Landmarkt und Strukturwandel Vanessa von Schlippenbach Universität Düsseldorf, DIW Berlin
Prä‐Konferenz Workshop 51. Jahrestagung der GeWiSoLa 28. September 2011 in Halle
Hintergrund I Regionen mit großen Betrieben 1979
1 0.8 0.6 0.4 0.2
83 19 85 19 87 19 89 19 91 19 93 19 95 19 97 19 99 20 03
19
81
79
19
19
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0 19
Anteil Größenklassen
Regionen mit kleinen Betrieben 1979
Kleine Betriebe: Mittlere Betriebe: Große Betriebe: Quelle: Kreisdaten 1979‐2003
Unterschiedliche Konzentrationsentwicklung in unterschiedlich strukturierten Regionen
Hintergrund II Land ist eine unbewegliche, nicht duplizierbare und aufgrund alternativer Nutzungsformen zunehmend knappe Ressource in der Agrarproduktion. Betriebe können nicht wachsen, ohne dass andere Betriebe schrumpfen oder aus der Agrarproduktion aussteigen (Balmann et al. 2006). Starke Interdependenz von Betrieben innerhalb einer Region (Chavas 2001).
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Fragestellungen
1)
Wie hängen Betriebsaufgaben, Betriebswachstum und Bodenmärkte miteinander zusammen?
2)
Wie lassen sich regional unterschiedliche Muster des Strukturwandels erklären?
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Agenda
1)
Literaturüberblick
2)
Theoretischer Erklärungsansatz (Hüttel, Margarian und von Schlippenbach, 2011)
3)
Zusammenfassung & Ausblick
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Literaturüberblick I Viele verschiedene Ansätze zur Erklärung von Strukturwandel (insb. ‚Neue Wirtschaftsgeographie‘) Hier: Industrieökonomie (IÖ) (i) "... the principal concerns of industrial organization relate to the application of microeconomics to the problems of monopoly, restraints of trade, and the public regulation and ownership of enterprises" (Philips and Stevenson, 1974). (ii) "... industrial organization may be broadly defined as the field of economics concerned with markets that cannot easily be analyzed using the standard textbook competitive model" (Schmalensee, 1987). (iii) Strategisches Verhalten von Firmen
Literaturüberblick II Exit bei Wettbewerb in schrumpfenden Industrien Ghemawat und Nalebuff (1985): 2 Firmen im Mengenwettbewerb, schrumpfender Absatzmarkt. Große Firmen treten eher aus einer schrumpfenden Industrie aus als kleine Firmen. Es sei denn, es liegen Größeneffekte vor.
Ghemawat und Nalebuff (1990): Wenn Größenanpassungen möglich sind, dann schrumpfen die großen Firmen zunächst.
Reynolds (1988): Im Fall von mehrbetrieblichen Firmen reduzieren die großen zunächst die Anzahl der Betriebe.
Snowball‐Effect (Wer kauft Kapazitäten?) Ghemawat (1990): Ursprünglich große Firmen haben einen Anreiz alle Investitionsmöglichkeiten zu übernehmen, um die Produktpreise hochzuhalten. Ursprüngliche Asymmetrien nehmen zu.
Literaturüberblick III Analyse endogener Marktstrukturen Esö, Nocke und White (2010) Symmetrische Firmen konkurrieren um Kapazitäten und stehen im unvollständigen Wettbewerb. Bei beschränkter Kapazitätsverfügbarkeit: symmetrische Marktstruktur, ansonsten asymmetrische Marktstruktur.
Besanko und Doraszelski (2004) Untersuchung substantieller und persistenter Größenunterschiede basierend auf Markov‐perfect equilibrium (Ericson and Pakes 1995). Wiederholte Interaktion von ex‐ante symmetrischen Firmen bei unvollständigem Wettbewerb. Ergebnis: Industriedynamiken hängen wesentlich von der Form des Wettbewerbs zwischen den Firmen und der Reversibilität von Investitionen ab.
Literaturüberblick IV Keine direkte Anwendung dieser Modelle auf den Landmarkt, da freie Landkapazitäten nur durch (partiellen) Betriebsaufgabe entstehen. Notwendig: Modellierung eines endogenen Inputmarktes. Verbindung von Marktaustritt und Kapazitätserweiterung. Im Gegensatz zu bestehenden Modellen – perfekter Wettbewerb auf dem Absatzmarkt!
Theoretisches Modell I Marktstruktur Regionen mit n Betrieben 1
2
...
m
m+1 m+2
...
n
Regionale Gesamtfläche:
m ' k l à n "mÄ' k s
Große Betriebe mit Landausstattung kl
Kleine Betriebe mit Landausstattung ks
Annahmen (i) 1 Einheit Input (Land) Î 1 Einheit Output (ii) Perfekter Wettbewerb für Output (iii) Steigende Grenzkosten (mit größenabhängigen Unterschieden)
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Theoretisches Modell II Kostenstruktur Kosten C Cklein Marg. Cklein = Marg. Cgroß
αCgroß α‘Cgroß mit α‘ Marginale Cgroß 0
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qklein
qgroß
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Produktionsmenge (q) 11
Theoretisches Modell III Landmarkt Landmarkt
Markt‐ austritt 1
2
...
m
Markt‐ austritt m+1 m+2
...
n
Angebot:
nur bei Marktaustritt eines Betriebes (kein partieller Austritt möglich) Nachfrage: „überlebende“ Betriebe fragen zusätzliches Land nach
Marktmechanismus: Angebot = Nachfrage, Linearer Preis Vanessa von Schlippenbach
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N 12
Theoretisches Modell IV Spielzüge 1. Marktaustritt. Die Firmen entscheiden sich, ob sie (i) mit der Produktion fortfahren oder (ii) aus dem Markt austreten und ihre Landausstattung verkaufen. 2. Landmarkt. Wenn zumindest eine Firma aus der Produktion austritt, entsteht ein Landmarkt: Kauf und Verkauf finden statt. 3. Absatz. Die Firmen produzieren und verkaufen ihre Ware.
Lösen des Spiels durch Rückwartsinduktion Vanessa von Schlippenbach
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Lösung und Ergebnisse I: Absatzstufe Firmen entscheiden über ihr Angebot auf dem Absatzmarkt, indem sie ihren Gewinn maximieren: Gewinn = Preis*Produktion – Produktionskosten – Kosten für Land
Optimum: Produktpreis = Marginale Kosten Beachte: Produktionsmenge bestimmt durch verfügbares Land, d.h. Randlösung möglich.
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Lösung und Ergebnisse II: Landmarkt Bestimmung der gewinnmaximierenden Landnachfrage:
Ì' ki à NÄ
‐ Gleiche Kosten: Kleine fragen mehr nach als Große (Konvergenz) ‐ Kostenvorteile für Große: trade‐off zwischen Grad der Kosteneffizienz und ursprünglicher Landausstattung
Bestimmung des Landpreises: N'Ãe s , e l, Ä ‐ Preis sinkt, wenn mehr Betriebe aussteigen bzw. weniger wachsen. ‐ Preis steigt, wenn mehr große Betriebe in einer Region vorhanden sind und diese in Relation zu den kleinen Betrieben Kostenvorteile haben.
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Lösung und Ergebnisse: Marktaustritt Firmen treten dann aus der Produktion aus, wenn der Verkauferlös und der Gewinn aus ihrer alternativen Erwerbsmöglichkeit den Fortsetzungsgewinn übersteigt: Es steigen die Firmen mit der geringeren Wertschätzung für zusätzliches Land aus (d.h. die weniger effizienten). Ursprüngl. Landausstattung hoch: Austritt weniger profitabel, da Landpreis geringer. Kostenvorteile großer Firmen: höhere Anzahl großer Firmen erhöht Austrittwahrscheinlichkeit kleiner Firmen.
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Zusammenfassung & Ausblick Ergebnis: Die Intensität von Strukturwandel hängt entscheidend von der ursprünglichen Marktstruktur sowie der Kosteneffizienz der Firmen ab.
Diskussion: Annahme über steigende Grenzkosten. Bei fallenden Grenzkosten – also zunehmenden Skalenerträgen Î natürliches Monopol. Ergebnis robust auch bei Annahme komplexerer Mechanismen für den Landmarkt (z. B. Auktionen).
Weiteres Vorgehen Î Empirische Validierung Vanessa von Schlippenbach
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Zusammenfassung & Ausblick Weiteres Vorgehen Î Empirische Validierung
20000
100000
15000
80000 60000
10000
40000
5000
Anzahl Betriebe
Kaufpreise in € je ha
Entwicklung der Betriebsanzahl und Bodenpreise in Niedersachsen
20000
0
0 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2001 2003 2005 2007 2010 Kaufpreise je ha LF
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Anzahl Betriebe
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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen? Dr. Vanessa von Schlippenbach Heinrich‐Heine‐Universität Düsseldorf DICE e‐mail: vanessa.schlippenbach@uni‐duesseldorf.de
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