Aus dem Leben von Meinrad Lienert Meinrad Lienert wurde am 21. Mai 1865 in Einsiedeln als drittes Kind von Konrad Lienert und Marianne Lienert-‐Ochsner geboren. Seine Wiege stand im Haus Adam und Eva am heutigen Meinrad Lienert-‐Platz. Er wuchs mit zwei älteren Geschwistern, Aloisia und Konrad, auf und wurde nicht nur von seinen Eltern liebevoll umsorgt, sondern auch von einer zärtlichen Grossmutter. «Obwohl ich schon in meiner Kindheit auch reichlich Schatten zu sehen bekam, so war ich doch im ganzen glücklich, denn meine Augen und mein Herz wendeten sich immer wieder schleunigst der Sonne zu», schreibt der Dichter in seinen autobiografischen Notizen. Nach der Primarschule besuchte Meiredli die Klosterschule, wo er «in Deutsch und Geschichte gute, in fast allen andern Fächern aber mittelmässige bis schlechte Noten» erhielt. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass er nach seinen Studienjahren, der Zeit als Notar und als Redaktor beim Einsiedler Anzeiger und der Zeitung Die Limmat freischaffender Schriftsteller wurde. Seine Bücher mit Gedichten, Sagen, Geschichten und Erzählungen, die ab 1891 erschienen, fanden eine begeisterte Leserschaft, weit über seinen Tod hinaus. Zu den bekanntesten gehören Jodler vom Meisterjuzer, ’s Schwäbelpfyffli, Das war eine goldene Zeit, ’s Heiwili, Das Bergspieglein, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Der Schalk im Hirthemd und Der doppelte Matthias und seine Töchter. Viele sei-‐ ner Gedichte wurden von unzähligen Komponisten in ganz verschiedenen musikalischen Gattungen vertont. Im Alter von 28 Jahren heiratete Meinrad Lienert Marie Gyr, die Tochter des Pfauen-‐Hoteliers Karl Gyr. 1895 kam Sohn Meinrad Gero zur Welt, 1904 die Tochter Severina. Ein drittes Kind starb kurz nach der Geburt. Die Familie wohnte ein Vierteljahrhundert lang von 1899 bis 1923 in Zürich. In der Stadt am ersehnten «blauen See» wurde der Dichter unter anderem von der NZZ und dessen Feuilleton-‐Redak-‐ tor Carl Spitteler gefördert sowie vom Lesezirkel Hottingen. 1919 verlieh ihm die Universität Zürich die Ehrendoktor-‐Würde, ein Jahr später erhielt er das Bürgerrecht der Stadt Zürich. Ab 1923 lebten Mein-‐ rad und Marie Lienert-‐Gyr einige Jahre in Einsiedeln und dann erneut am geliebten Zürichsee, nämlich in Küsnacht, wo der Dichter am 26. Dezember 1933 an einem Herzversagen starb. April 2015/Museum Fram Einsiedeln
Eine Auswahl an Werken von Meinrad Lienert 1891 «Flüehblüemli – Erzehlige us dä Schwyzerbärge» 1893 «Jodler vom Meisterjuzer – Sächzg Liedli in Einsiedler und Yberger Mundart» 1896 «’s Mirli» 1906 «’s Juzlienis Schwäbelpfyffli – Gedichte in Schwyzer Mundart» «Das war eine goldene Zeit – Kindheitserinnerungen» 1908 «’s Heiwili» 1909 «Der Pfeiferkönig – Eine Zürchergeschichte» 1911 «Das Hochmutsnärrchen» 1914 «Schweizer Sagen und Heldengeschichten» 1917 «Der Weihnachtsstern – Ein schweizerisches Krippenspiel» 1918 «Zürcher Sagen» 1919 «Die schöne Geschichte der alten Schweizer» 1922 «Hansjörlis Fahrt nach dem Zauberwort» 1927 «Der Schalk im Hirthemd» 1929 «Der doppelte Matthias und seine Töchter» 1930 «Erzählungen aus der Schweizergeschichte» 1933 «Das Glöcklein auf Rain» April 2015/Museum Fram Einsiedeln
Stimmen von Zeitgenossen zu Meinrad Lienert...
«Es ist kaum möglich, diese Lyrik zu überschätzen, und es ist schwierig, ihr mit nüchternen Worten beizukommen. Mir wenigstens läuft vor dieser Lyrik einfach mein bisschen Kritik davon. Mich jauchzt es, mich jubelt es, wenn ich an den Lyriker Lienert denke. Ein überquellendes Stimmungsglücksgefühl, wie wenn man über eine Alpweide wandelt.» Der Schriftsteller, Journalist und Nobelpreisträger Carl Spitteler (1845-‐1924) «Im Gezwitscher und Gepfeif unserer heimischen Literatur ist Meinrad Lienert der eigentliche Singvogel, unser heller Liederschnabel. Gewiss hören wir noch andere tüchtige Schnäbel, aber keiner ist so ins echt Liedhafte, Singvogelmässige gedrungen wie dieser am Meinradsbrunnen gesegnete und gewetzte Schnabel. Der rassigste, freieste, naturwüchsigste, der Singvogel par excellence heisst Meinrad Lienert.» Der Schriftsteller und Priester Heinrich Federer (1866-‐1928) «Wer solches dichtet, gehört zur Weltliteratur, und wenn er auch nicht von der ganzen Welt gelesen werden kann, weil er sein Leben lang so sang, wie ihm der Schwyzerschnabel gewachsen war. Und das ist kein Märchen: Es kam ein Mann aus den Wäldern und war ein Dichter. Und Jahre darauf waren seine Lieder im Munde des Volkes, und das Volk wusste seinen Namen nicht mehr. Das aber war das Grösste und Höchste, was ihm geschehen konnte, denn gibt es etwas Grösseres und Höheres für einen Dichter, als ganz Volk zu werden?» Der Schriftsteller und Journalist Felix Moeschlin (1882-‐1969) «Zwischen dem Stil der Einsiedler Stiftskirche und dem in vergleichender Auszier unersättlichen Stil Meinrad Lienerts ist eine Beziehung schwer zu leugnen.» Der Journalist und Literaturkritiker Eduard Korrodi (1885-‐1955) «Wir alle kennen ihn als den frohmütigen, heiteren Fabulierer. Ein Humor, der in manchen Farben schillerte, war ihm in die Wiege gelegt. Im Gespräch warf er verblüffende Sprüche und witzige, spontane Vergleiche ein und konnte bis zum Übermut lustig werden. Aber dann musste er einen kleinen Kreis ihm vertrauter Leute um sich haben. Fernerstehenden mochte er oft karg und schweigsam vorkommen. Und leicht konnte man sich täuschen über die vorherrschende Grundstimmung. Die mimosenhaft empfindende Seele war von der rauhen Wirklichkeit oft schmerzhaft berührt, und eine tiefsitzende Traurigkeit bildete den Gegenpol zu seinen sonnigen Gedanken.» Der Schriftsteller und Lehrer Ernst Eschmann (1886-‐1953) «Wer selber die ungehobelte Einsiedler Mundart spricht, empfindet es als ein halbes Wunder, wie Inniges und Feines der Dichter darin zu sagen weiss. So hat Meinrad Lienert die Sprache der Heimat, ja man darf sagen, das Schweizerdeutsche überhaupt, geadelt.» Der Einsiedler Kunsthistoriker Linus Birchler (1893-‐1967)
...und das Urteil eines Nachgeborenen
«Auch den bedeutendsten schweizerischen Dialektlyriker, den Einsiedler Meinrad Lienert (1865-‐1933) behandelte man stets als einen 'volkstümlichen' Autor. Man scheint diesen Dichter nur als 'frohmütigen, heiteren Fabulierer' (Ernst Eschmann), als den 'rassigsten, freiesten, naturwüchsigsten Singvogel (Heinrich Federer), als einen 'Naturburschen, dem es in allen Muskeln juckt' (Paul Suter) und als einen 'Nussbaum, an dem die Nüsse schon vergoldet wachsen und weihnachtlichen Glanz verbreiten' (Josef Victor Widmann) zu kennen. Wie verfehlt und abwegig könnte da Gottfried Bohnenblusts Bemerkung erscheinen, dass auch dieser Meister hellen Humors die Augenblicke kenne, 'in denen das Jauchzen gefriert'! Mit seinem Hinweis auf die 'mächtige Harmlosigkeit', mit der Lienert
bis an die Grenze des Tragischen vorgestossen sei, fand Bohnenblust wirklich nur wenig Verständnis. Die 'dunkle' Seite dieses Autors, sein 'Plange' ignorierte man.» Der Schriftsteller und Literaturkritiker Dieter Fringeli (1942-‐1999). April 2015/Museum Fram Einsiedeln
Hinweis auf die Website Auf www.fram-‐einsiedeln.ch/meinrad-‐lienert sind folgende Seiten zu finden: Seine Werke chronologisch Erhältliche Werke gedruckt Digital zugängliche Werke Werke im Museumsshop Veranstaltungen April 2015/Museum Fram Einsiedeln
Das Museum Fram Einsiedeln mit der Sammlung Meinrad Lienert Das Museum Fram stellt Einsiedeln ins Zentrum und setzt sich in wechselnden Sonderausstellungen mit der reichen Kultur des Klosterdorfs auseinander. Basis bildet dabei die Sammlung der 2003 gegründeten Stiftung Kulturerbe Einsiedeln, die sich zum Ziel gesetzt hat, das Kulturgut nicht nur zu pflegen und zu schützen, sondern dieses auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zu den Schätzen des Museums gehören das Archiv des ehemaligen Benziger Verlags mit Tausenden von Büchern, Zeichnungen, Stichen und Andachtsbildern, die Sammlung Einsiedlensia von Marie und Karl Hensler mit Objekten zu Alltagsleben, Wallfahrt und Kultur sowie die Sammlung Meinrad Lienert mit den gedruckten Werken des Einsiedler Dichters, mit Manuskripten und Dokumenten aus seinem Leben. Wer das Museum ideell und finanziell unterstützen möchte, tritt dem Fram-‐Club bei und kommt so nicht nur gratis in die Fram, sondern auch in den Genuss von Abendveranstaltungen, die der Club im Zusammenhang mit der Sammlung oder der aktuellen Ausstellung auf die Bühne bringt. In Lesungen, Gesprächen und Vorträgen werden Persönlichkeiten präsentiert und Themen vertieft. April 2015/Museum Fram Einsiedeln