Auswirkung der Prozessdynamik auf die

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Author: Erica Winkler
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Auswirkung der Prozessdynamik auf die Oberfl¨ achenqualit¨ at beim Fr¨ asen

Auswirkung der Prozessdynamik auf die Oberfl¨ achenqualit¨ at beim Fr¨ asen mit zylindrischen Werkzeugen Tobias Surmann, Dirk Enk Institut f¨ ur Spanende Fertigung, Universit¨at Dortmund Kurzfassung Werkzeug- und Maschinenschwingungen haben nicht nur einen großen Einfluss auf das Verschleißverhalten der Werkzeuge, sondern auch auf die resultierende Oberfl¨ achenqualit¨ at. In diesem Beitrag sind die Auswirkungen von selbsterregten Werkzeugschwingungen auf die vom Werkzeug erzeugten Oberfl¨ achen bez¨ uglich Mikrostrukturen und Konturabweichungen in Abh¨ angigkeit der Spindeldrehzahl f¨ ur das Planfr¨ asen mit schlanken zylindrischen Fr¨ asern beschrieben. Die Analyse der auftretenden Effekte wird durch eine am ISF entwickelte Simulation durchgef¨ uhrt und mit Ergebnissen realer Experimente verglichen. Kommt ¨ es dabei zu einer Ubereinstimmung der Zahneingriffsfrequenz, bzw. eines ganzzahligen Vielfachen der Zahneingriffsfrequenz mit der Eigenfrequenz des Werkzeuges erlaubt dies zwar hohe axiale Zustellungen, der Prozess liefert jedoch nicht die optimale Oberfl¨ achenqualit¨ at. Weiterhin kann durch geschickte Wahl der Drehzahl eine definierte Oberfl¨ achenrauheit erzielt werden.

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Einleitung

Das dynamische Prozessverhalten eines Systems, bestehend aus Werkst¨ uck, Fr¨aswerkzeug und Maschinenstruktur, ist seit langer Zeit Gegenstand intensiver Forschung. Hierbei stand zun¨achst die Frage nach dem maximal erreichbaren Zeitspanvolumen im Vordergrund, bei dem keine selbsterregten Schwingungen auftreten. Fr¨ uhzeitig wurde eine Drehzahlabh¨angigkeit der maximal erreichbaren Zustellungen festgestellt. Versuche und Simulationen auf einfachen Systemen mit nur einer dominanten Biegeeigenfrequenz ergaben, dass das h¨ochste Zeitspanvolumen sowie die geringste Oberfl¨acherauhtiefe bei Drehzahlen erreicht werden kann, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Eigenfrequenz des Systems genau ein Vielfaches, der Zahneingriffsfreuqenz ist. Diese Information gen¨ ugt in den meisten einfachen Bearbeitungsaufgaben, wie z. B. das Planfr¨asen oder Ausr¨aumen von Taschen bei Integralbauteilen,

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Messbereich

96 mm Abbildung 1: Das hier verwendete Fr¨aswerkzeug ist ein lang auskragender Schaftfr¨ aser mit nur einer dominanten Eigenschwingungsform. Die Erfassung der Schwingungsmuster erfolgt an dem gesandstrahlten Messbereich, etwa 65 mm oberhalb der Werkzeugspitze.

den Anforderungen. Im Werkzeug und Formenbau sowie bei der Herstellung von Motorenoder Getriebekomponenten kommt aber immer ¨ofter die Forderung nach definierten Oberfl¨achenqualit¨aten f¨ ur die Herstellung von tribologischen Funktionsfl¨achen auf. Hierbei spielen nicht nur Konturabweichungen von Funktionsfl¨achen eine wichtige Rolle, sondern auch ihre Oberfl¨achenmikrostruktur. Auch in der Umformtechnik spielt die gezielte Herstellung von Mikrostrukturen, beispielsweise bei Tiefziehwerkzeugen, eine gr¨oßer werdende Rolle. Bei Umformwerkzeugen soll das Fließen des umzuformenden Bleches u ¨ber das Formwerkzeug durch Einlagerung von Schmiermittel in die Oberfl¨achenstrukturen verbessert werden. Eine weitere Forderung ist die gezielte Strukturierung von Dichtfl¨achen beispielsweise bei Motorkomponenten. Hier soll durch die Oberfl¨ achenstruktur die Haftung von Dichtungsmitteln oder Klebstoffen verbessert werden. Daher stellt sich die Frage, ob die Oberfl¨achenqualit¨at ebenfalls durch die Wahl der Drehzahl beeinflusst oder sogar gezielt eingestellt werden kann. Im Folgenden werden die Einfl¨ usse der Drehzahl auf die Konturtreue und die Mikrostrukturen von Werkst¨ uckoberfl¨achen untersucht, die durch einen schlanken Schaftfr¨aser erzeugt werden. Dazu dient ein einfacher Referenzprozess. Experimentelle Ergebnisse werden denen der Simulation gegen¨ ubergestellt.

2

Prozessparameter

Die hier gezeigten Untersuchungen wurden mit einem lang auskragenden (96 mm) Schaftfr¨aser durchgef¨ uhrt (Abbildung 1). Ein L/D-Verh¨altnis von 12 stellt sicher, dass die Dynamik des Werkzeugsystems von nur einer dominanten Eigenfrequenz beherrscht wird, und dass Einfl¨ usse von Ma-

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Tabelle 1: Prozess- und Simulationsparameter f¨ur die hier gezeigten Ergebnisse. Werkstoff axiale Zustellung radiale Zustellung Vorschub pro Zahn Werkzeug Auskragl¨ ange Durchmesser Drallwinkel Z¨ ahnezahl Eigenfrequenz modale Masse D¨ ampfungskonstante Kraftparameter

ap ae fz

D α z ω m γ kc , kn , k t mc , mn , m t fc , f n , f t

Al 7075 0.5 mm 0.4 mm 0.12 mm Schaftfr¨ aser 96 mm 8 mm 45◦ 2 4669 1s = ˆ 743Hz 0.02 kg 64 1s 611, 123, 288 N/mm2 0.22, 0.44, 0 0, 0, -2.72 N/mm

schinenschwingungen bei den Versuchen vernachl¨assigt werden d¨ urfen. Diese Eigenschaft erlaubt eine Beschreibung des Werkzeugsystems mit Hilfe eines dynamischen Ersatzmodells u ¨ber die drei Gr¨oßen Masse m, Eigenkreisfrequenz ω und der D¨ampfungskonstanten γ. Tabelle 1 fasst die relevanten Parameter des Versuchs zusammen. Die Zerspankraftkoeffizienten zur Berechnung der auftretenden Prozesskr¨afte an der Schneide beziehen sich auf ein erweitertes Kraftmodell, welches das Modell nach Kienzle und ein lineares Kraftmodell mit konstantem Reibungsterm zusammenfasst [1]. Hierbei wird angenommen, dass sich die Schneiden aus vielen kleinen Schneidkeilen zusammensetzen. F¨ ur jeden dieser Schneidkeile ergibt sich bei Kenntnis der Spanungsdicke h und der Breite des Schneidkeils b die Schnittkraft F~c aus Fc = kc · b · h1−mc + b · fc . Analog werden die Kraftkomponenten in tangentialer und normaler Richtung zur Schneidkante ermittelt. Die auf das Werkzeug wirkende Gesamtkraft ist die Summe u ¨ber die Kr¨afte aller Schneidkeile. Die Verwendung von Aluminium (Al7075) als Versuchsmaterial minimiert den Werkzeugverschleiß und erm¨oglicht relativ hohe Zustellungen. Gefr¨ast wurde entlang der Schulter eines Steges mit einer seitlichen Zustellung ae von 0.4 mm und einer axialen Zustellung ap von 0.5 mm. Hierdurch entstanden sowohl Flanken als auch schmale Planfl¨achen

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x y Flanke

vf

ap ae

Grund

Abbildung 2: F¨ur die Versuche werden vorbereitete Werkst¨uckproben entlang einer Kante mit seitlicher und axialer Zustellung bearbeitet. Es entsteht hierbei sowohl eine Flanke als auch ein Fr¨ asgrund, auf denen sich deutliche Strukturen ausbilden. Durch Vermessung der gefr¨ asten Stufe kann der Konturfehler der Flanke analysiert werden.

(Abbildung 2), die sich f¨ ur eine Analyse unter einem konfokalen Weißlichtmikroskop eignen. Die Drehzahlen wurden zwischen 8000 min−1 und 17000 min−1 bei konstantem Zahnvorschub variiert. Hierdurch deckt die Versuchsreihe sowohl ein ganzes Stabilit¨atsmaximum als auch ein Stabilit¨atsminimum ab. Die Werkzeugbewegung wurde w¨arend der Versuchsdurchf¨ uhrung einschließlich des Ein- und Auslaufs zu Beginn und Ende der Bearbeitung mit Hilfe einer Lasertriangulationsmessung [2] aufgezeichnet. Die dabei erfassten Zeitreihen erm¨oglichen eine anschließende Analyse der Werkzeugschwingung.

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Oberfl¨ achenqualit¨ atskriterien

Es gibt grunds¨atzlich zwei Anwendungsf¨alle f¨ ur den Einsatz von Schaftfr¨ asern, bei denen die entstehende Oberfl¨achenqualit¨at von Interesse ist: 1. Perif¨ares Fr¨asen zur Erzeugung von Flanken entlang einer Kontur, wobei die Oberfl¨ache mit den Umfangsschneiden erzeugt wird und 2. Planfr¨asen, bei dem eine ebene Grundfl¨ache mit der Stirnfl¨ache des Werkzeugs erzeugt wird. Ein Hauptmerkmal der Flanken, wie sie in 1. auftreten, ist der Konturfehler der resultierenden Oberfl¨ache. Es zeigt sich gerade bei Werkzeugen mit großem L/D-Verh¨altnis, dass sich eine hohe Abweichung zwischen der programmierten seitlichen Zustellung ae und dem damit verbundenen Konturverlauf und der tats¨achlichen Schnittbreite ares , also dem tats¨achlichen Konturverlauf, einstellen kann.

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Ein zweites Qualit¨atskriterium ist die Mikrostruktur der Oberfl¨achen sowohl auf dem Grund als auch auf der Flanke. Bei beiden Prozessvarianten w¨ urden auch im idealen Fr¨asprozess (mit unendlich starrem Werkzeug) Mikrostrukturen auftreten, deren Abstand und Tiefe vom Zahnvorschub abh¨angig sind, die sogenannte kinematisch bedingte Rauheit. Werkzeugoder Maschinenschwingungen erzeugen weitere typische Strukturen, die erstere u ¨berlagern und je nach Intensit¨at der Schwingung die erzeugte Oberfl¨achenstruktur dominieren. Daher ist nicht nur die Tiefe dieser Strukturen, sondern auch ihre geometrische Auspr¨agung besonders f¨ ur 2. von großem Interesse. Als Qualit¨atskriterien zur Beuarteilung der Bearbeitungsversuch k¨onnen somit der Konturfehler der erzeugten Flanke, der sich in δ = ae − ares wiederspiegelt, sowie die Rauhtiefe Rz dienen. Im Folgenden wird die geometrische Struktur der Flanke und der Planfl¨ache hinsichtlich dieser Qualit¨atsmerkmale untersucht und die Abh¨angigkeit von der Drehzahl er¨ortert.

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Lagefehler der Flanke

Bei der Analyse von Versuchen zum dynamischen Verhalten von Schaftfr¨ asern wurde festgestellt, dass nicht nur die maximal ratterfrei erreichbaren Zustellungen drehzahlabh¨angig sind, sondern auch die Schwingungsamplitude und die Lage des Poincar´e-Schnittes 2 . Abbildung 3 zeigt typische gemessene Schwingungsmuster, die beim Referenzprozess auftreten: • Ratterfreier Prozess mit dem Poincar´e-Schnitt im positiven yBereich (11000 min−1 ) – erzeugt Aufmaß. • Ratternder Prozess mit ausgedehntem Poincar´e-Schnitt im negativen y-Bereich (12000 min−1 ) – erzeugt Untermaß. • Periodenverdopplung mit Materialkontakt im negativen y-Bereich (15500 min−1 ) – erzeugt Untermaß. • Ratterfreier Prozess mit Poincar´e-Schnitt nahe der x-Achse (16500 min−1 ) – erzeugt weder Auf- noch Untermaß Die Poincar´e-Schnitte wurden hier auf den Rotationswinkel gelegt, bei dem die Schneidennormale genau in Richtung der Flanke zeigt. Damit 2 Der Poincar´ e-Schnitt ist eine stroboskopische Abtastung der Fr¨ aserschwingung im Takt der Zahneingriffsfrequenz

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40

40

mm 30

11000 U/min

mm 30

Auslenkung Y

20

d

20 10

10 0

0

-10

-10

-20

-20

-30

-30 -40

-40 -40 -30 -20 -10

0

10

-40 -30 -20 -10

20 mm 30 40

80

0

10

20

mm 30 40

40

mm 60

Auslenkung Y

12000 U/min

15500 U/min

mm 30

40

20

20

10

0

0

-20

-10

-40

-20

-60

-30

16500 U/min

-40

-80 -80 -60 -40 -20 0 20 40 mm 60 80 Auslenkung X

-40 -30 -20 -10 0 10 20 mm 30 40 Auslenkung X

Abbildung 3: Die Aufzeichnung der Werkzeugschwingung belegt, dass Schwingungsamplitude und Auslenkung zum Zeitpunkt der Spanabnahme (schwarze Punkte) stark Drehzahlabh¨ angig sind. Der Lagefehler d der Flanke kann direkt aus der Lage der Punkte abgelesen werden. Dieser kann positiv, negativ oder nahe null liegen.

kann die Art des Konturfehlers der Flanke direkt aus dem Poincar´eSchnitt anhand seiner y-Koordinate abgelesen werden. Hieraus l¨asst sich aber der genaue Betrag des Fehlers nicht bestimmen, da die Schwingungen in einer H¨ohe von 65 mm u ¨ber der Werkzeugspitze aufgenommen wurden. Eine Extrapolation der Auslenkung an der Werkzeugspitze erlaubt eine Absch¨atzung des tats¨achlichen Fehlers. Genaue Werte liefert jedoch nur die Vermessung der gefr¨asten Flanken mit einem konfokalen Weißlichtmikroskop [3]. Abbildung 3 zeigt exemplarisch Extremf¨alle der Werkzeugbewegung bei ausgesuchten Drehzahlen. Zur Optimierung des Fr¨asprozesses ist aber auch der Verlauf des Konturfehler u ¨ber einen ganzen Drehzahlbereich von Interesse. Daher wurde der Konturfehler u ¨ber den Drehzahlbereich von 8000 min−1 bis 17000 min−1 bei einer axialen Zustellung von 0.5 mm vermessen bzw. durch Simulation anhand des Poincar´e-Schnittes ermittelt [1]. Die Wahl der Zustellung garantiert, dass sich mehrere Wechsel des Prozesszustands (Bifurkationen) ergeben. Dadurch werden die Effek-

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Bifurkationspunkte

Realität

Simulation 0.6

axialie Zustellung

axialie Zustellung

0.6

mm 0.5 0.4 0.3 0.2

mm 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1

0.1 0 8000

10000

12000

14000

16000 U/min

Drehzahl

18000

0 8000

10000

12000

14000

16000 U/min

18000

Drehzahl

Abbildung 4: Die Stabilit¨atskarten repr¨asentieren Prozesszust¨ande mit unterschiedlichen Schwingungstypen, ratterfrei (Punkte), quasiperiodisches Rattern (Kreise) und Periodenverdopplung (Dreiecke). Die Untersuchungen der Oberfl¨ achenqualit¨ at wurden bei einer axialen Zustelltiefe von 0,5 mm durchgef¨ uhrt. Die gestrichelte Linie kennzeichnet diesen Parameterbereich und kreuzt die Grenzen verschiedener Prozesszust¨ ande. Eine Prognose der resultierende Oberfl¨ achenqualit¨ at, die drehzahlspezifisch ist, ist so m¨ oglich.

te aller auftretenden Schwingungstypen erkennbar (Abbildung 4). Abbildung 5 zeigt im oberen Diagramm den Verlauf des Flankenlagefehlers u ¨ber den Drehzahlbereich. An einem Stabilit¨atsmaximum (11000 min−1 , vgl. Abbildung 4) stellt sich mit einem großen positiven Fehler deutliches Aufmaß ein. Direkt nach dem Maximum folgt ein Minimum genau u ¨ber dem Drehzahlbereich, u ¨ber den sich Rattern einstellt (ca. 11500 min−1 - 13500 min−1 ). Es folgt wieder ein lokales Maximum mit geringem Aufmaß und ratterfreiem Prozess (14000 min−1 - 15000 min−1 ). In einem kleinen Drehzahlbereich (15250 min−1 - 16500 min−1 ) tritt mit der Periodenverdopplung das sogenannte Flip-Rattern auf, welches pl¨ otzlich deutliches Untermaß erzeugt. Jenseits der 16500 min−1 erh¨oht sich mit steigender Drehzahl wieder das Aufmaß bis zum n¨achsten Stabilit¨atsmaximum, welches hier bei ca. 22000 min−1 l¨age. Es empfiehlt sich also, nicht genau in einem Stabilit¨atsmaximum zu fr¨ asen, sondern mit leicht geringeren Drehzahlen. Diese befinden sich zwar an der Grenze zum Rattern, f¨ uhren aber zu minimalem Konturfehler der Flanke.

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Flankenstrukturen

Im Fr¨asprozess, mit ideal starrer Werkzeug- bzw. Maschinenstrzuktur, bildet sich durch die diskrete Spanabnahme im Abstand des Zahnvorschubs fz eine regelm¨aßige Oberfl¨achenstruktur auf der Flanke mit relativ geringer Rauhtiefe aus. Diese Rauhtiefe bleibt selbst mit schwin-

Flankenlagefehler

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180 mm 150 120 90 60 30 0 -30 -60 -90 8000

Simulation Realität

10000

12000

14000

16000

U/min 18000

20000

Drehzahl

Flankenrauhtiefe R z

35 mm 30

Simulation

25

Realität

20 15 10 5 0 8000

10000

12000

14000 Drehzahl

16000

18000 U/min

20000

Abbildung 5: Die Qualit¨atskriterien Konturtreue und Rauhtiefe sind beim perif¨aren Fr¨ asen mit schlanken Werkzeugen stark drehzahlabh¨ angig. Vor Stabilit¨ atsmaxima ergibt sich Aufmaß, dessen Maximum mit dem Stabilit¨ atsmaximum zusammentrifft. Rattern sowie Periodenverdopplung erzeugen jedoch selbst im Gleichlauf Untermaß. Die Rauhtiefe hingegen ist im ratterfreien Fall stets minimal und nimmt nur beim Rattern hohe Werte an.

gendem Werkzeug im ratterfreien Prozess nahezu unver¨andert, da hier die Oberfl¨ache stets unter der selben Werkzeugauslenkung erzeugt wird. Rattern erzeugt jedoch bekannterweise typische Strukturen, die als Rattermarken bezeichnet werden. Die Abbildungen 6 und 7 zeigen die von der Simulation vorhergesagten und experimentell erzeugten Flankenstrukturen f¨ ur typische Schwingungsmuster an ausgew¨ahlten Drehzalen. Bei 8000 min−1 , 12000 min−1 und 13000 min−1 sind deutliche Rattermarken zu erkennen. Die Oberfl¨achen scheinen mit sehr hohem Zahnvorschub gefertigt zu sein. Dies liegt darin beg¨ undet, dass das Werkzeug eine Schwingung ausf¨ uhrt, die nicht in Phase mit dem Zahneingriff liegt (vgl. Abbildung 3, 12000 min−1 ). Daher wird jeder Schnitt unter einer anderen Auslenkung ausgef¨ uhrt. In der Oberfl¨ache bleiben nur die Schnitte sichtbar, die unter besonders großer Auslenkung ausgef¨ uhrt werden. Die

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8000 U/min

11000 U/min

12000 U/min

13000 U/min

15250 U/min

16500 U/min

Abbildung 6: Die simulativ gewonnenen Schwingungsmuster lassen sich f¨ur Schaftfr¨ aser relativ einfach in ein geometrisches Modell der Flankenstrukturen umsetzen [1, 6]. Hier¨ uber lassen sich die Auswirkungen unterschiedlicher Drehzahlen auf die Oberfl¨ achenstrukturen analysieren. Die Modelle zeigen jeweils einen 4 mm langen Ausschnitt der Flanke.

8000 U/min

11000 U/min

12000 U/min

13000 U/min

15500 U/min

16500 U/min

Abbildung 7: Zur Analyse der realen Werkst¨ucke, eignet sich ein konfokales Weißlichtmikroskop mit dem Strukturen im Sub-Mikrometerbereich digitalisiert werden k¨ onnen. Das Ergebnis ist eine topografische Darstellung der Oberfl¨ ache die zur Analyse der Eigenschaften genutzt werden. Die Abbildungen zeigen jeweils einen 4 mm langen Ausschnitt aus der gefr¨ asten Flanke.

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Variation der Drehzahl f¨ uhrt zu einer Ver¨anderung der Phasenlage zwischen Zahneingriff und Schwingung, was in unterschiedlicher Gr¨oße und Tiefe der einzelnen Strukturen der Rattermarken resultiert (vgl. Abbildung 6, 12000 min−1 und 13000 min−1 ). Der Ratterfreie Prozess (11000 min−1 ) erzeugt erwartungsgem¨aß eine sehr glatte Oberfl¨achenstruktur. Bei genauem Vergleich der Abbildungen 6 und 7 bei 11000 min−1 und 16500 min−1 f¨allt auf, dass die Strukturen im realen Werkst¨ uck die doppelte Breite aufweisen, was in einem Rundlauffehler von ca. 4 µm begr¨ undet liegt. Dieser geringe Rundlauffehler, der durch Analyse der Bewegungsmuster bei freier Rotation festgestellt werden kann, f¨ uhrt bereits dazu, dass ratterfreie Prozesse nicht mehr einfach durch reine Analyse der Oberfl¨achenstruktur von der Periodenverdopplung, wie sie bei ca. 15500 min−1 auftritt, unterschieden werden k¨onnen [4, 5]. Die geometrischen Modelle der Flankenstrukturen aus Abbildung 6 sowie die mikroskopisch gewonnenen Daten aus Abbildung 7 k¨onnen hinsichtlich ihrer geometrischen Eigenschaften verglichen und untersucht werden. Abbildung 5 vergleicht die Rauhtiefe Rz , in Abh¨angigkeit der Drehzahl. Wie vermutet, bleibt Rz im ratterfreien Drehzahlbereich (9000 min−1 - 11500 min−1 ) auf konstant niedrigem Niveau. Beim Eintritt in den Drehzahlbeich, in dem Rattern auftritt, steigt Rz sprunghaft an. Interessanterweise befindet sich das Maximum der Rauhtiefe bei 12000 min−1 und nicht im Stabilit¨atsminimum bei ca. 13000 min−1 (Abbildung 4). Zwischen 15000 min−1 und 16000 min−1 steigt Rz in der Simulation leicht an. Dies ist genau der Bereich, in dem Periodenverdopplung auftritt. Hier liegen die vorhergesagten Werte sehr nahe an den experimentell ermittelten. Die relativ konstante Verschiebung der gemessenen Rauheitswerte gegen¨ uber der Simulation in den ratterfreien Drehzahlbereichen von ca. 2 µm kann durch den Rundlauffehler erkl¨ahrt werden, der in der Simulation nicht ber¨ ucksichtigt wurde.

6

Strukturen auf der Planfl¨ ache

Ein sehr wichtiges Einsatzfeld von Schaftfr¨ asern ist das Planfr¨asen von Funktionsfl¨achen wie beispielsweise Dichtfl¨achen. Gerade hierbei sind die Eigenschaften der Oberfl¨ache von besonderem Interesse. Vor der Besch¨aftigung und Untersuchung von Planfl¨achenstrukturen muss zun¨achst der Mechanismus erkl¨art werden, durch den diese Strukturen entstehen. Wie aus Abbildung 3 zu sehen ist, bedeutet ratterfrei nicht gleich schwingungsfrei. Im Stabilit¨atsmaximum treten die h¨ochsten Schwin-

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11000 U/min, Realität

11000 U/min, Simulation

12000 U/min, Realität

12000 U/min, Simulation

17500 U/min, Realität

17250 U/min, Simulation

Abbildung 8: Die Werkzeugschneiden hinterlassen bei der Bearbeitung eine Struktur und eine Rauhtiefe auf der Planfl¨ ache die von den Bewegungsmustern, und somit von Prozesszustand und der Drehzahl abh¨ angt. links: real gefr¨ aste Oberfl¨ achen; rechts: durch Simulation ermittelte Oberfl¨ achen; oben: ratterfreier Prozess; mitte: Rattern; unten: Periodenverdoppelung.

gungsamplituden auf. Ein zylinderf¨ormiges Fr¨aswerkzeug verkantet sich ¨ bei Auslenkung der Fr¨aserspitze. Bei Uberlagerung der Schwingung mit der Rotation der Schneiden kommt es zu periodischem Kontakt bzw. Kontaktverlust der Schneidenecken mit der Planfl¨ache. Das Eindringen bzw. Abheben der Scheidenecken ist umso gr¨oßer, je gr¨oßer die Schwingungsamplitude des Werkzeugs ist. Auch bei den Strukturen der Planfl¨ache existieren drei unterschiedliche Erscheinungsformen (Abbildung 8). Der ratterfreie Prozess, zu sehen in den beiden oberen Grafiken, erzeugt gleichm¨aßige Kreissegmente. Die Anzahl der Segemente pro Werkzeugumdrehung ist Abh¨angig von dem Verh¨altnis zwischen Eigenfrequenz des Werkzeugs und der Zahneingriffsfrequenz. Bei unserem Beispielversuch schwingt das Werkzeug ein mal pro Zahneingriff. Zusammen mit der Erkenntnis, dass das Werkzeug seine maximale Auslenkung im Moment des Materialkontaktes hat, befinden sich die tiefsten Strukturen auf der gefertigten Planfl¨ache. Da die Fl¨ache relativ schmal ist, wird sie komplett unter positiver Werkzeugauslenkung erzeugt. Dieses resultiert in einer konkaven Form

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der Planfl¨ache, was an dem Farbverlauf in Abbildung 8 oben, an dem Helligkeitsverlauf zu erkennen ist. ¨ Rattern erzeugt hier wiederum Strukturen, in denen die Uberlagerung von Schwingung und Rotation mit unganzzahligem Verh¨altnis zu erkennen ist. Siehe dazu die mittleren Grafiken der Abbildung 8. Diese Oberfl¨ache besitzt mehere Strukturelemente, die von der Simulation auch qualitativ wiedergegeben werden. Das Flip-Rattern erzeugt einen interessanten Effekt: Durch das abwechselnde Schneiden mit großer positiver und großer negativer Auslenkung und den entsprechenden gegens¨atzlichen Verkantungen wird eine Stufe parallel zur Flanke auf die Planfl¨ache aufgebracht, welche an dem pl¨ otzlichen Helligkeitssprunk in Abbildung 8 unten zu erkennen ist.

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Zusammenfassung und Ausblick

Durch den Einsatz lang auskragender Schaftfr¨aser ergeben sich dynamische Effekte, die stark Drehzahlabh¨angig sind. Von Bedeutung ist, dass sich diese Effekte nicht auf einen bestimmten Drehzahlbereich beschr¨anken und damit auch die f¨ ur die Bearbeitung technologisch relevanten Drehzahlbereiche betroffen sind. Sie sind daher nicht vernachl¨assigbar. Eine wichtige Erkenntnis der Versuche ist, dass im Stabilit¨atsmaximum der Oberfl¨achenlagefehler ebenfalls maximal wird. Es empfiehlt sich daher nicht in diesem Drehzahlbereich zu Fr¨asen, sondern bei leicht geringerer Drehzahl. Dabei sind die schmalen Drehzahlbereiche zu vermeiden, in denen Periodenverdopplung auftritt da hier ein starkes Untermaß erzeugt wird. Untermaß und grobe Oberfl¨achenstrukturen werden auch durch Rattern erzeugt, wobei hier interessanterweise das Rauheitsmaximum nicht mit dem Stabilit¨atsminimum zusammenf¨allt. Diese Effekte wurden auch bei Untersuchungen mit Kugelfr¨asern festgestellt. Solange die Randbedingung erf¨ ullt ist, dass die Spanabnahme weitgehend am ¨ Aquator stattfindet, sind die gewonnenen Erkenntnisse u ¨bertragbar. Befindet sich das Zentrum, oder zentrumsnahe Bereiche der Werkzeugs im Eingriff, treten andere Effekte auf, die Gegenstand aktueller Forschungen am ISF sind. Der Vergleich zwischen simulativ und experimentell ermittelten Oberfl¨achen sowohl f¨ ur die Bearbeitung der Flanken als auch der Planfl¨achen zeigt, dass die auftretenden Strukturen durchaus durch Simulation vorhersagbar sind. Hiermit k¨onnen die dynamischen Effekte des Fr¨asprozesses gezielt eingestellt und verwendet werden, um bestimmte Oberfl¨acheneigenschaften zu erzeugen. Es w¨are sogar m¨oglich das Rattern explizit

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als gew¨ unschten Prozesszustand zu nutzen, um definierte Rauheiten f¨ ur Funktionsfl¨achen zu erzeugen.

Literatur [1]

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[2]

Kalveram, M.: Analyse und Vorhersage der Prozessdynamik und Prozessstabilit¨ at beim Hochgeschwindigkeitsfr¨ asen Dissertation Universit¨ at Dortmund, Vulkan Verlag, Essen, 2005, ISBN 3-80278729-3, 978-3-8027-8729-4

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Valentin, J.; Weber, M.; Brodmann, R.; Grigat, M.: 3DCharakterisierung technischer Oberfl¨ achen mittels optischkonfokaler Mikroskopie, Begleitband zum Fachgespr¨ ach Zerspanen im modernen Produktionsprozess, Dortmund, 16./17. Feb. 2005, ISBN 3-9808718-1-9

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Insperger, T.; Mann, B.P.; Edes, B.; Srepan, G.: The Effect of Runout on the Chatter Frequencies of Milling Processes, Proceedings of the 9th CIRP International Workshop on Modeling Machining Operations, May 11-12, 2006, ISBN 961-6536-06-0

[5]

Weinert, K.; Surmann, T.; Enk, D.; Webber, O.: The Effect of Runout on the Milling Tool Vibration and Surface Quality, Production Engineering – Research and Development, Annals of the German Academic Society for Production Engineering, XIV (2007) 1,

[6]

Weinert, K.; Surmann, T.; M¨ uller, H.: Modeling of Surface Structures Resulting from Vibrating Milling Tools, Production Engineering – Research and Development, Annals of the German Academic Society for Production Engineering, XIII (2006) 2,

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