Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.1 Arbeitsbedingungen behinderter Menschen fördern

8 Gleichbehandlung am Arbeitsplatz 8.1 Arbeitsbedingungen behinderter Menschen fördern Trotz innovativer Gesetzgebung und erweiterter Mitwirkungsmöglichkeiten ihrer betrieblichen Interessenvertretungen sind behinderte Menschen, insbesondere Menschen mit Schwerbehinderungen, im Erwerbsleben nach wie vor benachteiligt.

Betriebliche Beschäftigungssituation ungenügend Betriebe und Dienststellen mit 20 und mehr Beschäftigten müssen wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze für Schwerbehinderte bereitstellen, andernfalls wird eine Ausgleichsabgabe fällig. Bundesweit liegt diese Beschäftigungsquote bei 3,8 Prozent, im Saarland bei 3,7 Prozent. Die öffentlichen Arbeitgeber im Saarland beschäftigen 6,0 Prozent (2.777), die privaten Arbeitgeber hingegen nur 3,1 Prozent (5.398) Schwerbehinderte. Mit steigender Betriebsgröße nimmt auch die erreichte Beschäftigungsquote zu. Die größten Defizite bestehen in der Betriebsgrößenklasse zwischen 20 und 60 Beschäftigten. Die Förderung der Einstellung Schwerbehinderter sollte sich daher vorrangig auf diese Betriebe und Dienststellen beziehen. Ihre Beschäftigungspflicht vollständig erfüllten im Bundesgebiet 20 Prozent und im Saarland 21 Prozent der Arbeitgeber. Überhaupt keine Schwerbehinderten beschäftigten im Bundesgebiet 39 Prozent, im Saarland 35 Prozent. Im Saarland, wie auch bundesweit, war ein Drittel der Pflichtarbeitsplätze unbesetzt. Rechtliche und sozialpolitische Verpflichtung und betriebliche Realität klaffen demnach weit auseinander. Das Saarländische Sonderprogramm zur Eingliederung Schwerbehinderter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hat seit 1994 die Beschäftigungssituation Schwerbehinderter nachhaltig positiv beeinflusst. Die Arbeitskammer fordert die Landesregierung auf, das Sonderprogramm unter Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt über das Jahr 2003 hinaus zu verlängern.

Arbeitsbedingungen anpassen Immer noch wird Behinderung mit der Erwartung hoher Fehlzeiten gleichgesetzt. Dabei haben Untersuchungen vielfach zu der Erkenntnis geführt, dass behinderte Menschen keine behinderungs- bzw. krankheitsbedingt

122

höheren Fehlzeiten aufweisen, als ihre nicht behinderten Kolleginnen und Kollegen. Ihnen werden in Fachkreisen regelmäßig hohe Arbeitsmotivation und Leistungsfähigkeit bescheinigt. Nach Einschätzung der Arbeitgeber ist der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte und der damit verbundene Aufwand ein gravierendes Einstellungshemmnis. Dabei führen in der Realität drei Viertel der Kündigungsverfahren zu der gewünschten Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Beendigungen finden in der Mehrzahl im Einvernehmen statt. Ist ein Kündigungsbegehren verhaltens- oder betriebsbedingt begründet, so hat das Integrationsamt faktisch kaum eine Chance, diese zu vermeiden. Im Übrigen greift der Kündigungsschutz erst nach einer Probezeit von einem halben Jahr. Lediglich bei behinderungsbedingten Kündigungsbegehren kann das Integrationsamt die Kündigung verweigern oder – und das wird in der Regel versucht – gemeinsam mit dem Arbeitgeber, dem Betroffenen selbst und der betrieblichen Interessenvertretung Anstrengungen unternehmen, um die Ursache für das Kündigungsbegehren zu beseitigen und Arbeitsplätze unter veränderten Rahmenbedingungen zu erhalten. Die Bewertung des Kündigungsschutzes als Einstellungshemmnis durch die Arbeitgeber ist aus Sicht der Arbeitskammer nicht begründet. Die Zahl der Kündigungen hat sich auch im Saarland konjunkturell bedingt vermehrt. Das Integrationsamt kann die meist betriebsbedingten Kündigungen wegen Insolvenz nicht abwehren. Arbeitgeber versuchen sich vermehrt von Langzeiterkrankten zu trennen. In den Fällen, in denen Arbeitsplätze erhalten werden, hat sich vor allem das Instrument des Minderleistungsausgleichs bewährt. Das Schwerbehindertenrecht sieht ein neues Verfahren zur Konfliktbewältigung vor (§ 84 SGB IX). Die Konfliktprävention dient der Abwendung von Kündigungen. Maßnahmen der Konfliktbewältigung gelten für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen entsprechend. Dabei müssen die Integrationsämter in das Verfahren einbezogen werden. Hier liegen im Saarland nach ersten Einschätzungen gute Erfahrungen vor.

Integrationsvereinbarungen noch wenig verbreitet Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung ist es, die Integration Behinderter in den Betrieb zu fördern. Zu einem funktionierenden Integrationsmanagement gehören Personalplanung, leistungs- und behindertengerechte Beschäftigung, ergonomische Arbeitsgestaltung, Arbeitsorganisation, barrierefreie Arbeitsbedingungen, Kündigungs- und Rechtsschutz, Qualifizierung, Gesundheitsberatung, eine arbeitsplatznahe psychosoziale Betreuung sowie Regelungen über die Umsetzung der getroffenen Zielvereinbarungen.

123

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.1 Arbeitsbedingungen behinderter Menschen fördern

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.1 Arbeitsbedingungen behinderter Menschen fördern

Integrationsvereinbarungen sollen die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben über Zielvereinbarungen steuern. Konkret verpflichtet der Gesetzgeber Arbeitgeber, mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebs- bzw. Personalrat in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten des Arbeitgebers eine verbindliche Integrationsvereinbarung abzuschließen. Bisher gibt es keine Erhebung darüber, wie viele Integrationsvereinbarungen nach In-Kraft-Treten des Gesetzes abgeschlossen wurden. Nach den Erfahrungen der Integrationsämter ist ihre Zahl aber nicht allzu hoch. Die Erfahrungen im Saarland zeigen, dass Integrationsvereinbarungen eher in den Betrieben abgeschlossen werden, die auch bisher einen unproblematischen Umgang mit ihren schwerbehinderten Beschäftigten gepflegt haben. Etwa ein Dutzend Vereinbarungen sind dem Integrationsamt derzeit gemeldet.

Behindertengerechte Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung Vom Arbeitgeber wird die aktive Mitwirkung bei der Schaffung einer möglichst großen Zahl an Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte gefordert. Dabei haben schwerbehinderte Menschen gemäß § 81 Abs. 4 SGB IX Anspruch auf die behindertengerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr, sowie auf die Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit erforderlichen technischen Arbeitshilfen. Auch die Auslagerung der Arbeit in den eigenen häuslichen Bereich, z. B. durch die Einrichtung von Telearbeitsplätzen, kann Beschäftigungschancen eröffnen.1 Soweit Art und Schwere der Behinderung eine Reduzierung der Arbeitszeit erfordern, können Schwerbehinderte die Umstellung ihres Arbeitsplatzes auf Teilzeit beanspruchen, soweit es dem Arbeitgeber zumutbar ist. Die Verringerung der Arbeitszeit kann wieder rückgängig gemacht werden. Von Teilzeitarbeit wird noch zu wenig Gebrauch gemacht. Freie Zeit hat im Sinne des Gesundheitsschutzes eine ausgleichende (kompensatorische) und gleichzeitig vorbeugende (präventive) Wirkung. Sie ist in der Lage, vor drohender Verschlimmerung der Behinderung zu bewahren. Zusatzurlaub ist dadurch arbeitskrafterhaltend. Er dient einem erhöhten Erholungsbedürfnis von Menschen, die nicht nur die von ihnen zu bewältigende Arbeitsleistung zu erbringen, sondern darüber hinaus die Umstände ihrer Behinderung zu meistern haben. Einschränkungen des Zusatzurlaubs, wie von Arbeitgebervereinigungen gefordert, würden sich daher eher kontraproduktiv auswirken.

124

Handlungsmöglichkeiten des neuen Schwerbehindertenrechts nutzen Zurzeit sind die Wirkungen der neuen Instrumente des SGB IX nur schwer einzuschätzen. Systematische Auswertungen stehen noch nicht zur Verfügung. Erste saarländische Erfahrungen zeigen, dass die Betriebe und Dienststellen verstärkt den Kontakt zum Integrationsamt suchen. Bei Anfragen zeigt sich eine erhöhte Bereitschaft zur Neueinstellung von Schwerbehinderten bei kleinen und mittleren Unternehmen. Die neuen Handlungsmöglichkeiten des SGB IX bei einer verstärkten Zusammenarbeit von Integrationsamt und Arbeitsverwaltung entwickeln sich positiv. Dem neuen Recht zuwider laufen die Forderungen der Arbeitgeberverbände, Kündigungsschutz und Zusatzurlaub einzuschränken. Ein stetiger Ausbau der Integrationsfachdienste, eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, eine Neuauflage des Saarländischen Sonderprogramms und eine Erhöhung des Minderleistungsausgleichs werden von der Arbeitskammer als wichtige Bausteine für die Fortentwicklung der betrieblichen Beschäftigungsförderung und eine Verringerung der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen im Saarland gesehen.

1

Vgl.: Seidel, R.: Sind Integrationsmaßnahmen beim Arbeitgeber einklagbar? Sozialrecht und Praxis, 10/00, S. 659 ff.

125

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.1 Arbeitsbedingungen behinderter Menschen fördern

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.2 Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer erhalten

8.2 Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer erhalten Die bisherigen Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer hinsichtlich Qualifizierung, Arbeitsmarktpolitik sowie betrieblicher Regelungen verfehlen immer noch das Ziel einer arbeitsplatzsichernden Beschäftigung. Die Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft älterer Arbeitnehmer muss auch hinsichtlich des demographischen Wandels eine vorrangige betriebliche und gesellschaftliche Aufgabe sein. Während einerseits die Menschen in der BRD immer älter werden und die Lebenserwartung kontinuierlich ansteigt, gibt es momentan auch in saarländischen Betrieben relativ wenige Beschäftigte zwischen 55 und 65 Jahren. Ihr Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug beispielsweise im März 2002 lediglich 7 Prozent.1 Dennoch sind die Belegschaften in vielen Betrieben und Branchen im Durchschnitt älter geworden, weil sich die Altersstrukturen verändert haben. Zwar gibt es nicht mehr ältere, aber weniger jüngere Arbeitskräfte. In vielen größeren Unternehmen wurde und wird Personal abgebaut, ohne dass junge Arbeitnehmer neu eingestellt werden. „Down-Sizing” oder Belegschaftsverkleinerung heißt nach wie vor die Devise in Großunternehmen und speziellen Branchen, in denen umfassend restrukturiert und rationalisiert wird.

Zukünftige, betriebliche Altersstruktur: Mehr ältere, weniger jüngere Arbeitnehmer Die geburtenstarken mittleren Altersgruppen sind in den meisten größeren Betrieben momentan zahlenmäßig besonders stark vertreten. So lag beispielsweise der Anteil der 30- bis 50-Jährigen an allen im Saarland sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei fast 60 Prozent.2 Die momentane betriebliche Altersstruktur stellt die Unternehmen jedoch noch nicht vor große Probleme, weil diese Personengruppe zu den innovations- und leistungsstärksten zählt. Doch spätestens 2010 wird die sog. „Baby-Boom” – Generation mit dann mehr als 45 Jahren die Mehrheit der Erwerbspersonen bilden.3 Weil demographische Prozesse die Eigenschaft haben, eher schleichend und unbemerkt abzulaufen, bleiben die Konsequenzen für die Notwendigkeit von Veränderungen in der Arbeitswelt vielfach noch unbeachtet. Die Auswirkungen der Alterung der Bevölkerung werden auch heute vor allem nur unter der Perspektive der Folgen für die Alterssicherung diskutiert.

126

Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer Da die älteren Arbeitnehmer aber zukünftig das Gros der Erwerbspersonen stellen, müsste schon jetzt damit begonnen werden, die Beschäftigungsfähigkeit der älteren Mitarbeiter/innen zu sichern. Weil auch die betriebliche Innovationsfähigkeit in erster Linie vom Qualifikationspotenzial der Beschäftigten abhängt, stellt die Qualifikationsförderung sowohl jüngerer als auch älterer Arbeitnehmer eine unabdingbare Voraussetzung für die Zukunft der Betriebe dar.

Neben Maßnahmen des physisch-psychischen Gesundheitsschutzes und innovativen Strukturen der Arbeitsorganisation sind umfassende Verbesserungen im Bereich der beruflichen Qualifizierung zu realisieren. Diese könnten erreicht werden, wenn auf betrieblicher Ebene das Konzept des „lebenslangen Lernens” verfolgt wird. Dazu gehört, dass eine nichtaltersselektive Weiterbildung verfolgt wird und arbeitsplatzbezogene Formen entwickelt werden, die eine stärkere Einbeziehung Älterer ermöglichen. Diese Maßnahmen, flankiert durch tarifvertragliche Vereinbarungen, sind u. a. durch altersgerechte Arbeitsanforderungen und beispielsweise Teilzeitarbeitsplätze für Ältere zu begleiten. Vorbildcharakter hat hier der „Tarifvertrag zur Qualifizierung”, der für die Metall- und Elektroindustrie in BadenWürttemberg abgeschlossen wurde, in dem ältere Arbeitnehmer explizit als Zielgruppe einer Förderung der betrieblichen Weiterbildung genannt werden. In verstärktem Maße sind auch Qualifizierungsmaßnahmen für ältere lernungewohnte Arbeitnehmer anzubieten, die methodisch-didaktisch auf diese Personengruppe zugeschnitten werden. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung ist dabei die gezielte Aufklärung der Unternehmen über die Lernfähigkeit und die Leistungsvorteile Älterer, die auf deren Erfahrungswissen basieren.

Politische Rahmenbedingungen vorgeben Doch neben der betrieblichen Personal- und Qualifizierungspolitik ist auch die aktive Unterstützung durch die Politik notwendig, um durch entsprechende Rahmenbedingungen günstige Voraussetzungen für die Beschäftigungssicherung älterer Arbeitnehmer zu schaffen. Beispielsweise könnte man die berufliche Qualifikation älterer Arbeitnehmer in der Weise fördern, dass man die Betriebe gezielt unterstützt, die neuartige modellhafte Lösungsstrategien entwickeln.

127

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.2 Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer erhalten

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.2 Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer erhalten

Des Weiteren sollten Qualifizierungsmaßnahmen besonders für ältere Arbeitnehmer in Klein- und Mittelbetrieben gefördert werden. Für die Betriebe, die nicht über das nötige Know-how und Personal verfügen, könnten Fachberatungsdienste z. B. der Bundesanstalt für Arbeit zur Qualifizierung älterer Arbeitnehmer eingesetzt werden. Doch leider richtet sich in der betrieblichen Praxis das Hauptaugenmerk von Qualifizierungskonzepten und -maßnahmen bisher eher auf jüngere Beschäftigungsgruppen. Arbeitsmarktpolitische Weiterbildung ohne ältere Arbeitslose Nicht wesentlich anders sieht es in der Arbeitsmarktpolitik aus. Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung belegen, dass „Ältere Arbeitslose” deutlich weniger in SGB III-geförderten Weiterbildungsmaßnahmen vertreten sind, als es ihrem Anteil an allen Arbeitslosen entspricht. Nicht anders sieht es auf Landesebene aus. Auch hier war der Anteil Älterer an Weiterbildungsmaßnahmen in der Vergangenheit unterdurchschnittlich.4 In den Richtlinien des Programms „Lernziel Produktivität” und im Förderrahmen für Interventionen des Ziel-3 des Europäischen Sozialfonds werden zwar ältere Arbeitnehmer bzw. Arbeitslose als Zielgruppe genannt, doch kommt es bei der Umsetzung darauf an, dass Ältere stärker als bisher in die Förderung einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund positiv zu bewerten sind sowohl die Aktion der Bundesanstalt für Arbeit „50 plus – die können es” als auch die Gemeinschaftsinitiative „EQUAL” des Europäischen Sozialfonds, die speziell auf die Gruppe „ältere Arbeitslose” zielt. Auch die Maßnahme der Entgeltsicherung (Rechtsgrundlage § 421j-SGB III), mit der älteren Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern ab 50 Anreize zur Arbeitsaufnahme geboten werden, kann deren Beschäftigungschancen verbessern helfen. Weniger geeignet und eher diskriminierend erscheint die Regelung für ältere Arbeitnehmer ab 52 (§ 14 Teilzeitbefristungsgesetz), wonach eine Befristung ohne Wiederholungsbegrenzung möglich ist. Hier ist zu befürchten, dass die Älteren gerade in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit noch mehr zur beschäftigungspolitischen Manövriermasse werden. Arbeitsplatzgestaltung und Gesundheitspolitik auch an älteren Arbeitnehmern orientieren Neben der Qualifizierung ist die Arbeitsplatzgestaltung bei Arbeitsprozessen ein wesentlicher Ansatzpunkt, die Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer zu sichern.

128

Es besteht kein Automatismus zwischen kalendarischem Alter und Leistungsvermögen. Wissenschaftlich gesichert ist, dass Leistungsvermögen und Gesundheit wesentlich von menschengerechter Gestaltung der Arbeit über die gesamte Erwerbsspanne hinweg beeinflusst wird. Unbestritten ist auch, dass sich das psychische Leistungsvermögen mit zunehmenden Alter verändert, aber nicht generell vermindert. Langjährige Untersuchungen haben gezeigt, dass durch anspruchsvolle Arbeitsaufgaben das psychische Leistungsvermögen erhalten bleibt. Das physische Leistungsvermögen unterliegt dagegen alterskorrelierten Veränderungen, die durch eine altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung ausgeglichen bzw. gemindert werden können. Ergonomische Veränderungen, individuelle Bewertungsstrategien und eine veränderte Arbeitsausführung sind einige Ansätze, um Arbeitstätigkeiten gesundheitsschonender zu gestalten. Voraussetzung dazu sind ständige Analysen unterschiedlicher Gesundheitrisiken und eine fortwährende Suche nach Entlastungsmöglichkeiten sowohl im Arbeitsalltag als auch angesichts geplanter Arbeitsabläufe. Werden unter diesem Blickwinkel heutige Arbeitsprozesse analysiert, so stellt man überwiegend fest, dass sich Arbeitsaufgaben und Gestaltung des Arbeitsumfeldes immer noch am Leitbild jüngerer Arbeitnehmer orientieren. Die speziellen Bedürfnisse und Leistungsvoraussetzungen älterer Arbeitnehmer werden kaum oder gar nicht berücksichtigt.

Langfristige Personalplanung überfällig Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass, trotz einiger weniger positiver Ansatzpunkte, die betriebliche Personalpolitik immer noch eher kurzfristig ausgerichtet ist. Neben einer mangelnden langfristigen Personalentwicklungsplanung fehlen oft auch eine langfristig ausgerichtete Arbeitsplatzgestaltung und eine betriebliche Gesundheitspolitik, die zu einer Verbesserung der Beschäftigungslage älterer Arbeitnehmer führen könnte. Mit dem Arbeitsschutzgesetz von 1996 kommt der präventiven Gesundheitspolitik zwar ein höherer Stellenwert zu. In der Praxis spielt jedoch eine aktive gesundheitspolitische Beratungspolitik für ältere Arbeitnehmer keine Rolle. Weder im Jahresbericht Arbeits- und Immissionsschutz 2000 des Saarlandes noch im Bericht 2001 finden sich hierfür Hinweise. Es ist zu befürchten, dass auch zukünftig in den Berichten ältere Arbeitnehmer unerwähnt bleiben.

129

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.2 Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer erhalten

Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

8.2 Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer erhalten

Ziel einer vorausschauenden Personalpolitik muss es daher sein, Gesundheit, Qualifikation und Motivation der Arbeitnehmer/innen über den gesamten Erwerbsverlauf zu erhalten und zu fördern, wobei von der Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.

1

Vgl. Stat. Landesamt, Saarland, AVI 5 -vj 1/2000SL, S. 6.

2

Ebenda, S. 6.

3

Kistler, E. und Mendius, H.-G.: Demographischer Strukturbruch und Arbeitsmarktentwicklung, S. 101 f.

4

Stellungnahme der Arbeitskammer vom 18. Oktober 2001 zur Anhörung des Ausschusses für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales.

130