Leitfaden zur Umsetzung des neuen Gemeindegesetzes

Leitfaden zur Umsetzung des neuen Gemeindegesetzes 1. 2. 2.1. 2.2. 3. 4. 5. 6. 7. 7.1. 7.2. Einleitung.................................................
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Leitfaden zur Umsetzung des neuen Gemeindegesetzes

1. 2. 2.1. 2.2. 3. 4. 5. 6. 7. 7.1. 7.2.

Einleitung..................................................................................................................... 2 Konkreter Anpassungsbedarf ...................................................................................... 2 Per 1. Januar 2010 ...................................................................................................... 2 Bis 31. Dezember 2012 ............................................................................................... 4 Wichtige Neuerungen .................................................................................................. 4 Wegfallende Genehmigungspflicht per 1. Januar 2010 ................................................ 7 Spezielle Bestimmungen für Gemeinden mit Parlament .............................................. 8 Glossar ........................................................................................................................ 9 Anhang ...................................................................................................................... 13 Fachkundige Kontrolle des Finanzhaushalts .............................................................. 13 Beispiele zu Zusatzantrag, Variantenantrag, Alternativantrag, Eventualantrag und Volksvorschlag .......................................................................................................... 14

Abkürzungen: aGG nGG

Gemeindegesetz vom 23. August 1979 (sGS 151.2) Botschaft: ABl 1976, 1227 ff. Gemeindegesetz vom 21. April 2009 (sGS 151.2), in Vollzug ab 1. Januar 2010, Botschaft: ABl 2008, 1321 ff., Referendumsvorlage: ABl 2009, 707 ff.

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1.

Einleitung

Mit dem nGG werden die organisations- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Kantonsverfassung, welche den Gemeinden erhebliche Autonomie zur Regelung ihrer Organisation und ihres Finanzhaushalts zugestehen, auf Gesetzesstufe umgesetzt. Die Regierung hat beschlossen, das nGG ab 1. Januar 2010 in Vollzug zu setzen.

Zahlreiche Bestimmungen der Gemeindeordnungen entsprechen nicht mehr dem nGG, weshalb die Gemeinden eine Anpassung an das neue Recht vorzunehmen haben. Der Gesetzgeber hat den Gemeinden eine Frist zum Erlass oder zur Anpassung an das neue Recht bis spätestens zum Ende der Amtsdauer 2009/2012 gewährt (Art. 169 nGG).

Weil das aGG per 31. Dezember 2009 aufgehoben wird, verlieren alle kommunalen Bestimmungen (insbesondere Gemeindeordnung und Reglemente), die mit dem nGG nicht mehr vereinbar sind, ihre Rechtsgrundlage. Diese Bestimmungen werden deshalb rechtswidrig und dürfen ab dem 1. Januar 2010 nicht mehr angewendet werden. Das nGG sieht – im Gegensatz zur bisherigen Regelung – keine kleinen Spezialgemeinden im Sinn von Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 aGG mehr vor. Betroffen sind Spezialgemeinden mit nicht mehr als 300 Stimmberechtigten (die sogenannten kleinen Spezialgemeinden). Die damit zusammenhängenden Spezialbestimmungen bzw. "Privilegien", welche das aGG vorsah, sind damit nicht mehr anwendbar.

Dieser Umsetzungsleitfaden soll Sie in der anspruchsvollen Aufgabe der Umsetzung des nGG unterstützen. Nach der Durcharbeitung des Leitfadens, werden Sie die Sicherheit haben, dass Sie alle notwendigen Umsetzungsarbeiten vorgenommen haben. Er ist nicht geeignet als Ersatz der Lektüre des neuen Gemeindegesetzes, welche wir Ihnen zusätzlich zu diesem Leitfaden empfehlen.

Am Ende dieses Leitfadens finden Sie ausserdem ein Glossar, in welchem die fett und kursiv gedruckten Begriffe kurz erklärt sind.

2.

Konkreter Anpassungsbedarf

2.1.

Per 1. Januar 2010

Wenn die Gemeindeordnung einer (bisherigen) kleinen Spezialgemeinde die amtliche Bekanntmachung durch öffentlichen Anschlag und schriftliche Mitteilung an die Betroffenen vorsieht, muss der Rat per 1. Januar 2010 eine oder mehrere Zeitungen oder ein Mitteilungsblatt, das allen Haushalten zugestellt wird, als amtliches Publikationsorgan bestimmen (Art. 5 nGG bzw. Art. 7 Abs. 3 aGG).

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Art. 42 aGG, welcher die Möglichkeit der geheimen Abstimmung in kleinen Spezialgemeinden vorgesehen hat, ist ersatzlos weggefallen. Das bedeutet, dass die kleinen Spezialgemeinden, welche in ihrer Gemeindeordnung anstelle der Urnenabstimmung geheime Abstimmung an der Bürgerversammlung vorsehen, diese ab 1. Januar 2010 nicht mehr durchführen dürfen. Die Abstimmungen, welche bisher geheim getätigt wurden, sind neu an der Urne vorzunehmen. Eine offene Wahl kann nur durchgeführt werden, wenn die Gemeindeordnung dies vorsieht (Art. 27 Abs. 1 nGG). Das bedeutet, falls eine Spezialgemeinde offene Wahlen durchführen will, hat sie dies in der Gemeindeordnung festzuhalten. Die Möglichkeit nach Art. 46 Abs. 4 aGG, wonach in kleinen Spezialgemeinden der Amtsbericht mündlich an der Bürgerversammlung erstattet werden konnte, ist weggefallen. Kleine Spezialgemeinden, welche dies bisher so gehandhabt haben, müssen den Amtsbericht neu, d.h. bereits auf die ordentliche Bürgerversammlung im nächsten Frühjahr, schriftlich verfassen sowie mit Bekanntmachung der Bürgerversammlung öffentlich auflegen (Art. 30 Abs. 1 Bst. b nGG).

Nach Art. 56 nGG stellt die Geschäftsprüfungskommission die angemessene fachkundige Kontrolle des Finanzhaushalts sicher (vgl. auch Art. 87 der Kantonsverfassung, sGS 111.1). Erläuterungen dazu finden sich im Anhang. Nach Art. 101 nGG hat der Rat ein Geschäftsreglement zu erlassen. Dies hat per 1. Januar 2010 zu erfolgen. Der Mindestinhalt, welcher im Geschäftsreglement geregelt werden muss, ist in Art. 101 nGG festgehalten. Ein Muster-Geschäftsreglement ist beim Amt für Gemeinden erhältlich. Nach Art. 174 aGG mussten Ortsgemeinden und ortsbürgerliche Korporationen, die ausschliesslich Sondervermögen verwalten, keinen Voranschlag erstellen. Diese Bestimmung wurde nicht ins nGG übernommen, was bedeutet, dass die betroffenen Spezialgemeinden ab 2010, das heisst auf die nächste ordentliche Bürgerversammlung im Frühjahr 2010, einen Voranschlag erstellen müssen (Art. 113 nGG).

Der Rat hat einen Finanzplan zu erstellen. Dieser umfasst neu wenigstens die Planung für die drei dem Voranschlag folgenden Rechnungsjahre. Der Mindestinhalt des Finanzplans ist neu ebenfalls im Gesetz geregelt (vgl. Art. 122 nGG).

Nach Art. 178 Abs. 3 aGG war es bisher möglich, den Rat mittels Gemeindeordnung zu ermächtigen, über Ausgaben für bestimmte (in der Gemeindeordnung definierte) Zwecke zu beschliessen. Diese Ermächtigungsmöglichkeit des Rates wurde nicht ins nGG übernommen. Das bedeutet, sämtliche vorhersehbaren Ausgaben sind der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorzulegen. Gemeinden, welche eine Bestimmung (in der Regel im Anhang Finanzbefugnisse) für Ausgaben für bestimmte Zwecke in ihrer Gemeindeordnung vorsehen, dürfen diese ab 1. Januar 2010 nicht mehr anwenden. Die betreffenden Ausgaben folgen daher den Bestimmungen der Gemeindeordnung über die Finanzkompetenzen für neue Ausgaben.

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2.2.

Bis 31. Dezember 2012

Gemeindeordnung und Reglemente müssen bis spätestens Ende 2012 (Ende Amtsdauer 2009/2012) angepasst bzw. erlassen werden. Die Gemeindeordnung sowie Vereinbarungen über Zweckverbände und Gemeindeverbände bedürfen nach wie vor der departementalen Genehmigung (Art. 4 Abs. 1 nGG). Rechtsetzende Reglemente und Vereinbarungen bedürfen nach dem nGG hingegen keiner Genehmigung des zuständigen Departementes mehr. Vorbehalten bleibt die spezialgesetzliche Genehmigungspflicht.

Nach Art. 73 nGG hat die Gemeindeordnung die Zahl der Stimmberechtigten, welche für das Zustandekommen eines Referendumsbegehrens notwendig sind, festzulegen. Bisher war es ein Zehntel der Stimmberechtigten, sofern die Gemeindeordnung nichts bestimmte. Neu muss die Gemeindeordnung die Zahl zwingend bis spätestens 31. Dezember 2012 festlegen. Sofern die Gemeindeordnung bereits eine Zahl definiert, kann diese beibehalten bzw. in die revidierte Gemeindeordnung unverändert übernommen werden.

Nach Art. 79 nGG hat die Gemeindeordnung die Zahl der Stimmberechtigten, welche für das Zustandekommen eines Initiativbegehrens notwendig sind, festzulegen. Bisher war es ein Zehntel der Stimmberechtigten, sofern die Gemeindeordnung nichts bestimmte. Neu muss die Gemeindeordnung die Zahl zwingend bis spätestens 31. Dezember 2012 festlegen. Sofern die Gemeindeordnung bereits eine Zahl definiert, kann diese beibehalten bzw. in die revidierte Gemeindeordnung unverändert übernommen werden. Nach Art. 90 Abs. 2 nGG bestimmt die Gemeindeordnung die Zuständigkeiten des Rates. Art. 136 aGG, welcher bisher die unübertragbaren Ratskompetenzen geregelt hat, fällt weg. Diese sind neu in der Gemeindeordnung zu regeln. Bis die Anpassung der Gemeindeordnung, welche bis spätestens 31. Dezember 2012 zu erfolgen hat, stattgefunden hat, gilt weiterhin Art. 136 aGG (vgl. Art. 170 nGG). 3.

Wichtige Neuerungen

Ein öffentlicher Anschlag ist nicht mehr von Gesetzes wegen vorgeschrieben (bisher Art. 7 Abs. 1 aGG). Solange dieser jedoch in der Gemeindeordnung vorgesehen ist, sind amtliche Bekanntmachungen weiterhin öffentlich anzuschlagen. Ausserdem muss neu nicht mehr die Bürgerschaft in der Gemeindeordnung das amtliche Publikationsorgan bestimmen (Art. 7 Abs. 2 aGG), sondern der Rat bestimmt das amtliche Publikationsorgan (Art. 5 Abs. 2 nGG).

Die Gemeindeordnung kann neu die Wahl des Vorsitzenden eines Ressorts oder Departementes durch die Bürgerschaft vorsehen (Art. 22 Abs. 2 nGG bzw. Art. 64 Abs. 2 nGG). Das bedeutet, die Bürgerschaft kann eine bestimmte Person als Vorsitzenden in ein bestimmtes Ressort oder Departement wählen.

Die Bestimmungen über die obligatorische Beschlussfassung der Bürgerschaft über Grundstückgeschäfte (Art. 35 Abs. 3 Bst. e und f bzw. Art. 99 Bst. l und m aGG) sind ersatzlos weggefallen. Neu steht es der Bürgerschaft deshalb frei, dem Rat in der Gemeindeordnung weitergehende Finanzkompetenzen im Bereich der Grundstückgeschäfte einzuräumen. Bis zu einer entsprechenden Änderung der Gemeindeordnung sind die geltenden Finanzkompetenzen betreffend Grundstückgeschäften weiterhin anzuwenden. Eine Regelung der Finanzkompeten-

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zen über Grundstückgeschäfte wird auch bei einer Anpassung der Gemeindeordnung dringend empfohlen.

Bisher musste zwingend die Bürgerschaft in obligatorischer Abstimmung, d.h. an der Bürgerversammlung, über Nachtragskredite beschliessen, soweit die Gemeindeordnung keine andere Regelung vorsah (Art. 35 Abs. 3 Bst. g bzw. Art. 99 Bst. n aGG). Sehr häufig wurden nach dem aGG die teuerungsbedingten Nachtragskredite mittels Gemeindeordnung in die abschliessende Zuständigkeit des Rates gelegt. Für die nicht teuerungsbedingten Nachtragskredite wurde dem Rat ebenfalls ein bestimmter Betrag zur abschliessenden Beschlussfassung zugewiesen. Auch diese Bestimmungen sind ersatzlos weggefallen. Das bedeutet, dass die Nachtragskredite nicht mehr zwingend separat in der Gemeindeordnung geregelt werden müssen (sofern sie nicht der obligatorischen Beschlussfassung der Bürgerschaft unterstehen sollen). Eine Regelung der Zuständigkeit für die Beschlussfassung über Nachtragskredite ist jedoch auch unter dem nGG dringend zu empfehlen. Andernfalls folgen die Nachtragskredite den Bestimmungen der Gemeindeordnung über die neuen Ausgaben und es ist unter Umständen auch für relativ geringe Beträge ein Beschluss der Bürgerschaft einzuholen.

Nach Art. 26 Abs. 4 nGG sind Gemeindeordnung, Jahresrechnung, Voranschlag und Steuerfuss der Bürgerschaft vorzulegen (vgl. auch bisher Art. 41 Abs. 3 aGG). Bisher konnten Gemeindeordnung, Jahresrechnung, Voranschlag und Steuerfuss von Fall zu Fall, d.h. an der Bürgerversammlung, zur Beschlussfassung an die Urne verwiesen werden. Neu kann nur noch die Schlussabstimmung zur Gemeindeordnung (d.h. nach durchgeführter Bereinigung der Gemeindeordnung aufgrund allfällig erfolgter Anträge) an die Urne verwiesen werden. Eine weitere Einschränkung ist, dass ein Drittel der Bürgerversammlung notwendig ist, um dies zu beschliessen. Im Gegensatz zum aGG können Jahresrechnung, Voranschlag und Steuerfuss demnach nicht mehr an die Urne verwiesen werden.

"Budgetgemeinden" müssen neu bis spätestens 10. Dezember über den Voranschlag und bis 15. April über die Jahresrechnung beschliessen (Art. 28 nGG). Bestimmungen in der Gemeindeordnung, die dem widersprechen, sind ab 1. Januar 2010 nicht mehr anwendbar, da das nGG als höherstufiges (kantonales) Recht der Gemeindeordnung (als kommunales Recht) vorgeht und der Gesetzgeber in den Übergangsbestimmungen des nGG keine Übergangsregelung vorgesehen hat. Sollte bei einer Bürgerversammlung Platzmangel herrschen, kann in Nebenräume ausgewichen werden, wenn eine audiovisuelle Übertragung sichergestellt ist (Art. 28 Abs. 4 nGG).

Die Verwendung technischer Hilfsmittel ist neu von Gesetzes wegen zulässig (Art. 33 Abs. 1 nGG). Das bedeutet, es ist keine Erwähnung in der Gemeindeordnung oder ein Ratsbeschluss mehr nötig (Art. 50 aGG). Für die Aufzeichnung zu anderen Zwecken, z.B. Fotografieren oder Filmen, bedarf sie der (expliziten) Zustimmung der Bürgerversammlung (Art. 33 Abs. 2 nGG). Neu dürfen auch Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission nicht als Stimmenzähler oder Stimmenzählerinnen gewählt werden (Art. 34 Abs. 2 nGG).

Art. 36 nGG gibt dem Rat folgende neuen Möglichkeiten zur Antragstellung: Zusatzantrag, Variantenabstimmung und Alternativabstimmung. Das bedeutet, der Rat verfügt über drei zusätzliche Antragsrechte. Er kann in den Traktanden zur Bürgerversammlung nebst dem Hauptantrag einen Zusatz-, Varianten- oder einen Alternativantrag aufführen, über welchen die

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Stimmberechtigten an der Bürgerversammlung (oder an der Urne, je nachdem welche Zuständigkeit die Gemeindeordnung vorsieht) in einer zusätzlich zum Hauptantrag stattfindenden Abstimmung beschliessen sollen. In Art. 45 Abs. 2 nGG wird neu festgehalten, wie die Fragen in der allgemeinen Umfrage vom Rat zu beantworten sind. Diese Fragen sind vom Rat mündlich oder schriftlich bis spätestens an der nächsten Bürgerversammlung zu beantworten. Nach Art. 49 Abs. 1 nGG ist das Protokoll der Bürgerversammlung während 14 (anstatt wie bisher 8) Tagen öffentlich aufzulegen. Während dieser Auflagefrist können Stimmberechtigte, sowie Personen, die schutzwürdige Interessen geltend machen können, beim Departement des Innern Protokollbeschwerde erheben (wie bisher, Art. 50 Abs. 1 nGG).

In Art. 54 Abs. 3 nGG ist neu vorgesehen, dass die Geschäftsprüfungskommission angekündigte Zwischenrevisionen durchführen kann. Damit wurde eine schon länger geltende Praxis auch im Gesetz festgeschrieben. Neu müssen die Stimmenzähler das Protokoll nicht mehr unterzeichnen (Art. 64 Abs. 3 aGG).

Das nGG sieht neu die Möglichkeit des Eventualantrags vor (Art. 75 nGG). Will man vom Eventualantrag Gebrauch machen, ist dies in der Gemeindeordnung festzulegen. Dasselbe gilt für die neu eingeführte Möglichkeit des Volksvorschlags (Art. 76 ff. nGG). Art. 76 nGG sieht den Volksvorschlag, ein dem Eventualantrag entsprechendes Instrument, vor, welches der Bürgerschaft mittels Gemeindeordnung eingeräumt werden kann, um auf kommunaler Ebene in den Gesetzgebungsprozess einzugreifen, bevor eine Vorlage – allenfalls aufgrund einer einzigen Bestimmung – in der Beschlussfassung scheitert.

Das nGG sieht neu die Möglichkeit der Volksmotion vor (Art. 82 f. nGG). Diese ist in der Gemeindeordnung vorzusehen, will man davon Gebrauch machen. Dieses politische Recht ermöglicht es den Stimmberechtigten, vom Rat die Ausarbeitung einer Vorlage zu verlangen. Nach Art. 96 nGG gehört das Verwaltungspersonal – d.h. Beamte, öffentlich- und privatrechtliche Angestellte der Gemeinde – dem Rat nicht an. Art. 96 nGG statuiert in Nachachtung des Grundsatzes der personellen Gewaltenteilung die Unvereinbarkeit sämtlicher Angestellten. Diese Regelung ist eine Abkehr vom bisherigen Recht (vgl. Art. 146 aGG), wonach nur die Beamten und die vollamtlichen Angestellten dem Rat nicht angehören durften. Nunmehr dürfen auch die nicht vollamtlich tätigen Gemeindeangestellten – z.B. Lehrpersonal mit weniger als einem halben Pensum – dem Rat nicht mehr angehören. Die Unvereinbarkeit gilt nicht nur bezüglich des Rates einer Schulgemeinde, sondern auch bezüglich der Schulkommission (die ihrerseits Schulrat heissen kann) einer Einheitsgemeinde (politische Gemeinde, welche die öffentliche Volksschule führt), wenn ihr gemäss Gemeindeordnung die unmittelbare Schulführung (und nicht nur selektive Befugnisse) übertragen ist. Ausserdem ist festzuhalten, dass von der Unvereinbarkeit auch die Lehrpersonen für die musikalische Grundschule und den Religionsunterricht betroffen sind, soweit sie direkt durch den Schulträger angestellt sind (d.h. nicht im Anstellungsverhältnis zu einer Musikschule bzw. zur Kirche stehen).

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Eine Übergangsregelung für die im Rahmen der Erneuerungswahlen im letzten Jahr in den Rat gewählten nicht vollamtlichen Angestellten bis Ende der Amtsdauer 2009/2012 wurde vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Der klare Wortlaut und die fehlenden Übergangsbestimmungen lassen den Schluss zu, dass die Ausschlussgründe ab Vollzugsbeginn des neuen Gemeindegesetzes umfassend gelten und durchzusetzen sind. Obwohl der Entwurf des neuen Gemeindegesetzes zum Zeitpunkt der letzten Gesamterneuerungswahlen bereits bekannt war und damit auch die beabsichtigte Verschärfung, lässt sich umgekehrt auch argumentieren, dass die in eine Behörde gewählten nebenamtlichen Angestellten vorbehaltlos für eine Amtsdauer gewählt wurden und die Stimmberechtigten einen verfassungsrechtlichen Anspruch haben, dass die von ihnen gewählten Behördemitglieder bis zum Ablauf der Amtsdauer, für die sie diese gewählt hatten, ihr Amt ausüben können. Die Regierung hat in Abwägung der beiden Argumentationen beschlossen, auf ihren Vollzugsbeschluss zum Gemeindegesetz zurückzukommen und Art. 96 nGG in Bezug auf nebenamtliche Angestellte von Gemeinden erst ab 1. Januar 2013 - also mit Beginn der neuen Amtsdauer - anzuwenden. Demgemäss können die bei den Erneuerungswahlen im letzten Jahr in den Rat gewählten nicht vollamtlichen Angestellten bis Ende der Amtsdauer 2009/2012 im Rat verbleiben. Neu zählt der Rat auch in politischen Gemeinden wenigstens drei Mitglieder (Art. 89 Abs. 2 nGG). Bisher waren es wenigstens fünf Mitglieder (Art. 135 Abs. 2 aGG). Behördemitglieder und Beamte müssen neu keinen Pflichteid mehr leisten (Art. 152 aGG).

Nach Art. 123 nGG sorgt der Rat für ein der Grösse des Finanzhaushaltes angepasstes internes Kontrollsystem. Die sich in Revision befindende Haushaltverordnung (sGS 151.53) konkretisiert das Instrument des internen Kontrollsystems.

Nach Art. 22 Abs. 1 Bst. c des Gerichtsgesetzes (sGS 941.1; abgekürzt GerG) werden die Vermittler neu durch das Kreisgericht gewählt (Änderung gemäss IV. Nachtrag zum GerG). Das bedeutet, dass die Vermittler und deren Stellvertreter in den politischen Gemeinden nicht mehr – wie aufgrund von Art. 35 Abs. 1 aGG in den Gemeindeordnungen der politischen Gemeinden vorgesehen – von der Bürgerschaft gewählt werden. Die Amtsdauer der Vermittler 2005/2008 wurde bis 31. Mai 2009 verlängert.

4.

Wegfallende Genehmigungspflicht per 1. Januar 2010

In folgenden Fällen ist ab 1. Januar 2010 keine Genehmigung durch das zuständige Departement mehr nötig:

Die rechtsetzenden Reglemente und Vereinbarungen bedürfen keiner Genehmigung mehr. Vorbehalten bleibt die spezialgesetzliche Genehmigungspflicht. Der Genehmigung bedürfen weiterhin die Gemeindeordnung sowie Vereinbarungen über Zweckverbände und Gemeindeverbände (vgl. Art. 4 nGG).

Die Übernahme von Aufgaben von Spezialgemeinden durch die politische Gemeinde (bisher: "Abkurung") muss neu nicht mehr durch das zuständige Departement genehmigt werden (Art. 11 und Art. 12 nGG bzw. Art. 15 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 3 aGG). Solche Aufgaben sind

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beispielsweise Fürsorge, Wasser- und Elektrizitätsversorgung. Bei Anordnung der Urnenabstimmung über unaufschiebbare Geschäfte durch den Rat aufgrund einer Unmöglichkeit der Durchführung der Bürgerversammlung (sehr selten) ist keine Genehmigung des zuständigen Departementes mehr nötig (Art. 52 nGG bzw. Art. 69 Abs. 1 aGG). Die Gründung selbständiger öffentlich-rechtlicher Unternehmen bedarf keiner Ermächtigung durch das zuständige Departement mehr (Art. 125 und Art. 131 nGG bzw. Art. 197 aGG). Reglement und Vereinbarung werden dem zuständigen Departement zur Kenntnis gebracht. Auch die Auflösung eines selbständigen öffentlich-rechtlichen Unternehmens ist nicht mehr genehmigungspflichtig (Art. 133 nGG bzw. Art. 199 aGG). Die Beteiligung der Gemeinde an einer privatrechtlichen Körperschaft (z.B. einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft) oder Stiftung bedarf keiner Genehmigung des zuständigen Departementes mehr (Art. 126 nGG bzw. Art. 200 aGG).

Das Rechnungsjahr eines unselbständigen öffentlich-rechtlichen Unternehmens kann neu auch ohne Zustimmung des zuständigen Departementes vom Kalenderjahr abweichen (Art. 128 nGG bzw. Art. 194 aGG).

5.

Spezielle Bestimmungen für Gemeinden mit Parlament

Neu kann das Parlament auch aus weniger als 23 Mitglieder bestehen. Die Gemeindeordnung ist frei in der Bestimmung der Mitgliederzahl (Art. 58 nGG). Bis zur Anpassung der Gemeindeordnung gilt weiterhin Art. 96 aGG, wonach mindestens 23 Parlamentsmitglieder vorgeschrieben sind (vgl. Art. 170 nGG). In Art. 60 nGG wird neu der Mindestinhalt des Geschäftsreglements des Parlaments geregelt. Ein Geschäftsreglement war bereits nach aGG zu erlassen (vgl. Art. 99 Abs. 1 Bst. e i.V.m. Art. 113 Abs. 1 Bst. c aGG). Erfüllt das bestehende Geschäftsreglement des Parlaments diese Mindestanforderungen nicht, so ist das Geschäftsreglement per 1. Januar 2010 anzupassen, sodass es den Anforderungen von Art. 60 Abs. 2 nGG genügt. Insbesondere Art. 101 bis 107 aGG sind nicht mehr ins nGG übernommen worden. Darin waren u.a. die Verhandlungen (Öffentlichkeit der Sitzungen und Beratungsunterlagen), die Beschlussfähigkeit des Parlaments sowie der Beschlussfassungsmodus für Sachabstimmungen und Wahlen geregelt.

Nach Art. 66 Abs. 2 nGG kann die Gemeindeordnung die Anzahl Mitglieder des Parlaments bestimmen, welche die Beschlüsse nach Art. 66 Abs. 1 nach der Beratung dem obligatorischen Referendum unterstellen können. Bisher war gemäss Art. 111 Abs. 2 aGG ein Drittel der Parlamentsmitglieder nötig für ein Parlamentsreferendum. Neu ist die Anzahl in der Gemeindeordnung zu regeln. Die Anpassung der Gemeindeordnung hat bis 1. Januar 2012 zu erfolgen. Bis zur erfolgten Anpassung ist Art. 111 Abs. 2 aGG weiterhin anzuwenden (vgl. Art. 170 nGG).

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6.

Glossar

Alternativantrag (Art. 36 Abs. 1 Bst. c) Der Rat kann an der Bürgerversammlung (oder – soweit dies die Zuständigkeitsregelung der Gemeindeordnung für das betreffende Geschäft vorsieht – an der Urne) nebst dem Hauptantrag einen Alternativantrag vorlegen. D.h. es findet eine Abstimmung über zwei verschiedene Vorschläge zur gleichen Sache statt. Beispiel im Anhang.

Amtliche Bekanntmachung Eine vorgeschriebene (durch Gesetz) oder aus schutzwürdigen Interessen gebotene amtliche Bekanntmachung erfolgt durch Veröffentlichung im amtlichen Publikationsorgan der Gemeinde (Art. 5 Abs. 1 nGG).

Ausgaben für bestimmte Zwecke Beispiele für solche Ausgaben sind: Ausgaben für Strassenbau, Hochbauten, Gewässerschutz, Elektrizitätsversorgung usw.

Budgetgemeinde Gemeinde, die in ihrer Gemeindeordnung vorsieht, dass die Bürgerschaft schon vor Jahresbeginn über Voranschlag und Steuerfuss beschliesst.

Departementale Genehmigungspflicht nach Art. 4 nGG   

Gemeindeordnungen von politischen Gemeinden (inkl. Einheitsgemeinden), Ortsgemeinden, ortsbürgerlichen Korporationen und örtlichen Korporationen: Departement des Innern Gemeindeordnungen von Schulgemeinden: Bildungsdepartement Vereinbarungen über Zweckverbände und Gemeindeverbände: Je nach Tätigkeitsbereich des Zweckverbands oder Gemeindeverbands: das zuständige Departement

Eventualantrag Art. 75 nGG erlaubt den Gemeinden, in ihrer Gemeindeordnung vorzusehen, dass der Rat oder das Parlament einen Eventualantrag zu einer dem Referendum unterstehenden Vorlage einreichen kann. Bei Zustandekommen des Referendums haben die Stimmberechtigten gleichzeitig über die Vorlage und den Eventualantrag abzustimmen. Kommt kein Referendum zustande, so entfällt auch der Eventualantrag. Beim Eventualantrag handelt es sich um ein Instrument, welches dem Gegenvorschlag zu einer Initiative auf kantonaler Ebene entspricht. Daher sind die beiden Verfahren auch gleich auszugestalten, m.a.W. richtet sich das Verfahren beim Eventualantrag in den Gemeinden nach den Vorschriften des RIG zu Initiative und Gegenvorschlag (insbesondere Art. 48 bis 51 des Gesetzes über Referendum und Initiative, sGS 125.1, abgekürzt RIG). Vgl. Anhang.

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Fachkundige Kontrolle Vgl. dazu die Ausführungen im Anhang.

Finanzplan Der Finanzplan zeigt die vorgesehenen Aufgaben und die Entwicklung der Finanzen einer Gemeinde auf. Dem Finanzplan kommt keine verpflichtende oder ermächtigende Wirkung zu, er soll lediglich zeigen, wie sich der Gemeindehaushalt entwickeln könnte.

Initiativbegehren Mit einem Initiativbegehren kann eine in der Gemeindeordnung festgelegte Zahl der Stimmberechtigten schriftlich die Abstimmung über einen Gegenstand verlangen, der in die Zuständigkeit der Bürgerschaft fällt.

Internes Kontrollsystem Das interne Kontrollsystem umfasst alle Massnahmen einer Gemeinde, die dazu dienen, den ordnungsgemässen Ablauf der Gemeindeaufgaben zu gewährleisten sowie das Vermögen zu schützen.

Muster für Gemeindeordnung und Geschäftsreglement des Rates Muster für Gemeindeordnung und Geschäftsreglement des Rates einer Gemeinde mit Bürgerversammlung finden sich unter folgendem Link des Amtes für Gemeinden: http://www.gemeinden.sg.ch/home/downloads/rechtsetzung_in_den_gemeinden.html

Referendumsbegehren Mit einem Referendumsbegehren kann eine in der Gemeindeordnung festgelegte Zahl der Stimmberechtigten schriftlich verlangen, dass ein dem fakultativen Referendum unterstehender Erlass oder Beschluss der Abstimmung durch die Bürgerschaft unterstellt wird.

Spezialgemeinden Spezialgemeinden sind Schulgemeinden, Ortsgemeinden, ortsbürgerliche Korporationen und örtliche Korporationen (Art. 2 nGG). Kleine Spezialgemeinden waren nach Art. 2 Abs. 2 aGG eine der vorgenannten Spezialgemeinden, welche nicht mehr als 300 Stimmberechtigte zählten. Privilegien der kleinen Spezialgemeinden waren: 

die Möglichkeit, dass die Gemeindeordnung die amtliche Bekanntmachung durch öffentlichen Anschlag und schriftliche Mitteilung an die Betroffenen vorsah (Art. 7 Abs. 3 aGG).

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die Möglichkeit, dass die Gemeindeordnung anstelle der Urnenabstimmung geheime Abstimmung in der Bürgerversammlung vorsah (Art. 42 aGG). Geheime Abstimmung ist in betroffenen Gemeinden demnach nicht mehr zulässig. die Möglichkeit, dass der Amtsbericht mündlich an der Bürgerversammlung erstattet wird (Art. 46 Abs. 4 aGG). Gemeinden, welche dies bisher so gehandhabt haben, müssen den Amtsbericht neu schriftlich verfassen sowie mit Bekanntmachung der Bürgerversammlung öffentlich auflegen (Art. 30 Abs. 1 Bst. b nGG).

Spezialgesetzliche Genehmigungspflicht Spezialgesetzlich bedeutet im vorliegenden Zusammenhang, dass es – neben dem nGG – andere Gesetze gibt, die Genehmigungspflichten von Reglementen oder Vereinbarungen vorschreiben. Das nGG als Organisationsgesetz enthält sozusagen den Grundsatz "keine Genehmigungspflicht mehr für rechtsetzende Reglemente und Vereinbarungen". Andere – im Verhältnis zum nGG – "spezielle" Gesetze, bestimmen konkrete Genehmigungspflichten und gehen dem nGG in diesem Sinn vor. Beispiele von spezialgesetzlich geregelten Genehmigungspflichten:   

Baureglemente sind gestützt auf das Baugesetz (sGS 731.1; abgekürzt BauG) vom Baudepartement zu genehmigen (Art. 31 Abs. 1 BauG). In diesem Fall wäre somit das BauG das Spezialgesetz, welches – abweichend vom nGG – eine Genehmigungspflicht statuiert. Friedhofreglemente sind gestützt auf das Gesetz über die Friedhöfe und die Bestattungen (sGS 458.1; abgekürzt FBG) durch das Departement des Innern zu genehmigen (Art. 18 FBG). Abstimmungsreglemente sind gestützt auf das Gesetz über die Urnenabstimmungen (sGS 125.3; abgekürzt UAG) durch das Departement des Innern zu genehmigen (Art. 41bis Abs. 2 UAG).

Unübertragbare Kompetenzen des Rates (Art. 136 aGG) Art. 136 aGG definierte bisher auf Gesetzesstufe die unübertragbaren Kompetenzen des Rates. Neu sind die Aufgaben, welche nur dem Rat zustehen sollen, in der Gemeindeordnung zu definieren. Diese Aufgaben dürfen sodann von keinem anderen Organ wahrgenommen werden.

Variantenantrag (Art. 36 Abs. 1 Bst. b) Der Rat kann an der Bürgerversammlung (oder – soweit dies die Zuständigkeitsregelung der Gemeindeordnung für das betreffende Geschäft vorsieht – an der Urne) zusätzlich zum Hauptantrag den Stimmberechtigten eine Variante (zum Hauptantrag) unterbreiten. Diese wird als Variantenantrag bezeichnet. Beispiel im Anhang.

Volksmotion (Art. 82 und 83) / Vorlage Eine in der Gemeindeordnung festgelegte Zahl von Stimmberechtigten kann verlangen, dass der Rat eine Vorlage über einen Gegenstand ausarbeitet, der in die Zuständigkeit der Bürgerschaft fällt (vgl. Art. 82 Abs. 2 nGG). Dabei kann es sich beispielsweise um eine Vorlage zu einem Kreditbeschluss handeln oder auch um ein Reglement zu einem bestimmten Thema (z.B. ein Polizeireglement). Das bedeutet, die Bürgerschaft kann vom Rat u.a. auch die Ausarbeitung eines "Gesetzes" (rechtsetzendes Reglement oder Vereinbarung sowie Änderung der Gemeindeordnung) auf Gemeindeebene verlangen.

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Volksvorschlag (Art. 76 bis 78) Art. 76 bis 78 nGG sehen den Volksvorschlag, ein dem Eventualantrag (vgl. dort) entsprechendes Instrument, vor, welches künftig dem Volk eingeräumt werden soll, um auf kommunaler Ebene in den "nachparlamentarischen Gesetzgebungsprozess" einzugreifen, bevor eine Vorlage allenfalls aufgrund einer einzigen Bestimmung in der Volksabstimmung scheitert. Das Volk kann Einzelpunkte aus einer Vorlage, welche das Parlament oder der Rat verabschiedet hat, auswählen und zur Abstimmung bringen. Innert der Referendumsfrist von 40 Tagen, die ab deren Veröffentlichung läuft, kann das Volk einen Volksvorschlag einreichen. Die Gemeindeordnung legt die Zahl der Stimmberechtigten fest. Voraussetzung zur Ergreifung dieses Instruments ist allerdings, dass weder Rat noch Parlament einen Eventualantrag gestellt haben. Dies ist im Sinn einer einfachen Ausgestaltung des Abstimmungsverfahrens angezeigt. Der Volksvorschlag gilt als Referendum. Kommt er zustande, hat das Volk sowohl über die Referendumsvorlage als auch über den Volksvorschlag zu befinden. Das Verfahren richtet sich ebenfalls nach den einschlägigen Bestimmungen des RIG zu Initiative und Gegenvorschlag (vgl. insbesondere Art. 48 bis 51 RIG). Vgl. Anhang.

Zusatzantrag (Art. 36 Abs. 1 Bst. a) Der Rat kann an der Bürgerversammlung (oder – soweit dies die Zuständigkeitsregelung der Gemeindeordnung für das betreffende Geschäft vorsieht – an der Urne) zusätzlich zum Hauptantrag über einzelne Punkte einer Vorlage eine Abstimmung verlangen. Diese Form der Antragstellung wird auch als Zusatzantrag bezeichnet. Beispiel im Anhang.

Zwischenrevisionen der GPK Prüfungshandlungen der Geschäftsprüfungskommission, die nicht mit der Abschlussprüfung sondern unterjährig stattfinden. In der Regel werden dabei Verwaltungsbereiche und -handlungen geprüft, deren vertiefte Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung aus Zeitgründen nicht möglich ist.

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7.

Anhang

7.1.

Fachkundige Kontrolle des Finanzhaushalts

Nach Art. 56 nGG stellt die Geschäftsprüfungskommission die angemessene fachkundige Kontrolle des Finanzhaushalts sicher. Aufgrund der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung kann festgehalten werden, dass der Gesetzgeber bewusst auf eine Definition der "angemessenen fachkundigen Kontrolle" verzichtet hat.

Bei einigen Gemeinden hat diese offene Formulierung zu Unsicherheiten geführt und es sind beim Departement des Innern verschiedentlich Anfragen eingegangen, welche Voraussetzungen die Mitglieder einer Geschäftsprüfungskommission erfüllen müssen, damit eine angemessene fachkundige Kontrolle des Finanzhaushalts sichergestellt sei.

Aufgrund der bewusst offen gehaltenen Formulierung der Bestimmung ist es grundsätzlich an den Gemeinden anhand der Verhältnisse in der Gemeinde die Anforderungen an die Fachkunde zur Kontrolle des Finanzhaushalts festzulegen. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nur grundsätzliche Aussagen zu dieser Bestimmung machen.

Als Empfehlung bzw. Orientierungshilfe können wir Folgendes anführen: Zu Handen der 2. Lesung im Kantonsrat wurde von der vorberatenden Kommission ein Antrag eingebracht, der die Fachkunde für die Kontrolle des Finanzhaushalts genauer definiert hätte und der auch von der Regierung unterstützt worden wäre. Gemäss diesem Antrag wäre die Fachkunde für die Kontrolle des Finanzhaushalts in folgenden Fällen gegeben gewesen: 1.

Wenn die Rechnungskontrolle einem externen Revisionsunternehmen übertragen wird (bei Parlamentsgemeinden besteht nach Art. 62 nGG zusätzlich die Möglichkeit einer internen Rechnungskontrolle).

2.

In Gemeinden, deren laufender Aufwand in den drei Jahren vor dem Jahr, in dem die Erneuerungswahl stattfindet, jeweils 10 Mio. Franken nicht übersteigt wenn zwei Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission: 

Als Revisor oder Revisorin nach der eidgenössischen Revisionsaufsichtsgesetzgebung zugelassen sind;



oder über eine Ausbildung verfügen, welche auch Buchhaltung sowie Finanz- und Rechnungswesen umfasst;



oder sich bei ihrer beruflichen Tätigkeit von zusammenhängend wenigstens drei Jahren, die bei Amtsantritt nicht länger als drei Jahre zurückliegt, mit Fragen der Buchhaltung sowie des Finanz- und Rechnungswesen oder der Rechnungsrevision befassten.

Auch zum jetzigen Zeitpunkt betrachten wir bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die Anforderungen an die Fachkunde zur Kontrolle des Finanzhaushalts als grundsätzlich erfüllt. Wir empfehlen den Gemeinden sich an diesen Voraussetzungen zu orientieren. Da sie nicht als Voraussetzungen in das nGG aufgenommen worden sind, sind sie für die Gemeinden aber nicht verbindlich.

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7.2.

Beispiele zu Zusatzantrag, Variantenantrag, Alternativantrag, Eventualantrag und Volksvorschlag

Zusatzantrag (Art. 36 Abs. 1 Bst. a) Hauptantrag: Bewilligung eines Kredits von Fr. 20 Mio. für den Bau einer Tagesschule Zusatzantrag: Falls der Hauptantrag angenommen wird: zusätzliche Bewilligung eines Kredits von Fr. 100'000.– für den Bau eines Spielplatzes zur Tagesschule

Variantenantrag (Art. 36 Abs. 1 Bst. b) Hauptantrag: Bewilligung eines Kredits von Fr. 20 Mio. für den Bau einer Tagesschule mit Flachdach Variantenantrag: Bewilligung eines Kredits von Fr. 20 Mio. für den Bau einer Tagesschule mit Giebeldach Stichfrage: Falls sowohl der Hauptantrag als auch der Variantenantrag angenommen werden: Welche Variante bevorzugen Sie?

Alternativantrag (Art. 36 Abs. 1 Bst. c) Hauptantrag: Bewilligung eines Kredits von Fr. 20 Mio. für den Neubau einer Tagesschule Alternativantrag: Bewilligung eines Kredits von Fr. 10 Mio. für den Ausbau des Primarschulhauses Sonnental Stichfrage: Falls sowohl der Hauptantrag als auch der Alternativantrag angenommen werden: Welche Variante bevorzugen Sie?

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Eventualantrag (Art. 75) vereinfachte Darstellung: Es besteht eine Referendumsvorlage. Der Rat oder das Parlament stellt einen Eventualantrag zur Referendumsvorlage. Das Referendum kommt zustande (wenn kein Referendum zustande kommt, entfällt der Eventualantrag). Die Referendumsvorlage und der Eventualantrag werden den Stimmberechtigten gleichzeitig unterbreitet (Art. 75 nGG). Das Verfahren richtet sich sachgemäss dach dem RIG (insbesondere Art. 50 und 51 RIG). Die Abstimmungsfragen könnten z.B. wie folgt lauten:   

Soll die Referendumsvorlage xy angenommen werden? Ja/Nein Soll der Eventualantrag xy angenommen werden? Ja/Nein Stichfrage: Bevorzugen Sie die Referendumsvorlage xy oder den Eventualantrag xy, wenn beide Vorlagen Ja-Mehrheiten erhalten? Referendumsvorlage Eventualantrag

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Volksvorschlag (Art. 76 bis 78) vereinfachte Darstellung: Es besteht eine Referendumsvorlage und die (in der Gemeindeordnung festgelegte Anzahl) Stimmberechtigten reichen einen Volksvorschlag ein (Voraussetzung: Es wurde kein Eventualantrag gestellt). Das Referendum kommt zustande. Die Referendumsvorlage und der Volksvorschlag werden den Stimmberechtigten gleichzeitig unterbreitet (Art. 78 nGG). Das Verfahren richtet sich sachgemäss dach dem RIG (insbesondere Art. 50 und 51 RIG). Die Abstimmungsfragen könnten z.B. wie folgt lauten:   

Soll die Referendumsvorlage xy angenommen werden? Ja/Nein Soll der Volksvorschlag xy angenommen werden? Ja/Nein Stichfrage: Bevorzugen Sie die Referendumsvorlage xy oder den Volksvorschlag xy, wenn beide Vorlagen Ja-Mehrheiten erhalten? Referendumsvorlage Volksvorschlag

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