Wirtschaftsausblick April 2017 - Kenia

24.04.2017

Inhalt  Wirtschaftsentwicklung: Wachstum auf Kredit  Investitionen: Private Investoren mit besserer Zahlungsmoral  Konsum: Zunehmende Absatzchancen für deutsche Markenprodukte  Außenhandel: Hohes Handelsbilanzdefizit

Wirtschaftsausblick April 2017 - Kenia Wahlkampfzeiten mit Risiken / Wachstum dank expandierender Bevölkerung und kreditfinanzierter Infrastrukturprojekte / Von Martin Böll Nairobi (GTAI) - Kenia befindet sich in Zeiten des Wahlkampfs, dessen friedlicher Ausgang nicht garantiert ist. Die Konjunktur erfreut sich einer schnell wachsenden Bevölkerung und kreditfinanzierter Infrastrukturprojekte. Das Wetter war zuletzt schlecht, was die Ernteerträge und die Leistung von Wasserkraftwerken beeinträchtigt. Für deutsche Firmen sind vor allem private Vorhaben mit gesicherter Finanzierung interessant sowie die Nach­ frage der neureichen Mittel- und Oberschicht.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum auf Kredit Kenia steht im Schatten der kommenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im August 2017. Ein friedli­ cher Wahlkampf und ein friedlicher Ausgang sind alles andere als garantiert. Geschäftsentscheidungen werden deshalb gerne aufgeschoben, während Prognosen auf wackeligen Füßen stehen. Sollten die Wahlen halbwegs friedlich verlaufen und die Trockenheit endlich ein Ende finden, kann Kenia für 2017 mit einem realen Wirt­ schaftswachstum von 5,5% rechnen und in den Folgejahren vielleicht auch mit einem halben Prozentpunkt mehr. Weitere entscheidende Einflussfaktoren sind das hohe Bevölkerungswachstum, staatliche und private In­ frastrukturprojekte sowie eine anziehende Nachfrage nach Konsumgütern und Dienstleistungen. Hinzu kommen zuletzt verbesserte Fremdenverkehrszahlen. Negative Einflussgröße war zuletzt das Wetter mit immer errati­ scher auftretenden Niederschlägen, von denen die Landwirtschaft nahezu vollständig abhängig ist. Wasser­ kraftwerke mussten heruntergefahren und die Wasserversorgung wichtiger Städte rationiert werden. Interna­ tionale Unwägbarkeiten sind die Konjunkturabschwächung in der VR China (dem großen Wunschpartner Keni­ as), der Brexit, höhere Zinsen in den USA bei schwächelndem Kenia-Shilling und möglicherweise bald höhere Öl­ preise. Von der neuen Eisenbahn, die zeitig zu den Wahlen Mitte 2017 anrollen und dem amtierenden Präsiden­ ten den Sieg bringen soll, werden ab 2018 neue Wirtschaftsimpulse erhofft. Während das Prestigeprojekt riesige Summen verschlingt, bleiben viele strukturelle Defizite und infrastrukturelle Engpässe bestehen. Auch die bei­ den größten Herausforderungen des Landes, die extrem hohe Jungendarbeitslosigkeit und die hohe Abhängig­ keit der Landwirtschaft vom Regen, bleiben bestehen. Sorgen bereitet auch die zunehmende Gesetzlosigkeit in der nördlichen, dünn besiedelten Hälfte Kenias, welche die Regierung immer weniger in den Griff bekommt. Im letzten "Fragile State Index" der privaten US-amerikanischen Denkfabrik Fund for Peace rangiert Kenia auf Platz 20 (von 178 untersuchten Ländern) in der Gruppe "Alert", in der Staaten zusammengefasst sind, bei denen die akute Gefahr besteht, sich in einen gescheiterten Staat zu entwickeln (Platz 1: Somalia; Platz 178: Finnland). Er­

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freulich ist derweil die letzte Verbesserung im "Ease of Doing Business Index" der Weltbank, in dem Kenia 21 Ränge auf Platz 92 (von 190 untersuchten Ländern) klettern konnte. Unerfreulich bleibt die weit verbreitete Korruption und Platz 145 im Index von Transparency International (2015: 139).

MKT201704248009.14 Wirtschaftliche Eckdaten Kenia Indikator

2016

2017 1)

Vergleichsdaten Deutschland 2015

BIP (nominal, Mrd. US$)

70,6 2)

76,2

3.357,6

BIP pro Kopf (US$)

1.494 2)

1.570

41.147

Bevölkerung (Mio.)

47,3 2)

48,5

81,6

Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = x kenian-Shilling

101,50

106,5

-

1) Prognose; 2) Schätzung Quellen: EIU, Stand 17.4.17; Statistisches Bundesamt

Investitionen: Private Investoren mit besserer Zahlungsmoral Kenias Investitionszuwächse werden für 2017 auf 6,8% prognostiziert. In den Folgejahren erwartet die EIU Stei­ gerungen in einer Bandbreite von 6,2 bis 7,5%. Schwerpunkte sind Infrastrukturprojekte - staatliche wie die Nor­

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malspureisenbahn, die 2017 von Mombasa bis Nairobi und danach in Stufen bis nach Uganda fahren wird, aber auch private wie Stromerzeugungsvorhaben. Staatliche Vorhaben folgen oft politischen Zielen, die dem Wahl­ kampf und der Befriedigung von regionalen Stammesinteressen geschuldet sind. Absolute Priorität hat unter dem amtierenden Präsidenten Uhuru Kenyatta die Eisenbahn, während er gleichzeitig viele neue Straßenprojek­ te verspricht, obwohl das Gros von bereits begonnenen Projekten mangels Bezahlung nicht vorankommt. Frage­ zeichen gibt es auch bei anderen Mega-Plänen wie dem "Lamu Port South Sudan Ethiopia Transport Corridor" (Lapsset) und dem Galana-Bewässerungsprojekt, bei denen erst jahrelang fast nichts passiert ist, nun vor den Wahlen aber wieder Aktionismus zu beobachten ist. Für deutsche Firmen interessanter dürften derweil von privaten Investoren und Gebern finanzierte Projekte sein, weil bei diesen größere ökonomische Vernunft vorherrscht, Korruption oft kein Thema und die Bonität meist deutlich besser ist als bei staatlichen Projekten. Ausgewählte Großprojekte in Kenia Projektbezeichnung

Investitionss­

Projektstand

Anmerkung/Ansprechpartner

Baubeginn bei Einzel­

Langfristiges Vorhaben mit unter­

projekten

schiedlich realistischen Einzelkompo­

umme (Mrd. US $) Lamu Port South Sudan Ethio­

15,0 bis 25,0

pia Transport Corridor (LA­ PSSET) .davon: Rohölpipeline

nenten 2,1

Absicht; antizipierte

Suche nach Design-Firmen

Fertigstellung 2021 .davon: drei Schiffsliegeplätze

1,9

Erste Arbeiten

Development Bank of South Africa

1,5

Auftragsvergabe

China State Construction Engineering

und Lamu-Isiolo-Straße .davon: High Grand Falls Dam (Kibuka) Konza Technology City nebst

Corp 6,3

Flughafen

Erste kleinere Infra­

Unrealistisches Industrieentwick­

struktur- und Bauar­

lungsvorhaben

beiten Kernkraftwerk

5,0

Training von Studen­

Eines von vier geplanten Kraftwer­

ten; antizipierter Bau­

ken; vorerst reines Wunschdenken

beginn 2022 Kommerzielle Bahnhofszen­

2,2

Absicht

Erste Studien vergeben

k.A.

Suche nach Investoren

PPP-Projekt: Finanzierung durch

tren in Nairobi, Mombasa und Kisumu Sechsspurige Autobahn Mom­ basa-Nairobi

Mauteinnahmen

Kohlekraftwerk

2,0

Grundstücks-Akquise

Amu Power Co.

Zweite Eisenbahnausbaupha­

1,5

Beginn von Erdarbei­

China Road and Bridge Corp.

se: Nairobi-Mombasa

ten

Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten unter http://www.gtai.de/kenia,  "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".

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Konsum: Zunehmende Absatzchancen für deutsche Markenprodukte Für 2017 rechnet EIU mit einem Zuwachs des privaten Verbrauchs in Kenia um 5,0%, für die nächsten vier Jahre in einer Bandbreite von 5,0 bis 5,5%. Das reale Wachstum im staatlichen Verbrauch wird 2017 vermutlich bei 6,3% liegen. Die Inflation erreichte 2016 durchschnittlich 6,3%, für die beiden Folgejahre wird mit 8,0 und 6,5% gerechnet. Negativ machen sich vor allem die hohen Nahrungsmittelpreise bemerkbar (März 2017 zu März 2016: +18,6%), weil die "kurze" Regenzeit unergiebig war. Die "lange" Regenzeit (März bis Mai) setzte derweil viel zu spät ein. Weitere potenzielle Preistreiber sind der Ölpreis und ein schwacher Kenia-Shilling. Die Chancen für den Absatz westlicher Markenprodukte - von Süßigkeiten über Badezimmerarmaturen bis zum teuren SUV - steigen weiter an. Vom wirtschaftlichen Erfolg Kenias profitiert nahezu ausschließlich eine vergleichsweise kleine Mit­ tel- und Oberschicht, die ihren Luxusbedarf in immer zahlreicheren und immer anspruchsvoller gestalteten Ein­ kaufszentren nach südafrikanischem Vorbild befriedigen kann. Damit steigen auch die Absatzchancen deutscher Unternehmen mit ihrer im internationalen Vergleich gehobenen Produktpalette.

Außenhandel: Hohes Handelsbilanzdefizit Kenia importiert zweieinhalb Mal so viel wie es exportiert. Das Land lebt ständig über seine Verhältnisse und muss sogar jedes Jahr für 1 Mrd. $ Nahrungsmittel importieren. Die kleine kenianische Industrie ist zwar lokal durch Monopole und Kartelle gut abgesichert, hat auf Überseemärkten aber fast keine Chance und dürfte regio­ nal von Nachbarländern zunehmend unter Druck geraten, die billiger produzieren können und zum Teil auf eine protektionistische Politik setzen, wie Uganda. Auf der Einfuhrseite wird derweil fast alles, was für die vielen In­ frastrukturprojekte benötigt wird, importiert, bei chinesischen Vorhaben mitunter auch solche Güter, die kenia­ nische Firmen eigentlich zu gleichen Konditionen liefern könnten. Mit den chinesischen Großprojekten kommen auch viele Händler ins Land, die sehr erfolgreich dafür sorgen, dass die Präsenz chinesischer Waren deutlich zu­ nimmt. Dabei nutzen sie zum Beispiel geschickt Versorgungslücken in der Provinz. Deutschland spielt mit einem Lieferanteil von zuletzt etwa 2,3% nur eine marginale Rolle. Nach den noch vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes lieferte Deutschland 2016 für 336 Mio. Euro Waren nach Kenia, 8,2% weniger als im Jahr zuvor. Die deutschen Importe summierten sich auf 168 Mio. Euro (+2,8%). Außenhandel Kenia (in Mio. US$; Veränderung in %) 2016 *)

2017 *)

Veränderung 2017/16

Importe, fob

16.030

17.071

6,5

Exporte, fob

6.399

6.858

2,9

Handelsbilanzsaldo

-9.631

-10.213

6,0

*) Schätzung beziehungsweise Prognose Quelle: EIU, Stand: 17.4.17 Weitere Informationen (zum Beispiel SWOT-Analyse, Branchenberichte) finden Sie unter http://www.gtai.de/ kenia  (M.B.)

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Peter Schmitz | © GTAI

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