Jahresbericht Die Automobilindustrie in Daten und Fakten

Jahresbericht 2016 Die Automobilindustrie in Daten und Fakten Jahresbericht 2016 Die Automobilindustrie in Daten und Fakten Danke. Mobilität verbi...
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Jahresbericht 2016 Die Automobilindustrie in Daten und Fakten

Jahresbericht 2016 Die Automobilindustrie in Daten und Fakten

Danke. Mobilität verbindet uns. Sie lässt uns Neues entdecken, Freunde treffen, zur Arbeit kommen, Besorgungen machen. Sie ermöglicht uns allen Wachstum und Wohlstand. Unsere heutige Mobilität wäre ohne die Erfindung des Autos vor über 125 Jahren nicht vorstellbar. Und sie wird laufend neu erfunden. Ergebnis: eine immer sicherere, umweltund klimafreundlichere und zukunftsgerechtere Mobilität für uns alle. Dies verdanken wir rund 800.000 Menschen, die Deutschland zur erfolgreichsten Automobilnation der Welt machen. Einige stellen wir hier vor. Und allen sagen wir: Danke.

www.vda.de www.mobilitaet-von-morgen.de

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Vorwort

Vorwort

die deutsche Automobilindustrie blickt auf eineinhalb wirtschaftlich erfolgreiche Jahre zurück. Im vergangenen Jahr steigerten die deutschen Automobilhersteller ihre globale Pkw-Fertigung auf den neuen Rekord von 15,1 Millionen Einheiten. Dabei ist die Inlandsfertigung erstmals seit zehn Jahren wieder stärker gewachsen als die Auslandsproduktion, nämlich um 2 Prozent auf 5,7 Millionen Einheiten. Auch im ersten Halbjahr 2016 haben die für uns wichtigen großen Märkte China, Westeuropa und Nordamerika weiter zugelegt. Die Beschäftigung in unserer Industrie stieg in Deutschland über 800.000 Mitarbeiter in den Stammbelegschaften. Die Automobilindustrie bleibt ein entscheidender Jobfaktor in Deutschland. Die deutschen Nutzfahrzeughersteller haben 2015 von einem starken westeuropäischen Markt profitiert. Der Absatz von schweren Lkw stieg um 14 Prozent auf

gut 259.000 Einheiten. Im ersten Halbjahr 2016 ging er sogar um 16 Prozent nach oben. In Westeuropa tragen rund 50 Prozent der neuen Lkw ein deutsches Konzernlogo. Auch die deutschen Hersteller von Anhängern und Aufbauten waren erfolgreich unterwegs: Ihre Erlöse stiegen 2015 um 6 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro. Die deutschen Zulieferer setzen ihren Internationalisierungskurs rasch fort. Im vergangenen Jahr zählten sie 3.000 Standorte weltweit – ein Zuwachs um rund 700 Standorte seit 2010. Vor allem die 100 größten Zulieferer sind so stark internationalisiert wie die Hersteller. Um den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern, müssen auch die kleinen und mittleren Zulieferer in neue Märkte expandieren. Der VDA unterstützt sie dabei intensiv und engagiert sich mehr denn je für die Verbesserung der Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette. Die zurückliegenden Monate waren jedoch auch von Debatten

um den Diesel, um Testverfahren und Schadstoffwerte geprägt. Fragen zu Unternehmenskultur und Glaubwürdigkeit wurden teilweise zu Recht aufgeworfen. Hersteller und Zulieferer wollen alles dafür tun, dass das Vertrauen in die Branche wieder gestärkt wird. Denn die Automobilindustrie hat – auch wenn in diesen Debatten häufig ein anderer Eindruck erweckt wurde – die Zukunft fest im Blick. Die Firmen werden künftig noch mehr Wert auf eine Unternehmenskultur legen, die von Offenheit, von Werten und Widerspruchsfähigkeit bestimmt ist. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass die große Mehrheit der Hersteller neue Modelle stets regelkonform nach den gesetzlichen Bestimmungen getestet hat. Daher sollten auch diese Vorgaben reformiert werden. Neue, realistischere Prüfverfahren wie der WLTP und der „Straßentest“ können dazu beitragen,

Vorwort

dass die Kunden den Angaben zu Verbrauch und Abgaswerten wieder trauen. Die Automobilindustrie hat ein eigenes Interesse an solchen realitätsnahen Abgasund Verbrauchswerten. Die Automobilindustrie hat immer wieder betont, wie stark Beschäftigung und Produktion in Deutschland am Exporterfolg hängen. So wurden im vergangenen Jahr 77 Prozent der in Deutschland produzierten Pkw exportiert. Freier Handel und der europäische Binnenmarkt sind daher elementare Pfeiler dieses Erfolgs. Die Brexit-Entscheidung der Briten ist daher alles andere als ermutigend. Nun gilt es, Wege zu finden, wie die EU und Großbritannien politisch und wirtschaftlich weiterhin eng verbunden bleiben können. Auch die öffentliche Debatte über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP ist aus den Fugen geraten. Chancen, die ein gemeinsamer Wirtschaftsraum von insgesamt 800 Millionen Menschen für Wohlstand und Beschäftigung bietet, werden ignoriert. Stattdessen werden, ähnlich wie beim Brexit-Referendum, bewusst Ängste geschürt. Die deutsche Automobilindustrie und der VDA haben sich immer wieder klar und deutlich für TTIP ausgesprochen. Deutschland muss politische und wirtschaftliche Zukunftsfragen mit Offenheit und Zuversicht beantworten und weiterhin auf Freihandel setzen. Trotz aller Turbulenzen im Heute haben unsere Unternehmen das Morgen fest im Blick. Die Unternehmen arbeiten an der Zukunft der Mobilität made in Germany, und zwar auf vielen Feldern gleichzeitig. Bei der Elektromobilität gehört Deutschland nach Expertenansicht zu den drei führenden Anbieternationen. Die deutschen Hersteller haben bis 2016 bereits 30 Serienmodelle mit E-Antrieb auf die Straße gebracht. Für die nächste Zeit erwarten wir zahlreiche weitere Modelle mit teilweise deutlich größerer elektrischer Reichweite. Die Politik hat wichtige

Entscheidungen für den Markthochlauf getroffen: etwa für den Umweltbonus, an dem sich die Hersteller zur Hälfte beteiligen. Damit die E-Mobilität noch stärker Fahrt aufnehmen kann, muss auch die Ladeinfrastruktur massiv ausgebaut werden. Die Unternehmen treiben darüber hinaus eine zweite Entwicklung voran, mit der sich die Welt des Autos völlig verändern wird: Wir sprechen von der digitalen Transformation einer ganzen Branche durch das vernetzte und automatisierte Fahren. Dabei geht es nicht nur um eine neue Technologie, bei der wir schon jetzt Innovationsführer sind. Vielmehr haben sich die Hersteller und Zulieferer auf den Weg gemacht in eine neue, digitale und vernetzte Mobilitätswelt – mit neuen Wettbewerbern, neuen Services und neuen Geschäftsmodellen. Aus Automobilherstellern werden Mobilitätsdienstleister mit einem umfassenden Angebot, das über das Auto weit hinausreicht. Unsere Unternehmen haben das Rüstzeug, auch in diesem neuen Wettbewerb die Nase vorn zu behalten. Mit der Initiative „Mobilität von morgen“ wollen wir zeigen, was heute schon geht und an welchen spannenden Innovationen wir arbeiten. Wie werden wir uns in Zukunft fortbewegen? Und mit welchen Technologien? Das sind Fragen, die nicht nur kontrovers diskutiert werden sollen. Wir wollen erstmals auf einer gemeinsamen Plattform auch konkrete Projekte deutscher Hersteller und Zulieferer zeigen, ihre Experten zu Wort kommen lassen und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Der Wandel der Mobilität und die Digitalisierung erfordern aber auch neue Kooperationen. Die Automobilindustrie und der VDA arbeiten immer häufiger mit Start-ups zusammen. Die Automobilindustrie will die Chancen solcher Kooperationen nutzen, um dafür zu sorgen, dass Mobilitätstechnologie made in Germany spitze bleibt. Das zeigen wir auch erfolgreich auf der New Mobility World, die wir sowohl in Frankfurt als auch in

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Hannover als festen neuen Bestandteil der IAA etabliert haben. Bekannte und neue Unternehmen treten dort auf, um ihre Lösungen für die Mobilität von morgen zu zeigen. Die deutsche Automobilindustrie steht vor enormen Herausforderungen. Der Erfolg der Gegenwart ist kein Ruhekissen. Hersteller und Zulieferer nehmen diese Herausforderungen gemeinsam an und arbeiten partnerschaftlich zusammen. Das bekräftigen sie nicht zuletzt durch ihr Engagement im gemeinsamen Verband. Die Aufgaben des VDA und seiner Mitgliedsunternehmen sind dabei vielfältig. Dieser Jahresbericht gibt Ihnen einen Überblick über das weite Spektrum der Themen, die die Automobilindustrie beschäftigen.

Matthias Wissmann, Präsident Verband der Automobilindustrie e. V.

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Inhalt

Inhalt

Vorwort6 Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Aktuelle Automobilkonjunktur im ersten Halbjahr 2016 12 Das Automobiljahr 2015: die wichtigsten Zahlen und Daten 14 Internationale Märkte 16 Europäischer Markt 19 Deutscher Pkw-Markt 21 Produktion und Export 23 Märkte der Zulieferindustrie 26 Märkte für Nutzfahrzeuge und Busse 27 Märkte für Anhänger und Aufbauten 30 Zulieferer und Mittelstand 31 Aftermarket34 36 Historische Fahrzeuge Autobanken39

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

40

Wirtschaftspolitik für den Standort Deutschland 42 Europapolitik44 Handel und Investitionen 48 Energiepolitik52 Infrastruktur56 Personenverkehr59 Güterverkehr62 Steuern und Zölle 66 Rechtspolitik70

Umwelt und Klima

72

Straßenverkehr und CO2-Emissionen74 76 CO2-Regulierung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge Pkw-Energieeffizienz82 Klimaanlagen und Kältemittel 84 85 CO2-Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen Reduzierung von Abgasemissionen 88 Luftreinhaltung und Luftqualität im internationalen Vergleich 90 Automobilproduktion und Nachhaltigkeit 96 Chemikalienverordnung REACH  98

Inhalt

Innovation und Technik

100

Verbrennungstechnologien im Vergleich 102 Verbrauchs- und Emissionsmessung beim Pkw 105 Abgastechnik zur Stickoxidreduzierung 110 Typgenehmigung113 Elektromobilität115 Weitere alternative Antriebe 120 Automatisiertes und vernetztes Fahren 122 Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) 126 Logistik130

Sicherheit und Standards

132

Verkehrsunfälle in Deutschland 134 Fahrzeugsicherheit: neue Euro-NCAP-Anforderungen 135 Digitalradio137 Normung138 Qualitätsmanagement141

Internationale Automobil-Ausstellung und Veranstaltungen144 Mobilität verbindet: die 66. IAA Pkw 2015 146 Rückblick IAA Nutzfahrzeuge 2016 151 Veranstaltungen154

Stichwortverzeichnis162 Grafiken- und Tabellenverzeichnis 164 Stichwortverzeichnis166

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Die Automobilindustrie und ihre Märkte Die deutsche Automobilindustrie ist vielfältig: Konzerne und Mittelständler, Pkw-Hersteller und Zulieferer, Truck-, Trailerund Bus-Hersteller beschäftigen rund 800.000 Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr haben sie Produktion und Umsatz erneut gesteigert, zuhause und weltweit.

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Christopher Pragassa, Industriemechaniker Fachrichtung Geräte und Feinwerktechnik, Qualitätsmanagement, ebm-papst St. Georgen GmbH & CO. KG

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Aktuelle Automobilkonjunktur im ersten Halbjahr 2016

Der weltweite Pkw-Absatz hat sich im ersten Halbjahr 2016 weiterhin dynamisch entwickelt. Die drei großen Automobilmärkte Westeuropa, die Vereinigten Staaten und China, die zusammen zwei Drittel des Weltmarktes ausmachen, bleiben auf Kurs. Dagegen bleibt die Nachfrage in Russland und Brasilien äußerst schwach. Japan kommt ebenfalls nicht voran. Insgesamt dürfte der Pkw-Weltmarkt im Jahr 2016 dennoch erstmals die 80-Mio.-Marke überschreiten. Die Entwicklung im Einzelnen: Die Nachfrage im weltweit größten Pkw-Markt, China, hat in den ersten sechs Monaten um 12 Prozent auf 10,6 Mio. Einheiten zugelegt. Das Wachstum wird vom SUV-Segment getragen. Zudem werden kleinmotorige Fahrzeuge auch in diesem Jahr steuerlich begünstigt. Eine Verschiebung zwischen den Segmenten ist auch in den Vereinigten Staaten zu beobachten. Während der Light-Truck-Absatz in der ersten Jahreshälfte um 9 Prozent auf 5,1 Mio. Einheiten zulegte, gingen die Pkw-Verkäufe um 8 Prozent auf 3,6 Mio. Stück zurück. Insgesamt liegt der Markt für Light Vehicles nach sechs Monaten und 8,6 Mio. verkauften Einheiten mit mehr als 1 Prozent im Plus. Nach dem Rekordniveau im Jahr 2015 wird dieses Jahr ein weiterer Absatzrekord erwartet. Die wirtschaftlichen

Rahmenbedingungen wirken weiter stimulierend. Der Beschäftigungsaufbau hält an, der Ölpreis ist vergleichsweise niedrig und die Finanzierungsbedingungen sind nach wie vor günstig. Ganz anders ist das Bild in Russland: Der russische Markt konnte seine Talfahrt im ersten Halbjahr 2016 noch nicht bremsen. Die Ölpreise fielen zu Jahresbeginn noch einmal deutlich und die Sanktionen der Europäischen Union bleiben in Kraft. Das Land befindet sich auch in diesem Jahr in einer Rezession. Die schlechte gesamtwirtschaftliche Lage schlägt sich auch auf den Automobilmärkten nieder: Kumuliert liegen die Neuwagenverkäufe deutlich unter dem Vorjahreslevel. Von Januar bis Juni 2016 sank das Verkaufsvolumen um 14 Prozent auf 672.140 Einheiten und damit auf den niedrigsten Halbjahreswert seit 2003. Noch trister sieht es in Brasilien aus – sowohl gesamtwirtschaftlich als auch im Automobilsektor. Im ersten Halbjahr sanken die Neuzulassungen um ein Viertel. Dies ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 2006. Im Jahr 2013 wurde im ersten Halbjahr noch mehr als das Zweieinhalbfache abgesetzt. Die politische Krise setzt sich fort, eine wirtschaftliche Erholung scheint noch in weiter Ferne.

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Erfreulich ist hingegen die Entwicklung auf dem für die deutsche Automobilindustrie wichtigsten Markt: Westeuropa. Die wirtschaftliche Erholung und der Nachholbedarf, der sich in den Jahren der Finanzkrise angestaut hat, kommen hier zum Tragen. In den ersten sechs Monaten stieg der Neuwagenabsatz um 9 Prozent auf 7,5 Mio. Fahrzeuge. Von den fünf größten Märkten legte der italienische Pkw-Markt erneut am stärksten zu: 1,0 Mio. Neuzulassungen entsprachen einem kräftigen Plus von 19 Prozent. Der spanische Pkw-Markt wuchs um 12 Prozent. Die Ende Juni ausgelaufene Abwrackprämie lockte insbesondere die Privatkunden in die Autohäuser. In Frankreich wurden in den ersten sechs Monaten 1,1 Mio. Neuzulassungen gezählt (+8 Prozent). Der britische Markt überstieg das Vorjahresniveau um 3 Prozent – ein neuer Rekordwert. Inwiefern sich der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union auf den Markt auswirken wird, werden die kommenden Monate zeigen. In den neuen EU-Ländern war die Nachfrage bis Mai ebenfalls sehr lebhaft (+17 Prozent). Da der Marktanteil der deutschen Konzernmarken in Westeuropa und in den neuen EU-Ländern jeweils bei etwa 50 Prozent liegt, wirkt sich die anhaltende Erholung positiv auf die deutsche Automobilindustrie aus. Der deutsche Pkw-Inlandsmarkt zeigt im bisherigen Jahresverlauf

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eine Vitalität, die manche nicht erwartet hatten, die aber zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung passt. Im ersten Halbjahr stiegen die Pkw-Neuzulassungen um 7 Prozent auf gut 1,73 Mio. Einheiten. Die bisherige Bilanz auf den Nutzfahrzeugmärkten fällt ebenfalls positiv aus. In den ersten fünf Monaten hat der westeuropäische Markt für schwere Nutzfahrzeuge (über 6 Tonnen) um 16 Prozent zugelegt. Alle Märkte in Westeuropa sind im Plus. Der Nachholbedarf, der sich in den Jahren der Finanzkrise aufgestaut hatte, wird nun realisiert. Die neuen EU-Länder sind besonders gut unterwegs: In den ersten fünf Monaten gab es ein starkes Plus von 29 Prozent. In Russland und Brasilien läuft das Nutzfahrzeuggeschäft noch wesentlich schwächer als der Pkw-Bereich. Der deutsche Markt für schwere Nutzfahrzeuge (über 6 Tonnen) hat im ersten Halbjahr mit +8 Prozent ein hohes Tempo vorgelegt und erreichte ein Volumen von 44.350. Ebenso erfreulich ist die Entwicklung bei den Transportern: In den ersten sechs Monaten gab es im Inland ein Wachstum von 11 Prozent auf 129.500 Einheiten.

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Das Automobiljahr 2015: die wichtigsten Zahlen und Daten

Highlights Auf den Pkw-Märkten der Welt gab es 2015 einige Überraschungen. Der chinesische Markt hat im vergangenen Jahr ein Auf und Ab erlebt. Die zweistelligen Wachstumsraten der zurückliegenden Jahre sind vorbei. In den Vereinigten Staaten erreichte der Light-Vehicle-Markt ein Allzeithoch. Russland und Brasilien hingegen verzeichneten regelrechte Einbrüche – eine wirkliche Überraschung war dies vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Situation dieser Länder jedoch nicht. Die eigentliche Überraschung bot Westeuropa. Mit 9 Prozent erzielte der Pkw-Markt das höchste Wachstum der vergangenen 25 Jahre. Die deutsche Automobilindustrie hat 2015 ebenfalls kräftig zugelegt. Sowohl Umsatz als auch Beschäftigung waren auf Wachstumskurs. Auch die Produktion und der Export von Pkw haben neue Rekordniveaus erreicht.

Forschung und Entwicklung Die deutsche Automobilindustrie steigerte erneut ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E). Im Jahr 2014 erhöhte sie die weltweiten Aufwendungen auf 34,3 Mrd. Euro – ein Zuwachs von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit wurde ein gutes Drittel der weltweiten F&E-Investitionen in der Automobilindustrie durch deutsche Unternehmen getätigt. Darüber hinaus handelt es sich bei den drei größten F&E-Investoren in der Europäischen Union um Unternehmen der deutschen Automobilindustrie. Im hart umkämpften globalen Wettbewerbsumfeld schaffen die Unternehmen durch diese Anstrengungen die Grundlagen für ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre technologische Spitzenstellung. Der F&E-Standort Deutschland hat dabei eine besondere Bedeutung als Denkfabrik. Die inländischen F&E-Aufwendungen stiegen 2014 besonders stark – um gut 14 Prozent auf 19,7 Mrd. Euro. Davon entfielen etwa zwei Drittel auf die Fahrzeughersteller und ein Drittel auf die Zulieferer. Für 2015 wird erwartet, dass die Automobilindustrie ihre inländischen Investitionen in F&E nochmals um 5 Prozent auf 20,6 Mrd. Euro steigert. Im Gegensatz zur Fahrzeugproduktion, die mittlerweile zu mehr als 60 Prozent an ausländischen Standorten erfolgt, tätigte die deutsche Automobilindustrie mit 57 Prozent den Großteil der weltweiten F&E-Ausgaben im Inland. Zudem sind die Anstrengungen der Automobilindustrie für den Technologiestandort Deutschland insgesamt von herausragender Bedeutung. Sie ist mit Abstand der größte F&EInvestor und hatte einen Anteil von 40 Prozent an den gesamten industriellen F&E-Ausgaben in Deutschland.

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Beschäftigung Die Automobilindustrie leistete im vergangenen Jahr erneut einen wichtigen Beitrag zur positiven Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt und stockte die Stammbelegschaften ihrer Betriebe in Deutschland weiter auf. Im Vergleich zu 2014 stieg die Zahl im Jahresmittel um gut 2 Prozent bzw. um 17.600 Beschäftigte auf 792.500. Damit legte die Beschäftigung das fünfte Jahr in Folge zu. Gegenüber dem Jahr 2010 schufen die Unternehmen damit mehr als 90.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Erstmals seit dem Jahr 2004 stieg die Zahl der Beschäftigten im Zeitraum von August bis November auf über 800.000.

Alle drei Herstellergruppen verbuchten im vergangenen Jahr ein Beschäftigungswachstum. Bei den Fahrzeugherstellern legte die Beschäftigung um knapp 3 Prozent bzw. 11.600 auf insgesamt 458.800 Beschäftigte zu. Die deutschen Zulieferbetriebe vereinten 300.900 Personen in ihren Stammbelegschaften. Gegenüber dem Jahr 2014 entspricht dies einem Zuwachs von 2 Prozent oder 5.500 Beschäftigten. Auch bei den Herstellern von Anhängern und Aufbauten gab es einen Zuwachs von 2 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten stieg hier um 500 auf 32.800.

Beschäftigte in der deutschen Automobilindustrie Veränderung in Prozent

4 +3,3 % +3,1 % 3

+2,8 % +2,5 %

+2,6 % +2,3 %

2

+1,9 %

+1,8 %

+1,9 % +1,5 %

+1,5 %

1

0 -0,3 % -1

2013 Hersteller

Aufbauten

2014 Teile

Automobilindustrie

2015 Quelle: Statistisches Bundesamt

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Internationale Märkte Konjunkturelle Entwicklung Die gesamtwirtschaftliche Erholung im Euroraum fiel 2015 etwas stärker aus als zu Jahresbeginn erwartet. Wirklich kräftig war die Belebung aber nicht. Die Vereinigten Staaten wuchsen wiederum etwas schwächer als zunächst angenommen, aber dennoch solide. Daher war es nur konsequent, dass die US-amerikanische Notenbank mit einer ersten Zinserhöhung das Ende der Nullzinsphase einläutete. Die Entwicklung des chinesischen Bruttoinlandsprodukts verliert hingegen weiter an Dynamik. Indien wuchs stärker als China. Ob die indische Volkswirtschaft demnächst richtig durchstartet, ist jedoch fraglich. Russland und Brasilien erlebten tiefe Rezessionen.

China Der chinesische Pkw-Markt verteidigte erneut seine Spitzenposition als größter Einzelmarkt der Welt: Insgesamt 20 Mio. Basic-Cars, MPVs und SUVs wurden 2015 in der Volksrepublik verkauft. Allerdings hat die viel zitierte neue Normalität im Reich der Mitte nun endgültig auch das Automobilgeschäft erreicht. Mit einem Plus von gut 9 Prozent konnte China nicht an die zweistelligen Wachstumsraten der vergangenen Jahre anknüpfen. Die konjunkturelle Schwäche sowie eine zunehmend restriktiver werdende Neuzulassungspolitik hatten den chinesischen Pkw-Markt in den Sommermonaten gar ins Minus rutschen lassen. Zum Jahresende stiegen die Verkäufe jedoch sprunghaft an – dank einer seit Oktober geltenden Halbierung der Mehrwertsteuer für Neuwagen mit Motoren von bis zu 1,6 Liter Hubraum. Der Markt für Elektrofahrzeuge boomte 2015. Im Jahresverlauf wurden in China rund 206.800 elektrisch angetriebene Fahrzeuge verkauft. Dies entspricht einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 300 Prozent.

Absatz von Kraftfahrzeugen in China in Millionen

25

20

15

10

5

0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: CAAM, Fourin

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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USA Der Absatz von Light Vehicles in den USA – dazu zählen Pkw und Light Trucks – entwickelte sich 2015 erneut sehr erfreulich. Die Verkäufe legten um 6 Prozent zu und übertrafen mit einem Volumen von knapp 17,4 Mio. Fahrzeugen das bisherige Rekordniveau aus dem Jahr 2000. Damit hat der Markt seinen Erholungskurs fortgesetzt und das sechste Jahr in Folge zugelegt. Allerdings ist der Zuwachs des Marktes nicht gleich verteilt. Während der Gesamtmarkt im abgelaufenen Jahr zulegte, gaben die Pkw-Verkäufe um 2 Prozent nach. Insgesamt wurden 7,5 Mio. Pkw abgesetzt. Folglich gab es eine weitere Verschiebung hin zu den Light Trucks, deren Verkäufe um knapp 13 Prozent auf 9,9 Mio. Einheiten stiegen. Der Light-Truck-Anteil am gesamten LightVehicle-Markt erhöhte sich damit auf knapp 57 Prozent gegenüber 53 Prozent im Vorjahr.

Elektroautos USA sind mit 114.300 Zulassungen nur noch zweitgrößter Markt hinter China

Die USA büßten im abgelaufenen Jahr ihre Position als weltweit größter Markt für Elektrofahrzeuge ein und wurden von China überholt. Der US-Elektro-Markt schrumpfte um gut 5 Prozent auf 114.300 Einheiten. Dabei legten die Verkäufe rein elektrischer Light Vehicles (BEV) um 8 Prozent auf 70.800 Einheiten zu, während der Absatz von Plug-in-Hybriden (PHEV) um 22 Prozent auf 43.500 Fahrzeuge nachgab. Die deutschen Hersteller konnten ihre Verkäufe in dem schrumpfenden Markt mehr als verdoppeln und ihren Marktanteil damit deutlich ausbauen. Sie verkauften 23.200 Elektrofahrzeuge (+103 Prozent) und erreichten einen Marktanteil von 20 Prozent (Vorjahr: 9 Prozent).

Langfristige Entwicklung der LV-Verkäufe in den USA in Millionen

20

20

15

15

10

10

5

5

0

0 1995

1996

1997

Passenger-Cars

1998

1999

Light Trucks

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Light-Vehicle-Verkäufe insgesamt

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Quelle: Ward’s

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Südamerika

Indien

Die ausgesprochen schwache gesamtwirtschaftliche Lage setzte die Automobilmärkte in zwei der wichtigsten Volkswirtschaften Lateinamerikas unter Druck: Im Jahr 2015 erreichten die Light-Vehicle-Verkäufe in den Mercosur-Staaten Argentinien und Brasilien insgesamt ein Volumen von gut 3 Mio. – ein Rückgang von fast 22 Prozent. Der brasilianische Light-VehicleMarkt musste im Gesamtjahr 2015 einen herben Rückschlag hinnehmen: Mit einem Minus von fast 26 Prozent fiel der Markt auf rund 2,5 Mio. Einheiten zurück – und somit auf das niedrigste Volumen seit dem Jahr 2007. In Argentinien schlugen Inflationsdruck, Währungsabwertung und rückläufige Investitionen nicht ganz so hart auf den Light-Vehicle-Markt durch wie im Nachbarland Brasilien. Nachdem der Neuwagenabsatz im ersten Halbjahr 2015 noch starkem Gegenwind ausgesetzt war, sodass die Light-Vehicle-Verkäufe um gut 6 Prozent sanken, zogen steigende Reallöhne und konsumfördernde Maßnahmen den argentinischen Markt im zweiten Halbjahr ins Plus.

Der indische Pkw-Markt hat 2015 zu neuer Stabilität zurückgefunden. Rund 2,8 Mio. Fahrzeuge wurden im abgelaufenen Jahr in Indien verkauft – vor dem Hintergrund nachlassenden Inflationsdrucks, niedriger Rohölpreise und geringerer Zinsen legte der Pkw-Absatz damit um fast 8 Prozent zu. Allerdings blieb der indische Automobilmarkt auch im vergangenen Jahr weit hinter seinem Potenzial zurück. Ein niedriger Motorisierungsgrad von 22 Pkw je 1.000 Einwohner, eine junge Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht mit steigendem Einkommen müssten das Wachstum antreiben. All das ließe für die aufstrebende Volkswirtschaft Indien höhere Zuwächse bei den Neuwagenkäufen erwarten – von denen bisher allerdings noch nichts zu sehen ist.

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Europäischer Markt Westeuropa Der Pkw-Markt in Westeuropa setzte seine Erholung im vergangenen Jahr mit noch höherem Tempo fort. Der Markt erzielte mit einem Plus von 9 Prozent das höchste Wachstum der vergangenen 25 Jahre. Die Pkw-Neuzulassungen hatten das Vorjahresniveau bereits nach elf Monaten übertroffen und erzielten mit einem starken Jahresendspurt ein Gesamtvolumen von 13,2 Mio. Einheiten. Trotz des starken Anstiegs ist Westeuropa jedoch nach vor ein gutes Stück von den Zulassungszahlen der Vorkrisenjahre entfernt.

Positive Überraschung: Westeuropa legt so stark zu wie seit 25 Jahren nicht

Im Vereinigten Königreich wuchs der Pkw-Markt mit 6 Prozent bereits zum vierten Mal in Folge und erreichte ein neues Rekordniveau von 2,6 Mio. Einheiten. Auch der PkwMarkt in Frankreich legte deutlich zu: auf insgesamt 1,9 Mio. neu zugelassene Pkw (+7 Prozent). Der französische Markt wuchs damit das zweite Jahr in Folge. Italien erholte sich ebenfalls weiter: Im Gesamtjahr wuchs der italienische Pkw-Markt um 16 Prozent und erreichte ein Volumen von 1,6 Mio. neu zugelassenen Pkw. In Spanien führte, neben der konjunkturellen Belebung, das Förderprogramm PIVE zu einem starken Anstieg der Pkw-Neuzulassungen um 21 Prozent auf über 1 Mio. Einheiten.

Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa Veränderung 2015/2014

+6,3 %

Vereinigtes Königreich +20,9 %

Spanien +7,2 %

Schweiz

+13,5 %

Schweden

+25,0 %

Portugal

+1,7 %

Österreich

+4,5 %

Norwegen

+16,0 %

Niederlande -6,7 %

Luxemburg

+15,8 %

Italien Irland

+29,7 % +6,4 %

Griechenland Frankreich

+6,8 %

Finnland

+2,4 %

Deutschland

+5,6 %

Dänemark

+9,9 %

Belgien

+3,8 %

Pkw-Neuzulassungen 2015

2014

0

500.000

1.000.000

1.500.000

2.000.000

2.500.000

3.000.000

3.500.000

Quelle: ACEA, VDA

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Osteuropa

Russland

Die Pkw-Neuzulassungen in Osteuropa (neue EU-Länder mit Zypern) stiegen im vergangenen Jahr um 12 Prozent und erreichten zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder die 1-Mio.-Marke. Unter den großen osteuropäischen Märkten verzeichnete die Tschechische Republik mit einem Plus von 20 Prozent das stärkste Wachstum und mit 230.900 PkwNeuzulassungen einen neuen Rekordwert. Als größter Pkw-Einzelmarkt der neuen EU-Länder erreichte Polen mit 355.000 Einheiten (+8 Prozent) das höchste Niveau der vergangenen 15 Jahre. Auch der slowakische Markt erzielte mit 78.000 neu zugelassenen Pkw (+8 Prozent) einen neuen Rekordwert. Andere osteuropäische Märkte sind hingegen noch deutlich von der Weltwirtschaftskrise gezeichnet. So fehlen dem ungarischen Pkw-Markt, trotz 14 Prozent Wachstum auf 77.200 Pkw-Neuzulassungen, noch rund 95.000 Einheiten zum Niveau von 2007. Verglichen mit Westeuropa bleiben die neuen EU-Länder auf einem niedrigen Niveau. Damit spiegeln die Pkw-Märkte auch das weiterhin enorme gesamtwirtschaftliche Gefälle wider: Das Bruttoinlandsprodukt der westeuropäischen Länder überstieg jenes der neuen EU-Länder 2014 um mehr als das Zehnfache (ca. 11,8 Bio. Euro). Pro Kopf entspricht dies einem Unterschied von rund 31.000 Euro.

Die Fahrt des russischen Light-Vehicle-Marktes führte 2015 weiter steil bergab. Währungsabwertung, Ölpreisverfall, Inflationsdruck und der weiterhin schwelende Ukraine-Konflikt – Russlands Wirtschaft steckte tief in der Rezession. So ging der Neuwagenabsatz um 36 Prozent auf 1,6 Mio. Pkw und Light Trucks zurück. Im vierten Quartal brachen die Verkäufe sogar fast um die Hälfte ein. Das staatliche Hilfspaket für den russischen Automobilmarkt zeigte nicht einmal im Ansatz Wirkung. Wegen der stagnierenden Realeinkommen und des starken Kaufkraftverlusts ist der private Konsum als Stütze der Wirtschaft weggebrochen.

Pkw-Absatz in Russland Veränderung gegenüber Vorjahresquartal

1.000.000

+10,6 %

800.000

+13,1 %

+2,2 %

-10,7 % -7,7 % -2,3 % +0,2 %

+20 %

-2,7 % -2,2 %

600.000

-12,2 % -23,1 %

-36,3 % -36,5 %

400.000

-25,3 % -42,6 %

200.000

0 2012 Quartal 1

Quartal 2

2013 Quartal 3

Quartal 4

2014

2015 Quelle: AEB

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Deutscher Pkw-Markt Pkw-Markt Deutschland legt 2015 zu Das Jahr 2015 verlief für den Pkw-Markt Deutschland erfreulich. In elf von zwölf Monaten konnten Zuwächse – teils sogar mit zweistelligen Wachstumsraten – verzeichnet werden. Dabei setzte sich eine Entwicklung der jüngeren Vergangenheit weiter fort: Die Nachfrage von Privatkunden ging weiter zurück. Dieser Rückgang wurde vom starken Flottengeschäft mehr als ausgeglichen. Insgesamt wurden in Deutschland 3,2 Mio. Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Plus von nahezu 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Jahr fing bereits Erfolg versprechend an. Im ersten Quartal legte der Absatz um mehr als 6 Prozent zu. Nach sechs Monaten ging das Plus leicht auf 5 Prozent zurück. Ein starker Jahresendspurt – +9 Prozent im November, +8 Prozent im Dezember – verhalf dem deutschen Pkw-Markt zum höchsten Volumen seit dem Jahr 2009, in dem die Umweltprämie zu hohen Neuzulassungszahlen führte. Wie bereits in den vergangenen Jahren ist das Ergebnis in erster Linie auf die Nachfrage der gewerblichen Kunden zurückzuführen. Private Kunden haben rund 1,1 Mio. Neufahrzeuge gekauft. Damit stagnierte die private Nachfrage auf dem Vorjahresniveau. Der Anteil privater Käufer ist auf 34 Prozent gesunken. Die gewerblichen Neuzulassungen stiegen im Gesamtjahr dagegen um fast 9 Prozent. Ihr Anteil ist aktuell mit knapp 66 Prozent auf dem bislang höchsten Stand angekommen. Mehr als die Hälfte der gewerblichen Zulassungen entfällt auf die Firmenwagen. Damit wird deutlich, dass eine Verschiebung der Nachfrage stattfindet: Die zunehmende Verbreitung von Firmenwagen hat in den letzten Jahren zu einem korrespondieren Rückgang der privaten Nachfrage nach Neuwagen beigetragen.

Pkw-Neuzulassungen Jahresbasis

in Millionen

5

4

3

2

1

0 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Auf die stärkere Nachfrage der Flottenkunden ist auch der höhere Absatz von Fahrzeugen mit Dieselantrieb zurückzuführen. Er stieg 2015 mit +6 Prozent etwas stärker als die Nachfrage nach Fahrzeugen mit Benzinmotoren (+5 Prozent). Damit lag der Dieselanteil an allen Pkw-Neuzulassungen bei 48 Prozent (Vorjahr: 47,8 Prozent). Der Anteil von Benzinmotoren an den Neuzulassungen ging 2015 leicht auf 50,3 Prozent zurück (Vorjahr: 50,5 Prozent). Trotz der niedrigen Spritpreise stieg der Absatz von Elektroautos auch 2015 weiter stark an. Die Neuzulassungen von elektrisch angetriebenen Pkw stiegen gegenüber dem Vorjahr um 79 Prozent auf 23.500 Einheiten. Besondere Dynamik entwickelte der Absatz von Plug-in-Hybriden (PHEV). Die Nachfrage nach diesen Fahrzeugen legte um 142 Prozent auf 11.100 Einheiten zu. Der Anteil der Plug-in-Hybriden an den gesamten Elektrozulassungen stieg damit auf 47 Prozent (2014: 35 Prozent). Die Neuzulassungen von rein batterieelektrischen Pkw (BEV) legten um 45 Prozent auf 12.400 Einheiten zu. Trotz der starken Zuwächse bleibt der Anteil der Elektrofahrzeuge an allen Pkw-Neuzulassungen in Deutschland mit 0,7 Prozent sehr überschaubar. Von 2008 bis 2015 wurden nunmehr über 50.000 Elektro-Pkw in Deutschland zugelassen. Mehr als 63 Prozent davon werden rein elektrisch angetrieben.

Kumulierte Neuzulassungen von Januar 2009 bis Januar 2016

in 1.000 60

50

40

30

20

10

0 2009

2010

Kumulierte Pkw-Neuzulassungen BEV

2011

2012

Kumulierte Pkw-Neuzulassungen PHEV

2013

2014

2015

2016

Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Produktion und Export Inlandsproduktion Die deutschen Automobilhersteller steigerten ihre globale Pkw-Fertigung im vergangenen Jahr um gut 1 Prozent auf den neuen Rekord von 15,1 Mio. Einheiten. Die Ausweitung ging vor allem auf das Konto der Inlandsfertigung, die um 2 Prozent auf 5,7 Mio. Einheiten zulegte. Erstmals seit zehn Jahren ist sie damit stärker gewachsen als die Auslandsproduktion. Das wichtigste Segment innerhalb der Pkw-Produktion war auch 2015 die Kompaktklasse, deren Produktion um 5 Prozent auf 1,7 Mio. Einheiten überdurchschnittlich stark stieg. An dritter Stelle hinter der Mittelklasse lagen mit einem Zuwachs von 15 Prozent auf 957.000 Einheiten die Geländewagen.

Auslandsfertigung Der Weltmarktanteil der deutschen Pkw-Hersteller mit ihren Konzernmarken lag 2015 bei knapp einem Fünftel. Von weltweit über 15 Mio. Pkw wurden 9,4 Mio. Einheiten in den Auslandswerken der deutschen Hersteller gefertigt. Damit lag der Anteil der Auslandsfertigung bei 62 Prozent. Der wichtigste Auslandsstandort war mit großem Abstand China. Nach einem kräftigen Jahresendspurt konnte die dortige Produktion mit 4 Mio. Pkw auf dem Vorjahreslevel gehalten werden. Einen Schub bekam die Auslandsproduktion der deutschen Hersteller aber vor allem in der Europäischen Union mit einem Plus um 4 Prozent auf 3,3 Mio. Einheiten. Damit ist die Auslandsproduktion in den EU-Ländern in den vergangenen sechs Jahren um 54 Prozent gestiegen. Ebenfalls positiv entwickelte sich die Produktion in Nordamerika inklusive Mexiko (NAFTARaum), sie stieg um 7 Prozent auf 1,3 Mio. Stück. Der Löwenanteil hiervon entfiel mit 812.000 Einheiten (+14 Prozent) auf die USA. Einen deutlichen Produktionsrückgang um 29 Prozent auf 372.000 Einheiten verzeichnete der Mercosur-Raum. Im Jahr 2010 hatte die Fertigung noch 849.000 Einheiten betragen. Ein weiterer Treiber war Südafrika mit einem Plus von 27 Prozent auf 294.000 Pkw.

Pkw-Produktion in Deutschland steigt stärker als Auslandsfertigung

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24

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Pkw-Produktion deutscher Hersteller im Ausland nach Herstellern und Produktionsländern 2015

Frankreich

93.357

Belgien

116.250

Niederlande

57.019

Italien

3.707 205.054

Vereinigtes Königreich

10.558 102.158

Portugal

59.554 Spanien

137.178 641.265 79.619

Finnland

83.783

Österreich

17.062 169.330

Polen

114.978 673.435

Tschechische Republik

82.422

Slowakei

233.921 183.046 160.206

Ungarn Slowenien

41.504 1.934

Russland

134.292 102.225 71.353 120.002

Südafrika

303.525 421.256

USA

87.156 139

Mexiko

457.517 1.423

Brasilien

347.316 841

Argentinien

22.021 130.504

Indien

260.665 287.755

China

490.260 2.929.678 *

Fahrzeuge Volkswagen

0 Audi

100.000 BMW

200.000 Daimler

300.000 Opel

400.000

500.000

600.000

700.000

800.000

* verkürzte Darstellung Quelle: VDA

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Exporte Der internationale Erfolg der deutschen Automobilindustrie ließ sich auch im vergangenen Jahr an einer erneut gestiegenen Exportquote ablesen, die mit gut 77 Prozent einen neuen Rekordwert erreichte. Mehr als drei von vier in Deutschland gefertigte Pkw gehen damit in den Export. Dieses Ergebnis unterstreicht die anhaltend hohe weltweite Attraktivität der in Deutschland gefertigten Fahrzeuge. Die Aufwärtstendenz der letzten Jahre setzte sich auch 2015 fort, der Export legte um über 2 Prozent auf 4,4 Mio. Pkw zu. Europa blieb mit 2,8 Mio. Pkw der wichtigste Absatzkontinent für Pkw aus Deutschland. Hier fiel auch der Zuwachs mit 5 Prozent überdurchschnittlich aus. Die Länder der Eurozone, die eine wirtschaftliche Erholung erleben, fragten 1,3 Mio. Pkw nach (+9 Prozent). Insbesondere die Ausfuhren in die Peripherieländer wie Italien (+14 Prozent), Spanien (+12 Prozent) und Portugal (+19 Prozent) zogen deutlich an. Das weiterhin wichtigste Zielland für Exporte aus Deutschland liegt jedoch außerhalb des Euroraums: Nach dem Vereinigten Königreich gingen 809.900 Pkw. Zweitgrößtes Abnehmerland waren die USA mit 618.800 Pkw (+1 Prozent). Nach Asien wurden 701.300 Einheiten verschifft, das entsprach einer Zunahme um 5 Prozent. Während die Exporte nach China um ein Viertel auf 204.500 Stück zurückgingen, stiegen die Ausfuhren nach Südkorea um 30 Prozent auf 154.300 Fahrzeuge. Der Export nach Japan konnte nicht auf dem Vorjahresniveau gehalten werden und ging um 12 Prozent auf 124.700 Stück zurück. Allerdings gab der japanische Pkw-Markt 2015 auch in der Breite nach. Einen deutlichen Sprung erfuhren die Exporte nach Australien und Ozeanien, die um 16 Prozent auf 90.700 Einheiten kletterten.

Exporte von Personenkraftwagen 2015 nach Bestimmungsländern

Amerika Asien Osteuropa

2015 Pkw-Exporte

Restliche Welt Vereinigtes Königreich Italien Frankreich Benelux Spanien Sonstiges Westeuropa

Quelle: VDA

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Märkte der Zulieferindustrie

Die deutschen Zulieferer können auf ein erfolgreiches Jahr 2015 zurückblicken. Die Unternehmen haben ihren Umsatz im dritten Jahr in Folge gesteigert. Mit 75,8 Mrd. Euro übertrafen ihre Erlöse das Vorjahresniveau um gut 3 Prozent. Mit inländischen Kunden setzten die Hersteller von Teilen und Zubehör für Kraftwagen 46,9 Mrd. Euro um (+2 Prozent). Der Auslandsumsatz legte um gut 5 Prozent auf 28,9 Mrd. Euro zu. Damit stiegen die Exporterlöse in drei aufeinanderfolgenden Jahren stärker als der Inlandsumsatz. Die Exportquote lag im abgelaufenen Jahr bei 38 Prozent (2010: 34 Prozent).

Die deutschen Zulieferer steigern ihren Umsatz im dritten Jahr in Folge

Die deutschen Zulieferer beschäftigten im vergangenen Jahr 300.900 Mitarbeiter in ihren Stammbelegschaften. Gegenüber dem Jahr 2014 entspricht dies einem Zuwachs von 2 Prozent bzw. 5.500 Beschäftigten.

Umsatzentwicklung in der deutschen Zuliefererindustrie in Millionen Euro

80.000

70.000

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000

10.000

0 2000 Inlandsumsatz

2001

2002

2003

Auslandsumsatz

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Quelle: Statistisches Bundesamt

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Märkte für Nutzfahrzeuge und Busse Schwere Nutzfahrzeuge Die großen Märkte für schwere Nutzfahrzeuge haben sich 2015 völlig uneinheitlich entwickelt. In den USA legte der Absatz von mittleren und schweren Nutzfahrzeugen (MHCV) noch stärker als der Light-Vehicle-Markt zu. Mit 449.500 neu zugelassenen Lkw über 6 Tonnen ging der Markt um knapp 11 Prozent nach oben. In China steckt der Absatz von schweren Nutzfahrzeugen weiter tief in den roten Zahlen. Mit einem Minus von 24 Prozent sackte die Nachfrage auf gut 751.000 Einheiten ab. Das indische Lastwagengeschäft hat 2015 einen Gang hochgeschaltet: Der Markt für schwere Nutzfahrzeuge über 7,5 Tonnen wuchs um

satte 30 Prozent. Hier trug nicht zuletzt der von der Regierung Modi wieder angeschobene Ausbau der Infrastruktur erste Früchte. Das Absatzvolumen betrug 280.400 schwere Lkw. Nach dem verzerrenden Effekt der Einführung von Euro VI in den Jahren 2013 und 2014 ist der westeuropäische Markt für schwere Nutzfahrzeuge über 6 Tonnen im Jahr 2015 in normales Fahrwasser zurückgekehrt. Die Neuzulassungen sprangen um 14 Prozent auf gut 259.000 Einheiten und erreichten damit den höchsten Wert seit dem Jahr 2008.

Lkw-Neuzulassungen in Westeuropa über 6 Tonnen

in 1.000

100

80

60

40

20

0 2008 Deutschland

2009 Frankreich

2010 Vereinigtes Königreich

2011 Italien

2012 Spanien

2013

2014

2015 Quelle: VDA

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Der deutsche Markt für schwere Nutzfahrzeuge wächst 2015 auf 83.400 Einheiten

Nachdem sich der Absatz schwerer Nutzfahrzeuge über 6 Tonnen in Deutschland 2014 stabil entwickelt hatte, legten die Neuzulassungen 2015 vergleichsweise deutlich zu. Mit 83.400 neu zugelassenen schweren Lkw wurde das Vorjahresniveau um 5 Prozent übertroffen. Dabei wurde die Nachfrage im Jahresverlauf immer stärker. Gegen Ende des ersten Halbjahres lagen die Neuzulassungen noch knapp 1 Prozent im Minus. Dies lag vor allem daran, dass 2013 produzierte Euro-V-Lkw auch noch 2014 zugelassen werden durften und der Vorkaufeffekt noch weit in das Jahr 2014 hinein trug. Dieser schwächte sich dann im zweiten Halbjahr 2014 deutlich ab. Dadurch kam im zweiten Halbjahr 2015 ein Basiseffekt mit starken Zuwächsen zum Tragen – +6 Prozent im dritten und +16 Prozent vierten Quartal.

Transporter Der Transportermarkt Westeuropa legte 2015 zweistellig prozentual zu: Die Neuzulassungen von Nutzfahrzeugen bis 6 Tonnen stiegen um 11 Prozent auf 1,7 Mio. Einheiten. Vor allem in Südeuropa setzte sich die Bestandserneuerung fort. In Spanien stiegen die Neuzulassungen um 36 Prozent auf 155.300 Fahrzeuge besonders stark und wurden zusätzlich durch das Förderprogramm PIMA Aire befeuert. In Frankreich, dem größten Transportmarkt Westeuropas, wuchs der Absatz um 2 Prozent auf 380.300 Einheiten. Mit 15 Prozent verbuchte das Vereinigte Königreich ein starkes Wachstum und erreichte mit 375.400 neu zugelassenen Transportern ein neues Rekordniveau. In Deutschland legte der Absatz von leichten Nutzfahrzeugen 2015 um 4 Prozent auf 244.200 Einheiten zu und erreichte damit einen neuen Absatzrekord. Befeuert wurde der Markt insbesondere vom starken Wachstum des Onlinehandels. Dieser hatte im vergangenen Jahr bereits einen Anteil von rund 10 Prozent am gesamten deutschen Einzelhandel. Damit steigt die Nachfrage nach KEP-Dienstleistungen und somit auch der Transporterbedarf.

Busse Der westeuropäische Markt für Busse über 3,5 Tonnen hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich an Fahrt gewonnen und konnte zweistellig zulegen (+14 Prozent). In Deutschland wurden 6.137 Busse (+9 Prozent) neu zugelassen. Über 80 Prozent der Zulassungen (5.139 Einheiten) entfielen dabei auf Busse über 8 Tonnen. Dies entspricht einem Anstieg von über 8 Prozent. Dabei hat vor allem die Liberalisierung des Fernbusmarktes der Nachfrage in Deutschland einen Schub versetzt. Das Wachstum der noch jungen Branche hält an, das Liniennetz wird weiter ausgebaut. In Deutschland befördern Busse jährlich mehr als 5 Mrd. Fahrgäste und bewältigen damit gut die Hälfte des Verkehrsaufkommens des ÖPNV. Steigende Qualitätsanforderungen an den ÖPNV sowie höhere Emissions- und Umweltstandards erfordern eine kontinuierliche Erneuerung des Fuhrparks. Dies zeigte sich im vergangenen Jahr auch in den Neuzulassungen der westeuropäischen Länder. Die Märkte für Busse über 3,5 Tonnen im Vereinigten Königreich, Italien, Spanien und Frankreich legten jeweils zweistellig zu.

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Märkte für Anhänger und Aufbauten

Auch die deutschen Hersteller von Anhängern und Aufbauten konnten im abgelaufenen Jahr von der wirtschaftlichen Erholung in der EU und dem starken Wachstum auf den Nutzfahrzeugmärkten profitieren. Gestiegene Auftragseingänge wirkten sich insbesondere im zweiten Halbjahr 2015 auf die Produktion aus. Einbußen in Russland konnten durch die Nachfrage aus der EU kompensiert werden. Im Inland steigerten die Unternehmen der Herstellergruppe II ihren Absatz um gut 3 Prozent. Auf dem deutschen Anhängermarkt wurden 2015 insgesamt 280.000 neue Anhänger zugelassen. Mit 4 Prozent auf 31.600 Einheiten legten die Neuzulassungen von Sattelanhängern etwas stärker zu. Gemessen am Umsatz können die deutschen Trailerhersteller ebenfalls auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Erstmals seit dem Jahr 2008 übertrafen die Erlöse wieder die Marke von 10 Mrd. Euro. Gegenüber 2014 schlägt ein Wachstum von gut

6 Prozent auf 10,4 Mrd. Euro zu Buche. Damit erzielten die Betriebe einen neuen Rekordwert. Der Inlandsumsatz legte um 3 Prozent auf 5,2 Mrd. Euro zu, während die Exporterlöse um 10 Prozent auf knapp 5,3 Mrd. Euro stiegen und den Inlandsumsatz übertrafen. Dies spiegelt die zunehmende Internationalisierung und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der oftmals auf Nischen spezialisierten deutschen Hersteller von Anhängern und Aufbauten wider. Mit +20 Prozent auf rund 2,9 Mrd. Euro legte der Umsatz in der Eurozone besonders stark zu. Die Erlöse mit dem sonstigen Ausland erreichten mit 2,4 Mrd. Euro knapp das Vorjahresniveau. Die erfreuliche Geschäftsentwicklung bei den Herstellern von Anhängern und Aufbauten wirkte sich auch positiv auf die Stammbelegschaften ihrer Betriebe am Standort Deutschland aus. Im Jahresdurchschnitt 2015 gehörten ihnen 32.800 Beschäftigte an. Damit legte die Beschäftigung gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent bzw. 500 Beschäftigte zu.

Neuzulassungen von Anhängern in Deutschland in 1.000

500

50

400

40

300

30

200

20

100

10

0 2005

2006

Sattelanhänger (RS)

2007

2008

Anhänger insgesamt (LS)

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Zulieferer und Mittelstand

Die deutsche Automobilzuliefererindustrie steht mit ihren 300.000 Beschäftigten wie kaum eine andere Branche für Innovationsgeist, globale Präsenz und Leistungsfähigkeit. Dabei ist die Branche alles andere als homogen. Hier treffen Familienunternehmen auf Weltkonzerne, Chiphersteller auf Stahlverarbeiter, Unternehmen mit Dutzenden globaler Standorte auf kleine Spezialisten, die mit 100 Mitarbeitern an der Zukunft der Mobilität tüfteln. Genauso individuell, wie diese Unternehmen sind, müssen die Antworten auf die Zukunftsfragen für jedes einzelne Unternehmen ausfallen. Und dennoch gibt es einige Gemeinsamkeiten. Das betrifft vor allem den Standort Deutschland: Er ist und bleibt Heimat der Zulieferunternehmen und auch Produktionsund Entwicklungsschwerpunkt. Dennoch ist die Antwort auf die Standortfrage kein Automatismus mehr. Bereits heute wird die Mehrzahl der Teile, die von Fahrzeugherstellern in den deutschen Werken verbaut werden, aus dem Ausland eingeführt. Eine kluge Wirtschaftspolitik muss daher berücksichtigen, dass gerade der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Automobilindustrie bildet. Andererseits ist auch die Internationalisierung für Hersteller und Zulieferer unverzichtbar. Das hat aktuell eine Studie des Center for Automotive Management und von Prof. Dr. Stefan Bratzel gezeigt: Die deutschen Hersteller treffen gerade an ihren Auslandsstandorten immer mehr auf internationale Zulieferer. Eine Kooperation zwischen deutschen Herstellern und deutschen Zulieferern ist daher weniger denn je selbstverständlich. Andererseits können global aufgestellte Zulieferer mit neuen Kunden aus Asien und Amerika ins Geschäft kommen. Die aktuelle VDA-Standortumfrage zeigt: Mit über 3.000 Standorten weltweit ist die Zulieferindustrie so stark internationalisiert wie die Automobilhersteller. Gegenüber der letzten Umfrage aus dem Jahr 2010 ist dies ein erheblicher Zuwachs um rund 700 Standorte. Die VDA-Mitgliedsunternehmen produzieren in fast 80 Ländern. Allerdings wird dieses Bild von den 100 größten Unternehmen dominiert. Das ist – gemessen an der gesamten Anzahl der Zulieferer, die sich im VDA engagieren – die Spitze des Eisberges. Um den wirtschaftlichen Erfolg und den Standort Deutschland zu sichern, ist es deswegen unerlässlich, dass auch mittlere und kleine Unternehmen in neue Märkte expandieren.

VDA fördert Globalisierung Lokale Produktionsstandorte sind in Schwellenländern oftmals die wichtigste Voraussetzung, um Fuß fassen zu können. Vorreiter sind häufig die Hersteller, in deren Gefolge auch die Zulieferer am Absatzwachstum partizipieren. Für Tier-1-Zulieferer gehört ein intaktes internationales Produktionsnetzwerk längst zum festen Bestandteil der Geschäftsstrategie. Dagegen zögern kleine und mittlere Zulieferer, in fremden Märkten zu investieren und neue Produktionsstandorte zu errichten. Das Risiko einer Fehlinvestition wiegt für sie deutlich schwerer. Um den kleinen und mittleren Unternehmen den Sprung in Entwicklungs- und Schwellenmärkte dennoch zu ermöglichen, hat der VDA Anforderungen und Lösungsvorschläge langfristiger Finanzierungen diskutiert. Letztlich konnten in Zusammenarbeit mit der DEG und der IKB zwei Finanzierungsmodelle erarbeitet werden. Für den Schritt in neue Märkte ist neben der Finanzierung auch eine verlässliche Informationsbasis vonnöten. Neben herkömmlichen Marktdaten sind Erfahrungen anderer Unternehmen besonders wertvoll. Der VDA hat in den Schlüsselmärkten China und Mexiko „Round Tables“ etabliert. Lokale CEOs deutscher Zulieferer und Vertreter der Hersteller tauschen hier Informationen und Erfahrungen aus und diskutieren Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Wegen der enormen Bedeutung Chinas als Absatz- und Produktionsstandort hat der VDA außerdem ein Büro in Peking für seine Mitglieder eingerichtet. Das Team arbeitet zunächst an einem abgesteckten Themenkreis rund um Normung und Standardisierung, Logistik und Aftermarket. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erschließung des russischen Marktes. Sie wird durch die tiefe Rezession, in der Russland steckt, deutlich erschwert. Unabhängig davon versucht die russische Regierung seit einigen Jahren, mit protektionistischen Maßnahmen den Aufbau lokaler Produktionsstrukturen zu erreichen. Daher startete der VDA bereits 2013 ein Zulieferercluster für Russland, in dem derzeit 18 Unternehmen mitarbeiten. Die Unternehmen arbeiten gemeinsam daran, in Russland ein stabiles Liefernetzwerk zu etablieren. Die Initiative ist weiter für neue Teilnehmer offen.

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Innovationskooperationen Innovationen sind für die Automobilzulieferer der wichtigste Schlüssel, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Der VDA hat in Zusammenarbeit mit dem Center of Automotive Management (CAM) von Prof. Dr. Stefan Bratzel erstmals die Innovationsstärke der Automobilindustrie und die Innovationsbeziehungen zwischen Zulieferern und Herstellern untersucht. Analysiert wurde die Innovationskraft von Automobilherstellern im internationalen Vergleich auf Basis empirischer Innovationsdaten. Ausgangspunkt sind mehr als 7.000 Innovationen zwischen 2005 und 2014, die nach quantitativen und qualitativen Kriterien bewertet werden.

Zulieferern entstanden, wurden vor allem Kooperationsbeziehungen zwischen globalen OEM und globalen Automobilzulieferern näher analysiert. Im Ergebnis zeigt sich, dass Innovationen der Hersteller aus Deutschland, den USA und Japan zwar mehrheitlich mit Lieferanten aus dem eigenen Land entwickelt werden. In den letzten Untersuchungsjahren von 2011 bis 2014 wurde das Kooperationsmuster sowohl von OEM als auch von Zulieferern jedoch zunehmend internationaler: Hersteller arbeiten bei Innovationen signifikant weniger mit einheimischen Lieferanten zusammen. So haben deutsche Hersteller von 2007 bis 2010 noch zu mehr als zwei Dritteln ihre Innovationen mit deutschen Zulieferern realisiert. In den letzten Jahren ist der Anteil auf 47 Prozent zurückgegangen. Umgekehrt haben deutsche Zulieferer von 2007 bis 2010 noch über 80 Prozent Innovationen mit deutschen Herstellern realisiert. In den letzten Jahren ist der Anteil auf 57 Prozent zurückgegangen. Deutsche Zulieferer arbeiten insbesondere auch mehr mit US-amerikanischen Herstellern zusammen.

Die Studie belegt, dass die Innovationskraft der deutschen Hersteller in den vergangenen zehn Jahren über alle Technologiefelder im Vergleich mit den Wettbewerbern überdurchschnittlich gestiegen ist. Das zeigte die Analyse von 7.032 fahrzeugtechnischen Innovationen von 18 globalen Automobilherstellerkonzernen. Da diese Innovationen in Zusammenarbeit mit

Trends von Innovationskooperationen von deutschen Zulieferern mit OEM im Zeitverlauf

7

13

6 5 Zusammenarbeit

2007–2010 Anteil in %

12

Deutschland

Zusammenarbeit

Nordamerika

2011–2014

3

Anteil in %

Japan 57

Europa ohne Deutschland Restliche Welt

15 81

Quelle: Materialien zur Automobilindustrie Nr. 50, Innovationskraft der deutschen Automobilhersteller und Zulieferer

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Entwicklungsdienstleister

Automobilindustrie und Start-ups

Die Entwicklungsdienstleister (EDL) erbringen für die Hersteller Entwicklungsarbeiten und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Innovationssteigerung und Effizienzverbesserung der gesamten Wertschöpfungskette. Sie sind in der Regel auf die Entwicklung von Bauteilen, Modulen und Systemen eines Fahrzeugs fokussiert und betreuen den gesamten Entwicklungszyklus von der Vorentwicklung bis zum Start der Serienproduktion. Der VDA bietet diesen Unternehmen mit dem EDL-Interessenkreis ein Forum, um Chancen, Herausforderungen und Probleme in der Zusammenarbeit zu diskutieren. Über 20 namhafte Entwicklungsdienstleister nehmen daran teil.

Die Digitalisierung in all ihren Facetten hat erheblichen Einfluss auf die Automobilindustrie auf der Kundenseite durch neue Mobilitätsdienste, durch das vernetzte und automatisierte Fahren oder in der Produktion. Die Automobilindustrie stellt sich auf neue Akteure in der automobilen Lieferkette ein. Dazu gehören vor allem junge, kreative Software- und Digital-Start-ups. Mit diesen Unternehmen will die Automobilindustrie intensiv kooperieren, um ihre Innovationen für Mobilitätstechnologie „made in Germany“ zu nutzen. Der VDA hat die Zusammenarbeit der Automobilindustrie mit der nationalen und internationalen Start-up-Szene daher in den vergangenen zwei Jahren gezielt forciert. Mit verschiedenen Projekten und Initiativen schafft der Verband eine neue Plattform, um den Austausch zwischen Unternehmen der Automobilindustrie und Start-ups deutlich zu intensivieren.

Die EDL-Branche befindet sich derzeit im Umbruch. Die Regulierung von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung sowie steigendende Haftungsrisiken gegenüber den Herstellern erzeugen Handlungsbedarf. Noch vor der Gesetzesänderung haben Hersteller und Entwicklungsdienstleister ihre Prozesse angepasst oder neu ausgerichtet. Eine vertiefende Analyse der Herausforderungen hat der VDA in einer gemeinsamen Studie mit der Unternehmensberatung Berylls vorgenommen. Die Studie mit dem Titel „Automotive Entwicklungsdienstleistung – Zukunftsstandort Deutschland“ ist kostenlos auf der VDA-Webseite abrufbar.

Länderdialog Die deutsche Automobilzulieferindustrie ist stark regional verankert. In den Bundesländern haben sich daher regionale Clusterinitiativen gebildet, die die kleinen und mittelständischen Zulieferer auf vielfältige Weise unterstützen. Der VDA steht in engem Kontakt mit den Zuliefererclustern der Bundesländer und kooperiert mit ihnen bei gemeinsamen Veranstaltungen oder im Rahmen der IAA. Im VDA-Länderdialog kommen die automobilen Clusterinitiativen der Bundesländer einmal jährlich mit den Landeswirtschaftsministerien zum Informationsaustausch zusammen. Einen weiteren Service bietet der VDA durch die Zuliefererdatenbank auto-world.org, in die neben VDA-Mitgliedsunternehmen auch Unternehmen verschiedener Clusterinitiativen integriert sind. Der Schwerpunkt liegt hier auf der regionalen Suche. Die Zuliefererdatenbank ist eine Ergänzung des VDA-Herstellernachweises.

VDA-Mitgliedsunternehmen und Start-ups sollen regelmäßig Gelegenheit haben, in Kontakt zu kommen. Dazu wurde bereits eine Digital Learning Journey ins Leben gerufen, bei der automobile Mittelständler zahlreiche Mobilitäts-Start-ups kennenlernen konnten. Bei der New Mobility World auf der IAA wurde darüber hinaus eine eigene „Start-up-Zone“ geschaffen. Der VDA arbeitet außerdem intensiv mit dem Bundesverband Deutsche Start-ups zusammen, mit dem ein gemeinsames Positionspapier zur Verkehrs- und Innovationspolitik verabschiedet wurde. Damit Unternehmen und Startups noch intensiver in Berührung kommen, wurde darüber hinaus eine Kooperation mit dem German Tech Entrepreneurship Center (GTEC) geschlossen.

Mittelständische Nutzfahrzeugindustrie Auch die Nutzfahrzeugbranche ist – von wenigen großen Herstellern abgesehen – mittelständisch geprägt und stellt insgesamt eine bedeutsame Größe für die deutsche Wirtschaft dar. Die gesamte Nutzfahrzeugindustrie zählt rund 190.000 Beschäftigte. Der demografische Wandel, die wachsende Internationalisierung und die zunehmende Digitalisierung stellen die deutschen Mittelständler in der Nutzfahrzeugbranche heute vor neue Herausforderungen. Die meist seit mehreren Generationen geführten Familienunternehmen stehen den heutigen Ansprüchen an die Weiterentwicklung ihrer Produkte hinsichtlich ökologischer und technischer Ansprüche in nichts nach. In keinem anderen Land findet sich in der Anhänger- und Aufbautenindustrie ein solch hoher Grad an Technologie- und Qualitätsdenken sowie innovativen Ideen, die rasch in die Fertigung und innovative Produkte einfließen.

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Aftermarket

Aftermarket gewinnt weiter an Bedeutung Der automobile Aftermarket ist ein weites und bedeutendes Geschäftsfeld: Er umfasst die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen ebenso wie den Verkauf von Ersatzteilen und Serviceleistungen. Die Bewältigung von Entwicklungen wie zum Beispiel Globalisierung, zunehmender Komplexität von Technik, Teilevielfalt oder logistischen Anforderungen bleibt auch in Zukunft eine Herausforderung. Fortschreitende Vernetzung bedeutet eine neue Dimension an Komplexität, bietet aber auch gleichzeitig neue Chancen – die Bedeutung des Automotive Aftermarket wird also weiter steigen.

Produkt- und Markenschutz VDA entwickelt Sicherungsmerkmal, um Produkte fälschungssicher zu machen

Produktpiraterie stellt für die Automobilbranche ein erhebliches Problem dar. Weltweit kommt es immer wieder zu unberechtigten Kopien und Markenverletzungen, die letztendlich auch die Sicherheit der Verbraucher gefährden können. Der Fachbereich Aftermarket des VDA bietet Experten der Fahrzeughersteller und Zulieferer schon seit Langem eine Plattform für den Erfahrungsaustausch. Darin einbezogen sind auch Behörden wie die Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz des deutschen Zolls. Um die Zusammenarbeit mit den Zollbehörden weltweit für alle Beteiligten zu erleichtern und zu optimieren, wurde eine VDA-Empfehlung zum Fälschungsschutz erarbeitet. Der Fachbereich Aftermarket einigte sich auf Bestandteile eines eindeutigen Codes als Sicherungsmerkmal. Hauptaufgabe dieses Sicherungsmerkmals ist die Verifizierungsmöglichkeit von Produktkennzeichnungen. Die Implementierung eines solchen Sicherungsmerkmals ist für die Unternehmen eine wichtige strategische Entscheidung. Sie bietet einen großen Nutzen, erfordert aber auch die Umstellung von Prozessen. Die Einführung kann also nur langfristig erfolgen. Im Zielzustand soll der Schulungsaufwand für den Zoll verringert werden, Kommunikation zwischen Behörde und Markeninhaber kann automatisiert und somit schneller erfolgen – damit wird die Arbeit effizienter und ermöglicht höhere Erfolgsquoten.

Gewerblicher Rechtsschutz Chinesische Behörden beschlagnahmen Tausende gefälschter Kfz-Teile

Der VDA hat sich in China in den beiden vergangenen Jahren intensiv dafür eingesetzt, dass dem gewerblichen Rechtsschutz, vor allem dem Markenschutz, mehr Geltung verschafft wird. Daraufhin nahmen die südwestchinesischen Provinzbehörden von Chongqing und Sichuan mithilfe einiger VDA-Mitgliedsunternehmen den dortigen Kfz-Teilehandel ins Visier. Bei verschiedenen Aktionen konfiszierten die Behörden Tausende gefälschter Produkte. In der chinesischen Öffentlichkeit wurde damit ein klares Zeichen gesetzt, dass die deutsche Automobilindustrie auch im Ausland ihre gewerblichen Rechte nicht preisgibt. Auch mit Alibaba.com, der größten chinesischen Onlinehandelsplattform, wurden zahlreiche Gespräche zum gewerblichen Rechtsschutz und zu Rechten von Markeninhabern geführt. Mehr als 100 Angestellte aus dem Bereich Intellectual Property Rights erhielten Trainings, um gefälschte KfzProdukte besser erkennen zu können.

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Remanufacturing

Elektronische Bauteile für Oldtimer

Remanufacturing ist die industrielle Wiederaufbereitung von nicht mehr funktionsfähigen Autoteilen, sogenannten Altteilen. Remanufacturing verlängert den Produktlebenszyklus und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Ressourcenschonung. Damit ein Produkt aufbereitet werden kann, müssen bereits in der Entwicklung grundlegende technische Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu wurde im VDA eine Empfehlung erarbeitet, die insbesondere Entwicklern und Konstrukteuren die notwendigen Informationen, Anleitungen und Entscheidungshilfen an die Hand gibt. So wird eine an Remanufacturing orientierte Produktentwicklung erst möglich.

Etwa 15 Jahre nach dem Ende der Serienproduktion eines Pkw kann es bereits schwierig werden, elektronische Bauteile zu beschaffen, weil die Lieferanten ihre Produktion bereits eingestellt haben. Noch schwieriger wird dies zukünftig bei historischen Fahrzeugen, die 30 Jahre oder älter sind. Der VDA erarbeitet daher eine Empfehlung, wie Hersteller und Zulieferer dafür sorgen können, dass auch künftig Servicelösungen verfügbar sind, selbst nach dem Ende der Nachlieferverpflichtung der Zulieferer. Eine Voraussetzung, die erfüllt sein muss, ist die langfristige Bewahrung von Wissen über Software und Elektronik.

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Historische Fahrzeuge

Oldtimer und ihre Besitzer sind Markenbotschafter

Die Unternehmen der Automobilindustrie bemühen sich seit vielen Jahren darum, ihre Markengeschichte lebendig zu halten. Eine ausgeprägte Traditionsarbeit ist in vielen Mitgliedsunternehmen des VDA inzwischen nicht mehr wegzudenken. Gerade die deutschen Automobilhersteller pflegen ihre Historie, um die eigene Marke auch in der Gegenwart zu stärken. Oldtimer und ihre Besitzer sind daher auch Markenbotschafter. Für die Interessen dieser ständig größer werdenden Bewegung von Oldtimerfreunden und Oldtimerfahrern ist der VDA seit mehreren Jahren aktiv. Dabei geht es vor allem darum, Rahmenbedingungen zu erhalten oder zu schaffen, damit historische Fahrzeuge auch künftig problemlos auf öffentlichen Straßen fahren können. Denn Oldtimer sind von neuen Umweltgesetzen oder Sicherheitsvorschriften besonders betroffen: Sie können oftmals nicht umgerüstet oder nachgerüstet werden, um neue Anforderungen einzuhalten. Oldtimer sollen sich auch nicht an moderne Standards anpassen müssen, sondern ihren ursprünglichen Zustand behalten können. Im Zuge der aktuellen Gesetzgebung ist es deswegen immer häufiger notwendig, Ausnahmeregelungen für ältere Fahrzeuge zu erwirken. Oldtimer sind nach der gesetzlichen Definition Fahrzeuge, die ein Mindestalter von 30 Jahren aufweisen und sich in einem originalen und technisch guten Zustand befinden. Sie können anhand des H-Kennzeichens identifiziert werden, mit dem das Fahren in Umweltzonen möglich ist.

2016 Oldtimerbestand wächst weiter an: 388.000 Fahrzeuge mit H-Kennzeichen

Deutscher Oldtimer Index Oldtimer gewinnen moderat an Wert, taugen aber nicht für Spekulation

Deutscher Oldtimer Index Indexentwicklung seit 1999

2.500

2.000

1.500

1.000 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: classic-analytics

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

Auf europäischer Ebene arbeitet der VDA in der Historic Vehicle Group des Europäischen Parlaments mit. Derzeit wird in Brüssel eine Empfehlung der Kommission zur Regelung der Umweltzonen erarbeitet. Ziel ist die einheitliche Gestaltung von Verboten und Ausnahmen, damit ein innereuropäischer Reiseverkehr ohne genaue Kenntnisse der jeweiligen lokalen Regelungen möglich ist. In dieser Empfehlung sollte die deutsche Ausnahmeregelung für Oldtimer in Umweltzonen auf die europäische Ebene übertragen werden. Außerdem steht in Brüssel eine Verordnung zur Vereinfachung der Verbringung von Kraftfahrzeugen innerhalb des Binnenmarktes zur Debatte. Derzeit hat jeder Mitgliedsstaat eigene Regelungen, ob und wie Kraftfahrzeuge wieder zugelassen werden können. Fahrzeuge in einem anderen Mitgliedsstaat erneut zuzulassen, kann daher sehr bürokratisch und kompliziert sein. Für Oldtimer sind hier zusätzliche Ausnahmen notwendig, denn die Dokumentationen, die für die Einfuhr von Fahrzeugen verlangt werden, sind bei Oldtimern oftmals nicht mehr vorhanden bzw. verloren gegangen.

Oldtimer sollen immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe werden

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In Deutschland arbeiten im Parlamentskreis Automobiles Kulturgut des Deutschen Bundestages Abgeordnete, Oldtimerexperten sowie Vertreter der Oldtimerbewegung zusammen. Aus diesem Gremium ging 2015 die Initiative Automobiles Kulturgut (IAK) hervor. Die Initiative will das automobile Kulturgut, also die Gesamtheit aller Oldtimer, zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO erklären lassen. Dazu soll ein Antragsverfahren bei der deutschen UNESCO-Kommission eingeleitet werden. Das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes wurde 2003 geschlossen. Mit der Auszeichnung als immaterielles Kulturerbe sollen Kulturpraktiken der Menschheit, wie etwa Theater, Bräuche oder Handwerkskünste, gewürdigt werden. Das Automobil steht derzeit vor einem technologischen Wandel, durch den es völlig neu definiert werden wird. Die Anerkennung als Kulturerbe soll dafür sorgen, dass der Beitrag, den das Automobil seit dem 19. Jahrhundert für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft geleistet hat, weiterhin gewürdigt wird. Der VDA unterstützt die Initiative Automobiles Kulturgut daher intensiv.

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Die Automobilindustrie und ihre Märkte

In Deutschland hatte die Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung 2015 erhebliche Auswirkungen auf Oldtimerbesitzer. Vor allem die Regelungen zur Erteilung von Kurzzeitkennzeichen wurden überarbeitet und verschärft. Seither ist die Erteilung von Kurzzeitkennzeichen maßgeblich eingeschränkt, die Kennzeichen können insbesondere nur noch für Fahrzeuge mit gültiger HU genutzt werden. Liebhaber historischer Fahrzeuge können Kurzzeitkennzeichen daher nicht mehr für Probe- oder Überführungsfahrten verwenden. Daher sollte eine Ausnahmeregelung für historische Fahrzeuge gefunden werden. Die Zahl der Oldtimer auf deutschen Straßen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Der VDA wertet mithilfe der KBA-Statistik jedes Jahr den Bestand von historischen Fahrzeugen aus. Zum 1. Januar 2016 waren in Deutschland 388.000 Fahrzeuge mit H-Kennzeichen gemeldet. Gegenüber dem Vorjahr wuchs der Bestand um 11 Prozent. Neben den 344.000 Pkw gibt es dabei auch Motorräder und Nutzfahrzeuge. Bei Oldtimerfahrern ist der Dieselantrieb wenig beliebt. Nur 8 Prozent aller Pkw älter als 30 Jahre besitzen ein Dieselaggregat. Die durchschnittliche jährliche Laufleistung eines Oldtimers beträgt etwa 1.800 Kilometer. Die Liste der häufigsten Fahrzeuge mit H-Kennzeichen zeigt, dass die allermeisten Oldtimer keine Sport- und Luxusautos sind, sondern frühere Alltagsfahrzeuge.

Auch der jährlich erscheinende Deutsche Oldtimer Index dient in erster Linie dazu, aufzuzeigen, dass Oldtimer keine Spekulationsobjekte und nicht zur Geldanlage geeignet sind. Bei Auktionen erzielen besonders seltene Fahrzeuge immer wieder sehr hohe Preise, die für Aufsehen sorgen. Die Preisentwicklung dieser Fahrzeuge, die häufig Einzelstücke sind, hat sich jedoch vom normalen Oldtimermarkt abgekoppelt. Der VDA gibt daher jährlich den Deutschen Oldtimer Index heraus, der die Entwicklung des Oldtimermarktes in der Breite widerspiegeln soll. Der Index setzt sich aus 88 repräsentativen Oldtimermodellen zusammen, von denen Gutachten oder Verkaufspreise berücksichtigt werden. Allerdings gibt der Index nicht über die preisliche Entwicklung einzelner Fahrzeuge Auskunft, sondern beleuchtet den Trend des Gesamtmarktes. 2015 stieg der Index um 5,6 Prozent auf einen Punktestand von 2.413. Der jährliche Zuwachs lag auch in den vergangenen Jahren meist im mittleren einstelligen Prozentbereich. Dieser moderate Wertzuwachs wird bei den meisten Fahrzeugen in der Regel durch die Kosten für Betrieb, Wartung und Instandsetzung aufgezehrt.

Pkw mit H-Kennzeichen Entwicklung von 2006 bis 2015

350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt

Die Automobilindustrie und ihre Märkte

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Autobanken

Die Autobanken haben sich 2015 erneut als starker Absatzmotor für die deutsche Automobilwirtschaft erwiesen. Das Neugeschäft stieg um 6 Prozent auf den Rekordwert von 38,8 Mrd. Euro. Das Gesamtvolumen aller betreuten Leasing- und Finanzierungsverträge wuchs um 5 Prozent und lag zum Jahresende beim historischen Höchststand von 104,0 Mrd. Euro. Starkes gewerbliches Geschäft und solide Privatkundennachfrage: Als ein wesentlicher Wachstumstreiber erwies sich für die Autobanken im vergangenen Jahr das Geschäft mit Unternehmen und gewerblichen Kunden. Insgesamt schlossen die herstellerverbundenen Finanzdienstleister gewerbliche Leasing- und Finanzierungsverträge im Wert von 21,8 Mrd. Euro ab. Dies entspricht einem Wertzuwachs von 7 Prozent. Auch im Privatkundengeschäft erzielten die Banken der Automobilhersteller 2015 ein solides Wachstum: Mit privaten Finanzierungs- und Leasingverträgen im Wert von 15,5 Mrd. Euro verzeichneten die Autobanken ein zufriedenstellendes Plus von 4 Prozent.

Zuwächse waren auch beim Handel mit jungen Gebrauchtfahrzeugen zu verzeichnen. In diesem Bereich konnten die Autobanken 2015 Zuwächse im Wert von rund 9,4 Mrd. Euro erzielen und damit um 7 Prozent zulegen. Junge Gebrauchte, auch jenseits der klassischen Leasingrückläufer, Jahreswagen oder Tageszulassungen, sind zunehmend gefragt. Die Autobanken sehen hier noch weiteres Wachstumspotenzial. Ein weiteres Wachstumssegment der Autobanken sind darüber hinaus Mobilitätsdienstleistungen. Darunter sind autonahe Dienstleistungen zu verstehen, die über Finanzierung und Leasing hinausgehen, wie Kfz-Versicherungen, Garantien und Reparaturversicherungen und Wartungsservices. 2015 wurden insgesamt 2,58 Mio. zusätzliche Dienstleistungsverträge angeschlossen – 3 Prozent mehr als im Vorjahr. Seit Einführung der ersten Mobilitäts- und Dienstleistungspakete vor rund zehn Jahren hat das Segment stark an Bedeutung gewonnen. Bereits mehr als jeder zweite Kunde der Herstellerbanken entscheidet sich für derartige Paketlösungen.

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur Als eine der wichtigsten Industriebranchen Europas braucht die Automobilindustrie zukunftsfähige Rahmenbedingungen. Eine innovationsfreundliche Wirtschaftspolitik, Engagement für den Freihandel und eine gute Infrastruktur sind Schlüsselfaktoren.

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

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Katharina Bröker Betriebswirtin/Bachelor of Arts (FH), Assistentin der Geschäftsführung, Cargobull Trailer Store GmbH, Altenberge

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Wirtschaftspolitik für den Standort Deutschland

Deutschland ist automobiler Exportweltmeister mit einem Ausfuhrvolumen von 190 Mrd. Euro

Deutschland ist einer der weltweit bedeutendsten Produktionsstandorte der Automobilindustrie. Mit einem Ausfuhrwert von über 190 Mrd. Euro an Fahrzeugen, Anhängern, und Kfz-Teilen ist Deutschland mit Abstand automobiler Exportweltmeister. Rund 800.000 direkte Mitarbeiter der Automobilindustrie erwirtschaften jährlich einen Umsatz von über 400 Mrd. Euro. Dabei ist die Zahl der Beschäftigten in den letzten 20 Jahren weitgehend konstant geblieben und seit 2010 sogar kontinuierlich angewachsen. Damit Deutschland als Produktionsstandort aber auch dauerhaft attraktiv bleibt, gilt es, die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen regelmäßig kritisch zu überprüfen. Dabei zeigt sich, dass an einigen Stellen Handlungsbedarf besteht. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit seiner tatsächlichen Steuerbelastung für Unternehmen nach wie vor im oberen Drittel. Daher sollten Doppelbesteuerungsrisiken für international tätige deutsche Unternehmen und weitere Steuererhöhungen unbedingt vermieden werden. Dies gilt es nicht zuletzt auch bei der Neugestaltung der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen. Hiervon ist gerade die Automobilindustrie mit ihren zahlreichen mittelständischen Familienunternehmen – insbesondere im Automobilzulieferbereich – besonders betroffen. Verbesserungsbedürftig sind auch die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung, beispielsweise durch die steuerliche Begünstigung von Forschungs- und Entwicklungsauf-

wendungen oder durch die Einführung einer Patentbox nach dem Vorbild anderer EU-Länder. Gute Bedingungen für Forschung und Entwicklung sind gerade deswegen wichtig, weil der Erfolg der deutschen Automobilindustrie entscheidend an ihrer Innovationsführerschaft hängt. Knapp 80 Prozent Weltmarktanteil bei Premiumautomobilen unterstreichen das. Nur wenn die Unternehmen diesen Vorsprung halten können, werden sie weiter in der Lage sein, die im internationalen Vergleich hohen Löhne in der Produktion zu bezahlen. Ein veritables Kostenproblem hat die deutsche Industrie bei der Energieversorgung. Die Energiewende hat zu einer deutlichen Erhöhung der Stromkosten geführt, sodass der Energiestrompreis inzwischen einer der höchsten in ganz Europa ist. Die Politik muss daher dafür sorgen, dass die Energiewende möglichst kosteneffizient umgesetzt wird. Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist stark reguliert. Ein Mindestmaß an Flexibilität ist für die Unternehmen jedoch notwendig. Werkverträge und Zeitarbeit geben ihnen Spielraum, um auf größere Nachfrageschwankungen reagieren zu können. Für die Industrie und den Mittelstand müssen diese wirksamen Instrumente erhalten bleiben. Die Politik sollte daher von einer Überregulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen Abstand nehmen. Auch die Arbeitskosten sind für den Standort von entscheidender Bedeutung. Sie sind in

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Spitzengespräch im Rahmen des Branchendialogs Automobilindustrie (Dezember 2015): Staatssekretär Matthias Machnig (Mitte), Matthias Wissmann, Präsident des VDA (2. v. r.), Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall (2. v. l.), und Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und Betriebsräten der Fahrzeugindustrie, Foto: BMWi/Susanne Eriksson

Deutschland in den vergangenen Jahren schneller angewachsen als im EU-Durchschnitt – während die Produktivität nicht in gleichem Maße gesteigert wurde. Diese höheren Arbeitskosten belasten die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die Tarifpartner und die Politik müssen hier wachsam bleiben. Ein exportorientiertes Industrieland wie Deutschland mit seiner besonders stark exportorientieren Automobilindustrie braucht ungehinderten Zugang zu den Auslandsmärkten. Durch Zölle, Einfuhrabgaben und nichttarifäre Handelshemmnisse wird der internationale Wettbewerb verzerrt und eingeschränkt. Das belastet nicht nur die Konsumenten in den Exportzielländern. Es zwingt auch die deutsche Industrie, Produktionskapazitäten in diese Länder zu verlagern, um die Handelshemmnisse zu umgehen. Daher sollte mit allem Nachdruck auf weltweit offene Märkte und fairen Marktzugang hingearbeitet werden. Die deutsche Automobilindustrie setzt sich daher entschieden für die geplante transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP ein. Handelspolitik sollte insgesamt eine viel höhere Priorität bekommen, als das in Deutschland bisher der Fall ist. Europäische CO2-Regulierung kann über den Markterfolg der deutschen Automobilindustrie mitentscheiden. Nicht zuletzt entscheidet auch eine sinnvolle europäische CO2-Regulierung über den Markterfolg der am Standort Deutschland angesiedelten Automobilproduktion. Die

Regulierung darf nicht als Instrument missbraucht werden, um Wettbewerbschancen zwischen den einzelnen Automobilnationen zu verschieben. Das bedeutet ganz konkret, dass Premiumhersteller gegenüber anderen nicht benachteiligt werden dürfen, denn die europäischen Hersteller sind bei Premium besonders stark. Dies gilt es, bei der anstehenden Ausgestaltung der CO2Regulierung für die Zeit nach 2020 im Blick zu behalten. Den Automobilstandort Deutschland zu erhalten und zu sichern, ist den Arbeitgebern, den Arbeitnehmern und der Politik gleichermaßen ein Anliegen. Der VDA hat daher im Sommer 2015 mit der IG Metall und dem Bundeswirtschaftsministerium einen Branchendialog aufgenommen, um gemeinsam den Handlungsbedarf zur Sicherung des Produktionsstandorts zu identifizieren. Ergebnis dieses Prozesses war eine gemeinsame Erklärung für eine moderne und nachhaltige Industriepolitik in Deutschland, die im Dezember 2015 verabschiedet wurde und von der Bundesregierung umgesetzt werden soll.

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Europapolitik

Trotz wirtschaftlicher Erholung ist die Arbeitslosigkeit in den meisten EU-Ländern immer noch höher als im Jahr 2008

Die Europäische Union ist nach dem schweren Sturm der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise bisher nicht zurück in ruhiges Fahrwasser gelangt. Im Gegenteil: Zusätzlich zur schwelenden Eurokrise sind für die EU durch die immensen Flüchtlingsströme und das britische Votum für einen EU-Austritt weitere schwere Belastungsproben entstanden. Gleichzeitig bleibt die wirtschaftliche Lage in vielen EU-Ländern schwierig: Trotz einer konjunkturellen Erholung sind die Krisenwirkungen in vielen Regionen noch immer allgegenwärtig. Die Arbeitslosenquote liegt in nahezu allen EU-Ländern über dem Vergleichswert von 2008, in Griechenland und Spanien sogar über 20 Prozent. Vor allem in den südeuropäischen Ländern sind weiterhin schmerzhafte Konsolidierungsschritte erforderlich – hin zu flexiblen Arbeitsmärkten, schlankeren Behörden und tragfähigen sozialen Sicherungssystemen. Vor allem in Portugal und Spanien waren bereits erste Reformerfolge messbar. Allerdings wurden hier, ebenso wie in Griechenland, die Regierungen, die für einen Reformkurs standen, abgewählt. Stattdessen erhielten linkspopulistische Parteien, die für ein Ende der Reformen und höhere Staatsausgaben eintreten, großen Zulauf. Damit drohen Stillstand und sogar Rückschritte bei der Konsolidierung vor allem in den Ländern, deren Probleme strukturell bedingt sind. Für staatliche Konjunkturprogramme fehlt in den meisten EU-Ländern jedoch das Geld: 16 von 28 EU-Staaten verzeichneten 2015 eine Staatsverschuldung jenseits der Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIP. Fragile politische Verhältnisse, gepaart mit inflexiblen Rahmenbedingungen, sind ein enormer Hemmschuh für private Investitionen. In der Folge sind auch kaum Fortschritte bei dem Ziel zu erkennen, den Industrieanteil an der Wertschöpfung in Europa auf 20 Prozent zu erhöhen. Die Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit sollte daher in Brüssel ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Im Angesicht der politischen Krisenherde sind Europas ungelöste wirtschaftliche Probleme jedoch in den Hintergrund gerückt. Vielmehr wird die Migrationswelle zu einer harten Bewährungsprobe für die europäische Gemeinschaft. Einerseits können Deutschland und wenige andere Länder die Last nicht allein tragen. Auch die Integrationskraft der Wirtschaft und der Industrie ist begrenzt. Andererseits sehen zahlreiche Staaten ihre nationale Sicherheit bedroht und reagieren mit restriktiver Asylund Zuwanderungspolitik. Das liegt nicht zuletzt an zunehmenden islamistischen Terroranschlägen. In den ost- und südosteuropäischen EU-Mitgliedsländern wird zudem auch Russlands Aggression gegen die Ukraine als neue Bedrohung wahrgenommen. In dieser Situation gewinnen rechtspopulistische Parteien in einer Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten an Zustimmung und mindern zusätzlich die Handlungsfähigkeit der Regierungen.

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Hörbarer denn je sind die EU-kritischen Stimmen auch im Vereinigten Königreich. Die Entscheidung der Mehrheit der Wähler für den Brexit ist von einschneidender Bedeutung. Ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wird gravierende Folgen haben, auch für die deutsche Automobilindustrie. Rund ein Fünftel aller Pkw-Exporte aus Deutschland geht in das Vereinigte Königreich. Im Jahr 2015 waren es 810.000 Fahrzeuge. Gemessen in Exportwerten nimmt das Vereinigte Königreich hinter den USA Rang 2 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands ein. Nun gilt es, Wege zu finden, wie die EU und das Vereinigte Königreich politisch und wirtschaftlich weiterhin eng verbunden bleiben können. Insgesamt haben die Fliehkräfte, die auf die EU einwirken, deutlich zugenommen. Die Vielzahl der Krisenherde bindet die Kapazitäten der europäischen Institutionen. Knappe Finanzmittel und divergierende nationale Ansichten schränken den Handlungsspielraum deutlich ein. Folglich ist auch die konsequente Weiterentwicklung hin zu einer politischen Union ins Stocken geraten, und die Wirtschaftspolitik bekommt ebenfalls nur unzureichende Aufmerksamkeit.

Wachstum und Arbeitsplätze ohne neue Schulden zu schaffen – das bleibt dennoch erklärtes Leitmotiv der EU-Kommission. Das Kernprojekt ist der Europäische Investitionsplan mit dem Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI), der in den kommenden Jahren ein Investitionsvolumen von insgesamt 315 Milliarden Euro anschieben soll. Den ersten Erfahrungen zufolge sind die Mitnahmeeffekte allerdings hoch. So ist bisher nicht erkennbar, dass mit der Fondsfinanzierung tatsächlich wirklich neue Projekte initiiert werden. Wichtige Wachstumsimpulse verspricht sich die EU-Kommission auch von einer weiteren Vertiefung des Binnenmarktes – bei Gütern, Dienstleistungen, Energie, Kapital und Digitalisierung. Einheitliche europäische Regeln sollen die Kosten senken. Besonders wichtig für die deutsche Automobilindustrie ist die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes. Es ist zwingend erforderlich, moderne rechtliche Rahmenbedingungen und Standards zu entwickeln, um die Potenziale des automatisierten und vernetzten Fahrens in Europa voranzutreiben. Geht Europa diese Herausforderung entschlossen an, kann es die Innovationsführerschaft einnehmen.

Entwicklung der Arbeitslosenquote in Europa seit 2005

in Prozent

30

25

20

15

10

5

0 2005 Deutschland

2006 Frankreich

2007 Italien

2008 Spanien

2009

2010

Vereinigtes Königreich

2011

2012

2013

2014

2015 Quelle: Eurostat

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Die deutsche Automobilindustrie beteiligt sich aktiv an diesem Abstimmungsprozess. So trägt der Round Table, den der EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Günther Oettinger, initiiert hat, bereits erste Früchte – zum Beispiel eine zielgerichtete Zusammenarbeit mit der europäischen Telekommunikationsbranche. Klar ist: Der Binnenmarkt ist zentraler Bestandteil der europäischen Integration. Angesichts der schwierigen Debatte über die politische Integration könnte ein neues Projekt – wie der digitale Binnenmarkt – eine große Chance sein, um wieder Bewegung und positive Stimmung in der EU zu erzeugen. Auf der Pariser Klimakonferenz im Dezember 2015 haben sich 195 Länder in einem ambitionierten globalen Klimaschutzvertrag auf das Ziel geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Derzeit ist Europa jedoch der einzige Kontinent, auf dem die CO2-Emissionen sinken. Diese Erfolge in Europa werden von steigenden Emissionen in anderen Regionen aufgezehrt. Wirksamer Klimaschutz kann indes nur gelingen, wenn alle Staaten ehrgeizige Ziele verfolgen. Vor allem die großen Emittenten in Asien und Amerika müssen ihre Anstrengungen entscheidend verstärken, damit spürbare Fortschritte erreicht werden.

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Dabei sollte Europa seiner internationalen Vorbildrolle auch künftig gerecht werden. Aber die EU darf sich nicht im Alleingang weiter von den anderen Ländern entfernen. Eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik muss auch die Innovationsund Investitionskraft der Industrie erhalten. Derzeit arbeitet die EU-Kommission an der CO2-Regulierung für die Zeit nach 2020. Die Koordination durch die Vizepräsidenten der EU-Kommission trägt hoffentlich dazu bei, dass Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung in eine bessere Balance gebracht werden. Eine wichtige Initiative für die Automobilindustrie geht von der EU-Binnenmarktkommissarin Elżbieta Bieńkowska aus: Sie hat als Nachfolgeprojekt der „CARS 2020“-Initiative die neue HighLevel-Group „GEAR 2030“ ins Leben gerufen, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie stärken soll. Themenschwerpunkte des Gremiums sind die Anpassung der Wertschöpfungsketten an globale Herausforderungen, eine Roadmap zum automatisierten und vernetzten Fahren sowie die internationale Harmonisierung.

Pkw-Produktion in Europa 1980, 1990, 2000, 2010, 2015

in Millionen

6

5

4

3

2

1

0 1980 Deutschland

1990 Frankreich

Italien

2000 Vereinigtes Königreich

Spanien

2010

2015 Quelle: ANFIA, ANFAC, VDA, SMMT, CCFA

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Handel und Investitionen Die deutsche Automobilindustrie und ihre Beschäftigten sind auf internationalen Handel angewiesen. In Deutschland gefertigte Pkw werden zu über 77 Prozent ins Ausland verkauft. Um Deutschland und Europa als Produktionsstandort zu sichern und zu stärken, sollte sich die EU weltweit um freien Handel und den Abbau von Handelsschranken bemühen. Wenn Globalisierung und Freihandel fair gestaltet werden, können alle Beteiligten Wohlstandsgewinne erwarten. Unerlaubtes Preisdumping, aber auch protektionistische Maßnahmen sollten von supranationalen Organisationen wie der Welthandelsorganisation (WTO) daher verfolgt und abgebaut werden. Die WTO hat als Wächter des freien Handels eine wichtige Funktion, indem sie die Einhaltung von Regeln überwacht und mit Streitschlichtungsverfahren Handelskonflikte löst. Auch wenn die Doha-Runde bisher nicht zu den gewünschten Ergebnissen gekommen ist, hat sie doch wichtige Impulse gegeben und wird weiterentwickelt. Denn ein multilateraler Abbau von Handelshemmnissen wäre nach wie vor der Königsweg. Solange es dazu nicht kommen kann, stehen bilaterale Abkommen im Vordergrund. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Verträge unterzeichnet, weitere sind in Verhandlung. Auch sie müssen den Regeln der WTO entsprechen und Mindestanforderungen an den Umfang der Liberalisierung erfüllen.

Protektionismus Viele Länder tun sich mit dem Abbau von Handelsschranken schwer und versuchen, durch die Benachteiligung ausländischer Anbieter die heimische Wirtschaft zu schützen. Vor allem die Automobilindustrie ist davon weltweit stark betroffen. So versuchen Staaten zum Beispiel, durch hohe Zölle Investitionen in lokale Produktion zu erzwingen. Häufig liegen auch nichttarifäre Handelshemmnisse vor. Diese nehmen oft die Gestalt technischer Regelungen an, die Importeure nicht oder nur schwer erfüllen können. Ein weiteres protektionistisches Instrument sind Mindestanforderungen an die lokale Wertschöpfung (Local Content). Die WTO zählte zur Jahresmitte 2016 genau 2.127 handelsbeschränkende Maßnahmen, die in G20-Ländern in Kraft waren. Gegenüber dem Vorjahr kamen 154 neue Beschränkungen hinzu. Obwohl auch einzelne Regelungen aufgehoben wurden, ist der Bestand von protektionistischen Maßnahmen in den G20-Ländern damit um 11 Prozent gestiegen. Doch Protektionismus kann langfristig kaum funktionieren, weil damit meist ineffiziente Wirtschaftsstrukturen aufgebaut oder verteidigt werden. Länder wie Mexiko zeigen, dass Marktöffnung und Freihandel im Gegensatz zum Protektionismus die bessere Basis für den Aufbau einer starken Automobilindustrie sind. Auch Osteuropa hat mit der Aufnahme in die EU und der Öffnung der Märkte gezeigt, dass so Arbeitsplätze geschaffen werden. Andere Länder setzen dagegen auf Zwangsmaßnahmen. Insbesondere Südamerika oder auch Russland sind in der Vergangenheit damit aufgefallen. Aber auch Indien erhebt Einfuhrzölle von teilweise über 100 Prozent.

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

TTIP Für die deutsche Automobilindustrie ist das geplante Abkommen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) eine einmalige Chance: Noch nie wurde durch ein Freihandelsabkommens ein größerer Wirtschaftsraum zusammengeführt, als die Vereinigten Staaten und die Europäischen Union bilden. Der transatlantische Wirtschaftsraum steht für 40 Prozent des Weltautomobilmarktes und repräsentiert rund 50 Prozent der gesamten Weltwirtschaftsleistung. Dabei stellen die USA und die EU nur etwa 12 Prozent der Weltbevölkerung. Allein durch den Wegfall von Zöllen im transatlantischen Handel würde TTIP der deutschen Automobilindustrie mehr als 1 Mrd. Euro ersparen, die sinnvoll investiert werden könnte. Das hat die Kraft eines Konjunkturprogramms. Durch die Abschaffung von Zöllen und verstärkte regulatorische Kooperation würden Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher gleichermaßen profitieren. Chancen und Risiken von TTIP werden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Dass Fahrzeuge in der EU und in den USA unterschiedliche Richtungsblinker haben müssen, kann jedoch kaum jemand nachvollziehen. In Bereichen, wo das Niveau der Regulierungen nachweislich vergleichbar ist, kann eine gegenseitige Anerkennung nur Vorteile bringen. Die regulatorische Kooperation in der Automobilindustrie bedeutet nicht, dass Sicherheitsstandards gesenkt werden. Auch die Rechte der Gesetzgeber werden nicht eingeschränkt. TTIP wird zudem den Weg für weitere Kooperation im Rahmen der Vereinten Nationen ebnen, um Standards weltweit im Sinne der USA und der EU zu setzen.

TTIP würde der deutschen Automobilindustrie mehr als 1 Mrd. Euro Zölle ersparen

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Freihandelsabkommen mit Südkorea, Indien und Kanada Nach dem vorläufigen Scheitern einer multilateralen Freihandelspolitik hat die EU in den vergangenen Jahren bilaterale Abkommen abgeschlossen und neue Verhandlungen aufgenommen.

Südkorea hält trotz Freihandelsabkommen weiter an Marktzugangsbarrieren fest

So ist das Freihandelsabkommen mit Südkorea seit 2011 in Kraft. In den Verhandlungen wurde der Abbau von Zollbarrieren und eines Teils der zahlreichen nichttarifären Handelshemmnisse für Importeure vereinbart. Seither ist der Pkw-Marktanteil von Importeuren in Südkorea zwar auf 16 Prozent gestiegen, damit im internationalen Vergleich aber noch vergleichsweise niedrig. Darüber hinaus sind weiterhin zahlreiche Marktzugangsbarrieren für europäische Zulieferer und Hersteller in Kraft. Dazu zählt unter anderem eine sehr aufwendige Zertifizierung von Kfz-Teilen für den koreanischen Markt („Korean Marking“). Der VDA unterstützt die Bundesregierung und die Europäische Kommission daher bei ihren Bemühungen, die in Südkorea weiterhin bestehenden Hindernisse abzubauen. Mit Indien hat die EU im Jahr 2007 Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen begonnen. Allerdings sind

Indien hat gegenüber Deutschland Überschuss, der zuletzt 2015 angestiegen ist

Dieser Überschuss zeigt die Wettbewerbsfähigkeit der indischen Hersteller

die Gespräche ins Stocken geraten, die Verhandlungen wurden auf Eis gelegt. Der Abschluss eines Abkommens ist aber gerade aus Sicht der Automobilindustrie wünschenswert, weil Indien als künftiger Produktionsstandort und Absatzmarkt enormes Potenzial hat. Allerdings war Indien bisher nicht bereit, den Automobilmarkt zu öffnen und die hohen Barrieren in einem Abkommen signifikant zu senken. Dabei muss Indien gerade im Automobilsektor eine Liberalisierung nicht fürchten. Die Marktöffnung könnte neue Investitionen anziehen und Exporte erhöhen. Immerhin erwirtschaftet Indien schon heute im Automobilhandel mit Deutschland einen Überschuss. Ungeachtet der stockenden Verhandlungen pflegen der VDA und die Verbände der indischen Automobilindustrie ACMA und SIAM eine enge Partnerschaft. Im Rahmen der seit 2008 bestehenden „Deutsch-indischen Arbeitsgruppe Automobilindustrie“ werden unter der Ägide des indischen Industrieministeriums und der Bundesregierung aktuelle Fragen der deutsch-indischen Zusammenarbeit behandelt.

Indien: Überschuss im Handel mit Pkw in Mio. Euro

300

200

100

0

-100

-200 2004

2005

Deutsche Importe Handelsbalance

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Deutsche Exporte Quelle: Statistisches Bundesamt, VDA

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Mit Kanada wurde ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) ausgehandelt, das jedoch nicht vor 2017 in Kraft treten wird. Mit dem Abkommen sollen Zölle auf Industriewaren wegfallen. Für die europäischen Exporteure ergeben sich dadurch Einsparungen in Höhe von rund 470 Mio. Euro jährlich. Außerdem ist es gelungen, in dem Abkommen einen reformierten Investitionsschutz zu verankern. Dazu sollen ein ständiger Gerichtshof und transparente Verfahren mit Berufungsinstanz geschaffen werden.

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Weitere wichtige Abkommen aus Sicht der Automobilindustrie sind die Freihandelsabkommen mit den ASEAN-Ländern, dem Mercosur und Mexiko. Derzeit verhandelt die EU darüber hinaus über ein Abkommen mit Japan. Hier sind weitere Zugeständnisse Japans beim Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse unverzichtbar. Mit China wird seit 2013 über ein Investitionsabkommen verhandelt. Dabei stehen vor allem der Marktzugang und der Schutz geistigen Eigentums im Mittelpunkt des Interesses.

Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit Die Internationalisierungsstrategie der deutschen Automobilindustrie führt zu vermehrten Aktivitäten in Entwicklungs- und Schwellenländern. Um den Unternehmen der deutschen Automobilindustrie den Marktzugang in diesen Ländern zu erleichtern, arbeitet der VDA mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zusammen. Das BMZ kann über seine vor Ort tätigen Experten den Unternehmen Zugang zu weit verzweigten lokalen Netzwerken verschaffen. Daneben bietet es auch diverse Förderungen für den Eintritt in schwierige Märkte an. In der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft legt das BMZ seinen regionalen Fokus auf Afrika, ist aber auch in Asien, im Nahen Osten und in Lateinamerika stark aufgestellt. Neben dem regionalen gibt es zwei thematische Schwerpunkte: Fluchtursachenbekämpfung und Nachhaltigkeit in der Lieferkette. Um einen Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen zu leisten, unterstützt das BMZ gemeinsam mit deutschen Unternehmen und Verbänden die Berufsausbildung und die Unternehmensansiedlung in Ländern Afrikas und des Nahen Ostens. Damit

sollen vor Ort Arbeitsplätze und Perspektiven entstehen. In Zusammenarbeit mit deutschen Verbänden werden derzeit Ausbildungszentren in diversen Ländern geplant. Dort sollen Menschen in technischen Berufen ausgebildet werden. Dies dient sowohl zur Qualifizierung einheimischer Fachleute als auch als Anreiz zur Ansiedlung internationaler Investoren. Ein weiteres Augenmerk liegt auf der Schaffung von mehr Nachhaltigkeit in der Lieferkette. Dabei geht es vor allem um die Einhaltung von Umwelt-, Energie und Sozialstandards. In einem beispielhaften Projekt unterstützt das BMZ seit Ende 2015 einen großen deutschen Automobilzulieferer in Mexiko beim Aufbau eines nachhaltigen Lieferantenmanagements. Im Rahmen dieses Projekts sollen lokale Lieferanten ausgebildet werden, um ihr Umwelt- und Energiemanagement zu optimieren. Hierbei übernimmt das BMZ mehr als 40 Prozent der Projektkosten. Die Projekte helfen Unternehmen dabei, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, und fördern gleichzeitig die Wirtschaftsaktivitäten in den Entwicklungs- und Schwellenländern.

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Energiepolitik Strompreise Die Strompreise sind in der EU im vergangenen Jahr weiter gestiegen. In Deutschland ist der Strom noch immer mit am teuersten in Europa. Der hohe Strompreis ist ein Wettbewerbsnachteil für die deutsche Industrie. Der Industriestrompreis für die Unternehmen der Automobilindustrie lag in Deutschland 2015 bei rund 15 Cent je Kilowattstunde und damit etwa doppelt so hoch wie zum Beispiel in Frankreich. Dieser Nachteil spielt nicht nur für laufende Kosten der Unternehmen eine Rolle, sondern auch bei Standort- und Investitionsentscheidungen. Hohe Energiekosten sind daher langfristig eine Bedrohung für Produktion und Arbeitsplätze in Deutschland. Der Strompreis besteht zu über der Hälfte aus Steuern und Abgaben – mit deutlich steigender Tendenz. 2016 erreicht die EEG schon annähernd die gleiche Höhe wie die

EU-Industriestrompreisvergleich Erstes Halbjahr 2015, Gruppe IF: 70 GWh < Verbrauch < 150 GWh

ct/kWh

Bosnien-Herzegowina Schweden Norwegen Finnland Griechenland Bulgarien FYR Mazedonien Kroatien Türkei Rumänien Slowenien Frankreich Polen Belgien Österreich Niederlande Estland Spanien Tschechische Republik Dänemark Litauen Portugal Ungarn Lettland Irland Slowakei Deutschland Italien Malta Zypern Vereinigtes Königreich 0

3

6

9

12

15

Quelle: Eurostat, VIK

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Kosten, die Energieversorger für Beschaffung, Netze und Vertrieb haben. Die Unternehmen der Automobilindustrie sind – mit nur wenigen Ausnahmen – nicht von der EGG-Umlage befreit, sondern zahlen den vollen Satz. Und es ist davon auszugehen, dass die Umlage erneut steigt und für weitere Belastungen sorgt. Umso wichtiger ist es, dass die Energiepolitik das Preisgefälle in Europa nicht zu groß werden lässt. Die deutlichen Preisunterschiede beim Strom zwischen den Ländern und auch die unterschiedlichen Preisveränderungen zeigen, wie uneinheitlich der europäische Energiemarkt immer noch ist. Steuer- und Abgabenbelastungen weichen teilweise stark voneinander ab. So haben etwa deutsche Stromkunden von den zuletzt weltweit sinkenden Energiepreisen kaum profitiert.

EU-Industrieerdgaspreisvergleich Erstes Halbjahr 2015, Gruppe I5: 280 GWh < Verbrauch < 1.120 GWh

ct/kWh

Belgien Rumänien Vereinigtes Königreich Tschechische Republik Polen Frankreich Bulgarien Niederlande Türkei Italien Dänemark Deutschland Slowakei Spanien Ungarn Lettland Estland Portugal Österreich Schweden Finnland Bosnien-Herzegowina 0

1

2

3

4

5

6

Quelle: Eurostat, VIK

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Eigenstromversorgung in der Automobilindustrie Die Automobilindustrie erzeugt seit jeher einen hohen Anteil ihres Stroms in eigenen Kraftwerken. Diese dezentrale Eigenstromversorgung unterstützt die Energiewende. Denn einerseits wird überwiegend die ressourcenschonende Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt, andererseits entlastet sie die öffentlichen Netze, weil der Strom am Ort des Verbrauchs erzeugt wird. Somit entsteht kein zusätzlicher Bedarf an Netzkapazität – die durch die Energiewende ohnehin stark beansprucht ist. Der Gesetzgeber hat die Kostenbelastung der Eigenstromversorgung in den letzten Jahren dennoch stark erhöht. Seit 2014 sieht das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor, dass für neue Kraftwerke zur Eigenversorgung anteilig EEG-Umlage gezahlt werden muss. Zudem erhält die Industrie nach der Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes seit Anfang 2016 faktisch keine Förderung mehr. Auch wenn die Verschlechterungen bisher nur neue Anlagen treffen: Investitionen in den Ausbau der Eigenversorgung werden damit bereits infrage gestellt. Sollte künftig auch Strom aus bestehenden Anlagen mit der EEG-Umlage

belastet werden, dann droht die Abschaltungen von Anlagen – mit allen negativen Folgen für die Energieversorgung der Industrie und für die Energiewende. Für Betriebe bestimmter Sektoren würden solche Belastungen eine existenzielle Bedrohung bedeuten. 2017 wird die EU-Kommission voraussichtlich über die bestehenden Regelungen zur Eigenstromversorgung in Deutschland befinden. Sie hat den Bestandsschutz zwar genehmigt, fordert jedoch eine Anpassung der Regelung bis spätestens Ende 2017. Dabei spricht sich die EU-Kommission gegen die Befreiung des eigenerzeugten Stroms von der EEG-Umlage aus. Die deutsche Industrie fordert, die Belastungen für die industrielle Eigenstromversorgung nicht weiter zu erhöhen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium hat in einer Studie festgestellt, dass eine Belastung der Eigenstromerzeugung die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands drastisch verringern könnte. Eine Verschlechterung wäre zudem rechtlich bedenklich, weil bislang getätigte Investitionen in Eigenerzeugungsanlagen Bestandsschutz genießen sollten.

Strompreis für die Industrie (inklusive Stromsteuer) Durchschnittlicher Strompreis für die Industrie

in ct/kWh

16

12

8

4

0 1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Erzeugung, Transport, Vertrieb

Konzessionsabgabe

StrEG/EEG

KWK-G

§ 19-Umlage

Offshore-Haftungsumlage

Umlage für abschaltbare Lasten

Stromsteuer

2013

2014

2015

2016

Quelle: VEA, BDEW

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

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56

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Infrastruktur

Infrastrukturinvestitionen

Nutzerfinanzierung

Über Jahrzehnte ist in Deutschland zu wenig in die Infrastruktur investiert worden. Der Investitionsstau ist dadurch immer größer geworden. Für eine bedarfsgerechte Bundesfernstraßenfinanzierung veranschlagt das Bundesverkehrsministerium rund 7 Mrd. Euro jährlich. Das Institut der Deutschen Wirtschaft taxiert den Bedarf sogar auf 8,3 Mrd. Euro. Die tatsächlichen Investitionen lagen trotz steigender Staatseinnahmen in den vergangenen 15 Jahren dagegen durchschnittlich nur bei 5,2 Mrd. Euro.

Die höheren Investitionen werden jedoch überwiegend durch neue Belastungen für die Straßennutzer finanziert. Vor allem die Lkw-Maut wird deutlich ausgeweitet. Bereits im Juli 2015 wurde die Abgabe auf weitere 1.100 Kilometer Bundesstraße ausgedehnt. Drei Monate später wurden auch Nutzfahrzeuge ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht mautpflichtig. Bis dahin lag die Mautgrenze bei 12 Tonnen. Der Fiskus erwartet von beiden Maßnahmen Mehreinnahmen in Höhe von 380 Mio. Euro pro Jahr. In einem weiteren Schritt soll die Lkw-Maut Mitte 2018 auf alle Bundesstraßen ausgedehnt werden, was der Staatskasse zusätzliche 2 Mrd. Euro pro Jahr bringen soll. Damit zeigt sich, dass die zusätzlichen Investitionen vor allem vom Straßengüterverkehr bezahlt werden.

Da der Ausbau lange vernachlässigt wurde, werden Staus immer länger. Im Jahr 2015 summierten sie sich allein auf Autobahnen auf eine Länge von 1,1 Mio. Kilometern. Zugleich verschlechtert sich auch der Zustand der bestehenden Straßen. Schon bei der letzten umfassenden Qualitätsmessung im Jahr 2009/2010 zeigte sich nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums, dass 17 Prozent der Streckenkilometer auf Autobahnen den Warnwert überschreiten. Das bedeutet, dass die Fahrbahnoberfläche in einem Zustand ist, ab dem Planungen für Erhaltungsmaßnahmen eingeleitet werden müssen. Bei den Bundesstraßen betrifft das sogar knapp 35 Prozent der Streckenkilometer. Die Brücken überschreiten sogar fast zur Hälfte (47 Prozent) den Warnwert. Das ist ein ernstes Sicherheitsproblem. Zudem führen Brückensperrungen regelmäßig zu Stau, Zeitverlust und Emissionen. Der Handlungsbedarf lässt sich nicht mehr leugnen. Die Bundesregierung hat daher beschlossen, das Investitionsniveau deutlich anzuheben. Es steigt zwar nicht auf die erforderlichen 8,3 Mrd. Euro pro Jahr. Aber immerhin sind für die Jahre 2016 bis 2018 Investitionen von 6,15 bis 6,63 Mrd. Euro vorgesehen. Das wird einen erheblichen Schub für die Modernisierung der Bundesfernstraßen bringen. Dieses Niveau sollte in Folgejahren weiter angehoben werden.

Gerade die Lkw-Maut-Ausweitung auf Bundesstraßen bringt jedoch Probleme: Bundesstraßen haben, anders als Autobahnen, eine regionalwirtschaftliche Funktion. Sie dienen der ansässigen mittelständischen Wirtschaft als Transportweg für kurze oder mittlere Distanzen zur Versorgung der umliegenden Region. Eine flächendeckende Bundesstraßenmaut würde nicht nur die mittelständische Wirtschaft treffen, sondern auch strukturschwache, autobahnferne Regionen zusätzlich benachteiligen. Darüber hinaus hatten CDU, CSU und SPD mit ihrem Koalitionsvertrag 2013 die Einführung einer Pkw-Maut vereinbart. Durch diese Maut, so der Vertragstext, sollen ausländische Pkw an der Infrastrukturfinanzierung beteiligt werden, ohne inländische Fahrzeughalter höher zu belasten. Maßgabe des Koalitionsvertrags ist zudem, dass die Pkw-Maut europarechtskonform zustande kommen müsse. Ein entsprechender Gesetzentwurf des Bundesverkehrsministeriums wurde allerdings von der EU-Kommission kritisiert. Sie vermutet eine Diskriminierung ausländischer Fahrzeughalter und hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs führen könnte.

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Die Bundesregierung hat den Gesetzgebungsprozess daraufhin im Juni 2015 unterbrochen. Die deutsche Automobilidustrie lehnt weitere Mehrbelastungen für den Straßenverkehr und damit auch eine Pkw-Maut grundsätzlich ab. Höhere Abgaben für den Straßenverkehr sind auch deswegen ungerechtfertigt, weil die Straßennutzer fast das Dreifache dessen an Steuern und Abgaben bezahlen, was der Staat umgekehrt für Straßen ausgibt. Allein 2015 summierte sich

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das Aufkommen von Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer auf die Mineralölsteuer, Kfz-Steuer und Lkw-Maut auf über 54 Mrd. Euro. In den Bau und die Erhaltung von Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen fließen gerade einmal 19,6 Mrd. Euro. Der größte Teil des Steueraufkommens wird für andere Zwecke verwendet, die nichts mit Verkehr zu tun haben. Damit stünde genug Geld für bedarfsgerechte Investitionen zur Verfügung.

Bundesfernstraßeninvestitionen in Mrd. Euro

8

6

4

2

0 2003

2004

aus Lkw-Maut

2005

2006

aus Steuern

2007 Planung

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

Quelle: BMVI, Pro Mobilität e. V.

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Reform der Auftragsverwaltung Da die Infrastrukturinvestitionen in der Höhe weiter unter dem Bedarf bleiben, ist eine effiziente Mittelverwendung umso wichtiger. Dabei ist vor allem das System der Auftragsverwaltung reformbedürftig. Heute legt der Bund den Aus- und Neubaubedarf fest und stellt dafür den Ländern Finanzmittel bereit. Aufgabe der Länder ist es wiederum, die einzelnen Bauprojekte im Detail mit eigenem Personal zu planen. Dabei nehmen sie zum Beispiel eine Priorisierung der Projekte nach eigenem Landesinteresse vor. Dies führt unter anderem dazu, dass Ziele des Bundes für das Bundesfernstraßennetz nicht immer umgesetzt werden oder Mehrkosten entstehen können. Eine Reform der Auftragsverwaltung ist überfällig. Die Bundesregierung strebt daher eine Neuordnung der Zuständigkeiten an. Sie plant, eine bundeseigene Infrastrukturgesellschaft zu gründen. Diese soll, zumindest für die Autobahnen, sowohl die Finanzierung als auch Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb übernehmen. Die Gesellschaft soll außerdem die Mauteinnahmen der Autobahnen erhalten, um Projekte überjährig planen und finanzieren zu können. Diese Mauteinnahmen müssten darüber hinaus verlässlich um Mittel aus dem allgemeinen Haushalt ergänzt werden, beispielsweise in Form einer Zweckbindung eines Teils der Mineralölsteuereinnahmen.

Verwendung kraftverkehrsspezifischer Abgaben in Mrd. Euro

60

50

40

30

20

10

0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Ausgaben für das Straßenwesen

Überschuss = Ausgaben für verkehrsfremde Zwecke

Quelle: DIW, BMF

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Personenverkehr Das Auto steht in Deutschland für über 80 Prozent des Personenverkehrs und ist damit Verkehrsmittel Nummer 1. Auch in den kommenden Jahren wird das Auto diese dominierende Stellung im Personenverkehr behalten. Allerdings wächst der Personenverkehr in Deutschland nur noch leicht. So erwartet die Bundesregierung einen Anstieg des Pkw-Verkehrs bis 2030 gegenüber dem Jahr 2010 von rund 10 Prozent. Eine solche moderate Entwicklung ist typisch für Industriegesellschaften mit zahlenmäßig stagnierender und alternder Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund war die Zunahme der Pkw-Verkehrsleistung im Jahr 2015 um 2,1 Prozent auf 958 Mrd. Personenkilometer recht hoch.

Personenverkehr in Deutschland in Mrd. Personenkilometern

1.400

1.050

700

350

0 1970 Luftverkehr

1980 Eisenbahn

1990

1995

Öffentlicher Straßenpersonenverkehr

2000 Pkw-Verkehr

2005

2010

2015

2030 Quelle: DIW, TCI, BMVI

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Eine der wesentlichen Herausforderungen für den Personenverkehr in den kommenden Jahren wird die Urbanisierung sein. Das Anwachsen der Städte und Ballungsräume ist ein weltweiter Trend, der vor allem die Entwicklungs- und Schwellenländer betrifft. Aber auch in Deutschland ist diese Entwicklung spürbar, wenn auch mit geringerer Dynamik. Experten gehen davon aus, dass die Einwohnerzahl der fünf größten deutschen Städte bis zum Jahr 2030 um 10 bis 30 Prozent anwachsen wird. Damit nimmt auch der Verkehr in den Städten schneller zu. Dieser Trend wird durch E-Commerce weiter verstärkt, denn der stark wachsende Onlinehandel führt dazu, dass auch der Lieferverkehr in den Städten überdurchschnittlich zunimmt. Zugleich ist darüber hinaus in den Städten ein Wandel der Mobilität zu beobachten: Stadtbewohner sind bei der Wahl ihrer Verkehrsmittel flexibler geworden und kombinieren häufiger. Sie bewegen sich – selbst wenn sie ein eigenes Auto besitzen – multimodal. Dieser Mobilitätsstil wird durch das Smartphone erst möglich. Verkehrsinformationen sind dadurch umfassend und leicht zugänglich. Das Smartphone gibt jederzeit darüber Auskunft, welches Verkehrsmittel für eine gerade anstehende Fahrt von A nach B am schnellsten, am günstigsten oder am bequemsten ist. Das kann das eigene Auto oder Fahrrad sein, aber auch die U- oder S-Bahn, der Bus, ein Leihrad, ein Carsharing-Auto oder eine Kombination.

Die Vielzahl der Möglichkeiten zeigt aber auch, dass Mobilitätsanbieter viel stärker als bisher sektorübergreifend kooperieren müssen. Das betrifft viele verschiedene einzelne Aufgaben, die für eine neue urbane Mobilität bewältigt werden müssen. Für die emissionsfreie Elektromobilität ist zum Beispiel eine dichte Ladeinfrastruktur notwendig: Der Aufbau ist eine Gemeinschaftsaufgabe, an der Automobilindustrie, Energieversorger, Kommunen, private Parkhausbetreiber, Einzelhandel und Wohnungswirtschaft mitwirken müssen. Damit Carsharing-Angebote und der öffentliche Personennahverkehr besser ineinandergreifen, braucht es noch mehr Datenaustausch. So sind multimodale Routenempfehlungen denkbar, bei denen der Nutzer etwa erst U-Bahn fährt und dann auf ein Carsharing-Fahrzeug oder ein Leihrad umsteigt. Dafür ist jedoch ein möglichst lückenloser Austausch von Verkehrsdaten in Echtzeit zwischen dem Individualverkehr und dem öffentlichen Verkehr notwendig. Die Automobilindustrie wird daher den Austausch mit Städten und Verkehrsgesellschaften weiter intensivieren. Dabei sollen gemeinsame nachhaltige Lösungen für die urbane Mobilität der Zukunft entwickelt und diskutiert werden. Darüber hinaus hat die Automobilindustrie einen engen Dialog mit der Start-up-Branche aufgenommen. Viele Unternehmen in diesem Bereich entwickeln innovative Mobilitätsdienstleistungen. Sie können für die Automobilindustrie einen wertvollen Beitrag zur Digitalisierung der Mobilität leisten.

Wertschöpfungsebenen des Fernbusverkehrs

Kommunen

Verkehrsunternehmen

Gewerbe

Bund/Länder

Besucher

Fahrgelderlöse

Einnahmen

Steuererlöse (indirekt)

Steuererlöse (indirekt)

Kunden/Arbeitsplätze

Kunden/Arbeitsplätze

· · · · · ·

Hotellerie Gaststättengewerbe Einzelhandel Kultureinrichtungen Freizeiteinrichtungen Sonstiges

Quelle: „Neue Fernbushalte und Genehmigungspraxis – Chancen für Kommunen“, Studie im Auftrag von MeinFernbus, ADAC Postbus und VDA, kcw 2014

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

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Fernbusse Fernbusse haben sich seit der Liberalisierung des Marktes im Jahr 2013 rasch als neue Säule im Personenfernverkehr neben dem Auto, der Bahn und dem Flugzeug etabliert. Das Fahrgastaufkommen ist rasant gestiegen. 2015 wurden rund 20 Mio. Fahrgäste befördert. Die Fernbusbetreiber haben mit ihrem Angebot offensichtlich einen Nerv getroffen. Nach Angaben des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) wurden im August 2015 im nationalen Linienfernverkehr rund 300 Linien mit einem wöchentlichen Aufkommen von rund 9.500 Fahrten angeboten. Dieses Angebot hat sich damit gegenüber dem Vorjahr um rund 35 Prozent erhöht. Durch das starke Wachstum konnten Fernbusse ihren Marktanteil am gesamten Linienverkehr mit Bussen und Bahnen in Deutschland deutlich ausbauen. Nach Zahlen des BAG stieg der Marktanteil der Fernbusse von 5,9 Prozent (2013) auf 11 Prozent (2014). Die Dominanz der Schiene im Linienverkehr wird dadurch wahrscheinlich auch langfristig nicht infrage gestellt. Fernbusse sorgen jedoch spürbar für Wettbewerb, der auch Bahnkunden zugute kommt. So hat die Bahn deutlich mehr günstige Tickets angeboten.

nehmen scheint das Interesse am Fernbusmarkt ungebrochen. Gerade auch die mittelständischen Unternehmen nutzen die Geschäftspotenziale in einem neuen, wachsenden Markt. Damit ist es gelungen, dass neben großen Dachmarken und Mobilitätskonzernen auch das mittelständische Busgewerbe von der neuen Nachfrage profitiert. Durch die Verdichtung des Netzes entstehen vor allem in den Städten und Kommunen aber auch Herausforderungen für die Infrastruktur. Dabei geht es vor allem um Fernbushaltestellen, die an vielen Orten den Anforderungen an Modernität und Kapazität noch nicht entsprechen. Damit sich der Markt weiter so dynamisch entwickeln kann, sind weitere Investitionen in die Infrastruktur nötig. Die Fernbusanbieter können dazu mit Nutzungsentgelten beitragen. Für die Kommunen sollten vor allem die Chancen im Vordergrund stehen, die Fernbusse bringen.

Im dritten Jahr nach der Liberalisierung hat sich das Fernbusangebot überwiegend auf wenige große Betreibergesellschaften konzentriert. Der hohe Wettbewerbsdruck hat bereits zu einer starken Konsolidierung des Marktes geführt. Gleichzeitig ist mit einem weiteren Wachstum innerhalb Deutschlands wie auch im grenzüberschreitenden Verkehr zu rechnen. Bei den Busunter-

Fernbus Fahrgastzahlen in Deutschland

in Millionen

25

20

15

10

5

0 2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016 Quelle: Statista

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Güterverkehr

Der Lkw bildet mit 73 Prozent Verkehrsleistungsanteil das Rückgrat des Güterverkehrs

Der Lkw bildet weiterhin das Rückgrat des Güterverkehrs in Deutschland. Seine Verkehrsleistung belief sich im Jahr 2015 auf 472 Mrd. Tonnenkilometer. Das waren über 73 Prozent der gesamten Verkehrsleistung zu Lande, also auf der Straße, auf der Schiene und auf den Wasserstraßen. Mit diesem Anteil liegt Deutschland in etwa im europäischen Durchschnitt. Gegenüber dem Vorjahr ist die Verkehrsleistung auf der Straße um 1,7 Prozent gewachsen. Das Bundesverkehrsministerium geht in seiner jüngsten Verkehrsprognose davon aus, dass der Straßengüterverkehr bis 2030 gegenüber dem Jahr 2010 noch einmal um rund 29 Prozent auf 607 Mrd. Tonnenkilometer anwachsen wird. Damit wird auch der heutige Marktanteil des Lkw in etwa stabil bleiben. Seine Bedeutung verdankt der Lkw zu einem großen Teil seiner Flexibilität. Nur der Lkw kann von der Laderampe bis zur Haustür jedes Ziel erreichen. Er ist auch ökonomisch und ökologisch beim Transport kleiner Sendungsgrößen und über kürzere Entfernungen im Vorteil. So erreicht die Eisenbahn ihre Wirtschaftlichkeitsschwelle im Güterverkehr erst ab Nutzlasten von über 300 Tonnen. Ein kombinierter Verkehr von Straße und Schiene ist ebenfalls erst bei Entfernungen von weit über 300 Kilometern sinnvoll. Allerdings spielen sich fast 80 Prozent des Güteraufkommens im Straßenverkehr auf Strecken von 150 Kilometern ab. Dadurch ergibt sich eine Aufgabenteilung zwischen den Verkehrsträgern: Der Lkw ist für

Transporte mit geringem Volumen und auf kurzen Wegen ideal. Eisenbahn und Binnenschiff sind bei Transporten mit hohem Volumen über große Distanzen eher wettbewerbsfähig. Ein gutes Beispiel dafür ist der Transport fabrikneuer Automobile. Die deutsche Automobilindustrie nutzt die Schiene im Hauptlauf für über 50 Prozent ihrer Transporte. Die Verkehrsträger stehen somit wegen ihrer systembedingten Vor- und Nachteile weit weniger in Konkurrenz zueinander, als meist angenommen wird. Vielmehr ergänzen sie sich gegenseitig.

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

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Güterverkehr in Deutschland in Mrd. Tonnenkilometern

1.000

800

600

400

200

0 1990 Lkw

Eisenbahn

1995 Binnenschiff

2000

2005

2010

2015

2030 Quelle: DIW, TCI, BMVI

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Lang-Lkw Lang-Lkw erreichen bis zu 25 Prozent Kraftstoffersparnis

Lang-Lkw können einen wesentlichen Beitrag zu einem nachhaltigen und klimaschonenden Güterverkehr leisten. In Deutschland läuft bis Ende 2016 ein Feldversuch mit Lang-Lkw. Dabei soll durch eine wissenschaftliche Begleitung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) untersucht werden, welche Auswirkungen der Einsatz von Lang-Lkw auf Umwelt, Infrastruktur und Transportsysteme hat. Erste Ergebnisse wurden bereits in einem Zwischenbericht der BASt im September 2014 veröffentlicht. Sie bestätigen die positiven Erwartungen und belegen, dass Lang-Lkw sicher, umweltfreundlich und wirtschaftlich im Straßenverkehr unterwegs sind. Der Feldversuch hat darüber hinaus erwiesen, dass Lang-Lkw pro transportierte Tonne Kraftstoffeinsparungen von bis zu 25 Prozent erreichen können. Der Lang-Lkw könnte also, bei einem generellen Einsatz, die CO2-Emissionen des Güterverkehrs erheblich senken. In der Verordnung zum Feldversuch sind die Anforderungen an Lang-Lkw festgelegt. Das Gesamtgewicht eines Lang-Lkw darf maximal 40 Tonnen betragen, im kombinierten Verkehr 44 Tonnen. Damit gelten die gleichen Gewichtsobergrenzen wie für herkömmliche Lkw. Die Gesamtlänge eines Lang-Lkw beträgt bis zu 25,25 Meter. Außerdem müssen Zugfahrzeuge und Anhänger mit zusätzlichen Sicherheitssystemen ausgestattet sein. Während des Feldversuchs fahren die Lang-Lkw auf einem definierten und speziell für sie zugelassenen Straßennetz, das weit überwiegend aus Autobahnen, den Zu- und Abfahrten sowie einigen Bundesstraßen besteht.

Der Lang-Lkw Zahlen und Fakten

Länge bis zu 25,25 m

Volumen 149 m 3 Nutzlast 18,5 t

Spurhalteleuchten Spurhaltewarnsystem Elektronische Stabilitätskontrolle Bremsassistent Abstandsgeregelter Tempomat

6–8 Achsen Gewicht 40 t

Quelle: VDA

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

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Lang-Lkw sind auch keine Bedrohung für den Schienengüterverkehr. Im Gegenteil: Beide Verkehrsträger ergänzen sich. Der Lang-Lkw zielt mit seiner Volumenorientierung ausschließlich auf eine Effizienzsteigerung beim Transport leichter, hochwertiger Güter und Stückgutverkehre ab. Dieses Marktsegment entspricht jedoch mit den typischen Anforderungen an Flexibilität und Geschwindigkeit systembedingt nicht dem Leistungsprofil der Schiene. Eine Verlagerung von Gütern von der Schiene auf die Straße wäre beim Einsatz von Lang-Lkw also nicht wirtschaftlich, daher sind durch Lang-Lkw auch keine negativen Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr zu erwarten. Nach dem Ende des Feldversuchs sollen Lang-Lkw im Regelbetrieb fahren. Dafür sollten klare Rahmenbedingungen gelten. Zum einen müssen Lang-Lkw innerhalb der bestehenden Infrastruktur sicher und schonend betrieben werden können. Sie sollten daher auch künftig überwiegend auf Autobahnen und Bundesstraßen eingesetzt werden, um den Straßengüterverkehr dort noch effizienter zu machen. Lang-Lkw dienen nicht dem innerstädtischen Lieferverkehr. Darüber hinaus sollten auch künftig Streckenabschnitte und Straßen für Lang-Lkw in einem Positivnetz definiert sein. Es sollte die Bundesautobahnen und alle geeigneten Bundesstraßen umfassen. Strecken des nachgeordneten Netzes sollten weiter auf Antrag und nach sorgfältiger Prüfung anhand einheitlicher Kriterien ebenfalls freigegeben werden. Auch die Erfahrungen anderer europäischer Länder sollten dabei berücksichtigt werden.

Der Lang-Lkw: Aus drei mach zwei Zwei Lang-Lkw transportieren so viel Ladung wie drei Standard-Lkw

Ladevolumen Standard-Lkw 1

Lang-Lkw 1

Standard-Lkw 2

+50 %

Standard-Lkw 1

Lang-Lkw 1

Standard-Lkw 3

Lang-Lkw 2

+50 %

Standard-Lkw 2

Standard-Lkw 3

Lang-Lkw 2

Quelle: VDA

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Steuern und Zölle

Der VDA setzt sich für eine wachstumsfördernde Steuerpolitik ein

Wettbewerbsfähige steuerliche Rahmenbedingungen sind eine wesentliche Voraussetzung, um die Attraktivität des Standorts Deutschland für die Automobilindustrie zu erhalten. Der VDA setzt sich daher für eine wachstumsfördernde, international ausgerichtete Steuerpolitik ein. Dabei geht es vor allem darum, Steuererhöhungen und Doppelbesteuerungsrisiken zu verhindern, steuerliche Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung zu verbessern sowie Steuern zu vereinfachen und Planungs- und Rechtssicherheit zu erhöhen.

Vermeidung grenzüberschreitender Gewinnverlagerung Die OECD und G20-Staaten haben 2015 zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung grenzüberschreitender Gewinnverlagerung von Konzernen und für einen fairen Steuerwettbewerb beschlossen. Grundlage hierfür ist das sogenannte „BEPS-Projekt“ (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD und G20-Staaten, das das grenzüberschreitende Verlagern von Gewinnen ins Visier nimmt. Die Maßnahmen reichen von neuen Mindeststandards für eine länderbezogene Berichterstattung der Unternehmen bis zu Verständigungsverfahren zur internationalen Streitbeilegung. Damit soll auch ein schädlicher Steuerwettbewerb eingedämmt werden. Aus Sicht des VDA kann dieses internationale Programm gegen Steuervermeidung jedoch zu Wettbewerbsnachteilen für deutsche Unternehmen führen. Die Anforderungen an

Informationsübermittlung und Dokumentation führen zu einem hohen administrativen Aufwand der Unternehmen. Außerdem kommt es bei der nationalen Umsetzung der Vorschläge auf ein koordiniertes, einheitliches Vorgehen der Staaten an. Eine voreilige, einseitige Umsetzung in Deutschland erhöht das Risiko von Doppelbesteuerungen und gefährdet das deutsche Steueraufkommen insgesamt.

Erbschaftsteuer Das Bundesverfassungsgericht hatte die Privilegierung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer im Dezember 2014 als verfassungswidrig verworfen und eine Neuregelung bis Mitte 2016 gefordert. Dem sind Bundestag und Bundesrat mit einer Anpassung des Erbschaftsteuerrechts im Juni 2016 nachgekommen. Die Automobilindustrie ist mit ihren zahlreichen mittelständischen Familienunternehmen – vor allem bei den Automobilzulieferern – besonders von dieser Erbschaftsteuerreform betroffen. Daher ist es notwendig, dass die erbschaftsteuerliche Verschonung von Betriebsvermögen grundsätzlich erhalten bleibt. Dadurch können eigentümer- und familiengeführte Unternehmen mit ihren zahlreichen Arbeitsplätzen auch weiterhin geschützt werden. Allerdings fehlen nach wie vor praxistaugliche Regeln zur Stundung der Erbschaftsteuer im Fall der Unternehmensnachfolge. Außerdem wurden für Großunternehmen neue Anforderungen für die erbschaftsteuerliche Verschonung gestellt.

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Forschungs- und Entwicklungskosten Bei Betriebsprüfungen in der Automobilindustrie stellen die Finanzämter in jüngster Zeit immer häufiger die aufwandswirksame Bilanzierung von Entwicklungskosten infrage. Vor allem die Automobilzulieferer sind davon erheblich betroffen. Forschungsund Entwicklungskosten können grundsätzlich steuerlich geltend gemacht werden. In der Praxis der Betriebsprüfung werden jedoch immer strengere Anforderungen gestellt. Der VDA fordert dagegen seit Jahren, dass Entwicklungskosten erfolgswirksam und damit steuermindernd erfasst werden können. Gerade für die forschungsintensiven Unternehmen der Zulieferindustrie würde eine schlechtere Versorgung des Sofortabzugs von Forschungs- und Entwicklungskosten zu einem deutlichen Standortnachteil führen. Damit Deutschland als Innovationsstandort weiter erfolgreich bleiben kann, braucht es deutlich forschungsfreundlichere Rahmenbedingungen.

Firmenwagenbesteuerung An der Besteuerung von Firmenwagen entzünden sich in Deutschland regelmäßig politische Diskussionen. So gibt es immer wieder Vorschläge, die Besteuerung der privaten Nutzung von Dienst- und Firmenwagen nach ökologischen Kriterien auszurichten. Die Automobilindustrie hält dagegen weiter an der geltenden Form der Besteuerung des geldwerten Vorteils von Dienst- oder Firmenwagen fest. Die sogenannte 1-Prozent-Regelung bzw. die Gesamtkostenmethode mit Fahrtenbuch sind systematisch richtig und haben sich in der Praxis bewährt. Eine Ausrichtung der Firmenwagenbesteuerung nach anderen Kriterien führt zu systemwidrigen Verwerfungen im Steuerrecht. Um den CO2-Ausstoß weiter zu senken, gilt in der EU bereits eine umfangreiche und anspruchsvolle Regulierung. Das Ertragsteuerrecht sollte dafür nicht herangezogen werden.

Neuzulassungen von Firmenwagen nach Segmenten im ersten Halbjahr 2016

Geländewagen Großraum-Van Kleinwagen Kompaktklasse Mini

2016 Anteil in %

Mini-Van Mittelklasse Obere Mittelklasse Oberklasse Sonstige Sportwagen Utilities Wohnmobile

Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, Neuzulassungsstatistik

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Energiebesteuerung Ausdrücklich begrüßt hat der VDA eine stromsteuerliche Vereinfachung, die die Abgabe von Strom für Elektrofahrzeuge an betrieblichen Ladestationen betrifft. Bisher war unklar, ob Unternehmen, die über eigene Ladesäulen Strom an Dritte, wie zum Beispiel Mitarbeiter oder Kunden, weitergeben, Stromsteuer zahlen müssen. Das Bundesfinanzministerium hat nun in einer Verordnung klargestellt, dass Unternehmen, die Ladesäulen betreiben, nicht als Stromversorger gelten und damit für den abgegebenen Strom auch keine Stromsteuer entrichten müssen. Die Unternehmen sind damit auch von bürokratischem Aufwand befreit, weil Erfassung und Nachweis von Strommengen für die Stromsteuer entfallen können.

Iran Mit dem Abkommen von Wien wurde im Sommer 2015 der mehr als ein Jahrzehnt währende Nuklearstreit mit Iran beendet. Nachdem Iran wie vereinbart sein Atomprogramm zurückgebaut hat, hat die EU ihre Wirtschafts- und Finanzsanktionen im Januar 2016 aufgehoben. Unternehmen der deutschen Automobilindustrie haben daraufhin erste Schritte eingeleitet, um wieder Handelsbeziehungen mit Iran aufzunehmen. Allerdings sind auch nach den Sanktionslockerungen nach wie vor nicht alle Ausfuhren und Rechtsgeschäfte erlaubt. Genehmigungspflichten für einzelne Produkte führen weiterhin zu Praxisproblemen, hohem Aufwand und längeren Lieferzeiten. Zudem stellen zum Teil noch bestehende Beschränkungen des Zahlungsverkehrs eine Hürde für die Unternehmen dar.

Präferenzielle Ursprungsregeln im transatlantischen Freihandelsabkommen In den Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen sind die Regelungen zur Bestimmung von zollbegünstigten Waren von großer Bedeutung. Um den Marktzugang durch die Inanspruchnahme von Präferenzzöllen zu verbessern, sollten diese sogenannten präferenziellen Ursprungsregeln vereinfacht werden. Die Umsetzung dieser Regeln führt bei den Unternehmen zu einem hohen Aufwand. In der EU gilt dafür die Wertschöpfungsmethode, in den USA die Herstellkostenmethode. Der VDA spricht sich für ein Wahlrecht der Unternehmen zwischen beiden Berechnungsmethoden aus. Dieses Wahlrecht ermöglicht es den Unternehmen, sich frei zu entscheiden und mit bereits vertrauten Kalkulationsmethoden fortzufahren. International tätige Unternehmen könnten darüber hinaus ihre Berechnungssysteme in den USA und der EU harmonisieren und dadurch Synergien heben.

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Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

Rechtspolitik Vergaberechtsreform Spätestens ab 2018 sollen alle Vergabeverfahren elektronisch durchgeführt werden

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz) sowie der Verordnung zur Modernisierung des Vergaberechts hat Deutschland die EU-Vergaberichtlinien für Beschaffungen im Oberschwellenbereich umgesetzt. Die Regelungen sehen unter anderem vor, dass Vergabeverfahren künftig vollständig elektronisch durchgeführt werden sollen. Dazu müssen nun die notwendigen Rahmenparameter festgelegt und Systeme für eine bundesweit einheitliche digitale Vergabe geschaffen werden. Durch die Neuordnung der bisherigen Vergaberechtsstruktur, die Einführung eines elektronischen Beschaffungssystems und die Berücksichtigung sogenannter strategischer Aspekte bringt die Vergaberechtsreform für das öffentliche Auftragswesen einen erheblichen Wandel sowohl im europäischen als auch im nationalen Kontext. Welche Auswirkungen die Reform für die Automobilindustrie, für die die öffentliche Hand ein wichtiger Kunde ist, haben wird, bleibt abzuwarten. Die mit der Vergaberechtsreform verfolgten Ziele der Vereinheitlichung der Vergabeverfahren innerhalb der Europäischen Union, der effizienteren, einfacheren und flexibleren Ausgestaltung von Vergabeverfahren, der Förderung der Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen an öffentlichen Vergabeverfahren, der Stärkung einer nachhaltigen und innovativen Beschaffung sowie der Vereinfachung der Eignungsprüfung begrüßt der VDA im Grundsatz und hat deshalb darauf gedrungen, Defizite der EU-Richtlinien im nationalen Gesetzgebungsverfahren auszugleichen. Allerdings ist die beschlossene Umstrukturierung des Vergaberechts unzureichend. Die Automobilindustrie kritisiert insbesondere, dass das bisher bewährte Kaskadensystem für die öffentliche Auftragsvergabe abgeschafft wurde. Das Kaskadensystem hat eine Hierarchie von Rechtsquellen geschaffen, die für die Vergabe ausschlaggebend waren. Die Wirtschaft konnte als Auftragnehmer bisher in

den Vergabeausschüssen mitwirken, sodass Beschaffungsprozesse praxisnah und wirtschaftlich zwischen den privaten und dem öffentlichen Marktteilnehmer ausgestaltet werden konnten. Eine echte Strukturreform des Vergaberechts hätte darauf abzielen müssen, die Vielzahl der Landesvergabegesetze mit ihren unterschiedlichen Regelungen abzuschaffen und sie durch ein einheitliches Bundesvergabegesetz zu ersetzen. Eine Verbesserung stellt dagegen die neue einheitliche europäische Eignungserklärung dar, mit der der Vergabeprozess vereinfacht werden soll. Unternehmen wird die Teilnahme an Vergaben grundsätzlich erleichtert. Bewerber müssen nicht mehr alle geforderten Nachweise für ihre Eignung gleich zu Beginn des Verfahrens erbringen. Vielmehr reicht eine standardisierte Eigenerklärung aus, um an einer Ausschreibung teilzunehmen. Das Unternehmen, das den Zuschlag erhält, muss anschließend alle Dokumente zum Nachweis einreichen. Durch den geringeren administrativen Aufwand besteht die Chance, dass kleine und mittlere Unternehmen stärker an Ausschreibungen teilnehmen. Äußerst kritisch sieht der VDA jedoch die Vorgabe sogenannter strategischer Aspekte. Soziale, ökologische und innovative Aspekte werden künftig bei Vergaben berücksichtigt. Die öffentliche Auftragsvergabe kann dadurch komplizierter und weniger transparent werden. Die Vorgabe strategischer Ziele wird darüber hinaus eine effiziente und wirtschaftliche Beschaffung erschweren. Der Gesetzgeber fordert dabei, dass Unternehmen die neuen Anforderungen auch gegenüber Lieferanten durchsetzen und überwachen müssen. Dazu wären teilweise weltweite Kontroll- und Zertifizierungssysteme notwendig, die in der Praxis kaum umzusetzen sind. Größeren Unternehmen wird es voraussichtlich leichter fallen, die neuen Anforderungen zu erfüllen. Das Ziel des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen am öffentlichen Beschaffungsprozess besser zu beteiligen, wird dadurch gefährdet.

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur

EU-Einheitspatent Die Automobilindustrie ist einer der führenden europäischen Patentanmelder. Ein starker Patentschutz ist für die Unternehmen wichtig, um ihre Innovationen effektiv schützen zu können. Der VDA setzt sich seit Langem für ein schlank strukturiertes und kostengünstiges EU-Patentsystem ein. Europa war auf diesem Weg mit der Entscheidung über die Kostenstruktur eines einheitlichen Patents dem Ziel sehr nahegekommen. Durch das Brexit-Referendum des Vereinigten Königreichs wird die Einführung des Einheitspatents wieder verzögert, wenn nicht sogar gefährdet. Der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes hat eine lange erwartete Entscheidung über die Kostenstruktur eines einheitlichen Patents getroffen. Demnach sollen die Jahresgebühren für ein Patent, das in den 25 teilnehmenden EU-Staaten gilt, der Gesamtsumme der Jahresgebühren in Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden entsprechen (True Top 4). In diesen vier Ländern werden europäische Patente derzeit am häufigsten validiert. Derzeit müssen europäische Patente in jedem EU-Land, in dem der Schutz gelten soll, einzeln validiert werden. In der Praxis werden Patente von der Automobilindustrie jedoch in der Regel nur in drei bis vier EU-Mitgliedstaaten validiert. Für die deutsche Automobilindustrie war entscheidend, dass das neue System keine wesentlich höheren Patentkosten als bisher verursacht. Deshalb begrüßt der VDA den Beschluss zum Gebührensystem (True Top 4). Über Streitigkeiten rund um Patente entscheiden in Europa derzeit nationale Gerichte und Behörden. Mit dem Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht wurde die Schaffung eines eigenständigen Patentgerichts beschlossen, das allein für Streitigkeiten über europäische Patente bzw. einheitliche Patente zuständig sein soll. Das Abkommen wurde 2013 von 25 EU-Mitgliedsstaaten geschlossen. Es muss von mindestens 13 Staaten ratifiziert werden, um in Kraft treten zu können. Darunter müssen zwingend die drei Staaten mit den meisten geltenden europäischen Patenten sein: Deutschland, Frankreich und Vereinigtes Königreich. Das Brexit-Referendum hat somit grundlegende Auswirkungen auf die Einführung des EU-Einheitspatents. Es gilt nun, Wege zu finden und zu nutzen, die eine zügige Einführung des EU-Einheitspatents mit Beteiligung des Vereinigten Königreichs sicherstellen.

Der VDA setzt sich für eine zügige Einführung des EU-Einheitspatents mit Beteiligung des Vereinigten Königreichs ein

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Umwelt und Klima

Umwelt und Klima Klima- und Umweltschutz sind Kernanliegen der Automobilindustrie. Hersteller und Zulieferer leisten ihren Beitrag zum Erreichen der ehrgeizigen europäischen CO2-Ziele. Sie setzen auf moderne Abgastechnologie und nachhaltige Produktion.

Umwelt und Klima

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Frank Bez, Industriemechaniker und Maschinenbautechniker, Produktionstechniker in der Diffusion, Robert Bosch GmbH, Reutlingen

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Umwelt und Klima

Straßenverkehr und CO2-Emissionen Deutsche Hersteller senken CO2-Ausstoß um 3,4 Prozent auf durchschnittlich 126,8 g / km

Diese Zahl hat sich innerhalb von zwei Jahren verdreifacht. 126 Modelle mit einem deutschen Konzernlogo liegen sogar unter 95 g/km CO2.

Die deutsche Automobilindustrie hat die CO2-Emissionen und den Verbrauch ihrer neuen Pkw auch 2015 weiter gesenkt. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Neuwagen der deutschen Hersteller ging um 3,4 Prozent auf 126,8 Gramm CO2 je Kilometer (g/km) zurück. Das entspricht einem Kraftstoffverbrauch von rund 5,2 Litern auf 100 Kilometer. Die deutschen Konzernmarken hatten Ende 2015 über 1.000 Modelle mit einem CO2-Ausstoß von unter 120 g/km im Angebot. Darüber hinaus wurden 241 Modelle angeboten, die weniger als 100 g/km CO2 emittieren – das entspricht einem Kraftstoffverbrauch von unter 4 Litern auf 100 Kilometer.

Auch bei den Gesamtemissionen des Straßenverkehrs in Deutschland ist ein positiver Trend zu erkennen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1990 nahmen der Güter- und Personenverkehr sowie die CO2-Emissionen aus dem Verkehr stark zu. Nach dem Anstieg in den 1990erJahren gingen die CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr in Deutschland nach Zahlen des Nationalen Inventarberichts des Umweltbundesamtes dann von 1999

Energieeffizienz Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs im Personen- und Güterverkehr

MJ/100 Pkm*

60

40

20

0 1990

2000

2005

* 1 Tonnenkilometer entspricht 10 Personenkilometern.

2010

2014

Quelle: AG Energiebilanzen e. V.

Umwelt und Klima

bis 2010 um rund 30 Millionen Tonnen zurück. Heute liegen die Gesamtemissionen bei viel höheren Transportund Verkehrsleistungen auf dem niedrigen Niveau von 1990. Dafür war vor allem die Reduzierung des spezifischen Energieverbrauchs je Fahrzeug entscheidend. Heute werden rund 34 Megajoule Energieeinsatz je 100 Personenkilometer benötigt. 1990 mussten noch mehr als 55 Megajoule für die vergleichbare Leistung eingesetzt werden – etwa die Hälfte mehr. Dass die Gesamtemissionen des Verkehrs trotz dieser Reduktionsleistung beim einzelnen

Fahrzeug nicht ebenfalls deutlich gesunken sind, hat Gründe: So steigt der Pkw-Bestand Jahr für Jahr an – 2015 um 1,6 Prozent. Da die Fahrleistung pro Fahrzeug 2015 leicht zunahm, wuchsen die Fahrleistungen aller Pkw sogar um 2 Prozent. Durch die Bestandserneuerung wurden allerdings nur 7 Prozent aller Pkw auf deutschen Straßen durch sparsamere Neuwagen ersetzt. Um die zusätzlichen CO2-Emissionen aufgrund des Fahrleistungszuwachses auszugleichen, hätte die Verbrauchsreduktion bei den Neuwagen 2015 über 25 Prozent betragen müssen.

Modelle unter 120 Gramm 120 g CO 2 entsprechen 5,2 l Benzin bzw. 4,6 l Diesel

g/km CO 2

1.200

1.000

800

600

400

200

0

1. Q. 2011

Deutsche Konzerne

1. Q. 2012 Importeure

1. Q. 2013

1. Q. 2014

1. Q. 2015

1. Q. 2016

Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, VDA

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Umwelt und Klima

CO2-Regulierung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge Regulierung bis 2020 Seit dem Jahr 2009 sind Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in der EU einer CO2Regulierung unterworfen. Der durchschnittliche Ausstoß aller neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers darf demnach einen gesetzlich fixierten Grenzwert in Gramm CO2 pro Kilometer in einem Jahr nicht überschreiten. Für Pkw galt zunächst ein Ziel von 130 g/km für das Jahr 2015. Dieser Wert wird bis 2021 auf 95 g/km abgesenkt. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß leichter Nutzfahrzeuge musste bis 2014 auf 175 g/km reduziert werden, im Jahr 2020 wird ein Grenzwert von 147 g/km verbindlich. Die CO2-Regulierungen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge

CO2-Zielwerte: hohe Anforderungen an die Automobilindustrie

2006 – 2015 In den neun Jahren von 2006 bis 2015 wurde eine Reduktion der durchschnittlichen Emissionen der Neuwagen um 30 g/km CO2 verlangt – von 160 g/km CO2  auf 130 g/km CO2 .

Durchschnittsgewicht der Fahrzeugflotte in Kilogramm

in g CO 2/km

200

170

160

2015 – 2021 Tempoverschärfung: In den sechs Jahren zwischen 2015 und 2021 müssen sie um 35 g CO2 /km gesenkt werden – von 130 g CO2 /km auf 95 g CO2 /km.

folgen den gleichen Prinzipien. Die Regulierung setzt keinen europäischen Einheitswert, sondern berücksichtigt grundsätzlich die unterschiedlichen Produktpaletten der Konzerne. So muss nicht jeder einzelne Hersteller den europäischen Gesamtflottenwert von 95 g/km bei Pkw bzw. 147 g/km bei leichten Nutzfahrzeugen einhalten. Vielmehr wird für jeden Hersteller ein spezifischer Grenzwert errechnet, der auf dem durchschnittlichen Fahrzeuggewicht der Herstellerflotten beruht. Im Durchschnitt aller Hersteller ist damit statistisch sichergestellt, dass der europäische Flottenwert erreicht wird.

Honda Hyundai 140 130 9 Jahre

Daimler

VW

Fiat Renault

BMW

GM

Toyota Ford

110 6 Jahre

95

80 1.100 EU: Flotte 2006

1.200

1.300

EU: Zielkurve 2015

1.400

1.500

EU: Zielkurve 2021

1.600

1.700 Quelle: EU, EEA

Umwelt und Klima

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Elemente der CO2-Regulierung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge Pkw Definition

Ziel 2015

Leichte Nutzfahrzeuge Ziel 2021

Ziel 2014

Ziel 2020

Gewichtsbasierter Ansatz

130 g/km CO 2 (Verordnung EU 433/2009)

175 g/km CO 2 (EU 510/2011)

Herstellerindividueller CO 2-Grenzwert orientiert sich am Gewicht des Fahrzeugs und wird individuell berechnet

95 g/km CO 2 (EU 433/2009 angepasst 2014)

147 g/km CO 2 (EU 510/2011 angepasst 2014)

Berechnungsformel: CO 2 = 130 + a (M - M 0)

Berechnungsformel: CO 2 = 95 + a (M - M 0)

Berechnungsformel: CO 2 = 175 + a (M - M 0)

Berechnungsformel: CO 2 = 147 + a (M - M 0) a = 0,096

a = 0,0457 M = Gewicht des fahrbereiten Pkw in kg M 0 = 1.372 kg (Ø-Gewicht) Anpassung des Ø-Gewichts ab 2016 an dreijährigen gleitenden Durchschnitt

Abflachung der Geradensteigung auf a = 0,0333

a = 0,093 M = Gewicht des fahrbereiten Pkw in kg M 0 = 1.706 kg (Ø-Gewicht) Anpassung des Ø-Gewichts ab 2018 an dreijährigen gleitenden Durchschnitt

Zielüberschreitung für - 1. Gramm CO 2: 5 € - 2. Gramm CO 2: 15 € - 3. Gramm CO 2: 25 € - 4. Gramm CO 2: 95 € je Fahrzeug

95 € je Gramm Zielverfehlung je Fahrzeug

Analog Pkw

Analog Pkw

Neuwagenflotte, die Grenzwert einhalten muss: - 2012 65 % - 2013 75 % - 2014 80 % - 2015 100 %

Neuwagenflotte, die Grenzwert einhalten muss: - 2020 95 % - 2021 100 %

Neuwageflotte, die Grenzwert einhalten muss: - 2014 70 % - 2015 75 % - 2016 80 % - 2017 100 %

Kein Phasing-in

Fahrz. mit weniger als 50 g/km CO 2 werden in - 2012/2013 3,5-fach - 2014 2,5-fach - 2015 1,5-fach - ab 2016 einfach angerechnet ohne Limitierung

Fahrz. mit weniger als 50 g/km CO 2 werden in - 2020 2-fach - 2021 1,67-fach - 2022 1,33-fach - ab 2023 einfach angerechnet mit Limitierung auf max. 7,5 g über Periode 2020–2023.

Fahrz. mit weniger als 50 g/km CO 2 werden in - 2014/2015 3,5-fach - in 2016 2,5-fach - in 2017 1,5-fach - ab 2018 einfach angerechnet ohne Limitierung

Keine Supercredits

Strafzahlungen Falls Hersteller vorgesehene CO 2-Ziele nicht erreicht, muss gestaffelt je nach Zielüberschreitung eine Strafe gezahlt werden

Phasing-in Gestaffelte Einführung: steigender Anteil an Fahrzeugen, die die neuen Vorgaben (bis 2015 bzw. ab 2020) erfüllen müssen

Supercredits Förderung hocheffizienter Fahrzeuge durch Mehrfachanrechnung in der CO 2-Bilanz

Öko-Innovationen Technologien, die im offiziellen Testverfahren (NEFZ) nicht messbar sind, aber eindeutiges CO 2Einsparpotenzial haben

Ausnahmeregelungen Um die wirtschaftliche Existenz von Herstellern mit kleiner Flotte sicherzustellen, werden Ausnahmeregelungen gewährt

Pooling

Können bis maximal 7 g CO 2 auf den Flottendurchschnitt angerechnet werden (Beispiele sind Solardächer, Abgaswärmerückgewinnung etc.)

Können bis maximal 7 g CO 2 auf den Flottendurchschnitt angerechnet werden

Hersteller mit Zulassungen unter 1.000 Einheiten werden gar nicht betrachtet. Hersteller mit Zulassungen zwischen 1.000 und 10.000 Einheiten bekommen ein individuell mit der EU-Kommission vereinbartes Ziel.

Hersteller mit Zulassungen unter 1.000 Einheiten werden nicht betrachtet. Hersteller mit Zulassungen zwischen 1.000 und 22.000 Einheiten bekommen ein individuell mit der EU-Kommission vereinbartes Ziel.

Hersteller mit 10.000– 300.000 zugelassenen Pkw in der EU: Minderungsziel von 25 % bezogen auf die Emissionen in 2007 möglich

Hersteller mit 10.000– 300.000 zugelassenen Pkw in der EU: Minderungsziel von 45 % bezogen auf die Emissionen in 2007 möglich

Zusammenfassung verschiedener Fahrzeughersteller in einem Konzern Quelle: VDA

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Umwelt und Klima

CO2-Regulierung nach 2020 Die CO2-Regulierung für die Zeit nach 2020 muss grundsätzlich neu überdacht werden

Die Verbrauchsreduzierung bei Neuwagen hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Der Kraftstoffverbrauch und damit der CO2-Ausstoß von Neuwagen sind kontinuierlich gesunken. Doch die Erfolge der vergangenen Jahre können nicht ohne Weiteres über das Jahr 2020 hinaus in die Zukunft fortgeschrieben werden. Denn die Technologien, die bisher zur Verbrauchsreduzierung beigetragen haben, werden mit steigendem Optimierungsgrad immer aufwendiger. Für die Zukunft ist von einem exponentiellen Anstieg der Entwicklungskosten für diese Technologien zu rechnen. Um das Tempo der CO2-Reduktion beizubehalten, muss die europäische CO2-Regulierung daher für die Zeit nach 2020 grundsätzlich neu überdacht werden. Die EU hat schon heute die weltweit ambitioniertesten Flottenziele: In den USA sind bis 2020 nur 121 g/km vorgeschrieben, in China 117 g/km, in Japan 105 g/km. Die bestehende Regulierung ist allein auf die technische Effizienz von Neuwagen ausgerichtet. Die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs werden aber von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören die Fahrzeugeffizienz, die Fahrleistung und die Lebensdauer eines Autos, der Fahrstil, der Fahrzeugbestand oder der CO2-Gehalt der Energieträger. Eine überzeugende und umfassende politische Strategie muss alle Faktoren berücksichtigen und die jeweiligen Potenziale zur CO2-Reduzierung ausschöpfen. Für die gesamten Verkehrsemissionen ist vor allem der Fahrzeugbestand maßgebend:

Das europäische CO2-Ziel als international schärfste Regelung in g/km

150

5,2 Liter

5,0 Liter 4,5 Liter 3,8 Liter

100

50

0 USA

China

Japan

Europa

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, VDA

Umwelt und Klima

In Westeuropa werden jährlich ca. 12 bis 14 Mio. Neuwagen zugelassen. Nur auf diese Neuwagen bezieht sich die aktuelle Regulierung. Der Bestand von ca. 250 Mio. Fahrzeugen wird von der Regulierung dagegen nicht erfasst. Daher muss ein umfassender Regulierungsansatz vor allem eine rasche Bestandserneuerung anregen. Wenn neue Pkw wegen überzogener CO2-Ziele künftig jedoch mit immer aufwendigeren Technologien ausgestattet werden müssten, könnte die Gefahr entstehen, dass Autofahrer aus finanziellen Gründen an ihren alten Pkw festhalten. Eine langfristige CO2-Reduktion ist jedoch nur möglich, wenn möglichst viele neue, effiziente Pkw verkauft werden. Neben der mangelnden Berücksichtigung des Pkw-Bestands trägt die aktuelle CO2Regulierung auch technologischen Entwicklungen zu wenig Rechnung. Bereits das 95-Gramm-Ziel für 2020 ist mit konventioneller Technologie allein nicht zu erreichen. Der notwendige Umstieg auf alternative Antriebe, insbesondere die Elektromobilität, kommt jedoch derzeit nicht rasch genug voran. Die Fragen nach Marktanreizen und nach der Tank- bzw. Ladeinfrastruktur für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben werden von der Politik bisher nur zögerlich beantwortet. Eine rein produktbezogene Grenzwertpolitik der EU, die die Entwicklung von Technologien einerseits und die Nachfrage der Kunden andererseits nicht berücksichtigt, wäre einseitig und unausgewogen. Auch volkswirtschaftlich bestehen erhebliche Schwächen und Risiken.

Klimapolitische Schwächen und wirtschaftspolitische Risiken

Keine lineare Fortschreibung der Regulierung, weil ...

Klimapolitische Schwächen

· Fokus nur auf technische Effizienz von Neuwagen · Absolute Verkehrsemissionen (Laufleistung, Flotte etc.) nicht adressiert

Wirtschaftspolitische Risiken

· Erfolg und Kosten alternativer Antriebe? · Verbrennungsmotor finanziert Übergang zu alternativen Antrieben · Volkswirtschaftliche Effizienz?

· Überambitionierte Grenzwerte belasten Flottenerneuerung

· Wertschöpfungsstruktur von Volumenund Premiumautos

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, VDA

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Umwelt und Klima

Denn wird die geltende CO2-Regulierung einfach fortgeschrieben, so könnte dies einem politisch erzwungenen, verfrühten Ende des Verbrennungsmotors gleichkommen. Damit würde einer der wichtigsten Industriebranchen Europas die finanzielle Basis für Investitionen in neue Antriebstechnologien entzogen. Eine solche Politik wäre nicht technologieneutral und würde das vielfältige Herstellerportfolio massiv einschränken. Die EU würde damit wiederum ihr übergeordnetes Ziel, den BIP-Anteil der Industrie auf 20 Prozent zu erhöhen, durch klimapolitische Überregulierung konterkarieren. Industriepolitisch gilt es, die erfolgreiche Wertschöpfungsstruktur von Volumen- und Premiumautos am Standort Deutschland und Europa nachhaltig sicherzustellen. Das 20-Prozent-Industrieziel muss daher den gleichen Stellenwert wie das 20-Prozent-Klimaziel erhalten.

Vorschläge für effektiven Klimaschutz Der Königsweg für eine Regulierung nach 2020 muss noch gefunden werden. Dennoch lassen sich aus den Erfahrungen der Vergangenheit Grundprinzipien ableiten, die künftig angewendet werden sollten. So darf eine effektive Reduktion der absoluten CO2-Emissionen nicht nur angebotsseitig bei den Neuwagen allein ansetzen, sondern muss wesentlich breiter aufgestellt werden. Daher schlägt der VDA eine Zweisäulenstrategie vor. Einerseits muss die Automobilindustrie auch in Zukunft die Effizienz ihrer Neuwagen immer weiter verbessern. Gesetzliche Reduktionsverpflichtungen sind zweckmäßig – sofern sie den Markthochlauf alternativer Antriebe berücksichtigen. Wichtig

ist dabei, dass die Umstellung des CO2-Prüfverfahrens vom heutigen Testzyklus NEFZ auf den künftigen Zyklus WLTP keine indirekte Zielverschärfung mit sich bringt. Öko-Innovationen und andere flexible Instrumente, die den CO2-Ausstoß reduzieren, sollten auch künftig Berücksichtigung finden. Hierzu gehören auch Verbrennungsmotoren mit regenerativen Kraftstoffen. Überdies sollte die nächste Regulierungsperiode – analog zu anderen klima- und energiepolitischen Zielen – auf das Jahr 2030 statt auf 2025 ausgerichtet werden. Andererseits muss die bisherige, rein angebotsseitige Regulierungsmethodik um eine Gesamtstrategie auf der Energieträgerund Nachfrageseite ergänzt werden. Es geht darum, die CO2-Emissionen des gesamten Straßenverkehrs zu reduzieren und nicht nur die von Neuwagen. Die erwähnten weiteren Einflussfaktoren auf den CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs müssen dafür berücksichtigt werden. Das gilt insbesondere für die Fahrleistung bzw. Lebensdauer der Autos und den CO2-Gehalt der Energieträger, also Kraftstoffe oder Strom. Dazu könnten zum Beispiel Kraftstoffe in den Emissionshandel (ETS) einbezogen werden – ergänzend zur Flottenregulierung. Auch intelligente, digitale Technologien etwa zur Verkehrsführung oder Stauvermeidung sollten einbezogen werden, weil sie heute mehr denn je enorme Effizienzpotenziale bieten. Gleiches gilt für CO2-Einsparung durch eine intelligente Fahrweise der Autofahrer. Um den Markthochlauf von Elektrofahrzeugen zu sichern, bedarf es darüber hinaus einer aktiven, nachfrageorientierten Politik der EU-Mitgliedsstaaten, um die neue Technologie zu unterstützen.

Künftige CO2-Strategie auf zwei Säulen stellen

CO2 nach 2020 · · · ·

Nutzung aller Optimierungspotenziale Regulierung mit Zieljahr 2030 der EU-Klimapolitik harmonisieren CO2-Ziele in Abhängigkeit von Markterfolg und Infrastruktur für alternative Antriebe Technologieneutralität – sinnvolles Zusammenspiel von alternativen Antrieben und Verbrennungsmotor mit regenerativen Kraftstoffen

CO 2-Reduktionspotenziale innerhalb der Automobilindustrie · Reduktionsvorgaben für Neuwagen · Optimierung konventioneller Technologien · Hochlauf alternativer Antriebe · Anrechnung zusätzlicher Maßnahmen, die zu nachweislichen Emissionsminderungen führen

CO 2-Reduktionspotenziale außerhalb der Automobilindustrie · Klimaneutrale Kraftstoffe fördern / Emissionshandel auf Kraftstoffe ausweiten · Bestandsflotte beteiligen und erneuern · Förderpolitiken und Infrastruktur für alternative Antriebe · Effizientes Fahren fördern · Digitale Infrastruktur für automatisiertes und vernetztes Fahren ausbauen

Leitbild: Mehr Klimaschutz durch bessere und umfassendere Regulierung

Quelle: VDA

UMWELT UND KLIMA

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Einflussfaktoren auf die absoluten Verkehrsemissionen

Umfassender Lösungsansatz Alle Ansatzpunkte des CO 2-Ausstoßes betrachten

Technik Neuwagen (Verbrauch in g/km CO 2)

Fahrweise und Laufleistung

Fahrzeugbestand

CO 2-Gehalt Energieträger (Kraftstoffe /Strom)

Infrastruktur

Quelle: VDA

Die Regulierung lässt Fahrzeugbestand außer Acht in Millionen

Pkw-Neuzulassungen = 14 Mio.

Pkw-Bestand = 250 Mio.

Quelle: VDA

CO2-Emissionen von Pkw-Neuzulassungen in der EU Mittlerer CO 2-Ausstoß von Pkw in der EU

in g/km CO 2

200 2006–2015

-25 %

150

100

50

0 2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015 Quelle: VDA

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Umwelt und Klima

Pkw-Energieeffizienz

Pkw-Label Das Pkw-Label soll Verbrauchern beim Autokauf helfen, die Energieeffizienz und die Klimafreundlichkeit eines Neuwagens besser einschätzen zu können. Es weist dazu den CO2-Ausstoß, den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Effizienz eines Neuwagens aus. Grundlage für das Pkw-Label ist die EU-Richtlinie 1999/94/EG. Sie fordert, dass Verbraucher über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines Neuwagens in der Werbung oder im Autohaus standardisiert informiert werden. Die genaue Darstellung dieser Informationen wird jedoch den einzelnen Staaten überlassen. In Deutschland sind Hersteller und Händler bereits seit 2004 verpflichtet, eine Energieverbrauchskennzeichnung auszuweisen. Ende 2011 wurde diese Kennzeichnung maßgeblich verbessert. Kern der neuen Kennzeichnung ist eine Farbskala, an der Autokäufer die Energieeffizienz eines Neuwagens ablesen können. Das Pkw-Label orientiert sich am etablierten Effizienzlabel für Elektrogeräte, dessen Farbskala von Grün bis Rot den Verbrauchern seit Jahren vertraut ist. Fahrzeuge, die wesentlich bessere CO2-Werte als der Durchschnitt haben, werden in grüne Klassen eingeteilt. Fahrzeuge, die dem Durchschnitt entsprechen, werden gelb eingestuft, und Fahrzeuge, die schlechter als der Durchschnitt sind, werden rot gekennzeichnet. Wenn sich die CO2-Werte der Pkw, die auf dem Markt angeboten werden, in Zukunft verbessern, wird das System verschärft. Ergänzt wird die Farbskala durch Angaben zu den durchschnittlichen Kraftstoffkosten sowie zur Höhe der CO2-basierten Kfz-Steuer pro Jahr, damit der Käufer auch diese laufenden Kosten des Fahrzeugs in seine Kaufentscheidung einbeziehen kann. Das Label soll in erster Linie privaten oder gewerblichen Käufern und Interessenten Orientierung geben, aber auch Autohändlern dabei helfen, Energieeffizienz als Verkaufsargument zu nutzen. Anhand der Farbskala sieht der Kunde sofort, ob ein Neuwagen im Verhältnis zu seinem Fahrzeuggewicht sparsam ist oder nicht. Das ermöglicht vor allem, in einem Fahrzeugsegment zu vergleichen – etwa Kompaktwagen mit Kompaktwagen oder Familien-Vans mit Familien-Vans. Für Autokäufer ist die Hilfestellung des Pkw-Labels immer wichtiger. Laut einer Befragung der dena im Jahre 2015 betrachten 73 Prozent der Befragten, die das Pkw-Label kennen, es als „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“ für ihre Kaufentscheidung. Seit der Einführung der Kennzeichnung im Jahr 2011 ist dieser Wert um 15 Prozent gestiegen.

Umwelt und Klima

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Deutsches Pkw-Label

Fahrzeugspezifische Angaben Angabe der offiziellen Verbrauchsund CO2-Werte

Farbbalken zur Visualisierung der CO2-Effizienzskala

Einordnung des konkreten Fahrzeugs in die Effizienzklasse

Kraftstoffkosten und Kfz-Steuer pro Jahr

Quelle: EU Kom

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Umwelt und Klima

Klimaanlagen und Kältemittel Neue Autos müssen künftig mit einem klimafreundlichen Kältemittel befüllt werden

Klimaschutz hat für die deutsche Automobilindustrie Priorität. Das gilt nicht nur für immer effizientere Motoren, sondern auch bei der Verbesserung der Fahrzeugklimaanlagen. In Europa gelten dafür spätestens ab 2017 neue Anforderungen. So sind seit Anfang 2014 alle neu typgeprüften Fahrzeugmodelle mit einem klimafreundlichen Kältemittel zu befüllen. Ab Januar 2017 gilt diese Vorgabe für jedes Neufahrzeug. Um als klimafreundlich zu gelten, muss ein Kältemittel einen Treibhausfaktor von weniger als 150 aufweisen. Dieser Treibhausfaktor (GWP , Global Warming Potential) ist eine Maßzahl für die Klimaschädlichkeit eines Kältemittels im Verhältnis zur Klimawirksamkeit von CO2. Ein GWP von 150 bedeutet somit, dass 1 Kilogramm eines Kältemittels, das in die Atmosphäre entweicht, 150-mal so klimawirksam ist wie 1 Kilogramm CO2. Das Kältemittel R134a, das seit Ende der 1990er-Jahre eingesetzt wird, hat jedoch einen GWP von 1.430 und überschreitet damit den Grenzwert deutlich. Daher muss dieses Kältemittel ersetzt werden. Die Automobilindustrie begann bereits Anfang der 1990er-Jahre, mögliche Alternativen zu dem zu dieser Zeit eingesetzten Kältemittel zu prüfen. Zwischenzeitlich haben

sich zwei Kältemittel als Alternativen etabliert. R1234yf wird bereits heute in vielen neuen Fahrzeugmodellen eingesetzt. Es kann, ebenso wie das zuvor verwendete R134a, bei dem bisher üblichen Druckniveau von rund 30 bar in Klimaanlagen im Auto verwendet werden. Zudem ist R1234yf weitgehend kompatibel mit der Technik vorhandener Klimaanlagen. Ab Januar 2017 wird der größte Teil der Neufahrzeuge in der EU mit diesem Kältemittel ausgestattet. Auch CO2 kann als Kältemittel eingesetzt werden, es wird in diesem Zusammenhang als R777 bezeichnet. Die CO2-Technologie wurde zwischenzeitlich zur Serienreife weiterentwickelt. Da die besonderen Kältemitteleigenschaften – wie etwa die hohen Systemdrücke – grundlegende Neuentwicklungen aller Komponenten des Kältekreislaufs erforderlich gemacht hatten, war dies sehr aufwendig. Der VDA hat zusammen mit dem Normenausschuss Automobiltechnik ein umfangreiches Normungswerk für Komponenten der CO2-Klimaanlage entwickelt. Damit wird weltweit ein einheitlicher Standard sichergestellt, der durch die Normierung eine Massenproduktion solcher Komponenten ermöglicht.

Kältemittel für Klimaanlagen im Vergleich Kältemittel R 12 R 134a R 1234yf R 744 CO2

Klimawirksames Potenzial GWP 10.890

Ozonschichtschädigendes Potenzial (ODP) ja

1.430

nein

1–4

nein

1

nein Quelle: IPCC, VDA

Umwelt und Klima

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CO2-Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen Schwere Nutzfahrzeuge spielen eine unverzichtbare Rolle für den Waren- und Güterverkehr in Deutschland und Europa. Mit mehr als 460 Mrd. Tonnenkilometern übernehmen tragen sie rund 71 Prozent der Verkehrsleistung im Gütertransport in Deutschland. Zugleich sind schwere Nutzfahrzeuge für rund 5 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Europa verantwortlich. Der Nutzfahrzeugindustrie ist es mit zahlreichen technologischen Innovationen gelungen, die CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge in den vergangenen Jahrzehnten bereits massiv zu reduzieren. So ist der Kraftstoffverbrauch schwerer Nutzfahrzeuge nach Untersuchungen von Fachzeitschriften seit Mitte der 1960er-Jahre um rund 60 Prozent je Tonnenkilometer zurückgegangen. Gleichzeitig konnten mit Einführung der Euro-Normen die Schadstoffemissionen, vor allem Stickoxide und Feinstaubpartikel, nachhaltig reduziert werden. Die CO2-Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen sollen auch in den kommenden Jahren weiter sinken. Eine gesetzliche Regulierung nach dem Vorbild der CO2-Regulierung für Pkw ist für schwere Nutzfahrzeuge jedoch nicht sinnvoll. Denn im Gegensatz zu Pkw besteht für Nutzfahrzeuge eine völlig andere Ausgangssituation. So werden schwere Nutzfahrzeuge ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eingesetzt. Mit einem Anteil von rund 30 Prozent bilden die Kraftstoffkosten in der Regel den größten Einzelposten der gesamten Betriebskosten. Allein deswegen haben die Betreiber von Lkw ein massives Interesse an neuen Fahrzeugen mit immer niedrigerem Kraftstoffverbrauch. Sie üben damit einen erheblichen marktwirtschaftlichen Druck auf die Hersteller aus, die Kraftstoffverbräuche der Fahrzeuge und damit die CO2-Emissionen weiter zu reduzieren.

Eine CO2-Regulierung nach dem Vorbild Pkw ist für schwere Nutzfahrzeuge nicht sinnvoll

Entwicklung des Kraftstoffverbrauchs für schwere Nutzfahrzeuge je Tonnenkilometer in Europa

in Prozent

0

-20

seit 1965

-40

-60 % EU I

EU II

EU III

EU IV

EU V

EU VI

-60 1965

1975

1985

1995

2005

2014

Quelle: Lastauto Omnibus (1967–2010), Daimler AG (2011, 2014)

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Umwelt und Klima

Nutzfahrzeuge werden darüber hinaus in einer außerordentlich großen Variantenvielfalt betrieben – vom Fernverkehr über den regionalen und städtischen Verteilerverkehr bis hin zu Reiseund Stadtbussen oder Baufahrzeugen. Je nach Einsatzzweck bestehen erhebliche funktional bedingte Unterschiede beim Kraftstoffverbrauch. Hinzu kommt, dass kaum ein Nutzfahrzeug bereits vollkommen fertig vom Band eines Herstellers läuft. Stattdessen komplettieren Anhänger- und Aufbautenhersteller die Fahrzeuge, ohne dass die Fahrzeughersteller davon im Einzelfall Kenntnis haben. Zugleich haben Aufbauten und Anhänger erheblichen Einfluss auf Gewicht, Aerodynamik und weitere Faktoren, die den Kraftstoffverbrauch erheblich beeinflussen. Schließlich existiert im Gegensatz zu Pkw derzeit kein allgemein verbindlicher Testzyklus für schwere Nutzfahrzeuge, sodass bisher auch keine allgemein anerkannten Angaben zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen vorhanden sind. Die EU-Kommission hat bereits vor mehreren Jahren entschieden, zunächst Transparenz über die Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge herzustellen. Mithilfe des Simulationsprogramms VECTO (Vehicle Energy Consumption Calculation Tool) können Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen von Nutzfahrzeugen künftig realitätsnah bestimmt und zertifiziert werden. Dabei ermöglicht VECTO die

Betrachtung sowohl einzelner Fahrzeuge als auch von Fahrzeugkombinationen mit Anhängern und Aufbauten. Außerdem lässt sich der Einfluss verschiedener Komponenten auf den Kraftstoffverbrauch analysieren. VECTO schafft so Transparenz über den Kraftstoffverbrauch von Nutzfahrzeugen und erhöht gleichzeitig den Wettbewerbsdruck zwischen den Fahrzeugherstellern, noch effizientere Fahrzeuge anzubieten. Für eine nachhaltige Minderung der CO2-Emissionen des Straßengüterverkehrs sind darüber hinaus weitere Schritte erforderlich. Vor allem muss es im Rahmen eines integrierten Ansatzes darum gehen, alle CO2-Minderungspotenziale von fahrzeugtechnischen Maßnahmen über erneuerbare Kraftstoffe bis hin zum optimierten Betrieb der Fahrzeuge zu heben. Die europäischen Nutzfahrzeughersteller, ihre Zulieferer und viele weitere Beteiligte haben sich zu einem solchen integrierten Ansatz bekannt. Die europäischen Nutzfahrzeughersteller haben schon 2014 bei der IAA Nutzfahrzeuge deutlich gemacht, dass die jährlichen CO2-Einsparungen im Straßengüterverkehr mit einem integrierten Ansatz verdoppelt werden könnten.

CO2-Einsparpotenzial bei Lkw durch verschiedene Maßnahmen (Langstrecken- und Regionallieferverkehr in durchschnittlichen Zahlen)

Fahrzeugbezogene Maßnahmen zur Flotte

Fahrzeuge

CO 2Emissionen

Anhänger

Kraftstoffe

Unternehmen

Reifen Erneuerbare Treibstoffe

6% Motoreneffizienz

Gewicht und Größe

Leichtlaufreifen

Aerodynamik

Aerodynamik

GPS-Tempomat

Leichtbau

Luftdruckkontrolle

Nebenaggregate

Fahrertraining/ Assistenzsysteme

Super-SingleReifen

2,5 %

Betrieb

Biokraftstoffe der zweiten Generation Synthetische Kraftstoffe Erdgas

Flottenerneuerung

13 % Fahrertraining Frachtzusammenlegung Gewicht und Größe: EMS und andere effiziente Lösungen

2014

Infrastruktur

Bessere Infrastruktur Telematik

+5 % zus. Flottenerneuerung (Euro 0, I, II)

-20 % oder

-3,5 % jährlich

Verbesserter Verkehrsfluss

2020

Quelle: ACEA TML Report 2014

Umwelt und Klima

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Neue Gestaltungsmöglichkeiten für Lkw und Busse Die Europäische Union hat 2015 Möglichkeiten für weitreichende technische Änderungen bei Nutzfahrzeugen und Omnibussen geschaffen. Demnach können Nutzfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen zukünftig insgesamt länger werden, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Vorgaben der EU-Richtlinie 2015/719 ermöglichen es, dass die Fahrzeuge ohne Verlust von Ladefläche umgestaltet werden können. Um die Richtlinie in der Praxis umsetzen zu können, werden darüber hinaus die europäischen Typgenehmigungsvorschriften bis Ende 2016 angepasst. Durch die neuen Regeln sollen Nutzfahrzeuge in vielfältiger Weise verbessert werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Aerodynamik, der Schutz von Fußgängern, Radfahrern und anderen Fahrzeugen bei Kollisionen sowie der Komfort der Fahrer. Bei Omnibussen wurden die zulässigen Maximalgewichte angehoben. Damit entsteht zusätzlicher Spielraum für alternative Antriebe und für technische Maßnahmen zur barrierefreien Gestaltung von Reisebussen, wie zum Beispiel Hubliftsysteme. Damit Lkw-Fahrerhäuser aerodynamischer werden, müssen sie länger werden. Dadurch verändern sich sowohl der Fahrerplatz als auch die äußere Form der Lkw. Bei der Neugestaltung sind gleichzeitig zahlreiche gesetzliche Vorgaben etwa zur Beleuch-

tung oder zum Unterfahrschutz zu beachten. Darüber hinaus sollen neue, verbrauchsreduzierende Technologien in die Fahrzeuge gebracht werden. Für die Neugestaltung der Fahrerhäuser werden momentan verschiedene Ansätze verfolgt. Produktzyklen sind bei Nutzfahrzeugen in der Regel deutlich länger als bei Pkw. Die Nutzfahrzeughersteller können daher zunächst bestehende Modelle durch moderate aerodynamische Änderungen weiterentwickeln. Diese Änderungen können schnell bis zur Marktreife umgesetzt werden, ohne den bestehenden Typgenehmigungsprozess im Vergleich zu heutigen Nutzfahrzeugen zu erweitern. Ein weiter gehender Ansatz sieht die komplette Neukonstruktion von Fahrerhaus und Antrieb vor. Als Voraussetzung dafür müssen jedoch noch zahlreiche Anpassungen an bestehenden Regelwerken vorgenommen werden. Bei Anhängern können kurzfristig aerodynamische Anbauteile am Heck montiert werden – sogenannte Rear Flaps. Diese aerodynamischen Heckklappen können ohne weitere Prüfung bei der Typgenehmigung angebracht werden, wenn sie nicht länger als 50 Zentimeter sind. Für längere aerodynamische Anbauteile werden jedoch zahlreiche Nachweise zum sicheren Betrieb erforderlich.

88

Umwelt und Klima

Reduzierung von Abgasemissionen Die Automobilindustrie hat in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Erfolge bei der Luftreinhaltung erreicht. Trotz steigender Fahrleistungen gelang es seit Ende der 1980er-Jahre, klassische Schadstoffe durch konsequenten Technikeinsatz und verbesserten Kraftstoff zu mindern und zudem die CO2-Emissionen zu reduzieren. Entscheidende technische Neuerungen waren dabei die Einführung des Katalysators, die Reduzierung von Betankungsemissionen, der Partikelfilter beim Diesel-Pkw, SCR-Systeme bei schweren Nutzfahrzeugen und allgemein die weitere Optimierung der Motorentechnik. Wenngleich die stärkste Emissionsminderung in den 1990er Jahren erreicht wurde, wird die Abgasbelastung auch künftig weiter kontinuierlich sinken. Durch Einführung von Euro-6-Fahrzeugen, die künftig auch der Real-Driving-Emissions-Regulierung (RDE) entsprechen müssen, werden die Emissionen von Diesel-Pkw weiter drastisch reduziert – das gilt insbesondere für den Ausstoß von Stickstoffoxiden (NOx). Auf Basis des vom Heidelberger ifeu-Instituts im gemeinsamen Auftrag des VDA und des Umweltbundesamtes entwickelten Rechenmodells TREMOD lässt sich die sinkende Tendenz der Schadstoffemissionen quantifizieren. Dabei wird deutlich, dass die Emissionen des Straßenverkehrs in den kommenden Jahren weiter sinken werden.

Laut TREMOD gehen die Emissionen der einzelnen Abgase aus dem Straßenverkehr bis 2030 gegenüber dem Jahr 1990 jeweils um mindestens 90 Prozent zurück:

··Emissionen flüchtiger Kohlenwasserstoffe (HC) werden um 94 Prozent sinken.

··Feinstaub- bzw. Partikelemissionen (PM) gehen ebenfalls um 94 Prozent zurück.

··Kohlenmonoxidemissionen (CO) werden um 92 reduziert. ··Stickoxidabgase verringern sich um rund 90 Prozent. Vor allem bei Stickstoffoxiden (NOx) muss jedoch unterschieden werden. NOx setzt sich aus dem ungefährlichen Stickstoffmonoxid (NO) und dem Reizgas Stickstoffdioxid (NO2) zusammen. Laut dem Umweltbundesamt haben sich NO2-Immissionen in den vergangenen Jahren nur leicht verbessert. Von 2003 bis 2013 gingen die Werte der Verkehrsmessstationen von rund 48 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft auf 42 µg/m3 zurück. Der geringe Rückgang bei NO2 liegt unter anderem daran, dass die typprüfungsrelevante Größe nicht NO2, sondern Stickoxid insgesamt (NOx) ist. Hersteller und Zulieferer werden ihre Anstrengungen zur NO2-Minderung noch deutlich forcieren.

Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: HC-Emissionen

in Kilotonnen

Mrd. km

1.200

750 600 Emissionen flüchtiger Kohlenwasserstoffe

800

450

-94 %

400

300 150

0

0 1990

1995

Personenverkehr

2000 Güterverkehr

2005

2010 Fahrleistung

2015

2020

2025

2030

Quelle: ifeu, DIW

Umwelt und Klima

Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: Partikelemissionen

in Kilotonnen

Mrd. km

1.200

750 600 Feinstaub- bzw. Partikelemissionen

800

450

-94 %

400

300 150

0

0 1990

1995

Personenverkehr

2000

2005

Güterverkehr

2010

2015

2020

2025

Fahrleistung

2030

Quelle: ifeu, DIW

Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: CO-Emissionen

in Kilotonnen

Mrd. km

750

8.000

600

6.000

Kohlenmonoxidemissionen

450

-92 %

4.000

300

2.000

0

150 0 1990

1995

Personenverkehr

2000

2005

Güterverkehr

2010

2015

2020

2025

Fahrleistung

2030

Quelle: ifeu, DIW

Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: NO x-Emissionen

in Kilotonnen

Mrd. km

1.200

750 600

800

Stickoxidabgase

450

-90 %

300

400

150 0

0 1990

1995

Personenverkehr

2000 Güterverkehr

2005

2010 Fahrleistung

2015

2020

2025

2030

Quelle: ifeu, DIW

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Umwelt und Klima

Luftreinhaltung und Luftqualität im internationalen Vergleich Um die Luftqualität in ganz Europa zu verbessern, hat die EU Luftqualitätsgrenzwerte festgelegt, die in deutsches Recht überführt wurden. Diese Werte sind sehr anspruchsvoll. Vor allem beim Feinstaub werden Grenzwerte heute deutlich besser erreicht als noch vor zehn Jahren. Bei den Stickoxidemissionen bestehen dagegen noch größere Herausforderungen.

Feinstaub Für Feinstaub (PM10) gibt es zwei verschiedene Grenzwerte – einen für das Jahresmittel und einen für das Tagesmittel. Das Jahresmittel darf nicht über 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) liegen. Das Tagesmittel darf höchstens 50 µg/m³ erreichen, wobei dieser Wert 35-mal im Kalenderjahr überschritten werden kann. Diese Grenzwerte für Feinstaub (PM10) werden in Deutschland heute selbst an Messstationen neben stark befahrenen Straßen weitgehend eingehalten. Im Jahr 2015 haben nur noch zwei Messstellen die Grenzwerte überschritten. Eine davon befindet sich am Neckartor in Stuttgart. Selbst dort sind Erfolge der Luftqualitätsverbesserung deutlich sichtbar. Von 187 Überschreitungen im Jahr 2005 konnte innerhalb von zehn Jahren die Überschreitungshäufigkeit auf rund 70 reduziert werden. Der Jahresmittelgrenzwert für Feinstaub wird heute an allen

Stationen in Deutschland eingehalten. Auch im Jahr 2015 hat sich wieder gezeigt, dass die Tagesgrenzwerte fast nur im Winter überschritten werden. Hintergrund sind vor allem die meteorologischen Bedingungen in den Wintermonaten. Insbesondere bei großflächigen winterlichen Hochdrucklagen mit Trockenheit und starker Sonneneinstrahlung können die Tagesgrenzwerte überschritten werden. Im Sommer hingegen sind Überschreitungen des Tagesgrenzwerts selten zu verzeichnen. Zudem sind Grenzwertüberschreitungen oftmals gleichzeitig in großen Gebieten zu beobachten. So lagen zum Beispiel die 48 Stationen, die in der ersten Jahreshälfte 2014 20 und mehr Überschreitungstage aufwiesen, zu drei Vierteln in den neuen Bundesländern, die eher dünn besiedelt sind. Das zeigt, dass hohe Feinstaubbelastungen meist überwiegend meteorologisch begründet sind. Am Beispiel des Feinstaubalarms in Stuttgart Anfang 2016 lässt sich veranschaulichen, dass der Straßenverkehr heute kaum noch für Grenzwertüberschreitungen verantwortlich gemacht werden kann. Obwohl weniger Fahrzeuge auf der Straße fuhren, stiegen die Feinstaubbelastungen an den Tagen, an denen der Feinstaubalarm bestand, deutlich an.

Feinstaubalarm Stuttgart 2016 Aktuelle PM10-Verläufe am Neckartor

in µg/m 3

150

100

50

0 15.01. mit Feinstaubalarm

16.01.

17.01.

ohne Feinstaubalarm

18.01 Grenzwert

19.01.

20.01.

21.01.

22.01.

23.01.

24.01.

Quelle: LUBW, vorläufige Werte

Umwelt und Klima

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92

Umwelt und Klima

In Peking erreicht die Feinstaubbelastung Werte, die in Deutschland noch nie gemessen wurden

Die Automobilindustrie hat ihren Anteil zur Feinstaubminderung geleistet. Bei modernen Pkw spielen die Feinstaubemissionen des Motors so gut wie keine Rolle mehr. Nach offiziellen Angaben tragen selbst in Berlin die Autoabgase nur noch zu etwa 7 Prozent zum Feinstaubaufkommen bei. Hingegen sind Baumaschinen mit über 12 Prozent beteiligt. Das Umweltbundesministerium stellt fest, dass die Abgase der Heizungen und offenen Kamine mittlerweile für einen größeren Anteil an den gesamten Feinstaubemissionen verantwortlich sind als die Kraftfahrzeugmotoren. Das wird an einem Beispiel besonders anschaulich: Der Motor eines voll beladenen 40-Tonnen-Lastzuges emittiert auf der Fahrt von Berlin nach Hamburg die gleiche Menge Feinstaub wie ein Raucher, der eine Schachtel Zigaretten raucht. Im internationalen Vergleich sind die deutschen Städte in einer ausgesprochen guten Situation. So liegen die Feinstaubemissionen in der chinesischen Hauptstadt Peking deutlich über den Werten, die in Deutschland zu beobachten sind, und erreichen Höhen, die hierzulande noch nie gemessen wurden. Aber auch dort sind Versuche, die Belastung mit Fahrverboten in den Griff zu bekommen, vergeblich. Trotz eines halbierten Verkehrsaufkommens durch Fahrverbote wurde keine wesentliche Veränderung des Feinstaubspiegels erreicht. Dagegen ist auch in Peking der Einfluss des Wetters eindeutig. Vor allem das Ausbleiben von Wind ist ein wesentlicher Faktor für hohe Belastungen. Die Feinstaubwerte fallen dagegen merklich ab, wenn stärkere Windbewegungen zu verzeichnen sind. In Mailand wird ein anderer Faktor deutlich, nämlich die Inversionswetterlage. Dort verläuft die Temperaturkurve sehr ähnlich wie die Feinstaubkurve, auch eingeschränkte Fahrverbote konnten in Mailand nicht zu einer Änderung führen.

Umwelt und Klima

Feinstaubbelastung Peking 2015 Der Wind vertreibt den Feinstaub

in µg/m 3

km/h

800

40

700

35

600

30

500

25

400

20

300

15

200

10

100

5 0

0 29.11. Peking PM10

02.12.

05.12.

08.12.

Mittelwind

11.12.

14.12

17.12.

20.12.

23.12.

Quelle: Amerikanische Botschaft Peking, DWD

Feinstaubbelastung Mailand 2015 PM10 und Temperaturverlauf weitgehend ähnlich

in µg/m 3

km/h

110

Fahrverbot

11

100

Mo.–Mi. 10–16 Uhr

10

90

Silvesterfeuerwerk

80

9 8

70

7

60

6

50

5

40

4

30

3

20

2

10

1

0

0 01.12. 04.12. 07.12. 10.12. 13.12. 16.12. 19.12 22.12. 25.12. 28.12. 31.12. 03.01. 06.01. Mailand-Verziere PM10

Temperatur

Quelle: ARPA Lombardia, DWD

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94

Umwelt und Klima

Stickoxide Die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxidemissionen (NO2) an Hauptverkehrsstraßen in Städten ist noch immer eine Herausforderung. Das liegt nicht zuletzt daran, dass zwar bereits seit 2010 schärfere Luftqualitätsgrenzwerte in der EU gelten, die strengere Euro-6-Abgasnorm für alle neu zugelassenen Diesel-Pkw aber erst seit September 2015 eingehalten werden muss. Mit der voranschreitenden Marktdurchdringung dieser modernen Antriebe wird die Luftqualität jedoch auch hinsichtlich der Stickoxidemissionen in den kommenden Jahren deutlich besser werden.

Auch die Einführung einer blauen Plakette kann hilfreich sein – jedoch nur, wenn dabei folgende Prinzipien beachtet werden:

··Eine gleichartige deutschlandweite, klare Regelung und Umsetzung.

··Eine Klassifizierung der Fahrzeuge entsprechend den üblichen Euro-Grenzwertstufen.

··Gleichbehandlung von Fahrzeugen mit Diesel- und

Benzinmotor. Sofern dennoch eine Differenzierung geplant würde, sollte die blaue Plakette auch Dieselfahrzeuge mit Euro 5 einbeziehen. Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge sollten der blauen Plakette zugeordnet werden.

Um die Stickoxidemissionen an den betroffenen Messstellen kurzfristig zu reduzieren, gibt es eine Vielzahl geeigneter Ansätze: In den Innenstädten bietet die Stauvermeidung durch eine intelligente Ampelschaltung – Stichwort grüne Welle – großes Potenzial. Ein besserer Verkehrsfluss reduziert die Stickoxidemissionen um bis zu ein Drittel, wie Messungen der TU München und des ADAC zeigen. Im innerstädtischen Verkehr haben darüber hinaus Busse und Taxis eine wesentliche Bedeutung für die NOx-Emissionen, weil sie in den Innenstädten besonders hohe Fahrleistungen erreichen. Eine Erneuerung der Flotten mit modernen schadstoffarmen Bussen und Pkw würde die NOx-Emissionen kurzfristig spürbar senken.

··Eine blaue Plakette sollte nur dann eingeführt werden,

wenn sie mit einer zeitlichen Streckung über das Jahr 2020 hinaus in Kraft tritt, um eine plötzliche Minderung der Fahrzeugwerte zu vermeiden.

··Eine Höherstufung zur blauen Plakette sollte durch

adäquate Nachrüstkonzepte mit gleichwertiger Abgasqualität möglich sein.

Umweltzonen und blaue Plaketten werden aber nur dann ein Erfolg sein, wenn auch die anderen NOx-Emittenten vergleichbar große Anstrengungen unternehmen wie die Automobilindustrie.

Verringerung des Schadstoffausstoßes durch Netzsteuerung Emissionsminderung

in Prozent

40 33 % 30

27 %

28 % 24 %

20 15 % 13 % 10

0 NO x-Emissionen

NO 2-Emissionen

Partikelemissionen

Partikelanzahl

Kraftstoffverbrauch und CO 2-Emissionen

HC-Emissionen Quelle: ADAC

Umwelt und Klima

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Überschreitungen des Immissionsgrenzwerts von 200 µg/m³ (1-Stunden-Mittelwert) für Stickstoffdioxid an ausgewählten Spotmessstellen seit 2003

in µg/m³

1.000

800

600

400

200

0

2003

2004

Stuttgart Am Neckartor

2005

2006

2007

Stuttgart Arnulf-Klett-Platz

2008

2009

2010

Stuttgart Hohenheimer Straße

2011

2012

Stuttgart-Bad Cannstatt

2013

2014

2015 Quelle: LUBW

96

Umwelt und Klima

Automobilproduktion und Nachhaltigkeit Die Automobilindustrie arbeitet daran, ihre Produktion immer stärker an den Prinzipien der Nachhaltigkeit auszurichten. Dabei geht es darum, ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Ziele vertikal, also über alle Wertschöpfungsstufen hinweg, zu verankern. Die Verantwortung für ein nachhaltiges Wirtschaften sollte dabei gemeinsam getragen werden – von den Unternehmen, der Politik und der Gesellschaft. Die deutsche Automobilindustrie leistet ihren Beitrag. Die Hersteller und Zulieferer nehmen ihre Verantwortung entlang des gesamten Produktions- und Nutzungszyklus eines Automobils aktiv wahr: von der Auswahl der Materialien über die Produktion am Standort Deutschland und den kraftstoffsparenden Betrieb bis hin zum Schließen von Stoffkreisläufen am Ende des Lebenszyklus. In den vergangenen zwei Jahrzehnten konnten die deutschen Automobilhersteller enorme Erfolge bei der Schonung von Ressourcen in der Fertigung erzielen. So sank der Trinkwasserverbrauch um

mehr als 60 Prozent. Mehr als 80 Prozent der Produktionsabfälle werden heute verwertet. Auch in der Luftreinhaltung erzielten die deutschen Automobilhersteller beachtliche Verbesserungen: Seit 1990 gingen die Lösemittelemissionen aus der Fahrzeugserienlackierung um 65 Prozent zurück. Sie erreichen heute im internationalen Vergleich das niedrigste Niveau. Die Verantwortung für Menschen und Umwelt endet nicht mehr am Fabriktor, sondern soll über die gesamte Lieferkette verankert werden. Ein wichtiges Instrument dafür ist der Fragebogen zur einheitlichen Lieferantenabfrage im Hinblick auf Aspekte der Nachhaltigkeit. Der Fragebogen wurde von einem internationalen Netzwerk von Automobilherstellern entwickelt und wird derzeit bei Lieferanten und Sublieferanten eingeführt. Darüber hinaus führen die Unternehmen weltweit Trainings vor Ort durch, um Nachhaltigkeit in der Praxis mit Leben zu füllen.

Anteil der Fahrzeugserienlackierung an den Gesamtemissionen leicht flüchtiger Kohlenwasserstoffe in der EU 2012

NMVOC-Emission in Gg

539 gesamt

9.817 gesamt

44 Gg bzw.

0,45 % 539 Gg bzw.

5,8 %

Anteil der Fahrzeugserienlackierungen

Anteil der industriellen Lackierungen

Anthropogene Emissionen

Industrielle Lackierungen Quelle: ACEA, 2015

Umwelt und Klima

Bereits 2014 haben die Vorbereitungen für den europäischen Prozess der Überprüfung und Anpassung der sogenannten besten verfügbaren Techniken (BVT) für die Fahrzeugserienlackierung begonnen. Im Mittelpunkt steht die Stärkung des Klimaschutzes durch eine Minderung der Emissionen leicht flüchtiger Kohlenwasserstoffe (VOC, Volatile Organic Carbon). Derzeit wird noch nicht einmal 1 Prozent der gesamten VOC-Emissionen in Europa durch die Fahrzeugserienlackierung verursacht. Der Prozess ist dennoch für die Automobilindustrie von Bedeutung, weil auf Basis der besten verfügbaren Techniken Emissionsgrenzwerte abgeleitet werden sollen. Die deutsche Automobilindustrie ist im europäischen Vergleich hinsichtlich einer umweltfreundlichen Fahrzeuglackierung führend. Daher sollten die auf EU-Ebene ermittelten und festgelegten Emissionsgrenzwerte bei der Umsetzung in deutsches Recht nicht weiter verschärft werden. In der Europäischen Union wird Formaldehyd seit Anfang 2016 als krebserzeugend eingestuft. Formaldehyd ist ein in der Umwelt natürlich entstehender Stoff. Zu den Charakteristika von Formaldehyd gehört, dass es schnell im Boden, in der Luft und im Wasser abgebaut wird. Die Zusatzbelastung in der Außenluft durch prozessbedingte Emissionen wird innerhalb weniger Stunden abgebaut und ist daher im Sinne des Immissionsschutzes irrelevant. Dennoch müssen infolge der Neubewertung von Formaldehyd auf europäischer Ebene auch deutsche Gesetze und Vorschriften angepasst werden, insbesondere die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) und die 31. Durchführungsverordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). In der Automobilindustrie werden davon Fahrzeugserienlackierungsanlagen, Energieerzeugungsanlagen sowie Motorenprüfstände betroffen sein. Der VDA setzt sich daher für realistische, umsetzbare Emissionsgrenzwerte für Formaldehyd in Deutschland ein. Wettbewerbsnachteile für die deutsche Automobilindustrie durch eine Verschärfung von Emissionsgrenzwerten gegenüber den europäischen Vorgaben sind zu vermeiden. Für die TA Luft, die das Bundesumweltministerium novellieren will, gilt dies auch insgesamt. Die deutsche Industrie hält eine grundlegende Überarbeitung des Regelwerks für nicht erforderlich, vielmehr sind Anpassungen an den technischen Fortschritt ausreichend. In Europa wurden darüber hinaus die Anforderungen bei der Lagerung gefährlicher Stoffe neu geregelt. Die sogenannte Seveso-III-Richtlinie über die Beherrschung von Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen muss nun in deutsches Recht umgesetzt werden. Die deutsche Automobilindustrie ist von den Vorschriften betroffen, weil an vielen Standorten etwa Kältemittel, Kraftstoffe, Lösemittel oder Lacke gelagert werden. Besonders relevant sind dabei etwa Vorgaben über den Mindestabstand der Betriebsstätten zu geschützten Bereichen, vor allem Wohnsiedlungen. Die Seveso-III-Richtlinie und auch der Entwurf zur Umsetzung in deutsches Recht lassen derzeit an verschiedenen Punkten noch Unklarheiten. Die deutsche Automobilindustrie plädiert für eine praxistaugliche Eins-zu-eins-Umsetzung der europäischen Vorgaben in nationales Recht sowie eine Bestandsschutzregelung.

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Umwelt und Klima

Chemikalienverordnung REACH Chemikalienverordnung REACH beeinflusst die Fahrzeugproduktion REACH ist eine Verordnung der Europäischen Union, die die Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) Stoffe regelt. Die Verordnung gilt seit fast zehn Jahren. Durch REACH wurde ein Autorisierungs- oder Zulassungsverfahren für besonders besorgniserregende Stoffe verankert. Dieses Verfahren sieht vor, dass Stoffe, die in die Verordnung aufgenommen werden, nach einer Übergangsfrist eine Zulassung benötigen. Falls ein betroffener Stoff diese Zulassung nicht erhält, ist seine Verwendung nach Ende der Frist innerhalb der EU verboten. Die Erfahrung mit REACH hat gezeigt, dass die Verordnung auch großen Einfluss auf die Fahrzeugproduktion hat, weil bisher verwendete Stoffe substituiert werden müssen. Ein Verwendungsverbot gilt allerdings nur innerhalb der EU und nur für die Stoffe selbst. Produkte, die außerhalb der EU mit hier nicht mehr zugelassenen Stoffen hergestellt werden, dürfen weiterhin in die EU eingeführt werden. Diese Fehlentwicklung wird am Zulassungsverfahren von Chrom(VI)-Verbindungen besonders offenbar. Chrom(VI)-Verbindungen, die für die Herstellung von verchromten Bauteilen – im Auto, aber etwa auch im Sanitärbereich – verwendet werden, wurden in den Anhang der REACH-Verordnung aufgenommen und benötigen ab September 2017 eine Zulassung. In fertigen, verchromten Autoteilen ist nur ungefährliches elementares Chrom enthalten. Ein mögliches Risiko besteht ausschließlich beim Prozess des Verchromens in der

Fabrik. Hier ist der Schutz der Arbeitnehmer jedoch durch EU-Richtlinien und nationale Vorschriften durchgängig und auf hohem Niveau geregelt. Für die Verwendung von Chrom(VI)-Verbindungen sollten daher lange Fristen gewährt werden, damit Alternativen in Europa entwickelt werden können. Andernfalls würden Betriebe und Arbeitsplätze in der EU gefährdet. Gleichzeitig wäre zu erwarten, dass die Produktion in Regionen mit schlechteren Arbeits- und Umweltschutzstandards abwandert, denn die betroffenen Bauteile könnten ohne Einschränkungen außerhalb Europas produziert und dann importiert werden. Zudem gefährdet REACH auch immer mehr die Herstellung und Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Die EU-Altfahrzeugrichtlinie gestattet es zwar, dass Ersatzteile mit denselben Materialien wie die Originalteile produziert werden dürfen (Repair-as-produced-Prinzip), damit auch ältere Fahrzeuge weiterhin repariert werden können. Die REACH-Verordnung sieht jedoch keine vergleichbare Regelung vor. Die Ersatzteilversorgung sollte daher von Stoffverboten ausgenommen werden und über den gesamten Nutzungszeitraum eines Fahrzeugs gewährleistet sein. Eine solche Ausnahmeregelung sollte Teil der REACH-Verordnung werden. Ansonsten könnten schon in wenigen Jahren ältere Fahrzeuge nicht mehr repariert werden. Die bislang diskutierten Ansätze sind aus Sicht der Automobilindustrie nicht ausreichend.

Umwelt und Klima

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Innovation und Technik

Innovation und Technik Elektromobilität und das vernetzte und automatisierte Fahren leiten einen tiefgreifenden Wandel der Mobilität ein. Verbrennungsmotoren werden noch effizienter. Die deutsche Automobilindustrie erfindet das Auto neu.

Innovation und Technik

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Sonja Sterba, Zerspanungsmechanikerin, Montageschlosserin am Hauptmontageband, MAN Truck & Bus AG, München

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Innovation und Technik

Verbrennungstechnologien im Vergleich Benziner und Diesel Diesel und Benziner spielen ihre jeweiligen Stärken in verschiedenen Fahrzeugklassen aus

Seit jeher punktet der Dieselmotor im Vergleich zum Benziner mit seinem geringeren Kraftstoffverbrauch. Bei seinem Verbrennungsverfahren wird die Energie im Kraftstoff wesentlich besser ausgenutzt. Allerdings entstehen bei der Dieselverbrennung mehr Schadstoffe, die zusätzliche aufwendige Maßnahmen zur Abgasnachbehandlung erfordern. Im Spannungsfeld aus Kraftstoffverbrauch, Emissionen, Fahrleistungen und Fahrzeugkosten spielen Diesel und Benziner ihre jeweiligen Stärken in verschiedenen Fahrzeugklassen aus: Ein moderner Benziner macht vor allem Kleinwagen mit überschaubarer Jahresfahrleistung erschwinglich, wohingegen ein fortschrittlicher Diesel bei tendenziell höherer Laufleistung für niedrigen Verbrauch sorgt. Die Wahlmöglichkeit zwischen Benzin und Diesel hilft damit, dem jeweiligen Bedarf des Kunden zu entsprechen – vor allem bei den Kosten. Nicht von ungefähr dominiert das Dieselaggregat die Flotten der Gewerbetreibenden einschließlich des Handwerks.

Innovation und Technik

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Der Diesel punktet beim Verbrauch Der Verbrauchsvorteil eines Dieselmotors gegenüber einem vergleichbaren Benzinmotor liegt bei rund 20 Prozent. Der CO2-Ausstoß ist an den Kraftstoffverbrauch gekoppelt. Denn CO2 entsteht, wenn kohlenstoffhaltiger Kraftstoff wie Diesel oder Benzin verbrannt wird. Trotz eines höheren Kohlenstoffanteils bleibt beim Diesel wegen der effizienten Verbrennung am Ende ein CO2-Vorteil von bis zu 15 Prozent. Ihr geringer CO2-Ausstoß macht Dieselfahrzeuge zu einem unverzichtbaren Baustein bei der Umsetzung der europäischen Klimaschutzziele. Das zeigt ein Rechenbeispiel: 2015 waren 48 Prozent der neu zugelassenen Pkw in Deutschland mit einem Dieselmotor ausgestattet. Mit diesem Anteil betrug der durchschnittliche Ausstoß pro Pkw 128 g/km CO2. Würde man nun alle neu zugelassenen Diesel- durch entsprechende Benzin-Pkw ersetzen, so ergäbe sich ein deutlich höherer Ausstoß von etwa 135 g/km CO2. Umgekehrt läge der Ausstoß bei rund 121 g/km CO2, wenn alle Benziner durch Diesel ersetzt würden. Hier zeigt sich der Vorteil des Diesels: Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von jährlich 15.000 km und einem Neuzulassungsvolumen von 3,2 Mio. Pkw entspräche dies einer Einsparung von über 630.000 t CO2 pro Jahr. Das ist so viel, wie eine Kleinstadt mit 70.000 Einwohnern jedes Jahr emittiert.

CO2-Entwicklung Benziner/Diesel Relative CO 2-Emissionen pro Neuwagen

Absolute CO 2-Emissionen der Neuwagen pro Jahr

g/km CO 2

1.000 t CO 2

180

7.000

∆ = Emissionen 70.000-Einwohner-Stadt

6.000

170

2008–2015

-20 %

160

5.000

CO 2-Emissionen 4.000

150 3.000 ∆ = 13,2

140

2.000 130

1.000

120 2008

2009

2010

2011

Realwerte: Benziner + Diesel

2012

2013

2014

2015 2015

Szenario: nur Benziner

2015 Szenario: nur Diesel

2015

2015*

2015*

* 15.000 km Jahresleistung, Zulassungsvolumen 3,2 Mio. Pkw Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, VDA

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Innovation und Technik

Hohe Stickoxidemissionen sind eine Herausforderung für den Dieselmotor

Bei der Kraftstoffverbrennung werden die Schadstoffe Kohlenwasserstoffe (HC), Kohlenmonoxid (CO), Stickoxide (NOx) und Feinstaubpartikel (PM) erzeugt. Vor allem die vergleichsweise hohen NOx-Emissionen sind eine Herausforderung für den Dieselmotor. Sie resultieren, ebenso wie der geringe Kraftstoffverbrauch, aus dem besonderen Verbrennungsverfahren des Diesels. Hier liegen Licht und Schatten eng beieinander. Je besser die Verbrennung, desto höher die Temperatur und desto mehr NOx entsteht. Daraus folgt ein Zielkonflikt: Maßnahmen zur CO2-Senkung führen oft zu höherer Stickoxidbildung, während eine auf weniger Stickoxide optimierte Verbrennung mehr CO2-Ausstoß bedeutet. Bei Euro-6-Fahrzeugen wird dieser Zielkonflikt durch die aktive DeNOx-Abgasnachbehandlung gelöst (siehe auch Abgastechnik zur Stickoxidreduzierung).

Deutsche Automobilindustrie beim Diesel führend 2015 wurden 2,0 Mio. Diesel-Pkw aus Deutschland exportiert

Aufgrund seiner technischen Vorteile ist auch die wirtschaftliche Bedeutung des Dieselmotors für die deutsche Automobilindustrie ständig gestiegen. Allein im Jahr 2015 waren mit 2,7 Mio. Fahrzeugen 48 Prozent aller in Deutschland produzierten Pkw mit einem Dieselmotor ausgerüstet. Davon gingen 2 Mio. Fahrzeuge in den Export und davon wiederum knapp 1,5 Mio. in EU-Mitgliedsstaaten. Aufgrund der führenden Position, die die deutsche Automobilindustrie bei der Dieseltechnik hat, hängt ein maßgeblicher Anteil der derzeit rund 800.000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in Deutschland direkt und indirekt am Dieselantrieb. Das betrifft die Hersteller, aber vor allem auch die deutschen Automobilzulieferer. Aktuell ist etwa jedes zweite Auto, das sowohl in Deutschland als auch in Westeuropa neu zugelassen wird, ein Diesel. Und jeder zweite Diesel, der in Westeuropa verkauft wird, trägt ein deutsches Markenzeichen. Bei mittleren und schweren Nutzfahrzeugen hat der Dieselantrieb aufgrund seiner Wirtschaftlichkeit traditionell eine starke Position. Bei der Produktion und damit natürlich auch beim Export liegt sein Anteil bei nahezu 100 Prozent.

Innovation und Technik

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Verbrauchs- und Emissionsmessung beim Pkw

Aktueller gesetzlicher Rahmen: NEFZ Für die Messung der Schadstoffe sind europaweit gesetzliche Grenzwerte vorgeschrieben. Die ersten einheitlichen Abgasvorschriften für Pkw in der Europäischen Gemeinschaft traten 1970 in Kraft. Die heute übliche Bezeichnung „Euro-Norm“ wurde 1992 mit der Abgasstufe Euro 1 eingeführt, aktuell gilt die Euro-6-Norm. Im Zuge der Entwicklung von Euro 1 bis Euro 6 hat der Gesetzgeber die Grenzwerte für Stickoxide bei Pkw um 97 Prozent und für Partikel um 98 Prozent gesenkt. Die EU-Normwerte für Kraftstoffverbrauch und Emissionen werden in einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren, dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), auf einem Prüfstand ermittelt.

Weder die Testwagen noch die Abläufe der Messung dürfen verändert werden. Denn die Rahmenbedingungen sind klar definiert: So muss zum Beispiel immer das Tagfahrlicht des Autos an sein, es muss ein bestimmtes Motoröl verwendet werden, und auch für die Reifen gibt es klare Vorgaben zu Typ und Größe.

Unterschied zwischen Labor und Straße Da der NEFZ bereits 1996 eingeführt wurde, ist er heute veraltet: Er hat einen zu hohen Stadtverkehrsanteil und die Beschleunigungen sind zu gering. Zudem lässt er verschiedene Topografien der Landschaft sowie schnellere Autobahnfahrten unberücksichtigt. Die maximale Geschwindigkeit von 120 km/h wird nur zehn Sekunden lang gefahren. Das Durchschnittstempo des NEFZ ist mit 34 km/h unrealistisch niedrig. Auch werden heute selbstverständliche Ausstattungen wie Klimaanlage, Radio oder Sitzheizung nicht berücksichtigt, da diese stark von unterschiedlichen Nutzerprofilen abhängen. Ziel dieser gesetzlichen Vorgabe war es im Wesentlichen, Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Fahrzeugen herzustellen. Allerdings wurde schnell klar, dass es eine Differenz zwischen den Ergebnissen auf dem Prüfstand und den Werten auf der Straße gibt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Vor allem das Nutzungsverhalten des Autofahrers wirkt sich erheblich auf Verbrauch und Emissionen aus: Wer viel im Gebirge unterwegs ist, öfter einmal schneller auf der Autobahn fährt oder viele Komfortfunktionen nutzt, verbraucht mehr als andere.

Den einen Fahrzeugverbrauch gibt es auf der Straße nicht. Auch bei den Abgasemissionen spielen die unterschiedlichen Lastund Dynamikanforderungen sowie die Wahl der Abgasnachbehandlungstechnik eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus wirken viele der in den vergangenen Jahren entwickelten Technologien zur CO2-Reduzierung auf dem Prüfstand oft stärker als auf der Straße. Die heute weit verbreitete Start-Stopp-Technologie ist dafür ein Beispiel. Im NEFZ reduziert sie den Kraftstoffverbrauch um rund 10 Prozent. In der Realität gibt es einen solchen Verbrauchsvorteil nur im dichten Verkehr mit viel Stop-and-go. Da die Fahrzeuge immer effizienter werden, sinkt auch ihr im Prüfzyklus gemessener Wert. Bleibt gleichzeitig der Mehrverbrauch durch Features wie Klimaanlage und Navigationssystem konstant, steigt die verursachte Abweichung prozentual an, obwohl absolut weniger verbraucht wird.

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Innovation und Technik

WLTP ersetzt NEFZ Nicht nur Autokäufer, sondern vor allem auch die Hersteller selbst haben ein Interesse, mit einem neuen Textzyklus zu realistischeren Verbrauchsangaben zu kommen. Vertreter der Mitgliedsstaaten der UNECE haben daher mit Unterstützung der Automobilindustrie, darunter auch der VDA, ein neues Verfahren entwickelt. 2017 soll der veraltete NEFZ durch den moderneren Standard WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedures) ersetzt werden. Insgesamt bildet er mit höheren Durchschnittsgeschwindigkeiten bis 131 km/h, stärkeren Temposchwankungen und strikteren Prüfvorgaben den Verbrauch im realen Verkehr besser ab. Wie der NEFZ wird auch der WLTP-Zyklus auf dem Prüfstand ermittelt. Er schreibt standardisierte, reproduzierbare und vergleichbare Prüfbedingungen für nationale und internationale Fahrzeughersteller vor. Den Kunden bietet er einen besseren Vergleichsmaßstab für die Verbrauchs- und Emissionswerte verschiedener Fahrzeugmodelle. Den Herstellern liefert er eine rechtlich zuverlässige Grundlage zur Zertifizierung neuer Fahrzeuge.

Geschwindigkeitsprofil im künftigen „Weltzyklus“ WLTP Low

in km/h

Middle

High

Extra-high

150

120

90

60

30

in s

200 WLTP

NEFZ

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800 Quelle: UNECE

Innovation und Technik

Der VDA unterstützt die Einführung dieses neuen Messverfahrens, weil es den Automobilherstellern die Möglichkeit gibt, realitätsnähere Verbrauchsangaben zu kommunizieren. Dennoch wird auch der WLTP-Standard nicht den einen Kraftstoffverbrauch auf der Straße und die realen Emissionen in allen Fällen widerspiegeln, denn Verbrauch und Emissionen sind weiterhin abhängig von Fahrstil und Umgebungsbedingungen. Die Umstellung von NEFZ auf WLTP betrifft nicht nur die Verbrauchsbestimmung, sondern auch das CO2-Flottenmonitoring und die anspruchsvolle CO2-Gesetzgebung in Europa. Der 95-g-Flottenzielwert wurde auf Basis des NEFZ beschlossen. Ändert man nun die Messmethode zur Bestimmung der

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CO2-Emissionen, so muss auch der Zielwert entsprechend angepasst werden. Im Mittel rechnet die Automobilindustrie bei der Bestimmung des Kraftstoffverbrauchs im WLTP mit einer nominellen Erhöhung der Verbrauchsangaben um 15–20 Prozent. Zur Einführung des WLTP in die CO2-Gesetzgebung wurde ein Verfahren entwickelt, das zu Beginn das Rückrechnen von WLTP-Messwerten in NEFZ-Werte vorsieht. Damit soll auch nach dem Willen der EU-Kommission gewährleistet werden, dass die Einführung des WLTP nicht zu einer Verschärfung der CO2-Gesetzgebung führt.

Neuer Zyklus WLTP WLTP

NEFZ

Starttemperatur

kalt

kalt

Zykluszeit

30 min

20 min

Standzeitanteil

13 %

25 %

Zykluslänge

23,25 km

11 km

Geschwindigkeit

Mittel: 46,5 km/h – maximal: 131 km/h

Mittel: 34 km/h – maximal: 120 km/h

Antriebsleistung

Mittel: 7,5 kW – maximal:47 kW

Mittel: 4 kW – maximal: 34 kW

Einfluss SA und Klimatisierung

Sonderausstattungen werden für Gewicht, Aerodynamik und BN-Bedarf (Ruhestrom) berücksichtigt. Keine AC.

Wird gegenwärtig nicht berücksichtigt.

Quelle: VDA

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Real Driving Emissions Auch die Abgasmessung wird zukünftig auf den WLTP umgestellt. Die Schadstoffgrenzwerte bleiben davon jedoch unberührt. Ergänzt wird die WLTP-Labormessung künftig durch den sogenannten RDE-Test (Real Driving Emissions), mit dem die Schadstoffemissionen bei Fahrzeugen erstmals direkt auf der Straße gemessen werden. Die Regulierung wurde Anfang 2016 vom Europäischen Parlament endgültig verabschiedet. Der VDA hat die Straßenmessungen befürwortet und begrüßt. Im Gegensatz zur Laboruntersuchung muss beim RDE-Test kein fester Fahrzyklus eingehalten werden. Der RDE-Test wird praktisch unter beliebigen Bedingungen durchgeführt: Beschleunigung, Außentemperatur, Windverhältnisse und Verkehrslage sind zufällig. Dieser zusätzliche Test soll die Unterschiede zwischen Prüfstand und Autoalltag künftig verringern. Auch Manipulationen, also vor allem Software, die Prüfstandsituationen erkennt, werden damit nicht mehr möglich sein. Für den RDE-Test werden die Fahrzeuge mit der sogenannten PEMS-Technik (Portable Emission Measurement System) zur mobilen Emissionsmessung ausgerüstet. Im Nutzfahrzeug ist der PEMS-Einsatz bereits Standard. Unterschiede zwischen Prüfstandmessungen und Straßentests sind generell technisch bedingt und von der individuellen Nutzung sowie den individuellen Umgebungsrandbedingungen abhängig. Extreme Grenzwertüberschreitungen entsprechen jedoch nicht dem Geist der aktuellen Abgasgesetzgebung. Deswegen unterstützt die Automobilindustrie die nun beschlossene rasche Einführung der RDE-Gesetzgebung, damit künftig hohe Diskrepanzen zwischen Labor- und Straßenwerten vermieden werden.

Mit RDE müssen die Fahrzeuge den Stickoxidgrenzwert nicht nur auf dem Prüfstand, sondern unter realen Fahrbedingungen und beinahe beliebigen Umgebungsbedingungen einhalten. Der Gesetzgeber gewährt lediglich die Berücksichtigung der Messtoleranz der portablen Emissionsgeräte sowie für einen Übergangszeitraum von 15 Monaten nach der Einführung von RDE einen leicht erhöhten Grenzwert (Konformitätsfaktor = 2,1 inklusive PEMS-Messtoleranz), um die Umstellung der gesamten Pkw-Flotte auf diese neuen RDE-Grenzwerte zu ermöglichen. Gegenüber Euro 5 bedeutet die finale RDE-Gesetzgebung eine Emissionssenkung um den Faktor 5. Der VDA erwartet, dass die Luftqualitätsziele in Deutschland durch Euro 6 in Verbindung mit RDE erreicht werden. Das hat vor allem eine Studie des Aachener Forschungsinstituts AVISO in Zusammenarbeit mit der TU Graz und dem Heidelberger Umweltinstitut ifeu ergeben. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Überschreitungen von Luftgrenzwerten durch die steigende Marktdurchdringung mit Euro 6 und RDE gelöst werden. Bereits der natürliche Flottenaustausch reduziert bis 2020 die Luftwerte von Stickoxiden um 17 Prozent. Das bedeutet, dass Messstellen, die heute im Jahresmittelwert bei 48 µg/m3 liegen, künftig den Grenzwert von 40 µg/m3 erfüllen würden. Damit werden 33 von 72 Messstellen mit Überschreitung ins Ziel gebracht.

Real-Driving-Emissions-Regulierung (RDE) Termine und Konformitätsfaktor

Konformitätsfaktor

Messtoleranz von PEMS-Geräten (derzeit 0,5) ist in den Faktoren bereits eingerechnet

Inkrafttreten Neue Typen: alle Modelle, die nach dem genannten Datum neu typgenehmigt werden; alle Neuzulassungen: alle Fahrzeuge, die nach dem genannten Datum neu zugelassen werden; leichte Nutzfahrzeuge jeweils ein Jahr später

Neue Typen

Alle Neuzulassungen

1. Schritt

2,1

September 2017

September 2019

2. Schritt

1,5

Januar 2020

Januar 2021 Quelle: VDA

Innovation und Technik

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Abgastechnik zur Stickoxidreduzierung Feinstaubreduzierung Bei der Abgasnachbehandlung wird zunächst Feinstaub eliminiert

Um das Abgas des Dieselmotors von den Schadstoffen aus der Verbrennung zu reinigen, werden zusätzliche Systeme zur Abgasnachbehandlung eingesetzt. Die erste Stufe ist typischerweise der Oxidationskatalysator. Hier werden Schadstoffe in unschädliche Abgaskomponenten umgewandelt. Der Dieselpartikelfilter reinigt in einer zweiten Stufe das Abgas von Ruß. Die erforderliche Reinigung des Filters erfolgt durch Verbrennung der eingelagerten Partikel. Der gewünschte Reinigungserfolg tritt aber nur ein, wenn der Partikelfilter eine Temperatur von mindestens 350° C hat. Im Stadtverkehr ist das häufig nicht der Fall, daher muss der Filter aktiv freigebrannt werden. Dazu erhöht die Motorsteuerung die Abgastemperatur auf 600° C. Dies ist mit einem kurzzeitigen Mehrverbrauch und damit höheren CO2-Emissionen von bis zu 9 Prozent verbunden. Der Partikelfilter eines Neuwagens hat einen Wirkungsgrad von fast 100 Prozent. Damit ist der Diesel quasi rußfrei.

Stickoxidreduzierung Die DeNOx-Technologie erlaubt eine deutliche NOx-Reduktion

Um die Stickoxidemissionen (NOx) zu reduzieren, kommen in der dritten Stufe zwei Technologien zum Einsatz, die auch kombiniert werden können: der NOxSpeicherkatalysator und der SCRKatalysator. Der NOx-Speicherkatalysator entzieht dem Abgas die Stickoxide und lagert sie ein, bis seine Aufnahmekapazität erreicht ist. Zu seiner Regeneration gibt die Motorelektronik dem Verbrennungsgemisch – ähnlich wie beim Partikelfilter – kurzzeitig etwas mehr Dieselkraftstoff zu. Das gespeicherte NOx wird in die neutralen Komponenten Stickstoff (N2), Wasser und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt. Der NOx-Speicherkatalysator nimmt danach seine Arbeit von Neuem

auf. Der Speicherkatalysator kann NOx nur in einem Temperaturbereich von 150 bis 500° C speichern. Kritisch ist deshalb der Kaltstart, weil der Motor noch nicht die gewünschten Temperaturen erreicht hat. Anders bei normaler Fahrt, wenn er bei 300 bis 400° C Betriebstemperatur seinen maximalen Wirkungsgrad von rund 80 Prozent erreicht. Der Mehrverbrauch des Fahrzeugs für die Regeneration des NOx-Speicherkatalysators liegt im Mittel bei etwa 2 Prozent. Beim SCR-Katalysator (Selective Catalytic Reduction; selektive katalytische Reduktion) werden die NOx-Emissionen durch Zugabe des Reduktionsmittels AdBlue® abgebaut. AdBlue® ist eine ungiftige und geruchlose Harnstofflösung. Sie wird bedarfsgerecht in den Abgasstrom eingesprüht und wandelt im SCR-Katalysator die NOx-Emissionen in die neutralen Komponenten Stickstoff (N2), Wasser und Kohlendioxid (CO2) um. Auch für den SCR-Katalysator gilt, dass nennenswerte NOx-Umsätze erst oberhalb von etwa 200° C erzielt werden. Sind Motor und Abgassystem auf Betriebstemperatur, entfernt der SCR-Katalysator bis zu 90 Prozent der Stickoxidemissionen aus dem Abgas. Vorteil dieses Systems: Der hohe Wirkungsgrad ermöglicht es, die Verbrennung auf geringen Verbrauch und damit niedrigere CO2-Emissionen einzustellen. Daher sind Kraftstoffeinsparungen bis zu 5 Prozent möglich. Allerdings muss das Reduktionsmittel AdBlue® mit einem separaten Tank ins Fahrzeug integriert werden. Der AdBlue®-Verbrauch liegt im Mittel bei 0,2 l /100 km. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von AdBlue® und der steigenden Kundenakzeptanz ist die AdBlue®-Verwendung erweitert worden, womit die NOx-Emissionen zusätzlich reduziert werden.

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AdBlue® Die deutsche Automobilindustrie ist auf dem Gebiet der SCR-Technologie führend. Alle deutschen Hersteller bieten Modelle mit dieser Technik an. Rund 2,5 Mio. Fahrzeuge der deutschen Konzernmarken nutzen bereits AdBlue® in Europa. Über 30 Prozent der aktuellen Diesel-Pkw-Modelle unserer Hersteller werden mit AdBlue®-Technologie geliefert – Tendenz steigend. Einzelne Hersteller haben bereits angekündigt, ihre Pkw-Dieselmodellpalette sukzessive vollständig auf die SCR-Technik und AdBlue® aufzurüsten. Der VDA prognostiziert, dass bis 2020 über 20 Mio. Diesel-Pkw deutscher Konzernmarken mit AdBlue® ausgerüstet sind.

SCR-Pkw-Bestand in Europa, nur deutsche Konzernmarken in Millionen

25

20

15

10

5

0 2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020 Quelle: VDA

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Innovation und Technik

AdBlue®-Technologie verbirgt sich häufig hinter Modellbezeichnungen wie BlueTEC, BluePerformance, BlueTDI, Clean Diesel, BlueInjection oder ECOnetic. Auffälligstes Merkmal der SCR-Technik ist der zweite Tankstutzen hinter der Tankklappe. Dahinter liegt ein spezieller AdBlue®-Tank mit einem Fassungsvermögen von in der Regel etwa 8 bis 20 Litern. Der AdBlue®-Verbrauch liegt bei Pkw heute bei rund 1 bis 2 Prozent des Dieselverbrauchs. Für leichte Nutzfahrzeuge liegt der Verbrauch etwa doppelt so hoch. In Zukunft sind deutlich steigende AdBlue®-Verbräuche zu erwarten, um die EU-Abgasgesetzgebung sicher erfüllen zu können. Das bedeutet, dass Autofahrer zukünftig nicht nur Diesel, sondern auch AdBlue® tanken müssen. AdBlue® muss dann voraussichtlich alle 5.000 bis 10.000 Kilometer nachgefüllt werden.

Daher ist eine europaweite, dichte AdBlue®-Infrastruktur an den Tankstellen notwendig. Derzeit ist AdBlue® zwar an fast allen Tankstellen erhältlich, jedoch meist nur in Form von Flaschen oder anderen Behältern. Die Halter oder Fahrer moderner Diesel-Pkw erwarten beim Tanken jedoch den gewohnten Komfort – ob es nun um Kraftstoff oder AdBlue® geht. Daher darf der Vertrieb von AdBlue® in Flaschen und Kanistern nur eine Übergangslösung sein. Nötig ist ein schneller Aufbau eines AdBlue®-Zapfanlagennetzwerks. In Deutschland beginnt der Aufbau einer AdBlue®-Infrastruktur gerade erst. Bisher sind deutlich unter 100 Tankstellen mit komfortablen AdBlue®Zapfpistolen für Pkw ausgerüstet.

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Typgenehmigung

Die Typgenehmigung ist Voraussetzung, um ein neues Fahrzeug auf den Markt zu bringen Klare gesetzliche Regeln gibt es nicht nur für Emissionen, Verbrauch und die anzuwendenden Messmethoden, sondern auch für die sogenannte Typprüfung von neuen Fahrzeugmodellen. Diesen Prozess muss jedes neue Fahrzeugmodell durchlaufen, bevor es auf den Markt kommt. In Europa ermittelt der Automobilhersteller dabei im aktuellen Prüfzyklus – derzeit noch im NEFZ, ab 2017 im WLTP – an einem Prüffahrzeug Messwerte für Abgase und Verbrauch. Diese Daten werden von technischen Diensten unter der Kontrolle der nationalen Genehmigungsbehörde – in Deutschland das Kraftfahrt-Bundesamt – überprüft. Bei der Typprüfung geht es indes nicht nur um die Abgas- und Verbrauchsmessung, sondern vor allem auch um Vorschriften zur Fahrzeugsicherheit. In dem gesamten Prozess wird daher überprüft, ob ein Fahrzeug alle geltenden EU-Bestimmungen für neue Modelle einhält. Erst auf der Grundlage dieser Prüfung erteilt die nationale Behörde die Zulassung, also die Typgenehmigung, die für die gesamte EU Gültigkeit hat. In der Produktion werden dann zusätzlich einzelne Fahrzeuge vom Band genommen und auf Einhaltung der Bestimmungen getestet. Die EU-Gesetzgebung sieht zudem eine Prüfung der in Betrieb befindlichen Fahrzeuge vor. Fahrzeuge im Feld müssen die ermittelten Grenzwerte für eine Laufleistung von 160.000 Kilometern bzw. eine Dauer von fünf Jahren einhalten. Dies wird in einer Feldüberwachung der Bundesanstalt für Straßenwesen (durchgeführt vom TÜV Nord) überwacht. Stellt die Typgenehmigungsbehörde fest, dass ein Fahrzeugtyp die Anforderungen nicht erfüllt, muss der Fahrzeughersteller Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel ausarbeiten. Gegebenenfalls muss eine Rückrufaktion erfolgen. Eine kontinuierliche Überprüfung des Abgassystems passiert auch im Fahrzeug selbst. Die Motorelektronik überwacht durch eine On-Board-Diagnose (OBD) fortlaufend die Funktionstüchtigkeit – und dies ohne Kilometer- oder Altersbegrenzung. Tritt ein Defekt im Abgassystem auf, so wird dies durch Sensoranalytik und komplexe Fehlererkennungsalgorithmen erkannt und gespeichert, und der Fahrer wird vom Fahrzeug zum Werkstattbesuch aufgefordert. Die OBD ist damit deutlich leistungsfähiger als die regelmäßige Abgasuntersuchung, die nur alle zwei Jahre stattfindet und dabei nur lastfreie Messungen ermöglicht.

Bei der Typprüfung wird untersucht, ob alle EU-Bestimmungen für neue Modelle erfüllt sind

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EU plant umfassende Reform des europäischen Typgenehmigungssystems

Die Europäische Union plant eine umfassende Reform des EU-Typgenehmigungssystems, das heute in der EU-Rahmenrichtlinie für die Typgenehmigung (2007/46/EG) geregelt ist. Dabei soll der gesamte Prozess überprüft und erweitert werden. Nach der Einführung der RDE-Emissionstests sollen dabei künftig auch die Ergebnisse der mobilen PEMS-Messungen in die Typprüfung eingehen. Darüber hinaus will die EU die Handhabung der Typprüfung europaweit noch mehr harmonisieren und die Marktüberwachung stärken. Typgenehmigungsbehörden und die technischen Dienste sollen dazu strengere Anforderungen erfüllen und sich Kontrollen oder Audits unterziehen müssen. Auf europäischer Ebene will die EU-Kommission selbst eine Marktüberwachung etablieren. Gleichzeitig sollen nationale Genehmigungsbehörden die Möglichkeit bekommen, Nachprüfungen einzuleiten, wenn Verdacht auf falsche Messergebnisse eines Herstellers besteht. Die Typgenehmigung für das Gesamtfahrzeug, für Systeme und Teile soll darüber hinaus auf fünf Jahre begrenzt werden. Vorgesehen ist schließlich, dass die Software in elektronischen Systemen den Genehmigungsbehörden und technischen Diensten offengelegt wird. So sollen insbesondere Manipulationen unterbunden werden. Da solche Software jedoch äußerst wettbewerbsrelevant ist, muss eine streng vertrauliche Behandlung der Daten sichergestellt sein. Deutlich verbessert wird der Umgang mit Einzelgenehmigungen, stufenweiser Fertigung von Nutzfahrzeugen und auslaufenden Serien: Hier waren bisher jeweils nationale Genehmigungen notwendig – sie sollen künftig EU-weit gelten. Neben dem europäischen Reformvorhaben gibt es auch Bestrebungen, ein internationales Typgenehmigungssystem zu etablieren. An einem Entwurf dafür, der sogenannten Internationalen Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung (International Whole Vehicle Type Approval, IWVTA) wird derzeit im Rahmen der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) gearbeitet. Beteiligt sind Experten aus Europa, Japan, Russland und Südafrika. Sie sollen ein Typgenehmigungssystem entwickeln, das für möglichst alle 51 UNECEStaaten attraktiv ist und so eine hohe Anzahl von Anwendern erreichen kann. Die UNECETypgenehmigung kann später auch die EU-Typgenehmigung ablösen. Langfristig sollen auch Schwellenländer wie China oder Indien für die Anwendung der internationalen Typgenehmigung gewonnen werden.

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Elektromobilität Leitmarkt und Leitanbieter Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) vereint seit sechs Jahren die wesentlichen Akteure aus Industrie, Wissenschaft, Politik und Gewerkschaften im strategischen Dialog. Mit dem Fortschrittsbericht 2014 hat die NPE die Marktvorbereitungsphase, die seit 2010 lief, abgeschlossen. Für die folgende Phase des Markthochlaufs von 2015 bis 2017 wurden Vorschläge unterbreitet, wie Deutschland das Ziel erreichen kann, bis 2020 Leitanbieter und Leitmarkt für Elektromobilität zu werden.

Markthochlaufphase Beim Ziel, Leitanbieter zu werden, ist die deutsche Automobilindustrie bereits erfolgreich: Bis Ende 2015 haben die deutschen Hersteller 29 Serienmodelle mit Elektroantrieb auf die Straße gebracht und erweitern das Angebot in den Segmenten sukzessive. Auch unabhängige Experten sehen Deutschland auf einem guten Weg. Laut dem Electric Vehicle Index (EVI) von McKinsey belegt Deutschland unter den Anbieternationen einen Platz unter den ersten drei. Die Unternehmensberatung schätzt, dass Deutschland im Jahr 2020 rund 1 Mio. Elektrofahrzeuge produzieren könnte.

Eine Voraussetzung dafür ist jedoch eine starke Entwicklung auch des Inlandsmarktes. Im ersten Halbjahr 2016 legten die Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen in Deutschland um fast 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Seit 2008 sind in Deutschland rund 66.000 Elektro-Pkw zugelassen worden. Im internationalen Vergleich ist Deutschland jedoch nur als Anbieter an der Spitze. Bezogen auf die Marktentwicklung liegt Deutschland auf den hinteren Plätzen. Derzeit fahren auf US-amerikanischen Straßen noch die meisten Elektrofahrzeuge. Beim Marktvolumen hat sich China auch 2016 klar vor die USA und damit an die Spitze gesetzt. Der größte europäische Elektro-Markt war Norwegen vor dem Vereinigten Königreich. Beim Vergleich dieser Märkte ist der Anteil, den Elektrofahrzeuge an den gesamten Neuzulassungen haben, besonders aufschlussreich: In Deutschland waren zum ersten Halbjahr 2016 nur 0,6 Prozent aller neuen Pkw E-Fahrzeuge. Spitzenreiter in Westeuropa ist Norwegen mit einem Anteil von 28,4 Prozent, gefolgt von Schweden mit 3,1 Prozent.

Elektro-Anteil am Pkw-Gesamtmarkt Januar bis Juni 2016

in Prozent

30

28,4 %

23

15

8 3,1 % 0,6 %

1,4 %

1,4 %

2,3 %

1,3 %

0,7 %

1,1 %

0,9 %

0 Deutschland Elektro-Anteil 2015

Frankreich

Ver. Königreich Norwegen

Elektro-Anteil 2016 YTD

Schweden

Niederlande

Westeuropa

USA (LV)*

China

Japan**

* Januar–Juli ** Januar–März Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, WardsAuto, Fourin, IHS driven by Polk, VDA

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Die Elektromobilität gewinnt international immer weiter an Bedeutung – sie ist der Schlüssel zu einem nachhaltigen und ressourcenschonenden Mobilitätssystem. In der Marktvorbereitungsphase hat Deutschland richtigerweise Schwerpunkte auf der Förderung von Forschung und Entwicklung, auf Normung und Standardisierung sowie auf Bildung und Qualifizierung.

teurer als konventionelle Pkw sind. Es geht dabei um einen auf wenige Jahre begrenzten Anschubimpuls. Im Rahmen der direkten Förderung erhalten Käufer für rein elektrische Fahrzeuge eine Prämie von 4.000 Euro. Für Plug-in-Hybride werden 3.000 Euro gewährt. Die deutschen Hersteller beteiligen sich mit einem 50-Prozent-Anteil an dieser direkten Förderung.

Die Bundesregierung hat darüber hinaus im Frühjahr 2016 ein Gesamtpaket aus direkter Förderung, Investitionen in die Ladeinfrastruktur und einer Beschaffungsinitiative der öffentlichen Hand mit einem Volumen von 1 Mrd. Euro auf den Weg gebracht. Mit dieser strategisch wichtigen Entscheidung wird die Grundlage geschaffen, dass Deutschland auch Leitmarkt für Elektromobilität werden kann. Denn ein Startimpuls ist wichtig, solange Elektroautos wegen der hohen Batteriekosten noch

Bereits seit Juli 2015 ist das Elektromobilitätsgesetz in Kraft. Damit können Kommunen Elektroautos vor Ort fördern – beispielsweise durch kostenfreies Parken oder besondere Zufahrtsrechte. Voraussetzung dafür ist eine einheitliche Kennzeichnung. Seit September 2015 gibt es daher ein spezielles E-Nummernschild für Elektroautos.

E-Autokennzeichen

D

B - MK 24 E Quelle: VDA

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Ladeinfrastruktur Um einen erfolgreichen Markthochlauf in Deutschland zu erreichen, muss die Nutzung von Elektroautos attraktiver und praktikabler werden. Dabei spielt die Ladeinfrastruktur eine entscheidende Rolle. Mit zuletzt rund 6.250 öffentlichen Ladepunkten für das Normalladen und 200 Schnellladepunkten (Stand: Juni 2016) gibt es noch zu wenig öffentliche Lademöglichkeiten. Für einen weiteren zielführenden Aufbau ist die beschlossene Förderung des Ausbaus der Ladeinfrastruktur von entscheidender Bedeutung. Von 2017 bis 2020 stellt die Bundesregierung 300 Mio. Euro Fördermittel dafür bereit.

Fahrten ermöglichen. Dafür ist ein Finanzbedarf von etwa 193 Mio. Euro zu erwarten. Für normales Laden sollten darüber hinaus bis zum Jahr 2020 rund 70.000 öffentliche Ladepunkte zur Verfügung stehen. Diese würden ein Investitionsvolumen von etwa 346 Mio. Euro erfordern. Die Förderung der Bundesregierung deckt einen großen Teil dieses Bedarfs ab und wird weitere private Investitionen anregen. Darüber hinaus sind Änderungen im Bau- und Mietrecht, im Steuerrecht sowie im Energie- und Eichrecht notwendig.

Der VDA hat gemeinsam mit der Nationalen Plattform Elektromobilität den Bedarf für Ladeinfrastruktur ermittelt. Bis 2020 werden danach rund 7.100 öffentliche Schnellladesäulen benötigt, die unter anderem entlang von Autobahnen lange

Ladeinfrastrukturen

Anteile der Ladevorgänge

Privater Ausstellort: aktuell 85 % perpektivisch über 2020 hinaus: 60 - 70 %

Öffentlich zugänglicher Ausstellort: aktuell 15 % perspektivisch über 2020 hinaus: 30 - 40 %

Typische Standorte für Ladeinfrastruktur

Einzel-/Doppelgarage bzw. Stellplatz beim Eigenheim

Vorgaben zur Ladetechnologie

Parkplätze bzw. Tiefgarage von Wohnanlagen, Mehrfamilienhäusern, Wohnblocks

Firmenparkplätze auf eigenem Gelände

Combined Charging System vorschreiben

Autohof, AutobahnRaststätte

Einkaufszentren, Parkhäuser, Kundenparkplätze

Öffentlich zugängich Combined Charging System als Mindeststandard in Ladesäulenverordnung vorgeschrieben

Stromversorgung

Über vorhandenen Hausanschluss

Straßenrand/ öffentliche Parkplätze

Über vorhandenen Anschluss der Anlage oder separaten Anschluss an das Niederspannungs- bzw. Mittelspannungsnetz

Über vorhandene Infrastruktur (z.B. Straßenbeleuchtung) oder neuen Anschluss an das Niederspannungs- bzw. Mittelspannungsnetz

Quelle: VDA

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Batterie- und Zellfertigung

Normungs-Roadmap

Die Traktionsbatterie eines Elektrofahrzeugs macht derzeit etwa 30 bis 40 Prozent der Wertschöpfung aus. Ein großer Teil davon entfällt auf die Batteriezelle – etwa 60 bis 70 Prozent. Sie ist damit ein zentrales Glied in der Wertschöpfungskette. Zugleich ist die Batteriezelle das Kernstück des Fahrzeugs. Sie bestimmt wesentlich die Leistungsfähigkeit sowie die Kosten und ist damit entscheidend für die Nutzerakzeptanz. Traktionsbatteriemodule und Traktionsbatteriesysteme werden bereits heute erfolgreich in Deutschland entwickelt und gefertigt. Es fehlt in der Wertschöpfungskette lediglich die Fertigung der Zelle in hoher Stückzahl. Die Automobilhersteller konzentrieren sich derzeit auf den weiteren Auf- und Ausbau der Produktion von Batteriepacks.

Forschung und Entwicklung bilden die Grundlage für den bisherigen Erfolg der deutschen Hersteller. Neben der Forschungsförderung erfordert die Elektromobilität ein engeres Zusammenarbeiten der verschiedenen Industriebranchen mit den verantwortlichen Normungsinstitutionen. Bereits 2010 legte die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) eine erste deutsche Normungs-Roadmap Elektromobilität mit Empfehlungen für die Normung und Standardisierung in der Elektromobilität vor. Ende 2014 wurde diese Roadmap grundlegend überarbeitet und als Version 3.0 neu veröffentlicht.

Derzeit sind weltweit deutliche Überkapazitäten in der Batteriezellproduktion vorhanden, wobei vor allem japanische und koreanische Hersteller den Markt dominieren. Bei wachsendem Markterfolg der Elektrofahrzeuge wird die Nachfrage nach Batteriezellen jedoch voraussichtlich deutlich ansteigen, sodass ein weiterer Ausbau der globalen Zellproduktion notwendig wird. In diesem Fall könnte der Aufbau und Betrieb einer Zellfertigung bei günstigen Standortbedingungen und Lohn- und Energiekosten auch in Deutschland nachhaltig möglich sein. Das Zeitfenster für den Markteintritt ergibt sich aus Sicht der NPE dann, wenn die nächste Batteriezellgeneration (optimierte Lithium-Ionen-Zellen) oder folgende Generationen marktreif werden. Für einen möglichen Einstieg in die Zellproduktion wurde ein Produktionsstart in Stufen ab dem Jahr 2021 ermittelt. Mit der Ansiedlung einer Batteriezellproduktion in Deutschland sollte die Kompetenz der ansässigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen eng verknüpft werden. Hierzu hat die NPE gemeinsam mit dem VDA eine Roadmap für die Zellproduktion erarbeitet.

Forschungsförderung Die Bundesregierung fördert in vielfältiger Weise die Forschung und Entwicklung zur Elektromobilität. Im Rahmen von Verbundprojekten zwischen Unternehmen und Forschungsinstituten wird die Technologie kontinuierlich weiterentwickelt. Im Fokus stehen dabei unter anderem die Optimierung von Antriebssystemen, der Elektromotor und die Leistungselektronik, die Batterietechnologie, Leichtbau sowie das Zusammenspiel aller Komponenten. Die verschiedenen Förderbereiche werden von den vier Bundesministerien für Bildung und Forschung, Umwelt und Bau, Verkehr und digitale Infrastruktur, Wirtschaft und Energie betreut. Zentraler Ansprechpartner für Unternehmen und Forschungseinrichtungen ist die Lotsenstelle Elektromobilität des Bundes.

Damit sollen die vielfältigen Normungsaktivitäten unterschiedlicher Branchen und Industriezweige koordiniert und zusammengeführt werden. Aufgrund historisch gewachsener Strukturen wurden Normen und Standards für die Bereiche der Elektro- bzw. Energietechnik und der Automobiltechnik bis 2010 getrennt entwickelt. Die Normungs-Roadmap Elektromobilität stellt dagegen die für die Elektromobilität unerlässliche übergreifende Sichtweise und den systemischen Ansatz her. Die Version 3.0 beschreibt den Arbeitsfortschritt seit 2010 und ergänzt den Arbeitsplan um neue Aufgaben und Projekte, die sich aus den bisherigen Fortschritten ergeben haben. Der VDA wird auch weiterhin federführend die Belange der Automobilindustrie einbringen. Die abschließende Version 4.0 ist für 2017 geplant.

Steuerliche Förderung Die Bundesregierung hat mit dem Gesamtpaket zur Förderung der Elektromobilität auch verschiedene steuerliche Regelungen für Elektrofahrzeuge angepasst und verbessert. Beschlossen wurde eine Steuerbefreiung des geldwerten Vorteils für Arbeitnehmer, die beim Arbeitgeber kostenlos Ladestrom erhalten. Für diesen Bezug von Ladestrom ist eine steuerliche Vereinfachung auch deswegen sinnvoll, weil so ein unverhältnismäßiger hoher bürokratischer Aufwand vermieden werden kann. Darüber hinaus sollten Beihilfen des Arbeitgebers für das Laden außerhalb des Firmengeländes bis 100 Euro pro Monat steuerfrei bleiben. Die Bundesregierung hat außerdem die Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge von fünf auf zehn Jahre erweitert. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, auch E-Fahrzeuge mit Plug-in-Hybrid und Range-Extender ebenso wie reine Elektroautos von der Kfz-Steuer zu befreien. Der VDA schlägt außerdem eine Verbesserung des bestehenden Nachteilsausgleichs für Elektrofahrzeuge bei der Firmenwagenbesteuerung vor. Für den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung eines elektrischen Firmenwagens gilt derzeit folgende Erleichterung: Der steuerlich anzusetzende Bruttolistenpreis des Fahrzeugs kann um den Preis der Batterie (im Jahr 2016 pauschal um 350 Euro pro Kilowattstunde Batteriekapazität) gemindert werden. Dieser Pauschalbetrag vermindert sich in den Folgejahren um jährlich 50 Euro bis zum Jahr 2023. Da der Grund für die abschmelzende Ausgestaltung – der Markthochlauf von Elektrofahrzeugen – nicht eingetreten ist, sollte der anzusetzende Betrag nicht wie bisher geplant in den kommenden Jahren weiter abgeschmolzen werden, sondern in voller Höhe erhalten bleiben.

Innovation und Technik

Bis Ende 2015 haben die deutschen Hersteller 29 Serienmodelle mit Elektroantrieb auf die Straße gebracht.

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Innovation und Technik

Weitere alternative Antriebe

Erdgas Derzeit sind in Deutschland 80.000 Pkw mit Erdgasantrieb unterwegs

Die deutsche Automobilindustrie verfolgt weiterhin eine Fächerstrategie, um fossile Kraftstoffe zu reduzieren, zu ergänzen und letztlich ganz zu ersetzen. Dabei geht es vor allem darum, nicht nur auf ein Pferd zu setzen, sondern verschiedene zukunftsträchtige Technologien für alternative Antriebe voranzutreiben. So ist vor allem Erdgas ein vielversprechender Kraftstoff: Es weist gegenüber Benzin einen CO2-Vorteil von über 20 Prozent auf. Auch gegenüber Dieselmotoren können CO2-Minderungen von bis zu 10 Prozent erreicht werden. Allerdings haben Erdgasfahrzeuge bisher nur einen geringen Anteil am Fahrzeugbestand.

In Deutschland gibt es rund 80.000 Pkw mit Erdgasantrieb. Komprimiertes Erdgas (CNG), wie es für Pkw genutzt wird, ist an gut 900 Tankstellen verfügbar. Europaweit gibt es über 3000 Erdgastankstellen. Die Initiative Erdgasmobilität der Deutschen Energie-Agentur (dena) hat das von der Automobilindustrie mitgetragene Ziel formuliert, bis 2020 einen Erdgasanteil im Energiemix des deutschen Straßenverkehrs von mindestens 4 Prozent zu erreichen. Für die deutsche Automobilindustrie bedeutet dies vor allem, weitere attraktive Fahrzeugmodelle mit Erdgasantrieb zu entwickeln und anzubieten.

Funktionsprinzip Power-to-Gas

Erzeugung

Umwandlung/Speicherung

Strom

„Grüner Strom“

Wasserstoff

Elektrolyse

Anwendung

Methan

Methanisierung

Ausscheidung

Kohlendioxid

Erdgastankstelle

Biomasse

Methan

Methanspeicher

Biogas

Erdgasfahrzeug

Pflanzliche Reststoffe

Biogasanlage Biomethan Quelle: VDA

Innovation und Technik

Bei schweren Nutzfahrzeugen stellt flüssiges Erdgas (LNG) eine wichtige Alternative zum Dieselkraftstoff dar. Bei flüssigem Erdgas ist vor allem die notwendige Energiedichte gegeben, was hohe Reichweiten ermöglicht. Damit eignet sich LNG besonders für den Güterfernverkehr. Der VDA begrüßt daher die Initiative der EU, die LNG-Infrastruktur in der EU voranzutreiben, um so den Durchbruch der LNG-Mobilität zu erleichtern. Für Erdgas gilt noch bis 2018 ein ermäßigter Energiesteuersatz. Gemessen am Energiegehalt wird Erdgas derzeit mit 13,90 Euro je Megawattstunde besteuert. Zum Vergleich: Für Diesel liegt der Satz bei 47,20 Euro/MWh. Dieser Unterschied trägt entscheidend dazu bei, dass Erdgas für Verbraucher und Unternehmen als alternativer Kraftstoff interessant wird. Der VDA drängte seit Beginn der Legislaturperiode darauf, die Steuerbegünstigung zu verlängern und damit Investitionssicherheit zu schaffen. Die Große Koalition hat im Februar 2016 beschlossen, dass die Steuerbegünstigung noch bis 2024 weiter bestehen soll und ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird.

Brennstoffzelle Die Wasserstofftechnologie kann als besonders nachhaltige alternative Antriebsform in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Die Brennstoffzelle stellt in Kombination mit dem Wasserstoffspeicher eine hervorragende Antriebsquelle dar und ist noch energiereicher als die Batterie. Sie ist, wie der reine Elektroantrieb, vollkommen emissionsfrei. Allerdings ermöglicht sie Reichweiten wie heutige Benziner. Das Nachtanken erfolgt ebenfalls zügig, sodass ein Brennstoffzellenfahrzeug künftig die Flexibilität und den Komfort eines heutigen Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor bieten könnte. Zusätzliche Potenziale ergeben sich durch die Möglichkeit der flexiblen Produktion von Wasserstoff aus überschüssigen erneuerbaren Energien. Die Brennstoffzelle ist serienreif – Modelle deutscher Hersteller sind für das kommende Jahr angekündigt. Daher muss nun der Aufbau einer Wasserstofftankstelleninfrastruktur in den Fokus rücken. Mit derzeit sieben öffentlichen H2-Tankstellen in Deutschland ist ein Anfang gemacht. Für einen langfristigen Erfolg wären bundesweit rund 1.000 Tankstellen notwendig.

Im Güterfernverkehr ist flüssiges Erdgas eine wichtige Alternative zum Diesel

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Innovation und Technik

Automatisiertes und vernetztes Fahren Innovationsführerschaft der deutschen Automobilindustrie Die Mobilitätssysteme stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen: Globalisierung und Urbanisierung lassen das Verkehrsaufkommen rapide anwachsen und könnten Verkehrssysteme an ihre Kapazitätsgrenzen bringen. So werden im Jahr 2050 schon 70 Prozent aller Menschen in Städten leben. Die Zahl der Automobile wird sich verdoppeln. Automatisierung und Vernetzung bieten jedoch die Chance, diese globalen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, weil Autofahren damit effizienter, sicherer und umweltverträglicher wird. Die deutschen Hersteller und Zulieferer wollen ihre Innovationsführerschaft beim automatisierten und vernetzten Fahren weiter ausbauen.

Auch die Bundesregierung hat in ihrer Strategie zum automatisierten und vernetzten Fahren das Ziel ausgegeben, Deutschlands Vorreiterrolle bei dieser Technologie zu sichern. Das automatisierte und vernetzte Fahren soll auf die Straße gebracht werden: über den Probebetrieb und die Entwicklung zur Serienreife bis zur Regelzulassung. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat dafür folgende Handlungsfelder definiert, in denen die nötigen Voraussetzungen für die neue Technologie geschaffen werden sollen: Infrastruktur, Recht, Innovation, Vernetzung sowie IT-Sicherheit und Datenschutz.

Rechtliche und politische Rahmenbedingungen Derzeit bilden nicht vorhandene, unvollständige oder national unterschiedliche rechtliche Regelungen noch ein großes Hindernis auf dem Weg zur Markteinführung automatisierter und erst recht autonomer Fahrzeuge. Daher sollte es das Ziel der Gesetzgeber sein, einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine Harmonisierung der einzelnen Vorschriften liegt auch im Interesse eines funktionierenden europäischen Binnenmarktes. Dazu hat sich auch die Bundesregierung in ihrer Strategie zum automatisierten und vernetzten Fahren bekannt. Das geltende Straßenverkehrsrecht berücksichtigt noch nicht die verschiedenen Stufen der Automatisierung. Bei nationalen Gesetzesänderungen ist das allerdings auch nicht zwingend erforderlich. Der Gesetzgeber muss grundsätzlich nicht zwischen technischen Automatisierungsstufen trennen. Vielmehr sollten zwei Fälle unterschieden werden: einerseits Situationen, in denen ein Fahrer existiert und teilweise das Fahren übernehmen muss oder potenziell übernehmen kann (automatisierte Systeme), andererseits Situationen, in denen der Fahrer nur Passagier ist oder es keinen Fahrer mehr gibt (autonome Systeme). Dafür sind Änderungen an geltenden Vorschriften nötig. Die bestehenden Regelungen – vor allem das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung – verbieten die Nutzung automatisierter Systeme zwar nicht ausdrücklich. Im Falle eines Unfalls könnte die Nutzung der Systeme heute jedoch als Pflichtverletzung des Fahrers angesehen werden. Diese Rechtsunsicherheit sollte rasch behoben werden. Als Grundlage für nationale Regelungen wurde bereits im Oktober 2015 das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr angepasst. Dabei wurde die bisherige Regelung, wonach ein Fahrer sein Fahrzeug jederzeit beherrschen muss, verändert. Das Übereinkommen erlaubt nun, dass automatisierte Systeme die Führung eines Fahrzeugs beeinflussen – allerdings nur, wenn sie vom Fahrer jederzeit übersteuert oder abgeschaltet werden können. Durch diese Änderung des internationalen

Übereinkommens wurde eine erste rechtliche Grundlage geschaffen. Der VDA tritt dafür ein, dass nationale Gesetzgeber dies nun umsetzen und automatisiertes Fahren zulassen müssen. Das Wiener Übereinkommen fordert jedoch weiterhin, dass jedes Fahrzeug einen Fahrer haben muss. Damit ist der Betrieb autonom fahrender Fahrzeuge ohne Fahrer nach heutigem Stand nicht möglich. Allerdings arbeitet die Arbeitsgruppe Straßenverkehrssicherheit der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) bereits an einer neuerlichen Erweiterung des Übereinkommens, damit künftig auch autonome Systeme zugelassen werden können. Darüber hinaus müssen weitere internationale technische Regelwerke (UN-R-Vorschriften) überarbeitet werden. Dabei ist insbesondere die UN-Regelung für Lenkanlagen (UN-R 79) betroffen, denn eine Kernfunktion des automatisierten Fahrens besteht darin, dass das Fahrzeug eigenständig lenkt, um dem Straßenverlauf zu folgen oder zu überholen. Die UN-R 79 sieht derzeit automatisches Lenken nur bis zu einer Geschwindigkeit von 10 km/h vor. Diese Geschwindigkeitsbegrenzung sollte aufgehoben werden. Eine Anpassung des bestehenden Haftungsrechts ist für automatisierte Fahrsysteme nicht erforderlich. Denn bei Unfällen durch automatisierte Fahrsysteme ist eine umfassende Haftungsabdeckung durch die Halterhaftung oder die Produkthaftung des Herstellers gegeben. Soweit der Fahrer für die Fahraufgabe rechtlich verantwortlich bleibt, haftet er im Falle seines Verschuldens. Das beschriebene Haftungsmodell hat sich bereits bei vielen automobilen Innovationen bewährt und ist somit technikoffen. Für Fälle, in denen dennoch eine Fahrerhaftung beim Betrieb eines automatisierten Fahrsystems ausscheiden sollte, könnte die gesetzliche Höchsthaftungssumme angehoben werden, um mögliche Haftungslücken zu vermeiden. Erst wenn ein System die Fahraufgabe komplett übernimmt und der Fahrer zum bloßen Passagier wird, könnte es notwendig werden, die Haftungsvorschriften grundlegend zu überprüfen.

Innovation und Technik

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Automatisierung Die Anzahl der Fahrerassistenzsysteme, die den Fahrer bei der Fahraufgabe unterstützen können, hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Dadurch ist der Eindruck entstanden, dass autonome Fahrzeuge schon bald technisch machbar sein könnten. Viel wahrscheinlicher ist es jedoch, dass diese Entwicklung evolutionär verlaufen wird. Automatisierte Funktionen werden auf der Grundlage etablierter Fahrerassistenzsysteme sukzessive weiterentwickelt und in mehr und mehr Neuwagen eingebaut. Autofahrer werden so Schritt für Schritt an die Automatisierung herangeführt.

vor, die die Situation trotz hoher Komplexität beherrschbar machen. In beiden Fällen kann ein Auto sein Umfeld mit den eigenen Sensoren erfassen, die Situationen sind damit gut beherrschbar. Es liegt auf der Hand, dass weitere Innovationen erprobt werden müssen, so zum Beispiel die Ausweitung der Anwendung automatisierter Funktionen im urbanen Umfeld. Die Bundesregierung hat daher erste Initiativen ergriffen, zum Beispiel das Digitale Testfeld Autobahn, das um städtische Testfelder erweitert werden soll.

Dabei wird automatisiertes Fahren voraussichtlich zuerst auf der Autobahn sowie in Parkhäusern praktisch angewendet werden. Auf Bundesautobahnen ist trotz hoher Geschwindigkeiten das Verkehrsgeschehen vergleichsweise strukturiert. In Parkhäusern hingegen herrschen geringe Geschwindigkeiten

Einführung automatisierter Fahr- und Parkfunktionen Einführungszeiträume definieren den Zeitraum, wann voraussichtlich die Fahrerassistenzsysteme (FAS) am Markt eingeführt werden.

Fahren in der Stadt*

Stufe 4

Valet Parking* (fahrerloses Parken)

Vollautomatisiert

Stufe 3

Fahren auf der Autobahn*

Hochautomatisiert

Staufolgefahren/Fahren im Stau*

Schlüsselparken

Stufe 2

Stauassistent

Teilautomatisiert

Parkmanöverassistent

Spurhalteassistent

Stufe 1

Parklenkassistent

Assistiert

Adaptive Cruise Control

Totwinkelüberwachung

Stufe 0 Driver only

Jahr Fahrfunktionen

Spurverlassenswarner

2000

2005 Parkfunktionen

2010

2015

2020

2025

2030

* Rechtliche Rahmengesetzgebung vorausgesetzt. Quelle: VDA

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Innovation und Technik

Vernetzung Die Vernetzung von Fahrzeugen miteinander, mit der Umgebung und der Infrastruktur schafft völlig neue Möglichkeiten, die weit über herkömmliche Fahrfunktionen hinausgehen. Gerade die Funktionen des automatisierten Fahrens können erst durch Vernetzung voll erschlossen werden. So können einzelne Fahrzeuge Informationen erhalten, die über die Sichtweite des menschlichen Auges und der fahrzeugeigenen Sensoren weit hinausgehen. Diese Kommunikation kann zwischen Fahrzeugen (Vehicle-to-Vehicle, V2V), zwischen Fahrzeugen und der Infrastruktur (Vehicle-to-Infrastructure, V2I) sowie zwischen Fahrzeugen und IT-Zentralen oder Leitstellen (Vehicle-to-IT-Backend, V2B) stattfinden. Als Überbegriff für die Kommunikation des Fahrzeugs mit verschiedenen Adressaten wird auch der Begriff Vehicle-to-X (V2X) verwendet. Grundlage für die Vernetzung sind Kommunikationstechnologien. Im Europäischen Car-to-Car Communications Consortium (C2CCC) arbeiten Automobilhersteller und Zulieferer gemeinsam mit Forschungsinstituten an Technologien für die V2X-Kommunikation. Dabei wurde bereits ein Standard für automobiles WLAN entwickelt und erprobt – der sogenannte ITS-5G-Standard. Die Technologie ermöglicht verzögerungsfreie, direkte Kommunikation. Die Fahrzeughersteller im Konsortium haben eine Markteinführung ab 2019 angekündigt. Allerdings muss auch die Infrastruktur rechtzeitig mit ITS-5G ausgestattet werden.

Schon heute werden Fahrzeuge mit Mobilfunk ausgestattet – allerdings nur für Kommunikation mit stationären IT-Zentren der Hersteller. Für schnelle und zuverlässige Datenübertragung zwischen Fahrzeugen und zur Infrastruktur ist Mobilfunk heute noch nicht reif. Hingegen soll der zukünftige Mobilfunkstandard 5G dafür grundsätzlich geeignet sein. 5G hat das Potenzial, Informationen während des Fahrens ähnlich schnell und zuverlässig zu übertragen, wie dies mit ITS-5G-WLAN möglich ist. Die 5G-Technologie ist jedoch noch in der Phase der Forschung bzw. Vorentwicklung. Wann 5G-Mobilfunk für die V2X-Kommunikation marktreif sein wird, ist noch nicht absehbar. Durch Vernetzung und Digitalisierung werden sich bekannte Geschäftsmodelle der Automobilindustrie stark wandeln. Die neuen digitalen Märkte unterscheiden sich fundamental von bekannten Produktmärkten: Der Wettbewerb um Daten und die Datenschnittstellen bestimmt zukünftig mehr denn je über Marktanteile. Daher ist es entscheidend, dass auch auf diesen digitalen Märkten ein fairer Wettbewerb herrscht. Wir brauchen eine Industriepolitik, die marktbeherrschenden Akteuren Grenzen aufweist und den europäischen Industrien Wettbewerbschancen sichert. Gerade bei politischen Entscheidungen über den Zugang zu Fahrzeugdaten muss beachtet werden, dass es auch um industriepolitische Fragestellungen geht.

Innovation und Technik

Datenschutz Bereits heute benötigen und produzieren moderne Kraftfahrzeuge eine Vielzahl an Daten. Aufgrund der fortschreitenden informationstechnischen Ausstattung der Kraftfahrzeuge und deren Anbindung an das Internet sowie der Vernetzung der Verkehrsteilnehmer untereinander wird sich dieser Trend fortsetzen. Digitalisierung und Vernetzung bergen neben den Vorteilen für die Verkehrssicherheit und den Komfort zugleich auch Risiken für die Persönlichkeitsrechte der Fahrzeugnutzer, denen die Automobilindustrie begegnet. Der VDA hat daher bereits 2014 Grundsätze zum Datenschutz bei vernetzten Fahrzeugen veröffentlicht. Anschließend haben die Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder mit dem VDA eine Erklärung zu datenschutzrechtlichen Aspekten bei der Nutzung vernetzter und nicht vernetzter Fahrzeuge erarbeitet und im Januar 2016 veröffentlicht. Die folgenden Themen werden in der gemeinsamen Erklärung behandelt:

··Personenbezogenheit der im Fahrzeug anfallenden Daten ··Festlegung des Zeitpunkts der Datenerhebung ··Bestimmung der verantwortlichen Stelle ··Rechtsgrundlagen für den Datenumgang im Kraftfahrzeug ··Datenschutzrechtliches Auskunftsrecht gegenüber dem Hersteller ··Hoheit über die Datenverarbeitungsvorgänge im Fahrzeug Die Datenschutzbehörden und der VDA stimmen darin überein, dass Daten, die bei der Autonutzung entstehen, personenbezogen sind, wenn eine Verknüpfung mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer oder dem Kfz-Kennzeichen vorliegt. Zur Feststellung des Zeitpunkts der Datenerhebung und der verantwortlichen Stelle muss unterschieden werden, ob Daten sofort (online) oder später (offline) übermittelt werden. Die Erklärung hält eindeutig fest, dass Fahrzeughalter gegenüber dem Hersteller ein unentgeltliches Auskunftsrecht zu erhobenen und gespeicherten personenbezogenen Daten haben sollen. Zudem werden die Bordcomputer der Fahrzeuge über die wichtigsten Fragen zur Datenverarbeitung informieren. Der VDA wird den Dialog mit den Datenschutzbehörden zu weiteren Fragen des Datenschutzes bei automatisierten und vernetzten Fahrzeugen fortsetzen.

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Innovation und Technik

Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT)

In der Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) haben sich alle deutschen Pkwund Nutzfahrzeughersteller sowie zahlreiche Zulieferer zusammengeschlossen, um unter dem Dach des VDA vorwettbewerblich und gemeinschaftlich zu forschen. In ihrem Auftrag werden Vorhaben von Forschungspartnern an Hochschulen und öffentlichen Forschungszentren oder von außeruniversitären Forschungs- und Entwicklungsdienstleistern bearbeitet. Seit ihrer Gründung hat die FAT rund 300 Bände zu ihren Forschungsprojekten publiziert.

Reduzierung des Parksuchverkehrs in Innenstädten Knapper Parkraum und eine stark ausgelastete Infrastruktur führen in vielen Städten zu einer hohen Belastung durch Parksuchverkehr. Dadurch entstehen unnötig Abgase, Lärm und Zeitverluste. Eine neue Studie der Prognos AG im Auftrag der Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) hat hier angesetzt und den Parksuchverkehr von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in Innenstädten untersucht. Außerdem will die Studie aufzeigen, wie unnötiger Parksuchverkehr durch bessere Informationen reduziert werden kann.

560 Mio. Stunden verbringen Autofahrer in Deutschland jährlich mit Parkplatzsuche

Insgesamt, so schätzen die Autoren der Studie, fallen in Deutschland jährlich Fahrten mit einer Dauer von 560 Mio. Stunden im Parksuchverkehr an. Vor allem bei Freizeitfahrten, Rückfahrten zum Wohnort und Erledigungsfahrten müssen Parkplätze gesucht werden. Gut jede fünfte aller Fahrten im Wirtschaftsverkehr wird dabei als parksuchverkehrsrelevant eingeschätzt. Im Privatverkehr ist es sogar rund jede vierte Fahrt. Untersucht wurden Parkräume und welche Informationen zum Belegungsstand verfügbar sind. Dazu gehören Parkhäuser und privater Parkraum, der öffentlich nutzbar ist. Hinzu kommt der öffentliche Straßenraum, der mit Parkscheinautomaten, Parkscheiben oder sogenanntem Handyparken bewirtschaftet wird. Dabei kam die Studie zu dem Ergebnis, dass in Parkhäusern in der Regel sehr gute Informationen zu freien Parkplätzen bereitgestellt werden. Im öffentlichen Straßenraum hingegen sind diese Informationen nur sehr rudimentär verfügbar. Und das, obwohl bei einer Bewirtschaftung mit Parkscheinautomaten durchaus Aussagen über freie Parkplätze möglich wären. Denn überall dort, wo Parkraum bewirtschaftet wird, gibt es Daten zu den verkauften Parkscheinen. Diese Informationen werden bisher jedoch so gut wie nie zur Verkehrslenkung genutzt. Selbst bei nicht bewirtschaftetem öffentlichem Straßenraum wäre es möglich, Informationen anzubieten. Die Kommunen könnten dazu statistische Verfahren nutzen, die wiederum Angaben über die Auslastung zulassen würden.

Innovation und Technik

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Wenn es gelingen würde, die Informationslage stark zu verbessern, könnten der Parksuchverkehr und die Zeitverluste in deutschen Städten deutlich reduziert werden. Die Prognos-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass im günstigsten Fall bis zu 181 Mio. Stunden Parksuchzeit vermieden werden könnten. Weniger Parksuchverkehr würde auch bedeuten, dass die Fahrleistungen von Kraftfahrzeugen insgesamt reduziert werden könnten. Würde das bestmögliche Einsparpotenzial von rund 2,7 Mrd. Fahrzeugkilometern erreicht, dann könnten rund 0,5 Mio. Tonnen CO2 vermieden werden. Die Studie zeigt, dass bessere Informationen zum Parkplatzangebot den Suchverkehr deutlich reduzieren könnten. Dazu müssen für den öffentlichen Parkraum Auslastungsprognosen mithilfe statistischer und dynamischer Daten aus Parkscheinautomaten erstellt und veröffentlicht werden. Auch die Erfassung einzelner Stellplätze durch Sensoren sollte intensiviert werden. Diese Daten sollten betreiberübergreifend über eine Datenplattform bereitgestellt und öffentlich nutzbar gemacht werden. Die Studie „Auskunft über verfügbare Parkplätze in Städten“ ist in der FAT-Schriftenreihe erschienen (FAT 271).

Gewöhnlicher Pkw-Stellplatz am Wohnort Mittelwerte

Garage, Carport, privater Stellplatz

Öffentlicher Raum

Unterschiedlich

Großstadt (groß) > 500 kE (n=6)

58 %

39 %

3%

Großstadt (klein) 100–500 kE (n=14)

64 %

34 %

3%

Mittelstadt (groß) 50–100 kE (n=5)

70 %

27 %

3%

Mittelstadt (klein) 20–50 kE (n=9)

81 %

17 %

2%

Kleinstadt (groß) 10–20 kE (n=9)

83 %

14 %

3%

Kleinstadt (klein) < 10 kE (n=6)

84 %

14 %

2%

Gesamt

73 %

25 %

2% Quelle: VDA

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Innovation und Technik

Energieeffizienter Lastzug Die Reduzierung der CO2-Emissionen ist eine der großen wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen des Straßengüterverkehrs. Die Nutzfahrzeugindustrie arbeitet deshalb intensiv daran, die Energieeffizienz von Nutzfahrzeugen weiter zu verbessern. Neben der Optimierung des Antriebsstrangs geht es vor allem darum, den Luft- und Rollwiderstand nachhaltig zu reduzieren, die zusammen rund 25 Prozent des Kraftstoffverbrauchs eines Lkw im Fernverkehr verursachen. Um zu erforschen, wie Fahrwiderstände bei zukünftigen schweren Nutzfahrzeugen reduziert werden können, hat die Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) das herstellerübergreifende und vorwettbewerbliche Projekt zur „Potenzialanalyse eines energieeffizienten Lastzugs“ ins Leben gerufen. Die Forschungsarbeiten sollten Beiträge zur Ressourcenschonung im Straßengüterverkehr und für mehr Wirtschaftlichkeit in puncto Energieeffizienz von Nutzfahrzeugen leisten. Darüber hinaus unterstützt das Forschungsprojekt auch die Arbeiten an der künftigen CO2-Gesetzgebung für schwere Nutzfahrzeuge und die Überarbeitung der Richtlinie zu Maßen und Gewichten (96/53 EG).

FAT-Strömungssimulation: Wirbelverteilung am Sattelzug Ux (m/s)

0

10

20

Quelle: FAT-Schriftenreihe Nr. 237, November 2011

Innovation und Technik

Dabei wurden zum Beispiel in umfangreichen Computersimulationen aerodynamische Potenziale an Lastzügen untersucht. Diese wurden durch Strömungsversuche im Windkanal mit Sattelzugmodellen ergänzt. Die Analysen zeigten, dass die größten Potenziale zur aerodynamischen Optimierung beim Sattelauflieger bestehen. Hier lassen sich mit Seitenverkleidungen, Heckklappen und einem heruntergezogenen Aufbauheck rund 5 Prozent Kraftstoff einsparen. Bei anderen Sattelzugtypen kann durch das Schließen des Zwischenraums zwischen Fahrerhaus und Aufliegeraufbau eine deutliche Luftwiderstandsreduktion erreicht werden. Bei einem Gliederzug lässt sich der Luftwiderstand am stärksten reduzieren, wenn der Zwischenraum zwischen den beiden Aufbauten für den eindringenden Luftstrom verschlossen würde. Das könnte mit nach außen gestellten Spoilern am Ende des Zugwagenaufbaus erreicht werden. Solche Komponenten sind allerdings auch unter den zukünftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen nur eingeschränkt umsetzbar. Eine Verlängerung oder Umgestaltung des Fahrerhauses würde mit weiteren 1 bis 2 Prozent Kraftstoffeinsparung zu Buche schlagen. Der Rollwiderstand von Nutzfahrzeugreifen wurde erstmals auf realen Straßen mit eigens dafür entwickelten Messfahrzeugen ermittelt. Die Analysen zeigen, dass die Profiltiefe des Reifens und die Umgebungstemperatur starken Einfluss auf den Rollwiderstand haben. Unterschiedlich raue Fahrbahnoberflächen scheinen den Rollwiderstand weniger zu beeinflussen, als das bei als bei Pkw-Reifen der Fall ist. An der Antriebsachse sind vor allem Super-Single-Reifen besonders effizient. Sie erzeugen 16 bis 18 Prozent weniger Rollwiderstand als eine Zwillingsbereifung. Außerdem wurde erforscht, wie sich der Rollwiderstand eines kompletten Lastzuges beeinflussen lässt. Dabei wurde deutlich, dass zum Beispiel der Rollwiderstand eines beladenen Zuges bei starker Abweichung von der idealen Achseinstellung um über 4 Prozent steigen kann. Bei einem teilbeladenen Sattelzug kann der Rollwiderstand wiederum um 8 Prozent reduziert werden, wenn der Trailer mit optimaler Gewichtsverteilung beladen wird. Dazu wurde ein nutzlastabhängiger Lastverteilungsplan entwickelt. Um den Bogen von den oben beschriebenen Untersuchungen in den realen Fahrbetrieb von Lastzügen zu schlagen, werden derzeit mehrere mit umfangreicher Messtechnik ausgestattete Lastzüge im täglichen Einsatz begleitet. Dieses neue Forschungsvorhaben wird von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen gefördert. Basierend auf den Ergebnissen, die Ende 2016 erwartet werden, sollen die Simulationstools und Analyseverfahren weiterentwickelt werden. Im Rahmen des FAT-Forschungsprojekts zum energieeffizienten Lastzug sind zahlreiche Schriften erschienen: Schwere Nutzfahrzeugkonfigurationen unter Einfluss realitätsnaher Anströmbedingungen (FAT 281), Sensitivitätsanalyse rollwiderstandsrelevanter Einflussgrößen bei Nutzfahrzeugen (FAT 258 und 279), Aerodynamik von Nutzfahrzeugkombinationen bei realitätsnahen Fahrbedingungen unter Seitenwindeinfluss (FAT 260), Untersuchung des Rollwiderstands von Nutzfahrzeugreifen auf echten Fahrbahnen (FAT 255), Aerodynamik von schweren Nutzfahrzeugen (FAT 241), Verbrauchsreduktion an Nutzfahrzeugkombinationen durch aerodynamische Maßnahmen (FAT 237).

Optimale Beladung kann Rollwiderstand um 8 Prozent verringern

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Innovation und Technik

Logistik

Das globale Produktionsnetzwerk der deutschen Automobilindustrie ist darauf angewiesen, dass Lieferketten zuverlässig und sicher organisiert sind. Zulieferteile müssen schnell, sicher, kostengünstig und umweltverträglich in die Produktionsstätten geliefert werden. Ebenso müssen fertige Fahrzeuge zu ihren Kunden in allen Weltregionen gelangen. Dabei gilt es, komplexe Produktionsnetzwerke unter Beteiligung zahlloser Partner zu beherrschen. Wesentliche Herausforderungen für die Automobillogistik sind die Globalisierung und die Gefahrenabwehr infolge von Terrorismus und Kriminalität. Moderne Logistiknetzwerke müssen lokale Zulieferungen und globale Versorgung optimal zusammenbringen. Sie müssen auf schwankende Nachfrage ebenso flexibel reagieren können wie auf geografische und politische Risiken. Dabei dürfen die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Entscheidend ist deswegen die permanente Verbesserung der Logistikprozesse. Dabei geht es vor allem darum, den Informationsfluss zwischen Herstellern, Lieferanten und Logistikdienstleistern zu optimieren. Um dies in der Praxis umzusetzen, bemüht sich der VDA darum, Schnittstellen, über die Daten übertragen werden, weiter zu harmonisieren. Einen weiteren Schwerpunkt der VDA-Logistik bilden Systeme, mit denen Lieferketten digital überwacht werden können. Schon heute werden Teile und Lieferungen mit RFID-Tags (Radio Frequency Identification) ausgestattet und können so permanent ihre Position übermitteln. Die VDA-Empfehlungen zum Einsatz von RFID wurden grundlegend überarbeitet und spiegeln nun den neuesten Kenntnis- und Erfahrungsstand wider. Außerdem wurden zusammen mit internationalen Partnerorganisationen globale Empfehlungen erarbeitet. Die horizontale Integration der Lieferkette, also die Integration aller Partner in der Wertschöpfungskette vom Rohstofflieferanten über den Hersteller des Automobils und die Distribution bis zur Ersatzteilversorgung, gewinnt für die Automobillogistik derzeit weiter an Bedeutung. Vor allem die Zahl der verschiedenen Partner und die Komplexität haben sich rasant entwickelt. Die

Lieferketten sind länger geworden, das Transportvolumen und auch der Wert der transportierten Güter haben zugenommen. Das liegt unter anderem an der größeren Vielfalt von PkwModellen, aber auch an der raschen Ausweitung der Auslandsproduktion auf allen Kontinenten. Um diese Netzwerke beherrschen und steuern zu können, sind genaue, umfangreiche und schnelle Informationen entscheidend. Dabei geht es nicht mehr nur um den Anfang und das Ende eines Prozesses, beispielsweise den Zeitpunkt von Warenversand und Wareneingang. Vielmehr wollen die Unternehmen höchstmögliche Transparenz über den gesamten Bestell- und Lieferprozess herstellen. Denn erst diese Transparenz ermöglicht es, die Steuerung zu verfeinern, rechtzeitig auf Störungen zu reagieren und Logistikprozesse noch genauer abzustimmen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die physischen Objekte der Lieferkette – vom Containerschiff bis zum kleinen Transportbehälter – vernetzt werden. Sie können so ihre Position und ihren Zustand laufend mitteilen. Aus den einzelnen Informationen setzen die Logistiker systematisch ein Bild über den Zustand der gesamten Lieferkette zusammen. Im Zuge dieser Entwicklung werden IT-Systeme geöffnet und unterschiedlichste Objekte miteinander vernetzt, sodass ein Internet der Dinge entsteht – häufig mit dem Schlagwort Industrie 4.0 beschrieben. Damit sind jedoch auch verschiedene Risiken verbunden. Um die automobile Lieferkette gegen Cyberkriminalität zu schützen, hat der VDA sichere Übertragungsund Verschlüsselungsprotokolle entwickelt. Digitale Systeme sind heute nicht mehr nur bei der Steuerung von Logistikprozessen entscheidend. Auch die Planung neuer Fabriken ist weitgehend digitalisiert. Dabei kommen zum Beispiel 3D-Visualisierungen und Logistiksimulationen zum Einsatz. So können heute Fertigungs- und Logistikprozesse in der „Digitalen Fabrik“ virtuell geplant, getestet und optimiert werden, noch bevor der erste Spatenstich gesetzt wird.

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Sicherheit und Standards

Sicherheit und Standards Höchste Sicherheit und beste Qualität sind Markenzeichen der deutschen Automobilindustrie. Die Hersteller und Zulieferer entwickeln internationale Standards und Normen laufend weiter.

Sicherheit und Standards

Marco Trines, Betriebswirt, Sales, Kiekert AG, Heiligenhaus

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Sicherheit und Standards

Verkehrsunfälle in Deutschland Gemessen an der Fahrleistung ist der Straßenverkehr sicherer denn je Die Zahl der tödlich Verunglückten ist in den vergangenen Jahren beständig gesunken, und das obwohl die Fahrleistung in Deutschland jährlich steigt. Im Jahr 2015 war jedoch ein Anstieg der tödlich Verunglückten um knapp 3 Prozent auf 3.475 zu verzeichnen. Dazu trug nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen nicht zuletzt der starke Anstieg der Zahl tödlich verunfallter Motorradfahrer bei. Diese Zahl stieg gegenüber dem Vorjahr um 7 Prozent. Das Jahr hatte nicht nur einen milden Winter, sondern, anders als 2014, auch trockene, warme und überdurchschnittlich sonnige Sommermonate. Dies führte zu besonders viel Motorradverkehr. Dennoch wird die Gefahr, im Straßenverkehr tödlich zu verunglücken, immer geringer. Das gilt auch für 2015. Pro 1 Mrd. Fahrzeugkilometer waren statistisch gesehen 4,5 Getötete zu beklagen. Mitte der 90er-Jahre waren es noch dreimal so viele. Damit ist der Straßenverkehr gemessen an der Fahrleistung so sicher wie nie zuvor.

Die Anzahl der auf den Autobahnen tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmer war 2014 stark zurückgegangen, und zwar um 12 Prozent auf 375. Dieses historisch niedrige Niveau wurde 2015 gehalten. Und dabei nahm die Fahrleistung auch auf den Autobahnen gegenüber dem Vorjahr zu (+2,5 Prozent). Auch insgesamt sind die Autobahnen die mit Abstand sichersten Straßen. Auf 1 Mrd. gefahrene Kilometer sind, statistisch gesehen, 1,6 tödlich Verunglückte zu beklagen. Auf Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen sind es im Durchschnitt 5,3 und auf Bundesstraßen 8,1 tödlich Verunglückte. Auch im Vergleich zu Autobahnen anderer Länder sind deutsche Autobahnen ausgesprochen sicher. Pro 1 Mrd. gefahrene Kilometer verunglücken beispielsweise in Frankreich 1,7 Personen, in Belgien 2,0 und in den USA 3,4 – und damit mehr als hierzulande. Ein generelles Tempolimit, wie es in diesen Ländern herrscht, macht die Autobahnen also nicht zwangsläufig sicherer.

Getötete pro 1 Mrd. Fahrzeugkilometer nach Straßenkategorien

in Mrd. km 70

66,5

60

50

40

35,9

30

20

11,7 8,1

10

5,3

1,6 0

BAB 1980

2014

Bundesstraßen

Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen Quelle: Statistisches Bundesamt, DIW

Sicherheit und Standards

Fahrzeugsicherheit: neue Euro-NCAP-Anforderungen Das European New Car Assessment Programme (Euro NCAP) ist ein verbraucherschutzorientiertes Programm zur Bewertung der Sicherheit von Personenkraftwagen. Es wird von einem Konsortium europäischer Verkehrsministerien, Automobilclubs, Versicherungsverbände und Forschungsinstitute getragen. Seit 1997 hat sich Euro NCAP für Hersteller und Verbraucher zum wesentlichen Bewertungsmaßstab für Fahrzeugsicherheit entwickelt. Heute beteiligen sich zwölf Institutionen aus acht europäischen Staaten an dem Programm. Fast alle neuen Fahrzeuge werden nach Euro NCAP auf ihre passive und aktive Sicherheit getestet und bewertet. Die Ergebnisse werden veröffentlicht und ermöglichen es den Autokäufern, sich schnell und umfassend über die Fahrzeugsicherheit eines Autos zu informieren. Die Testanforderungen, um die maximale Punktzahl zu erreichen, wurden in den letzten Jahren schrittweise geändert. Seit 2014 müssen die Fahrzeughersteller in besonders vielen Bereichen wesentliche neue Anforderungen erfüllen, um die Bestnote (5 Sterne) zu erreichen. Vor allem wurden die vier Kategorien neu gewichtet. Der Erwachseneninsassenschutz ging bisher zu 50 Prozent in die Bewertung ein. Kindersicherheit und Fußgängerschutz hatten jeweils einen Anteil von 20 Prozent. Fahrerassistenzsysteme gingen bisher nur zu 10 Prozent in die Gesamtbewertung ein. Seit 2014 werden die aktiv unterstützenden Sicherheitssysteme nun doppelt so stark berücksichtigt, nämlich mit 20 Prozent. Damit folgt Euro NCAP der allgemeinen Entwicklung, dass neue Systeme, die Insassen und Fußgänger aktiv schützen, immer wichtiger werden. Die Integration von Systemen der aktiven und passiven Sicherheit in einem Fahrzeug wird künftig dazu führen, dass Unfälle immer häufiger vermieden oder

abgemildert werden können. Ein aktiver Brems- oder Lenkeingriff kann beispielsweise die Kollisionsgeschwindigkeit reduzieren und so die Unfallschwere mindern. Daher ist es folgerichtig, dass Euro NCAP diese technologischen Entwicklungen stärker berücksichtigt. Darüber hinaus wurden die bestehenden Anforderungen zur passiven Sicherheit kontinuierlich überarbeitet. Beim Erwachseneninsassenschutz, bei der Kindersicherheit und dem Fußgängerschutz kam es seit 2015 zu deutlichen Programmänderungen, auf die die Hersteller und Zulieferer mit neuen technologischen Lösungen reagieren. So soll der Schutz von Insassen mit unterschiedlichem Alter und verschiedenen Körpergrößen im Zusammenspiel mit den Rückhaltesystemen bei einem Frontalaufprall besser bewertet werden. Dazu wurde 2015 ein neuer Crashtest eingeführt. Bei diesem Test wird ein Frontalaufprall eines Fahrzeugs gegen ein starres Hindernis bei 50 km/h durchgeführt. Bisher wurde nur das Schutzniveau für einen durchschnittlichen Erwachsenen bewertet – und zwar mithilfe eines sogenannten 50-Prozent-Dummys. Künftig wird zusätzlich der Schutz für kleine, leichte Fondspassagiere bewertet (sogenannter 5-Prozent-Dummy). Außerdem wird ermittelt, wie gut ein kleiner, leichter Insasse auf dem Beifahrersitz geschützt ist. Die neuen Anforderungen zielen im Ergebnis vor allem auf die Verbesserung der Rückhaltesysteme für kleine Insassen. Um das Schutzpotenzial von Fahrzeugen bei seitlichen Kollisionen zu ermitteln, werden derzeit zwei verschiedene Crashtests angewendet. So wird der Aufprall einer fahrbaren Barriere mit einem Deformationselement bei 50 km/h auf die Fahrzeugseite nachgestellt.

Passive Sicherheit: höhere Anforderungen an Insassenschutz bei Frontalaufprall

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Sicherheit und Standards

Außerdem wird ein seitlicher Pfahlaufprall bei 29 km/h getestet. Beide Tests sind seit 2015 noch anspruchsvoller. Bei der fahrbaren Barriere wird nun ein deutlich größeres Deformationselement verwendet, die Barriere selbst ist mit 1.300 kg deutlich schwerer als bisher. Beim Pfahlaufprall beträgt der Aufprallwinkel nun 75 Grad statt 90 Grad, die Kollisionsgeschwindigkeit wurde auf 32 km/h erhöht. Damit steigen insgesamt die Anforderungen an den Seitenaufprallschutz. Die Hersteller reagieren darauf mit noch umfangreicheren Schutzmaßnahmen, steiferen Karosseriebauteilen sowie zusätzlichen Kopfairbags.

wiedergeben. Damit wird noch mehr Augenmerk auf den Schutz vor übermäßigen Bänderdehnungen und Biegungen im Kniebereich gelegt. Die Hersteller berücksichtigen dies vor allem bei der Konstruktion des Frontbereichs neuer Fahrzeuge. Für die Bewertung eines Kopfanpralls werden verschiedene Messpunkte auf der Motorhaube, der A-Säule und der Windschutzscheibe berücksichtigt. Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, nutzen die Hersteller verschiedene konstruktive Lösungen, zum Beispiel Außenairbags, aufstellbare Motorhauben oder mehr freie Deformationsräume unter der Motorhaube.

Für die Kindersicherheit beim Frontal- und Seitenaufprall gelten seit 2016 neue Kriterien. Bisher verwendete Dummys werden durch neue ersetzt, bei denen mögliche Verletzungsrisiken noch genauer erfasst werden können. Außerdem werden Dummys in neuen Größen getestet. Beim Frontal- und Seitenaufprall wurden bisher Dummys in Kindersitzen verwendet, die ein eineinhalbjähriges und ein dreijähriges Kind darstellen. Künftig werden Prüfkörper eingesetzt, die Kinder im Alter von sechs bzw. zehn Jahren repräsentieren. Dieser Wechsel der Dummys führt dazu, dass nicht mehr nur die Sicherheit von Kindern in Kindersitzen im Fokus steht. Zusätzlich müssen auch Insassenrückhaltesysteme des Fahrzeugs selbst, vor allem Gurte, noch besser auf die Bedürfnisse von Kindern abgestimmt werden. Zusätzlich wird bewertet, wie gut Kindersitze im Fahrzeug installiert werden können. Dabei sind möglichst einfache, kundengerechte Lösungen als Ziel definiert. Hintergrund dieser neuen Anforderung ist, dass Kinder derzeit noch zu oft nicht korrekt in Kindersitzen gesichert werden, die dadurch bei einem Unfall nicht ihre volle Wirkung entfalten können.

Bisher wurden von Euro NCAP nur wenige unterstützende Sicherheitssysteme bewertet, unter anderem Gurtwarner und elektronische Stabilitätsprogramme. Seit 2014 werden zusätzlich automatische Notbremssysteme (AEBS) untersucht und bewertet. Notbremssysteme für den Stadtverkehr werden unterhalb von 50 km/h getestet und müssen gegenüber stehenden Fahrzeugen automatisch bremsen können. Notbremssysteme für Fernstraßen werden in Szenarien geprüft, in denen ein Fahrzeug dicht auf ein langsameres oder bremsendes Fahrzeug auffährt und ohne Fahrereingriff bremsen muss. Seit 2016 wird zusätzlich getestet, wie Notbremssysteme gegenüber Fußgängern reagieren. Die Ergebnisse der sogenannten AEB-Systeme für ungeschützte Verkehrsteilnehmer werden dann dem Fußgängerschutz zugeordnet.

Bei der Bewertung des Fußgängerschutzes werden seit Kurzem neue Beinprüfkörper eingesetzt, die die physische Beschaffenheit und Verletzbarkeit des menschlichen Beins noch genauer

Diese aktiven Sicherheitssysteme müssen künftig grundsätzlich im Fahrzeug vorhanden sein, um weiterhin die Maximalbewertung von 5 Sternen bei einem Euro-NCAP-Test zu erzielen. Damit sind in den letzten Jahren sehr umfassende Änderungen im Gesamtbewertungssystem umgesetzt worden. Bis zum Jahr 2020 werden die Anforderungen in nahezu allen Disziplinen – Frontalaufprall, Seitenaufprall, aktive Sicherheitssysteme – weiterentwickelt.

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Digitalradio

Ein flüssiger und sicherer Verkehr erfordert die Versorgung mit präzisen und hochaktuellen Verkehrsinformationen. Künftig wird dies zunehmend über Vehicle-2-XKommunikation geschehen. Gleichzeitig wird das Radio weiterhin eine wichtige Rolle spielen, um Basisinformationen zu liefern. Dabei erweist sich Digitalradio im Auto zunehmend als überlegen. 2015 wurden schon fast 15 Prozent der neuen Autos deutscher Marken mit Digitalradio ausgeliefert. Heutzutage werden Verkehrsinformationen überwiegend noch über herkömmliches Radio ins Auto gebracht. Neben dem Hörfunkprogramm senden die Rundfunkstationen auf ihren Frequenzen im nicht hörbaren Bereich Verkehrsmeldungen, die ins Navigationssystem eingehen. Dafür wird nach wie vor die sogenannte RDS-TMC-Technologie (Traffic Message Channel) genutzt, deren Übertragungskapazität allerdings nicht mehr ausreicht. Informationen über Gefahrenstellen können nicht metergenau, sondern nur für Streckenabschnitte angegeben werden. Die Verkehrsinformationen beschränken sich wegen der geringen Kapazität auf Bundesstraßen und Autobahnen. Informationen zum nachgelagerten Netz können nicht mehr übertragen werden. Digitalradio (DAB, Digital Audio Broadcasting) kann hier Abhilfe schaffen, weil es eine deutlich höhere Kapazität bietet. DAB bringt flächendeckend wesentlich umfangreichere und genauere Verkehrsinfos ebenfalls parallel zum Hörfunkprogramm ins Navigationssystem. Informationen zur Verkehrslage oder Gefahrenhinweise sind damit um ein Vielfaches aktueller und damit hilfreicher. Nun gilt es, das Potenzial, das Digitalradio bietet, auch auszuschöpfen und die technische Kapazität mit Inhalt zu füllen. Dieser Inhalt unterschied sich lange Zeit nicht von dem, der über RDS-TMC im analogen Radio verbreitet wurde. Seit 2016 nimmt das Angebot aber deutlich zu. Über diesen Prozess verständigt sich die deutsche Automobilindustrie mit den Rundfunkanbietern in einem intensiven Dialog im Rahmen des Digitalradio-Boards beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Dass Digitalradio im Kommen ist, zeigt auch die Ausstattungsquote der Pkw in Deutschland mit DAB-Radios. Sie wächst sukzessive. 2015 betrug sie bei Neuwagen bereits 12,8 Prozent, Tendenz steigend. Bei Fahrzeugen deutscher Hersteller lag sie sogar mit 14,4 Prozent deutlich darüber.

Digitalradio ist bei der Übertragung von Verkehrsinformationen überlegen

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Normung Automotive Security Engineering Security, also der Schutz oder die Wehrhaftigkeit eines Systems oder eines Fahrzeugs gegen unerwünschte Zugriffe von außen, hat in der Automobilindustrie einen zunehmend hohen Stellenwert. Vor allem die zunehmende Vielfalt von softwaregesteuerten Funktionen im Auto und die interne und externe Vernetzung erzeugen immer größere Angriffsflächen für Manipulationen oder Eingriffe. Die Automobilindustrie antwortet darauf mit Automotive Security Engineering, das Fahrzeuge und Systeme absichern soll. Akademische Forschungsprojekte haben bereits mehrfach gezeigt, dass es möglich sein kann, über fahrzeugeigene Mobilfunkschnittstellen, Bluetooth oder WLAN in Autos einzugreifen und sie in gefährlicher Weise zu manipulieren. Übliche Einfallstore für Hackerangriffe sind unzureichend oder fehlerhaft geschützte Schnittstellen, durch die Zugriff auf die Kommunikationsnetze des Fahrzeugs erlangt werden kann (siehe Abbildung). Schädliche Programme können jedoch auch offline ins Fahrzeug gelangen, etwa über eine manipulierte Audiodatei. Grundsätzlich kann so gut wie jeder dieser Angriffswege durch

geeignete Schutzmaßnahmen – zum Beispiel kryptografische Protokolle – in den digitalen Komponenten des Fahrzeugs, den angebundenen IT-Systemen und an den Schnittstellen blockiert werden. Eine wesentliche Herausforderung dabei ist jedoch, dass zum Entwicklungszeitpunkt oft noch nicht die technischen Möglichkeiten vorhersehbar sind, die Angreifern der nächsten oder übernächsten Generation zur Verfügung stehen werden. Automotive Security Engineering soll daher ein höchstmögliches Maß an Sicherheit über den Produktlebenszyklus erreichen. Um ein branchenweites, gemeinsames Verständnis über Automotive Security Engineering zu schaffen, wurde auf Initiative des VDA bei der Internationalen Organisation für Normung (ISO) ein Normungsprojekt gestartet. Der zukünftige Standard soll den Stand der Technik beschreiben und einheitliche Security-Mindestanforderungen für Produktentwicklungsprozesse in der Automobilindustrie festlegen. Durch eindeutige Definitionen und Begriffe sollen Security-Anforderungen und somit die Produktsicherheit maßgeblich verbessert werden.

Kommunikationskanäle, die gegen Angriffe von außen abgesichert werden müssen

Bluetooth

WLAN

IT-Systeme Dritter

Produktion

IT-Systeme der Hersteller

Kundenservice Internet Car2Car

Quelle: VDA

Sicherheit und Standards

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Extended Vehicle Seit Sommer 2014 arbeitet die Automobilindustrie im Rahmen der ISO an einem groß angelegten Normungsprojekt mit dem Titel „Extended Vehicle“. Ziel ist es, eine webbasierte Plattform zu schaffen, über die externe Dienstleister Fahrzeugdaten sicher und standardisiert abrufen können. Die Automobilindustrie schafft so bereits heute die technischen Voraussetzungen, damit künftig auch externe Dienstleister den Autofahrern Mobilitätsservices anbieten können.

Die Automobilindustrie entwickelt daher webbasierte Plattformen, auf die Dienstleister zugreifen können. Die Anbieter können so über die IT-Zentralen der Hersteller (Backend-Server) Daten abrufen und erhalten. Die Web-Plattformen an sich werden von jedem Hersteller selbst gestaltet. Im Rahmen der ISO werden jedoch die nötigen Standards und Normen erarbeitet, die zum Beispiel Strukturen, Prozesse und vor allem Sicherheitsmechanismen definieren.

Heutzutage werden Daten häufig noch über die OnBoardDiagnose-Schnittstelle (OBD) abgerufen. Ein Beispiel für solche Anwendungen sind Geräte, die Fahrzeughalter anschließen lassen können (sogenannte OBD-Dongles) und die für Kfz-Versicherungen Fahrdaten aufzeichnen. Damit lassen sich Fahrprofile erstellen, die zu einer besseren Versicherungseinstufung führen können. Da die OBD-Schnittstelle ursprünglich für die Fahrzeugdiagnose in der Werkstatt entwickelt wurde, ist sie für einen Zugriff auf Fahrzeugdaten durch neue Dienstleister nicht geeignet.

Das ISO-Projekt Extended Vehicle umfasst mehrere Normenreihen. ISO 20077 beschreibt methodische Anforderungen für die Nutzung von Fahrzeugdaten über das Web-Interface sowie allgemeine Begriffe. Die Normenreihe ISO 20078 legt die eigentlichen Anforderungen an das Web-Interface hinsichtlich Zugriffs, Dateninhalten, Sicherheit und Zugriffssteuerung fest. ISO 20080 definiert eine erste Extended-Vehicle-Anwendung: den funkgestützten Diagnosezugriff von Werkstattdienstleistern.

Extended-Vehicle-Konzept

Application Platform

In-Vehicle Interface

Customer

Extended Vehicle

OEM, 3rd party or neutral server

Customer

3rd party server

Customer Standard Interface

WWW

ExVe Backend server (OEM specific) BT/WLAN

Read

GSM or BT/WLAN

Write

Read

GSM / VPN

Write

Read

Write

OBD-Connector

Onboard Gateway, Protocol and App

Telematics Unit (OEM specific)

Standardized Adapter

Standardized Gateway

Standardized Interface

Quelle: Daimler AG

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Sicherheit und Standards

Internetbasierte Fahrzeugzulassung Die Zulassung von Kraftfahrzeugen soll in Deutschland zukünftig vollständig online ablaufen. Die Bundesregierung hat dazu das Projekt i-Kfz, die internetbasierte Fahrzeugzulassung, gestartet. In einem ersten Schritt kann seit 2015 die Abmeldung eines Kraftfahrzeugs online abgewickelt werden. Künftig soll auch die Wiederzulassung über das Internet laufen.

Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde zu bewirken. Künftig wird es für die Wiederzulassung Plakettenträger geben, auf die die Zulassungsbehörde eine Stempelplakette aufbringt. Der Halter bekommt diese im Anschluss an seine Antragstellung per Internet nach Hause geschickt und bringt sie auf die Kennzeichenschilder auf.

Neben der Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung wird dazu auch eine geltende DIN-Norm erweitert. Schon heute kann der Fahrzeughalter, wenn er das Fahrzeug außer Betrieb setzen will, einen Sicherheitscode freilegen, der sich verdeckt unter der auf dem Kennzeichenschild angebrachten Stempelplakette befindet. Unter anderem diesen Sicherheitscode muss er anschließend im internetbasierten Verfahren angeben, um die

Die im NA Automobil neu erarbeitete DIN 74069 regelt die genauen Prüfanforderungen für die neuen Stempelplaketten und Plakettenträger. Hierzu gehören unter anderem Prüfungen der irreversiblen Freilegung und Lesbarkeit der Codes sowie der mechanischen und chemischen Beständigkeit von Aufbau und Verklebung, um Manipulationen vorzubeugen.

Sicherheit und Standards

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Qualitätsmanagement

Die Qualität ihrer Produkte ist für die Automobilindustrie ein Schlüsselfaktor für den unternehmerischen Erfolg. Hersteller und Zulieferer haben das Qualitätsniveau neuer Automobile in den vergangenen Jahren immer weiter angehoben – trotz höherer Komplexität, kürzerer Entwicklungszyklen und größerer Modellvielfalt. Parallel dazu wurden die Gewährleistungs- und Garantiezeiträume verlängert, um den Kunden noch mehr Verlässlichkeit zu bieten. Mit dem steigenden Qualitätsniveau muss auch das Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie ständig weiterentwickelt werden. Qualitätsanforderungen an Prozesse, Teile und Komponenten müssen über die gesamte Herstell- und Lieferkette hinweg erfüllt werden. Dabei geht die Automobilindustrie zunehmend dazu über, Qualität nicht mehr nur als Produktqualität zu verstehen. Qualität ist vielmehr ein zentrales Prinzip während des gesamten Produktentstehungsprozesses, angefangen bei der Entwicklung bis zum Einsatz beim Kunden.

Qualitäts Management Center des VDA Der VDA koordiniert das gesamte Qualitätsmanagement der deutschen Automobilindustrie. So werden im VDA Qualitäts Management Center (VDA QMC) neue Methoden und Techniken für das Qualitätsmanagement gemeinsam mit Herstellern und Zulieferern entwickelt. Das VDA QMC publiziert alle gemeinsam erarbeiteten Definitionen, Regelungen und Forderungen an das Qualitätsmanagement der Automobilindustrie.

Im höchsten VDA-Qualitätsgremium, dem Qualitäts Management Ausschuss (QMA), werden die VDA-Qualitätsstandards festgelegt und weiterentwickelt. In den QualitätsmanagementsArbeitskreisen bereiten Experten aus den Unternehmen die Entscheidungen im Einzelnen vor. Als Geschäftsstelle setzt das QMC die Entscheidungen des QMA um. So verlegt und vermarktet das QMC die VDA QMC-Bände, in denen Standards veröffentlicht werden. Es bietet darüber hinaus VDA QMC-Trainings in der eigenen Aus- und Weiterbildung an. Dabei werden Mitarbeiter von Herstellern und Zulieferern in der Anwendung der Systeme und Standards des QMC geschult. Neben der eigenen Ausund Weiterbildung bieten auch Lizenzpartner QM-Schulungen an. Das QMC ist zugleich Vertragspartner und Aufsichtsinstanz der Zertifizierungsgesellschaften. Diese Gesellschaften überprüfen nach speziellen Zertifizierungsschemen des QMC die Qualitätsmanagementsysteme von Unternehmen der Automobilindustrie weltweit und vergeben Zertifikate. Die Einhaltung der Prozesse und Standards des QMC ist in der Regel Voraussetzung, um Lieferant für ein Unternehmen der deutschen Automobilindustrie werden zu können.

Internationale Niederlassungen des VDA QMC

Deutschland

Russland

China

Berlin

Moskau

Peking

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Sicherheit und Standards

Internationale Aktivitäten Im Jahr 2015 konnten die internationalen Aktivitäten des VDA QMC weiter gesteigert werden. Die Zahl der Teilnehmer an QMC-Trainings stieg 2015 um knapp 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In China wurde ein Zuwachs von 10 Prozent verzeichnet. Lediglich die Niederlassung in Russland musste, aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage, einen Teilnehmerrückgang um 11 Prozent hinnehmen. Weltweit haben über 16.000 Teilnehmer VDA QMC-Trainings besucht. Mitte 2015 gelang es zudem, in Südkorea neue Lizenzpartner für QMC-Trainings zu gewinnen. Die Korean Foundation for Quality (KFQ) und die südkoreanische Tochtergesellschaft des TÜV Süd bilden seither Mitarbeiter der lokalen Automobilindustrie in der Anwendung deutscher Qualitätsstandards aus. Um sicherzustellen, dass die Ausbildung bei den Lizenzpartnern den Vorgaben des QMC entspricht, finden regelmäßig Beurteilungen statt. Außerdem gibt es regelmäßige Weiterbildungen für Trainer sowie einmal jährlich das große internationale Lizenznehmertreffen, auf dem Neuerungen zu Qualitätsstandards vorgestellt und diskutiert werden. So gelingt es, das hohe Niveau der VDA QMC-Schulungen weltweit zu gewährleisten.

Entwicklung Seminarteilnehmer im Vergleich von 2014 zu 2015

Teilnehmer

18.000 +29 %

12.000

6.000

+10 % -11 % 0 Welt 2014

2015

China

Russland Quelle: VDA QMC

Sicherheit und Standards

Automotive Quality Institute (AQI) Der VDA hat 2015 in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin eine neue Gesellschaft gegründet, die Konzepte für die Qualitätssicherung bei zukünftigen Technologien und Innovationen erarbeiten soll. Das Automotive Quality Institute (AQI) kann dabei über das QMC auf ein umfassendes Expertennetzwerk der Automobilindustrie und über die Zusammenarbeit mit der TU Berlin auf wissenschaftliche Expertise zurückgreifen. Das AQI beschäftigt sich mit Fragen moderner Qualitätssicherung in den folgenden Themenfeldern: vernetztes und automatisiertes Fahren, neue Technologiewerkstoffe, Industrie 4.0 und Big Data. Beim vernetzten und automatisierten Fahren wird sich das AQI etwa damit befassen, ob bekannte Methoden zur Qualitätssicherung auf diese neuen Technologien anwendbar sind oder neu entwickelt werden müssen. Dabei gewinnt insbesondere die IT-Sicherheit völlig neue Bedeutung. Darüber hinaus sollen Qualitätsfragen behandelt werden, die mit neuen Materialien wie Faserverbundwerkstoffen oder Naturwerkstoffen in der Großserienfertigung entstehen. Weitere Schwerpunkte in den Themengebieten Industrie 4.0 und Big Data sind der Einsatz künstlicher Intelligenz für große Datenmengen und die Vernetzung industrieller Prozesse.

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Internationale Automobil-Ausstellung und Veranstaltungen

Internationale AutomobilAusstellung und Veranstaltungen Die Weltleitmesse für Mobilität und Transport hat 2015 in Frankfurt und 2016 in Hannover erneut Maßstäbe gesetzt. Nirgendwo sind die Faszination Auto und die Innovationen dieser Branche so intensiv erlebbar wie auf der IAA.

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Sonja Vandenberk, Designer, Chief Designer CMD, Ford Köln

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Mobilität verbindet: die 66. IAA Pkw 2015

Das große Thema der 66. IAA Pkw 2015 war die Digitalisierung und Vernetzung rund um das Automobil. Das Motto „Mobilität verbindet“ spiegelte genau diesen Schwerpunkt wider: Vernetzung und Digitalisierung der Mobilität prägten die IAA 2015 – auf der Eröffnungsveranstaltung, in den IAA-Kongressen, auf allen Rundgängen und in allen Medien. Und darin bestand der besondere Reiz dieser IAA: heute zu erleben, wie Mobilität uns morgen verbindet. Mit insgesamt 931.700 Besuchern kamen über 50.000 Gäste mehr zur weltweit wichtigsten Mobilitätsmesse als vor zwei Jahren, ein Plus von rund 6 Prozent. Das ist das beste Ergebnis seit acht Jahren. Auch die Ausstellerzahl stieg an: 1.103 Unternehmen aus 39 Ländern zeigten ihre Produkte. Damit erreichte die IAA die höchste Ausstellerzahl seit der Jahrhundertwende. Die Aussteller präsentierten 219 Weltpremieren – 60 Weltneuheiten mehr als vor zwei Jahren. Über 11.000 Journalisten aus 106 Ländern berichteten über die IAA. Die IAA ist die internationale Leitmesse für Mobilität und das Automobil. Das zeigt insbesondere der Blick auf die Aussteller: 40 Prozent der ausstellenden Unternehmen kamen aus dem Ausland. Auch bei den Besuchern ist die IAA noch internationaler geworden: Fast jeder fünfte IAA-Besucher reiste aus dem Ausland an.

Die IAA ist einzigartig, weil sie die gesamte automobile Wertschöpfungskette abbildet. Besucher können hier nicht nur die komplette Produktpalette der Hersteller sehen, sondern auch die ganze Kompetenz der Zulieferer erleben. So präsentierten sich rund 400 Zulieferer und stellten 98 der 219 Weltpremieren vor – darunter neueste Entwicklungen zu Batterietechnologie, Leichtbauteilen, Sensorik oder Fahrerassistenzsystemen. Besonders erfreulich ist, dass die IAA-Besucher im Durchschnitt jünger geworden sind. Das Durchschnittsalter lag bei 34 Jahren – also deutlich unter dem Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung. Gegenüber der IAA 2013 – damals lag das Durchschnittsalter bei 37 Jahren – ist das IAA-Publikum um rund drei Jahre jünger geworden. Damit zeigt die IAA eindrucksvoll, dass die Faszination Auto gerade bei jungen Menschen ungebrochen ist.

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Die IAA ist heute wesentlich mehr als eine Autoshow. Die Messe wurde 2015 neu positioniert: als großes, zentrales und internationales Forum für den Megatrend der Vernetzung und Digitalisierung der Mobilität. Dafür wurde mit der „New Mobility World“ ein völlig neuer Ausstellungsbereich geschaffen, in dem die verschiedensten Branchen und Unternehmen vertreten waren – vom Start-up bis zum internationalen Telekommunikationskonzern. Insgesamt stellten über 180 Aussteller in der New Mobility World ihre Beiträge zur Mobilität vor. Ergänzt wurde die Ausstellung außerdem um einen großen Outdoor-Parcours, auf dem die Besucher die neuen Möglichkeiten live erleben konnten: Autos, die selbstständig einparkten, die vollautonom eine simulierte Autobahnbaustelle durchfuhren oder die automatisch einem plötzlich auftretenden Hindernis auf der Straße auswichen. Fünf Themenfelder bildeten den inhaltlichen Rahmen der New Mobility World: Connected Car, Automated Driving, E-Mobility, Urban Mobility und Mobility-Services. Das gesamte Spektrum – von Assistenzsystemen als erstem Schritt zum automatisierten Fahren bis hin zum breit gefächerten Angebot an urbanen Mobilitätslösungen – war auf insgesamt 30.000 Quadratmetern Fläche zu erleben. Darüber hinaus konnten die Aussteller ihre Angebote in sieben Themenparks darstellen. Darunter war auch die Start-up-Zone. Hier wurden insbesondere Start-up-Unternehmen eingeladen, sich im direkten Umfeld potenzieller Geschäftspartner mit ihren Ideen zu präsentieren. Neben vielen Technologieunternehmen zeigten auch Dienstleister ihre vielfältigen Mobilitätslösungen. Ein Zwei- und Dreirad-Parcours zum Ausprobieren rundeten das Programm ab. Insgesamt fanden 200 Veranstaltungen in der New Mobility World statt.

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Der Erfolg des neuen Ausstellungsbereichs zeigt, dass es die strategisch richtige Entscheidung war, die IAA mit der New Mobility World neu auszurichten und eine branchenübergreifende Plattform für die Mobilität der Zukunft zu schaffen. Diese Plattform ist weltweit einmalig. Ihr Konzept hat seine Premiere auf der IAA glänzend bestanden. Auch die über 25 Fachveranstaltungen und Kongresse zu verschiedensten Branchenthemen, die auf der IAA veranstaltet wurden, waren durchweg sehr gut besucht. Die IAA ist auch ein riesiges Klassenzimmer: Die Schulklassenaktion war mit über 30.000 Teilnehmern wieder ein voller Erfolg. Auch Schülergruppen aus Belgien, Frankreich, Holland, Österreich und Polen nahmen teil. Es konnten zudem Willkommensklassen aus Frankfurt mit Jugendlichen aus Afghanistan, Eritrea und Syrien begrüßt werden. Die beiden besucherstärksten Sonderaktionen – der Offroad-Parcours und die angebotenen Probefahrten – waren wieder sehr begehrt und verzeichneten kräftige Zuwachsraten bei den teilnehmenden Besuchern. Diese IAA Pkw 2015 verzeichnete mehr Besucher, mehr Weltpremieren und mehr Aussteller als die IAA vor zwei Jahren. Damit hat die 66. IAA Pkw die Erwartungen mehr als erfüllt und so ihre Position als weltweit wichtigste Mobilitätsmesse unterstrichen. Die 67. IAA Pkw findet vom 14. bis 24. September 2017 in Frankfurt am Main statt, die Pressetage sind der 12. und 13. September 2017.

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Rückblick IAA Nutzfahrzeuge 2016

Das Motto der 66. IAA Nutzfahrzeuge 2016 lautete „Ideen sind unser Antrieb“. Es wurde auf dieser weltweit wichtigsten Leitmesse für Transport, Logistik und Mobilität voll eingelöst. Diese IAA war von einer beispiellosen Dynamik geprägt, der Blick ging weit nach vorn. Zukunft wurde in Hannover sichtbare Realität. Die gesamte Nutzfahrzeugbranche zeigte den IAA-Besuchern ihre Innovationskraft, ihre Kreativität, ihren Pioniergeist. Dafür standen die 332 Weltpremieren und über 100 Europapremieren. Die IAA war 2016 noch stärker die Messe der Entscheider, und sie war internationaler denn je. Drei große Themen haben diese IAA dominiert: Elektromobilität, Digitalisierung und urbane Logistik.

Elektromobilität So gut wie jeder Hersteller von Stadtbussen und Vans hat Modelle mit Elektro- und Hybridantrieb im Portfolio. Etliche davon sind schon auf der Straße unterwegs, viele weitere kommen in nächster Zeit. Das heißt: In den Städten wird in Zukunft immer mehr emissionsfreie Mobilität möglich sein, Busse und Transporter werden flüsterleise durch die Straßen fahren. Dies gilt mittelfristig auch für schwere Lkw im Verteilerverkehr. Eine neue Lebensqualität für urbane Räume wird damit erkennbar.

Digitalisierung Das war der größte und umfassendste Innovationstreiber. Die Vernetzung und Automatisierung des Nutzfahrzeugs geht weiter über die bisher bekannten Assistenzsysteme hinaus. Nur ein Beispiel ist das Platooning: Lkw, auf Autobahnen und Fernstraßen elektronisch vernetzt und digital angekoppelt, können ihren Spritverbrauch und ihre CO2-Emissionen deutlich senken. Gleichzeitig erhöht Platooning die Sicherheit, die „Schrecksekunde“ entfällt, die vernetzte Elektronik reagiert sofort. Die Vernetzung bringt für den Fernfahrer zudem den Vorteil, dass er einen freien Stellplatz „digital reservieren“ kann.

Urbane Logistik Einen Quantensprung bietet die Digitalisierung in den Städten: Mehr Sicherheit, mehr Effizienz, mehr Lebensqualität. Rundum-Kameras und Sensoren an den Fahrzeugen sind zu sehen, sodass der „tote Winkel“ und die damit verbundenen Gefahren der Vergangenheit angehören werden. Die Anlieferung der Waren erfolgt „on demand“, individuell und pünktlich. Für die Städte noch Vision, aber für Ziele in ländlichen Räumen oder an Bergstationen heute schon vorstellbar: Der Transporter wird unterstützt durch Lieferdrohnen, die zur jeweiligen Haustür „ausschwärmen“. Auf der IAA wurde dies den Besuchern vor Halle 19 live gezeigt. Im Rahmen der New Mobility World logistics wurden diese Themen auf zahlreichen Kongressen, auf der LIVE-Bühne im Freigelände, bei den „Guided Tours“ und bei vielen ElektroProbefahrten auf dem IAA-Gelände behandelt. Der IAABesucher konnte in diese neue Welt der Mobilität und Logistik eintauchen und sie direkt erfahren. Auch das macht die Faszination dieser IAA aus. Nur auf der IAA ist die gesamte Wertschöpfungskette des Nutzfahrzeugs zu sehen. Das unterscheidet die IAA von allen anderen Automobilmessen. Sehr stark vertreten waren die Zulieferer: Jeder zweite der 2.013 Aussteller zählte zu dieser Herstellergruppe. Noch höher war ihr Anteil an den IAA-Weltpremieren: 72 Prozent (239) der 332 Weltpremieren kamen von Zulieferunternehmen, vor allem im Bereich Elektromobilität und Digitalisierung. Besonders stark vertreten waren auf dieser IAA die Busse. Und es war kein Zufall, dass vier der fünf Kandidaten für den renommierten „Bus of the Year“-Award Busse mit Elektroantrieb waren. Der Trend ist klar: Eine Branche steht zunehmend unter Strom. Und das, obwohl der Bus ohnehin schon absoluter CO2-Champion ist.

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Die IAA ist 2016 noch internationaler geworden. Der Anteil der ausländischen Aussteller betrug 61 Prozent (2014: 59 Prozent). Die Zahl der ausstellenden Länder ist auf 52 gestiegen (2014: 45). Zu den Top 5 aus dem Ausland zählten China, Italien, die Niederlande, die Türkei und Frankreich. Die IAA ist mit einer deutlich höheren Zahl an Pressekonferenzen diesmal einen Tag später gestartet. Dennoch kamen pro Tag im Schnitt mehr Menschen auf die IAA als vor zwei Jahren. Es konnten nahezu 250.000 Besucher begrüßt werden. Ein sehr gutes Ergebnis, das – trotz der kürzeren Dauer der Messe – das Niveau des Jahres 2014 übertraf. Besonders zufrieden äußerten sich die Aussteller über die hohe Qualität der Besucher und die sehr intensiven Kundengespräche. Die IAA Nutzfahrzeuge hat sich noch stärker zu einer professionellen Fachmesse der Entscheider entwickelt: Der Fachbesucheranteil stieg auf 87 Prozent (2014: 84 Prozent). Acht von zehn Fachbesuchern waren Entscheider, bei ausländischen Fachbesuchern waren es sogar neun von zehn.

Diese IAA war auch ein großer internationaler Mobilitätskongress mit einem spannenden Aktionsprogramm und effizienter Kommunikationsplattform, die manche gesonderte Dienstreise erspart hat. Dazu konnten auch die 27 fachbezogenen Veranstaltungen und Events mit insgesamt rund 4.400 Gästen beitragen. Beispiele sind der CarIT-Kongress, die beiden „IAA-Klassiker“ Gefahrguttag und Ladungssicherung sowie die neuen Symposien der New Mobility World logistics, darunter die Dronemaster Logistics und das „Lab16 – Start-ups meet Industry“. Insbesondere mit dem Lab16 wurde ein völlig neues Event-Format geschaffen, bei dem sich Start-ups und Industrie treffen und pfiffige neue Ideen entwickeln konnten. Mit diesem Programm und den hochrangigen Referenten lag die IAA auch bei der Themenwahl im Ziel. Bei den vielen VIP-Rundgängen – unter anderem mit EU-Kommissar Günther Oettinger, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sowie Europa- und Bundestagsabgeordneten – war insbesondere das Interesse an Elektromobilität und Vernetzung sehr ausgeprägt.

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Veranstaltungen

Nutzfahrzeug-Symposium Das Nutzfahrzeug-Symposium des VDA fand im Juni 2015 bereits zum dritten Mal statt. Rund 120 Vertreter aus Politik, Medien, Verbänden und der Industrie nahmen an der Veranstaltung zum Thema „Nutzfahrzeuge heute und morgen – Dienstleister für unsere moderne Mobilität“ in Berlin teil. Prominente Redner waren die Vorstände der wichtigsten Hersteller von Nutzfahrzeugen, darunter Dr. Wolfgang Bernhard (Daimler) und Andreas Renschler (Volkswagen). Maximale Effizienz, niedrige Betriebskosten und optimale Umweltverträglichkeit sind heute die entscheidenden Anforderungen, die Verbraucher und Transportunternehmen stellen. Die weitere Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und damit der CO2-Emissionen ist daher ein zentrales Ziel, auf das die Nutzfahrzeughersteller ihre Entwicklungs-

anstrengungen ausrichten. Wichtige Fortschritte sind auf diesem Weg bereits erreicht, weitere werden folgen. Klar ist, dass alle Verkehrsträger ihre Leistungsfähigkeit weiter steigern müssen. Daher wurden auch gemeinsame Lösungen für einen effizienteren Güterverkehr auf der Straße und der Schiene diskutiert. Einen weiteren Schwerpunkt der Debatte bildete der Wirtschaftsverkehr in der Stadt. Denn vor allem in Ballungsräumen werden die Herausforderungen für den Güterverkehr besonders deutlich. Neue Technologien und Logistikkonzepte müssen vor allem hier ihre Praxistauglichkeit nachweisen. In einem weiteren Podium wurden die Herausforderungen der noch jungen Fernbusbranche diskutiert.

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Comtrans Ohne Gemeinschaftsstand, aber mit beeindruckender Präsenz hat die deutsche Nutzfahrzeugindustrie auf der Nutzfahrzeugmesse Comtrans 2015 in Moskau Flagge gezeigt. Rund 20 Unternehmen – darunter Zulieferer sowie Hersteller von Nutzfahrzeugen, Anhängern und Aufbauten – waren als Aussteller vertreten. Die Produktion in den Werken deutscher Nutzfahrzeugunternehmen läuft in Russland derzeit teilweise auf niedrigem Niveau. Dennoch sollte auf der Comtrans demonstriert werden, dass die Unternehmen in Russland weiterhin einen Nutzfahrzeugmarkt mit großem Potenzial sehen. Trotz der angespannten politischen und wirtschaftlichen Lage will man die wirtschaftlichen Bande, die in der Vergangenheit geknüpft wurden, weiter aufrechterhalten. Der VDA unterstützte die Unternehmen mit einer Pressekonferenz.

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QMC-Qualitätsgipfel Die gemeinsame Produktverantwortung in der automobilen Lieferkette war das zentrale Thema beim zwölften QMC-Qualitätsgipfeltreffen der Automobilindustrie im Porsche-Werk Leipzig im November 2015. Dabei wurde deutlich, dass die gute Zusammenarbeit zwischen Fahrzeugherstellern und Lieferanten das eigentliche Erfolgsgeheimnis der deutschen Automobilindustrie ist. Bei der Veranstaltung sprachen unter anderem VDA-Präsident Matthias Wissmann, Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie Siegfried Bülow, Vorsitzender der Geschäftsführung von Porsche Leipzig. An zwei Veranstaltungstagen diskutierten rund 250 Teilnehmer über die Herausforderungen des Qualitätsmanagements in der Automobilindustrie. Das QMC-Qualitätsgipfeltreffen ist das wichtigste Branchentreffen für Qualitätsmanagement der Automobilindustrie in Europa.

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Forum Automobillogistik Das umfassende Produktionsnetzwerk wird von einem Logistiksystem zusammengehalten, das immer globaler und komplexer wird. Die Automobillogistik ist damit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Automobilindustrie. Das wurde beim Forum Automobillogistik in Frankfurt am Main im Februar 2016 deutlich. Krisen, Katastrophen, Streiks und viele andere Turbulenzen haben weltweit im vergangenen Jahr nicht ab-, sondern zugenommen und die Logistiker vor neue Herausforderungen gestellt. Die Automobillogistiker haben diese Herausforderung bewältigt, ohne dass die Produktion zum Stillstand kam. Sie selbst arbeiten mit Hochdruck an der weiteren Digitalisierung der Lieferketten – daher stand auch das Forum Automobillogistik unter dem Motto „Supply Chain 4.0“. Keynote-Redner waren Opel-Chef Dr. Karl-Thomas Neumann und VDA-Präsident Matthias Wissmann. Die Veranstaltung wurde 2016 bereits zum vierten Mal gemeinsam vom Verband der Automobilindustrie und von der Bundesvereinigung Logistik organisiert. Rund 420 Teilnehmer sprachen unter anderem über Datenqualität in der Logistik, neue Wege in der Transportlogistik, Herausforderungen im globalen Aftermarket, Risiken des globalen Einkaufs und Verpackung.

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Technischer Kongress Am 17. und 18. März fand der 18. Technische Kongress des VDA im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg mit rund 600 Teilnehmern aus Politik, Behörden, Presse und Automobilwirtschaft statt. Den Kongress eröffneten VDA-Präsident Matthias Wissmann, Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, und Dr. Michael Steiner, Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeug und Qualität der Porsche AG, die den Kongress 2016 als Premium-Sponsor unterstützte. Die darauf folgende PlenarSession gestalteten Prof. Dr. Thomas Weber, Mitglied des Vorstands der Daimler AG für Konzernforschung & Mercedes-Benz Cars Entwicklung, Jean-Dominique Senard, CEO und geschäftsführender Partner von Michelin, sowie Gilles Le Borgne, VP Research & Development, Peugeot Citroën Automobiles (PCA). Der zweite Kongresstag wurde durch eine Podiumsdiskussion eröffnet. Es diskutierten Gertrud Sahler, Abteilungsleiterin im BMU, Dr. Rolf Bulander, Geschäftsführer Robert Bosch GmbH und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions,

Rainer Bomba, Staatssekretär im BMVI, sowie Dr. Andreas Schamel, Director Global Powertrain Research & Advanced, Director Ford Aachen Research & Innovation Center (RIC). Die Reihe der für den Kongress charakteristischen KeynoteVorträge wurde ergänzt durch Prof. Dr. Dr. Henning Kagermann, Präsident acatech, Prof. Dr. Karsten Lemmer, Direktor DLR, Dr. Harald Naunheimer, Executive Vice President ZF Friedrichshafen, Ralf Lenninger, Senior Vice President Continental Automotive GmbH, und Dr. Helmuth Ludwig, Executive Vice President Digital Enterprise, Siemens PLM Software. Der 19. Technische Kongress findet am 5. und 6. April 2017 in Berlin statt. Wir danken dem Hause ZF Friedrichshafen für die freundliche Zusage, den Kongress als Premiumsponsor zu begleiten.

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VDA-Mittelstandstag Der VDA-Mittelstandstag widmet sich traditionell den Themen des automobilen Mittelstandes und seinem wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Umfeld. Mehr als 200 hochrangige Unternehmensrepräsentanten der Automobilindustrie kommen zu Vorträgen, Diskussionen und Workshops zusammen und nutzen die Möglichkeit zum Informationsaustausch und zur Kontaktpflege. Im Fokus des Mittelstandstages 2016 stand das Thema „Mittelständische Innovationskraft – Motor der deutschen Automobilindustrie“. Auf der Veranstaltung, die von Arndt G. Kirchhoff, Geschäftsführender Gesellschafter und CEO der Kirchhoff Holding GmbH & Co. KG sowie VDA-Vizepräsident, eröffnet wurde, sprachen am ersten Tag unter

anderem Andreas Renschler, Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG und CEO der Volkswagen Truck & Bus GmbH, Dr. Stefan Sommer, Vorsitzender des Vorstands der ZF Friedrichshafen AG, sowie Dr. Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU. Am zweiten Veranstaltungstag ging es um das Thema Digitalisierung. In Workshops und im Rahmen der Podiumsdiskussion diskutierten die Unternehmensvertreter über Digitalisierungsstrategien für die mittelständische Industrie. Der 17. VDA-Mittelstandstag findet am 11./12. Mai 2017 erneut in Gravenbruch bei Frankfurt statt.

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Internationaler Presseworkshop Der internationale Presseworkshop wird traditionell im Vorfeld der IAA Nutzfahrzeuge veranstaltet. Hochrangige nationale und internationale Vertreter der Nutzfahrzeugindustrie informierten am 22. und 23. Juni 2016 rund 150 Journalisten über neue Entwicklungen in der Nutzfahrzeugbranche. Im Fokus standen vernetzte Fahrzeuge sowie intelligente und nachhaltige Mobilitätslösungen. „Wie sieht die Zukunft des Lkw aus? Die Antwort ist klar: vernetzt, automatisiert, digital. Hier liegt der nächste große Innovationssprung des Straßengüterverkehrs“, sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann zum Auftakt des Workshops. „Wir haben die große Chance, mit Mobilitätsund Transporttechnologie ‚made in Germany‘ neue Maßstäbe zu setzen.“ Zu den größten Herausforderungen für die Nutzfahrzeugindustrie zähle auch die Senkung der CO2-Emissionen. Wissmann unterstrich: „Die Nutzfahrzeughersteller und die Logistikbranche wissen: Wir können die CO2-Emissionen nur gemeinsam senken. Und es wäre viel zu kurz gesprungen, nur die Fahrzeuge selbst zu regulieren. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen wir den gesamten Transportprozess auf CO2-Effizienz trimmen. Denn es gibt viel mehr Stellgrößen für den Verbrauch als nur die neuen Fahrzeuge und Motoren. Mit einem integrierten Ansatz ließe sich die jährliche CO2-Reduzierung bei Trucks verdoppeln.“

Zukunft – Made in Germany „Die beste Methode, die Zukunft vorherzusagen, besteht darin, sie zu erfinden“, sagte einst der Informatiker Alan Kay. Das ist auch unsere Mission. Deutsche Automobilhersteller und Zulieferer entwickeln alternative Antriebe, vernetzte Autos und automatisierte Fahrfunktionen; sie finden intelligente Lösungen für urbane Mobilität. Wir erleben eine Entwicklung, die man „Zukunft – Made in Germany“ nennen könnte. Also die Neuerfindung der Individualmobilität mit den Mitteln der Ingenieurskunst. Wie werden wir uns in Zukunft fortbewegen? Und mit welchen Technologien? Wir zeigen konkrete Projekte deutscher Hersteller und Zulieferer, lassen ihre Experten zu Wort kommen und werfen einen Blick hinter die Kulissen – wir gehen auf Entdeckungstour durch die Entwicklungsabteilungen, Think-Tanks und Testlabore. Begleiten Sie uns auf diese spannende Reise?

Web: Web: mobilitaet-von-morgen.de mobilitaet-von-morgen.de | Twitter: | Twitter: @mobilmorgen @mobilmorgen

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Martin Dallmayr, KFZ-Mechaniker, Versuchsmechaniker, Webasto, Stockdorf

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Grafiken- und Tabellenverzeichnis Die Automobilindustrie und ihre Märkte Beschäftigte in der deutschen Automobilindustrie 15 Absatz von Kraftfahrzeugen in China 16 Langfristige Entwicklung der LV-Verkäufe in den USA 17 Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa 19 Pkw-Absatz in Russland 20 Pkw-Neuzulassungen21 Kumulierte Neuzulassungen 22 Pkw-Produktion deutscher Hersteller im Ausland 24 Exporte von Personenkraftwagen 2015 25 Umsatzentwicklung in der deutschen Zuliefererindustrie 26 Lkw-Neuzulassungen in Westeuropa 27 Nezulassungen von Anhängern in Deutschland 30 Trends von Innovationskooperationen 32 36 Deutscher Oldtimer Index Pkw mit H-Kennzeichen 38

Wirtschaftspolitik und Infrastruktur Entwicklung der Arbeitslosenquote in Europa 46 Pkw-Produktion in Europa 47 Indien: Überschuss im Handel mit Pkw 50 EU-Industriestrompreisvergleich52 EU-Industrieerdgaspreisvergleich53 Strompreis für die Industrie (inklusive Stromsteuer) 54 Bundesfernstraßeninvestitionen57 Verwendung kraftverkehrsspezifischer Abgaben 58 Personenverkehr in Deutschland 59 Wertschöpfungsebenen des Fernbusverkehrs 60 Fernbus: Fahrgastzahlen in Deutschland 61 63 Güterverkehr in Deutschland Der Lang-Lkw: Zahlen und Fakten 64 Der Lang-Lkw: Aus drei mach zwei 65 68 Neuzulassung von Firmenwagen nach Segmenten

Umwelt und Klima Energieeffizienz74 Modelle unter 120 Gramm 75 76 CO2-Zielwerte: hohe Anforderungen an die Automobilindustrie 77 Elemente der CO2-Regulierung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge 78 Das europäische CO2-Ziel als international schärfste Regelung Klimapolitische Schwächen und wirtschaftspolitische Risiken 79

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Künftige CO2-Strategie auf zwei Säulen stellen 80 Einflussfaktoren auf die absoluten Verkehrsemissionen 81 81 Die Regulierung lässt Fahrzeugbestand außer Acht 81 CO2-Emissionen von Pkw-Neuzulassungen in der EU Deutsches Pkw-Label 83 Kältemittel für Klimaanlagen im Vergleich 84 Entwicklung des Kraftstoffverbrauchs 85 86 CO2-Einsparpotenzial bei Lkw durch verschiedene Maßnahmen Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: HC-Emissionen 88 Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: Partikelemissionen 89 Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: CO-Emissionen 89 Große Erfolge bei der Emissionsminderung im Straßenverkehr: NOx-Emissionen89 Feinstaubalarm Stuttgart 2016 90 Feinstaubbelastung Peking 2015 93 Feinstaubbelastung Mailand 2015 93 Verringerung des Schadstoffausstoßes durch Netzsteuerung 94 Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes 95 von 200 µg/m3 (1-Stunden-Mittelwert) Anteil der Fahrzeugserienlackierung an den Gesamtemissionen leicht-flüchtiger Kohlenwasserstoffe 96

Innovation und Technik CO2-Entwicklung Benziner/Diesel 103 Geschwindigkeitsprofil im künftigen „Weltzyklus“ WLTP 106 Neuer Zyklus WLTP 107 Real-Driving-Emissions-Regulierung (RDE) 108 SCR-Pkw-Bestand in Europa, nur deutsche Konzernmarken 111 Elektro-Anteil am Pkw-Gesamtmarkt 115 E-Autokennzeichen116 Ladeinfrastrukturen117 Funktionsprinzip Power-to-Gas 120 Einführung automatisierter Fahr- und Parkfunktionen 123 Gewöhnlicher Pkw-Stellplatz am Wohnort 127 FAT-Strömungsimulation: Wirbelverteilung am Sattelzug 128

Sicherheit und Standards Getötete pro 1. Mrd. Fahrzeugkilometer 134 Kommunikationskanäle, die gegen Angriffe von außen abgesichert werden müssen138 Extended-Vehicle-Konzept139 Internationale Niederlassungen des VDA QMC 141 Entwicklung Seminarteilnehmer 142

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Stichwortverzeichnis Symbole 2-Säulen-Strategie  ›  80 5G  ›  124 A Abgasnachbehandlung  ›  102, 104, 110 Abgasvorschriften  ›  105 ACMA  ›  50 AdBlue®  ›  110 AdBlue®-Flaschen  ›  112 AdBlue®-Infrastruktur  ›  112 AdBlue®-Tank  ›  112 Aerodynamische Optimierung  ›  129 Aftermarket  ›  34 Alternative Antriebe  ›  120 AQI  ›  143 Argentinien  ›  18 Auftragsverwaltung  ›  58 Auskunftsrecht  ›  125 Auslandsfertigung  ›  23 Auslandsstandort  ›  23 Aussteller  ›  146 Autobahn  ›  134 Autobanken  ›  39 Automatisiertes und vernetztes Fahren  ›  122 Automatisierung  ›  122 Automobillogistik  ›  130 Automobilzuliefererindustrie  ›  31 Automotive Quality Institute  ›  143 Automotive Security Engineering  ›  138 Autonome Fahrzeuge  ›  123 AVISO  ›  108 B BASt  ›  64 Batteriezelle  ›  118 Batteriezellproduktion  ›  118 Benziner  ›  102 Benzinmotor  ›  103 BEPS  ›  66 Bestandserneuerung  ›  79 Besucher  ›  146 BEV  ›  22 Blaue Plakette  ›  94 BMZ  ›  51 Branchendialog  ›  43 Brasilien  ›  18 Brennstoffzelle  ›  121 Brexit  ›  46 Bundesanstalt für Straßenwesen  ›  64 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung  ›  51 Busmarkt Deutschland  ›  28 Busmarkt Westeuropa  ›  28

C C2C-CC  ›  124 CAM  ›  32 Carsharing  ›  60 Car-to-Car Communications Consortium  ›  124 Center of Automotive Management  ›  32 CETA  ›  51 China  ›  16, 23 Chrom  ›  98 Clusterinitiativen  ›  33 CNG  ›  120 CO2-Ausstoß  ›  74 CO2-Emissionen  ›  85 CO2-Regulierung  ›  43, 78, 79 Comtrans  ›  155 D DAB  ›  137 Daten  ›  125 Datenschutz  ›  125 Datenschutzbehörden  ›  125 dena  ›  120 Deutscher Oldtimer Index  ›  38 Deutschland  ›  21 Diesel  ›  102 Dieselanteil  ›  22 Dieselmotor  ›  102 Dieselpartikelfilter  ›  110 Digital Audio Broadcasting  ›  137 Digitalisierung  ›  146 Digital Learning Journey  ›  33 Digitalradio  ›  137 DIN 74069  ›  140 Doha-Runde  ›  48 Doppelbesteuerungen  ›  66 E E-Commerce  ›  60 EDL  ›  33 EEG  ›  54 EEG-Umlage  ›  54 EFSI  ›  46 Eigenstromversorgung  ›  54 Eignungserklärung  ›  70 Einfuhrzölle  ›  48 Elektroautomarkt China  ›  16 Elektroautomarkt Deutschland  ›  22 Elektroautomarkt USA  ›  17 Elektrofahrzeuge  ›  115 Elektronische Bauteile  ›  35 Energieeffizienter Lastzug  ›  128 Energieverbrauchskennzeichnung  ›  82 Energiewende  ›  42, 54 Entwicklungsdienstleister  ›  33

Stichwortverzeichnis

Entwicklungs- und Schwellenländer  ›  51 Erbschaftsteuer  ›  42, 66 Erdgas  ›  120 Erdgasfahrzeuge  ›  120 Erneuerbare-Energien-Gesetz  ›  54 Ersatzteilversorgung  ›  98 EU  ›  44 EU-Austritt  ›  44 Euro 1  ›  105 Euro 6  ›  105 Euro-Krise  ›  44 Euro NCAP  ›  135 Euro-Norm  ›  105 Europäische Fonds für Strategische Investitionen  ›  46 Europäische Union  ›  44 Euro-Raum  ›  16 Euro VI  ›  27 EVI  ›  115 Exportquote  ›  25 Exportweltmeister  ›  42 Extended Vehicle  ›  139 F Fahrerassistenzsysteme  ›  123, 135 Fahrzeuglackierung  ›  97 Fahrzeugsicherheit  ›  135 Familienunternehmen  ›  31, 66 FAT  ›  126, 128 F&E  ›  14 Feinstaub  ›  90, 92 Feldversuch  ›  64 Fernbusse  ›  61 Fernverkehr  ›  128 Firmenwagen  ›  21, 68 Firmenwagenbesteuerung  ›  68 Flüchtling  ›  44 Fluchtursachen  ›  51 Formaldehyd  ›  97 Forschungsförderung  ›  118 Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen  ›  42 Forschungsvereinigung Automobiltechnik  ›  126, 128 Forschung und Entwicklung  ›  14 Forum Automobillogistik  ›  157 Frankreich  ›  19 Freihandel  ›  48 Freihandelsabkommen  ›  50 Frontalaufprall  ›  135 Fußgängerschutz  ›  135, 136 G Gebrauchtfahrzeuge  ›  39 Geldwerter Vorteil  ›  118 Genehmigungsbehörden  ›  114 Gesamtflottenwert  ›  76

Gewerbliche Kunden  ›  21 Gewerblicher Rechtsschutz  ›  34 Gewinnverlagerung  ›  66 Gliederzug  ›  129 Globalisierung  ›  48, 122 Grenzwert  ›  76 Grenzwerte  ›  90, 105 Griechenland  ›  44 Günther Oettinger  ›  47 Güterverkehr  ›  62 GWP  ›  84 H Hacker  ›  138 Haftung  ›  122 Heckklappen  ›  129 Hersteller von Anhängern und Aufbauten  ›  30 Historie  ›  36 Horizontale Integration  ›  130 I IAA  ›  146 IAA Pkw 2015  ›  146 IAK  ›  37 ifeu  ›  108 Indien  ›  18, 50 Industrie 4.0  ›  130 Infrastruktur  ›  56 Initiative Automobiles Kulturgut  ›  37 Inlandsfertigung  ›  23 Innovationen  ›  32 Internationale Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung  ›  114 Internationale Normungsorganisation  ›  139 Internationale Organisation für Normung  ›  138 International Whole Vehicle Type Approva  ›  114 Internetbasierte Fahrzeugzulassung  ›  140 Internet der Dinge  ›  130 Iran  ›  69 ISO  ›  138, 139 Italien  ›  19 ITS-5G  ›  124 IWVTA  ›  114 K Kältemittel  ›  84 Kfz-Steuerbefreiung  ›  118 Kindersicherheit  ›  136 Klassische Schadstoffe  ›  88 Klimaanlage  ›  105 Klimakonferenz  ›  47 Klimaschutz  ›  47 Kombinierter Verkehr  ›  62 Komplexität  ›  130 Konformitätsfaktor  ›  108

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Stichwortverzeichnis

Korean Marking  ›  50 Kraftfahrt-Bundesamt  ›  113 Kraftstoffverbrauch  ›  103 L Ladeinfrastruktur  ›  117 Ladepunkte  ›  117 Ladestrom  ›  118 Lang-Lkw  ›  64 Lateinamerika  ›  18 Leitanbieter  ›  115 Leitmarkt  ›  115 Leitmesse  ›  146 Lieferkette  ›  96 Light Truck  ›  17 Light-Vehicle  ›  17 Linienverkehr  ›  61 Lkw  ›  62 Lkw-Fahrerhäuser  ›  87 Lkw-Markt China  ›  27 Lkw-Markt Deutschland  ›  28 Lkw-Markt Indien  ›  27 Lkw-Markt USA  ›  27 Lkw-Markt Westeuropa  ›  27 Lkw-Maut  ›  56 LNG  ›  121 Local Content  ›  48 Luftqualität  ›  90 Luftqualitätsziele  ›  108 Luftwiderstand  ›  129 M Mailand  ›  92 Markenschutz  ›  34 Markthochlaufphase  ›  115 Marktvorbereitungsphase  ›  115 McKinsey  ›  115 Mercosur  ›  18 Mexiko  ›  48 Mineralölsteuer  ›  57 Mobilfunk  ›  124 Mobilitätsdienstleistungen  ›  39 Mobilitätsmesse  ›  146 Motorradfahrer  ›  134 N Nachhaltigkeit  ›  96 Nachteilsausgleichs für Elektrofahrzeuge bei der Firmenwagenbesteuerung  ›  118 Nationale Plattform Elektromobilität  ›  115, 117, 118 NEFZ  ›  105, 107 Neuer Europäischen Fahrzyklus  ›  105 New Mobility World  ›  148 Normung  ›  138

Normungs-Roadmap Elektromobilität  ›  118 Norwegen  ›  115 NOx-Speicherkatalysator  ›  110 NPE  ›  115, 118 Nutzfahrzeugindustrie  ›  33 Nutzfahrzeug-Symposium  ›  154 O OBD  ›  113 OBD-Schnittstelle  ›  139 Oldtimer  ›  36 On-Board-Diagnose  ›  113 Onlinehandel  ›  28 Osteuropa  ›  20 Oxidationskatalysator  ›  110 P Parkhaus  ›  123 Parkhäuser  ›  126 Parkplatzsuche  ›  126 Parksuchverkehr  ›  126 Patentbox  ›  42 Patentgericht  ›  71 Patentschutz  ›  71 Peking  ›  92 PEMS  ›  108 Personenbezogene Daten  ›  125 Personenverkehr  ›  59 PHEV  ›  22 Pkw-Label  ›  82 Pkw-Markt  ›  19 Pkw-Maut  ›  56 Plug-in-Hybride  ›  22 Polen  ›  20 Portable Emission Measurement System  ›  108 Portugal  ›  44 Präferenzielle Ursprungsregeln  ›  69 Prämie  ›  116 Privatkunden  ›  21 Produktionsnetzwerk  ›  130 Produktionsstandort  ›  42 Produktpiraterie  ›  34 Prof. Dr. Stefan Bratzel  ›  32 Prognos AG  ›  126 Protektionismus  ›  48 Prüfstand  ›  105 Q QMC Qualitätsgipfeltreffen  ›  156 Qualität  ›  141 Qualitätsmanagement  ›  141 Qualitätsstandards  ›  141

Stichwortverzeichnis

R R777  ›  84 R1234yf  ›  84 Radio Frequency Identification  ›  130 RDE  ›  108 RDS-TMC  ›  137 REACH  ›  98 Real Driving Emissions  ›  108 Rear Flaps  ›  87 Remanufacturing  ›  35 Repair-as-produced  ›  98 RFID  ›  130 Rollwiderstand  ›  129 Russland  ›  20 S Sattelanhänger  ›  30 Sattelauflieger  ›  129 Sattelzug  ›  129 Schadstoffemissionen  ›  108 Schiene  ›  62 Schnelladesäulen  ›  117 Schulklassenaktion  ›  150 Schwere Nutzfahrzeuge  ›  27 SCR-Katalysator  ›  110 Security  ›  138 Seitenaufprall  ›  135, 136 Seveso-III-Richtlinie  ›  97 SIAM  ›  50 Sicherungsmerkmal  ›  34 Spanien  ›  19, 44 Start-Stopp  ›  105 Startups  ›  33 Stau  ›  56 Stickoxid  ›  90 Stickoxide  ›  104, 105 Stickoxidemissionen  ›  104 Stickstoffdioxid  ›  94 Straßengüterverkehr  ›  62, 128 Straßenverkehrsordnung  ›  122 Straßenverkehrsrecht  ›  122 Strompreise  ›  52 Südamerika  ›  18 Südkorea  ›  50 T TA Luft  ›  97 Technische Dienste  ›  114 Tempolimit  ›  134 Tödlich Verunglückte  ›  134 Trailerhersteller  ›  30 Traktionsbatterie  ›  118 Transporter  ›  28 Transportermarkt Deutschland  ›  28

Transportermarkt Westeuropa  ›  28 True Top 4  ›  71 Tschechische Republik  ›  20 TTIP  ›  43, 49 Typgenehmigung  ›  113, 114 Typgenehmigungssystem  ›  114 Typprüfung  ›  113, 114 U Umweltzonen  ›  36 UNECE  ›  114, 122 UN-R 79  ›  122 Unterstützende Sicherheitssysteme  ›  136 UN-Wirtschaftskommission für Europa  ›  122 Urbane Mobilität  ›  60 Urbanisierung  ›  60, 122 USA  ›  17 V V2B  ›  124 V2I  ›  124 V2V  ›  124 V2X  ›  124 VDA-Länderdialog  ›  33 VECTO  ›  86 Vehicle-to-Infrastructure  ›  124 Vehicle-to-IT-Backend  ›  124 Vehicle-to-Vehicle  ›  124 Vehicle-to-X  ›  124 Verbrennungsmotoren  ›  102 Vereinigtes Königreich  ›  19, 46 Vergabe  ›  70 Vergaberecht  ›  70 Verkehrsunfälle  ›  134 Vernetzung  ›  122, 124, 146 W Wasserstoff  ›  121 Wasserstofftechnologie  ›  121 Wasserstraßen  ›  62 Web-basierte Plattform  ›  139 Welthandelsorganisation  ›  48 Westeuropa  ›  19 Wiener Übereinkommen  ›  122 Windkanal  ›  129 WLAN  ›  124 WLTP  ›  106, 107 Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedures  ›  106 WTO  ›  48 Z Zulieferer  ›  26, 31

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Impressum Herausgeber Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) Behrenstraße 35, 10117 Berlin www.vda.de Copyright

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1869-2915

Stand Oktober 2016 Titel

Isabelle Seitz, Dipl.-Ingenieurin, CFD-Berechnungsingenieurin Funktion und Simulation Validierung – Entwicklung Klimatisierung, MAHLE Behr GmbH & Co. KG,, Stuttgart

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