtfunktion der beiden Nieren eingebettet wurde. Zhang Jing-Yue, einer der Hauptvertreter der Mingmen-Schule sagte: „Dero Nieren gibt es zwei: die äußeren, gebrochenen Linien des Trigrams Kan; Mingmen jedoch ist Eins, die ungebrochene Yang-Linie im Zentrum.“2 Die Theorie der Milz unterlag einer ähnlich schrittweisen Entwicklung und ist gleichfalls als Antwort auf die klinisch notwendig gewordenen Erfordernisse zu verstehen. Vor der Jin- und Yuan-Dynastie stand das Milz-Yang im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und es gab bis zum Ende dieser Periode wenig Literatur zum Milz-Yin, zumindest nicht in diesen Begrifflichkeiten. Allerdings kann die Erkenntnis der klinischen Realität eines Milz-Yin-Xu bis zu einem sehr frühen Zeitpunkt zurückverfolgt werden. Im Kapitel 20 des Ling Shu heißt es: „Ein pathogener Faktor in Milz und Magen wird zu Schmerzen in Muskeln und Fleisch führen. Ist das Yang Qi im Übermaß und das Yin Qi unzureichend, kommt es zu epigastrischer Hitze und exzessivem Hunger“. Dies bezieht sich auf ein übermäßiges Magen-Yang und einen Milz-Yin-Mangel. Im Shang Han Lun, verfasst in der Han-Dynastie, beschreibt Zhang Zhong-Jing das Pi Yue-Syndrom der eingeschnürten Milz (Wisemans „Milz-Einzwängung“) mit Symptomen wie trockener Obstipation, profuser Miktion und einem tiefen, schnellen oder rauen Puls. Bei diesem Zustand schädigt die übermäßige Magen-Hitze nicht nur die Jin-Flüssigkeiten von Magen und Darm, sondern die starke Magen-Hitze fesselt (Yue) die schwache Milz und hindert sie daran, ihrer Aufgabe nachzukommen, die Jinye-Flüssigkeiten des Magens zu transportieren. Die Essenz von Nahrung und Flüssigkeiten erschöpft sich durch die Hitze und wird genötigt, den Körper zu verlassen, bevor sie durch die Milz zu den anderen Organen und Geweben transportiert werden kann, was zu profuser Miktion und einem tiefen, schnellen Puls führt. Nicht nur, dass die anderen Organe der Befeuchtung beraubt werden, auch die Milz selbst verliert ihre Ernährungsgrundlage und gerät in einen immer größeren Yin-Mangelzustand. Cheng Jiao-Qian, ein KomZeitschrift für TCM 4/2003

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel mentator des Shang Han Lun aus der Qing-Dynastie bemerkt hierzu:

„Beim Zustand der gefesselten Milz wird das Milz-Yin ausgeschwemmt und es gibt keine Ye-Flüssigkeiten zur Befeuchtung mehr. Die Milz selbst vertrocknet und verdorrt zuerst. Wie sollte sie also Magen und Darm noch eine Spur von Extra-Yin zur Verfügung stellen können? Folglich ist das Magen-Feuer im Übermaß und die Därme sind ausgetrocknet, der Stuhl wird hart und hat die Form von kleinen Kügelchen. Bei der Behandlung verwende man also: Ma Zi Ren Wan (Semen Cannabis Sativae Pille), um die Därme zu weiten und Trockenheit zu befeuchten, um so die Verhärtung aufzuweichen mit dem einfachen Ziel, dass das Milz-Yin im Inneren befördert [anstatt nach außen zu strömen]“.3 Zhou Yan (1832-1905) stimmt dem zu und sagt, dass Ma Zi Ren Wan „hauptsächlich die Fähigkeit des Milz-Yin steigert, das ausgedörrte Qi zu transformieren“ und dass Huo Ma Ren (Semen Cannabis Sativae) „in die Milz eindringen kann, um ihre Yin Jin-Flüssigkeiten zu befeuchten.“4 Folglich hat sich, wie diese Kommentatoren belegen, das Verständnis des Milz-Yin während der Ming- und Qing-Dynastien vertieft. Die Tatsache, dass das Milz-Yin bis jetzt keinen Hauptbestandteil der TCM-Therapie bildet, kann möglicherweise auf die Betonung der Tonisierung des MilzYang durch Li Dong-Yuan in seinem Werk Pi Wei Lun (Abhandlung über Milz und Magen) zurückgeführt werden und dem immensen Einfluss, den dieses Werk auf spätere Ärztegenerationen hatte, die dazu neigten, den „süß warmen“ Tonisierungsansatz zu verwenden, um Milzproblemen zu begegnen, ungeachtet der Tatsache, ob er angezeigt war oder nicht; eine Situation, die Wang Lun (Ming-Dynastie und Autor des Werkes Ben Cao Ji Yao, 1496) dazu veranlasste, frustriert zu seufzen: „Heutzutage unterscheiden diejenigen, die die Behandlung von Milz und Magen erörtern, niemals zwischen Yin, Yang, Qi und Blut, sondern alle ‚regulieren den Magen’! Die Kräuter, die sie verwenden, sind überdies alle scharf, warm, austrocknend und heiß, die Rezepturen helfen dem Feuer, das Yin auszutrocknen und führen dazu, dass das MagenFeuer immer schwerer wiegt und das Milz-Yin immer mehr geschädigt wird. Das klare, reine, harmonische Qi der Mitte wandelt sich zu ausdörrender Hitze, das Gebiet des Epigastriums vertrocknet und verdorrt, der Dickdarm trocknet aus und verknotet sich und die Milz geht ihrem Untergang entgegen.“5 Eine weitere Verfinsterung erfuhr die Bedeutung des MilzYin durch die Entstehung der Schule der Wärme-Erkrankungen und Ye Tian-Shis nachdrücklicher Verteidigung der Theorie des Magen-Yin-Xu, die in Begrifflichkeiten, Symptomen und Ätiologie jedoch allzu allgemein gehalten war. Eine Analyse seiner Fallgeschichten belegt, dass viele Fälle von Milz-Yin-Xu als Magen-Yin-Xu diagnostiziert wurden, obwohl die Behandlungen eine unausgesprochene Differenzierung zwischen Magen-Yin-Xu und Milz-Yin-Xu zeigen.6 Zeitschrift für TCM 4/2003

Dennoch hielt die kraftvolle Woge der innovativen Richtungsänderung der theoretischen Tendenz innerhalb der TCM durch die Schule der Wärme-Erkrankungen für einige Jahrhunderte an, sodass selbst heute noch das Milz-YinXu als individuelles, vom Magen-Yin-Xu getrenntes Konzept ein Thema ist, das kaum Gehör findet.

Der gegenwärtige Stand des Konzeptes des Milz-Yin-Xu Der folgende Abschnitt untersucht die Physiologie, Pathologie, Differenzierung und Behandlung sowohl von MilzYin-Xu als auch von Magen-Yin-Xu, konzentriert sich jedoch auf Ersteres, da über Letzteres mehr als genug geschrieben worden ist.

Die Physiologie der Yin-Flüssigkeiten in Milz und Magen Milz Die Milz ist Yin-Erde, speichert Jing Qi ohne es ausströmen zu lassen und ihr Qi steigt nach oben. Das Milz-Yin bildet die teigig visköse Nährflüssigkeit (Ying Ye), gewonnen aus der Transformation von Speisen und Getränken. Die Funktion dieser Flüssigkeit ist es, sich in die Zangfu zu ergießen und diese zu bewässern, und Muskeln und Fleisch zu befeuchten und zu nähren; sie bildet gleichfalls das materielle Substrat, durch das das Milz-Yang unterstützt und transformiert wird. Sie unterstützt die Verdauungs- und Verteilungsaktivitäten und beherbergt das Denken (Yi). In Kapitel 8 des Ling Shu heißt es: „Die Milz speichert Ying und Ying beherbergt Yi“. Die Milz als Tai Yin feuchte Erde kann sich nur bewegen, wenn sie durch das Yang aktiviert wird. Ihre Transport- und Transformationsfunktion ist dann am harmonischsten, wenn Yin und Yang gemeinsam handeln und daher heißt es, „Die Milz bevorzugt von Natur aus beständige Trockenheit und ihre Form (Ti) ist Yin, während ihre Funktion (Yong) Yang ist.“ Tang Rong-Chuan diskutiert in seinem Werk Xue Zheng Lun (Erörterung von Blutungserkrankungen, 1884) ausführlich die Tonisierung des Milz-Yin, an einer Stelle heißt es:

„Die regulierende Behandlung von Milz und Magen erfordert eine Differenzierung von Yin und Yang. Seit der Zeit von Li Dong-Yuan wissen diejenigen, die den Schwerpunkt auf Milz und Magen legen nur, dass sie das Milz-Yang tonisieren sollen, wissen aber nichts um das befeuchtende Nähren des Milz-Yin. Wenn das Milz-Yang schwach ist, werden Nahrung und Flüssigkeiten natürlicherweise nicht umgewandelt, ist das Milz-Yin schwach, werden Nahrung und Flüssigkeiten ebenfalls nicht transformiert. Es ist als würde man Reis auf einem Herd kochen: Ohne Feuer darunter wird er niemals kochen, doch ohne Wasser im Topf wird er gleichfalls nicht kochen!“7

Magen Der Magen ist Yang-Erde, verwandelt und bewegt die Stoffe, ohne an ihnen festzuhalten und sein Qi steigt nach unten. Das Magen-Yin bezieht sich auf die wässrigen JinFlüssigkeiten und auf die Essenz (Jing), die das Fu Magen befeuchten. Es durchdringt und befeuchtet die aufgenom201

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel mene und zum ‚Reifen’ im Magen gehaltene Nahrung und diese Yin-Flüssigkeiten bilden das materielle Substrat, durch das das Magen-Yang unterstützt und transformiert wird. Gemeinsam mit dem Magen-Yang stellen diese Flüssigkeiten sicher, dass die Aufnahme, das Halten, das Wärmen und das Reifen der Nahrung in harmonischer Weise abläuft. Der Magen ist Yang Ming trockene Erde und sein abwärts steigendes Qi kann sich friedvoll niederlassen, wenn es durch das Yin ausbalanciert wird. Folglich heißt es, „Der Magen liebt von Natur aus sanfte Befeuchtung; seine Form ist Yang, während seine Funktion Yin ist“.

Die integrierten Funktionen von Milz und Magen Milz und Magen sind beide in der ‚Zentralen Präfektur’ – dem Mittleren Jiao – lokalisiert und durch eine Membran verbunden (Pi yu Wei lian mo). Die Milz extrahiert und hebt die klare, feine Essenz, gewonnen von im Magen gehaltener Nahrung und Flüssigkeit und verteilt diese Jin Ye-Flüssigkeiten für den Magen. Das Magen-Qi bewegt sich abwärts und trägt dabei das trübe Qi und anderes Material, das nach dem Extrahierungsprozess der Milz übrig geblieben ist, mit sich. Folglich bildet der Mittlere Jiao die Achse für das Steigen und Fallen des Qi innerhalb des Körpers, angetrieben durch die hebende Wirkung von Nieren-Yang und LeberHolz einerseits und durch die absenkende Natur des Lungen-Metalls andererseits. Im Si Sheng Xin Yuan (Geheime Quellen der Vier Meister, 1753) heißt es: „Das Qi der Mitte ist die Achse für das Auf- und Absteigen von Yin und Yang. Die Bewegung der Achse entstammt dem spiralförmigen Aufsteigen des klaren Qi auf der linken Seite, das sich zu Feuer wandelt, und dem spiralförmigen Absteigen des trüben Qi auf der rechten Seite, das sich zu Wasser wandelt. Yin hat seinen Ursprung oben. Der Magen als [die Position des] reinen Yang, umfängt [anfänglich] das Yin Qi; hat er dieses Yin, dann steigt es ab. Das Absteigen des trüben Qi erzeugt folglich einen Mangel an klarem Qi im oberen Bereich und führt zu Appetit auf Nahrung. Yang hat seinen Ursprung unten. Die Milz als [die Position des] reinen Yin, umfängt [anfänglich] das Yang Qi; hat es dieses Yang, steigt es aufwärts. Das Aufsteigen des Yang Qi wärmt und fördert folglich die Verdauung.“8 Diese Beziehung zwischen Auf- und Absteigen wird auch in Li Dong-Yuans Pi Wei Lun (Abhandlung über Milz und Magen) ausführlich erörtert.

Pathologie: Die Quelle der Mangelzustände Unter normalen Umständen unterstützen und ergänzen sich die oben erörterten Funktionen gegenseitig und regulieren einander in einem aktiven anstatt in einem passiven Gleichgewicht. Beiden, dem Milz-Yin-Xu und dem MagenYin-Xu, ist ein Mangel an Flüssigkeiten und eine Schwäche des Yin gemeinsam. Allerdings ist ein Milz-Yin-Xu in der Regel das Ergebnis eines lange bestehenden inneren Erschöpfungszustandes und seine Hauptmanifestationen sind die schwache Transformation und die mangelhafte Verteilung der feinen Essenzen aus Nahrung und Flüssigkeiten. Dies führt dazu, dass 202

die Milz selbst und die zu ihr in Beziehung stehenden Körperareale, Leitbahnen, Kollateralen und Sinnesorgane unzureichend befeuchtend genährt werden sowie zu einer verminderten Wirksamkeit der Milzfunktion bei Transformation und Transport und dabei, das Blut in den Gefäßen zu halten und die feine Essenz (Jing Wei) aufwärts zu heben. Andererseits resultiert ein Milz-Yin-Xu noch häufiger aus einer Fiebererkrankung und manifestiert sich in verminderter Aufnahme und Akzeptanz von Nahrung, was zu einer Beeinträchtigung in Befeuchtung und Absteigen und sogar bis zum völligen Versagen des Absteigens führen kann. Dies hat zur Folge, dass das Magen-Qi rebellisch aufwärts steigt und Übelkeit und Obstipation verursacht. Dies wiederum wird den Darm in Mitleidenschaft ziehen, sowie die zum Magen in Beziehung stehenden Leitbahnen, Kollateralen und Körperareale.

Symptome von Milz-Yin-Xu und Magen-Yin-Xu Gemeinsame Symptome: • gestörte Verdauung • trockener Mund • leicht zu stillender Durst • niedriges Fieber • brennendes Gefühl im epigastrischen und abdominalen Bereich • gestörter Stuhlgang • möglicherweise Ulzeration im Mund und auf der Zunge • rote Zunge (besonders im Zentrum) • schneller, fadenförmiger Puls

Milz-Yin-Xu In diesem Fall bezieht sich das Yin auf das Blut, die YinEssenz und das nährende Ying Yin in der Milz-Leitbahn, gemeinsam bekannt, als die ‚ihrer Natur nach dem Yin zugeordneten Ye-Flüssigkeiten, die gespeichert werden, ohne auszuströmen’. Die Milz wird die feuchte Erde genannt, was die Ernährung symbolisiert, die den ‚Zehntausend Dingen’ durch Blut und Essenz zu Verfügung gestellt wird. Milz-Yin-Xu weist die folgenden deutlich zutage tretenden Symptome auf: • Schwierigkeiten, die aufgenommene Nahrung zu verdauen • leichte Sättigung nach nur geringer Nahrungsaufnahme • Blähungs- und unangenehmes Völlegefühl nach dem Essen • Geschmacksverlust • trockene Lippen und möglicherweise Mundulzera • glanzlose Gesichtsfarbe • Schwierigkeiten bei der Gewichtszunahme und Auszehrung • Wechsel zwischen Darmträgheit und lockeren Stühlen • Kräfteverlust der Extremitäten • rastlose Hitze in Händen und Füßen • mürber, roter Zungenkörper mit einem zumindest in der Mitte geschälten oder dürftigen Belag • fadenförmiger, schneller und schwacher Puls

Milz-Yin-Xu und die Auswirkung auf andere Zang Milz-Yin-Xu kann durch eine Schwäche des Yin in anderen Zang verursacht werden, die ihr ihre befeuchtende ErnähZeitschrift für TCM 4/2003

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel rung entziehen, besonders, wenn die Milz selbst schwach ist und nicht in der Lage dieser Anforderung nachzukommen. Sind die anderen Zang jedoch kräftig, so kann die Milz-Yin-Schwäche dennoch nach und nach darin versagen ihnen das nährende Yin zu Verfügung zu stellen, das sie brauchen, und folglich leiden auch die Yin-Flüssigkeiten dieser Zang.

Die Differenzierung von Milz-Yin-Xu und Magen-Yin-Xu

So können z. B. Palpitationen und ein unregelmäßiger Puls das Resultat eines Mangels an Blut und Nährenergie (Ying) sein, die darin versagen, die Gefäße des Pulses zu füllen und zu nähren.

1. Wie schon angemerkt, erörtern die meisten antiken Texte eine Schwäche von Milz und Magen gemeinsam, ohne zwischen ihrer jeweiligen Stärke und Schwäche zu differenzieren. 2. Pathogene Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und pathogener Schleim können zu Symptomen führen, die denen eines Mangelzustandes ähnlich sind, und müssen in der Differentialdiagnose als verursachende Faktoren ausgeschlossen werden. Was die Angelegenheit noch verschlimmert, ist die Tatsache, dass diese pathogenen Faktoren gewöhnlich gleichzeitig mit einem gewissen Grad an Schwäche existieren.

Ein schwaches Milz-Yin erlaubt es dem Yang-Feuer aufwärts zu steigen und das Herz in Mitleidenschaft zu ziehen, was zu Milz- und Herz-Yin-Xu führt, mit Symptomen wie Palpitationen, Schlafstörungen und beunruhigenden Träumen. Es kann auch die Lungen austrocknen und zu Symptomen von trockenem Husten mit wenig Schleim oder etwas blutig tingiertem Schleim und einem trockenen, ausgedörrten Hals kommen. Wenn die Milz-Yin-Schwäche die Leber beeinträchtigt, kann es zu Vertigo, trockenen Augen, Sehtrübung und dumpfen Schmerzen in den Flanken kommen, auch kann die Aktivität der Sehnen eingeschränkt sein. Entsprechend wird sich das ‚wahre Yin’ der Nieren durch die Unterbrechung der Unterstützung durch das Milz-Yin schrittweise erschöpfen und zu einer Schwäche im unteren Rücken und den Knien, zu spärlichem, dunklem Urin und zu Symptomen von Xu-Feuer führen.

Magen-Yin-Xu Hierbei handelt es sich um eine Erschöpfung der Yin-Flüssigkeiten des Magens. Die Jin-Flüssigkeiten, die ‚dahinfließen, ohne gespeichert zu werden’, machen es dem Magen unmöglich Nahrung und Getränke zu halten, um sie ‚ausreifen’ zu lassen und sie zu ‚fermentieren’. Klinisch leiden Personen, die konstitutionell zum Holz- und Feuertypus gehören und solche, die eine Fiebererkrankung hatten oder unter einem ausdörrenden Feuerzustand litten, am wahrscheinlichsten unter einer Erschöpfung des Magen-Yin. Beim Magen-Yin-Xu sind die folgenden Symptome am häufigsten zu beobachten: • Durst, jedoch kein unstillbarer Durst • Hunger, jedoch ohne die Fähigkeit viel zu essen • brennendes Gefühl im Epigastrium • undefinierbares epigastrisches Unbehagen (Cao Za) • trockenes Erbrechen • Schluckauf • Übelkeit • möglicherweise saures Aufstoßen • Obstipation mit trockenen Stühlen • Schwellung und Schmerzen des Zahnfleisches • rote Zunge mit wenig Belag, möglicherweise glänzend und spiegelartig • fadenförmiger, schneller Puls Zeitschrift für TCM 4/2003

Es ist nicht immer einfach zwischen Milz-Yin-Xu und Magen-Yin-Xu zu differenzieren und in vielen Fällen sind sie miteinander verbunden. Die Situation wird durch unterschiedliche Faktoren verkompliziert:

All dies verkompliziert die klinische Situation ziemlich und es ist in einer geschäftigen Praxis sehr verlockend, die Angelegenheit mit der Behauptung ‚Schwäche von Milz und Magen’ zu vereinfachen. Richtet man jedoch sein Augenmerk auch nur ein wenig auf die Differenzierung der relativen Mangelzustände von Milz und Magen, wird man sehr schnell zu einem größeren Verständnis der Physiologie und Pathologie des Mittleren Jiao und zu wesentlich besseren Behandlungsergebnissen kommen. Das soll heißen, je häufiger man es versucht, desto besser wird man, und eine frustrierende Situation wird zur Herausforderung und dann zu einer befriedigend erfreulichen Angelegenheit. Einer Differenzierung kann man sich von drei Aspekten her nähern: a) Differenzierung entsprechend der Physiologie von Milz und Magen. b) Differenzierung entsprechend der ätiologischen oder pathologischen Mechanismen. c) Differenzierung entsprechend der Dauer und Schwere der Erkrankung

a) Differenzierung entsprechend der Physiologie von Milz und Magen Die Lokalisation des Problems kann festgelegt werden, indem man identifiziert, welche Funktion von Verdauung und Verteilung in ihrer Wirksamkeit versagt, was im Folgenden detailliert erörtert wird: Nahrungsakzeptanz, aber Versagen bei der Transformation Wenn der Patient einen normalen Appetit hat, aber die Nahrung nicht regelgerecht verdaut wird, verweist dies auf ein Milzproblem: Der Patient wird aufgebläht, selbst nach geringsten Nahrungsmengen, weist ein Unwohlsein im Epigastrium auf, möglicherweise nimmt sein Appetit ab und es kommt zu Geschmacksverlust. Versagen der Nahrungsaufnahme und der Nahrungsakzeptanz Hat der Patient ein Hungergefühl – manchmal sehr ausgeprägten Hunger –, kann aber die Nahrung nicht aufnehmen, dann ist dies ein Magenproblem: trotz des Hungers ist ihm nicht nach Essen zumute oder es besteht sogar eine Abneigung gegen Nahrungsaufnahme. Es kann auch zu epi203

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel gastrischem Brennen und undefinierbarem epigastrischen Unbehagen (Cao Za) kommen (Wisemans „tobender Magen“). Das Mangel-Feuer verursacht das häufige Hungergefühl, doch der Xu hindert den Patienten daran, die Nahrung aufgrund des Mangels an Yin-Flüssigkeiten zu ‚akzeptieren und zu halten’. Unterbrechung des Auf- und Absteigens Absteigen mit einem Mangel an Aufsteigen verweist auf eine Milzstörung, die sich als trockener Mund und trockene Zunge manifestiert, häufig begleitet von lockeren Stühlen. Ist das Aufsteigen in Ordnung, aber das Absteigen geschwächt, handelt es sich um eine Magenstörung, die sich als Übelkeit, trockener Brechreiz oder Erbrechen und Obstipation äußert. Andere Funktionsaspekte können ebenfalls helfen, die Lokalisation der Störung der Milz zuzuschreiben, etwa schlaffe Muskeln oder ausgemergelte Gliedmaßen und welkes Fleisch, Mangel an Speichel, trockner Mund und trockene Haut und Blutungsschwierigkeiten, z. B. die Neigung zu Blutergüssen (etwas, das meiner Erfahrung nach gut auf eine Tonisierung jedes Milz-Musters anspricht).

b) Differenzierung entsprechend der ätiologischen oder pathologischen Mechanismen Die ätiologischen und pathologischen Faktoren, die bei Milz-Yin-Xu involviert sind, sind wesentlich komplexer als jene des Magens und finden sich gewöhnlich im Kontext von: 1. chronischen Erkrankungen 2. konstitutionellem Yin-Mangel 3. emotionalen Störungen, die entweder die Leber daran hindern, die Milz beim Transport zu unterstützen, oder die sich zu Feuer gewandelt haben und schleichend das essenzielle Yin erschöpfen. Jeder einzelne oder alle gemeinsam können die Transformation und den Transport der Milz ungünstig beeinflussen und sich als verminderter Geschmackssinn oder verminderte Freude am Essen und ein schnelles Völlegefühl auch nach geringer Nahrungsaufnahme manifestieren. Magen-Yin-Xu andererseits ist häufig das Ergebnis einer akuten Fiebererkrankung, die die Körperflüssigkeiten schädigt, oder von unmäßigen Essgewohnheiten oder einer Medikation mit heißen, austrocknenden, scharfen Kräutern. Weil der Magen Yang-Erde ist, wirkt er sich zudem sehr leicht überlastend, heiß und austrocknend auf die Jin-Flüssigkeiten aus und verursacht Symptome wie Durst und Obstipation mit trockenen Stühlen.

c) Differenzierung entsprechend der Dauer und Schwere der Erkrankung Relativ gesehen ist ein Magen-Yin-Xu in der Regel von kürzerer Dauer und weniger schwer und die Magenflüssigkeiten können, wenn rechtzeitig behandelt wird, sehr schnell wieder aufgebaut werden. Milz-Yin-Xu findet sich wesentlich häufiger bei generalisierten Xu-Syndromen von längerer Dauer, ist schwerwiegender und bedarf einer längeren Behandlung, um den Normalzustand wiederherzustellen. 204

Über den Daumen lässt sich daher sagen: Kurzzeit = Magen, Langzeit = Milz. Beides sind Yin-Xu-Zustände, doch die Erschöpfung des Yin ist wesentlich ausgeprägter, wenn die Milz involviert ist. Die Behandlung des Milz-Yin-Xu dauert folglich länger und ist komplizierter als die des Magen-Yin-Xu, da ein Milz-YinXu nicht nur die Jin-Flüssigkeiten der Milz selbst betrifft, sondern auch Yin und Blut. Wenn wir uns daran erinnern, die drei oben genannten Aspekte der Differenzierung in der klinischen Praxis anzuwenden, dann wird es wesentlich einfacher, zwischen einem Milz-Yin-Xu und einem Magen-Yin-Xu zu unterscheiden.

Die Behandlung des Milz-Yin-Xu Die Gesamtrichtung zur Tonisierung des Milz-Yin lässt sich schon sehr früh finden, und zwar im Su Wen, Kapitel 10: „Die Milz begehrt das Süße“. Die verwendeten Kräuter sollten daher hauptsächlich süß sein, da „süße Kräuter das Zentrum beschützen“. Süße Kräuter haben jedoch unterschiedliche Kategorien: süß-warm, süß-kühl, süßkalt und süß-mild (ohne hervorstechenden Geschmack). Im Pi Wei Lun richtet Li Dong-Yuan sein Augenmerk auf den Milz-Yang-Xu und sagt: „Verwende Süßes und Warmes, um das Zentrum zu tonisieren und sein Yang zu heben“. Im Wen Re Lun bemerkt Ye Tian-Shi: „Verwende schnell süße, kühle und befeuchtende Dinge“, was auf ein erst kürzlich durch ein fieberpathogen geschädigtes Magen-Yin abzielt. Bei einem Milz-Yin-Xu sind jedoch das Süße und Milde das Beste. Dies rührt daher, weil die Milz schwach ist, und der süße Geschmack ist in der Lage sie wiederherzustellen und zu tonisieren. Doch verabscheut die Milz trübe Feuchtigkeit und diese kann der milde Geschmack ausschwemmen. Folglich kann die Kombination von Süß und Mild den Mangelzustand beheben und die mögliche Bildung von Feuchtigkeit aufgrund einer vorherigen Schwäche der Milz verhindern. Die Kräuter dieses Typs sind ihrer Natur nach nahezu alle sanft und neutral, nicht kalt oder schmierig, was zu Feuchtigkeit führen würde, noch warm oder austrocknend, was das Yin schädigen könnte. Das Su Wen merkt an: „Wenn man wünscht, die Milz zu stärken, blockiere man nicht das Qi. Man sitze nicht zu lange, nachdem man gesättigt ist, man esse nicht zu viel saure Nahrung und verzehre keinerlei rohe Nahrung – das Süße wird von Nutzem sein und ebenso das Milde.“ Die bei der Behandlung von Milz-Yin-Xu verwendeten Kräuter sollten also befeuchten und süß-neutral, süß-mild und sanft sein. In jeder Rezeptur kann Tai Zi Shen (Radix Pseudostellariae) als Ersatz für Ren Shen (Radix Ginseng) dienen oder es sollten Dang Shen (Radix Codonopsitis) und Shan Yao (Rhizoma Dioscoreae) in ihrer unpräparierten Form verwendet werden. Kräuter wie Ge Gen (Radix Puerariae) und He Ye (Folium Nelumbinis Nuciferae), die das Aufsteigen der Milzessenz (Jing) unterstützen, sind nützliche Zusätze. Achten Sie, wenn Sie eine Rezeptur für einen individuellen Patienten erstellen, gleichzeitig auf das Yang im Yin und setzen Sie, wenn notwendig, sowohl sanfte und einige „harte“ Kräuter wie Bai Zhu (Rhizoma Atractylodis Macrocephalae) zur Tonisierung des Qi ein, um die Flüssigkeiten zu transformieren. Diese Vorgehensweise stellt Zeitschrift für TCM 4/2003

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel ebenfalls eine wichtige Methode bei der Wiederherstellung des Milz-Yin dar. Individuelle Kräuter (aufgelistet in der Abfolge ihrer gebräuchlichsten Verwendung) sind: Shan Yao (Rhizoma Dioscoreae) Qian Shi (Semen Euryales) Lian Zi (Semen Nelumbinis Nuciferae) Mai Ya (Fructus Hordei Vulgaris Germinantus, roh) Gu Ya (Fructus Oryzae Sativae Germinantus, roh) Huo Ma Ren (Fructus Cannabis) He Ye (Folium Nelumbinis Nuciferae) Ge Gen (Radix Puerariae) E Jiao (Colla Corii Asini) Xuan Shen (Radix Scrophulariae) Honig

– Lian Zi und Qian Shi fördern die tonisierende Stärkung des Milz-Yin

– Jie Geng und Gu Ya heben die klare Essenz und unterstützen den Transport der Milz – Bai Zhu und Zhi Gan Cao sind süß und warm und unterstützen das Yang bei der Erzeugung des Yin – Shi Hu betrifft das Magen-Yin, das ebenfalls leidet, wenn das Milz-Yin schwach ist

Shan Yao (Radix Dioscoreae Oppositae) Bai Bian Dou (Semen Dolichoris Lablab) Ren Shen (Radix Ginseng) Xi Yang Shen (Radix Panacis Quinquefolii) Tai Zi Shen (Radix Pseudostellariae Heterophyllae) Huang Jing (Rhizoma Polygonati) Dang Shen (Radix Codonopsitis Pilosulae) Yi Yi Ren (Semen Coicis Lachryma-jobi) Da Zao (Fructus Zizyphi Jujubae)

Analyse einer typischen Milz-Yin Rezeptur

Daher ist Yi Pi Tang (Dekokt zum Wohle der Milz) eine elegant zusammengestellte Rezeptur, in der sanft, süß und neutral stärkende Kräuter verwendet werden, um das geschädigte Milz-Yin wiederherzustellen, kombiniert mit süßen, milden Kräutern, die Feuchtigkeit ausleiten, und auch einigen süßen, warmen Milztonika, um die normale Milzfunktion wiederherzustellen. Sowohl den befeuchtenden als auch den zusammenziehenden Aspekten des Yin wird Rechnung getragen. Die Betonung liegt auf dem MilzYin, da dies das Hauptproblem darstellt, aber bezeichnenderweise werden die anderen Aspekte der Milzfunktion nicht ignoriert, sogar das Magen-Yin wird mit einbezogen.

Die Behandlung des Magen-Yin-Xu

Eine der besten Rezepturen zur Tonisierung des Milz-Yin, die ich bisher gesehen habe, stammt von Dr. Yu ChangHui. Er nennt sie Yi Pi Tang (Dekokt zum Wohle der Milz) und sie besteht aus folgenden Bestandteilen:

Yi Pi Tang (Dekokt zum Wohle der Milz) g g g g g g g g g g g g

Diese Rezeptur ist faktisch eine Veränderung von Shen Ling Bai Zhu San (Radix Ginseng, Sclerotium Poriae Cocos und Rhizoma Atractylodis Macrocephalae Pulver). Ren Shen (Radix Ginseng) wurde durch Tai Zi Shen (Radix Pseudostellariae Heterophyllae) ersetzt und die allzu warmen und versengenden Kräuter Sha Ren (Fructus Amomi) und Chen Pi (Pericarpium Citri Reticulatae) wurden herausgenommen. Dafür wurden die süßen und milden Kräuter Shi Hu (Herba Dendrobii) und Qian Shi (Semen Euryales Ferocis) gemeinsam mit Gu Ya (Fructus Oryzae Sativae Germinantus) hinzugefügt, um den Transport der Milz zu unterstützen. Zeitschrift für TCM 4/2003

– Tai Zi Shen, Shan Yao und Bai Bian Dou befeuchten und nähren das Milz-Yin

– Yi Yi Ren und Fu Ling sind süß und mild, um die Milz zu stärken und sanft die Feuchtigkeit auszuleiten

Die folgenden Kräuter tonisieren das Milz-Qi ebenso wie das Milz-Yin:

Tai Zi Shen (Radix Pseudostellariae Heterophyllae) . 12 Fu Ling (Sclerotium Poriae Cocos). . . . . . . . . . . . . . 9 Bai Zhu (Rhizoma Atractylodis Macrocephalae). . . . 9 Jie Geng (Radix Platycodi Grandiflori) . . . . . . . . . . . 3 Shan Yao (Radix Dioscoreae Oppositae) . . . . . . . . . 9 Lian Zi (Semen Nelumbinis Nuciferae) . . . . . . . . . . . 9 Yi Yi Ren (Semen Coicis Lachryma-jobi) . . . . . . . . . 9 Qian Shi (Semen Euryales Ferocis) . . . . . . . . . . . . . 6 Bai Bian Dou (Semen Dolichoris Lablab) . . . . . . . . . 9 Shi Hu (Herba Dendrobii) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Gu Ya (Fructus Oryzae Sativae Germinantus) . . . . . 9 Zhi Gan Cao (Radix Glycyrrhizae Uralensis, in Honig geröstet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Erklärung der Rezeptur

Die Behandlung von Magen-Yin-Xu sollte süß-kalte, süßkühle, das Yin befeuchtende und nährende Kräuter umfassen. Saure und süße Kräuter können kombiniert werden, um Yin zu bilden, z. B. Bai Shao (Radix Paeoniae Lactiflorae) und Gan Cao (Radix Glycyrrhizae Uralensis). Wu Mei (Fructus Pruni Mume) erzeugt Flüssigkeiten und beschützt das Yin und kann von Mu Hu Die (Semen Oroxyli Indici) dabei unterstützt werden, das Qi zu regulieren und das Blut zu bewegen, sodass die Tonisierung keine ungewünschte Blockade hervorruft. Individuelle Kräuter (aufgelistet in der Abfolge ihrer gebräuchlichsten Verwendung) sind: Zhi Mu (Rhizoma Anemarrhenae Asphodeloides) Tian Hua Fen (Radix Trichosanthis) Shi Hu (Herba Dendrobii) Mai Dong (Radix Ophiopogonis Japonici) Yu Zhu (Rhizoma Polygonati Odorati) Lu Gen (Rhizoma Phragmitis Communis) Sheng Di Huang (Radix Rehmanniae Glutinosae) Bei Sha Shen (Radix Adenophorae seu Glehniae) Nan Sha Shen (Radix Adenophorae) Wu Mei (Fructus Pruni Mume) Bai He (Bulbus Lilii) Xi Gua Cui Pi (Pericarpium Citrullus Vulgaris) Säfte wie jene aus Birnen und Zuckerrohr und Lotus-Rezepturen, um das Magen-Yin zu nähren, sind gut dokumentiert und werden hier nicht im Detail erörtert. Zu ihnen gehören Yi Wei Tang (Dekokt zum Wohle des Magens), Mai Dong Tang (Radix Ophiopogonis Japonici Dekokt) und Sha Shen Mai Dong Tang (Dekokt mit Radix Glehniae seu Adenophorae und Radix Ophiopogonis Japonici). 205

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel

Andere Schwierigkeiten bei der Behandlung von Milz- und Magen-Yin-Xu Obwohl Milz- und Magen-Yin-Xu häufig gemeinsam anstatt getrennt behandelt werden können, gibt es bestimmte andere verwandte Zustände, die mit besonderer Rücksicht gehandhabt werden müssen.

a) Milz- und Magen-Yin sind beide schwach und zudem ist das Milz-Yang geschädigt: Werden in diesem Fall kalte oder süß-kühle Kräuter verwendet, um das Yin wiederherzustellen, wird das Yang weiter geschädigt. Süße, befeuchtende Kräuter können verwendet werden, aber sie sollten von neutralem Charakter sein.

b) Magen-Yin im Spätstadium einer feuchtwarmen Erkrankung Im Spätstadium einer feuchtwarmen Erkrankung (Shi Wen), bei dem das Magen-Yin durch die Hitze des pathogenen Faktors erschöpft worden ist, jedoch der feuchtwarme pathogene Faktor nicht vollständig beseitigt wurde, neigen süß-kalte, Magen tonisierende Kräuter dazu, die pathogene Feuchtigkeit zu verstärken. Es sollten daher stattdessen süße, milde Kräuter, die Milz und Magen nähren, aber auch Feuchtigkeit ausleiten, verwendet werden.

c) Berücksichtige selbst in Fällen von Milz-Yang-Xu immer das Yin Häufig wird ‚Milz-Xu’ einfach nur mit einem Milztonikum wie Bai Zhu (Rhizoma Atractylodis Macrocephalae) und anderen warmen, trocknenden Kräutern behandelt. Befinden sich aber sowohl das Yang als auch das Yin der Milz in einem Mangelzustand, kann eine wärmende Tonisierung der Milz das Milz-Yin schädigen. Es sollte also immer auch das Milz-Yin berücksichtigt werden und, wenn notwendig, entsprechende Kräuter eingesetzt werden. Wie Yu Chang (Zi-Name Jia-Yan, 1585 - ca.1664), Autor des Yi Men Fa Lu (Regeln für Ärzte), sagt:

„Obwohl ‚die Milz die Trockenheit liebt’, bedeutet übermäßige Trockenheit der Erde, dass Gras und Holz verdorren und austrocknen. Folglich müssen Rezepturen zum Nähren der Milz sowohl befeuchten als auch trocknen, jeweils entsprechend der Notwendigkeit.“ Ein Mangelzustand von Milz-Qi und Milz-Yin ist ein ähnlicher Fall, bei dem man beiden Aufmerksamkeit schenken muss. Eine Rezeptur wie Sheng Ling Bai Zhu San wirkt in solchen Fällen gut.

d) Schwaches Milz-Yin mit exzessivem Magen-Yang In Situationen wie ‚Störungen, die an der Mitte zehren ’(Zhong Xiao Zheng), handelt es sich um einen pathologischen Mechanismus, bei dem das Milz-Yin schwach und das Magen-Yang im Übermaß ist. Hier muss die Behandlung das Milz-Yin unterstützen und das Magen-Yang unterdrücken. Dies geschieht mit Kräutern wie: 206

Ren Shen (Radix Ginseng) Sheng Di Huang (Radix Rehmanniae Glutinosae) Shan Yao (Radix Dioscoreae Oppositae) Sheng Mu Li (Concha Ostrae, roh) Mai Dong (Radix Ophiopogonis Japonici) Tian Hua Fen (Radix Trichosanthis) Zhi Mu (Rhizoma Anemarrhenae Asphodeloidis) Huang Lian (Rhizoma Coptidis) und Ku Shen (Radix Sophorae Flavescentis) Weist das Qi ebenfalls einen Mangelzustand auf, kann Huang Qi (Radix Astragali Membranacei) hinzugefügt werden.

e) Atrophische Gastritis Bei Störungen wie der biomedizinisch definierten atrophischen Gastritis mit Symptomen von Magen-Yin-Xu, wie Anorexie, brennenden Schmerzen und Unwohlsein im Epigastrium, Durst, trockenem Mund und Obstipation, können Yi Wei Tang (Dekokt zum Wohle des Magens) und Shao Yao Gan Cao Tang (Radix Paeoniae und Radix Glycyrrhizae Uralensis Dekokt) kombiniert werden, wobei saure Kräuter wie Wu Mei (Fructus Pruni Mume) und Mu Gua (Fructus Chaenomelis) hinzugefügt werden, um das Yin zu formen. Dies führt zu guten Resultaten bei der Beendigung der Schmerzen und Verbesserung des Appetits. Ist Übelkeit ein Problem, können Zhu Ru (Caulis Bambusae in Taeniis) Fo Shou (Fructus Citri Sarcodactylis) Bai Shao (Radix Paeoniae Lactiflorae) und Pi Pa Ye (Folium Eriobotryae Japonicae) verwendet werden.

Quellen Die Hauptquellen für diesen Artikel sind: Wei yin xu yu Pi yin xu de qubie yu lianxi („Unterscheidung und Relation von Magen-Yin-Mangel und Milz-Yin-Mangel“), Beijing, Journal of Traditional Chinese Medicine, 1990, Vol. 31, Nr. 7, S. 4-10 und Pi bing yin yang, bu ke pian fei („Bei Milzerkrankungen dürfen Yin und Yang nicht ignoriert werden“), ein Artikel zu dem Buch Zhong Yi Li Lun Bian („Erörterungen zu Theorien der Chinesischen Medizin“), editiert von Qu Yue-Yun, Hunan Science and Technology Press, 1990, S. 199-207.

Verweise 1. Li Zhao-Hua Shen Yu Shen Bing De Zheng Zhi („Syndrome und Behandlung der Nieren und Nierenerkrankungen“), Hebei People’s Publishing, 1979, S. 2-3). Vergleiche auch Zhong Yi Li Lun Bian („Erörterungen zu Theorien der Chinesischen Medizin“), S. 200. 2. ebd. 3. Zhong Yi Li Lun Bian („Erörterungen zu Theorien der Chinesischen Medizin“), S. 200. 4. Ben Cao Si Bian Lu („Aufzeichnungen über unterschiedliche Meinungen in der Materia Medica“), von Zhou Yan, 1904; Peoples Publishing, Beijing, 1982, S. 77. 5. Zitiert in Zhong Yi Li Lun Bian, S. 201. Für mehr Informationen zu Wang Lun und seiner Sammlung wichtiger Elemente in der Pharmazeutik, siehe Unschuld, Medicine in China: A History of Pharmaceutics, S. 119. Zeitschrift für TCM 4/2003

Steven Clavey / Milz- und Magen-Yin-Mangel 6. Für ein deutliches Beispiel siehe Fall 66 in Ye Shi Yi An Cun Zhen Shu Zhu („Kommentierte wahre Fälle des Ye Tian-Shi“), von Peng Xian-Zhang, 1937; Sichuan Science and Technology Press, 1984, S. 95.

Um ‚rechts’, ‚links’, ‚oben’ und ‚unten’ zu verstehen, die im ersten Abschnitt diskutiert werden, sollte der Leser auf das Diagramm der Wandlungsphasen Bezug nehmen, bei dem die Erde in der Mitte steht.

7. Xue Zheng Lun („Diskussion über Blutungsstörungen“), Tang Rong-Chuan, 1884; Shanghai Science and Technology Press, 1977, S. 25.

Feuer

8. Si Sheng Xin Yuan („,Geheime Quellen der Vier Meister’ Huang Yuan-Yu, 1753“), zitiert im Pi Wei Lun Zuan Yao („Zusammenstellung der wesentlichen Diskussionen zu Milz und Magen“), Shaanxi TCM College, Shaanxi Science and Technology Press, 1986, S. 6.

Holz

Erde

Metall

Wasser

Im zweiten Abschnitt taucht eine interessante Phrase auf: “Wei yi chun yang er han yin qi ... Pi yi chun yin er han yang qi”. Meine etwas farblose Übersetzung „Der Magen von reinem Yang umhüllt das Yin Qi“ usw. versagt darin, die in ihr enthaltenen vielschichtigen Assoziationen deutlich zu machen, die ich hier kurz darstellen möchte. In Begriffen des Mittleren Jiao hat der Magen die Position des höchsten Yang inne, aus dem heraus das Absteigen des Yin erzeugt wird, während die Milz die Position des höchsten Yin inne hat, aus dem das Aufsteigen des Yang entspringt. Es ist hier, in der zentralen Präfektur, wo jegliches Auf- und Absteigen des Qi im Körper seine Achse hat. Es ist schwierig, im Englischen ein genaues Äquivalent für das Wort „Han“ in dieser Phase zu finden. Es wird gewöhnlich mit „enthalten, beinhalten“ übersetzt, hier jedoch trägt seine bildhafte Darstellung „des im Mund Haltens“ die inhaltsreiche Bedeutung, dass der Same des Yin in der runden Fülle des äußersten Yang gehalten wird und die Bedeutung des Yang im äußersten Yin: im Augenblick verborgen, doch angefüllt mit unvermeidbarem Wandel.

Die Beziehung der Abfolge des Wachsens und Abnehmens von Yin und Yang zu den Fünf Wandlungsphasen (Aus: Clavey, Die Körperflüssigkeiten in der Chinesischen Medizin, Kap. 1 und 4, Kötzting 2004)

9. Eine etwas andere Analyse der Rezeptur findet sich in Zhong Yi Li Lun Bian (Erörterungen zu Theorien der Chinesischen Medizin), editiert von Qu Yue-Yun, Hunan Science and Technology Press, 1990, S. 205.

Über den Autor Steven Clavey qualifizierte sich als Arzt für Chinesische Gynäkologie am Zhejiang College für TCM, nachdem er 5 Jahre in Taiwan und 2 Jahre im Mutterland China studiert hatte. Er praktiziert seit 1986 Kräutermedizin und Akupunktur im Bereich der Gynäkologie in Melbourne, Australien. Er ist Autor des Buches Fluid Physiology and Pathology in Chinese Medicine,2 2003 publiziert bei Churchill Livingstone. (Die deutsche Übersetzung: Die Körperflüssigkeiten in der Chinesischen Medizin, erscheint in Kürze im Verlag für Ganzheitliche Medizin Dr. Erich Wühr GmbH.) Dieser Artikel erschien zuerst im Journal of Chinese Medicine, Nummer 4, Januar 1995. Wir danken dem Autor und Peter Deadman für die freundliche Abdruckgenehmigung.

Gunter Neeb

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