Zur Theorie der Produktionsperiode

Zur Theorie der Produktionsperiode Ton Oskar Morgenstern, Wien ,,Jede Festlegung auf eine bestimmte Pr~zisierung enth~lt ein gewi~sses Ma~ yon W i 11...
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Zur Theorie der Produktionsperiode Ton

Oskar Morgenstern, Wien ,,Jede Festlegung auf eine bestimmte Pr~zisierung enth~lt ein gewi~sses Ma~ yon W i 11 k iir, deren Rechtfertigung ausschlie~lich durch die F r u ch t b a r k e i t der Definition geliefert werden kann. Der Zweck dee Wortes im taglichen Leben ist die Verst~ndigung tier Menschen untereinander; der Zweck einer strengen Definition ist es, ,den Ausgangspunkt eines deduktiven Systems zu bilden. Definitionen sind Dogmen, nur ,die Deduktionen aus ihnen sind Erkenntnisse. Es ist demnach eine i n h a l t l i c h e Forderung an eine Definition iiberhaupt, daft s i e s i c h al,s E r k e n n t n i s q u e I l e erw e i s e d a d u r c h , daft s i e d e n A u s g a n g s p u n k t e i n e r um~ f a s s e n d e n , i ~ s t h e t i s c h v o t l k o m m e n e n T h e o r i e b i l d e t . Das Erfiilltsein dieser i n h a 1t 1i c h e n Forderung stellt die einzige m5gliche Reehtfertigung einer jeden Definition ,dar"l). Auf der Grundlage dieser ganz allgemein giiltigen methodischen Einsteltung ist es erforderlich, bei der Prtifung des Begriffes der ,,Produktionsperiode" und seiner bi~sherigen sowie mSglichen Leistungen zwischen dem Vulgarbegriff und dem wissenschaftlichen Begriff der Periode, wie er namentlich in ,den Naturwissenschaften in vSllig eindeutiger und exakter Weise verwen,det wir,d, zu unterscheiden. Das Bestreben des Okonomen muit offenbar darin liegen, von popularen, der Verwirrung ausgesebzten Vorstellungen wegzukommen und start dessen eine allem Wissenschaftsbetrieb ebenbiirtige Genauigkeit zu erreichen. Da der Begriff der Produktionsperiode in Anbetracht seiner fiber die Produktionstheorie bis in ,die Konjunkturtheorie reichenden Verwen.dung als ein Fundamentalbegriff bezeichnet wer,den mult, i,st die Forderung nach vSlliger Klarheit yon besonderer Bedeutung. Periodisch auftretende Veranderungen sind in einer Reihe yon Wissenschaften seit langem Gegenstand der Untersuchung. Es ist daher ,zu fragen, wie ,der Periodenbegriff in diesen Fallen gefafit wird; zu .denken ist namentlich an ~die Physik, wo die Schwingungslehre einen sehr breiten Raum einnimmt, und an andere Wissen1) Karl M e n g e r : Dimension.stheorie, Leipz4g 1928, S. 76; Sperrungen des Originals.

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schaften (Perio,disches System der Elemente usw.). Ohne auf die sachlichen Fragen einzugehen, geniigt es, festzustellen, dalt in allen Fallen einer wissenschaftlichen pr~izisen Fassung des Periodenbegrilles die mathematische Formulierung angewendet wurde. Diese wiederum besagt, da~ als ,,perio,disch" jene Funktionen der Zeit anzusehen sind, .die sich in ihrem Verlaufe in bestimmten, fest vorgegebenen Zeitabst~tn,den regelmi~l~ig wiederholen. Diesen festgegebenen Zeitabstand nennt man die L a n g e ,der Periode. Mit Symbolen ausgedrfickt: Eine Funktion f(t) ist eine periodische Funktion, wenn ein Zeitintervall ~ existiert, derart, dalt f ( t ) = = f(t ÷~) ffir jeden Zeitpunkt t. Dies bes~gt, ~dalt man die Zeit mit ~ verschieben kann und doch immer wi,eder d~n ~gleichenFunktionswert erh~lt. Mit anderen Worten: die Li~nge tier Periode ist konstant gegeben, un.d es ist daher vStlig gleichgiiltig, wo der Anfang,s- und 4er Endpunkt ,der Periode fixiert wird. Ein Anfangs- bzw. Endpunkt mut~ ~edoch immer e i n d e u t i g angebbar sein, s.oll nicht die Verwen,dung des Begriffes einer Periode vSllig unsinnig werden. Bei ,dem exakten Begriff kann dann ferner noch in bekannter Weise yon den Frequenzen der Schwingungen0 ihren Amplituden, Phasen, Ph~senverschiebungen usw. gesprochen werden. Es handelt sich hier nicht etwa um inhaltliche, z. B. physikali,sche, Aussagen, sondern um den rein formalen Begriffsapparat, der dem W o r t e n a c h in der theoretischen Okonomie zur genauen Darstellung des Produktionsverlaufes verwendet wird. Demgegenfiber mul~ die allgemeine, populare Yerwendung des Begriffes der ,,Periode" als im hSchsten Gracte unbestimmt bezeichnet werden. Wenn man z.B. yon der ,,Periode tier Napoleonischen Kriege" spricht, so wird tier Z e i t r a u m gemeint, in dem sich ,diese Kriege ereign.et haben, ohne damit au,ssagen zu wollen, dal~ sich irgendwelche im streng wissenschaftlichen ,Sinne periodische, noch iiberhaupt wiederkehrende Vorg~nge beobachten liel~en. Es handelt sich bier also tediglich um die milibr~tuchliche Verwendung eines wisser~schaftlichen Wortes. Irgendein ,Scha,den ist damit jedoch kaum angestiftet. Im gleichen Sinne wird ,das Wort also h~ufig einges.etzt und namentlich auch d(~s iifteren yon einer ,,l~ngeren oder kiirzeren Periode" dann gesprochen, wenn damit gemeint ist, daI~ es sich um einen liingeren oder ktirzeren Zeitraum, oder um eine Zeitdauer handelt. Diese ~nderungen der ,Periode" sind ,dann offenbar der Zahl der zugrunde gelegten Zeiteinheiten (T~ge, Monate usw.) zu entnehmen. Der Vulgi~rbegriff der Periode in diesem Sinne wird wegen einer Unzahl yon mSglichen Mii~deutungen in einer Wissenschaft, w o e s auf Strenge des Denkens und Prazision des Ausdrucke,s, keinesfalls auf Bilder und Anschaulichkeit ankommt, nicht nur nicht .zu verwenden, sondern mit allen Mitteln auszumerzen sein. Die Frage, ob der strenge Periodenbegriff auf die Produktionserscheinungen angewendet werden kann, h~ngt also ganz yon dem

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zu beobachtenden PMinomen ab. Die Erscheinungen, die e r f a f t werden sollen, b e t r e f f e n die Beziehungen von A u f w e n d u n g e n yon Produktionsmitteln und dem E r t r a g an Produkten, wobei man der Zeitdauer des Produktionsprozesses in deer durch die hier ats bekannt vorausg,eset~zten Th.eorie d.er P r o d u k t i o n s u m w e g e eine Maffunktion f a r die Kapitalintensitat der P r o d u k t i o n zugedenkt. E r s t wenn sich zeigt, ob die Pro.duktionsvorgange tiberhaupt das Herantragen des Perioden'begriffes mSglich maehen, hat es Sinn, nahere Beziehungen tier P e r i o d e n tier einzelnen P r o z e s s e zueinander, Verschiebungen der .zeitlichen L~inge usw, zu untersuchen. M u f ,der B e g r i f f der Produktionsporiode - - wie es tatsachlich der Fall ist abgel.ehnt wer,den, so handelt es sich um nichts anderes, ales um die Feststellung, d a f eine an sich vSllig einwan,dfreie formale Mall methode nicht in Anwendung kommen kann und durch eine geeignetere ,zu ersetzon ist. Keinesfalls andert sich durch einen Austausch tier Mal~methode irgend otwas an ,den sachlichen Erscheinungen, so wie z. B. durch den t3bergang yon der Elle zum Meter die Tuchstficke weder langer noch kiirzer wurden. Die L~inge ,tier Pro,duktionsperiode soll ein Maf ffir die Kapitalintensit~tt der Produktion darstellen, und V e r ~ n d o r u n g e n ~der Periode sollen, nach der modernen Konjunkturtheorie, ein verl~fliches (auch zur Bestimmung k o n j u n k t u r p o l i t i s c h e r P r a k t i k e n geeignetes) Mal~ ffir die A n d e r u n g der Kapitalintensitat ab~eben, die wiederum - - his ,zu gewissem Grade - - mit den K o n j u n k t u r s c h w a n k u n g e n zu,~ammenfall, e. Es ist schlieflich noch z u bemerken, daft die vorliegenden Ausffihrungen in keiner Weise dogmengeschichtlich, .d.h. an .der Z u o r d n u n g von hier kriti.sierten odor v e r t r e t e n e n Ansiehten zu Autoren orientiert sind; es erseheint im gegenw~rtigen Stadium der Disku~sion fiber .das KapitMproblem nicht u n z w e c k m a f i g , einen Versuch zur P r ~ z i s i e r u n g durch Aufstellung einer einfachen und verstandlichen F o r m e l zu u~nternehmen. W i r prfifen nun, ob die bekannten T h e o r i e n fiber die Produktionsperiode, die das L~ngenmafi der P r o d u k t i o n s u m w e g e ist un~l yon der verseh~ed.ene A r t e n (durchschnittliehe, gesellschaftliche usw.) unterschieden werden, die V o r w e n d u n g ,des ~strengen Periodenb e g r i f f e s zul~ssig macben. Das E r g e b n i s ist negativ, da keine der Gr~ndbedingungen erftillt ist. Vor allem fehlt es an der Angabe des A n f a n g s p u n k t e s der P r o d u k t i o n und des Endpunktes; ~erner ist yon einer W i e d e r h o l u n g des Prozesses unter K o n s t a n t e r h a l t u n g des zeitliehen Abstan.des tier E n d p u n k t e keine Redo. Die Falle strikt periodiseher Produktion, wie z.B. in tier Landwirtschaft und in anderen Saison~ndustrien, kommen b e i d e r T h e o r i e der Produktionsumwege ja nicht in Betracht, da es sich hier um ein Sekun~darodor T e r t i a r p h a n o m e n handelt gegeniiber der E r s c h e i n u n g der ,,Umw e g s " p r o d u k t i o n schlechthin, .die fiber eine solche ei~nzelne Industrie weit hinausgreift. Dies n u r zur Vermeidung ,des eventuellen Migverst~ndnisses, Ms habe die Ablehnung des herkSmmlichen Begrif-

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fes der Produktionsperiode etwas mit einer Leugnung des in diesem Sinne perio.dischen Charakters vel~schiedener Produktionsv-org~nge oder des Zeitmomentes i~berh.aupt zu tun. Die Aufsuchung des Anfangspunktes der Pro,duktion fiihrt ,zu ,dem Unternehmen eines technischen Zertegungsvorga~ges, tier je nach der Technik, der Art der produzierten Gtiter und den Vorkommen der Rohstoffe vSllig unbestimmbar welt in ,die Vergangenheit zurtickftihrt. Wtirde diese naeh rtickwarts gerichtete Zerlegung (wenn sic technisch tiberhaupt mSglich ~st) irgendw,o frtiher abgebrochen oder wtil~den vielleicht doch aufsptirbare Daten als praktisch bedeutungslos vernachl~ssigt, so miiftte hierfiir ein K r i t e r i ~ t m yon tier Theorie getiefert werden, des sie nicht beizustellen vermag. Willkiirliehe Auswahl .eines solchen Zeitpunktes liefert aber keine Basis ftir eine so weittr,agende Festsetzung, wie die +des Beginnes der Produktionsperiode. Analoge ,Schwierigkeiten bieten sich bei dem Versuche .der Bestimmung des E n d p u n k t e s der vermeintlichen Periode. Dieser ist ebensowenig auffindbar oder es wird gleichfalls eine willktirliche Festset,zung getroffen, ftir ,die dann des eben Gesagte gleichfatts gilt. Nur wenn man ~sich von dem technischen Bereiche entfernt, sind gewi,ase Methoden denkbar, eine Ordnung in den Ablauf .der Produktion zu bringen, die aber keinesfalls die These .des Produktionsumweges un.d seiner L~age aufrecht bestehen l~fit. Wenn neuerdings versucht wird, die Produktion,speriode n u r pro futuro zu rechnen, so muff dieser Versuch ebenfatls scheitern, und zwar aus dem einfachen Grunde, dal~ der Zeitpunkt, tier al,s Ausgangspunkt gew~ihlt worden ist, nach Kiirze doch schon .der Vergangenheit angehSrt und sich daher eine wie immer geartete Formulierung tier Periode immer auf Vergangenheit und Zukunft richten mtifite. Bei Betrachtung ,der Thesen fiber eine Verlangerung und Verkiirzung ,der Produktio~asperiode ergibt sich unmittelbar einleuchtend, ,daft es mtiftig ware, sich mit ihnen zu befassen, wenn von ein.er Produktionsperiode tiberhaupt nicht gesprochen werden kann. Eine bloft terminologisehe £nderung dieser Theorie dahingehend, das W o r t ,,Produktlonsperiode" zu vermeiden, ware nattirlich nicht gentigen.d. Di,e Feststellung der in der Konjunkturtheorie eine so grofte Rolle spielend,en ~'rberkapitalisation ,al's Krisenursache muff auf anderem Wege erfolgen, da ,die angebliche~a "Verl~ngerungen ,der Produktionsperiode nicht ermittelbar sind und daher keine geeignete Mal~methode abge'ben kSnnen. Eine weitere V.erwirrung, zu der .der Begriff g.efiihrt hat, ist des Reden von ,,urspriinglichen" Produktionsfaktoren. BShmB a w e r k und seine Anhanger m•sen natiirlich -- ihrer unzutBssig teehnologi~schen Ausgangsweise gemBl~ -- diesen Charakter der ,,U~sprtlnglichkeit" genau angeben, und es ist zweifelsfrei, ,daft es heute ttberh, aupt keine technisch-,,ursprtinglichen" Produktionsmittel mehr gibt, wenn man nur ,den Proze]~ ihrer Auffindung und Ein-

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0. Morgen,stern:

gliederung in die Produktion weit genug zuriick verfolgt und genfigend umfassend nimmt. Dies gilt natiirlich auch yon den ungelernten Arbeitskraften, die schliel~lieh doch bereits direkt und indirekt im heuti~gen sozialen ,Gefi~ge stehen, das wiederum nut durch die Gesamtheit der Produktionsvorg~inge getragen wird. Im fibrigen ist also gegen die Theorie der Produktionsumwege noeh der bekannte Einwand zu machen, dag sie einen unendlichen und u n b e s t i m m b a r e n histori.schen Regreg n~Jtig macht, genau wie bei der historischen Erklarungsweise des ,Geldwertes. Der Zusammenhang der Theorie wird auf diese ~ e i s e gesprengt, bzw. fiberh,aupt nicht ermSglicht. Wenn tier Ver~uch einer strengen Periodenbestimmung aufgegeben wird und statt dessen eine blot~e Z e i t d a u e r als charakteristisch ffir den Grad der Kapitalisation angenommen wird, so steht es auch nicht besser. Denn wiederum fehlt der B e g i n n dieser Dauer wegen des unvermeidlichen historischen Regresses und der damit verbleibe~den v S l l i g e n U n b e s t i m m t h e i t . Von einer ,,Verk~ir, zung" und ,,¥erlangerung" dieser Dauer zu sprechen ist dann genau so unsinnig, w e i l g e n a u so u n b e s t i m m t . Da abet ,,mehr oder weniger kapitalistisch" im Rahmen tier Umwegstbeorie nur auf eine der beiden Methoden aussagbar i~st, so kommt einer solchen Aus.sage kein Sinn ,zu. In dem Angenblick, als die L ~ n g e der Zeitdauer nicht .vSllig eindeutig gegeben ist - - was wiederum erforderlich machen wfirde, dal~ Anfang und Ende des zu betrachtenden Zeitabschnittes genau angegeben werden --, hat es fiberhaupt keinen Sinn, sich fiber eine An~erung ,der Lange dieses nicht n~her bezeichenbaren Zeitabschnittes den Kopf zu zerbrechen. Damit werden aber alle Yersuche, auf diese Weise ,den ~Grad der kapitalisti, schen Produktion zu bestimmen, hinfallig. Genau so ergibt sich - - wie auf tier Hand liegt --, dag auch in diesem Falle yon einer ,,durchschnittlichen" Dauer des Produktionsprozesses 'zu sprechen ebenfalls des pr~zisen Sinnes entbehrt und der Versuch einer derartigen Bestimmung .alle noch sp~ter anzuffihrenden Willkiirelemente der Auswahl tier Berechnungsmethode aufwiese. Ein Ausweg, um dem gewig bedeutsamen Zeitfaktor in tier Produktion Rechnung zu tragen, kSnnte, wie schon gesagt, darin erblickt werden, ,daf~ yon einem willkfirlich gewahlten Zeitpunkt an bi.s zur Erzeugung des Produktes gerechnet wird. Das wiirde aber erstens nur den noch zu erwahnenden Begriff tier ,,I-Ierstellungsdauer" liefern (mit allen Beschrankungen des Wertes diesCs Begrilles) und zweitens Kriteri'en fiir .die Wahl .des Ausgangspunktes erfordern. Diese sincl nicht ohne weiteres lieferbar, sondern machen es nStig, auf jene Beziehungen einzugehen, die ich vorl~ufig .als ,,Disposition,szusammenhang" bezeichnen mCJchte, der dann allerdings eine methodisch saubere Darlegung des Problems ermSgticht, indem er zwangslaufig zur Kostentheorie ~fihrt. Um schliel~lich noch .den geradezu kuriosen Charakter des Be-

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g r i l l e s einer d u r c h s c h n i t t l i c h e n Produktionsperiode ins reehte Lieht zu set,zen, ,sei folgender ttinweis gestattet: Es ist in der theoretischen Okonomie noch ungekl~rt, ob im allgemeinen und unter welchen V o r a u s s e t z u n g e n Duret~schnittsbildungen Uberhaupt gestattet sin& H i e r aber hat man sieh rasch entschlossen und gelangt daher zu folgendem Widersinn: Eine , P e r i o d e " setzt eine gegebene L~nge voraus; eine durchschnittliche Periode sollte daher n u r eine solche aus w e r s c h i e d e n e n Perioden .sein. Da aber eine Perio,de gerade in dem L a n g e n f a k t o r eine G e s e t'z m a 1%i g k e i t zum Ausdruck bringt, ware eine ,,durchschnittliche P e r i o d e " auch ein durchschnittliches Gesetz, was offenbar ebenso u n g e r e i m t ist, wie wenn man z.B. yon einem ,;durchschnittlichen Hauptsatz der Thermod y n a m i k " spr~che! W a s es fiir einen ,sinn haben sollte, aus mehreren Gesetzen einen Durchschnitt z u bilden, entzieht sich dem •erstandnis. Gleichgfiltig, ob Pro,duktionsp e r i o d e (>der blol~e Produktionsd a u e r, es bleibt ferner noch immer die Frage, wie yon den i~dividuellen Prozessen zu einer ,gesellschaftlichen" Betrachtung iibergegangen werden soll. Der vollst~ndige Mangel yon Anweisungen ffir .diesen Ubergang stellt wohl eines der peinlichsten M.erkmale fiir die logische U n k l a r h e i t dieses Theoriegebildes dar. Vor allem: Wie v i e l e individuelle P e r i o d e n gibt es? .So viele als Gfiter produ.ziert werden? Oder gelten nur die Konsumgfiter? Oder ist die Zahl ,der Betriebe mal~gebend? Ist eine G e w i c h t u n g nach verschiedenen Industrien v o r z u n e h m e n ? W i e steht es mit dem ,Grade der I n t e g r a t i o n der P r o d u k t i o n ? Dieser ist doch deswegen yon Bedeutung, da die Durchschnitte sich ganz verschieben wfirden, wenn man die Anzahl der Betriebe nach Belieben ~zerleg.en kSnnte? Alles dies sind vSllig unbeantwortbare F r a g e n , die abet unweigerlich gestellt werden miil~ten, wenn die Idee einer ,,gesellschaftlichen P r o d u k t i o n s p e r i o d e " (oder -dauer) - - absolut oder im Durchschnitt - - einen Sinn haben kSnnte. Da sich aber von v o r n h e r e i n zeigen lieit, dalt mit ,diesem B e g r i f f nichts a n z u f a n g e n ist, so kann man sich das E i n g e h e n auf diese Probleme ersparen. Also nicht einmal die Z a h l tier individuellen Produktionsprozesse steht lest, aus denen ein Durchschnitt gebildet werden soll, yon der L ~ n g e jedes efnzelnen ganz zu s c h ~ e i g e n ! Deutlicher kann wohl nicht nachgewiesen werden, dal~ man sich bier noch in einem vorwissenschaftlichen Bereiche bewegt. Andererseits ist der Unm~iglichkeit einer wie immer gearteten Bestimmung tier , d u r c h s c h n i t t l i c h e n L~tnge des Produktionsprozes'ses ohne eine - - ~ d i e G r u n d g e d a n k e n und Hauptabsichten tier Theorie fiber den t I a u f e n werfende - - Angabe des genannten Zeitbeginnes deswegen so viel Wichtigkeit beizulegen, well alle diejenigen, .die mit diesen Vorstellungen operiert haben, selbst immer yon vornherein die Betrachtung der a b s o l u t e n L~nge der ,,Produktionsperiode" als unzweckmal~ig hingestellt und daher abgelehnt haben. Gelingt es aber nicht, die absolute Liinge des Produktions-

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O. Morgenstern:

p r o z e s s e s d u r c h A n a l y s e ,des technischen V o r g a n g e s in die Verg a n g e n h e i t eindeutig zu ermitteln, .so k a n n man aus den v511ig ungentigenden und f ii r n i e m a n d e n r e 1e v a n t e n hisiorischen Angaben auch keinen wie i m m e r g e a r t e t e n Durchschnitt berechnen. Zu den im G r u n d e vSllig ungekl~trten F r a g e n der T h e o r i e der P r o d u k t i o n s u m w e g e gehOrt f e r n e r die in ,der B e h a u p t u n g einer Mehrergiebigkeit l~ng,erer U m w e g e ausgedriickte P r o d u k t i o n s s t e i g e r u n g . D i e s e r B e h a u p t u n g liegen lediglich bitdJaafte Beobacht u n g e n populi~rer N a t u r z u g r u n d e . Von einer selbst n u r anniihernd exakten Beschreibung .des zu a n a l y s i e r e n d e n Ph~nomens ist auch nicht im e n t f e r n t e s t e n ,die Rede. Die angeftihrten Bei,spiele beschr~nken sich auf p r i m i t i v e n Fischfang, a u f das L e g e n e i n e r W a s s e r l e i t u n g und ~hnliche Dinge. Ob in ,der modernen ~GroiL industrie, wo sich aul~erdem namentlich zeigen li~t, dal~ sich viete Giiter - - v o r all.era P r o d u k t i o n s g t i t e r - - n u t a u f eine e i n z i g e technisch m5gliche A r t h e r s t e l l e n 1.assen, die gleichen Beobachtungen gelten, ist unerwiesen. D~s s c h w e r s t e Bedenken, das geltend 'zu machen ist - - wozu Ans~itze bei K n i g h t und E l l i s zu fin den sind - - besteht darin, daI~ zwischen der Theorie der Produktionsumwege~, der Kostentheorie und der E r t r a g s t h e o r i e k e i n e r l e i Z u s a m m e n h a n g h e r g e s t e l l t ist. Dieser E i n w a n d ist deswegen no s c h w e r w i e g e n d , weil beide T h e o r i e n o f f e n b a r die gleichen P r o u e s s e - - n~mlich die B e z i e h u n g yon Aufw a n d und E r t r a g - - beschreiben wollen und keine yon der anderen G e b r a u c h machen m u l l E s w~tren daher .die A u s s a g e n der einen T h e o r i e in die der anderen T h e o r i e ohne weiteres iibersetzbar. Eine solche V e r d o p p e l u n g ist a b e r g~tnzlich iiberfliissig. I m ti'brigen ist sie bisher noch nicht im Detail a u f g e z e i g t wor,den. Ja, es sind nicht einmal V e r s u c h e gemacht worden, den Z u s a m m e n h a n g , tier zwischen ihnen doch bestehen mug, tiberhaupt ins A u g e zu fassen. I m a l l g e m e i n e n scheint die Ansicht zu herrschen, als ob ,die T h e o r i e der M e h r e r g i e b i g k e i t etwas Allgemeineres, -Obergeordnetes sei als die Kostentheorie. E s zeigt sich jedoch, dab a l l e s , was sie sagt, mit der K o s t e n t h e o r i e auch, und z w a r ungleich e x a k t e r, mul~ g e s a g t werden ~Snn.en. Bei ~dies,er liegt bereits ein sorgf~ItiEg gep r i i f t e r und weitgehend ausgebilSeter B e g r i f f s a p p a r a t vor. Es wi~re doch auch allzu m e r k w i i r d i g , dait z. B. in E n g l a n d und den V e r e i n i g . ten Staaten auch K r i s e n t h e o r i e n a u f g e s t e l l t worden sind, die der K a p i t a l e r s c h e i n u n g m e h r oder minder Reehnung tragen, ohne i r g e n d w i e yon dem Umwegsgedar~ken C~eb~auch zu machen, was eine UnmSglichkeit w~re (oder gewesen w~re), wenn es sich bei der The6rie der Mehrergiebigkeit um die grundlegendere oder iiberhaupt urn eine unentbehrliche E r k l a r u n g gehandelt h~tte. "Wenn es also - - wie nicht antlers zu erwarten - - gelingt, die Produktionsvorg~nge hinreichend mittels der Kostentheorie zu erkli~ren, dann ist fiir die ,,Produktionsumwege" kein Platz mehr iibrig. Es ist k a u m daran zu zweifeln, ,daI~ alles, was zu sagen ist, in termini

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der Kostentheorie gesagt werden kann. ,,Mehr oder weniger kapitalistisch" wird dann zu konkreteren Angaben fiihren fiber die Kostenstruktur der betreffenden Industrien, fiber die A n t ell e ,d e r e in z e 1n e n K 1a s s e n yon Produktionsmitteln und namenttich iiber die Zinsquote. Es ist ein Matt fiir den Grad ,der Kapitalisierung v,orhanden, alas bei der Theorie der Produktionsumwege wegen tier UnmSglichkeit, deren Liinge zu messen, fiberhaupt fehlt u~d nicht denkbar ist, well, wie sich gezeigt hat, ,die zeitliche Bestimmung versagt. Die Zinsquote ist dann alas entscheidende Element. Die fiir die weitere Theor}e (bes. Kon~unkturtheorie) wichtige z e it 1i c h e Erstreckung tier Produktion kann genauer erfaft werden durch eine Anzahl yon Zeitangaben, die untereinander wieder in verschiedenerlei Bez~ehung treten kSnnen: H e r s t e l l u n g s d a u e r , Amortisationsquote (Prozentsatz und quantitativer Anteil a~a .den Gesamtko,sten), und schlieflich ist der durch den ,,Dispositionszusammenhang" bezeichnete Zeitraum im Wege des Maximalisierungsstrebens de r Unternehmer tiber die Zeit in sinnvollen Kontakt mit der restlichen Theorie gebracht. Wiirde ,die Bemerkung gemacht, daft die Kostentheorie heute .die Zeiterseheinungen nicht geniigend beriicksichtige, so wiire bier im allgemeinen zuzustimmen. Ich selbst babe bei mehrfachen Gelegenheiten .die Forderung der Erg~inzung der Kostentheorie naeh dieser Riehtung bin aufgestellt und vor allem stets betont, daft dem Kostenverlauf im Kon~unkturzyklus Rechnung getragen werden mtisse. Es ist doch wohl ein Unding, d a f die 0konomen hieriiber bisher so gut wie gar nichts zu sagen gewul~t haben. Die vorliiufig unzureichende Zeitbezogenheit der Kostentheorie .spricht aber nicht gegen die allgemeine These, daft sie an ~die Stelle tier Theorie der Produktionsumwege treten miisse, .denn diese ist auf alle Fiille ungeeignet, weiterhin wie bisher verwendet zu werden. Der Einbau des Zeitelementes in die Kostentheorie kann am zweckm~figsten wiederum dureh das Studium der individuetlen Kostenerscheinungen erfolgen. Ein weiterer Nachteil der Theorie der Produktionsumwege muf darin erblickt werden, d a f e s sich l~diglich - - w ie sehon gesagt - bloft um v u l g i i r t e c h n i s c h e F o r m u t i e r u n g e n handelt, die dem heutigen Stande von Technik und Industrie gewif nicht angemessen sind und ihm nie angemessen waren. Selbst wenn dies der Fall wiire, mtil~te yon der technischen Aussage zur 5konomischen tibergegangen werden; die Theorie enthalt ~edoeh keinerlei Anweisung, wie dies zu geschehen hat. Bei B S h m - B a w e r k ware eine solche hSchstens in seinen Theorien fiber die hShere ,,Wertigkeit" tier Gegenwartsgtiter gegeniiber den Zukunftsgfitern gegeben; diese These ist ~edoch auch wieder, wie bei anderer Gelegenheit zu zeigen sein wird, in der heutigen Form mit den Priimissen der Werttheorie selbst unvereinbar, Es ergibt sich also auch hier bei der Anwendung der Kostentheorie ein weitreichender Vorteil, denn Kosten und Ertrag sind in den gesamten Preiszusammenhang und in den Aufbau der Produktion eingebaut, daher gleiehzeitig sowohl individu.elt wie gesellsehaftlich.

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Ferner liiI~t sich der Widerspruch zwischen den T a t s a c h e n beseitigen, a) dalt individuelle Dispositionszusammenh/inge mit Anfang und Ende bestehen, und b) daii (lie Produktion der Gesamtwirtschaft ein offenes Kontinuum darstellt, dessen Ende nicht geplant ist und dessen zeitlicher Beginn ffir niemanden eine 1%ealit~t darstellt. Mit der Verwendung tier Kostentheorie verschwin,den alle die merkwiirdigen Aussagen fiber angebliche Verl~ingerungen und Verkiirzungen des Produktionsumweges (oder Plural?!), ,die ,die Krisentheorien letzten Endes ,so au~erordentlich unrealistisch machen. Denn nunmehr ergibt sich ledigMch, dali von ,,Peri(~den" iiberhaupt nicht mehr gesprochen werden kann, sondern, daft -- zun~tchst einmal durch Herbeischaffung geniigend empirischen Materials -- Variationen der Zins- uncl Amortisationsquoten absolut und relativ zu beobachten sin& Wenn sich hierfiir irgendwelche Regelm~igkeiten ermitteln lassen, so wird sich das, was in den Umwegstheorien als wahrer Kern enthalten ist, in einer sauberen und ,stichhaltigen Weise sagen lassen. Vor allem aber ~ird von den rein techni~schen Vorstellungsweisen, mit denen gar nichts anzufangen ist, wegzukommen sein und man statt dessen den Allzusammenhang ,der Produktion, wie es sich gehSrt, durch die relativen Preise erfassen kSnnen. Der Satz v o n d e r ,,Mehrergiebigkeit" ohne genaue Angabe der Mengenrelationen ist nichts als ein an,derer Ausdruck fiir alas P r i n z i p d e r A r b e i t s t e i l u n g . Auch bier kann man eine grofie Anzahl wichtiger FestsCellungen machen, mit denen die Beziehungen zwischen dem Grade und der Form tier Arbeitsteilung einerseits und der gesteigerten ProduktionsleisCung andere~seits erfMtt werden. Soviele praktische Probleme die Arbeitsteilung auch bietet, so hat doch niem~nd daran gedacht, damit eine strenge Theorie ,der Produktion und des Ertrages aufgestellt zu haben. Die Arbeitsteilung vermittelt ein iiberaus ptastisches Bil,d, das mit Nutzen immer wieder verwendet werden kann, wenn es sich darum handelt, einfache Beziehungen sinnfallig zu machen. Wir brauchen aber streng logisch a,ufgebaute Theorien, und deshalb kommen blol~e Bil,der bei der Herleitung yon S~tzen nicht zur Verwendung. Das Problem spitzt sich ganz darauf zt~, ob es n e b e n den Kostenerscheinungen irgendwelche VorgEnge gibt, die in eine eigene ,,Theorie der Produktion" gehSren kSnnten. Gewilt spielen die technischen Verh~ltnisse immer eine gro~e und genau zu ermittelnde Rolle, aber was soll die (~konomie mehr fiber sie aussagen kSnnen, als da~ es eine Produktionsverwand~schalt gibt ~ was ins 0konomische iibersetzt nichts anderes bedeutet, als da~ gewisse Produktionsmittel glMchzeitig einer mehrfachen Nachfrage unterliegen k(innen --, die einzelnen Prozesse ungleiehartig dem Zeitablauf unterworfen sind u,sw.? Wenn die These, dal~ die Okonomie nichVs anderes sei Ms Preistheorie, mit ihren Hilfstheorien konsequent durehgedaeht wird, dann kann es eben nichts anderes geben als Untersuchungen fiber Preise und relat4ve Preisversehiebungen, und fiir P s e u d o t e c h n o l o g i e i s¢ kein Platz.

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Zu welchen, in der Theorie vSllig iibersehenen, Ungereimtheiten die Theorie der Mehrergiebigkeit ffihrt, geht deutlich aus folgendem hervor. ,,Verlangerungen" des Umweges sollen gewisse ~ e r m e h r u n g e n des Produktes bringen. Ersfens ist festzuhalten, da~ es sich hier vernfinftigerweise immer um i n d i v i d u e l l e Umwege (also auc5 , P e r i o d e n " ) ha~deln muff, da es ein ,~esellschafttiches P r o d u k t " .offen. bar nicht gibt und eine .solche Annahme zu nichts ffihren k5nnte, and z w e i t e n s ist ktar, dal~ ein Ubergang der Berechnung der Dauer und L~nge des Umweges vo.n .der - - w,illkfirlich gew~hlten - - a r i t h m e t i schen zur geometrischen oder harmonisehen o~der ,sonst eisner beliebigen Durc~schnittsberechnung vSllig andere Ertr~ge liefern mfit~te und eventuell auch die allgemeine These des Mehrertrages selbst in Frage stellen kSnnte. Wie sich .also zeigt, ist .das , , G e s e t z " d e r M e h r ergiebigkeitentwederblo~ein rechnerischer Zufall oder eine willkfirliche, durch keinerlei Kriterien be.stimmte und auch nicht bestimmbare Auswahl aus einer Menge yon beliebigen Ertragsund L~n,ge-Relationen. Diesen Einwand halte ich ftir ganz entscheidend, besonders wenn man an die Rolle denkt, die die Theorie der Produktionsumwege in der Kon~unkturtheorie angeblich zu spielen berufen ist. Denkt man den Ged.ankengang nun noch fiber die i n d i v i d u e I 1e Peri,()de hinaus and fragt sich, wie es mit den E r t r a g s v a r i a t i o n e n ,de r , , g e s e l l schaftlichen" Produktionsumwege bei 2~nderungen der Durchsehnittsbereehnung steht, :so erhalt man als Ergebni.s, a) da[~ ein gesellschaftlieher E r t r a g " e'in Unding ist (hier ~die ganze Problematik der ,,social dividend") und daher b ) X n d e r u n g e n .des Verhaltnisses yon gesellschaftlicher, ,durchschnittlicher Pro.duktionsperiode un.d ErtragsbShe durch /Xnderungen der Berechnung der Periodendauer gar zu vSlligem Widersinn ffihren mfil~te. Es i st vielleicht ngtig, gesondert darauf hinzuweisen, daft zu unt erschei,den ist zwischen a) den verschiedenen technisch gegebenen Methoden ,der Berechnung von Durchschnitten ffir .die i n ~t i v i d u e I l e n Produktionsprozesse, wo also auch ~ unter Umstanden von Prozefi zu Prozefi ve~schiedene - - Gewichtungen mSglich w~ren und alle Arten der Durchschnittberechnung zur Verffigung stehen und b) den gleichen Rechenvorg~ingen bei Bestimmung eines G e s a m t . d u r c h s c h n i t t e s a u s einer M e n g e von einzelnen so bestimmten individuellen Produktionsprozessen, ftir welche Durchschnittsberechnung wiederum die gleichen vielfaltigen M8glichkeiten bestehen. Also auch wenn es eine Festlegung einer Periode im strengen Sinne gabe oder man die blol~e Dauer ,absolut bestimmen kSnnte, so wiirde diese ~berlegung allein schon hinreichen, um ein Operieren mit durehschnittlichen Produkti.onsumwegen in einem scharferen als einem rein bildhaften Sinne unmSglich zu machen. Es bedarf keiner besonderen mathe.matische.n Schulung, um zu erkennen, welches hohe Marl von Willkiir bei ~eder beliebigen Festsetzung yon bier so zahlreich zur Auswahl vorhandenen Rechenmetho,den ins Spiel ~Shffnt (da eben keine 5konomischen

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O. Morgenstern:

Auswahtkriterein angegeben sind) und welche Variationen der Aufw,and - - Ertragsrelation durch diese rein formalen Elemente zustande kommen mtii~ten. Zugleich liegt ein interessantes Beispiel dafiir vor, wie viel~e rein mathematische - - wenn auch ,durchaus elementare aber deswegen nicht weniger weitt~agende - - G~dankengi~nge und An. nahmen unbewut~t im Mittelpunkt ,der Theorien antimathematisch gerichteter Autoren stehen. Aussagen fiber d~e Ertragssituation in einer gesellschafttichen Wirtschaft sind n u t dann sinnvoll, wenn sie aufgebaut sind auf einer Analyse der die Wirtschaft konstituierenden i n~di vi d u e l 1en Ertragsverh~iltn~sse. Weder ~st aber in der bisherigen Theorie der Produktionsumwege die unerli~ltliche Anweisung gegeben, wie yon individuellen Umwegen zu dem ,,gesellschafttichen Umwege" fortgeschritten werden soll, noch wie eventuell yon letzterem zu ,den ersteren fibergegangen werden kSnnte. Daher vermag eine Beziehung zwischen den einzelnen unterschiedlichen Ertragssituationen nicht ermittelt zu werden. Bei der Kostentheorie ist die Lage g~nzlich versehieden, insbesendere l~t~t sich die Behandlung des Zeitfaktors, wenn auch nicht leicht, so doch sicherlich e i n d e u t i g fiir den ganzen Produktionsaufbau durchffihren. Die Tatsache, daft es an der Kostentheorie noch vieles zu arbeiten gibt, kann keine Entschuldigung dafiir liefern, mit ¥orstellungen welter zu operieren, die schon nach dem heutigen Stande des Wissens als unzweekm~tl~ig erkannt werden miissen. Was nun ,schliel~lich ,die verschiedentlich hervorgehobene H e r s t e Il u n g s p e r i o d e angeht, go ist kurz folgendes zu bemerken: 1. Es handelt sieh bier ganz zweifellos um eine fiir die Erscheinung des Kon~unkturzyklus, und zwar insbesondere fiir die B estimmung der Phasenli~nge des Aufschwunges iiberaus wichtige Tatsaehe. Aber von einer ,Periode" im strengen Sinn kann wieder nicht gesprochen werden, weft, wenn eine Fabrik mit bestimmter erster Herstellungsd a u e r einmal existiert, so existiert sie tatsachlich und dem Plane nach unver~tndert welter. Der Prozelt tier Amortisation sorgt fiir die Synchronisierung. Dies ist ~edoch nur eine terminologische Angelegenheir. 2. Die Herstellungsdauer kann auf zwei sehr verschiedene Arten bestimmt werden: a) rein chronologisch und b) chronologiseh unter Einbeziehung der Herstellungsdauern der Vorprodukte; dies wiirde zu identischen oder parallelen Gedankengiingen ftihren, die wir in der Gestalt der Theorie der Pro,duktionsperiode als irreffihrend und widersprucbsvolt erkannt haben. Bleibt also die rein chronologische Betrachtung. Bei dieser ergibt sich nun unmittelbar, da[~ die Zeitdauer keineswegs irgendeinem bestimmten Prinzip unterliegt oder fiir irgendwelche typisehe Anlagen fest gegeben ist. Der Unternehmer hat es weitgehend in der Hand, diesen Zeitraum auf ein ~lurch technisch-physikatische Bedingungen im allgemeinen festgegebenes Minimum zusammenzupressen, wodurch ibm in ,aller Regel hiihere Kosten auflaufen diirften. Andererse~ts kann eine Kostenerhtihung auch dutch iiberm~tflige Erstreckung in die Zeit eintreten. Fiir den Unter-

Zur Theorie der Produktionsperiode

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nehmer l:iegt ein Minimumproblem vor, dessen Ans~tze au~s physischen Daten und preislichen GrSl~en gebildet Mind. Die Herstellungsdauer des Produktionsapparates hiingt also ebenso wie die Intensitiit seiner Ausniitzung yon den von tier Kostentheorie ermittetten Bedingungen ab; es gibt also auch hier ke~n Spezifikum. Aus der blofien L ~ n g e der Herstellungsdauer kann infolgedessen - - wegen tier natiirlichphysikalischen Bedingungen (z. B. Wachstumsdauer des Holzes!) - keineswegs auf das Ausmalt der Kapitalverwendung geschlossen werden. Dem Begriff der Herstellungsperiode kommt also nur ein sehr eingeschr~nkter Wert zu; seine Bedeutung Hegt im Bereiche tier Ver.suche zur Bestimmung der relativen L~ingen der einzelnen Phasen des gesamten Kon~unkturzyklus; seine Verwendung hat nur Sinn, wenn sie im Rahmen des relativen Preissystems erfolgt. Das E n d e ,der ,,Herstellungs,dauer" ist zwar durch Aufna~hme de~ Betriebes ftir den Markt einde~tig gegeben, dagegen, wie schon gesagt, keineswegs so der Anfang. Denn es fragt sich eben, ob technisch einwandfrei feststeht, we der ,Betrieb" al.s solcher von an,deren zu unterscheiden ist. Zum Beispiel ist es nicht gleichgtiltig, ob alle Geriite und Maschinen, die man braucht, sofort ki~uflich auf dem Markte zu eI~halten sind, oder ob sie erst in Auftrag gegeben werden mtissen (wi~hrend sie in einem anderen Lande stets lagernd sein m5gen), was auch wiederum von ,der Kon~unkturphase und daher veto relativen Preissystem abh~ngen mag. Technische Eindeutigkeit wtirde also an sich nur wenig besagen. Auch spielt, wie man sofort einsieht, tier Grad der Konzentra~ion der Be~riebe eine grolle Rolle. Die Herstellungsdauer dtirfte daher weniger als theoretische Kategorie denn als historischer Erkli~rungsgmmd herangezogen werden mtissen. Will man also theoretisch einheitliche Zusammenh~nge aufzeigen, so mul~ von den i n d i v i d u e l l e n A k t e n d e r U n t e r n e h m e r ausgegangen werden, und es ist zu zeigen, wie sie von dem ~eweiligen Preissystem bestimmt sind. Jeder Rtickgriff auf vermeintlich eindeutige technische ttypothesen verwickelt den Forscher sofort in eine Unmenge yon Halbheiten und Widerspriichen und ftihrt es mit sich, dal~ der Gesamtzusammenhang aus dem Auge verloren wi~d. Eine Theorie, die .das Grundprinzip des Aufbaues aller Aussagen a uf die Beobachtungen und Verallgemeinerungen tiber das individuelle Verhalten mi~achtet, mul~ schwere Fehler herbeiftihren. Wenn man die Produktion untersucht, so mul~ eben der einzelne Unternehmer untersucht werden und von ihm in mtihsamer Weise zur Priifung des Zusammenhanges aller Unternehmen fortgeschritten werden. Dieser l')bergang mult genau angebbar sein, vorsichtig erfolgen und jederzeit nachgepriift werden kSnnen. Die Theorie tier Produktionsum~ege erftillt diese Bedingungen nicht und mfiitte daher schon won Anfang an als methodisch suspekt erscheinen. Die theoreMs~he (Skonomie ist voll yon schiefen Theori:en - - es sei nur an die Verwirrung erinnert, die der ,,social value" lange Zeit gestiftet hatte --, die lediglich tier Verletzung ,des methodischen Grundgesetzes eine zeitweilige Existenz

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0. Morgenstern: Zur Theorie ,der Pro,duktionsperiode

zu verdanken haben. Man miige also den A u s g a n g s p u n k t aller Theorie a u c h bei tier U n t e r s u c h u n g tier Produktionsvorg~nge streng einhalten! Wie n u n schliettlich die spezifischen Kapitalprobleme zu fassen sind, h a n g t zunachst ,davon ab, wie das Problem bei strenger W a h r u n g ,des kostentheoretischen Stan~dpunkt~s z u s t e l l e n sein w4r& A u f alle F~il!e mug wieder die F o r d e r u n g erffillt sein, dalt die K ons t i t u i e r b a r k e i t des Kapitalbegriffes gewiihrleistet sein mulk Dies w i r d in irgendeiner Weiss zur Folge haben, dal~ man ffir jeden Zeitpunkt ein,deutig auf K l a s s e n y o n G t i t e r n verwiesen wird, ,die bestimmten Verhaltensweisen zugeordnet werden. Diese Gtiter und ihre Stellung im Produktionsprozesse nach vorwiirts und rtickwi~rts mfissen wiederum kostentheoretisch e rfai~bar sein. Trotzdem k a n n in gewissem - - zu untersuchendem - - A u s m a g die ,,Kapitalstheorie" fiber die Kostentheorie hinausreichen. Da es in der Wirtschaft ebenso wi~ tiberall in der Welt keine ,,Gegenwart" im Sinne einer D a u e r gibt und sie immer n u r p u n k t f f r m i g zu verstehen ist, so spielt neben der Zukunft die V e r g a n g e n h e i t stets eine grol~e Rolls. W i e welt diese bei tier Produktion zurilckreicht, ergibt sich durch das - - stets variierende - - Auamafi der Aufwendungen, die in ~edem Zeitpunkte ftir friiherliegende Investitionen und Verhaltensakte noch eingesetzt werden. Also z. B. wieviel ist n o c h zu amortisieren, um den Kapitalstock aufrechtzuerhalten? D i e K a p i t a I t h e o r i e m u It letzten Endes aus einem System yon Aussagen fiber Klassen yon Giitern, Klassen yon Verhaltungsweisen und die Relationen dieser Klas,s.en zueinander ~bestehen. W a s auch i m m e r fiir Zwi.schenstufen yon A u s s a g e n in Betracht gezogen werden mSgen, letzten Endes mul~ man zu solchen K l a s s e n gelangen. I n f o l g e d e s s e n hatte auch die T h e o r i e tier P r o d u k t i o n s u m w e g e (yon allen Einw~n4en abgesehen) d u r c h 5 e r a r t i g e A u s s a g e n f o r m u l i e r t s e i n miissen. Ein niichterner Beobachter der theoretischen Okonomie wird im heutigen Stadium wohl feststellen mfissen, ,da~ ~in der Kapitaltheorie noch immer s e h r grol~e Unsicherheit herrscht. Di~se geht vor allem auf Unklarheit zuriick. ~Vom Kapitat wird in einer W e i s s gesprochen, die eine Nachpriifung unmSglich macht; man bezieht sich bald auf technisch identifizierbare Gtiterarten, bald auf Abstrakta und gibt keinen Aufschlult fiber die Zusammenh~nge zwischen den beiden untereinander und ,dem @elde. Nur peinlichste meth(~dische Sauberkeit und strengste Einhaltung einer Terminotogie, mag sie auch noch so technisch sein, k a n n hier vorw~trts fiihren. Vorlaufig scheint es, als ob es zun~chst sine betr~ichtliche Anzahl yon I-Iindernissen aus dem W e g e zu r~umen g~be.