Kapitel 2. Mathematische Grundlagen. Koordinatensystem

Kapitel 2 Mathematische Grundlagen 2.1 Koordinatensystem Zumeist werden in diesem Buch rechtwinkelige kartesische Koordinatensysteme verwendet. Sie ...
Author: Sarah Kohler
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Kapitel 2 Mathematische Grundlagen 2.1

Koordinatensystem

Zumeist werden in diesem Buch rechtwinkelige kartesische Koordinatensysteme verwendet. Sie sind durch drei zueinander orthogonale Koordinatenachsen x1 , x2 , x3 mit dem Ursprung O sowie durch eine gleiche lineare Maßeinteilung auf den Koordinatenachsen festgelegt. In einem solchen Koordinatensystem wird ein beliebiger Vektor v als Linearkombination dreier linear unabhängiger Basisvektoren e1 , e2 , e3 wie folgt dargestellt (Abb. 2.1): v = v 1 e 1 + v 2 e 2 + v3 e 3 . (2.1) x3

v αv3

v3

αv2

e3

x2

O v1

αv1

e1

Abb. 2.1: Darstellung des Vektors v in einem rechtwinkeligen kartesischen Koordinatensystem

e2

v2 x1 In (2.1) bezeichnen v1 , v2 , v3 die Komponenten des Vektors v in den Richtungen der Basisvektoren. Die Basisvektoren sind linear unabhängig, wenn die Beziehung a1 e1 + a2 e2 + a3 e3 = 0 nur für a1 = a2 = a3 = 0 gilt. Üblicherweise wird die orthonormierte Basis        0   0   1  0 1 0 , e3 = , e2 = e1 =       1 0 0 H. A. Mang, G. Hofstetter, Festigkeitslehre, DOI 10.1007/978-3-642-40752-9_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

(2.2)

(2.3)

6

2 Mathematische Grundlagen

verwendet. Die Basisvektoren einer orthonormierten Basis sind zueinander orthogonal. Ihre Länge beträgt 1. Vektoren mit der Länge 1 werden als Einheitsvektoren bezeichnet. Aus (2.3) folgt e1 · e1 = 1 , e 2 · e2 = 1 ,

e 1 · e2 = 0 , e 2 · e3 = 0 ,

e 1 · e3 = 0 , e 3 · e3 = 1 .

(2.4)

(2.4) enthält Skalarprodukte zweier Vektoren. Das Skalarprodukt oder innere Produkt zweier Vektoren v = v1 e1 + v2 e2 + v3 e3 und w = w1 e1 + w2 e2 + w3 e3 ist zu v · w = (v1 e1 + v2 e2 + v3 e3 ) · (w1 e1 + w2 e2 + w3 e3 ) = = v1 w 1 + v2 w 2 + v 3 w 3

(2.5)

definiert. In (2.5) wurde von den Eigenschaften (2.4) einer orthonormierten Basis Gebrauch gemacht. Das äußere Produkt der beiden Vektoren v und w ist zu ! ! ! e 1 e2 e 3 ! ! ! v×w = !! v1 v2 v3 !! = (v2 w3 −v3 w2 ) e1 +(v3 w1 −v1 w3 ) e2 +(v1 w2 −v2 w1 ) e3 (2.6) !w 1 w 2 w3 !

definiert. Es stellt einen Vektor dar, der normal auf die von den Vektoren v und w aufgespannte Ebene steht. Seine Länge entspricht dem Flächeninhalt eines Parallelogramms, dessen Seitenvektoren v und w sind. Zu beachten ist, dass das äußere Produkt zweier Vektoren nicht kommutativ ist, d. h. v × w 6= w × v. Bei v1 , v2 , v3 handelt es sich um die Länge von Vektoren, die aus der Projektion von v in Richtung der Basisvektoren hervorgehen: v1 = v · e1 = v cos αv1 , v2 = v · e2 = v cos αv2 , v3 = v · e3 = v cos αv3 .

(2.7)



(2.8)

In (2.7) bezeichnet v=

v·v

die Länge des Vektors v, αv1 den von v und e1 eingeschlossenen Winkel, αv2 den von v und e2 gebildeten Winkel und αv3 den Winkel zwischen v und e3 , d. h. αv1 = ∠(v, e1 ) ,

αv2 = ∠(v, e2 ) ,

αv3 = ∠(v, e3 ) .

(2.9)

Die Kosinus dieser Winkel, cos αv1 , cos αv2 und cos αv3 , werden als Richtungskosinus bezeichnet. Aus (2.8) folgt unter Berücksichtigung von (2.1), (2.4) und (2.7) " # (2.10) v = v12 + v22 + v32 = v cos2 αv1 + cos2 αv2 + cos2 αv3 .

Demnach ist

cos2 αv1 + cos2 αv2 + cos2 αv3 = 1 .

(2.11)

Der in die Richtung von v zeigende Vektor mit der Länge 1, ev , ergibt sich durch Einsetzen von (2.7) in (2.1) und Division der erhaltenen Gleichung durch v zu ev =

v = cos αv1 e1 + cos αv2 e2 + cos αv3 e3 . v

(2.12)

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2.2 Koordinatentransformation

2.2

Koordinatentransformation

Der Übergang von einem rechtwinkeligen kartesischen Koordinatensystem mit der orthonormierten Basis e1 , e2 , e3 und dem Ursprung O auf ein rechtwinkeliges kartesisches Koordinatensystem mit der orthonormierten Basis e′1 , e′2 , e′3 und dem Ursprung O′ setzt sich aus einer Translation der Koordinatenachsen von O nach O′ und einer anschließenden Rotation der Achsen bei festgehaltenem Ursprung zusammen. Da sich die kartesischen Komponenten eines Vektors bei einer Translation der Koordinatenachsen nicht ändern, genügt es, die Auswirkungen der Rotation dieser Achsen und damit der Basisvektoren zu bestimmen. Mittels (2.12) kann der Basisvektor e′1 durch die Basisvektoren e1 , e2 , e3 ausgedrückt werden (Abb. 2.2): e′1 = cos α11 e1 + cos α12 e2 + cos α13 e3 .

(2.13)

An die Stelle des Index v in (2.12) ist in (2.13) der Index 1 getreten. (Genau genommen, müsste es eigentlich α1′ 1 , α1′ 2 , α1′ 3 heißen.) Analog erhält man die Beziehungen e′2 = cos α21 e1 + cos α22 e2 + cos α23 e3 , e′3 = cos α31 e1 + cos α32 e2 + cos α33 e3 .

(2.14)

x3 x′3 x′2 e3 e′3 α13

e2 e1

α11

Abb. 2.2: Rotation des Koordinatensystems (ursprüngliche Basis ei , i=1,2,3; neue Basis e′j , j=1,2,3) x2

O = O′ e′1

x1

e′2

α12

x′1 Analog zu (2.1) kann der Vektor v im gedrehten Koordinatensystem zu v = v1′ e′1 + v2′ e′2 + v3′ e′3

(2.15)

dargestellt werden. In (2.15) sind v1′ , v2′ , v3′ die Komponenten des Vektors v in Richtung der Basisvektoren e′1 , e′2 , e′3 . Einsetzen von (2.13) und (2.14) in (2.15) führt auf v = (v1′ cos α11 e1 + v1′ cos α12 e2 + v1′ cos α13 e3 ) + (v2′ cos α21 e1 + v2′ cos α22 e2 + v2′ cos α23 e3 ) + (v3′ cos α31 e1 + v3′ cos α32 e2 + v3′ cos α33 e3 ) .

(2.16)

8

2 Mathematische Grundlagen

Gleichsetzen von (2.1) und (2.16) ergibt v = v1 e1 + v2 e2 + v3 e3 = (v1′ cos α11 + v2′ cos α21 + v3′ cos α31 ) e1 + (v1′ cos α12 + v2′ cos α22 + v3′ cos α32 ) e2 + (v1′ cos α13 + v2′ cos α23 + v3′ cos α33 ) e3 . (2.17) Durch Vergleich der vor den einzelnen Einheitsvektoren stehenden Terme in (2.17) erhält man die Beziehung zwischen den Komponenten des Vektors v in den beiden Koordinatensystemen zu      cos α11 cos α21 cos α31  v1′   v1  v2 . =  cos α12 cos α22 cos α32  v2′   ′   v3 v3 cos α13 cos α23 cos α33

(2.18)

Die erste Spalte der Matrix in (2.18) entspricht den auf die Basis e1 , e2 , e3 bezogenen Komponenten von e′1 (siehe (2.13)). Analoges gilt für die zweite und dritte Spalte dieser Matrix (siehe (2.14)). Aufgrund von (2.11) und der zu (2.4) analogen Beziehungen für die Basis e′1 , e′2 , e′3 ist die Inverse der Matrix in (2.18) gleich ihrer Transponierten. Dementsprechend führt die Multiplikation der Matrix in (2.18) mit der Transponierten auf die Einheitsmatrix. Somit ergibt sich  ′     cos α11 cos α12 cos α13  v1   v1  v′ . =  cos α21 cos α22 cos α23  v2  2′    v3 cos α31 cos α32 cos α33 v3

(2.19)

Die auf der rechten Seite von (2.19) aufscheinende Matrix wird als Transformationsmatrix beim Übergang von der Basis e1 , e2 , e3 auf die Basis e′1 , e′2 , e′3 bezeichnet. In Matrizenschreibweise lautet (2.18): v = QT · v ′ .

(2.20)

Die Komponenten der Vektoren v und v′ sowie die Koeffizienten der Transponierten QT der Transformationsmatrix Q ergeben sich durch Vergleich mit (2.18). Q ist im Allgemeinen nicht symmetrisch, d. h. αij 6= αji . Prämultiplikation von (2.20) mit Q ergibt v′ = Q · v .

(2.21)

Q−1 = QT → Q · QT = 1

(2.22)

 1 0 0 1= 0 1 0  0 0 1

(2.23)

Dabei wurde von Gebrauch gemacht, wobei 

die Einheitsmatrix bezeichnet.

9

2.3 Indexschreibweise

2.3

Indexschreibweise

In Indexschreibweise können die Gleichungen (2.1) bis (2.19) in wesentlich kürzerer Form angeschrieben werden. Bei Beschränkung auf rechtwinkelige kartesische Koordinaten werden generell tiefgestellte (untere) Indizes verwendet. Die orthonormierte Basis e1 , e2 , e3 wird in Indexnotation zu ei , i = 1, 2, 3, angeschrieben. Der Index i ist eine natürliche Zahl, die im dreidimensionalen euklidischen Raum die Werte 1, 2, 3 annimmt. Im zweidimensionalen Fall ist i auf die Werte 1 und 2 beschränkt. Tritt ein Index in einem Term zweimal auf, so ist über seinen gesamten Wertebereich zu summieren. Diese Vereinbarung wird als Einstein’sche Summationskonvention bezeichnet. Indizes, über die summiert wird, werden auch als stumme Indizes bezeichnet. Indizes, über die nicht summiert wird, werden freie Indizes genannt. In Indexschreibweise erhält man bei Berücksichtigung der Einstein’schen Summationskonvention für den Vektor v anstelle von (2.1) v = vi ei

(2.24)

und für das Skalarprodukt der Vektoren v und w anstelle von (2.5) v · w = vi w i .

(2.25)

Die sechs Gleichungen (2.4) werden in Indexnotation zu ei · ej = δij

(2.26)

geschrieben, wobei δij das Kroneckersymbol bezeichnet. Dieses ist wie folgt definiert: ( 1 für i = j . (2.27) δij = 0 für i 6= j Für die orthonormierte Basis e′1 , e′2 , e′3 gilt die zu (2.26) analoge Beziehung e′i · e′j = δij .

(2.28)

Für den Einheitsvektor ev in Richtung von v erhält man anstelle von (2.12) ev = cos αvi ei

(2.29)

αvi = ∠(ev , ei ) .

(2.30)

mit Die drei Gleichungen (2.13) und (2.14) können in Indexschreibweise zu einer Gleichung zusammengefasst werden: e′i = cos αij ej . (2.31) In (2.31) ist i ein freier Index, der die Werte 1, 2, 3 annimmt. Der Index j tritt in dem Term auf der rechten Seite von (2.31) zweimal auf. Er ist also ein stummer Index, über den summiert wird. (2.15) lautet in Indexschreibweise: v = vi′ e′i .

(2.32)

Einsetzen von (2.31) in (2.32) führt auf die zu (2.16) analoge Gleichung in Indexschreibweise: v = vi′ cos αij ej . (2.33)

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2 Mathematische Grundlagen

In (2.33) ist sowohl über den Index i als auch über den Index j zu summieren, weil beide Indizes im Term auf der rechten Seite von (2.33) zweimal aufscheinen. Als stumme Indizes verwendete Buchstaben können durch andere Buchstaben ersetzt werden. So kann z. B. der Buchstabe i für den stummen Index in (2.24) durch den Buchstaben j ersetzt werden, d. h. v = v j ej .

(2.34)

Die Beziehungen (2.24) und (2.34) sind gleichwertig, weil der jeweils zweimal aufscheinende Index nur die Summation über den gesamten Wertebereich ausdrückt. Der Wechsel des stummen Index von i auf j in (2.24) ermöglicht den Vergleich der rechten Seiten von (2.33) und (2.34): vj = cos αij vi′ .

(2.35)

(2.35) entspricht (2.18) bzw. (2.20). Den Kosinus des von den Basisvektoren e′i und ej eingeschlossenen Winkels αij kann man kürzer mit nij bezeichnen: nij = cos αij = cos[∠(e′i , ej )] .

(2.36)

Die Größen nij sind also die Komponenten der Transformationsmatrix Q. Mit Hilfe von (2.36) lassen sich (2.31) und (2.35) zu e′i = nij ej

(2.37)

vj = nij vi′

(2.38)

bzw. anschreiben. Einsetzen von (2.37) in (2.28) ergibt (nik ek ) · (njl el ) = δij .

(2.39)

nik njl δkl = δij .

(2.40)

Wegen (2.26) folgt aus (2.39) Aus (2.27) resultiert, dass δkl nur für l = k gleich 1 ist. Deshalb gilt nik njk = δij .

(2.41)

Die Gleichungen (2.41) entsprechen der zweiten der beiden Beziehungen (2.22). Ersetzen des Index j durch k und des Index i durch j in (2.38) ergibt vk = njk vj′ . Multiplikation der so erhaltenen Gleichung mit nik ergibt nik vk = nik njk vj′ .

(2.42)

Wegen (2.41) und (2.27) folgt aus (2.42) vi′ = nik vk . (2.43) entspricht (2.19) bzw. (2.21).

(2.43)

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2.4 Tensoren

2.4

Tensoren

Im Unterkapitel 2.2 wurde gezeigt, dass der Vektor v in verschiedenen rechtwinkeligen kartesischen Koordinatensystemen dargestellt werden kann. Aus (2.1) bzw. (2.24) und (2.15) bzw. (2.32) folgt v = vi ei = vj′ e′j .

(2.44)

Der Vektor v ist also vom gewählten Koordinatensystem unabhängig. Er hat eine bestimmte Länge und eine bestimmte Richtung. Die koordinatenfreie Schreibweise, v, soll diese Unabhängigkeit sowie die physikalische Bedeutung des Vektors verdeutlichen. In einem bestimmten Koordinatensystem kann ein Vektor durch Angabe seiner Komponenten in den Richtungen der gewählten Basisvektoren dargestellt werden. Physikalische Sachverhalte müssen derart beschrieben werden, dass verschiedene Koordinatensysteme zur mathematischen Beschreibung ein und desselben physikalischen Sachverhalts auf dieselbe Beurteilung dieses Vorgangs führen. Bei Verwendung des Koordinatensystems mit der Basis ei , i = 1, 2, 3, wird der Vektor v mittels Gleichung (2.1) und bei Verwendung des Koordinatensystems mit der Basis e′j , j = 1, 2, 3, mittels Gleichung (2.15) beschrieben. Obwohl die Komponenten des Vektors v in diesen beiden Koordinatensystemen verschieden sind, wird jeweils derselbe Vektor v beschrieben. Folglich ist das Maß für die Länge dieses Vektors in beiden Fällen gleich. Die Länge eines Vektors ist also eine Invariante, d. h. eine vom gewählten Koordinatensystem unabhängige Größe. Zur Transformation der Komponenten eines Vektors von einem Koordinatensystem in ein anderes wurden die Gleichungen (2.19) bzw. (2.18) hergeleitet. Werden diese Gleichungen bei einer Koordinatentransformation zur Transformation der Komponenten eines Vektors von einer bestimmten Basis in eine andere Basis verwendet, so ist sichergestellt, dass in beiden Koordinatensystemen derselbe Vektor beschrieben wird. Sind also die Komponenten eines Vektors in einem Koordinatensystem festgelegt, so sind die Komponenten dieses Vektors auch in jedem anderen Koordinatensystem durch die Gleichungen (2.19) bzw. (2.18) festgelegt. Bei der Transformation physikalischer Größen von einem Koordinatensystem in ein anderes ist darauf zu achten, dass Gleichungen zur Beschreibung physikalischer Sachverhalte für beide Koordinatensysteme gelten (→ Invarianz der Gleichungen bei einer Koordinatentransformation). Größen, die diesem Grundsatz entsprechen, werden Tensoren genannt. Vektoren sind Tensoren 1. Stufe. Die Komponenten von Tensoren 1. Stufe sind durch einen Index gekennzeichnet. Sie gehorchen dem Transformationsgesetz (2.19) bzw. (2.18). Tensoren, die in einem rechtwinkeligen kartesischen Koordinatensystem dargestellt werden, bezeichnet man als kartesische Tensoren. Skalare Größen, wie z. B. die Temperatur oder die Dichte, sind Tensoren 0. Stufe. Skalaren Größen ist nur ein Zahlenwert, jedoch keine Richtung zugeordnet. Daher ändern sie sich beim Übergang von einem in ein anderes Koordinatensystem nicht. Ein Tensor 2. Stufe kann als dyadisches Produkt (Tensorprodukt) zweier Vektoren definiert werden. Dementsprechend erhält man den Tensor 2. Stufe T als dyadisches Produkt der beiden Vektoren a und b zu T = a ⊗ b = (ai ei ) ⊗ (bj ej ) = ai bj ei ⊗ ej = Tij ei ⊗ ej .

(2.45)

12

2 Mathematische Grundlagen

Setzt man im Ausdruck für das dyadische Produktbeispielsweise i = 1 und j = 2, so erhält man     0 1 0  1  0 ⌊0 1 0⌋= 0 0 0  . (2.46) e1 ⊗ e2 = e1 · eT2 =   0 0 0 0

In (2.45) und (2.46) bezeichnet das Symbol ⊗ das dyadische Produkt und Tij = ai bj , i, j = 1, 2, 3, die Komponenten des Tensors 2. Stufe T. Zu beachten ist, dass das dyadische Produkt zweier Vektoren nicht kommutativ ist, d. h. a ⊗ b 6= b ⊗ a. Tensoren 2. Stufe spielen in der Kontinuumsmechanik eine wesentliche Rolle. Analog zu den Tensoren 0. und 1. Stufe sind sie vom Koordinatensystem unabhängig. Ihre Darstellung in einem rechtwinkeligen kartesischen Koordinatensystem mit der Basis ei , i = 1, 2, 3, führt auf die neun Komponenten Tij . Jede dieser Komponenten weist zwei Indizes auf. Jeder Index bezieht sich auf eine Richtung. Als Beispiel sei der Spannungstensor angeführt. Er wird im Kapitel 3 vorgestellt. Ein Index bezieht sich auf die Lage der Ebene, in der die betreffende Tensorkomponente wirkt, und der andere Index auf die Wirkungsrichtung dieser Komponente. Tensoren 2. Stufe können auch als lineare Operatoren einer linearen Vektorfunktion definiert werden. Mit Hilfe des Tensors T ergibt sich die lineare Transformation des Vektors v in den Vektor w zu w =T·v .

(2.47)

w = (a ⊗ b) · v .

(2.48)

(a ⊗ b) · v = (b · v) a

(2.49)

Einsetzen von (2.45) in (2.47) ergibt

Die rechte Seite von (2.48) ist zu

definiert. Demgemäß führt T den Vektor v in einen Vektor w über. Durch Vergleich von (2.49) mit (2.48) erkennt man, dass die Richtung von w durch a gegeben ist. Das innere Produkt b · v stellt einen skalaren Faktor dar. Setzt man (2.24) und (2.45) in (2.47) ein und berücksichtigt (2.49) und (2.26), so erhält man w = (Tij ei ⊗ ej ) · (vk ek ) = Tij vk (ei ⊗ ej ) · ek = Tij vk δjk · ei = Tij vj ei .

(2.50)

Analog zu (2.24) ergeben sich die Komponenten wi von w zu wi = Tij vj .

(2.51)

(2.51) stellt eine lineare Transformation der Vektorkomponenten vj in die Vektorkomponenten wi dar. Sie wird mittels der Komponenten Tij des kartesischen Tensors 2. Stufe, T, bewerkstelligt. Bei Verwendung rechtwinkeliger kartesischer Koordinaten werden bei Tensoren 1. oder höherer Stufe zumeist die Basisvektoren weggelassen. Man schreibt z. B. anstelle von vi ei und Tij ei ⊗ ej nur die Komponenten vi und Tij an. Bei diesen Koordinaten ist das deswegen möglich, weil die Basisvektoren normiert sind und unveränderliche Richtungen aufweisen. Ableitungen von Tensoren ergeben sich deshalb durch Ableitung der Komponenten. Das gilt nicht für Gauß’sche (krummlinige) Koordinaten.

13

2.4 Tensoren Tabelle 2.1: Transformationsgesetze für Tensoren von 0. bis 4. Stufe Stufe des

Anzahl der

Tensors

Komponenten

0

30 = 1

c′ = c

1

31 = 3

vi′ = nik vk

2

32 = 9

Tij′ = nik njl Tkl

3

33 = 27

A′ijk = nil njm nkn Almn

4

34 = 81

′ Cijkl = nim njn nkp nlq Cmnpq

Transformationsgesetz

In diesem Fall sind im Allgemeinen sowohl die Längen als auch die Richtungen der Basisvektoren veränderlich. Ableitungen eines Tensors umfassen dann sowohl seine Komponenten als auch seine Basisvektoren. Im Folgenden werden die Regeln für die Transformation der Komponenten eines Tensors 2. Stufe beim Wechsel von der Basis ei , i = 1, 2, 3, zur Basis e′j , j = 1, 2, 3, abgeleitet. Die Transformation der Vektorkomponenten wi in (2.51) ist gemäß (2.43) zu wi′ = nik wk (2.52) gegeben. Einsetzen von (2.38) in (2.51) und Eintragen des erhaltenen Ergebnisses in (2.52) ergibt wi′ = nik Tkj nlj vl′ = Til′ vl′ (2.53) mit Til′ = nik nlj Tkj .

(2.54)

(2.54) stellt das Transformationsgesetz für die Komponenten eines Tensors 2. Stufe dar. Für die Umkehrtransformation erhält man Tij = nki nlj Tkl′ .

(2.55)

Zu Vergleichszwecken werden die Gleichungen (2.52) bis (2.55) auch in Matrizenschreibweise dargestellt. (2.52) lautet in Matrizenschreibweise w′ = Q · w. Einsetzen von (2.47) in diese Gleichung ergibt w′ = Q · T · v. Mit Hilfe von (2.20) erhält man w′ = Q · T · QT · v′ . (2.53) lautet in Matrizenschreibweise: w′ = T′ · v′ . Ein Vergleich der beiden letzten Beziehungen führt auf T′ = Q · T · QT , woraus T = QT · T′ · Q folgt. Vergleicht man die Transformationsgesetze für Tensoren 1. und 2. Stufe, so stellt man fest, dass jeder Index eines solchen Tensors eine Richtungsinformation betrifft. Sie manifestiert sich als Richtungskosinus im Transformationsgesetz. Dieser enthält jeweils einen Index, über den zu summieren ist. Auf analoge Weise lassen sich Tensoren von höherer als 2. Stufe definieren. In der Kontinuumsmechanik sind insbesondere Tensoren 4. Stufe von Bedeutung. Sie ermöglichen eine lineare Transformation eines Tensors 2. Stufe in einen anderen Tensor derselben Stufe. Die Transformationsregeln für Tensoren 0. bis 4. Stufe sind in Tabelle 2.1 zusammengefasst.

14

2.5

2 Mathematische Grundlagen

Tensoroperationen

In diesem Unterkapitel werden einige häufig verwendete Tensoroperationen beschrieben. Die koordinatenfreie Schreibweise wird der Indexschreibweise für Tensorkomponenten in rechtwinkeligen kartesischen Koordinaten gegenübergestellt. Im Folgenden bezeichnen a und c skalare Größen, u, v, w Vektoren bzw. Tensoren 1. Stufe mit den Komponenten ui , vi , wi , i = 1, 2, 3, und A, P, S, T Tensoren 2. Stufe mit den Komponenten Aij , Pij , Sij , Tij ; G bezeichnet einen Tensor 3. Stufe mit den Komponenten Gijk und D einen Tensor 4. Stufe mit den Komponenten Dijkl . Das tensorielle Produkt zweier Tensoren gleicher oder verschiedener Stufe ist eine Verallgemeinerung des in (2.45) definierten dyadischen Produkts zweier Tensoren 1. Stufe. Es ergibt einen Tensor, dessen Stufe gleich der Summe der Stufen der beiden Tensoren ist. Es gilt z. B. u , v → u⊗v =S , S , w → S⊗w =G , S , T → S⊗T=D ,

ui vj = Sij , Sij wk = Gijk , Sij Tkl = Dijkl .

(2.56)

Unter der Kontraktion eines Tensors versteht man das Gleichsetzen zweier Indizes. Es bewirkt laut Einstein’scher Summationskonvention die Summierung über den Wertebereich des betreffenden Index. Die Stufe des Tensors wird durch diese Operation um zwei reduziert. Diesem Umstand trägt die Bezeichnung Kontraktion Rechnung. Das Ergebnis einer Tensorkontraktion wird in Analogie zum inneren Produkt zweier Vektoren auch als inneres Produkt zweier Tensoren bezeichnet. Setzt man im Tensorprodukt ui vj in (2.56) den Index i gleich dem Index j, so erhält man ui vi = u1 v1 + u2 v2 + u3 v3 , also das Skalarprodukt der beiden Vektoren u und v. Setzt man im Tensorprodukt Sij wk den Index k gleich dem Index j, so erhält man einen Vektor mit den Komponenten Sij wj . In diesem Fall ist S ein linearer Operator, dessen Anwendung auf w einen Vektor ergibt (siehe auch (2.47) bis (2.51)). Gleichsetzen der Indizes j und k im Tensorprodukt Sij Tkl ergibt Sij Tjl , also einen Tensor 2. Stufe. Einige Möglichkeiten der Bildung innerer Produkte sind im Folgenden zusammengestellt: u, S, S, D,

v w T v

→ → → →

u·v =c , S·w =v , S·T=P , D·v =G ,

u i vi = c , Sij wj = vi , Sik Tkj = Pij , Dijkl vl = Gijk .

(2.57)

Doppelte Kontraktion von Sij Tkl durch Gleichsetzen der Indizes i und k sowie der Indizes j und l ergibt die skalare Größe a = Sij Tij ,

a=S:T.

(2.58)

(2.58) wird auch als das Skalarprodukt zweier Tensoren 2. Stufe bezeichnet. Die doppelte Kontraktion des Tensorprodukts Dijkl Smn durch Gleichsetzen der Indizes k und m sowie der Indizes l und n ergibt einen Tensor 2. Stufe: Aij = Dijkl Skl ,

A=D:S.

(2.59)