China

Famulaturbericht Wenzhou/China Ich habe im Sommer 2016 4 Wochen auf der Akkupunktur-Abteilung in Wenzhou in China famuliert. Insgesamt würde ich die F...
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Famulaturbericht Wenzhou/China Ich habe im Sommer 2016 4 Wochen auf der Akkupunktur-Abteilung in Wenzhou in China famuliert. Insgesamt würde ich die Famulatur als mittelmäßig bewerten. Der gesamte Aufenthalt in China war aber (vor allem aus kultureller und persönlicher Sicht) sehr interessant und ein tolles Erlebnis.

Vorbereitung und Organisatorisches: Ich habe mich nach meiner ersten großartigen Auslandsfamulatur 2015 in Taiwan dazu entschieden, mich noch einmal für eine Auslandsfamulatur zu bewerben. Wenzhou war meine 4. Wahl bei der Bewerbung, ich wollte gerne in Asien famulieren, ansonsten habe ich einfach ziemlich willkürlich Wenzhou hingeschrieben. Es famulierte auch noch eine zweite Studentin aus Graz in Wenzhou, Hannah, die ich zwar vorher nicht kannte, aber wir haben dann gemeinsam den Aufenthalt organisiert. Die Kontaktperson in Wenzhou nahm mit uns per Mail Kontakt auf und hat uns ein Fach zugeteilt – ich habe mich für Akkupunktur entschieden, weil ich in den ChinaErfahrungsberichten nur davon gehört hatte und es hieß, das es egal wäre, wenn man keinerlei Erfahrungen mitbringt. Ich hatte auch keine Erfahrung mit TCM oder Akkupunktur und muss im Nachhinein sagen, dass man auf jeden Fall mehr von dieser Famulatur profitiert, wenn man Vorkenntnisse hat! Ansonsten wird auch jedes andere klinische Fach angeboten. TCM und Westliche Medizin sind in China getrennte Studiengänge und die Ärzte waren einigermaßen überrascht, dass ich als Studentin der Westlichen Medizin überhaupt ein Praktikum auf der TCM-Station machen wollte. Für China sind die gängigen Standard-Impfungen empfohlen (vor allem HepA+B machen viel Sinn!), je nach Reiseplan eventuell auch noch Typhus, Japan Encephalitis B und Tollwut. Wenn man sich hauptsächlich in Städten aufhält, sind Letztere allerdings nicht unbedingt nötig. Da es in China Dengue-Fieber gibt, machen auch Insektenrepellents Sinn. Ich habe mir für den Aufenthalt ein Buch namens „Kulturschock China“ gekauft und es hat sich bezahlt gemacht! Die Kommunikation läuft in China etwas anders ab (zB. wird vieles nur in Andeutungen gesagt) und man versteht sein chinesisches Gegenüber doch ein wenig besser, wenn man vor oder während der Reise ein bisschen was über chinesische Sitten liest. Ich hatte keine Chinesisch-Vorkenntnisse, was an und für sich kein Problem ist – man kann sich mit Zeichensprache und ab und zu auch Englisch durchschlagen - aber wenn man ein bisschen was (ein Stück, bitte, ja, nein, danke) kann, hat man es etwas leichter.

Wenzhou

In China kann man Google nicht verwenden, weil es von der Regierung blockiert wird – genauso wie viele andere Seiten (Facebook und viele Nachrichtenseiten…). Also kann man sich nicht auf Google Maps oder Übersetzer verlassen und kann sich auch keine Apps runterladen (Play Store geht ja nicht). Für mich war es nützlich, dass ich mir vor der Abreise Xiaomi Market heruntergeladen habe (entspricht Play Store), Pleco (eine offline Übersetzungsapp) und Maps Me (funktioniert auch offline; man muss vorher die einzelnen Karten für verschiedene Städte herunterladen). Baidu Maps ist eine andere Google Maps artige App, die von den Chinesen hauptsächlich verwendet wird, die die genauesten Karten hat, aber nur auf Chinesisch ist. Whatsapp geht zwar in China, will man aber auch mit den Chinesen kommunizieren können, dann braucht man WeChat, die beliebteste Messenger App in China. Sogar die Ärzte und Koordinatoren für ausländische Studenten reagieren viel eher und schneller auf eine WeChat-Nachricht als auf eine Mail. Will man alle „normalen“ Seiten verwenden, muss ein VPN (=Virtual Private Network) verwenden; da ich aber nicht eindeutig herausfinden konnte, ob das in China strafrechtlich verfolgt wird oder nicht, habe ich es lieber nicht gemacht.

Anreise: Ich habe für meine Flugtickets auf www.checkfelix.com die Preise und Anbieter verglichen und dann direkt auf den Seiten der Fluggesellschaften gebucht (seriöser und z.T. auch noch mal billiger). Habe bei KLM 780€ für beide Flüge bezahlt, (Wien - Peking und Taipei - Wien) und dann nochmal um die 200€ für den Flug mit Air China von Peking nach Wenzhou. Früh buchen zahlt sich aus!! Vom Flughafen in Wenzhou haben wir dann ein Taxi genommen – wichtig! – die Adressen immer auf Chinesisch parat haben! Fast kein Taxifahrer kann Englisch und selbst wenn kennen sie die Adressen nicht auf Englisch. Es gibt auch Busse, aber wir haben das Bussystem nie wirklich durchschaut und die Taxis sind relativ billig (wir haben ca. 7€ für 15km bezahlt).

Unsere Unterkunft wurde erst recht spät organisiert – wir entschieden uns dafür, 2 Wochen im Hotel (zu vergünstigten Unipreisen, die es offiziell gar nicht gibt) zu wohnen und dann 2 Wochen im Dorm. Im Hotel haben wir ca. 12€ pro Person und Nacht bezahlt, Frühstück war inklusive. Die Koordinatorin vor Ort hat uns vom Dorm eher abgeraten, ich kann ihn aber nur empfehlen! „Dorm“ heißt ja eigentlich Schlafsaal, was hier ziemlich irreführend ist – es war im Endeffekt eine nette Wohnung für mich und Hannah alleine mit 3 Schlafzimmern, einer ausgestatteten Küche und einem Bad, WIFI inklusive. Und er ist gratis.

Mein Zimmer im Dorm

Famulatur: Wir waren im 1st affiliated hospital of the Wenzhou Medical University. Es ist im Stadtzentrum. Wir waren 2 Wochen auf der Outpatient-Abteilung, 1 Woche auf der Inpatient- Abteilung und 1 Woche auf der Massage-Abteilung. In der Outpatient-Abteilung gingen wir mit einem Arzt mit, der Akkupunkturbehandlungen durchführte und uns die Patienten meist kurz vorstellte und die Indikation für die Akkupunktur erklärte. Außerdem wurden uns die Meridiane mit den wichtigsten Akkupunktur-Punkten beigebracht. Die Arzt-Patientengespräche sind natürlich auf Chinesisch. Habe hier doch einiges gelernt, auch wenn ich nicht das Gefühl hatte in der zweiten Woche auf der Abteilung noch viel Neues zu lernen. Auf der Inpatient-Abteilung durften wir ein paarmal selbst Nadeln setzen, insgesamt wurde uns aber weniger erklärt und bei den Visiten wurde nur Chinesisch gesprochen (manchmal übersetzte eine chinesische Studentin ein wenig für uns). Beachtliche Zeit haben wir im Ärztezimmer verbracht, wo wir übten Akkupunktur-Nadeln durch Wattebauschen und Zeitungen zu stechen (ist genau so interessant wie es klingt). Auf der Massage-Abteilung sahen wir bei Massagenbehandlungen zu, was mir nicht sehr viel gebracht hat und ziemlich monoton war. Am Nachmittag taten wir das auch, aber bei einem anderen Arzt, der uns regelmäßig Massagetechniken zeigte, uns massierte und sich von uns test-massieren ließ und der uns ermutigte gegenseitig an einander zu üben. In den Nachmittagsstunden habe ich einiges gelernt, öfter Muskelkater bekommen und es war recht lustig. Würde sagen, dass ich jetzt einige Grundtechniken der traditionellen chinesischen Massage kenne und auch anwenden kann.

Insgesamt war es also mehr eine „Zuschauer“-Famulatur mit mittelmäßigem Lernerfolg. Das Personal konnte zwar meist ein wenig Englisch, doch oft nicht sehr gut und einige Ärzte waren nicht sehr motiviert uns lange englische Erklärungen zu geben. Vor allem davon, dass ich keine Vorkenntnisse hatte, waren die Ärzte nicht sehr begeistert. Oft wurde auch erklärt, dass uns das nötige Verständnis an chinesischer Kultur und der chinesischen Sprache abgingen und es deshalb schwierig sei uns etwas beizubringen. Organisatorisch lief alles gut ab, wir haben uns am ersten Tag mit der Koordinatorin getroffen, die uns weiße Mäntel und Ausweißkarten gegeben hat, mit denen wir in der Kantine essen konnten. Die Karten waren aufladbar, es war aber ausreichend Guthaben für einen Monat drauf. Außerdem haben wir einen Wochenplan bekommen und die Telefonnummern der zuständigen Ärzte. Meist waren wir von 8-12 Uhr auf der Abteilung und hatten dann Mittagspause bis um 14 Uhr, in der wir in der Kantine essen waren und einen Mittagsschlaf machen konnten. Das Essen in der Kantine bestand aus einem Buffet mit lauter kleinen Tellerchen, aus denen man sich sein Essen zusammenstellte und für die man einzeln zahlte. Es gab viel Auswahl und das Essen war lecker und günstig (ca. 1€). Für den Mittagsschlaf wurden uns Behandlungsbetten zur Verfügung gestellt, über die wir frische Betttücher warfen. War zu Beginn etwas ungewohnt, ist uns aber beiden schnell zu einer lieben Gewohnheit geworden. Am Nachmittag ging’s dann von 14-16:30 Uhr weiter.

Aufenthalt in Wenzhou: Wenzhou ist für China eine eher kleine Stadt und hat keine wirklichen Sehenswürdigkeiten. Hannah und ich haben die Nachmittage meist damit verbracht, die Gegend und das Alltagsleben rund um uns zu erkunden. War auch spannend! In Wenzhou gibt es praktisch keine Touristen, die Leute sehen deshalb kaum Ausländer. Man fällt ziemlich auf und wird oft ziemlich offensichtlich angestarrt. (Oder man kann Leute beobachten, wie sie die Treppen hochfallen, weil sie vor lauter „Ausländerschauen“ nicht auf den Weg achten.) Man gewöhnt sich aber daran und auch wenn manche Chinesen vor Kontakt mit Ausländern zurückscheuen, erlebt man andererseits zum Teil extreme Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Häufig haben Leute auch Angst davor Englisch zu sprechen – da kann es ganz nützlich sein, wenn man kleine Happen auf Chinesisch kann oder eine Übersetzungsapp dabei hat. Damit und mit Zeichensprache kommt man praktisch überall durch. Es ist auch eine interessante Erfahrung, wie man ohne eine Sprache zu sprechen, kommunizieren kann! Und man lernt hier einen chinesischen Alltag mit eher wenig ausländischem Einfluss kennen, wie man ihn in großen internationalen Städten wie Sahnghai oder Peking kaum erleben wird.

Wir haben vor unserem Aufenthalt in Wenzhou Kontakt mit zwei Austauschstudentinnen aus Wenzhou hergestellt, die in Graz famuliert haben und uns ein paarmal in Graz getroffen. War super vor Ort jemanden zu kennen und sie haben uns immer gerne weitergeholfen.

Am Wochenende haben wir auch mal was zusammen unternommen – wir sind auf die „Love Island“ gefahren, eine Insel im Fluss von Wenzhou, die wirklich sehr schön ist und auf der es auch Freizeitparks, Tempel und viel Natur gibt. An den Wochenenden haben wir Ausflüge nach Hangzhou und Fuzhou gemacht, die mit dem Zug in ca. 3 Stunden zu erreichen sind. Vor allem Hangzhou mit dem Westsee hat mir sehr gut gefallen. Das Personal der Akkupunktur-Abteilung hat uns auch einmal auf einen Wochenendausflug eingeladen, wo wir durch alte Dörfer gefahren sind und viel schöne Natur gesehen haben. Das Essen war eigentlich immer sehr gut und meist nicht sehr exotisch (obwohl es natürlich auch Hühnerklauen und Schnecken oder Innereien gibt). Es gab viele Reis- und Nudelgerichte, chinesische Knödel (zB. Baozi), die mit Fleisch oder Gemüse gefüllt sind. Die meisten Gerichte beinhalten auch Fleisch. Hygienische Bedenken braucht man nicht zu sehr zu haben, isst man in einem Lokal, ist es üblich, dass man abgepacktes Geschirr bekommt. Wenn nicht und vor allem wenn es ein einfaches Lokal ist, gießt man am besten vor Benutzen auf das Geschirr abgekochtes Wasser oder wischt es mit Feuchttüchern ab. Und Leitungswasser sollte man nicht trinken. Und Achtung! Am Tisch steht normalerweise immer Reisessig nicht Sojasoße, wie wir anfänglich gedacht haben. ;)

Reisen: Hannah und ich waren vor unserer Famulatur für 5 Tage in Peking und ich bin nach der Famulatur noch für fast ein Monat durch China und nach Taiwan gereist.Besonders gefallen haben mir die Große Mauer, Hangzhou und Shanghai (!!!) und Taiwan sowieso. China ist ein gigantisches Land, praktisch ein eigener Kontinent und auf jedenfall eine Reise wert. Für mich war es extrem spannend, mich in einem Land zurecht zu finden, in dem nicht einfach immer die gleichen Verhaltensweisen anwendbar sind wie bei uns. Durch die unterschiedlichen Sitten und Bräuche beginnt man Dinge, die bei uns selbstverständlich sind, zu hinterfragen. Und ich habe dadurch etwas über China, Österreich und mich selbst gelernt. Es ist eine tolle Erfahrung, sich selbst mal ein wenig herauszufordern! Letztendlich kommt man trotzdem auf einen grünen Zweig mit den meisten Chinesen, mit denen man zu tun hat und es ist interessant wie leicht man sich doch auch in einer ungewöhnten Umgebung zurechtfindet. Hatte mich schon auf einiges gefasst gemacht und dann ging's doch oft leicht.

Insgesamt war es eine sehr spannende und bereichernde Reise. Ich persönlich kann nur empfehlen, das kurzfristige Austauschprogramm zu nutzen, ganz gleich wie es kommt, man profitiert auf jeden Fall von dem coolen Erlebnis einen Auslandsaufenthalt zu machen.