Die. Gebirgs- Ski & Fly im Herzen der Dolomiten

Ski & Fly | Dolomiten Headline variabel 6.700 Höhenmeter sind ein voller Flugtag. Zumindest im Winter und mit Ski. Während viele ihren Schirm im Kell...
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Ski & Fly | Dolomiten

Headline variabel 6.700 Höhenmeter sind ein voller Flugtag. Zumindest im Winter und mit Ski. Während viele ihren Schirm im Keller überwintern, sind wir damit unterwegs.

Zu kalt, ­langweilige Abgleiter, keine Thermik... welch fantasielose Kommentare da zu hören sind. Wir sehen das anders: ­normale Skiklamotten ­reichen, denn wirklich lange sind die Flüge nicht. Bergsteigerschirme und Leichtgurtzeuge reduzieren das zu schleppende Gewicht ­erheblich. Platz zum Auslegen lässt sich überall finden. Es stört kein Bewuchs, keine Leinen bleiben hängen. Faltbare Skistöcke – fertig. von Helmut Achatz

Die GebirgsjägerRoute

Ski & Fly im Herzen der Dolomiten

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Start an der Porta Vescovo

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twas unausgeschlafen steigen wir in unsere Bindungen, direkt vor der Pension. Eine kleine Abfahrt, wenige Höhenmeter nur, bringen uns zum ersten Skilift. Eine gemütliche 8er Gondel, der Vallon-Sessellift – schon ist der erste Startplatz erreicht. Zeit zum Schauen: ein Ausblick der Superlative. Die gesamten östliche Dolomiten liegen vor uns. Die Skipiste auf der einen Seite, wir auf der anders Seite der Bergstation. Mit Platz, soviel wir wollen. Starts und Landungen sind nur außerhalb der präparierten Pisten zulässig. Die Sonne steht erst wenig über dem Horizont, aber es reicht bereits für ideale Startbedingungen. Die paar Leinen meines Leichtschirmes sind schnell sortiert, die Stöcke zerlegt im Gurtzeug. Dem ersten Flug unserer kleinen Rundreise steht nichts mehr im Wege. Ein kurzer Anlauf der Sonne entgegen, etwas Zug auf den A-Leinen, die Kappe steigt unglaublich leicht hoch. Ihr fehlt die Hälfte an Gewicht –das Untersegel wurde eigespart. Fliegt trotzdem, und gar nicht mal schlecht! Apropos: Schnee kann keiner in die Kammern fallen! Die Starthöhe von 2.550m lässt Zeit für den doch weiten Flug nach Arabba. Unterwegs eine spontane Idee zum Thema „langweilig“:

Wer kennt ihn nicht, den James Bond, der mit Ski über eine unglaubliche Kante springt und unterwegs dann seine Sprungschirm zieht. Eine Nummer kleiner tut´s für mich auch: Die gewaltige Schneewechte unter mir. Vorsichtig angepirscht, ganz leicht aufgesetzt, mit offenem Schirm 100 m drauf zu und rechtwinklig raus über die Kante. Nur 200m hoch, aber für mich beeindruckend genug. Da der Talkessel von Arabba kaum Landemöglichkeiten bietet, ist es wichtig, bereits im Plan Boe zu landen. Neben der Talstation des Le

Pale-Sesselliftes gibt es eine große Ebene im Tal, perfekt für unsere Bedürfnisse. Die letzen Meter runter geht’s mit Ski. Jetzt gilt es, den riesigen Grat zu überwinden, der sich vor dem Massiv der Marmolada aufbaut. Von Arabba führt uns die Gondel direkt rauf zur Porto Vescovo auf 2.600m. Hier eröffnet sich der einmalige Blick auf die Marmolada. Wie auf der gesamten Runde ist es sehr vorteilhaft, einen Guide dabei zu haben, der die Start- und Landemöglichkeiten kennt. Denn die Möglicheiten für Irrwege sind vielfältig. Hier oben ergeben sich beispielsweise zwei Möglichkeiten zur Weiterreise, beide bedeuten den gleichen Zeitaufwand.

Variante 1 Bei lawinensicheren Schneeverhältnissen und (!) zugefrorenem Fedaia-Stausee lässt es sich gut direkt nach Süden starten. Nur liegt der nächste Lift definitiv nicht im Gleitwinkelbereich. Da Außenlandeplätze aufgrund der steilen Hänge fehlen, ist ein zugefrorener Stausee wirklich vorteilhaft. Nach der Landung 10 Minuten schieben und wir sind am Fedaia-Lift.

Variante 2 Mit zwei Abfahrten und zwei Liften zum Padon-Lift, hier auslegen und nach Süden Dani mit Ausrüstung…

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Aufziehen mit Blick zur Marmolata

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starten. Dem Talverlauf nach links folgen und auf den weiten Wiesenflecken im Gleitwinkelbereich landen. Wir sind gut vor Mittag hier und haben daher gute Chancen, die Runde ohne Zeitnot zu beenden. Ansonsten könnte man von hier aus auch in Ruhe umkehren, später macht es keinen Sinn mehr. Die Pic Serauta-Seilbahn bringt uns zum Highlight des Tages, dem Gipfel der Marmolada. Für die Runde ist der Berg nicht wirklich notwendig, ab der Talstation geht alle 20 Minuten ein Bus nach Alleghe zum nächsten Lift. Aber diesen Riesen auszulassen, das geht einfach nicht! Die Windanzeige der Bahn verspricht annähernd Windstille am Gipfel. Der höchste Gipfel der Dolomiten bietet immer wieder eine unglaubliche Fernsicht. Eine halbe Stunde später starten 3 Schirme fast gleichzeitig auf 3.200m. Wir gleiten nach Osten, es ist immer wieder beeindruckend, mit kaum zwei Metern Bodenabstand bei solch ruhigen Verhältnissen über gewaltige Gletscherspalten zu gleiten. Kurz darauf überfliegen wir die Ostwände und haben mit einem Mal fast 1.600 m Luft unter unseren Ski. Es empiehlt sich, deutlich nördlich des Sees von Alleghe nach einer Landemöglichkeit Ausschau zu halten. Und für den kurzen Rest den Skibus zu nehmen – zum Pian de Pezzè. Direkt

über uns wurde hier Alpingeschichte geschrieben. In der 1.100m hohen Civetta NW Wand wurde der VI Schwierigkeitsgrad erstmals alpin geklettert. Damals eine Weltsensation im Bergsport. Lange her... Deutlich schneller bringen uns zwei Lifte zum herrlich offenen Startplatz am Col Fioret. Nach Norden geht’s immer über der Piste haltend hinunter zur Talstation in Pecul. Hier am Parkplatzplatz erwartet uns der Linienbus zur Fahrt zum Passo Giao in den 3. und letzen großen Abschnitt unserer Runde.

fly master

Ein Ausflug in die Geschichte ist der Sessellift, der uns nostalgisch und vor allem langsam zur Scharte in den Averau Wänden hochträgt. Hier ist es zu weitläufig und flach zum Fliegen, wir erreichen den Falzarego Pass und die Gondel zum Lagazuoi via unser Latten. Jene Gondel ist übrigens ein Muss auf dieser Tour! Oben auf 2.800m nochmals ein Highlight dieser außergewöhnlichen Runde: Vor uns eröffnet sich ein gigatisches Hochtal nach Armenterola und damit unser Flugweg nach Norden. Eine einsame Skipiste zieht sich im Tal nach unten. Weit, lang und flach ist es – mit perfektem Startplatz. Argh, ein Gleitwinkelwettkampf! Hier würde sich mein Glider beweisen müssen. Während meine Begleiter mit Ultralight 3 und

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Startplatz Vallon

Geo 2 es mit etwas Luft unter den Ski locker raus schaffen, reicht es bei mir nicht ganz. Sicher, an meiner Aerodaynamik gibt es erhebliches Verbesserungspotential. Ahem. Doch die breite, offene Piste bietet genügend Platz. Da

hier momentan kein Skifahrer unterwegs ist, setze ich zwar auf, lande aber nicht wirklich (ist ja verboten!). Touch & Go könnte man es nennen – ich fahre einfach mit offenem Schirm weiter, wie ein zu schwerer Vogel. Es ist gerade

nicht steil genug, um abzuheben, macht jedoch richtig Spaß, so zu fahren! 800m weiter vorne geht’s ungebremst rechts rein in den nächsten Steilhang – das hätte ich mich ohne Schirm nie getraut! Ich bin wieder airborne und sehe

Marmolada voraus, rechts der Skispitzen „erster“ LP am Le Pale Lift

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Infos

Specials: Starts in Gipfelhöhe oder oben am Grat sind bei Nullwind problemlos. Etwas tiefer am Hang ist im Winter immer mit bodennah abfließender Kaltluft

Startplätze: Start- und Landeplätze gibt es keine auf

zu rechnen. Diese Schicht ist jedoch meist nur 4-5m

dieser Tour. Jedoch ist beides toleriert, solange man

dick. Darüber ist Ruhe. Zu Fuß kaum startbar, mit Ski

außerhalb der präparierten Skipisten bleibt. Im Spät-

kein Thema.

winter sind alle Hänge „eingefahren“, das heißt auch außerhalb der Pisten bilden sich viele Flächen, die

Gebirgsjägertour

problemlos zu befahren sind. Und damit Start- und

Die Friedenstour: Der 1. Weltkrieg ist Thema dieser

Landungen erleichtern. Wichtig: Keine Starts und

Tour, die dennoch optimistisch stimmt, weil man in

Landungen auf den Skipisten!

der grandiosen Bergwelt der Dolomiten erkennt, wie kostbar der Friede ist. Österreichische Kaiserjäger

Wetter: Oft bildet sich gegen Ende des Winters ein

und deutsche Alpenkorps lieferten hier italienischen

stabiles Hoch über ganz Mitteleuropa. Beste Zeit für

Alpini von Mai 1915 bis November 1917 erbitterte

Ski & Fly. Denn die Startplätze liegen in jeder Him-

Gefechte. Um das Epizentrum der Kämpfe, den Col di

melsrichtung. Nullwind ist logisch von Vorteil. Natür-

Lana, verläuft die Tour unter den Wänden berühmter

lich geht´s um diese Jahreszeit bereits manchmal

Gipfel wie Civetta, Monte Pelmo, Tofana, Lagazuoi,

thermisch. Dann ist mit aus Westen einsetzendem

Conturines, Settsass, Sassongher, Sella und Marmo-

Talwind in Canzei zu rechnen.

lada. Es ist ein Tagesausflug auf Traumpisten für die ganze Familie.

Wind: An den meisten Skistationen und Gasthäusern

Spektakulär sind die Abfahrt vom Lagazuoi nach

sind Fahnen angebracht, ein geübtes Auge findet fast

Armentarola und die längste Piste der Dolomiten, von

immer geeignete Windanzeiger. „In der Regel herrscht

der Punta Rocca über den Gletscher der Marmolada

am Landeplatz Rückenwind“ d.h. die bodennah über

nach Malga Ciapela. Das Civetta Skigebiet ist ein

dem kalten Schnee abfließende Kaltluft erzeugt

häufig gewählter Startpunkt. Man kann die Tour auch

leichten Bergwind. An jeder Seilbahn lässt sich der

in S. Cassiano, Corvara, Arabba und Malga Ciapela

aktuelle Wind an der Bergstation erfragen.

beginnen.

Sello Ostseite

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Beide Fotos: Lagazuoi – langer Weg nach Armenterola

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1/4 sol Die Gebirgsjäger-Route Matthias unten am Landen in den offenen Wiesen. Wer will, kann von hier mit dem Perdeschlittenzug das Teilstück zum nächsten Lift zurücklegen. Der vorletzte „Aufstieg“ des Tages folgt in Cassian, auf Ski geht es über flache Hügel zurück nach Corvara. Wer es vor 16:30 hierher schafft, der hat Gelegenheit für ein schönes rundes Ende der Tour.

Oben am Col Alt fliegen die Locals in der Nachmittagssonne. Auf der Terrasse genießen wir einen letzten Cappucino und starten bei Sonnenuntergang direkt unter dem Gipfelrestaurant. Der Gleitwinkel reicht leicht bis zu unserer Pension etwas oberhalb von Corvara, wir landen alle direkt vorm Haus. Was für ein Tag! Da sind wir uns einig.

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