5. Internationales Branchenseminar für Frauen 2007

Holz Struktur Textur

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Eberding S.

Stefanie Eberding Prof., (se)arch, Architekten BDA Stuttgart, Deutschland

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Holz Struktur Textur Der Einsatz von Holz in unserer Arbeit als Architekten ist in den Projekten unseres Büros ein fester Bestandteil geworden. Dies betrifft vor allem zwei entscheidende Aspekte eines Gebäudes: die Struktur und die Textur. Der Einsatz von unterschiedlichsten Oberflächen, Holztexturen, im Innenausbau ermöglicht es uns, das Spannungsfeld zwischen Design, Material und Haptik auszureizen. Das Arbeiten mit dem Material Holz im konstruktiven, strukturellen Bereich, ist vor allem in Beziehung auf das Thema nachhaltiges Bauen attraktiv. Immer mehr besteht gerade bei jungen Bauherren im Wohnungsbau der Wunsch, dass der Architekt auch diesem Aspekt Rechnung trägt. Grundsätzlich suchen wir den Ortsbezug, das Eingliedern des Gebäudes in seine Umgebung, thermischen Komfort, im Winter wie im Sommer und eine überlegte Wahl der Materialien. Im besten Falle überlagern sich beide Kriterien wie zum Beispiel bei unserem Projekt Solarhaus Sonnenberg, bei dem Struktur und Textur die Gebäudekonzeption entscheidend mitbestimmen.

1. Textur 1.1. LOFT MICHEL Textur und Design Das Thema Holz im Oberflächenbereich zieht sich als Leitthema durch das Projekt Loft Michel. Das Loft liegt im obersten Geschoss einer ehemaligen Fabrik in Schorndorf und erstreckt sich über 2 Ebenen - living und sleeping -

Abbildung 2: 2 Ebenen

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Abbildung 1: Loft Michel

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living. Ein in den Raum eingestelltes Möbel aus Zebrano-Holz gliedert den ansonsten offen gehaltenen Raum und verbindet zugleich die beiden Geschossebenen optisch miteinander. Im Inneren dieses Blocks befinden sich untergeordnete Nutzungen wie Garderobe, Handwaschnische, Toilette und Abstellflächen. Ein frei stehender massiver Küchenblock zoniert den offen in den Raum integrierten Kochbereich. Der Holzdielenboden aus amerikanischem Nussbaum unterstreicht die räumliche Durchgängigkeit und setzt die drei im Raum befindlichen Elemente Treppe, Küchenblock und Zebranomöbel miteinander in Beziehung. sleeping. Die Galerie ist Rückzugsbereich. Sie dient der Erholung und der Entspannung. Neben einem Schlafbereich findet man hier eine räumlich offen gehaltene Badsituation. Der Boden ist ebenfalls mit Nussbaumdielen belegt. Ein geringfügig in der Höhe abgesetzter Bodenbelag aus Naturstein definiert den Nassbereich. Zwei Elemente, Badewanne und Natursteinwand mit Waschtisch, stehen frei im Raum. Der raumübergreifende Zebrano-Block nimmt einen begehbaren Kleiderschrank und ein WC auf. Eine Ganzglas-Brüstung bildet zur einen Seite hin den Abschluss der Galerie. Auf der anderen Seite übernimmt eine filigrane Brüstung aus Stahlseilen mit Edelstahlhandlauf diese Aufgabe.

Abbildung 3: Oberstock

Abbildung 4: Ansicht Badsituation

1.2. Haus Deuschle Textur und Konzept Im Haus Deuschle unterstützt die Differenzierung der Oberflächen im Innern das Gesamtkonzept des Gebäudes. Durchwohnen vertikal ermöglicht das Doppelhaus in Denkendorf. Auf dem kleinen, im Ortskern gelegenen Grundstück entstand ein variantenreiches Gefüge aus Wohn-, Nutz-, Zwischen- und Stauräumen.

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Auf der Grundfläche von 6 x 14 Metern organisiert sich das Haus über vier Ebenen, welche maßgeblich über die voll verglasten Stirnseiten belichtet werden.

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Raumtransit Ein zunächst linear organisierter Funktionsgrundriss erfährt durch die Faltung in der Vertikalen spannende Raumabfolgen. Lufträume sorgen für tiefen Lichteinfall und freien Raumfluss. Der Fluss der Räume wird durch die zum Teil weiche Ausformung der Übergänge im Dach (Übergang Schräge/Senkrechte) und an der Brüstung OG (Schreibtisch) unterstützt. Alle Räume werden von zwei Seiten belichtet. Alle Bereiche verfügen über direkte Bezüge nach außen.

Abbildung 5: Raumtransit

Abbildung 6: Badezimmer

Abbildung 7: Treppe

Flexibilität Wandhohe Schiebeelemente aus Holz (Rüster oder farbig in Le Corbusier Farben lackiert) auf den Ebenen gewähren Flexibilität aufgrund vielfältiger Nutzungsmöglichkeiten. Der Bewohner kann zwischen einem offenen, großen Atelierraum oder mehreren kleinen privaten Räumen wählen. Somit passt sich das Haus allen Lebenssituationen individuell an. Die Materialien sind so gewählt dass die Konstruktion in Sichtbeton gehalten ist, alle Raumbildenden Einbauten sind aus Holz (Rüster) und dominieren den Innenraum. Gezielt eingesetzte Farbflächen sowie klare, zurückhaltende Ausführungsdetails unterstützen die Sprache der Materialien.

Abbildung 9: Flexibilität - Nutzungsmöglichkeiten

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Abbildung 8: Wanhohe Schiebeelemente aus Holz

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1.3. Hahnenkammschule Alzenau Textur und Haptik Bei der Hahnenkammschule in Alzenau haben wir bewusst Holz als haptisches Material, als „psychologische Textur“, eingesetzt. Holz kann altern, Kratzer und Macken vertragen und zum Anfassen. Die Hahnenkammschule ist eine Schule für individuelle Lernförderung und befindet sich am Ortsrand der Stadt Alzenau. Sie ist für 250 Schüler im Grund und Hauptschulbereich konzipiert.

Abbildung 10: Fassade Hahnenkammschule Alzenau

Abbildung 11: Innenbau

Material und Haptik Unser Ziel war es, durch den Einsatz von Material mit typischen haptischen Eigenschaften die Wahrnehmungsfähigkeit und sinnliche Sensibilität der Kinder zu fördern. Dies ist ins besonders für Kinder mit Lernstörungen essentiell. Der Einsatz von haptischen Materialien wie Holz hilft ihnen, ihre Defizite im Verhältnis zum eigenen Körper und motorische Störungen abzubauen. Unterschiedliche Materialien sprechen die verschiedenen Sinne an und werden so eingesetzt, dass sie gleichzeitig auch anderen Erfordernissen wie Schallschutz und Temperaturausgleich erfüllen. Wir haben bewusst das Material Holz im Fassadenbereich eingesetzt. Die Fensterbank ist Stellfläche, kann Schreibtisch sein, lässt sich wie ein Möbel aus Holz erfahren und ist ein energetisch wichtiges Element.

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Die Fassade sowie die leichte Trennwand zum Flurbereich hin sind Holzkonstruktionen aus SVL-Holz (Oregon Pine). Die Holzoberflächen im Innenbereich sollen zum Anfassen anregen.

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Abbildung 12: Holz-Glas-Konstruktion

Abbildung 13: Raum

Regale und Schränke sind als Holzeinbaumöbel in die Räume eingepasst. Die Längswände der Klassen sind Sichtbetonschotten, die in die Landschaft führen. Sie dienen als Speicherfläche und sorgen für ein ausgeglichenes Raumklima. Im Gegensatz dazu sind die Fassaden zur Landschaft und die Trennwand zum Flur in einer leichten Holz-Glas-Konstruktion ausgeführt. Dass Holz ein Material ist das beständig ist und Macken und Kratzer verträgt, war uns bei der Schule sehr wichtig. Bei unserem Seniorenzentrum in Ravensburg kam der ein weiterer Aspekt, die Analogie zum alternden Menschen, hinzu. 1.4. Seniorenzentrum Gustav-Werner-Stift Textur und Behaglichkeit Das Seniorenzentrum Gustav-Werner-Stift liegt zentral in der Stadt Ravensburg und beherbergt 60 stationäre Plätze, 15 Tagespflegeplätze und 20 Wohneinheiten mit Betreutem Wohen.

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Zentrum den Pflegeheims ist das Atrium das direkt am zentralen Eingangsbereich liegt. Ein Baum mit Fels und Sitzbank als Sinnbild des Ankommens und Verweilens empfängt einen in diesem Bereich. Durch das großzügige Glasdach wird das Atrium komplett mit Tageslicht versorgt. Die Pflegegruppen gruppieren sich um das helle und sonnige Atrium. Kurze Entfernungen und zugleich „endlose“ Rundwege kommen gleichermaßen Bewohner, Pflegepersonal und dem Bauherr entgegen. Unterschiedliche Aufenthaltsbereiche ermöglichen dem Bewohner einen „Tapetenwechsel“.

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Abbildung 14: Innenraum des Atriums

Abbildung 15: Das Atrium

Im Innenraum des Atriums dominiert Holz als Oberflächenmaterial. Wesentliche Elemente wie die Türen zu den Bewohnerzimmern oder die Akustikverkleidung an der Brüstung im Atrium sind in Lärchenholz ausgeführt. Helle, warme Farbtöne charakterisieren die Aufenthaltsbereiche. Der Bezug zum Holz soll den Bewohnern Geborgenheit und ein Stück Heimat vermitteln. Das Atrium ist erweitertes Wohnzimmer, ein Bereich zum Wohlfühlen und Verweilen.

2. Struktur Haus Lengning Struktur und Nachhaltigkeit

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Gleich einem dreilagigen Sandwich ist das Haus aus drei unterschiedlich strukturierten Ebenen aufgebaut. Das Untergeschoss aus Stahlbeton-Fertigteilen stellt die Verbindung zum Baugrund her, ein Stahlskelett ermöglicht die weitgehende Verglasung des extrovertierten Erdgeschosses, während im eher introvertierten Obergeschoss Holztafelelemente der Raumbildung dienen. Dieser strukturelle Wechsel entspricht den unterschiedlichen Funktionen.

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Abbildung 16: Ansicht

Zwischen dem Untergeschoss mit dienenden Funktionen und dem Obergeschoss mit den Individualräumen ist eine zusammenhängende Wohnlandschaft als Großraum aufgespannt. Lufträume verbinden die Geschosse untereinander. Wandhohe Schiebeelemente ermöglichen eine flexible Raumaufteilung. Nachhaltigkeit – Material

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Holz ist ein Baustoff der Zukunft. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Energieverbrauch bei der Herstellung als auch unter baubiologischen Aspekten. Die Konstruktion des aufgestelzten Obergeschosses besteht aus mehrlagig überkreuz verleimten Brettschichtholzelementen mit geschliffenen Sichtoberflächen. Diese Massivholzbauweise zeichnet sich durch ein hohes Maß an Umweltverträglichkeit aus und sorgt durch die natürliche Regulierung der Luftfeuchtigkeit vom ersten Tag an für ein gutes Raumklima.

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Abbildung 17: Obergeschoss

Abbildung 18: Treppe

Nachhaltigkeit – Orientierung Eine ausgefeilte Haustechnik macht das Haus weitgehend unabhängig von Energieversorgern. Das Solarhaus steht mit der Schmalseite zum Westhang. So ist das geneigte Satteldach direkt nach Süden ausgerichtet und damit bestens für die Aufnahme von Solarkollektoren geeignet. Die Kollektoren gewährleisten im Sommer die Warmwasserversorgung mit Hilfe eines Pufferspeichers.

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Abbildung 19: Erdgeschoss

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Abbildung 20: Detail

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Nachhaltigkeit – Energiebedarf Während der Heizperiode unterstützt das System darüber hinaus die Fußbodenheizung und liefert etwa 50 Prozent der benötigten Heizenergie. Die verbleibenden 50 Prozent kommen von einem zentralen holzbefeuerten Kaminofen im Wohnbereich, der aufgrund der gut gedämmten Aussenhülle das ganze Haus mit behaglicher Wärme versorgt. Für die Konditionierung der Zuluft sorgt eine kontrollierte Raumlüftung mit Wärmerückgewinnung in Verbindung mit einem Erdkanal. Am Beispiel dieses Hauses ist gut zu erkennen, wie Struktur und Textur in Wechselbeziehung stehen. Die gewählte Massivholzbauweise tritt an der Innenwandoberfläche in Erscheinung und verleiht dem Raum Atmosphäre. Der Innenausbau, z. B. Treppe, Geländer und Bodenbelag, führen das Material Holz fort. Die zum Teil Innen sichtbare Lattenstruktur der Fassade lässt das Licht gefiltert einfallen und sorgt für eine ebenmäßige Außenansicht.

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Veranschaulicht wird der Kreislauf des Holzes über die in die Fassade integrierte Holzlege, die als Brennholzlager dient.