Bewertungskriterien und -methoden nach dem SGB V

Prof. Dr. Robert Francke Prof. Dr. Dieter Hart Bewertungskriterien und -methoden nach dem SGB V Vortrag auf der gemeinsamen Tagung von G-BA, IQWiG u...
Author: Dagmar Pohl
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Prof. Dr. Robert Francke Prof. Dr. Dieter Hart

Bewertungskriterien und -methoden nach dem SGB V

Vortrag auf der gemeinsamen Tagung von G-BA, IQWiG und IGMR am 26.4.2007 in Berlin

Übersicht A.

Vorwort

B.

Nutzen I.

II. C. D.

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Grundlegung 1. Wissensbasis 2. Bewertung 3. Vergleichende Bewertung 4. Strukturelle Unsicherheit

Rechtsstruktur Notwendigkeit Wirtschaftlichkeit

II. Rechtsstruktur Nutzen Medizinischer Nutzen sozialrechtlich:



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Urteil



über eine medizinische Methode (UBM, AM)



in Bezug auf ein medizinisches Behandlungsziel



das nach Maßgabe rechtlicher Regeln



von der medizinischen Profession



unter Beteiligung von Patienten (Endpunkte)



gewonnen wird

Rechtlich verbindlicher Begriff

II. Rechtsstruktur Nutzen Ecksteine des sozialrechtlichen Nutzenbegriffs 1. Zweidimensionalität des Nutzenbegriffs: (Wirksamkeit) effectiveness und Risikopotential 2. Unterschiedlichkeit der Wissensbasen in den Dimensionen -

Evidenzbasierte Medizin

-

Evidenztreppe

-

Je-desto-Regel

-

Überprüfbarkeit der Methodenwahl

-

Bezug: Versorgungssituation

3. Abwägung durch Nutzen-Risiko-Bilanz

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II. Rechtsstruktur Nutzen Ecksteine sozialrechtlicher Regulierung des Nutzenbegriffs 4. Vergleichende Bewertung -

Bewertung der für das Behandlungsziel verfügbaren medizinischen Methoden gegen den medizinischen Standard

-

Zieldifferenzierung (Teilpopulationen, gruppenbezogener Zusatznutzen)

5. Aktualisierung von Wissen und Bewertung als Prozess / Strukturelle Unsicherheit

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II. Rechtsstruktur Nutzen

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Medizinischer Nutzen empirische medizinische Aussage und wertende medizinische Aussage



Medizinischer Nutzen vom G-BA nicht festgelegt • keine eigene Entscheidung über Nutzen • nicht festsetzen sondern festgestellt • welcher Konsens unter Medizinern über Nutzen.



Arbeitsteilung in der Praxis: Wiss. Institut / HTA-Agentur / IQWiG G-BA als Beschlussgremium

II. Rechtsstruktur Nutzen •



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Frage: Was heißt Feststellung durch den G-BA? Kompetenzverteilung zwischen festlegender (festsetzender) Medizin und feststellendem G-BA • nicht Verhältnis von Normsetzung zu gerichtlicher Kontrolle (von G-BA zu Rechtsprechung) sondern: Kompetenzverteilung zwischen G-BA und Medizin Elemente einer Antwort: Prüfung des medizinischen Prozesses und Urteils auf • Konformität mit den Regeln des Rechts materielle Maßstäbe Verfahrensregeln „Plausibilitätskontrolle“ Praxis: „Berichtsannahme“ (Stammzelltherapie) durch Beschluss G-BA

II. Rechtsstruktur Nutzen Konkretisierungen 1. Bei Fehlern, die sich auf die empirische Basis auswirken: Korrektur nur nach Maßgabe rechtlicher Regeln keine eigene inhaltliche Entscheidung zum Nutzen in der Regel: Anforderung einer geänderten Bewertung 2. Schwierig: Abgrenzung bei rechtlich-normativen Fehlern des medizinischen Urteils: eigene inhaltliche Entscheidung des Normgebers nach Maßgabe des Rechts nicht ausgeschlossen in der Regel eher: Neubewertung durch Medizin nach Maßgabe rechtlicher Regeln („unter Beachtung der Rechtsauffassung des G-BA“) je geringer die Wissensbasis, desto eher die eigene Wertung des G-BA

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II. Rechtsstruktur Nutzen •



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Rechtsbindung aller Akteure an sozialrechtlichen Nutzenbegriff -

Rechtsmaßstäbe der Nutzenbestimmung gelten auch für IQWiG

-

einheitlich für G-BA und IQWiG

Differenzierungsgebot des GKV-WSG (§ 35b und § 139a) setzt Grundsatz um

C. Medizinische Notwendigkeit – Definition

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Medizinische Notwendigkeit ist definiert als gesundheitspolitische (medizinische) Bewertung nach den Kriterien: unentbehrlich, unvermeidlich, unverzichtbar bezogen auf medizinische Relevanz der Methode



Zur Unterscheidung Nutzen: Bewertung, ob die Methode zur Erreichung der Behandlungsziele für eine bestimmte Krankheit eingesetzt werden kann (darf) Notwendigkeit: Bewertung, ob die Methode zur Erreichung der Behandlungsziele für eine bestimmte Krankheit eingesetzt werden muss

C. Medizinische Notwendigkeit - Diskussionsstand 1. Medizinische Notwendigkeit kein medizinischer Begriff 2. Regelung durch Gesetz und untergesetzliche Regelung • § 17 Abs. 2 VerfO-G-BA • § 20 Abs. 3 S. 1 u. 2. VerfO-G-BA 3. Entscheidungspraxis des G-BA • Schließen einer therapeutischen Lücke MRT bei MammaCa • Versorgungssektorbezug 4. Rspr. und Lit.

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C. Medizinische Notwendigkeit - Normative Wurzel

12 12



§ 12 Abs. 1 S. 1 SGB V



Fallgruppen der Rspr -

Notwendigkeit eines Hilfsmittels

-

Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung

-

Notwendigkeit von Zahnersatz

C. Medizinische Notwendigkeit – Entscheidungskompetenz des G-BA •

Nutzen und Notwendigkeit -

Nutzen: ob die Methode eingesetzt werden kann

-

Notwendigkeit: ob Methode eingesetzt werden muss •



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Kein Automatismus der Übernahme des wissenschaftlichen Urteils

Maßstab der Entscheidung des G-BA: Relevanz der medizinischen Methode zur Erreichung der Teilziele des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V unentbehrlich, unvermeidlich, unverzichtbar für Versorgung?

C. Medizinische Notwendigkeit – Entscheidungskompetenz des G-BA •



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Abgrenzung Nutzen zu Notwendigkeit bleibt schwierig -

rechtliche Kontrolle der medizinisch-fachlichen Entscheidung versus

-

eigene gesundheitspolitisch-medizinische Bewertung des G-BA

Welches Kriterium: -

medizinischer Nutzen (Risikobewertung) oder

-

medizinische Notwendigkeit?



Das Abgrenzungsproblem



Das Beispiel Stammzelltherapie

C. Medizinische Notwendigkeit – Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen •



• •



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Zwar unterschiedliche tatbestandliche Formulierungen aber § 12 Abs. 1 S. 1 SGB V als lex generalis Geltung für alle Krankheiten und Versorgungsaufgaben Grenzen BVerfG 6.12.2005 Mehr Entscheidungsspielraum als „therapeutische Lücke“ § 20 Abs. 2 S. 1 VerfO-G-BA: … im Versorgungskontext unter Berücksichtigung der Relevanz der medizinischen Problematik, Verlauf und Behandelbarkeit der Erkrankung und insbesondere der bereits in der GKV-Versorgung etablierten diagnostischen und therapeutischen Alternativen Alles im Rahmen der leistungsrechtlichen Grundparameter!

D. Wirtschaftlichkeit I. Rechtlich •



Zwei Sachverhalte bezogen auf die Behandlung des einzelnen Patienten bezogen auf die Kosten einer Behandlung für die Versichertengemeinschaft Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen

II. Gesundheitsökonomie – Rechtliche Rezeption •

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Generierung der Wissensbasis nach wissenschaftlich-methodischen Regeln Unterschied zur Medizin keine Nutzen-Kosten-Bewertung, solange Nutzen nicht professionell festgelegt und normativ festgestellt Rezeption durch Normgeber in eigener Wertung

Zusammengefasst 1.

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Sozialrechtlicher Begriff des medizinischen Nutzens • Merkmale • Zweidimensionalität des Nutzenbegriffs: Wirksamkeit (effectiveness) und Risikopotential • Unterschiedlichkeit der Wissensbasen in den Dimensionen • Abwägung durch Nutzen-Risiko-Bilanz • Vergleichende Bewertung gegen medizinischen Standard • medizinisch-fachliches, professionelles Urteil nach den Regeln des Rechts • Antwort auf: Kann die Methode eingesetzt werden?

Zusammengefasst 2.

3.

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Medizinische Notwendigkeit • Gesundheitspolitische Bewertung der medizinischen Bewertung • Antwort auf: Muss die Methode für die Versorgung eingesetzt werden • unentbehrlich, unvermeidlich, unverzichtbar? • für Versorgung konkretisiert durch § 20 II VerfO-G-BA • In definierten – nicht sehr weiten - rechtlichen Grenzen Wirtschaftlichkeit • Zwei Sachverhalte • Fachliches Urteil in gesundheitspolitischer Rezeption

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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