ARIZONA :

MEIN ERSTER IRONMAN (OHNE MEINE FRAU)

Verschiedenen Provokationen meiner geliebten Frau ausgesetzt, die mich vorher bei allen meinen bisherigen Ironmans mit Rat und Tat und Mehr unterstützt hatte, entschloss ich mich ,“das wahre Abenteuer“ zu wagen : einen Ironman ALLEIN , trotz meiner legendären Schusseligkeit und Unorganisiertheit! Die Form schien noch nach der WM 70.3 in Clearwater /Florida gut. Hawaii 2009 war geplant –warum nicht jetzt schon qualifizieren und es Ludwig ,der es in Florida drei Wochen zuvor bei der Langdistanz geschafft hatte, nachmachen ? Kleine Zweifel an der Machbarkeit wurden zerschlagen : Mein längster Lauf dieses Jahr war 15 km ( zu wenig für die Langdistanz?!) ..und immer noch hatte ich mehr Schwimm- als Laufkilometer. Auch die Regeneration ,zwei Wochen nach Clearwater war sicherlich nicht optimal und das Gewicht zu hoch. DOCH WER NICHT WAGT , DER NICHT GEWINNT! Tempe, Arizona wurde als Rennen ausgeguckt. Schade nur,dass das Rennen seit einem halben Jahr schon ausgebucht war ! Lösung : Anruf beim alten Tria-Urgestein „Hannes“ von Hawaii-Tours und schon hatte ich gegen einen kleinen Aufpreis meinen Startplatz ! Für 500 Dollar wurde ein Last-Minute Flug bei Ralf vom Altstadt-Reisebüro gekauft, als letzte Serviceleistung buchte mir meine Frau ein 6-Sterne Hotel für fünf Nächte für „kleines Geld“ durch geschicktes Nutzen von Sonderkonditionen des Kreditkartenunternehmens – mir sollte es ja gut gehen ,alleine , und packte meine Koffer incl. Jackett und Kravatte. Ab jetzt war ich auf mich allein gestellt .Mein Rad war ja noch verpackt im Radkoffer vom WK vor zehn Tagen. Bewaffnet mit einem kleinen Netbook und dem Zweithandy meiner Frau (ich selber besitze keines) konnte es nun losgehen. Ich sollte es während meines gesamten Trips nicht schaffen, eine Internetverbindung herzustellen, noch das Handy in Betrieb zu nehmen. Pin, Sicherheitscode, W-Lan… wer hilft mir , WO IST MEINE FRAU ? Dann eben nicht- es muss auch ohne gehen! Überdies wurde die Festplatte des Netbooks beim Umsteigen in Chicago von Sicherheitsbeamten so genau inspiziert, dass ich meinen Anschlußflug fast verpasst hätte(!) Taugt alles nichts, das moderne Zeug.. Ankunft in Phoenix/Arizona , drei Tage vor Wettkampf – leider war mein Koffer nicht mitgekommen ,mein Radkoffer schon. Im Radkoffer waren „Gott sei Dank“ auch die Laufschuhe und der Neo- sonst nix. Gedanken wie „schafft man einen Ironman in Unterwäsche „ kommen auf. Was solls : halt ein ABENEUER.. Phoenix selbst : nicht die erwarteten Cowboyhüte in der Wüste, sondern eine hochmoderne ,pulsierende Metropole , ohne Wirtschaftsdepression

und mit 120 (!) Luxusgolfplatz- Resorts in der näheren Umgebung. Schön hier ! Mein Hotel , das „The Phoenizian-Resort“ in Scottsdale ,8 km vom Schwimmstart entfernt, war super und am nächsten Tag kam auch mein Koffer noch an. Das Rad wurde zusammengebaut – alles klappte (anders als in Clearwater). Ich war stolz auf mich ! Zur Testfahrt gings auf in die Wüste, die „Camelback-Mountains“, die sich rot und karg hinter dem Hotel erhoben. Die Sonne schien, die Beine waren top, die Landschaft beeindruckend .Triathlet, was willst du mehr ! Ein leichter Antritt am letzten Hügel , da brach mir meine „High-Tech MavicScheibe“ unterm Hintern zusammen ! Jetzt kam doch Hektik auf : zwei Tage vorm Wettkampf (ein Tag vorm Check-In) kein Hinterrad !! Aber für 100 Dollar gibt’s in den USA immer eine Lösung: RACE-DAYWHEELS.COM . Für besagte Leihgebühr gab es zwar keine Scheibe mehr- alle schon wegaber eine ZIPP 808 sollte es auch tun. Schnell noch die Ritzel montiert – die Amis habens drauf – oder ? Barzahung war nicht möglich (wg.der Versicherung(!)) und so musste ich nochmals zurück ins Hotel die Kreditkarte holen. STRESS vorm WK laut Mark Allen leistungsfördernd ?!? Dann Startunterlagen abgeholt und dann die Startnummern „selbst“ aufs Rad und Helm geklebt und dann mit Hilfe von 16 edlen HotelSicherheitsnadeln die Startnummer am Startnummernband befestigt. Ohne meine Frau – GEHT DOCH. Jetzt wird endlich relaxt. Das eifrige Hotelservicepersonal hatte meine Zimmer-High-Tech Stereoanlage mit säuselnder Musik programmiert. Das war nicht so mein Ding. Welcher der 64 Knöpfe und Schalter ist zum Ausmachen ??? Wo ist meine Brille?? Egal, ein gezielter Schlag und Ruhe war … Bis 2.10 Uhr Nachts . Plärrend hatte sich das Monster wieder in Gang gesetzt. Eine heftige Bewegung aus dem Tiefschlaf nach rechts …und mein Halswirbel war ausgerenkt. Drehung des Kopfes nur noch nach Rechts möglich , Scheiße , WK ade. Die Masseuse im Ironmandorf faselt was von „Hospital“. Aber so leicht wird nicht aufgegeben. JETZT KANN ICH NICHT AUFGEBEN! Was würde meine Frau sagen! NEVER. Wird halt nur nach einer Seite geatmet, beim Radfahren nur geradeaus geschaut und das Laufen ist noch fern! RACE-DAY : 6.00 Uhr, eiskalt und stockdunkel (Wüstenklima, nachts 8° ,tags 32°).

Wie krieg ich meinen (zu engen) Neo an ? Elisabeth kann mir nicht helfen. Aber drei Amerikanerinen ,von der Schönheitschirurgie ,wie ortsüblich gut ausgestattet, erweisen sich zwar als hilfsbereit, den Neo können sie aber nicht schließen…reden was von „it`s damaged“ …. Schließlich erbarmte sich ein 74 Jähriger,grauhaariger Agegrouper meiner : Neo geschlossen, puh! Das Rennen kann beginnen ! GEHT DOCH. Im Dunkeln wurde ins Wasser gehüpft. Ein Kanalsee(ähnlich Roth) mitten in der Stadt. Meine Taktik modifizierte ich : Raus aus dem Gedränge, ganz links einordnen (konnte ja nur nach rechts atmen) . Trotzdem ein Super-Schwimmen . Die Sonne ging auf .Genug Platz und leichte Orientierung. Nach 58 min. wieder an Land , die drei Amerikanerinnen applaudieren, zwei Helfer rissen mir ohne meine Einwilligung den Neo vom Leib. Den Weg zum Rad konnte man sich FREI auswählen, alles klappte- auch ohne große Regeln. Nach einigen Kilometern auf dem Rad hatte sich meine kunstvoll befestigte Startnummer verabschiedet und sich die 16 HotelSicherheitsnadeln sich in meinen Bauch gebohrt. IRONMAN-PIERCING. Kann Elisabeth doch besser. DIE RADSTRECKE : DREI RUNDEN VON JE 60 KM : 10 km flach, 20 km gegen den Wind und die Berge in die Wüste , Wendepunkt und 20 km Berg runter mit 55/11 und 60 km/h (endlich hilft mein Gewicht, aber die Scheibe fehlt!) und dann 10 km flach- und das dreimal. Keine Wolke am Himmel , aber Super-Verpflegungsstationen. Wie auf Hawaii. Für mich eine tolle Radstrecke, die Ähnlichkeit mit Hawaii hat. Die ganze Strecke fahre ich mit einem „Dirk“- sah ziemlich fit aus für seine 45 auf der Wade. Als er mich später beim Laufen überholt denke ich, „den kennst du doch“….. Später bei der Siegerehrung stellt sich heraus : Es war Dirk Aschmoneit , lebt jetzt in der USA, kann auch nicht aufhören ; war einer der TopTriathleten in den späten 80er Jahren, EM/DM Sieger etc.. Nach 4.59 STUNDEN vom Bike runter. SUPER. Fünf Stunden mit Durchschnittspuls 140 , rein in die Laufschuhe , los in 4.30 min den Kilometer. Super gefühlt. Wird das „mein Tag“? GEHT DOCH OHNE ELISABETH. Überhole sogar. Die Zuschauer rufen: „ Top 50 , you look great !“ Genau bei KM 15 ( so lang wie meine längsten Trainingsläufe) „platze“ ich innerhalb von Minuten. Meine superleichten „Rennsemmeln“ werden zur Belastung. Zweimal legt es mich auf die Fresse, einmal direkt vor der Aid-

Station ….. vom Überflieger zum 53 Jährigen, grauhaarigen Agegrouper. Niemand sagt mehr „You look great!“. Drei Laufrunden von je 14 KM. Verstecke mich in den Massen der Agegrouper. Eine schöne Laufstrecke rund um den See in der Stadt. Viele Hügel und Brücken, Schotter etc.. Jetzt werden meine Kilos zur Belastung. 25 KM LEIDEN ALLEIN N DER WÜSTE VON ARIZONA. NIEMAND WARTET IM ZIEL AUF MICH. WO IST ELISABETH ? WO MEINE TOCHTER , WO MEIN SOHN ? Noch bis zur nächsten Brücke, dann wird gegangen , dann die Übernächste…plötzlich nur noch 10 km . Mein Kampfgeist erwacht wieder: „Ich zeigs meiner Frau“; GEHT DOCH ,AUCH ALLEIN ! Bisher hatte mich noch keiner meiner Agegrouper (50-54) überholt , außer JOE BONESS . Der macht 10-15 Ironmans pro Jahr , gewinnt auch mal ein Rennen in der Gesamtwertung (!),mischt auch unter den Profis mit und beendete dieses Rennen unter den TOP 40 incl.Profis (!) – was wohl auch an der besonderen „Ernährung“ in Florida liegt, wo er lebt). Es gibt fünf Startplätze für Hawaii in meiner AK. Jetzt weitermachen , nicht aufgeben , dann winkt Hawaii. Laufe den Marathon in 4.12 ohne zu gehen, wirklich ! Ist auch ein Kunststück - oder ? ZIELENLAUF 10.15 STUNDEN . NIEMAND UMARMT MICH. NIE MEHR EINEN IRONMAN ALLEIN ! Es ist schon wieder kalt beim Zieleinlauf. Man wird direkt in eine silberne Iso-Decke eingehüllt. Ich sinke auf einer Holzbank zusammen und erzähle dem Nächstbesten meine Story : „FIRST IRONMAN WITHOUT MY WIFE“. Davon gerührt bietet eine Amerikanerin mir ihr Handy an und ich spreche mit Elisabeth in Deutschland und erfahre , dass ich für Hawaii qualifiziert bin ! GEHT DOCH –ODER ? Tolle Siegerehrung am nächsten Tag im Freien. SONNE ! Supernette Amis. Bin unter den TOP 3 meiner Agegroup. GEHT DOCH ! Jetzt noch schnell den Slot für Hawaii abholen . Doch dann wird auch hier kein Bargeld für den Startplatz angenommen und die Kreditkarte/Magnetstreifen funktioniert nicht ! Ich bekomme eine halbe Stunde Frist, andernfalls verfällt mein Slot(!) Schnell ins Hotel gerast und Traveller-Schecks und andere Karte geholt. Nach 24 min zurück. Puh! Bei dem Stress in Arizona waren die 10.15 Stunden des Rennens das Einfachste von allem.

FAZIT: ARIZONA ist ein SUPER-RENNEN. Nur zu empfehlen! Nette Amis, kaum Deutsche , mehr Puerto-Ricaner in der Startliste. HAWAII 2009 KANN KOMMEN !! Dann -

OHNE SCHEIBE OHNE HANDY OHNE NETBOOK MIT MEINER FRAU UND FAMILE