Die Stimmungslage in Deutschland und Frankreich vor den nationalen Wahlen 2017

Allianz SE Die Stimmungslage in Deutschland und Frankreich vor den nationalen Wahlen 2017 Ergebnisse einer Allianz-Studie mit Repräsentativbefragung...
Author: Beate Schulz
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Allianz SE

Die Stimmungslage in Deutschland und Frankreich vor den nationalen Wahlen 2017

Ergebnisse einer Allianz-Studie mit Repräsentativbefragungen in Deutschland und Frankreich Durchgeführt durch das Institut für Demoskopie Allensbach

Vorwort

OLIVER BÄTE Vorstandsvorsitzender Allianz SE

Sehr geehrte Damen und Herren, in der zweiten Auflage unseres französisch-deutschen Meinungsbarometers wollten wir erneut die Stimmungslage der Menschen in Deutschland und Frankreich einfangen – ganz im Sinne Konrad Adenauers: „Die Einheit Europas war ein Traum weniger. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“ Die jüngsten Ereignisse haben in der Tat das gegenseitige Bewusstsein der Deutschen und Franzosen gestärkt – und hoffentlich auch ihren Zusammenhalt: Das Interesse der Deutschen an den Entwicklungen in Frankreich wuchs in den letzten zwei Jahren von 39 Prozent auf 59 Prozent und umgekehrt das der Franzosen an den Entwicklungen in Deutschland von 38 Prozent auf 48 Prozent. 2017 ist für beide Länder ein entscheidendes Jahr: Es ist also höchste Zeit, die wirtschaftliche Partnerschaft der beiden Länder zu erneuern und zu stärken. Ich persönlich nehme drei Dinge aus dieser Studie mit. Erstens: Obgleich die Deutschen bezüglich ihrer Wirtschaft und deren zukünftiger Entwicklung wesentlich optimistischer als die Franzosen sind, ist kein Platz für Selbstzufriedenheit. Der Kampf gegen Ungleichheit, Investitionen in Bildung, die Sicherung des Rentensystems sowie Innerer Sicherheit stehen weit oben auf der Agenda. Zweitens: Die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren hat das Vertrauen in das System und die Einstellungen zur Globalisierung signifikant beeinflusst. Einer von zwei Franzosen ist der Meinung, dass Globalisierung schädlich ist, während in Deutschland nur einer von zehn Befragten dieser Auffassung ist. Doch die Hälfte der französischen Befragten ist bereit, sich auf weitreichende Reformen einzulassen: Die Zeit ist reif. Und drittens: 74 Prozent der Deutschen und 80 Prozent der Franzosen glauben, dass in der Europäischen Union grundlegende Reformen erforderlich sind. Ein klarer Aufruf zu handeln, auch von der Allianz. „Bringe die Menschen dazu zusammenzuarbeiten, um ihnen zu zeigen, dass sie jenseits ihrer Unterschiede und über Grenzen hinweg ein gemeinsames Interesse haben“, sagte einst Jean Monnet, ein anderer Gründungsvater Europas. Wir bei der Allianz glauben, dass Deutschland und Frankreich auf das Engste miteinander verbunden und unerlässlich füreinander sind. Wir für unseren Teil werden das fortsetzen, was wir die letzten 125 Jahre gemacht haben – und zwar auf beiden Seiten des Rheins: Wir bieten Absicherung für die vielen Risiken im Leben, unterstützen Vermögensaufbau und bieten ökonomische Sicherheit durch innovative Renten- und Lebensversicherungsprodukte und generieren mit unserem Kapital nachhaltiges Wachstum.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Bäte 3

Inhalt

4

Seite

Vorbemerkung

5

Wachsende Unzufriedenheit

7

Völlig unterschiedliche Bewertung der wirtschaftlichen Lage

14

Die wirtschaftliche Lage beeinflusst das System­vertrauen und die Haltung zur Globalisierung

19

Reformbedarf und Reformängste

26

Innere Sicherheit – in beiden Ländern ein Thema

28

Skepsis in Bezug auf die Entwicklung der EU

31

Anhang Untersuchungsdaten Zusammensetzung der Stichprobe

38

Vorbemerkung

Nach der Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen, hängt die Zukunft der EU mehr denn je von der Stärke, Ausrichtung und den Beziehungen Deutschlands und Frankreichs ab. Beide Länder befinden sich heute in einer sehr unterschiedlichen Situation. Deutschland ist von einer mehr als zehnjährigen Aufschwungphase geprägt, die den Arbeitsmarkt beflügelte und die materielle Lage weiter Bevölkerungs­ kreise verbesserte. Frankreich kämpft dagegen mit einer hohen Arbeitslosigkeit und Problemen, die notwendigen Reformen in Gang zu bringen – eine Situation, die der von Deutschland zwischen dem Ende der 1990er und den ersten Jahren des vergangenen Jahrzehnts ähnelt. Diese unterschiedliche Situation prägt die Stimmungslage in den beiden Ländern, den Zukunftsoptimismus der Bürger, ihr Vertrauen in das politische und wirtschaftliche System, die Haltung zur Globalisierung und zu den europäischen Perspektiven. Bereits 2015 wurde in beiden Ländern eine vergleichende Analyse auf der Basis von repräsentativen Bevölkerungsumfragen durchgeführt. Die Untersuchung zeigte, wie tief eine länger andauernde ökonomische Schwächephase das Vertrauen der Bürger in das politische und ökonomische System erschüttert. Die aktuelle Allianz-Studie 2017, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Allianz SE durchgeführt hat, lässt erkennen, dass die vergangenen zwei Jahre aus der Sicht der französischen Bevölkerung keinerlei Verbesserung gebracht haben. Auch in Deutschland ist teilweise wachsende Unzufriedenheit zu beobachten – allerdings aus anderen Gründen als in Frankreich. Die Ereignisse der letzten Zeit haben auch das Bewusstsein für gemeinsame Herausforderungen gestärkt wie auch das Interesse an den politischen und ökonomischen Entwicklungen im Nachbarland. Das gilt besonders für Deutschland, wo sich das Interesse an Entwicklungen in Frankreich von 39 auf 59 Prozent erhöht hat; in Frankreich nahm der Anteil, der sich für die Entwicklungen in Deutschland interessiert, im selben Zeitraum von 38 auf 48 Prozent zu.

5

Wachsende Unzufriedenheit

Wachsendes Interesse am Nachbarn Frage: „Wie sehr interessieren Sie sich für das politische und wirtschaftliche Geschehen in Deutschland/­Frankreich? Würden Sie sagen ...“ 

Schaubild 1

Deutschland 2015 % „sehr“

6

Frankreich

2017 % 39

14

59

6 32

2017 % 38

7

„etwas“

33

„kaum bzw. gar nicht“

60

38

62

52

1

3

x

x

100

100

100

100

Unentschieden

45

2015 %

41

48

x = weniger als 0,5 Prozent

Basis: Deutschland und Frankreich, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Allianz-Monitor Frankreich-Deutschland 2017

Zu den auffälligsten Unterschieden zwischen Deutschland und Frankreich gehörte vor zwei Jahren die ganz andere Einschätzung des gesellschaftlichen Veränderungstempos. Während die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung den Eindruck hatte, in einer Gesellschaft zu leben, die von dynamischem Wandel gekennzeichnet ist, zogen annähernd zwei Drittel der französischen Bevölkerung die Bilanz, dass sich ihre Gesellschaft zurzeit nur wenig oder so gut wie nicht

verändert. Seither hat sich das Empfinden der französischen Bevölkerung, in einer statischen Gesellschaft zu leben, weiter verstärkt. 2015 stuften 63 Prozent das Veränderungstempo der Gesellschaft als gering ein, aktuell 74 Prozent. Die deutsche Bevölkerung hat dagegen völlig stabil weit überwiegend den Eindruck, dass sich ihr gesellschaftliches Umfeld stark oder sogar sehr stark verändert.

Die Franzosen haben immer mehr den Eindruck, in einer statischen Gesellschaft zu leben Frage: „Wenn Sie einmal ganz allgemein an die Gesellschaft in Deutschland/Frankreich denken: Wie ist Ihr Eindruck, wie stark verändert sich unsere Gesellschaft zurzeit? Würden Sie sagen …“ 

Schaubild 2

© IfD-Allensbach

Deutschland Die Daten stützen sich in Deutschland auf 1.309 und in Frankreich auf 1.249 Face-to-Face-Interviews, jeweils repräsentativ für die Bevölkerung ab 16 Jahre. Die Interviews wurden zwischen Ende Februar und Mitte März 2017 durchgeführt, in Deutschland durch das INSTITUT FÜR DEMOSKOPIE ALLENSBACH, in Frankreich durch KANTAR PUBLIC FRANCE. Die Untersuchungsdaten und die Zusammensetzung der Stichproben sind im Anhang dieser Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse dokumentiert.

2015 %

2017 %

„sehr stark“

22

22

7

4

„stark“

54

54

27

19

„weniger stark“

18

18

43

49

„kaum, gar nicht“

2

2

20

25

Unentschieden, keine Angabe

4

4

3

3

100

100

100

100

Basis: Deutschland und Frankreich, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Allianz-Monitor Frankreich-Deutschland 2017

Die schwache Veränderungsdynamik ist aus der Sicht der französischen Bevölkerung eine Belastung für die Zukunft des Landes und insbesondere für die Perspektiven der jungen Generation. Diese Perspektiven werden in Frankreich nach wie vor gravierend schlechter eingeschätzt als in Deutschland. Lediglich 21 Prozent der französischen Bevölkerung gehen davon aus,

6

Frankreich 2015 %

2017 %

© IfD-Allensbach

dass die junge Generation ihres Landes gute Zukunfts­ perspektiven hat, während 76 Prozent die Perspektiven für unbefriedigend, teilweise sogar für sehr schlecht halten. In Deutschland fürchten dagegen nur 36 Prozent, dass das Land der jungen Generation keine befriedigenden Zukunftsperspektiven bieten kann.

7

Nach wie vor völlig unterschiedliche Einschätzung der Zukunftsperspektiven der jungen Generation

Wachsendes Unbehagen in Deutschland

Frage: „Wie schätzen Sie die Zukunftsaussichten der jüngeren Generation, also der Generation der unter 30-Jährigen, hier in Deutschland/Frankreich ein: Hat diese Generation Ihrer Meinung nach sehr gute, eher gute, eher schlechte oder sehr schlechte Zukunftsaussichten?“

Frage: „Wenn Sie einmal an die derzeitigen Veränderungen in unserem Land denken und an die Veränderungen, die es in den letzten Jahren gegeben hat: Überwiegen da aus Ihrer Sicht die positiven oder die negativen Veränderungen?“

Es überwiegen negative Entwicklungen 

Deutschland

Frankreich

Schaubild 4

Schaubild 3

74 %

72 %

54 %

Frankreich

Deutschland

34 % 2015

5 % – sehr gute Aussichten 46 % – eher gute 32 % – eher schlechte 4 % – sehr schlechte 13 % – weiß nicht, keine Angabe

Basis: Deutschland und Frankreich, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Allianz-Monitor Frankreich-Deutschland 2017

Gleichzeitig ist jedoch auch in Deutschland die Unzufriedenheit über die letzten zwei Jahre hinweg gewachsen. In Frankreich zieht die überwältigende Mehrheit die Bilanz, dass sich das Land nur wenig verändert und dass die unzureichenden Veränderungen, die in letzter Zeit stattgefunden haben, überwiegend negativ zu bewerten sind. Die große Mehrheit

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