372 Beiträge aus der Statistik
Konjunktur und Wirtschaftswachstum in Bayern seit 1991 Dr. Tilman von Roncador
Die Konjunktur und das Wirtschaftswachstum werden üblicherweise anhand der preisbereinigten Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gemessen. Dabei stellt das BIP den Wert aller im Inland in einer Periode erzeugten Endprodukte dar, d. h. den Wert aller Güter und Dienstleistungen abzüglich der im Produktionsprozess verbrauchten Vorleistungen.1 Die Konjunktur beschreibt das kurzfristige Auf und Ab der wirtschaftlichen Entwicklung, während das Wirtschaftswachstum für die mittel- und langfristige Entwicklung steht.
1 Vgl. Brümmerhoff, D./ Grömling, M. (2011), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, München, S. 54. 2 Konjunkturzyklen werden üblicherweise zwischen zwei unteren konjunkturellen Wendepunkten gemessen. Diese fallen meist mit Rezessionen zusammen. In Phasen eines hohen gesamtwirtschaftlichen Wachstums wie etwa in den 1950er-Jahren in Deutschland oder derzeit in China muss dies jedoch nicht zwangsläufig so sein.
Konjunktur
BIP im Zuge der weltweiten Rezession von 2009
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Bayern erhöhte
gefallen.
sich im Jahr 2016 nach ersten, noch vorläufigen Berechnungen des Arbeitskreises „Volkswirtschaftliche
Daten zum Bruttoinlandsprodukt liegen seit 1991 in
Gesamtrechnungen der Länder“, dem das Statistische
der Abgrenzung des Europäischen Systems Volks-
Bundesamt sowie alle Statistischen Landesämter und
wirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 vor. In
der Deutsche Städtetag angehören, preisbereinigt
diesem Zeitraum lassen sich bis 2016 für Bayern
um 2,1 %. Damit verlief die wirtschaftliche Entwick-
und für Deutschland insgesamt drei Konjunktur-
lung in Bayern im abgelaufenen Jahr etwas dyna-
zyklen beobachten.2 Der erste beginnt mit der Re-
mischer als in Deutschland insgesamt, wo das BIP
zession von 1993 und reicht bis zum Ende des Inter-
lediglich um 1,9 % stieg. Bayern und Deutschland
netbooms im Jahr 2003. Der zweite Zyklus beginnt
erlebten somit 2016 das siebte Jahr in Folge ein
2003 und endet in der weltweiten Rezession von
Wachstum der Gesamtwirtschaft, zuletzt war das
2009. Diese markiert den Beginn des dritten Kon-
Abb. 1 Wachstumsraten des preisbereinigten Bruttoinlandprodukts in Bayern und Deutschland 1992 bis 2016 in Prozent 6
Bayern
5 4 3 2 1 0
Deutschland
-1 -2 -3 -4 -5
Ende des Europäischen Währungssystems und des Einheitsbooms
Dotcom-Krise
Weltweite Finanzund Bankenkrise
-6 1992 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 2016
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Abb. 2 Preisbereinigte Wachstumsraten der Bruttowertschöpfung insgesamt, im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Baugewerbe in Bayern 1992 bis 2016 in Prozent 18 16 14 12 10
Verarbeitendes Gewerbe
8 6 4
insgesamt
2 0 -2 -4
Baugewerbe
-6 -8 -10 -12 1992 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 2016
junkturzyklus, der bis heute anhält. Die Dauer die-
weit von den Zuwächsen der Jahre 2010 und 2011
ses aktuellen Zyklus liegt zwischen den beiden an-
entfernt.
deren Konjunkturzyklen seit 1991: Auf die Rezession von 1993 folgten insgesamt neun Jahre mit einer Zu-
Die Entwicklung im abgelaufenen Jahr lag sowohl
nahme des BIP, auf die Rezession von 2003 lediglich
in Bayern als auch in Deutschland in etwa auf dem
fünf (vgl. Abbildung 1).
Niveau der beiden Vorjahre. Gegenüber dem sehr niedrigen Niveau der Jahre 2012 und 2013 gab es
Der Verlauf der aktuellen Aufschwungsphase un-
eine leichte Erhöhung der Wachstumsrate.
terscheidet sich von seinen beiden Vorgängern. In den Jahren 1994 und 2004 begann der Wiederan-
Die Entwicklung in einzelnen Wirtschaftsbereichen
stieg nach den jeweiligen Rezessionen mit verhal-
lässt sich anhand der preisbereinigten Bruttowert-
tenen Zuwächsen des BIP. In Bayern wurden 1,7 %
schöpfung beobachten. Die Bruttowertschöpfung
bzw. 2,1 % erreicht, in Deutschland 2,5 % bzw. 1,2 %.
eines Wirtschaftszweigs ergibt sich durch den Abzug
Diese Werte wurden dann in Folge des weiteren Auf-
sämtlicher Vorleistungen von dem in diesem Wirt-
schwungs übertroffen, die höchsten Wachstumsra-
schaftszweig erreichten Produktionswert. Anders
ten wurden erst gegen Ende des jeweiligen Zyklus
als das Bruttoinlandsprodukt, das zu Marktpreisen
erreicht.
bewertet ist, erfolgt die Bewertung der Bruttowertschöpfung zu Herstellungspreisen. Die Bruttowert-
Der aktuelle Aufschwung begann hingegen mit zwei
schöpfung aller Wirtschaftszweige zusammen ent-
Jahren des sehr hohen Wirtschaftswachstums. Nach
spricht dem zu Herstellungspreisen bewerteten
dem tiefen Einbruch von 2009 stieg das bayerische
Bruttoinlandsprodukt. Ein Bruttoinlandsprodukt für
BIP 2010 um 4,9 % und 2011 gar um 5,9 %. Die ent-
einzelne Wirtschaftszweige wird nicht berechnet.3
sprechenden Werte für Deutschland betrugen 4,1 % und 3,7 %. Nach diesen beiden Jahren flachte die
Der Konjunkturverlauf in einzelnen Wirtschafts-
Konjunktur sowohl in Bayern als auch in Deutsch-
zweigen verlief mit teilweise deutlich stärker aus-
land deutlich ab und blieb auch am aktuellen Rand
geprägten Schwankungen als bei der Bruttowert-
Bayern in Zahlen 06|2017
3 Die Umrechnung von Herstellungskosten zu Marktpreisen erfolgt durch Addition der Gütersteuern sowie durch Subtraktion von Gütersubventionen. Da diese beiden Größen nur auf gesamtwirtschaftlicher Ebene und nicht auf der Ebene einzelner Wirtschaftszweige vorliegen, kann ein BIP für einzelne Wirtschaftszweige nicht berechnet werden.
374 Beiträge aus der Statistik
schöpfung (BWS) insgesamt. So ergaben sich im
fung zu verzeichnen war. Ab 2009 gleichen sich die
Verarbeitenden Gewerbe in den Rezessionen von
Verläufe der Reihen dann stärker an.
1993 und 2009 Rückgänge von 9,1 % und 11,1 %, während die gesamte BWS lediglich um 1,7 % bzw.
Am stärksten waren die Zyklen im nicht in Abbil-
5,0 % sank. (vgl. Abbildung 2). Auch die positiven
dung 2 aufgenommenen Bereich „Land- und Forst-
Wachstumsraten lagen im Verarbeitenden Gewerbe
wirtschaft, Fischerei“ ausgeprägt. Hier lag die
teilweise deutlich höher als in der Gesamtwirtschaft.
höchste Zunahme der BWS bei 34,6 %, der höchste
Insgesamt fallen jedoch in den meisten Fällen die
Rückgang bei 27,7 %. Zudem zeigten sich deutlich
oberen und unteren Wendepunkte des Verarbeiten-
vom allgemeinen Konjunkturverlauf abweichende
den Gewerbes und der Gesamtwirtschaft zeitlich zu-
obere und untere Wendepunkte.
sammen. Die Dienstleistungen können über den langen ZeitAuch der Verlauf der BWS im Baugewerbe zeigt teil-
raum von 1991 bis 2016 lediglich in drei großen zu-
weise im Vergleich zur BWS insgesamt hohe Aus-
sammengefassten Bereichen betrachtet werden.
schläge. Hier fallen vor allem der starke Rückgang
Der erste enthält die Branchen Handel, Verkehr, La-
von 1995 und der überdurchschnittliche Anstieg im
gerei, Gastgewerbe, Information und Kommunika-
Jahr 2010 ins Auge. Der Verlauf weicht jedoch deut-
tion. Im zweiten Dienstleistungsbereich befinden
licher als beim Verarbeitenden Gewerbe von der
sich Finanz-, Versicherungs- und Unternehmens-
BWS insgesamt ab. Der Einbruch im Jahr 1995 voll-
dienstleister sowie das Grundstücks- und Woh-
zog sich in der Gesamtwirtschaft ebenso wenig wie
nungswesen. Der dritte besteht aus öffentlichen und
die von 2001 bis 2007 anhaltende Schwächepha-
sonstigen Dienstleistern, dem Erziehungs- und Ge-
se des Baugewerbes, während der lediglich im Jahr
sundheitsbereich sowie den privaten Haushalten.
2006 eine leichte Zunahme der Bruttowertschöp-
Abb. 3 Preisbereinigte Wachstumsraten der Bruttowertschöpfung insgesamt, und in den drei Dienstleistungsbereichen in Bayern 1992 bis 2016 in Prozent 10 8 6 4 2 0 -2 -4 -6 1992 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 2016 insgesamt Handel, Verkehr, Lagerei, Gastgewerbe, Information und Kommunikation Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister; Grundstücks- und Wohnungswesen öffentliche und sonstige Dienstleister; Erziehung und Gesundheit; private Haushalte
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Beiträge aus der Statistik 375
Auffällig ist eine deutlich geringere Schwankungs-
fristige und langfristige Entwicklungen betrachtet.
breite aller drei Bereiche im Vergleich zum Verarbei-
Hierbei stehen vor allem strukturelle Verschiebungen
tenden Gewerbe, obgleich sie jeweils einen etwas
zugunsten oder zulasten einzelner Wirtschaftszweige
niedrigeren Anteil an der Bruttowertschöpfung ins-
oder Regionen oder längerfristige Änderungen der
gesamt aufweisen (vgl. Abbildung 3).
wirtschaftlichen Dynamik eines Landes im Vordergrund. Wirtschaftliche Wachstumsprozesse werden
Ein Grund für diese geringere Volatilität der Brutto-
allgemein durch Änderungen der Produktionsfak-
wertschöpfung der Dienstleistungsbereiche mag in
toren Arbeit und Kapital, also durch eine Erhöhung
der geringeren Exportabhängigkeit liegen. Dies gilt
der Anzahl der Erwerbstätigen und eine Steigerung
jedoch nicht für alle Dienstleistungen, da beispiels-
der Produktionskapazitäten, hervorgerufen. Von
weise Handel, Verkehr, Versicherungen und Banken
großer Bedeutung für das Wirtschaftswachstum sind
oftmals auch global tätig sind und damit ähnlich wie
auch Innovationen bei Produkten und Herstellungs-
stark exportabhängige Branchen des Verarbeiten-
verfahren.
den Gewerbes von der internationalen Wirtschaftsentwicklung abhängig sind.
Von 1991 bis 2016 erhöhte sich das preisbereinigte
Von den drei Dienstleistungsbereichen ist derjenige,
bildung 4). Dies entspricht einer jahresdurchschnitt-
der die öffentliche Verwaltung sowie den Erziehungs-
lichen Wachstumsrate von 1,8 %. In Deutschland
und Gesundheitsbereich enthält, erwartungsgemäß
insgesamt stieg das preisbereinigte BIP im selben
Bruttoinlandsprodukt in Bayern um 55,8 % (vgl. Ab-
am wenigsten schwankungsanfällig. Das dortige
Zeitraum um 39,5 % oder 1,3 % im Jahresdurch-
Auf- und Ab folgt auch nicht dem allgemeinen Kon-
schnitt.
junkturverlauf. In den Jahren 1994 und 1995 stieg das BIP in Wirtschaftswachstum
Deutschland schneller als in Bayern, zudem fiel die
Unter Wirtschaftswachstum werden im Gegensatz zu
Rezession von 1993 in Bayern schwerer aus als in
kurzfristigen konjunkturellen Schwankungen mittel-
Deutschland. Das höhere Wachstum in Deutschland
Abb. 4 Bruttoinlandsprodukt 1991 bis 2016 sowie Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 1991 bis 2015* in Bayern und Deutschland jeweils preisbereinigt, 1991 ‡ 100 160 155 150 145
Bayern Bayern je Einwohner Deutschland Deutschland je Einwohner
140 135 130 125 120 115 110 105 100 95 1991 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 2016 * Für 2016 waren bei Redaktionsschluss noch keine Einwohnerzahlen verfügbar.
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ist in diesen Jahren auf die sehr hohen Wachstums-
lediglich um 34,0 %. Im Jahr 2015 betrug es 42 950
raten in den neuen Bundesländern zurückzuführen,
Euro gegenüber 37 128 Euro in Deutschland. Das
die auf dem niedrigen Niveau des BIP aufsetzten,
BIP je Einwohner wird weltweit als Maßstab für die
das der schwere wirtschaftliche Einbruch im Zuge
Wirtschaftskraft und den Wohlstand eines Landes
der Transformation des Wirtschaftssystems in den
angesehen.5
neuen Bundesländern zurückließ. Nach 1995 blieb
4 Einwohnerzahlen für 2016 standen bei Redaktionsschluss noch nicht zur Verfügung. 5 Als Wohlstandsmaß ist das BIP je Einwohner für kleine Gebietseinheiten ungeeignet, da hier Einpendler das BIP erhöhen, ohne in der entsprechenden Gebietseinheit zu wohnen und zur Einwohnerzahl zu zählen. Umgekehrt zählen Auspendler zur Einwohnerzahl und haben keinen Einfluss auf das lokale BIP. So haben kleine Gebietseinheiten mit einem hohen Einpendlerüberschuss ein überhöhtes BIP je Einwohner, Gebietseinheiten mit hohem Auspendlerüberschuss ein zu niedriges.
die bayerische Wachstumsrate nur während der Re-
In den Jahren seit 1991 haben sich in Bayern um-
zession 2003 sowie vor der Finanzkrise 2008 hinter
fangreiche Änderungen an der Wirtschaftsstruktur
dem deutschen Wert zurück.
ergeben. Diese können hier nur relativ grob anhand zusammengefasster Wirtschaftsbereiche dargestellt
Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner entwickelte
werden, da für eine feinere Untergliederung keine
sich von 1991 bis 2015 weniger unterschiedlich in
Zeitreihen bis 1991 zurück verfügbar sind.
4
Bayern und Deutschland als das BIP insgesamt. Der Grund hierfür ist die im Vergleich zu Deutsch-
Der Anteil der Bruttowertschöpfung des Verarbeiten-
land ebenfalls überdurchschnittlich angestiegene
den Gewerbes an der gesamten Bruttowertschöp-
Einwohnerzahl Bayerns. Dieser stärkere Anstieg der
fung war von 1991 bis 2002 tendenziell rückläufig.
Bevölkerung hängt wiederum mit der überdurch-
Er fiel in diesem Zeitraum von 28,5 % auf 23,5 %. Da-
schnittlichen wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns
bei fällt der stärkere Rückgang in den Jahren 1992
zusammen, die eine höhere Zuwanderung aus dem
und 1993 auf. Seit 2002 gab es dann wieder eine Er-
Ausland aber auch den anderen Bundesländern
höhung des Anteils, die lediglich während der welt-
nach sich zieht.
weiten Rezession von 2008/2009 unterbrochen wurde. Anders als nach den starken Rückgängen von
Das BIP je Einwohner legte von 1991 bis 2015 in
1992/1993 erreichte der Anteil bereits 2010 wieder
Bayern preisbereinigt um 37,6 % zu, in Deutschland
den Wert von 2007 und übertraf ihn seither. Am ak-
Abb. 5 Anteile der Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe und in drei Dienstleistungsbereichen an der Bruttowertschöpfung insgesamt zu jeweiligen Preisen in Bayern 1991 bis 2016 in Prozent 30 28 26 24 22 20 18 16 0 1991 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 2016 Verarbeitendes Gewerbe Handel, Verkehr, Lagerei, Gastgewerbe, Information und Kommunikation Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister; Grundstücks- und Wohnungswesen öffentliche und sonstige Dienstleister; Erziehung und Gesundheit; private Haushalte
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tuellen Rand liegt er in etwa wieder auf dem Niveau
leistungsbereichs ist der Verlauf nur schwierig zu in-
von 1992 (vgl. Abbildung 5).
terpretieren. Gerade vor dem Hintergrund der vielfältigen Entwicklungen im Bereich „Information und
Der Dienstleistungsbereich „Finanz-, Versicherungs-
Kommunikation“ müsste eine Analyse auf Basis wirt-
und Unternehmensdienstleister; Grundstücks- und
schaftszweigbezogen tiefer gegliederter Daten erfol-
Wohnungswesen“ erhöhte seinen Anteil in den Jah-
gen.
ren 1991 bis 2005 kontinuierlich. Er stieg von 23,5 % im Jahr 1991 bis auf 29,1 % im Jahr 2005. Bereits vor
Der Dienstleistungsbereich „Öffentliche und sonsti-
Beginn der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise
ge Dienstleister; Erziehung und Gesundheit; private
im Jahr 2007, die ihren Ausgang ja in der Finanzwirt-
Haushalte“ weist vor allem in den Rezessionsjahren
schaft genommen hatte, sank der Anteil leicht ab.
1993, 2003 und 2009 hohe Anteile an der gesamt-
Auffällig ist, dass die eigentliche weltweite Rezessi-
en Bruttowertschöpfung auf. Dies liegt an der gerin-
on von 2008/2009 nur verhältnismäßig geringe Aus-
gen Rezessionsanfälligkeit der hier stark vertretenen
wirkungen auf diesen Wirtschaftsbereich hatte. Im
Bereiche Öffentlicher Dienst sowie Erziehungs- und
Jahr 2009 lag der Anteil lediglich 0,9 Prozentpunkte
Gesundheitswesen. Umgekehrt ist der Anteil in
unter dem Höchststand von 2005. Bis 2016 sank der
Boomphasen niedrig. Er ist der Entwicklung des
Anteil dann auf 25,8 %. Der Gesamtverlauf 1991 bis
konjunktursensiblen Verarbeitenden Gewerbes ge-
2016 war gewissermaßen dem Verlauf im Verarbei-
genläufig. Der Anteil lag 2016 mit 19,0 % in etwa so
tenden Gewerbe entgegengesetzt.
hoch wie 1993. Eine langfristige Zunahme lässt sich aus dem Gesamtverlauf nicht erkennen.
Der Dienstleistungsbereich „Handel, Verkehr, Lagerei, Gastgewerbe, Information und Kommunikation“
Einen über den gesamten Zeitraum abnehmenden
erreichte seine höchsten Anteilswerte unter Schwan-
Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung ver-
kungen in den Jahren 1998 bis 2009. Nach einem
zeichnete die Land- und Forstwirtschaft, Fischerei.
deutlicheren Rückgang im Jahr 2010 stiegen die An-
Der bereits mit 1,4 % niedrige Anteil im Jahr 1991
teile bis 2016 wieder auf 20,0 % an. Angesichts der
halbierte sich bis 2016 trotz einzelner kurzfristiger
sehr heterogenen Zusammensetzung dieses Dienst-
Ausnahmen auf 0,7 % (vgl. Abbildung 6).
Abb. 6 Anteile der Bruttowertschöpfung in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und im Baugewerbe an der Bruttowertschöpfung insgesamt zu jeweiligen Preisen in Bayern 1991 bis 2016 in Prozent 7 6
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Baugewerbe
5 4 3 2 1 0 1991 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 2016
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Das Baugewerbe erlebte in den Jahren 1993 bis
die sich bislang im weiteren Verlauf entsprechend
2007 einen kontinuierlichen Anteilsverlust an der
abschwächten.
Bruttowertschöpfung insgesamt. Von 6,8 % sank er auf 4,0 % ab. Gründe hierfür könnten der auslaufen-
In langfristiger Betrachtung gab es einen anhal-
de Wiedervereinigungsboom beim Wohnungsbau
tenden Anteilsverlust der Land- und Forstwirtschaft,
in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre sowie ei-
Fischerei an der gesamten Bruttowertschöpfung. Der
ne schwache Investitionsneigung nach der Jahrtau-
Anteil des Bereichs „Öffentliche und sonstige Dienst-
sendwende sein. Ab 2007 erhöhte sich der Anteil
leister; Erziehung und Gesundheit; Private Haushalte“
des Baugewerbes wieder. Im Jahr 2016 wurde mit
blieb unter Schwankungen weitgehend konstant. In
5,2 % der Stand von 1997 wieder erreicht. Während
Rezessionen nahm er wegen der höheren Konjunk-
der letzten Rezession 2009 nahm der Anteil weiter
turanfälligkeit der anderen Bereiche zu, in Boompha-
zu. Dies steht in deutlichem Gegensatz zum Krisen-
sen eher ab.
verlauf in den USA und in Südeuropa, wo die Bautätigkeit jeweils drastisch einbrach.
Die anderen für den gesamten Beobachtungszeitraum 1991 bis 2016 abgrenzbaren Wirtschaftsbereiche ver-
Zusammenfassung
zeichneten sowohl mehrjährige Bedeutungsgewinne
Seit 1991 erlebte Bayern drei Konjunkturzyklen, die
als auch mehrjährige Bedeutungsverluste. Das Ver-
sich auf die Jahre 1993 bis 2003, 2003 bis 2009 und
arbeitende Gewerbe und das Baugewerbe verloren
seit 2009 datieren lassen. Dauer und Verlauf dieser
in den Jahren 1991 bis 2002 bzw. 2007 Anteile und
Zyklen unterschieden sich jeweils: Während die ers-
gewannen schließlich wieder hinzu, ohne das Aus-
ten beiden mit einer langsamen Erholung nach der
gangsniveau wieder ganz zu erreichen. Umgekehrt
Rezession begannen und die höchsten Zuwachsra-
verlief die Entwicklung im Dienstleistungsbereich „Fi-
ten gegen Ende des Zyklus verzeichneten, begann
nanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleis-
der aktuelle Zyklus mit sehr hohen Wachstumsraten,
ter; Grundstücks- und Wohnungswesen“.
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