Grundlagen. 1 Mathematische Grundlagen 3. 2 Naturwissenschaftliche Grundlagen 47

I I Grundlagen 1 Mathematische Grundlagen  – 3 2 Naturwissenschaftliche Grundlagen  – 47 Erste Hilfe – Chemie und Physik für Mediziner Autor...
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I Grundlagen 1

Mathematische Grundlagen  – 3

2

Naturwissenschaftliche Grundlagen  – 47

Erste Hilfe – Chemie und Physik für Mediziner

Autorenname

Leitsystem: Schnelle Orientierung über die Kapitel und Anhang

Kapitel 8 · Chemische Bindungen

Chemische Bindungen

8.2

Grundlagen

Lernziele: Was bringt mir das ­Kapitel? Die wichtigen Begriffe

274

Lisa Schiefele > > 4 4 4 4

Valenzelektronen Oktettregel und Edelgaskonfiguration Elektronegativität Ionenbindung

Wie jetzt? Woher kommt Eiter? Ein Patient wird aufgrund einer großen Wunde am Fuß ins Krankenhaus gebracht. Er gibt Schmerzen im Bereich der Wunde an und beim Messen der Temperatur stellen Sie fest, dass er leichtes Fieber hat. Sie nehmen den Verband von der Wunde und erkennen Eiter in entzündetem Gewebe. Die Wunde ist also infiziert und der Körper scheint sich heftig gegen die Eindringlinge zu wehren. Aber woher kommt denn eigentlich der Eiter?

Wie jetzt? Mit einer Frage zu ­Beginn wird ins Thema eingestiegen

8.2.1

Inhaltliche Struktur: klare Gliederung durch alle Kapitel

Schlüsselbegriffe sind fett hervor­ gehoben

Grundlagen Grundlegendes ­verpasst? Kapitel 1 + 2 hilft weiter

. Abb. 1.1. Ohne Kommentar!

7 Mitternachtsformel: b p b2  4 ac 2a

Grundlagen zum Verständnis chemischer Verbindungen

8.2.1.1 Atombau, PSE und Valenzelektronen Warum ein Atom in der Reaktion genau diese Bindung eingeht und nicht eine andere, warum auf einmal drei Atome und nicht zwei oder vier sich verbinden, ist für viele Lernenden schwierig nachzuvollziehen. Um dies zu verstehen ist es hilfreich, einige Grundregeln der Reaktionen von Atomen zu kennen. Diese werden wir zuerst kennenlernen, bevor wir uns den einzelnen Bindungen widmen. Als erstes muss man den Aufbau eines Atoms kennen, v. a. die Verteilung der Protonen und Elektronen im Atom (. Abb. 8.2). Außerdem kommt man nicht um das PSE (Periodensystem der Elemente) herum: Auch wenn es für manchen mehr wie eine Beschäftigungsmaßnahme wirken mag, ist es hilfreich das PSE auswendig zu wissen, also Periode und Gruppe der (häufig gebrauchten) Hauptgruppenelemente zu kennen. Deshalb ist es sinnvoll, sich vor diesem Kapitel noch einmal mit den Grundlagen zu Atombau, PSE etc. zu beschäftigen (7 Kap. 2.1; für Ausführlicheres zum PSE 7 Kap. 9). Ergibt sich eine Gleichung der allgemeinen Form, also ax 2 � bx � c � 0, so löst man diese anhand der so genannten Mitternachtsformel. Diese hat ihren Namen angeblich der Tatsache zu verdanken, dass jeder Schüler, und wahrscheinlich auch jeder Medizinstudent, sie auch dann noch aufsagen können sollte, wenn man ihn um Mitternacht aus dem Bett wirft und danach fragt (. Abb. 1.1). Also: Merken! Die Mitternachtsformel lautet:

. Abb. 8.25. Wasser, Ammoniak und Methan als Beispiele für die Geometrie verschiedener Moleküle

Abbildungen Bilder sagen mehr als 1000 Worte . Tab. 8.4. Bindigkeit eines Atoms

Tabelle: klare Übersicht der wichtigsten Fakten

Anzahl der möglichen Atombindungen

Bindigkeit

Elemente

1

einbindig

VII. Hauptgruppe

2

zweibindig

VI. Hauptgruppe

3

dreibindig

V. Hauptgruppe (N, P)

4

vierbindig

Kohlenstoff

Navigation Wo bin ich? Seitenzahl und ­Kapitelnummer für die schnelle Orientierung?

8.3 · Das chemische Gleichgewicht

275

8

Hätten Sie’s gewusst? Die Sache mit den Kalorien Die Energiewerte von Lebensmitteln werden ja bekanntlich in kcal mol-1 oder besser (seit der internationalen Einigung 1979) in kJ mol-1 angegeben. Damit ist die Energie gemeint, die bei deren »Verbrennung« im menschlichen Verdauungstrakt frei wird. Das hat in diesem Fall mit Feuerbestattung nichts zu tun. In der organischen Chemie ist der Energiegehalt einer Verbindung durch die Reaktion mit O2 festgelegt. Man misst den Temperaturanstieg währenddessen in einem geschlossenen Behälter, genannt Kalorimeter, und berechnet daraus die experimentell bestimmte Verbrennungsenthalpie. Diese entspricht der Reaktionsenthalpie, die in einem analogen Vorgang in unserem Stoffwechsel insgesamt frei würde.

Atombindungen mit verschiedenen Partialladungen nennt man polarisierte kovalente Bindung

(oder polare kovalente Bindung, polare Atombindung oder polare Elektronenpaarbindung). In einer polaren Atombindung besitzt grundsätzlich das Atom mit höherer Elektronenaffinität eine negative Teilladung, das Atom mit kleinerer Elektronennegativität entsprechend die positive Teilladung. Gekennzeichnet werden Teilladungen im Molekül durch ein δ+ für die positive, ein δ- für die negative Teilladung.

Hätten Sie’s gewusst? Interessantes für zwi­ schendurch

Roter Text: gleich a­ bspeichern 7 In einer polaren Atombindung besitzt grundsätzlich das Atom mit höherer Elektronenaffinität eine negative Teilladung, das Atom mit kleinerer Elektronennegativität entsprechend die positive Teilladung.

< < kurz & knapp 4 Reversible chemische Reaktionen sind Gleichgewichtsreaktionen, für die mit Hilfe des Massenwirkungsgesetzes (MWG) die Gleichgewichtskonstante K berecht werden kann: K=

Marginalie: Wichtiges wird in der Randspalte wiederholt

kurz & knapp: die Kernpunkte aus dem Kapitel zur Wiederholung

k hin [C] ◊ [D] = k rück [A ] ◊ [B]

4 Für K>1 liegt das Gleichgewicht auf der Seite der Produkte, für K > 4 Was ist eine Gleichung? 4 Lineare Gleichungen 4 Quadratische Gleichungen

Wie jetzt? Wer kennt das nicht? Sie sitzen in einer Prüfung und versuchen eine Aufgabe zu lösen. Endlich haben Sie glücklich die richtige Formel zur Berechnung ausgemacht, doch jetzt ist leider nicht nach der isoliert stehenden Größe gefragt, sondern nach irgendeiner Variablen mitten in einem Pulk der verschiedensten Größen. Spätestens jetzt ergibt sich die Frage: »Wie löst man noch gleich eine Gleichung auf?«

1.1.1

Der Begriff Gleichung

Was eigentlich ist eine Gleichung? 7 Gleichung: linke Seite = rechte Seite

7 Lineare Gleichung = Lösungsvariable kommt nur in der 1. Potenz vor (a×x+b=0)

Gleichung ist ein Wort, das dem einen oder anderen aus Schulzeiten noch allzu gut bekannt ist und manchem vielleicht sogar den Angstschweiß ins Gesicht treibt, eigentlich aber gar nicht so groß ist, wie es immer tut. Eine Gleichung ist im Grunde nichts anderes als eine Behauptung folgender Art: »linke Seite = rechte Seite«. Je nachdem, in welchen Potenzen die in der Gleichung enthaltenen Variablen vorliegen, lassen sich verschiedene Gleichungstypen unterscheiden. Wir wollen uns hier allerdings nur mit den 2 einfachsten Typen beschäftigen: den linearen und den quadratischen Gleichungen: 4 Lineare Gleichung: 7 x  (8  3) 2(x  5) 4 Quadratische Gleichung: 4 x 2  3x 7 1.1.1.1 Lineare Gleichungen Eine Gleichung nennt man dann linear, wenn die Lösungsvariable (die Unbekannte, meist wird hierfür das x verwendet) nur in der ersten Potenz vorkommt, also x1 bzw. schlicht x ist. Die allgemeine Form einer linearen Gleichung ist demnach a ¹ x  b 0. Lösungsweg

7 Äquivalenzumformungen: Addition und Subtraktion, Multiplikation und Division (außer mit 0), Seiten-Vertauschen, Ausklammern, Ausmultiplizieren

Das Zauberwort zum Lösen von Gleichungen heißt Äquivalenzumformung. Mit Äquivalenzumformung sind Rechenoperationen gemeint, die auf beiden Seiten des Gleichzeichens durchgeführt werden und die Lösungsmenge der Gleichung nicht verändern. Hierunter fallen: 4 Addieren und Subtrahieren, 4 Multiplizieren (außer mit Null!) und 4 Dividieren (darf man sowieso nicht durch Null). Außerdem ist es erlaubt, die Seiten der Gleichung zu vertauschen und Termumformungen anzuwenden, wie Zusammenfassen, Ausklammern und Ausmultiplizieren. Wer jetzt denkt: »Da fehlt aber was!«, dem sei zur Vorsicht gemahnt, denn Quadrieren und Wurzelziehen verändert unter Umständen die Lösungsmenge und diese dürfen deshalb nicht ohne spätere Überprüfung angewandt werden.

5 1.1 · Gleichungen

1

Sinn und Zweck dieser Umformerei ist es die Lösungsvariable zu isolieren, sodass sie allein auf einer Seite der Gleichung steht und man ihren Wert auf der anderen Seite ablesen bzw. berechnen kann. Bei linearen Gleichungen hält sich der Aufwand im Allgemeinen eher in Grenzen, da hier hauptsächlich Ausmultiplizieren und geschicktes Zusammenfassen gefragt sind. An einem Beispiel sollen die einzelnen Schritte ausführlich erläutert werden: 10 x  (2 x  2)

2(3x  4)

Klammern auflösen. Als ersten Schritt empfiehlt es sich sämtliche Klammern aufzulösen, um ein-

facher zusammenfassen zu können. Steht als letztes Strich-Rechenzeichen vor einer Klammer ein +, so darf man die Klammer einfach weglassen, steht allerdings als letztes Strich-Rechenzeichen vor der Klammer ein –, so müssen alle + bzw. – innerhalb der Klammer umgekehrt werden. 10 x  2 x  2

7 1. Klammern auflösen, 2. Zusammenfassen, 3. Isolieren, 4. Berechnen

6x  8

Zusammenfassen und Isolieren. Als Nächstes bringt man alle gleichen Variablen auf eine Seite und alle Zahlen ohne Variable auf die andere Seite und fasst zusammen. Dabei ist es üblich, die durchgeführte Rechenoperation hinter einem schrägen Strich anzugeben, damit die Rechnung nachvollziehbar bleibt: 10 x  2 x  2 6 x  8 /  6 x 10 x  2 x  6 x  2 8 /  2 2 x 8  2 2 x 6 Berechnen. Zu guter Letzt teilt man dann noch durch den Koeffizienten der Lösungsvariablen und erhält das Ergebnis: 2 x 6 / : 2 x 3 Die obige Gleichung hat also die Lösung x=-3. 1.1.1.2

Quadratische Gleichungen

Quadratische Gleichung nennt man eine Gleichung, in der die Unbekannte maximal in der zweiten Potenz, also x2, vorkommt. Die Normalform einer quadratischen Gleichung lautet:

ax 2  bx  c

7 Normalform einer quadratischen Gleichung: ax 2  bx  c 0

0

Dabei ist wiederum x die Lösungsvariable. Lösungsweg

Die Lösung quadratischer Gleichungen ist schon ein wenig aufwendiger als die linearer, aber immer noch kein Hexenwerk! Nach den ersten Umformungsschritten können einen bei einer quadratischen Gleichung unterschiedliche Ausgangsversionen für das weitere Vorgehen erwarten: Ergibt sich eine Gleichung der Form: ax2+c=0, also eine rein quadratische Gleichung, so bringt man diese durch Subtraktion auf die Form: ax2=–c und dividiert durch a. Anschließend gilt es zu überlegen, welche Zahl(en) zum Quadrat die Bedingung der Gleichung erfüllen: 4 Für x20 die Quadratwurzel und deren Gegenzahl.

7 wichtig: 9=+3, aber x2=9 hat die 2 Lösungen x1=+3 und x2=–3

6

Kapitel 1 · Mathematische Grundlagen

Grundlagen

Beispiel: 2(x 2  2 x  9) 4 x /ausmultiplizieren 2 x 2  4 x  19 4 x /  4 x 2 x 2  18 0 /  18 2 x 2 18 / : 2 x2=9 Durch Wurzelziehen auf beiden Seiten erhalten wir nun die Lösungen. Hierbei ist Vorsicht geboten, denn es kommen zwei mögliche Werte für x in Frage, für die die Gleichung in eine wahre Aussage überführt wird: x1 3 und x 2 3. Ergibt sich eine Gleichung der Form: ax 2  bx 0, klammert man als ersten Schritt x aus, also: x(ax  b) 0. Die Lösung folgt aus der Überlegung, dass ein Produkt nur dann Null ergeben kann, wenn mindestens einer der Faktoren Null ist. So erhält man als erste Lösung sofort x1 0. Lösung 2 ergibt sich, indem man ermittelt, für welchen Wert von x der Inhalt der Klammer gleich Null wird. Beispiel: 3x 2  5x 0 x(3x  5) 0 Lösung 1: x1

0

und Lösung 2: 3x  5 . Abb. 1.1. Ohne Kommentar!

7 Mitternachtsformel: b “ b2  4 ac 2a

x2

0 /  5 und / : 3

5  3

Ergibt sich eine Gleichung der allgemeinen Form, also ax 2  bx  c 0, so löst man diese anhand der so genannten Mitternachtsformel. Diese hat ihren Namen angeblich der Tatsache zu verdanken, dass jeder Schüler, und wahrscheinlich auch jeder Medizinstudent, sie auch dann noch aufsagen können sollte, wenn man ihn um Mitternacht aus dem Bett wirft und danach fragt (. Abb. 1.1). Also: Merken! Die Mitternachtsformel lautet: x1,2

 b “ b2  4ac 2a

b2  4ac (von lat. discriminare = unterscheiden). Die Diskriminante entscheidet darüber, ob eine Gleichung gar keine, eine oder zwei Lösungen hat. Eine reelle Wurzel lässt sich nur aus Zahlen ≥0 ziehen. Ist also D0 ergeben sich zwei reelle Lösungen entsprechend den beiden Vorzeichen der Wurzel. Den Term unter der Wurzel bezeichnet man als Diskriminante D, also D

7 Diskriminante D0: 2 Lösungen

Beispiel: 2x2  9x  4

0

Der Vergleich mit der allgemeinen Form einer quadratischen Gleichung liefert: a=2; b=-9 und c=4

7 1.1 · Gleichungen

1

Somit ergeben sich mit der Mitternachtsformel folgende Lösungen: x1,2

 b “ b2  4ac 2a

x1,2

9 “ (9)2  4 ¹ 2 ¹ 4 2¹2

x1,2

9 “ 81  32 4

x1,2

9 “ 49 4

Aha, D ist also >0! x1,2

9“7 4

Und somit x1=4 und x2=0,5. Hierzu wäre noch anzumerken, dass, wenn es beim Lösen einer quadratischen Gleichung 2 Lösungen gibt, es sich empfiehlt, je nach Fragestellung zu erwägen, ob beide Lösungen sinnvoll sind (so sollte man z. B. lieber nicht versuchen, negative Medikamentenmengen zu verabreichen). Natürlich kann man die beiden zuvor behandelten Sonderfälle ebenfalls, ganz formal, mit der Mitternachtsformel lösen.

7 Sind beide Lösungen sinnvoll?

< < kurz & knapp 4 Gleichung: »linke Seite = rechte Seite« 4 Lineare Gleichung: – ax+b=0 Æ x=-b∕a – Lösung: mithilfe von Ausklammern, Zusammenfassen, Äquivalenzumformungen nach x auflösen 4 Quadratische Gleichung: – ax2+bx+c=0 – Lösung: mit der Mitternachtsformel; überlegen, welche Lösungen sinnvoll sind

Übungsaufgaben Aufgabe 1. Löse folgende Gleichungen nach x auf: a) (x-7)×(x+3)=x×(x+2)+5 b) x×(2x-3)+4=x-(x-3) c) 3x×(x-2)=2×(-x-1) d) 4x×(2-x)=2x Lösung 1. a) x2+3x-7x-21=x2+2x+5 /-x2 und -2x 3x-7x-2x-21=5 /+21 -6x=26 /:-6 x=26∕-6=-13∕3

Aufgabe 1

7 nicht vergessen: Punkt vor Strich!!

8

Kapitel 1 · Mathematische Grundlagen

Grundlagen

b) 2x2-3x+4=x-x+3 /Zusammenfassen 2x2-3x+4=3 /-3 2x2-3x+1=0 /Mitternachtsformel 3“ 98 x1,2 4 x1=1 und x2=0,5. c) 3x2-6x=-2x-2 /+2x und +2 3x2-4x+2=0 /Mitternachtsformel 4 “ 16  24 6

x1,2

Diese Gleichung hat keine reele Lösung, da D=-8 > 4 4 4 4 4 4

Definition Vektoren Geometrische Bedeutung von Vektoren Orts-, Verschiebungs-, Verbindungs- und Nullvektor Rechenoperationen mit Vektoren Definition von Skalaren Skalarprodukt und Vektorprodukt

Wie jetzt? Der Traumjob nach 6 Jahren Studium: Haken halten Nach Ihrem entbehrungsreichen Studium dürfen Sie zum ersten Mal mit dem Chefarzt an den OPTisch. »Endlich geht es los, die großen Herausforderungen rufen«, denken Sie. Doch aus »Rücksicht« auf Ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten und Motivation dürfen sie die ersten zwei bis drei Jahre Haken halten. Man muss sich schließlich langsam, gaaaanz langsam an das OP-Klima gewöhnen.... Doch da Sie während des stundenlangen und überaus geistreichen Hakenhaltens Ihre Gedanken schweifen lassen können, fällt Ihnen folgender Zusammenhang auf: Wenn Sie die Haken zur Spreizung der Wunde nach schräg oben halten, sind Sie hinterher regelmäßig fix und fertig und haben am nächsten Tag erheblichen Muskelkater. Wenn Sie hingegen die Wundränder flach auseinanderziehen, könnten Sie auch nach den Operationen noch Bäume ausreißen. Was macht diesen erheblichen Unterschied aus? Was haben Sie anfangs falsch gemacht?

Vektoren

1.2.1

1.2.1.1 Was sind Vektoren? Ein Vektor ist im Prinzip lediglich eine Liste mit Zahlen. Vektoren haben aber darüber hinaus, besonders im geometrischen und physikalischen Sinn, eine wichtige Bedeutung. Darstellung. Damit man immer gleich weiß, dass ein Vektor gemeint ist, werden diese mit einem  Pfeil gekennzeichnet. Man schreibt also z. B. für den Vektor a: a. Vektoren werden durch Zahlen ausgedrückt, die so genannten Komponenten. Je nachdem, ob man sich in einem zwei-, drei- oder n-dimensionalen Raum bewegt, sind dies zwei, drei oder n Zahlen, die man normalerweise übereinander schreibt, also z. B. in einem 3-dimensionalen Raum:  a

7 Die Zahlen, durch welche der Vektor definiert ist, werden als Komponenten bezeichnet.

È 1Ø É 2Ù É 3Ù Ê Ê

Eine andere Möglichkeit, die aber genau dasselbe aussagt, ist, die Zahlen einfach hintereinander zu  schreiben (z. B. a 1, 2, 3 ). In diesem Kapitel werden wir ab jetzt nur die erste Möglichkeit der Darstellung nutzen. Insbesondere beim Rechnen mit Vektoren hat dies wichtige Vorteile. Geometrische Darstellung. Zum besseren Verständnis kann man einen Vektor auch innerhalb eines Schaubilds verwenden. Im zweidimensionalen (x- und y-Achse) oder dreidimensionalen (x-, y- und z-Achse) Schaubild beschreibt dieser eine genau festgelegte Richtung oder die Lage eines Punkts relativ zum Ursprung des Systems. Vektoren geben also Richtungen vor und werden deshalb, im Unterschied zu Skalaren, als gerichtete Größen bezeichnet. Grafisch werden Vektoren durch Pfeile deutlich gemacht (. Abb. 1.2). Auch physikalische Kräfte sind Vektoren, da auch sie

7 Die Komponenten eines Vektors werden übereinander oder hintereinander geschrieben.

7 Vektoren sind gerichtete Größen; grafisch werden sie durch Pfeile verdeutlicht.

Grundlagen

10

Kapitel 1 · Mathematische Grundlagen

immer eine ganz bestimmte Richtung haben. Man kann schließlich z. B. ein Fahrrad senkrecht anheben (Kraftvektor zeigt nach oben), horizontal (Kraftvektor zeigt nach vorne) oder schräg nach vorne (Kraftvektor zeigt ebenfalls schräg nach vorne) schieben. Im Folgenden wollen wir die Eigenschaften von Vektoren etwas genauer beschreiben und beschränken uns dabei auf zweidimensionale Vektoren, da mit drei- oder sogar n-dimensionalen Vektoren analog verfahren werden kann (Aufgabenteil). . Abb. 1.2. Vektoren in der Ebene (2-dimensional). Der  Vektor a definiert dabei genau die Lage des Punkts A relativ zum Nullpunkt 0=(0∕0). Der  Vektor b beschreibt eindeutig die Entfernung von Punkt B nach C

7 Man unterscheidet als spezielle Vektoren den Ortsvektor, Verbindungsvektor, Verschiebungsvektor und Nullvektor. 7 Der Ortsvektor verläuft vom Nullpunkt zu einem bestimmten Punkt. 7 Der Verbindungsvektor verbindet zwei beliebige Punkte.

1.2.1.2 Spezielle Vektoren Man unterscheidet eine Reihe spezieller Vektoren. Ortsvektor. Jeder Punkt im Schaubild ist durch seine Koordinaten genau festgelegt. Nehmen wir als

Beispiel den Punkt A(3/4). Zu diesem Punkt passend kann man nun einen Vektor vom Nullpunkt (also dem Schnittpunkt der Achsenkreuze) zum Punkt A zeichnen (. Abb.1.3). Dieser wird als Orts vektor bezeichnet und hat die gleichen Komponenten wie Punkt A, nämlich a (34 ). In diesem speziellen Fall sind also die Koordinaten des Punkts und die Komponenten des Vektors identisch. Verbindungsvektor. Ein Vektor, der zwei beliebige Punkte miteinander verbindet, wird als Verbin-

dungsvektor bezeichnet. Ein Verbindungsvektor zwischen den Punkten P und Q wird mit dem Sym bol PQ gekennzeichnet. Hat man die Koordinaten der beiden Punkte, welche durch den Verbindungsvektor verbunden sind, so kann man elegant die Komponenten des Verbindungsvektors berechnen, indem man die Koordinaten der beiden Punkte voneinander subtrahiert (. Abb.1.4). Wichtig dabei ist nur, dass man immer wie folgt rechnet: Endpunkt, zu welchem die Pfeilspitze weist minus Anfangspunkt des Pfeilschafts (Pfeilspitze minus Pfeilschaft).

Der Verbindungsvektor zwischen P(p1/p2) mit den Koordinaten p1 und p2 und Q(q1/q2) mit den Koordinaten q1 und q2 wird dementsprechend wie folgt berechnet:  PQ

È q1  p1 Ø ÉÊ q 2  p2 ÙÊ

Jeder Ortsvektor kann als spezieller Verbindungsvektor gedeutet werden. So ist der Ortsvektor zu Punkt A gleichbedeutend mit einem Verbindungsvektor von Null nach A, also OA.

. Abb. 1.3

. Abb. 1.4

. Abb. 1.5

 . Abb. 1.3. Eingezeichnet sind der Punkt A(3/4) und der zugehörige Ortsvektor a. Man erkennt, dass die Koordinaten des Punkts und die Komponenten übereinstimmen . Abb. 1.4. Anhand diese Abbildung kann man sich selbst herleiten, weshalb der Punkt am Pfeilanfang von dem an der Pfeilspitze subtrahiert werden muss  . Abb. 1.5. Zwei Punkte R und S werden durch einen Verschiebungsvektor v

È 3Ø É 2 ÙÊ verschoben. An der PfeilÊ spitze liegen nun die neuen Bildpunkte R‹ und S‹. Die Bildpunkte können durch Addition der Komponenten des Verschiebungsvektors zu den Koordinaten der Ausgangspunkte berechnet werden

11 1.2 · Vektoren und Skalare

Verschiebungsvektor. Einen Vektor kann man auch dazu benutzen, verschiedene beliebige Punkte in die gleiche Richtung zu verschieben (. Abb. 1.5). Derartige Vektoren werden als Verschiebungsvektoren bezeichnet.



Nullvektor. Ein Nullvektor (0

È 0Ø ÉÊ 0ÙÊ) kann unterschiedlich gedeutet werden:

4 als Verbindungsvektor eines Punkts mit sich selbst (also z. B. von Punkt A zu A), 4 als einen Ortsvektor des Ursprungs (also von Punkt U(0/0) zu U(0/0)) oder 4 als Spezialfall einer Verschiebung (jeder Punkt wird auf sich selbst verschoben).

1

7 Mittels Verschiebungsvektor lassen sich verschiedene Punkte in die gleiche Richtung verschieben. 7 Ein Nullvektor lässt sich unterschiedlich deuten.

1.2.1.3 Rechnen mit Vektoren Man kann nun mit diesen Vektoren natürlich auch rechnen. Im Wesentlichen sind dies die Rechenoperationen: Addieren bzw. Zerlegen, Vervielfachen und Multiplizieren von Vektoren. Vektoraddition. Vektoren mit gleich vielen Komponenten lassen sich problemlos addieren. Dazu

werden immer die entsprechenden Komponenten der Vektoren addiert. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:  a

È 2Ø  ÉÊ 3ÙÊ ; b

  ab

È 1Ø ÉÊ 5ÙÊ

È 2Ø È 1Ø É 3Ù  É 5Ù Ê Ê Ê Ê

È 2  1Ø É 3  5Ù Ê Ê

È 3Ø É 8Ù Ê Ê 

Vektorzerlegung. Umgekehrt kann man sich auch einen beliebigen Vektor a als die Summe zweier

Vektoren vorstellen. Dies nennt man eine Vektorzerlegung. Nehmen wir z. B. die beiden Vektoren, die jeweils nur eine von 0 verschiedene Komponente haben.  a

È a1 Ø ;  ÉÊ a 2 ÙÊ a

7 Vektoraddition: Vektoren werden Komponentenweise addiert

È a1 Ø È 0 Ø ÉÊ 0 ÙÊ  ÉÊ a 2 ÙÊ

7 Vektorzerlegung: Darstellung eines Vektors als Summe von (mindestens) zwei anderen Vektoren

Natürlich kann man einen Vektor auch in zwei beliebige andere Vektoren zerlegen, wenn nur die Addition der beiden Teilvektoren den ursprünglichen Vektor ergeben. 

Vektorvervielfachung. Will man z. B. den Vektor a mit dem Skalar x multiplizieren, so hat man ein-

fach jede Komponente mit dem Skalar (also einer reellen Zahl, 7 Kap. 1.3.2) zu multiplizieren:  Mit a

 È 3Ø ÉÊ 2ÙÊ und einer beliebigen reellen Zahl x; x ¹ a

È 3Ø x ¹ É 2Ù Ê Ê

È x ¹ 3Ø ÉÊ x ¹ 2ÙÊ

7 Vektorvervielfachung: Die Komponenten des Vektors werden mit einem Skalar multipliziert.

Alle Rechenschritte werden also »komponentenweise« durchgeführt. Es macht deshalb vom Rechenweg her keinen Unterscheid, wie viele Komponenten der Vektor besitzt. Man muss bei einem dreikomponentigen Vektor nur eben einmal mehr die gleiche Rechenoperation durchführen. Hier sind dann natürlich auch die grundlegenden Rechenregeln zu beachten. Ausnahme: Es darf nie durch einen Vektor dividiert werden. Vektormultiplikation. Der Vollständigkeit halber ist zu sagen, dass man Vektoren auch untereinander

multiplizieren kann. Man unterscheidet hierbei zwischen dem Skalarprodukt und dem Vektorprodukt zweier Vektoren. Ihre Bedeutung wird aber erst in der Anwendung erkennbar, sodass wir hier nur die Definition und grundlegende Eigenschaften angeben wollen.   Das Skalarprodukt zweier Vektoren a und b berechnet sich nach folgender Formel:   a¹b

a1 ¹ b1  a 2 ¹ b2

7 Bei der Vektormultiplikation ist zwischen Skalarprodukt und Vektorprodukt zu unterscheiden.

12

Kapitel 1 · Mathematische Grundlagen

Grundlagen

Das Ergebnis ist eine skalarer Wert, also einfach eine Zahl. Stehen die beiden Vektoren senkrecht zueinander, ergibt das Skalarprodukt den Wert 0.   a¹b

  0  aAb

Das Beispiel soll dies verdeutlichen:  a

È 8Ø  ÉÊ 2ÙÊ; b

È 1Ø   ;a A b ? ÊÉ 4 ÙÊ

Berechnen wir das Skalarprodukt: 8 ¹ 1  2 ¹ 4

0

Daraus folgt: beide Vektoren sind zueinander senkrecht oder orthogonal.   a b Das Vektorprodukt zweier Vektoren und ergibt einen Vektor, der auf jedem der beiden Vek  toren a und bsenkrecht steht. Diese Definition macht erst ab einem 3-dimensionalen Raum Sinn, z. B. der uns umgebende Raum. Hier die Definition für das übliche 3-dimensionale kartesische Koordinatensystem angegeben  c

  a–b

È a 2 b3  a 3 b2 Ø  É a 3b1  a1b3 Ù ; c A a und c A b É Ù Ê a1b2  a 2 b1 Ê

1.2.1.4 Praktischer Nutzen von Vektoren Warum brauchen wir überhaupt Vektoren? Was bieten sie für Vorteile? Wie schon erwähnt, geben Vektoren eine klare Richtung vor. Dies macht man sich besonders in der Physik zunutze, denn z. B. haben alle Kräfte eine bestimmte Richtung. Mit Vektoren kann man also Kräfte eindeutig beschreiben. Es ist schließlich von entscheidender Bedeutung, ob man versucht, das Auto nach vorne Richtung Straße oder nach hinten Richtung Abgrund zu schieben! Resultierende Kräfte. Wie Vektoren kann man somit auch Kräfte addieren. Nehmen wir einmal an,

eine Fähre will von einer zur anderen Seite des Flusses fahren. So wirkt zum einen die Kraft, die die Schiffschraube erzeugt, zum anderen aber auch die Kraft der Strömung des Flusses an der Fähre(. Abb. 1.6). Um nun die resultierende Kraft zu erhalten, also die Kraft, die insgesamt auf das Schiff wirkt, setzt man die einzelnen Kraftvektoren wie an einer Kette aneinander. Anschließend muss man nur noch den  Anfang der »Vektorenschlange« mit dem Ende verbinden und erhält somit die resultierende Kraft Fres. Dies kann man mit beliebig vielen »Einzelkräften« fortführen. . Abb. 1.6. An der den Fluss überquerenden Fähre  wirken zum einen die Kraft Fu des Schiffsmotors in Richtung des  Schiffs und die Kraft FStr der Strömung des Flusses quer  zum Schiff. Welche Kraft Fres wirkt nun insgesamt auf das Schiff?

http://www.springer.com/978-3-540-33959-5